OGH 5Ob157/73

OGH5Ob157/7324.10.1973

SZ 46/109

Normen

ABGB §918
ABGB §921
ABGB §936
ABGB §1118
ABGB §1162b
Handelsvertretergesetz §24
Handelsvertretergesetz §29
ABGB §918
ABGB §921
ABGB §936
ABGB §1118
ABGB §1162b
Handelsvertretergesetz §24
Handelsvertretergesetz §29

 

Spruch:

Analoge Anwendung des Handelsvertretergesetzes auf ein Dauerschuldverhältnis, auf Grund dessen ein Eigenhändler in einem bestimmten örtlichen Bereich ausschließlich berechtigt und verpflichtet ist, die Erzeugnisse seines Vertragspartners im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterzuverkaufen Die vereinbarte Unkundbarkeit eines Dauerschuldverhältnisses steht seiner vorzeitigen Auflösung aus einem wichtigen Grund ebensowenig entgegen wie die Vereinbarung besonderer Auflösungsgrunde

Berechnung des "Differenzanspruchs" nach § 921 ABGB bei vorzeitiger unbegrundeter Auflösung eines mit einem Alleinvertriebsrecht verbundenen Eigenhändlervertrages; Berücksichtigung der Gesichtspunkte der Vorteilsausgleichung und der Schadensminderungspflicht des Geschädigten

OGH 24. Oktober 1973, 5 Ob 157/73 (OLG Innsbruck 1 R 34/73; LG Innsbruck 9 Cg 393/71)

Text

Die Klägerin, die sich in den USA mit dem Import und den Vertrieb von Sportmoden und Sportausrüstung befaßt, und der Beklagte, der in Österreich industriell Skibekleidung herstellt, schlossen miteinander am 8. März 1960 einen schriftlichen Vertrag. Mit diesem Vertrag ernannte der Beklagte die Klägerin zum "exklusiven USA-Importeur aller H-Erzeugnisse - hiebei handelt es sich um eine Markenbezeichnung des Beklagten - und verpflichtete sich, keines seiner Erzeugnisse an eine andere Firma oder Personen zum Import in die USA zu verkaufen oder zu schicken. Ausgenommen sollten lediglich kleinere "Musteraufträge" sein, die der Beklagte von denselben Firmen wie im letzten Jahr auch in diesem Jahr bekommen könnte. Derartige "Musteraufträge" durften jedoch keine Modelle betreffen, die die Klägerin für ihre Kollektion ausgesucht hatte. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits, im laufenden Jahr vom Beklagten Erzeugnisse im Wert von 30.000 US-Dollar zu kaufen und für H-Erzeugnisse in den USA auf eigene Kosten bestmögliche Reklame zu machen. Ferner wurden unter anderem Zahlungs- und Liefertermine vereinbart. Dieser Vertrag sollte für zwölf Monate gelten und sich für weitere 24 Monate verlängern, solange beide Seiten alle Verpflichtungen aus dem Vertrag einhalten würden und die Klägerin bis zum 1. Oktober 1960 schriftlich eingeschrieben mitteile daß sie sich verpflichte, in den Jahren 1961/1962 H-Erzeugnisse im Wert von 50 000 US-Dollar zu kaufen. Im Falle einer Vertragsverletzung sollte die andere Partei den Vertrag zwischen dem 15. November und dem 15. Dezember eines jeden Jahres schriftlich eingeschrieben kundigen können.

Am 14. Feber 1961, also noch vor Auslaufen des ersten Vertrages kam es zwischen den Streitteilen zu einem weiteren schriftlichen Vertrag in welchem unter anderem folgende Änderungen des ursprünglichen Vertrages vereinbart wurden: Die Klägerin anerkannte das Interesse des Beklagten, zwölf namentlich genannte amerikanische Firmen direkt mit Modellen zu beliefern, die nicht in der Kollektion der Klägerin enthalten sind. Der Beklagte verpflichtete sich, an diesen Waren keine Etiketten oder Anhängeschilder anzubringen, aus denen die Herstellung in seiner Fabrik zu ersehen wäre. Der Vertrag sollte nunmehr vom 8. März 1961 bis zum 7. März 1963 dauern. Wegen der Unsicherheit der Auftragsnachbestellungen sowie der Stofflieferungen, wenn Aufträge der Klägerin den Beklagten erst nach dem 15. Juli jährlich erreichen, anerkannte der Beklagte ausdrücklich, daß sich die Klägerin nicht zu einer Abkaufsmindestsumme verpflichten müsse. Die Klägerin verpflichtete sich jedoch, den Verkauf der Erzeugnisse des Beklagten in den USA weiterhin bestmöglich und im Interesse des Beklagten zu betreiben. Verhandlungen zwischen den Streitteilen wegen einer weiteren Verlangerung dieses Vertrages wurden für Feber 1962 in Aussicht genommen.

Nach Ablauf des zweiten Vertrages kam es zwischen den Parteien zunächst zu keiner ausdrücklichen weiteren Abrede, die Geschäftsbeziehungen wurden vielmehr "in den alten Bahnen gewohnheitsmäßig fortgesetzt". Erst am 25. März 1970 hielten die Parteien folgende schriftliche Einigung fest, in deren Präambel sie erklärten, daß der am 8. März 1960 geschlossene und am 14. Feber 1961 geänderte Vertrag, mit welchem die Klägerin Alleinimporteur von H-Erzeugnissen für die USA wurde, heute in vollem Umfang aufrecht bestehe:

"Die beiden Firmen haben beiderseits vereinbart, daß H berechtigt ist, eine andere Firma mit dem Alleinimport ihrer Erzeugnisse nach den USA durch einen abzuschließenden Vertrag zu betrauen. S (Klägerin) ist damit unwiderruflich unter der Voraussetzung einverstanden, daß

A) ein solcher Vertrag jeweils vor dem 1. Dezember des Jahres

abgeschlossen werden muß und dann für die jeweils nächste USA-Verkaufssaison (März bis Juni) in Kraft tritt Falls ein solcher Vertrag von H nicht vor dem 1. Dezember des Jahres abgeschlossen wird, so bleibt S jeweils für die nächstjährige USA Verkaufssaison Alleinimporteur von H-Erzeugnissen für die USA.

B) Vor Abschluß eines neuen Vertrages zwischen H und einem neuen

USA-Alleinimporteur muß S eine Bezahlung von 30.000 US-Dollar erhalten, in welchem Falle S einverstanden ist, auf ihre wie immer Namen habenden Rechte aus dem Vertrag mit H vom 8. März 1960 bzw. 14. Feber 1961 Verzicht zu leisten, so daß diese Vereinbarungen null und nichtig werden.

H wird Verhandlungen führen bzw. Kontakte zum Zwecke der Ausfindigmachung eines neuen USA-Importeurs ihrer Erzeugnisse aufnehmen. S wird ihrerseits bemüht sein, bei der Ausfindigmachung eines neuen Alleinimporteurs von H-Erzeugnissen in den USA mitzuhelfen und für den Fall positiver Ergebnisse solcher Bemühungen unverzüglich H zu verständigen."

Zu dieser Vereinbarung kam es deswegen, weil die Umsätze der Klägerin mit den Erzeugnissen des Beklagten in den USA in den letzten Jahren stetig zurückgegangen waren und nicht mehr den Vorstellungen des Beklagten entsprachen. Hiezu stellten die Parteien außer Streit, daß die Umsätze aus ihrer Geschäftsverbindung in der Saison 1969 9452 US-Dollar und in der Saison 1970 8702.50 US-Dollar betrugen. Beide Teile waren der Auffassung, daß eine Vertragsauflösung anzustreben sei, und gingen bei Abschluß der Vereinbarung vom 25. März 1970 davon aus, daß die Abstandssumme von 30.000 US-Dollar vom neu zu findenden Importeur aufgebracht werden sollte.

Die Vereinbarungen vom 8 März 1960 14. Feber 1961 und 25. März 1970 wurden zwischen den Parteien in Österreich geschlossen, ohne daß auf eine ausländische Rechtsordnung Bedacht genommen worden wäre.

Die Suche der Streitteile nach einem neuen Alleinimporteur, der zur Zahlung der Abstandssumme bereit gewesen wäre, blieb jedoch erfolglos. Die Klägerin war nur befristet bereit, die Abstandssumme herabzusetzen, der Beklagte weigerte sich, selbst zu dieser Summe beizutragen.

Mit Schreiben vom 26. Dezember 1970 ersuchte die Klägerin den Beklagten um ehebaldige Mitteilung, ob es möglich sei, eine komplette H-Kollektion 1971/1972 samt allen zur Verfügung stehenden Farbkarten und Dollarpreisen mit Luftfracht (gegen Ersatz der Frachtkosten hin und zurück) an die Klägerin zu schicken. Die Klägerin wolle ihre Kollektion von den USA zusammenstellen und sodann drei USA-Kollektionen für sich bestellen.(Bis dahin war der für die Klägerin vertretungsberechtigte Peter P auf Grund einer mündlichen Vereinbarung jeweils am Anfang eines Jahres Österreich gekommen um die für die Klägerin bestimmte Kollektion auszusuchen und zusammenzustellen).

Diese Anfrage beantwortete der Beklagte - nachdem die Klägerin telegraphisch und brieflich urgiert hatte - damit, daß er mit Schreiben vom 26. Jänner 1971 eine Übersendung der gewünschten Kollektion ablehnte und unter Hinweis auf die unbefriedigende Gestaltung der Geschaftsbeziehungen der Streitteile die sofortige Auflösung der Geschäftsverbindung erklärte und die Klägerin ersuchte den noch offenen Betrag von 24068.88 S zu überweisen.

Die Klägerin wies die Auflösungserklärung des Beklagten mit Schreiben vom 6. Feber 1971 zurück, bestand auf der Weitergeltung des Vertrages vom 25. März 1970 und behielt sich für den Fall eines Vertragsbruches des Beklagten alle nötigen Schritte vor. In der Folge kam aber die Klägerin nicht nach Österreich, um wie alljährlich ihre Kollektion auszusuchen und zusammenzustellen. Der Beklagte sandte auch keine Kollektion an die Klägerin. Von der Klägerin wurden seither keine Waren mehr vom Beklagten bezogen und vertrieben.

Der Beklagte hat jedoch - nach Erklärung der Vertragsauflösung gegenüber der Klägerin - unter folgenden Umständen Waren in erheblichem Wert (wobei es das Erstgericht aus rechtlichen Erwägungen dahingestellt ließ ob es sich hiebei um eine Summe von 3 oder 3.5 Millionen Schilling handelte) an die - nicht zu den zwölf im Vertrag vom 14. Feber 1961 genannten Firmen gehörige - Firma A in die USA geliefert. Der Beklagte ist mit Hans W, dem Alleininhaber der Einzelfirma "J-Mode, Hans W", die sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Pullovern und Dirndlkleidern befaßte, gut bekannt. Diese Firma, über die am 21. Dezember 1970 das Ausgleichsverfahren eröffnet wurde, hatte mit der Firma P als Generalimporteur einen Vertrag, wonach sie unter der Marke , J-Skibekleidung (Anoraks und Skianzüge) nach gemeinsamen Entwürfen herstellen und für die Firma P in die USA liefern sollte. Mangels eigener Produktionsmöglichkeit sollte die Ware vom Beklagten in Lohnarbeit hergestellt werden. Mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters übertrug nun Hans W diesen Vertrag auf den Beklagten. Der Beklagte, der infolge der Stillegung des Vertrages mit der Klägerin und wegen des günstigen Zeitpunktes vor Anlaufen seiner normalen Produktion von Wintersportbekleidung freie Produktionskapazität hatte, schloß mit der Firma P einen direkten Vertrag ab, der die Lieferung der Anoraks und Skianzüge in die USA zum Gegenstand hatte und inhaltlich, auch bezüglich des Entgeltes, jenem Vertrag entsprach, der ursprünglich zwischen der Firma P und der Firma J abgeschlossen worden war. Zu produzieren waren jene Muster, die im Zusammenwirken der vorgenannten Firmen entwickelt worden waren und im geistigen Eigentum der Firma J standen. Die Produkte waren mit der Marke "Firma J" zu bezeichnen, zumal der Beklagte offenbar ein Interesse daran hatte, mit Rücksicht auf die mit der Klägerin bestehende Auseinandersetzung nicht direkt in Erscheinung zu treten. Die Firma J blieb in das Geschäft insofern eingeschaltet, als sie die in ihrem Eigentum stehenden Muster zur Verfügung stellte, ihren Namen hergab die Produktion im Betrieb des Beklagten überwachte und die Abnahme der Ware durchführte. Hiefür erhielt die Firma J vom Beklagten eine Provision in der Höhe von 7% des Fakturenwertes.

In der von der Firma P sodann in den USA vertriebenen J-Kollektion schienen Modellnamen auf, die auch in der H-Kollektion, welche die Klägerin vertrieben hatte, aufgeschienen waren ("Mars", "Saturn"). Das Modell J-Kollektion war mit dem Modell "Arosa" der H-Kollektion identisch oder diesem zumindest sehr ähnlich. Ebenso verhält es sich mit dem Modell "Mercury" der J-Kollektion und dem Modell Mars- der H-Kollektion.

Der Beklagte hat im Jahre 1971 außer über die Firma P nicht in die USA exportiert. Die Verbindung zwischen der Firma P und dem Beklagten betraf nur den soeben geschilderten Auftrag. Es wurde kein Dauerverhältnis zwischen den beiden Firmen geschaffen. Das Verfahren hat nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür gegeben, daß der Beklagte einen neuen Importeur für seine Erzeugnisse in die USA bestellt hätte. Soweit aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen Hinweise auf Ware des Beklagten zu entnehmen sind, nehmen sie offenbar auf dieses eine Geschäft mit der Firma P Bezug.

Mit der am 17. August 1971 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von 37.250 US-Dollar samt 5% Zinsen seit 1. Jänner 1971. Sie stützte ihr Begehren auf die zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrage vom 8. März 1960, 14 Feber 1961 und 25. März 1970 sowie auf das Vorbringen, der Beklagte habe ihr gegenüber vor dem 1. Dezember 1970 weder den Abschluß eines Vertrages mit einem Dritten noch eine Lösung des Vertrages mit der Klägerin vorgenommen. Er habe vielmehr in Verletzung der bestehenden Verträge seine Importe in die USA nicht mehr. Über die Klägerin, sondern auf einem anderen Weg durchgeführt. Damit sei der vertraglich vereinbarte Betrag von 30.000 US-Dollar und ein Schadenersatzbetrag von 7250 US-Dollar für den entgangenen Gewinn der Klägerin in der USA-Verkaufssaison bis 1. Dezember 1971, in der sie laut Vertrag noch Alleinimporteur der Erzeugnisse des Beklagten geblieben sei, fällig geworden. Der Berechnung des Schadenersatzbetrages sei der durchschnittliche jährliche Umsatz der Klägerin in die USA während der letzten drei Jahre von 29.000 US-Dollar und die Tatsache, daß ihr Nettogewinn 25% des wahren Wertes der Importware ausmache, zugrunde zu legen. Hiebei seien noch jene Momente zu berücksichtigen, die aus dem Verlust der Vertretung überhaupt ohne ordnungsgemäße Vertragsauflösung hervorgehen. Alles in allem betrage ihre Forderung gegenüber den Beklagten sohin 37.250 US-Dollar.

In der mündlichen Streitverhandlung vom 6. April 1972 brachte die Klägerin unter anderem ergänzend vor, daß sie infolge des Abbruches der Geschäftsbeziehungen durch den Beklagten im Winter 1970/1971 keine Kollektion mehr habe aufstellen können und daß ihr selbst dann, wenn die Bestimmungen des Punktes B des Vertrages vom 25. März 1970 noch nicht zur Anwendung gekommen wären, ein Betrag von mindestens 30.000 US-Dollar schon aus dem zustunde, was ihr für die direkte Lieferung des Beklagten in die USA seit 1970 entgangen sei.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein. Den Betrag von 30.000 US-Dollar hätte nicht er, sondern der von ihm zu bestellende, tatsächlich aber nicht bestellte neue US-Importeur bezahlen sollen. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch bestehe weder dem Gründe noch der Höhe nach zu Recht, weil es die Klägerin unter für die Verkaufssaison 1971 - wie vereinbart - in Österreich eine Kollektion auszusuchen, und die Umsätze der Klägerin in der letzten Zeit erheblich zurückgegangen seien. Außerdem sei er zur Erklärung der Vertragsauflösung am 26. Jänner 1971 mit Rücksicht darauf berechtigt gewesen, daß 1. die Umsätze der Klägerin außergewöhnlich niedrig gewesen und in keinem Verhältnis zu den ursprünglichen Absichten der Parteien gestanden seien, 2. die Suche nach einem neuen Generalimporteur wegen der zu hohen Ablöseforderung der Klägerin gescheitert sei und 3. die Klägerin selbst das Vertragsverhältnis aus in ihrer Sphäre liegenden Gründen habe auflösen wollen.

Das Erstgericht gelangte auf Grund der eingangs wiedergegebenen Außerstreitstellungen und Feststellungen zur Klagsabweisung. Seine rechtliche Beurteilung läßt sich wie folgt zusammenfassen: Auf den Rechtsfall sei österreichisches Recht anzuwenden. Die Vertragsbeziehungen zwischen den Streitteilen bestunden nach wie vor aufrecht. Zu einer Lösung im Sinne der Vereinbarung vom 25. März 1970 sei es mangels Bestellung eines neuen Alleinimporteurs durch den Beklagten nicht gekommen. Daher stehe der Klägerin die nur für diesen Fall vereinbarte Abstandssumme von 130.000 US-Dollar nicht zu. Die Vertragsauflösungserklärung des Beklagten vom 26. Jänner 1971 sei nicht rechtswirksam geworden, da hiefür keine wichtigen Gründe vorgelegen seien bzw. die Verhaltnisse sich seit der Vereinbarung vom 25. März 1970 nicht wesentlich geändert hätten. Trotz Weiterbestehens der Vertragsbeziehungen seien jedoch die Schadenersatzansprüche der Klägerin gleichfalls nicht gegeben; dies deshalb, weil die Klägerin - was den geltend gemachten Gewinnentgang für die US-Verkaufssaison 1971 in der Höhe von 7250 US-Dollar anlange - aus dem nicht einmal als Vorvertrag zu einem Kaufvertrag zu qualifizierenden Vertrag zwischen den Streitteilen keinen Anspruch auf Belieferung durch den Beklagten habe und - was den zweiten für die Forderung von 30.000 US-Dollar angeführten Rechtsgrund des Schadenersatzes betreffe - die zwar vertragswidrige direkte Lieferung des Beklagter an die Firma P der Klägerin mangels eines Anspruches auf Lieferung an sie keinen Schaden zugefügt habe.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen in dem oben wiedergegebenen Umfang, verneinte eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und kam auf Grund nachstehender rechtlicher Überlegungen zu dem Ergebnis, daß die Klageforderung unberechtigt sei. Dem Erstgericht sei beizupflichten, daß die vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitteilen und die sich hieraus ergebenden Folgen nach österreichischem Recht zu beurteilen seien und daß - der Klägerin der Betrag von 30.000 US-Dollar aus dem Titel der Bestellung eines neuen Alleinimporteurs durch den Beklagten mangels Verwirklichung dieses konkreten, vertraglich festgelegten Tatbestandes nicht gebühre. Wenn die Klägerin im Berufungsverfahren den Zuspruch dieses Betrages in analoger Anwendung des § 25 HVG begehre, so müsse ihr entgegengehalten wenden, daß sie hiemit völlig von dem im erstgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Rechtsgrund abweiche. Für das Schadenersatzbegehren im Betrage von 7259 US-Dollar sei es erforderlich, den Vertrag der Streitteile näher zu analysieren. Dieser sei nicht als Kauf- oder Werklieferungsvertrag, sondern höchstens als Vorvertrag zum Abschluß von Kaufverträgen oder als Rahmenvertrag anzusehen demzufolge jährliche Kaufverträge abzuschließen seien. Der dem Vertragsinhalt so lange verpflichtet, Bestellungen der Klägerin, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingehen, zu entsprechen, bis die Klägerin durch Bestellung eines anderen Alleinimporteurs für die USA seitens des Beklagten aus dem Vertragsverhältnis ausscheide. Ein solches Vertragsverhältnis sei als Dauerschuldverhältnis zu werten. Habe ein Dauerschuldverhältnis einmal begonnen, so könne es nach Lehre und Rechtsprechung mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufgelöst werden, wenn Gründe vorliegen, die den Vertrag anderer Art den Rücktritt rechtfertigen würden. Was als wichtiger Grund anzusehen sei, könne nur unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Falles und auf vergleichsweise heranzuziehende gesetzliche Regelungen beurteilt werden. Auch die vertraglich festgelegte Bedingung der Vertragsbeendigung stehe einer vorzeitigen Vertragsaufhebung nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die einer Partei die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen. Dem Beklagten könne auch nicht der Vorwurf gemacht werden, daß er die Bedingung schuldhaft vereitelt habe. Wenn auch die im ersten Vertrag festgelegte Warenabnahmepflicht der Klägerin in den späteren Vertragsänderungen nicht mehr aufrechterhalten worden sei, so vermittle der Vertragsinhalt immerhin doch, daß der Beklagte mit einer beträchtlichen Warenabnahme gerechnet habe und auch habe rechnen können. Dazu komme noch, daß die Klägerin der zweckmäßigen und jährlich gleichgebliebenen mündlich vereinbarten Vorgangsweise, nämlich die Kollektionen als Grundlage der Warenbestellung für die Saison 1971/1972 auszusuchen und zusammenzustellen, nicht mehr nachgekommen sei, was zur Folge gehabt habe, daß es für diesen Zeitraum überhaupt zu keiner Warenlieferung an die Klägerin habe kommen können, weil das Ansinnen der Klägerin, ihr die komplette Kollektion 1971/1972 samt allen Farbkarten und Dollarpreisen mit Luftfracht zu übersenden, dem Beklagten nicht zumutbar gewesen sei. Hiezu sei der Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen. Der faktische Verzug der Klägerin, auch für die Saison 1971/1972 angemessene Warenbeistellungen vorzunehmen, stelle aber einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung dar, weil bei Vorliegen eines Spezifikationskaufes, der mit dem vorliegenden Vertrag Ähnlichkeit habe, der Rücktritt vom Vertrag zulässig sei, wenn der Käufer seiner Verpflichtung nicht nachkomme, die nähere Bestimmung über Form, Maß oder ähnliche Bestimmungen zu treffen. Damit fielen aber auch die Bedingungen der Vertragsauflösung zusammen, weil die faktische Einstellung des Verkaufes von Waren des Beklagten seitens der Klägerin zwangsläufig zu einer Verödung des Absatzmarktes führen müsse. Damit sei aber die Möglichkeit, einen neuen Importeur zu den, die die hohe Ablösesumme von 30.000 US-Dollar leiste, von der Klägerin vereitelt worden. Der in Lehre und Rechtsprechung bedeutende Grundsatz, daß niemand aus der Verletzung einer Treuepflicht, insbesondere aus der treuewidrigen Herbeiführung oder Verhinderung eines bestimmten Ereignisses, Rechte herleiten könne, müsse auch im vorliegenden Fall gelten. Das Schreiben des Beklagten vom 26. Dezember 1970 (richtig: 26. Jänner 1971), mit dem er im Hinblick auf die unbefriedigende Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Streitteilen die Auflösung der Geschäftsverbindung erklärte, sei daher berechtigt gewesen. Hiedurch sei das Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien beendet worden. Daran scheiterte die Zuerkennung des Betrages von 7250 US-Dollar in - ansonsten durchaus denkbarer - analoger Anwendung des § 8 HVG, weil das an sich vertragswidrige direkte Liefergeschäft des Beklagten mit der Firma P erst nach der Auflösung des Vertrages zwischen den Streitteilen abgeschlossen worden sei.

Infolge Revision der Klägerin hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Schwergewicht der Revision liegt in der Rechtsrüge. In dieser vertritt die Revisionswerberin den Standpunkt, daß die Vertragsbeziehungen zwischen den Streitteilen weiter aufrecht bestunden, da der Rücktrittserklärung des Beklagten mangels Vorliegens wichtiger Gründe die Berechtigung gefehlt habe. Sei dem aber so, dann stehe der Klägerin auf Grund der ihr Ausschließlichkeitsrecht verletzen den direkten Lieferungen des Beklagten in die USA ein analog zu § 8 HVG zu beurteilender Schadenersatzanspruch zu. Ihr Anspruch auf Bezahlung des Betrages von 30.000 US-Dollar sei deswegen gegeben,weil der Beklagte durch die einseitige Beendigung des Vertrages zwischen den Streitteilen und die direkte Lieferung in die USA die Bestellung eines anderen Alleinimporteurs und damit den Eintritt der Bedingung für seine Zahlungspflicht vereitelt habe. Er sei daher so zu behandeln, als ob die Bedingung eingetreten wäre.

Der Oberste Gerichtshof billigt zunächst die Ansicht der Vorinstanzen, daß die Vertragsbeziehungen der Streitteile nach österreichischem Recht zu beurteilen sind (§ 36 ABGB). Ist aber auf einen Vertrag österreichisches Recht anzuwenden, so gilt es auch für die aus einer Verletzung dieses Vertrages abgeleiteten Ansprüche (SZ 41/27: 8 Ob 106/73).

Den Vorinstanzen kann weiter darin gefolgt werden, daß der zwischen den Parteien am 8. März 1960 geschlossene und am 14. Feber 1961 und 25. März 1970 abgeänderte Vertrag, wonach sich der Beklagte verpflichtete, seine Erzeugnisse - von Ausnahmen abgesehen - in die USA nur über die Klägerin als Eigenhändlerin zu verkaufen, wogegen es die Klägerin übernahm, den Verkauf dieser Erzeugnisse,in den USA bestmöglich im Interesse des Beklagten zu betreiben, ein Dauerschuldverhältnis darstellt, das nach der stillschweigenden Verlängerung über den 7. März 1963 hinaus als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen list. Ob ein solches, in Lehre und Rechtsprechung vielfach Bezugsvertrag genanntes Dauerschuldverhältnis als Vorvertrag zu Kaufverträgen (so SZ 39/35) oder als besondere Abart des Kaufvertrages (so Bydlinski in Klang[2] I/V2, 202) zu qualifizieren ist, kann diesmal dahingestellt bleiben, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird. Abzulehnen ist jedenfalls die auch vom Berufungsgericht zutreffend als irrig erkannte Ansicht des Erstrichters, daß die Klägerin aus diesem Vertrag keinerlei Anspruch auf Lieferung durch den Beklagten entsprechend ihren Bestellungen hätte.

Was nun die Möglichkeit betrifft, das vorliegende, auf unbestimmte Zeit verlängerte Dauerschuldverhältnis einseitig zu beenden, so ist aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, insbesondere aus jener vom 25. März 1970, zwingend zu folgern, daß eine solche einseitige Beendigung nicht im Belieben der Parteien stehen sollte. Die Auflösung des Vertrages wurde vielmehr davon abhängig gemacht, daß der Beklagte eine andere Firma mit dem Alleinimport seiner Erzeugnisse in die USA betraut und die Klägerin vor Abschluß eines solchen Vertrages 30.000 US-Dollar erhält. Wird der neue Alleinimporteur nicht vor dem 1. Dezember des Jahres, sondern später bestellt, sollte die Klägerin ihre Stellung als Alleinimporteur noch für die nächstjährige US-Verkaufssaison behalten. Ein Anspruch der Klägerin darauf, daß der Beklagte diesen Wechsel in der Person seines Alleinimporteurs für die USA vornimmt und der Klägerin die für diesen Fall versprochene Leistung erbringt, ist aus der genannten Vereinbarung nicht ableitbar. Da der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen keinen neuen Alleinimporteur bestellt hat, kann die Klägerin den eingeklagten Betrag von 30.000 US-Dollar aus diesem Titel vom Beklagten nicht verlangen. Im Hinblick auf die Beweisergebnisse - Peter P, der Vertreter der Klägerin, sei der Fall, daß der Beklagte keinen neuen Generalimporteur bestellt, das Vertragsverhältnis dennoch löst und sodann direkte Lieferung in die USA tätigt, sei zwischen den Parteien nicht besprochen worden - kann nicht gesagt werden, daß das festgestellte Verhalten des Beklagten in erweitender Auslegung der Vereinbarung gleichfalls seine Zahlungspflicht auslösen sollte. Hiezu sind die beiden Sachverhalte zu verschieden. Im Vertragsfall hätte der neue Alleinimporteur nach dem Willen der Parteien den genannten Betrag - zumindest zum Großteil - leisten müssen, was nach den tatsächlichen Ereignissen jedoch nicht in Betracht kommt. Dem Beklagten kann nach den Verfahrensergebnissen auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, er hätte durch sein Verhalten den Eintritt der Bedingung für seine Zahlungspflicht wider Treu und Glauben vereitelt, weshalb er im Sinne der Rechtsprechung so zu behandeln sei, als ob die Bedingung eingetreten wäre (GlUNF 6838 u. a., zuletzt etwa MietSlg. 24.096). Es blieben ja selbst die Bemühungen der Klägerin, für das Importgeschäft einen zahlungswilligen Interessenten zu finden, erfolglos.

Besteht aber der auf die Vereinbarung vom 25. März 1970 gestützte Anspruch der Klägerin auf 30.000 US-Dollar mangels Bestellung eines neuen Alleinimporteurs durch den Beklagten nicht zu Recht, so kann die Klägerin auch allein daraus, daß eine solche Bestellung nicht vor dem 1. Dezember vorgenommen wunde, weder den Weiterbestand ihres Alleinvertriebsrechtes für eine weitere US-Verkaufssaison noch die sich daraus ergebenden Schadenersatzansprüche im Betrag von 7250 US-Dollar ableiten, weil der nicht zeitgerechten Bestellung eines neuen Alleinimporteurs diese Wirkung vereinbarungsgemäß nur dann zukommen sollte, wenn überhaupt eine Neubestellung stattgefunden hätte. Der Einfluß der Auflösungserklärung des Beklagten vom 26. Jänner 1971 auf den Weiterbestand des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien wird im folgenden zu untersuchen sein.

Bei der Beurteilung der Rechtswirkungen dieser Auflösungserklärung ist mit Wer herrschenden Lehre und Rechtsprechung (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 445, Bydlinski in Klang[2] IV/2, 193; SZ 31/116, SZ 42/15 u. v. a.) davon auszugehen, daß - wie bereits die Vorinstanzen richtig erkannt haben - Dauerschuldverhältnisse, wenn sie einmal begonnen haben, aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden können. Dieses Auflösungsrecht aus wichtigen Gründen mit Wirkung ex nunc ersetzt bei begonnenen Dauerschuldverhältnissen das für "vorübergehende"- oder Zielschulverhältnisse (vgl. Bydlinski in IV/2) in §§ 918 ff. ABGB normierte Rücktrittsrecht mit Wirkung ex tunc. In analoger Anwendung der für bestimmte Dauerschuldverhältnisse getroffenen gesetzlichen Regelung der vorzeitigen Vertragsauflösung (vgl. etwa §§ 1117 f., 1210 ABGB; § 27 Z. 2 AngG; §§ 21 ff. HVG) wurde von einem Teil der Lehre und Rechtsprechung (vgl. etwa Klang[2] IV/1.447; SZ 31/116) der allgemeine Grundsatz aufgestellt, daß als wichtige Gründe solche anzusehen sind, die es einer Partei billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis aufrechtzuerhalten, insbesondere Verstöße gegen Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr und dergleichen. Dies hat der Oberste Gerichtshof auch bereits für Bezugsverträge ausgesprochen (6 Ob 208/68, 5 Ob 109/72). Nach anderer Ansicht (JBl. 1959, 633; HS 3178 u. a.; Schwimann in seiner Glosse zur Entscheidung JBl. 1962, 319) sollen für die vorzeitige Auflösung von Dauerschuldverhältnissen jene Gründe genügen, die bei vorübergehenden bzw. Zielschuldverhältnissen den Rücktritt nach §§ 918 ff. ABGB rechtfertigen. Bei Beurteilung der Frage, ob wichtige Auflösungsgrunde vorliegen, kommt der Änderung der Verhältnisse besondere Bedeutung zu, wie insbesondere in den Entscheidungen SZ 31/116 und MietSlg. 24.125 betont wurde. Die Unkundbarkeit eines Dauerschuldverhältnisses steht seiner Auflösung aus einem wichtigen Grund nicht entgegen (so in Ansehung der Bestandsverträge MietSlg. 23.181 u. a.). Dasselbe gilt für den Fall, daß - wie hier - ein besonderer Auflösungsgrund vereinbart wurde.

Eine Prüfung der vom Beklagten vorgebrachten und der vom Berufungsgericht angeführten Umstände, die als wichtige Gründe die sofortige Vertragsauflösung seitens des Beklagten am 26. Jänner 1971 rechtfertigen sollen, im Lichte der vorstehenden Rechtsausführungen ergibt, daß solche wichtige Gründe weder nach der einen noch nach der anderen Rechtsauffassung vorhanden sind; dies selbst dann, wenn man zugunsten des Beklagten von der in der Revision bekämpften Rechtsansicht ausgeht, daß die wichtigen Gründe nicht schon in der Auflösungserklärung genannt werden müssen, sondern auch erst nachträglich bewiesen werden können (so JBl. 1962, 319; MietSlg. 17.203), und daß eine Nachfristsetzung entbehrlich ist (so Klang[2] IV/1, 447, IV/2, 198; JBl. 1962, 319; abweichend Schwimann in seiner Glosse zu der letztgenannten Entscheidung und MietSlg. 17.203, wonach eine entsprechende Nachfrist gewährt werden müsse).

Die geringe Höhe der Umsätze der Klägerin war dem Beklagten bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 25. März 1970 bekannt, ja sie war sogar ein maßgebendes Motiv hiefür. In dieser Hinsicht haben sich die Verhältnisse bis zur Auflösungserklärung des Beklagten am 26. Jänner 1971 nicht derart geändert, daß ihm die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses nicht mehr zugemutet bzw. daraus eine Vertragsverletzung der Klägerin abgeleitet wenden könnte. Die bereits am 26. Dezember 1970, also vor der üblichen Bestellzeit, von der Klägerin an den Beklagten gerichtete Anfrage, ob er ihr diesmal die komplette Kollektion 1971/1972 in die USA schicken könne, wobei sich die Klägerin zur Bezahlung der Luftfracht bereit erklärte, stellt trotz Abweichens von der üblichen Vorgangsweise gleichfalls keinen wichtigen Grund für die Auflösung des Vertrages durch den Beklagten dar. Das Abwarten einer Antwort des Beklagten auf die Anfrage und die Unterlassung weiterer Warenbestellungen nach der Auflösungserklärung des Beklagten können Wer Klägerin nicht als "faktischer Verzug" in der Erfüllung ihrer Vertragspflicht angelastet werden; ersteres nicht, weil die Klägerin mit Rücksicht auf die bereits längere Zeit dauernde Geschäftsverhindung zwischen den Streitteilen eine Beantwortung ihrer Anfrage durch den Beklagten - wenn,auch nicht unbedingt in bejahendem Sinn - erwarten durfte, letzteres nicht, weil die Klägerin in Anbetracht der Vertragsauflösungserklärung seitens des Beklagten zu einer weiteren Erfüllung ihrer Vertragspflichten - wie noch auszuführen sein wird - nicht mehr gehalten war. Daß die Klägerin im Zusammenhang mit der von ihr übernommenen Verpflichtung, bei der Suche nach einem Interessenten für das Alleinvertriebsrecht in den USA mitzuhelfen, kein eine Vertragsauflösung rechtfertigendes Verschulden trifft, ergibt sich daraus, daß sie tatsächlich bemüht war, den Beklagten mit Interessenten zusammenzubringen, sowie aus ihrer Bereitschaft, den ihr für den Fall der Heubestellung eines Alleinimporteurs durch den Beklagten zustehenden Betrag von 30.000 US-Dollar auf ein Drittel herabzusetzen. Daß dieser Betrag bei Vertragsabschluß am 25. März 1970 noch angemessen gewesen, bis zum 26. Jänner 1971 jedoch unangemessen geworden wäre, vermochte der Beklagte nach den Feststellungen der Untergerichte nicht darzutun. Soweit der Beklagte als weiteren Auflösungsgrund geltend machte, daß die Klägerin das Vertragsverhältnis aus allein in ihrer Sphäre liegenden Gründen auflösen wollte, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Klägerin mit der Auflösung des Vertrages nur gegen Erhalt von 30.000 US-Dollar einverstanden war.

Der Beklagte hatte somit am 26. Jänner 1971 keinen wichtigen Grund für die sofortige Auflösung des zwischen den Streitteilen bestehenden Vertragsverhältnisses. Es standen deshalb der Klägerin - diesbezüglich besteht zwischen vorübergehenden bzw. Zielschuldverhältnissen und Dauerschuldverhältnissen kein Unterschied - die beiden Wahlmöglichkeiten der §§ 918 ff. ABGB zu Gebote: Sie konnte entweder ihre vertraglich geschuldeten Leistungen weiterhin erbringen und vom Beklagten die weitere Erfüllung des Vertrages oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung (Erfüllungsinteresse) verlangen oder ihre Leistungen einstellen und vom Beklagten den Ersatz des ihr durch die verschuldete Nichterfüllung des Vertrages verursachten Schadens (Differenzanspruch) begehren. Zu demselben Ergebnis führt die analoge Anwendung des § 24 HVG. Eine solche analoge Anwendung des Handelsvertreterrechtes auf Eigenhändler, die - wie hier die Klägerin - auf Grund eines Dauerschuldverhältnisses im eigenen Namen und für eigene Rechnung die von ihnen eingekauften Waren eines Unternehmens weiterverkaufen, erscheint gerechtfertigt, wenn die Auslegung der vereinbarten Vertragsbeziehungen ergibt, daß es sich tatsächlich und wirtschaftlich um die Begründung von Rechtsbeziehungen handelt, die denen zwischen Unternehmer und Handelsvertreter entsprechen, welche Rechtsansicht auch im deutschen Rechtsbereich insbesondere in Fällen vertreten wird, in deren dem Eigenhändler - wie hier - das Alleinverkaufsrecht für einen bestimmten Bezirk eingeräumt wurde (vgl. Schlegelberger, HGB[5], Anm. 20 a zu § 84 HGB). Soweit das Berufungsgericht eine solche analoge Anwendung (im Zusammenhang mit § 8 HVG) für denkbar hielt, ist seiner Auffassung durchaus beizutreten (vgl. hiezu Schlegelberger, HGB[5], Anm. 30 a und 39 a zu § 87 HGB).

Das Erfüllungsinteresse besteht im Geldwert der Gegenleistung. Besitzt die Gegenleistung einen Marktpreis, so kann der Gläubiger zwischen der konkreten und der abstrakten Schadensberechnung wählen. Der Differenzanspruch, der gleichfalls konkret oder abstrakt berechnet werden kann, besteht in der Differenz zwischen dem Schaden, der dem Gläubiger durch das Unterbleiben des Leistungsaustausches entstanden ist, und dem Wert der ersparten eigenen Leistung des Gläubigers (Klang[2] IV/1, 484, 492; HS 5328; SZ 43/98 u. a.). Erfüllungsinteresse (Austauschanspruch) und Differenzanspruch führen zum gleichen Ergebnis, wenn die Leistung des Gläubigers in Geld besteht, z. B. beim Kauf (vgl. Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[3] I, 174). Der in § 921 ABGB normierte Schadenersatzanspruch umfaßt neben dem Differenzanspruch auch noch alle jene Auslagen, die dem Gläubiger im Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft erwachsen sind (Ehrenzweig[2] II/1, 211;, RZ 1972, 14; 8 Ob 343/71, 5 Ob 226/72). Zwischen Kaufleuten ist der Umfang des Schadenersatzanspruches vom Verschulden unabhängig und umfaßt auch bei leichter Fahrlässigkeit den entgangenen Gewinn (Art. 8 Nr. 2 EVHGB; anders §§ 1331 f. ABGB für das bürgerliche Recht).

Die rechtliche Beurteilung der Reaktion der Klägerin auf die Auflösungserklärung des Beklagten ergibt, daß die Klägerin zunächst in ihrem Schreiben an den Beklagten vom 6. Feber 1971, in dem sie seine Auflösungserklärung zurückwies und sich für den Fall eines Vertragsbruches alle nötigen Schritte vorbehielt, auf der Weitergeltung des Vertrages vom 25. März 1970 bestand. Ihr weiteres Verhalten, nämlich daß sie selbst weitere Vertragserfüllungshandlungen unterließ und auch vom Beklagten Vertragserfüllung nicht mehr forderte, zeigt jedoch, insbesondere wenn man die durch die Saisonabhängigkeit gekennzeichnete Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses berücksichtigt, daß die Klägerin sodann die zweite Möglichkeit gewählt hat (Forderung des Differenzschadens), wozu sie trotz ihrer ursprünglich anderslautenden Stellungnahme noch berechtigt war (vgl. SZ 37/17). Da die Klägerin vom Beklagten weder den Abschluß eines Kaufvertrages über die in der kommenden Saison an sie zu liefernden Ware noch eine solche Lieferung unmittelbar begehrte, kann es diesmal - wie bereits erwähnt - dahingestellt bleiben, welches Begehren die Klägerin auf Grund des zwischen den Parteien geschlossenen Bezugswertantrages hätte stellen müssen (vgl. Klang[2] IV/2, 202 f. und SZ 39/35).

Die Wahl der zweiten Möglichkeit durch die Klägerin bedeutet, daß das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen und damit auch das Alleinvertriebsrecht der Klägerin mit der Auflösungserklärung des Beklagten ihr Ende fanden. Der Beklagte konnte daher nach seiner Auflösungserklärung durch die Nichtbelieferung der Klägerin und durch die direkte Belieferung der Firma P die nicht mehr bestehenden vertraglichen Rechte der Klägerin auch nicht mehr verletzen, so daß die Klägerin aus diesem Verhalten des Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses ableiten kann. Es ist somit auch aus diesem Titel der Zuspruch weder des Betrages von 7250 US-Dollar noch des Betrages von 30.000 US-Dollar rechtlich begrundet. Wegen des Verbrauches des Wahlrechtes - die Rücktrittserklärung ist unwiderruflich - konnte sich die Klägerin in der Klage nicht mehr auf den Standpunkt des aufrechten Weiterbestandes des Vertragsverhältnisses stellen (Ehrenzweig, System[2] II/1, 206).

Der im Rechtsmittelverfahren unternommene Versuch der Klägerin, ihre Ansprüche auf jene Rechtsgedanken zu stützen, die in der Normierung eines Ausgleichsanspruches des mit der Kundenzuführung betrauten Handelsvertreters für die dem Geschäftsherrn aus der Geschäftsverbindung mit den zugeführten Kunden nach der vorzeitigen Auflösung des Handelsvertretervertrages erwachsenen Vorteile in § 25 HVG zum Ausdruck kommen, muß freilich am Mangel eines diesbezüglichen Sachvorbringens der Klägerin in der ersten Instanz scheitern. Auf die Frage, ob auch hier - wenn auch nur sehr eingeschränkt - die Möglichkeit der analogen Anwendung der genannten Bestimmung auf Eigenhändlerverträge besteht (vgl. hiezu Schlegelberger, HGB[5] Anm. 3cs zu § 89b HGB), braucht hier nicht eingegangen werden.

Es verbleibt somit nur noch zu untersuchen, ob die Klägerin in ihrem Prozeßvorbringen in erster Instanz den ihr nach den obigen Darlegungen zustehenden Differenzanspruch hinreichend deutlich gelten gemacht hat, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Berechtigung des Klagsanspruches aus diesem Rechtsgrund zu prüfen.

Nach der Rechtsprechung darf das Gericht, wenn der Kläger einen bestimmten Rechtsgrund ausdrücklich geltend macht, der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (SZ 23/74 u. a.). Geht aus dem Klagsvorbringen über hervor, daß der Kläger den von ihm vorgetragenen Sachverhalt offenbar rechtlich unrichtig qualifiziert, so kann noch nicht gesagt wenden, daß er sein Klagebegehren ausschließlich auf den angegebenen Rechtsgrund stützen will (vgl. 7 Ob 91/70, 4 Ob 555/73). Daß die rechtliche Beurteilung, die der Kläger dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt angedeihen ließ, nicht zutrifft, schließt also die Prüfung nicht aus, ob der geltend gemachte Anspruch bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vorgetragenen Sachverhaltes nicht doch begrundet ist (8 Ob 5/70). Klagegrund ist nämlich das tatsächliche Vorbringen der Partei, nicht ihre rechtliche Qualifikation dieses Vorbringens (JBl. 1972, 364; 5 Ob 58/73).

Im vorliegenden Fall läßt sich aus dem bereits dargestellten erstinstanzlichen Prozeßvorbringen der Klägerin bei dessen Würdigung in seinem Zusammenhang mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit jener Sachverhalt entnehmen, der bei richtiger rechtlicher Beurteilung zur Bejahung eines Anspruches auf Ersatz jenes Schadens führen könnte, der der Klägerin durch das Unterbleiben eines weiteren Leistungsaustausches mit dem Beklagten entstanden ist. Die Klägerin hat immerhin den unberechtigten Abbruch der Geschäftsbeziehungen durch den Beklagten, das Unterbleiben weiterer Erfüllungshandlungen ihrerseits sowie die Grundlagen zur Berechnung des ihr zustehenden Gewinnentganges behauptet und noch zusätzlich auf die erforderliche Berücksichtigung jener Monate verwiesen, die sich aus dem Verlust ihres Alleinvertretungsrechtes ergeben. Daß sie aus dem von ihr vorgetragenen Sachverhalt in erster Linie vermeintliche Ansprüche auf Zuhaltung der Auflösungsvereinbarung vom 25. März 1970 bzw. auf Schadenersatz wegen Verletzung eines noch aufrecht bestehenden Vertrages ableitete, kann ihr als unrichtige rechtliche Qualifikation ihrer aus dem vorgetragenen Sachverhalt sich ergebenden Ansprüche nicht schaden, zumal die Berechnungsgrundlage und das Ergebnis der Schadensberechnung für das Erfüllungsinteresse und den Differenzanspruch im vorliegenden Fall, in dem die vertraglichen Leistungen der Klägerin vorwiegend in Geld (Bezahlung der vom Beklagten zu liefernden Waren) bestanden, weitgehend die gleichen sind.

Um die Höhe des der Klägerin nach § 921 ABGB zustehenden Schadenersatzansprüche beurteilen zu können, fehlen aber ausreichende Feststellungen, die die Vorinstanzen - von einer abweichenden Rechtsansicht ausgehend - zu treffen unterlassen haben. Erforderlichenfalls wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren gemäß § 182 ZPO darauf hinzuwirken haben, daß die Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachenangaben vervollständigen.

Das Erstgericht ging bei der Ermittlung des der Klägerin entgangenen Gewinnes von den Umsatzziffern aus, die Peter P in seiner Parteienaussage nannte, ohne das Verhältnis zu den von den Parteien außer Streit gestellten Umsätzen aufzuklären. Außerdem nahm es nicht Bedacht darauf, daß die Klägerin ohne ordnungsgemäße Vertragsauflösung ihr Alleinvertretungsrecht verloren hat. Das Berufungsgericht befaßte sich mit diesen Fragen ebenfalls nicht.

Es wird aber auch der Wert der Leistungen, die sich die Klägerin ersparte (neben dem Kaufpreis Reklamekosten, Reisekosten und dergleichen), zu ermitteln sein. Unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung bzw. der Schadensminderungspflicht des Geschädigten wind - allerdings mit Bedachtnahme darauf, daß die Behauptungs- und Beweislast hiefür den Beklagten trifft (hinsichtlich der Vorteilsauslegung siehe etwa ZVR -1972/34, 1 Ob 120/73; hinsichtlich der Verletzung der Schadensminderungspflicht im allgemeinen SZ 41/172, JBl. 1973, 85; hinsichtlich der absichtlichen Versäumung eines anderweitigen Erwerbes im Sinne des § 1162b ABGB JBl. 1961, 238) - zu prüfen sein, was die Klägerin durch die anderwertige Ausnützung ihrer durch die Beendigung der Geschäftsbeziehungen zum Beklagten frei gewordenen Geschäftskapazität ins Verdienen gebracht hat oder zu verdienen absichtlich unterlassen hat (vgl. hiezu die ausdrückliche gesetzliche Regelung für den Dienstvertrag im § 1162b ABGB, die hinsichtlich der Schadensminderungspflicht gleichfalls auf die absichtliche Unterlassung eines anderweitigen Verdienstes abstellt, welche Einschränkung der allgemeinen Schadensminderungspflicht wegen Rechtsähnlichkeit - eine diesbezügliche Bestimmung in dem zunächst in Betracht kommenden § 24 HVG fehlt- wohl auch für den vorliegenden Fall zu machen ist; diese Einschränkung ist auch in anderen dienstvertraglichen Vorschriften, etwa in § 29 AngG, aber auch in den Vorschriften über den Werkvertrag (§ 1168 ABGB) zu finden; zum gleichen Ergebnis gelangt für den Handelsvertreter Schlegelberger, HGB[5], Anm. 19 b zu § 89a HGB).

Da es zur Klärung der genannten Fragen offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht bei Wer Feststellung des der Klägerin angeblich entstandenen Schadens vom Wert des Alleinimportrechtes der Klägerin am 26. Jänner 1971 auszugehen haben. Dieser Wert ist gegebenenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen zu ermitteln. Dabei wind allerdings auch mit Rücksicht auf das mangelnde Interesse der Klägerin an der Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen zum Beklagten die weitere mögliche Entwicklung der zwischen den Parteien bestandenen Geschäftsverbindung, wie sie sich ohne die unberechtigte Auflösungserklärung des Beklagten ergeben hätte, zu berücksichtigen sein. Andererseits wird hiebei auch auf die Tatsache, daß der Beklagte im März 1970 bereit war, unter den damals näher vereinbarten Bedingungen der Klägerin für die Aufgabe ihrer vertraglichen Rechte 30.000 US-Dollar zu bezahlen, Bedacht zu nehmen sein. Schließlich wird nicht außer Betracht gelassen werden können, daß die Vereinbarung vom 25. März 1970 die einseitige Auflösung des Vertragsverhältnisses durch den Beklagten aus wichtigen Gründen bei entsprechender Änderung der Verhältnisse nicht in alle Zukunft ausschloß und die Klägerin keinesfalls aus dem Titel des Schadenersatzes mehr verlangen kann, als ihr im Falle der Vertragsauflösung am 26. Jänner 1971 zu den vereinbarten Bedingungen zustunde. Eine Festsetzung des Schadenersatzvertrages gemäß § 273 ZPO wind erst dann Platz zu greifen haben, wenn der Beweis über den Betrag des zu erstatteten Schadens gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen wäre.

Sollte das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zum Ergebnis gelangen, daß der Klägerin ein Geldbetrag als Schadenersatz zusteht, so wird hinsichtlich der Frage, in welchem Zeitpunkt eine Schadenersatzforderung fällig wind und demnach der Zinsenlauf beginnt, auf die Entscheidungen SZ 41/79 und RZ 1969, 169 = JBl. 1969, 664, hinsichtlich der Frage, in welcher Währung in Österreich Schadenersatz zu leisten ist bzw. welcher Umrechnungskurs maßgebend ist, auf Klang[2] VI, 124 sowie auf die Entscheidungen SZ 6/225, 24/305 und 26/310 (vgl. allenfalls noch SZ 5/30, 7/71) und betreffend § 405 ZPO auf die Entscheidung SZ 26/117 verwiesen. Schließlich wird auf die devisenrechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen sein (vgl. insbesondere die Kundmachungen der Österreichischen Nationalbank DE 5/71 und DE 9/71, veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 137 vom 17. Juni 1971).

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