BVwG W105 2221956-1

BVwGW105 2221956-15.2.2020

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W105.2221956.1.00

 

Spruch:

W105 2221956-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Benda als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2019, Zl.: 1066718801-190648118/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV., V., VI. und VIII. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als das Einreiseverbot auf 1 Jahr herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Erstes (rechtskräftig abgeschlossenes) Verfahren über die Nichtgewährung von Asyl und subsidiärem Schutz:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 30.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung vom selben Tag brachte der Beschwerdeführer vor, dass er keine Krankheiten habe. Seine Eltern und seine drei Brüder würden noch in Somalia in Mogadischu leben. In Österreich habe er keine Familienangehörigen.

Er habe Somalia verlassen habe, da es ihm dort nicht gut gegangen sei. Die Lage sei dort sehr schlecht und würde es einen Bürgerkrieg geben. Sein Vater hätte die Familie verlassen und seine Mutter habe nicht gearbeitet. Auch würde es immer wieder Kämpfe zwischen den Stämmen geben. Er habe Angst um sein Leben gehabt und sich entschieden, nach Europa zu reisen. Er wolle hier in Österreich in Sicherheit leben und die Sprache erlernen, damit er Arbeit finden könnte, um seiner Familie so helfen zu können. Im Fall der Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 27.01.2017 gab der Beschwerdeführer zusammenfassend an, dass er zum Hauptclan "Tunni" und zum Sub-Clan "Shankamaas" gehöre. Dieser Clan sei ein Minderheitenclan und würde zu den Außenseitern gehören. Man würde als Angehöriger dieses Clans keine Arbeit bekommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass sein Vater Alkohol verkauft habe und die anderen Leute deshalb gesagt hätten, dass er ein unreiner Mensch wäre. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe es Fälle im sozialen Bereich gegeben, bei welchen seine Clanmitglieder angegriffen worden seien, vor allem in der Schule. Sein Vater habe Alkohol verkauft und so Geschäfte gemacht. Es habe daher einen Streit zwischen seinen Eltern gegeben und habe sich sein Vater dazu entschieden, das Haus zu verlassen. Sein Vater habe eines Abends, als er stark alkoholisiert gewesen wäre einen anderen Mann erschossen. Die Angehörigen dieses Mannes seien gekommen und hätten seine Familie angegriffen, da sein Vater nicht zu finden gewesen wäre. Er selbst sei der Älteste gewesen und habe seine Mutter ihn zu einem Freund gebracht. Dort habe er zwei Mal übernachtet. Nach zwei Tagen sei seine Mutter zu Mitternacht zu ihm gekommen. Sie habe Angst gehabt, dass sich die Angehörigen des Ermordeten an der Familie rächen würden. Auch habe sie vermutet, dass man ihn anstelle des Vaters als Opfer auswählen könnte. Sie habe ihm auch gesagt, dass sie mit einem Freund seines Vaters sprechen würde, um ihm die Flucht zu ermöglichen. Am nächsten Tag seien die Verwandten des Ermordeten gekommen und hätten diese den Mann, der ihn versteckt hätte, angegriffen. Sie hätten nach ihm gefragt, jedoch habe der Mann ihnen gesagt, dass er niemanden verstecken würde. Am nächsten Tage habe dieser Mann ihm einen Reisepass und ein Visum für den Sudan besorgt. Er sei dann in den Sudan geflogen.

2. Mit Bescheid vom 06.02.2017, Zl. 1066718801/150440658, wurde der Antrag gemäß §§ 3, 8 AsylG abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Diese Entscheidung erwuchs am 24.02.2017 in Rechtskraft.

3. Am 12.11.2018 wurde der Beschwerdeführer, nachdem dieser illegal nach Deutschland weitergereist war, von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 27.06.2019 den gegenständlichen Folgeantrag. Er wurde zu diesem am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Dabei gab er zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen zu Protokoll, dass er nicht akzeptieren könne, dass er in Österreich kein Asyl bekommen würde. Es habe sich aber nichts geändert und seien seine Antragsgründe noch dieselben, welche er damals schon angegeben habe. Sein Vater habe in Somalia am Schwarzmarkt regelmäßig Alkohol verkauft. Dies sei in Somalia streng verboten. Eines Tags sei sein Vater zur Arbeit gegangen und wäre an diesem Tag ein Freund seines Vaters zu ihm nach Hause gekommen und hätte ihm mitgeteilt, dass sein Vater jemanden erschossen habe. Sein Vater wäre seither auf der Flucht. Die Familie des Getöteten hätte seine Familie zu Hause aufgesucht. Die Familie des Getöteten würde zu einem mächtigen Clan gehören. Eine Woche nach dem geschilderten Vorfall habe er diese Familie auf der Straße getroffen und hätten sie mit Eisenstangen auf ihn eingeschlagen. Deshalb fürchte er, wieder von dieser Familie aufgesucht zu werden. Die Familie hätte damals zu seiner Mutter gesagt, dass er flüchten müsse.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 04.07.2019 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, was im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat passieren würde, an, dass er nicht nach Somalia zurückkönne, da seine Probleme, die er schon im ersten Verfahren erzählt habe, immer noch aktuell seien. Befragt, was sich in seinem Privatleben seit der letzten Entscheidung geändert habe, gab er an, dass er viel Stress gehabt und an Gewicht verloren habe. Er denke auch ständig über seine Zukunft nach. In Bezug auf sein Privatleben habe sich seit der letzten Entscheidung zu seinem Vorverfahren nichts geändert.

Im Rahmen einer neuerlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am 12.07.2019 gab dieser nach Vorhalt zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Somalia an, das er dazu nichts zu sagen habe. Er wolle nur sagen, dass in Mogadischu viele schlimme Dinge passieren würden. Auch die Leute, die im Kaffeehaus sitzen würden, würden ohne Grund sterben. Die Lage sei dort unsicher. Nach Vorhalt der beabsichtigten Vorgangsweise des BFA, seinen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurückzuweisen und gegen ihn ein Einreiseverbot zu erlassen, gab er an, dass er dazu nichts zu sagen habe. Er könne nichts an seiner Geschichte ändern und keine neue Geschichte erfinden. Dies wäre schon der 5. oder 6. negative Bescheid, er sei schon "müde" davon.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs .1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.), ihm aufgetragen und gemäß § 15b Abs. 1 AsylG ab 28.06.2019 in einem namentlich genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich auf Umstände gestützt habe, die er bereits im ersten Verfahren vorgebracht habe, sodass ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt nicht vorliege. Er habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis bestünde. Sein Aufenthalt in Österreich sei durch die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und anschließender Stellung nunmehr zweier unbegründeter Asylanträge begründet. Auch sei er völlig mittellos und auch nicht in der Lage, Mittel für seinen Lebensunterhalt zu erwerben, sodass die Erlassung eines Einreiseverbotes geboten wäre.

Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Aspekte einer schützenswerten Integration im Bundesgebiet habe er nicht vorgebracht vorgebracht, weshalb der Ausspruch einer Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in dessen durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben bilde.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer furch seinen Rechtsberater mit Schriftsatz vom 29.07.2019 fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde, zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass das BFA dem angefochtenen Bescheid veraltete Länderfeststellungen zu Grunde gelegt habe. Der Beschwerdeführer stamme aus Mogadischu und habe er im gegenständlichen Verfahren vorgebracht, dass die Sicherheitslage in Mogadischu sehr schlecht wäre und die Leute "ohne Grund sterben" würden. Er habe gemeint, dass es regelmäßig zu Anschlägen komme, wobei es hauptsächlich zivile Opfer gebe. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen in Somalia in Bezug auf die Sicherheitslage, konkret die durch Al Shabaab erfolgten Anschläge auf Zivilisten seit dem Jahr 2018 liege ein neuer Sachverhalt vor, sodass ihm der Status des Asylberechtigten bzw. zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten gewährt werden hätte müssen. Es sei daher von einem mangelhaften Ermittlungsverfahren auszugehen. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des BVwG vom 19.01.2016, Zl. G311 2013578-1 wurde ausgeführt, dass vom BFA aufgrund der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers kein Einreiseverbot zu erlassen gewesen wäre bzw. auf eine angemessene Dauer herabzusetzen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, gehört der Volksgruppe der "Tunni" an und bekennt sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er wurde in Mogadischu im Stadtteil Hodan geboren. Er besuchte für drei Jahre die Grundschule und hat keine Arbeitserfahrung. Die Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben noch in Somalia. Der Beschwerdeführer gelangte illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 30.04.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung von Asyl, als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes, abgewiesen wurde, eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, festgestellt wurde, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen hinsichtlich einer ihm im Fall einer Rückkehr drohenden Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten dartun konnte.

Der Beschwerdeführer hat überdies nicht glaubhaft gemacht, bei einer Rückkehr in den Raum Mogadischu in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein. Bei einer Niederlassung in Mogadischu besteht für den Beschwerdeführer als gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen.

Der unbescholtene Beschwerdeführer verließ Österreich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Asylverfahrens, reiste illegal nach Deutschland und wurde am 27.06.2017 von Deutschland nach Österreich rücküberstellt. Er ist seit 27.06.2017 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und bestritt seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig, geht aktuell keiner Beschäftigung nach, hat keine Familienangehörigen oder sonst engen sozialen Bezugspersonen im Bundesgebiet und hat sich während seines Aufenthaltes keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet.

Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK.

1.2. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen verwiesen, aus welchen sich die verfahrensgegenständlich relevante Lage ergibt. Diese stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

...

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

...

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

Quellen:

- ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district, https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district , Zugriff 14.9.2018

- FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-issued-6-september-2018 , Zugriff 14.9.2018

- FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018): Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august-2018 , Zugriff 14.9.2018

- FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release, https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-sep-2018 , Zugriff 14.9.2018

- UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018), https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018 , Zugriff 14.9.2018

- UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-2018 , Zugriff 14.9.2018

- UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remains-fragile , Zugriff 14.9.2018

- WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia, https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-project-launched-somalia , Zugriff 14.9.0218

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

- FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia - Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018 , Zugriff 2.5.2018

- FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia - Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia , Zugriff 2.5.2018

- FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia - Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018 , Zugriff 2.5.2018

- FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map , Zugriff 2.5.2018

- FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018, https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018 , Zugriff 2.5.2018

- UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018 , Zugriff 3.5.2018

Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4 .2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4 .2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

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Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.9.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr äsident-somalias-wie-viele-löcher-hat-der-käse/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017): SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1 , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

- WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia , Zugriff 20.11.2017

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0. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich Große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden - etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017).

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen:

Eine vollständige und inhaltlich umfassende Darstellung kann nicht gewährleistet werden; die

Gebietsgrenzen sind relativ, jedoch annähernd (z.B. Problematik der unterschiedlichen Einflusslage bei Tag und Nacht; der Fluktuation entlang relevanter Nachschubwege). Um die Karten übersichtlich zu gestalten, wurde eine Kategorisierung der auf somalischem Boden operierenden (Konflikt-)Parteien vorgenommen (BFA 8.2017):

a) Alle auf irgendeine Art und Weise mit der somalischen Regierung verbundenen und gleichzeitig gegen al Shabaab gestellten Kräfte wurden als "anti-al-Shabaab Forces" zusammengefasst. Diese Kategorie umfasst neben Bundeskräften (SNA) auch Kräfte der Bundesstaaten (etwa Jubaland, Galmudug, Puntland) sowie AMISOM und bi-lateral eingesetzte Truppen (und damit de facto auch die Liyu Police).

b) Die ASWJ wurde nicht in diese Kategorie aufgenommen, da sie zwar gegen al Shabaab kämpft, die Verbindung zur Bundesregierung aber momentan unklar ist.

c) Einige Clans verfügen über relative Eigenständigkeit, die auch mit Milizen abgesichert ist. Dies betrifft in erster Linie die Warsangeli (Sanaag), Teile der Dulbahante (Sool) und die Macawusleey genannte Miliz in Hiiraan. Keine dieser Milizen ist mit Somaliland, einem somalischen Bundesstaat, mit der somalischen Bundesregierung oder al Shabaab verbunden; sie agieren eigenständig, verfügen aber nur über eingeschränkte Ressourcen.

Operational Areas

d) Operationsgebiete, in welchen die markierten Parteien über relevanten Einfluss verfügen (einfarbig): Dort können die Parteien auf maßgebliche Mittel (Bewaffnung, Truppenstärke, Finanzierung, Struktur, Administration u.a.) zurückgreifen, um auch längerfristig Einfluss zu gewährleisten. Es sind dies die Republik Somaliland; Puntland; teilweise auch Galmudug; AMISOM in Tandem mit der somalischen Regierung bzw. mit Bundesstaaten; äthiopische Kräfte im Grenzbereich; al Shabaab; Ahlu Sunna Wal Jama'a in Zentralsomalia;

e) Einige Gebiete (schraffiert) - vorwiegend in Süd-/Zentralsomalia - unterliegen dabei dem Einfluss von zwei dermaßen relevanten Parteien.

f) Alle in der Karte eingetragenen Städte und Orte wurden einer der o.g. Parteien zugeordnet. Sie gelten als nicht schraffiert, die Kommentare unter 4.1.2 sind zu berücksichtigen. Soweit bekannt wurden den Städten AMISOM-Stützpunkte oder Garnisonen bi-lateral eingesetzter Truppen zugeordnet. In den Städten ohne eine derartige Präsenz gibt es eine SNA-Präsenz, oder aber Sicherheitskräfte der einzelnen Bundesstaaten; oder Somalilands.

g) Operationsgebiete, in welchen kleinere Parteien über eingeschränkten Einfluss verfügen (strichliert): Dort sind neben den o.g. relevanten Parteien noch weitere Parteien mit eingeschränkter Ressourcenlage aktiv. Ihr Einfluss in diesen Operationsgebieten ist von wechselnder Relevanz und hängt von den jeweiligen verfügbaren Ressourcen und deren Einsatz ab (BFA 8.2017).

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(BFA 8.2017)

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2016; vgl. ACLED 2017).

Quellen:

- ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2017): Africa Data, Version 8 (1997-2017), https://www.acleddata.com/data/ , Zugriff 10.1.2018

- ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2016): Africa Data, Version 7 (1991-2016), http://www.acleddata.com/data/ , Zugriff 21.12.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

0.1. Süd-/Zentralsomalia

Die Präsenz von AMISOM in Somalia bleibt auch mittelfristig essentiell, um die Sicherheit in Somalia zu gewährleisten. Sollte AMISOM überhastet abziehen oder die Verantwortung zu früh an somalische Sicherheitsbehörden übergeben, besteht das Risiko von Rückschritten bei der Sicherheit (UNSC 5.9.2017; vgl. ICG 20.10.2017).

AMISOM hat große Erfolge erzielt, was die Einschränkung der territorialen Kontrolle der al Shabaab anbelangt (ICG 20.10.2017). Weite Teile des Landes wurden durch AMISOM und durch die somalische Armee aus den Händen der al Shabaab zurückgeholt (UNHRC 6.9.2017), und AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 9.2016). AMISOM und die somalische Regierung konnten ihre Kontrolle in zurückgewonnenen Gebieten etwas konsolidieren (AI 22.2.2017). Es ist aber kaum zur Einrichtung von Verwaltungen gekommen (BFA 8.2017).

Gleichzeitig hat AMISOM ihre Kräfte überdehnt. Die Mission tut sich schwer dabei, nunmehr den Kampf gegen eine Rebellion führen zu müssen, welche sich von lokalen Konflikten nährt. Die al Shabaab ist weiterhin resilient (ICG 20.10.2017). Außerdem beherrschen einige der neu errichteten Bundesstaaten nicht viel mehr, als ein paar zentrale Städte. Der effektive Einfluss von AMISOM und den somalischen Verbündeten bleibt jedoch in vielen Fällen auf das jeweilige Stadtgebiet konzentriert, auch wenn es teils zu weiteren Exkursionen kommt. In einigen Städten ist es in jüngerer Vergangenheit zu Verbesserungen gekommen. Dies gilt mehrheitlich auch für Mogadischu (BFA 8.2017).

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.1.2017; vgl. ÖB 9.2016) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 9.2016). Kämpfe - vor allem unter Beteiligung von al Shabaab, aber auch unter Beteiligung von Clans - sowie Zwangsräumungen haben zu Vertreibungen und Verlusten geführt (HRW 12.1.2017). Dabei haben AMISOM und die somalische Armee seit Juli 2015 keine großen Offensive mehr geführt (SEMG 8.11.2017). Im Jahr 2016 gab es zwar Kämpfe zwischen AMISOM/Regierung und al Shabaab, es kam aber kaum zu Gebietswechseln (AI 22.2.2017). Im Jahr 2017 ist es zu weniger direkten militärischen Auseinandersetzungen zwischen al Shabaab und AMISOM gekommen. Die am meisten vom militärischen Konflikt betroffenen Gebiete sind die Frontbereiche, wo Ortschaften und Städte wechselnder Herrschaft unterworfen sind; sowie das Dreieck Mogadischu-Afgooye-Merka (BFA 8.2017).

Die reduzierten Kapazitäten der al Shabaab haben dazu geführt, dass sich die Gruppe auf Guerilla-Taktik und asymmetrische Kriegsführung verlegt hat. Al Shabaab begeht verübt komplexe Angriffe, Selbstmordattentate, und gezielte Attentate auf Einzelpersonen (UKHO 7.2017). Die Gruppe setzt den Guerillakampf im ländlichen Raum Süd-/Zentralsomalias fort. Regelmäßig kommt es zu Angriffen auf somalische und AMISOM-Truppen, die sich auf Verbindungsstraßen bewegen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNSC 9.5.2017).

Al Shabaab kontrolliert weiterhin wichtige Versorgungsrouten und hält gegen Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierungskräften Blockaden aufrecht (HRW 12.1.2017). Durch Guerilla-Aktivitäten isoliert al Shabaab mehrere Städte, die teils als Inseln im Gebiet der Gruppe aufscheinen (BFA 8.2017). AMISOM muss an vielen Einsatzorten von UNSOS aus der Luft versorgt werden, da die Überlandrouten nicht ausreichend abgesichert sind (UNSC 5.9.2017).

Es hat mehrere Fälle gegeben, wo internationale Truppen Gebiete in Bakool, Galgaduud, Hiiraan und Lower Shabelle ohne große Ankündigung geräumt haben. In der Folge ist al Shabaab unmittelbar in diese Gebiete zurückgekehrt und hat an der lokalen Bevölkerung zahlreiche Menschenrechtsverletzungen (Mord, Folter, Entführung, Vernichtung humanitärer Güter, Zwangsrekrutierung) begangen (SEMG 8.11.2017). Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eben jene Orte, aus denen die ENDF oder AMISOM rasch abgezogen sind, am meisten unter dem Konflikt leiden. Sobald die Regierungskräfte abziehen, füllt nämlich al Shabaab das entstandene Vakuum auf. Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilisten folgen umgehend. Es gibt regelmäßig Berichte darüber, dass AS mutmaßliche Kollaborateure hingerichtet hat. Die Menschen dort leben unter ständiger Bedrohung (BFA 8.2017).

Im September 2017 überrannte al Shabaab mehrere Stützpunkte der somalischen Armee, namentlich in Bulo Gaduud, Belet Xawo, Ceel Waaq und Bariire (19.12.2017 VOA).

Eine Infiltration von unter Kontrolle der Regierung stehenden Städten mittels größerer Kampfverbände der al Shabaab kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure der al Shabaab kommt in manchen Städten vor (BFA 8.2017). Al Shabaab ist dadurch nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 22.2.2017).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 9.2016). Politische Anstrengungen zur Etablierung bzw. Stärkung von Bundesländern verstärkten Clankonflikte in manchen Bereichen (ÖB 9.2016; vgl. BS 2016, BFA 8.2017). Auch dabei kommen Zivilisten zu Schaden (HRW 12.1.2017).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 9.2016).

Gezielte Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur mittels Selbstmordattentätern und anderen Sprengstoffanschlägen durch die al Shabaab haben weiterhin gravierende Folgen (HRW 12.1.2017). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, bei gezielten Attentaten, durch Sprengsätze oder Handgranaten und bei komplexen Anschlägen ums Leben oder werden verwundet (AI 22.2.2017). Generell hat al Shabaab vermehrt Gewalt gegen Zivilisten angewandt, nötigt oder bestraft in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ganze Gemeinden. Aufgrund der durch die Dürre verstärkten Ressourcenknappheit hat al Shabaab Dörfern niedergebrannt und Älteste enthauptet, um ihre Steuerforderungen durchzusetzen - so z.B. im Raum Xaradheere im November 2016 (SEMG 8.11.2017). Im ersten Trimester 2017 wurden von al Shabaab 36 Personen entführt, davon wurden 15 später wieder freigelassen (UNSC 9.5.2017).

UNSOM hat für den Zeitraum 1.1.2016-14.10.2017 insgesamt 2.078 getötete zivile Opfer in Somalia dokumentiert; hinzu kommen 2.507 Verletzte. Für 60% der Opfer ist die al Shabaab verantwortlich (UNHRC 10.12.2017a).

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(UNHRC 10.12.2017b)

Für das Jahr 2016 berichtet das UN Mine Action Service von 267 durch Sprengstoffanschläge getötete und 727 verletzte Personen. Bei Kämpfen kamen zwischen Jänner und August 2016 492 Zivilisten ums Leben (USDOS 3.3.2017). Andererseits beruft sich die SEMG auf Zahlen von ACLED. Demnach seien im Zeitraum Jänner 2016 bis Mitte August 2017 bei 533 Zwischenfällen mit improvisierten Sprengsätzen insgesamt 1.432 Zivilisten zu Schaden gekommen, 931 davon wurden getötet (SEMG 8.11.2017). Das Rote Kreuz wiederum berichtet, dass im Jahr 2016 ca. 5.300 durch Waffen verletzte Personen in vom IKRK unterstützten Spitälern eine Behandlung erhalten haben; v.a. in Mogadischu, Baidoa und Kismayo (ICRC 23.5.2017). Es ist offenbar schwierig, die genaue Zahl festzustellen (AI 22.2.2017).

Im ersten Trimester 2017 wurden 646 Zivilisten getötet oder verletzt (UNSC 9.5.2017), im zweiten Trimester waren es 582 (ca. die Hälfte der letztgenannten Zahl ist al Shabaab zuzuschreiben, 12 Opfer der AMISOM, 41 den staatlichen Sicherheitskräften; bei durch die Dürre verschärften Ressourcenkonflikten kamen 175 Zivilisten zu Schaden) (UNSC 5.9.2017). Bei einer geschätzten Bevölkerung von rund 11 Millionen Einwohnern (CIA 6.11.2017) liegt die Quote getöteter Zivilisten:Gesamtbevölkerung für Gesamtsomalia im ersten Trimester 2017 bei ca. 1:17.000, im zweiten Trimester bei 1:18.900.

Auch wenn die Zahl von Gewalt gegen Zivilisten seit dem Jahr 2013 relativ konstant bleibt, so hat sich die Letalität - etwa aufgrund der Proliferation von destruktiveren Methoden - erhöht. Im Durchschnitt kommen bei jedem Vorfall also mehr Menschen zu Schaden (SEMG 8.11.2017). Absolutes Beispiel dieses Trends ist der Anschlag vom 14.10.2017 in Mogadischu, bei welchem mehr als 500 Menschen getötet wurden - wiewohl sich al Shabaab bislang nicht zu dem Anschlag bekannt hat (DS 2.12.2017).

Dahingegen ist bei den staatlichen Sicherheitskräften ein positiver Trend zu erkennen. Sie sind in keine größeren Angriffshandlungen gegen Zivilisten verwickelt (SEMG 8.11.2017).

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Die Grafik zeigt, dass der Trend hinsichtlich der Anzahl an gewalttätigen Vorfällen gegen Zivilisten nach unten zeigt, während sich die Anzahl an Todesopfern pro Vorfall erhöht hat (SEMG 8.11.2017).

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Die Anzahl an Sprengstoffanschlägen hat zugenommen, ihre Letalität ist hingegen kaum gestiegen (SEMG 8.11.2017).

Im zweiten Trimester 2017 kam es in ganz Somalia zu 16 Luftangriffen, die meisten davon in den Regionen Gedo (8), Lower Shabelle (4) und Lower Juba (3). Insgesamt kamen dabei 18 Zivilisten zu Schaden (UNSC 5.9.2017). Eine andere Quelle nennt als Gesamtzahl für die ersten beiden Trimester 2017 32 Luftangriffe durch Kenia, die USA und nicht identifizierte Kräfte (SEMG 8.11.2017). Insgesamt sollen alleine die USA im Jahr 2017 30 Luftschläge in Somalia durchgeführt haben (BBC 22.12.2017). Jedenfalls haben die USA ihre Angriffe verstärkt: Während sie im gesamten Jahr 2016 nur dreizehn Luftschläge führte, waren es alleine im Zeitraum Juni-September 2017 neun. Seit 2016 haben sich die Auswirkungen von Luftschlägen auf Zivilisten aufgrund gezielterer Angriffe verringert. Insgesamt wurden im Zeitraum Jänner 2016 bis Juni 2017 bei 58 Luftschlägen 36 zivile Opfer dokumentiert (SEMG 8.11.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BBC (22.12.2017): Who are Somalia's al-Shabab? http://www.bbc.com/news/world-africa-15336689 , Zugriff 5.1.2018

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- CIA - Central Intelligence Agency (6.11.2017): The World Factbook - Somalia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/so.html , Zugriff 10.11.2017

- DS - Der Standard (2.12.2017): Neue Bilanz: Mehr als 500 Tote bei verheerendem Anschlag in Mogadischu, http://derstandard.at/2000068930378/Neue-Bilanz-Mehr-als-500-Tote-bei-verheerendem-Anschlag-in?ref=rec , Zugriff 21.12.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- ICG - International Crisis Group (20.10.2017): Managing the Disruptive Aftermath of Somalia's Worst Terror Attack , http://www.refworld.org/docid/59e9b7e74.html , Zugriff 11.11.2017

- ICRC - International Committee of the Red Cross (ICRC) (23.5.2017): Annual Report 2016 - Somalia, http://www.refworld.org/docid/59490dab2.html , Zugriff 11.11.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (10.12.2017a): Protection of Civilians: Building the Foundation for Peace, Security and Human Rights in Somalia, https://reliefweb.int/report/somalia/protection-civilians-building-foundation-peace-security-and-human-rights-somalia , Zugriff 12.1.2018

- UNHRC - UN Human Rights Council (10.12.2017b): Protection of Civilians in Somalia 2016-2017, https://reliefweb.int/report/somalia/protection-civilians-somalia-2016-2017 , Zugriff 12.1.2018

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

- VOA - Voice of America (19.12.2017): Somalia: Up to 30 Percent of Soldiers Unarmed, https://www.voanews.com/a/somali-government-says-up-thirty-percent-its-soldiers-unarmed/4170388.html , Zugriff 5.1.2018

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0.1.1. Benadir / Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelmäßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschlägen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordkämpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die häufig von Behördenbediensteten oder Sicherheitskräften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).

Der Einsatz von Artillerie (Mörsern) mit Ziel Mogadischu ist wieder im Steigen begriffen. Im ersten Halbjahr 2017 kam es zu zwölf derartigen Angriffen, im Gesamtjahr 2016 waren es 17 (SEMG 8.11.2017). Am 12.6. und am 4.7.2017 wurden insgesamt neun Mörsergranaten auf Stadtgebiet abgeschossen (UNSC 5.9.2017). Dabei verfügt al Shabaab nunmehr auch über schwere, von AMISOM erbeutete Mörser (120mm), was ihre Möglichkeiten erweitert (SEMG 8.11.2017). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gemäß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).

Die Sicherheitslage hat sich also verbessert (UNSOM 13.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017), bleibt aber volatil (UNSC 5.9.2017). Die MSM hat einige Erfolge verzeichnet, darunter Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und Zivilisten. Auch die Polizei in Mogadischu funktioniert merklich besser, als vor drei oder vier Jahren. Das Polizeikontingent der AMISOM ist aktiv. Es werden in der ganzen Stadt regelmäßig Patrouillen durchgeführt. Zusätzlich befinden sich Stützpunkte der Armee an neuralgischen Punkten der Stadt. Auch die National Intelligence and Security Agency (NISA) und ihre Spezialeinheiten werden in Mogadischu eingesetzt. Der wichtigste Faktor in Mogadischu ist aber die Präsenz der AMISOM. Sie ist in Mogadischu mit je einem Bataillon aus Uganda und Burundi, mit dem militärischen Stab und mit rund 300 Polizisten präsent. In einem gewissen Ausmaß stellt sie für al Shabaab einen Abschreckungsfaktor dar. Sie macht es für AS schwieriger, in die Stadt zu gelangen (BFA 8.2017). Auch die Regierung zeigt einige Bemühungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. Allerdings sind diese ungenügend; korrupte, unbezahlte Soldaten und unzufriedene Clans in der Peripherie ermöglichen es der al Shabaab, Mogadischu zu infiltrieren (ICG 20.10.2017).

Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwärtig gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte nicht aus, um eine flächeneckende Präsenz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfügt eindeutig über eine Präsenz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Präsenz ist aber keine offen militärische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken stärker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig hängt die Präsenz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die nördlichen Bezirke - v.a. Dayniile und Heliwaa - werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).

Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, hängt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von persönlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).

Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. Tödliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfälle ereignen sich regelmäßig. Pro Monat töten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivitäten vorwiegend gegen die Regierung. Zusätzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure für Mode und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017). Bis in den Oktober 2017 hat Mogadischu eine moderate Verbesserung der Sicherheitslage erlebt. Die Zahl an Attentaten und Anschlägen ging zurück, die Sicherheitskräfte konnten einige Angriffe erfolgreich verhindern (ICG 20.10.2017). Andererseits schien sich al Shabaab später aus taktischen Überlegungen heraus auf Mogadischu zu konzentrieren. Dort sollen Anschläge - speziell auf sogenannte "soft targets" (z.B. Hotels und Märkte) - verstärkt werden (UNHRC 6.9.2017). In welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist schwer einschätzbar (BFA 8.2017).

An der im September 2015 dargestellten Situation hat sich gemäß der Informationen der Fact Finding Mission 2017 nichts Wesentliches geändert (BFA 3./4.2017):

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(BFA 10.2015; vgl. EASO 2.2016)

In Mogadischu lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 120 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 102 dieser 120 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2017 waren es 217 derartige Vorfälle (davon 186 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht berücksichtigt):

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(ACLED 2016) (ACLED 2017)

Dabei handelte es sich laut ACLED Datenbank bei folgenden Fällen um "violence against civilians" (es handelt sich hierbei jedoch um keine exakten Zahlen, da ACLED zahlreiche Unschärfen aufweist):

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(ACLED 2016) (ACLED 2017)

Quellen:

- ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2017): Africa Data, Version 8 (1997-2017), https://www.acleddata.com/data/ , Zugriff 10.1.2018

- ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2016): Africa Data, Version 7 (1991-2016), http://www.acleddata.com/data/ , Zugriff 21.12.2017

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017): Informationen aus den Protokollen der FFM

- BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia: Lagekarten zur Sicherheitslage

- DIS - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (3.2017): South and Central Somalia Security Situation, al-Shabaab Presence, and Target Groups. Report based on interviews in Nairobi, Kenya, 3 to 10 December 2016, https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/57D4CD96-E97D-4003-A42A-C119BE069792/0/South_and_Central_Somalia_Report_March_2017.pdf , Zugriff 21.11.2017

- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 13.12.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015): R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: ECHR, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html , Zugriff 21.12.2017

- ICG - International Crisis Group (20.10.2017): Managing the Disruptive Aftermath of Somalia's Worst Terror Attack , http://www.refworld.org/docid/59e9b7e74.html , Zugriff 11.11.2017

- LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to Mogadishu, https://landinfo.no/asset/3570/1/3570_1.pdf , Zugriff 20.11.2017

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 21.12.2017

- UNFPA - United Nations Population Fund (10.2014): Population Estimation Survey 2014 - Somalia, http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Population-Estimation-Survey-of-Somalia-PESS-2013-2014.pdf , Zugriff 21.12.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017): SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1 , Zugriff 11.11.2017

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0.1.2. Al Shabaab (AS)

Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016). Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al Shabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch die al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (BFA 8.2017).

Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al Shabaab durch AMISOM und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (UKHO 7.2017). Die al Shabaab stellt aber weiterhin eine potente Bedrohung dar (UNSC 9.5.2017). Die Stärke der al Shabaab wird im Schnitt mit ungefähr 7.000 Mann beziffert (BFA 8.2017; vgl. LI 20.12.2017). Die Gruppe ist technisch teilweise besser ausgerüstet als die SNA und kann selbst gegen AMISOM manchmal mit schweren Waffen eine Überlegenheit herstellen. Außerdem verfügt die al Shabaab mit dem Amniyad über das landesweit beste Aufklärungsnetzwerk (BFA 8.2017). Die Gruppe hat sich bei Rückschlägen in der Vergangenheit als resilient und anpassungsfähig erwiesen. Der innere Kern blieb allzeit geeint, auch wenn es bei al Shabaab zu Streitigkeiten und Fraktionierung gekommen ist. Die taktische Entwicklung der Gruppe; ihre wachsenden Fähigkeiten; und die Ausführung komplexer Angriffe auf städtische und ländliche Ziele hat dies jedenfalls bewiesen (UNSC 9.5.2017). In der Vergangenheit hat die Gruppe auch eine konventionell-militärische Bedrohung dargestellt, etwa beim Angriff auf einen kenianischen Stützpunkt bei Kulbiyow im Jänner 2017. Beim Überrennen von AMISOM-Stützpunkten ist al Shabaab auch an schwere Waffen gelangt (SEMG 8.11.2017).

Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al Shabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptstädte werden von anti-al-Shabaab-Truppen gehalten. Viele der Städte sind gleichzeitig auch Garnisonsstädte der AMISOM (BFA 8.2017). Eine andere Quelle nennt ebenfalls die o.g. Städte als unter Kontrolle der al Shabaab befindlich, fügt aber die Stadt Xaradheere (Mudug) hinzu und zieht Diinsoor ab (LI 20.12.2017).

In ihrem Gebiet hält al Shabaab vor allem in Städten und größeren Dörfern eine permanente Präsenz aufrecht. Abseits davon operiert al Shabaab in kleinen, mobilen Gruppen (LI 20.12.2017). Die Gruppe verfügt nicht nur über Kämpfer und Agenten, sie kann auch auf Sympathisanten zurückgreifen (NLMBZ 11.2017). Nominell ist die Reichweite der al Shabaab in Süd-/Zentralsomalia damit unbegrenzt. Sie ist in den meisten Landesteilen offen oder verdeckt präsent. Die Gruppe ist in der Lage, überall zuschlagen zu können (BFA 8.2017). Die al Shabaab übt über das Jubatal Kontrolle aus und kann sich auch in vielen anderen Gebieten Süd-/Zentralsomalias frei bewegen (USDOS 3.3.2017). Al Shabaab beherrscht weiterhin große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia, v.a. in Bay, Gedo, Lower Shabelle und Middle Juba (AI 22.2.2017; vgl. BFA 8.2017). Auch rund um Städte in Süd-/Zentralsomalia, die von nationalen oder regionalen Sicherheitskräften und/oder AMISOM gehalten werden (SEMG 8.11.2017), kontrolliert al Shabaab den ländlichen Raum und wichtige Versorgungsstraßen (SEMG 8.11.2017; vgl. UKHO 7.2017). Dadurch gelingt es der Gruppe, große Teile der Bevölkerung von einer Versorgung abzuschneiden (SEMG 8.11.2017).

Die al Shabaab übt auch über manche Orte, die eigentlich der Jurisdiktion der Regierung angehören, ein Maß an Kontrolle aus: Humanitäre Organisationen und Empfänger humanitärer Hilfe werden besteuert oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt (SEMG 8.11.2017). Es gelingt der al Shabaab selbst nominell sichere Teile Mogadischus zu infiltrieren (BFA 8.2017). Außerdem verfügt die Gruppe in vielen Teilen Somalias über Verbindungen in alle Gesellschaftsebenen und -Bereiche (SEMG 8.11.2017). Generell variiert die Präsenz der al Shabaab konstant (BFA 8.2017).

Völkerrechtlich kommen der al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 1.1.2017). Staatlicher Schutz ist in der Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (UKHO 7.2017).

Die Fähigkeit der al Shabaab, in den von ihr beherrschten Gebieten eine effektive Verwaltung zu betreiben, ist ungebrochen. Zusätzlich verfügt die Gruppe über Kapazitäten, um in neu eroberten Gebieten unmittelbar Verwaltungen zu installieren (BFA 8.2017). Die Gebiete der al Shabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.9.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt die al Shabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al Shabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA 8.2017).

Die al Shabaab finanziert sich über unterschiedliche Steuern. Allein aus Abgaben auf den (illegalen) Holzkohlehandel lukriert die Gruppe pro Jahr - nach konservativen Schätzungen - 10 Millionen US-Dollar. Auch von anderen Wirtschaftstreibenden werden Steuern eingehoben: In Mogadischu reicht die Spannweite von zehn US-Dollar monatlich für einfache Markthändler bis zu 70.000 US-Dollar für große Firmen. Im ländlichen Raum werden auch Viehmärkte besteuert. Außerdem verlangt al Shabaab entlang von Hauptverbindungsstraßen Gebühren und hebt den Zakat ein (SEMG 8.11.2017). Die Zahlung der Abgaben erfolgt in der Form von Geld, Tieren, landwirtschaftlichen Produkten oder anderen Werten. Die Höhe der Besteuerung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen (LI 20.12.2017).

Einerseits zwingt al Shabaab mancherorts Kinder zum Besuch der eigenen Madrassen; andererseits konnte z.B. in einem ländlichen Ort in Middle Juba eine neue Schule eröffnet werden, die sogar Englisch im Lehrplan hat. Dafür musste die Gemeinde aber eine Sonderabgabe leisten (SEMG 8.11.2017).

Die Menschen auf dem Gebiet der al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen. Während dies zwar einerseits zur Stärkung der Sicherheit beiträgt (weniger Kriminalität und Gewalt durch Clan-Milizen) (BS 2016), versucht al Shabaab alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2016; vgl. DIS 9.2015). Alle Bewohner der Gebiete von al Shabaab müssen strenge Vorschriften befolgen, z.B. Kleidung, Eheschließung, Steuerzahlung, Teilnahme an militärischen Operationen, Rasieren, Spionieren, Bildung etc. (DIS 9.2015). Mit den damit verbundenen harten Bestrafungen wurde ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2016). Das Brechen von Vorschriften kann zu schweren Strafen bis hin zum Tod führen (DIS 9.2015).

Die al Shabaab hat im Juni 2017 für die Bundesstaaten Galmudug, Puntland und Hirshabelle ein Verbot der Verwendung des Somali Shilling ausgerufen. Wirtschaftstreibende weichen daher teilweise auf den US-Dollar und den Äthiopischen Birr aus (UNSC 5.9.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 13.12.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- LI - Landinfo (20.12.2017): Somalia: Al-Shabaab utenfor byene i Sør-Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1515415669_2012.pdf , Zugriff 10.1.2018

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (18.9.2017): Countering Al-Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al-shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

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1. Rechtsschutz/Justizwesen

In Süd-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 1.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).

Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss der staatliche Schutz in Süd-/Zentralsomalia als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 9.2016). Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes. Es gibt zwar sowohl in Süd-Zentralsomalia als auch in Puntland einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 1.1.2017). Das formelle Justizsystem ist in vielen Teilen Somalias nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte eingerichtet, die vom lokal dominanten Clan abhängen (USDOS 3.3.2017). Trotz jüngster Verbesserungen bleibt die Justiz unterfinanziert, unterbesetzt, schlecht ausgebildet, und ineffizient. Gleichzeitig ist sie Bedrohungen, politischer Einflussnahme und Korruption ausgesetzt. Es kann daraus geschlossen werden, dass der Staat zwar Willens ist, einen effektiven staatlichen Schutz zu bieten. Allerdings ist er in vielen Fällen wohl nicht in der Lage, dies zu tun (UKHO 7.2017).

Laut Verfassung sollte es ein Verfassungsgericht, Bundesgerichte und Gerichte der Bundesstaaten geben. Alle diese Institutionen müssen erst geschaffen werden (EASO 2.2016). Insgesamt existiert nur ein rudimentärer Justizapparat (BS 2016), der korrumpiert ist (USDOS 3.3.2017).

2017 ist erstmalig ein Ausbildungsplan für Richter, Staatsanwälte und Gerichtsdiener erstellt worden. Ende 2017 sollen insgesamt 350 in der Justiz Bedienstete aus ganz Somalia an einem Ausbildungsprogramm teilnehmen (UNSC 5.9.2017). Die UNO hat Jubaland dabei unterstützt, mobile Gerichte und Rechtsberatungsabteilungen einzurichten. Auch im South-West-State gibt es derartige Bemühungen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNSC 9.5.2017, BFA 8.2017).

Vor Militärgerichten, wo manchmal auch Zivilisten angeklagt werden, wird Angeklagten nur selten das Recht auf eine Rechtsvertretung oder auf Berufung zugestanden. Internationale Standards werden nicht eingehalten (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Laut Angabe des Generalstaatsanwaltes werden vor Militärgerichten nur Anklagen in Zusammenhang mit Terrorismus verhandelt. Verfahren vor dem Militärgericht sind kurz (sieben Tage) (UNHRC 6.9.2017).

Im somalischen Kulturraum existieren drei Rechtsquellen: Das traditionelle Recht xeer, das islamische Schariarecht (v.a. für familiäre Angelegenheiten) sowie zivile Gesetze (SEM 31.5.2017; vgl. BS 2016, USDOS 3.3.2017, EASO 2.2016).

Das traditionelle Recht (xeer) ist besonders in ländlichen Gebieten wichtig, wo Verwaltungen und die Justiz nur schwach oder gar nicht vorhanden sind. Aber auch in den Städten wird xeer oft zur Konfliktlösung z.B. bei Streitfragen unter Politikern und Händlern angewandt (SEM 31.5.2017). Zur Anwendung kommt xeer auch bei anderen Konflikten und bei Kriminalität (BFA 8.2017; vgl. EASO 2.2016).

Der Ausdruck "Clan-Schutz" bedeutet in diesem Zusammenhang traditionell die Möglichkeit einer Einzelperson, vom eigenen Clan gegenüber einem Aggressor von außerhalb des Clans geschützt zu werden. Die Rechte einer Gruppe werden durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt geschützt. Sein Jilib oder Clan muss in der Lage sein, Kompensation zu zahlen - oder zu kämpfen. Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson sind deshalb eng verbunden mit der Macht ihres Clans (SEM 31.5.2017).

Durch die schwache Ausprägung bzw. Abwesenheit staatlicher Strukturen in einem großen Teil des von Somalis besiedelten Raums spielen die Clans auch heute wichtige politische, rechtliche und soziale Rollen (SEM 31.5.2017). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird (ÖB 9.2016). Die Konfliktlösungsmechanismen der Clans für Kriminalität und Familienstreitigkeiten sind intakt. Selbst im Falle einer Bedrohung durch al Shabaab kann der Clan einbezogen werden. Zwar kann der Clan nicht mehr jedes einzelne Mitglied beschützen - gerade vor al Shabaab. Doch bei Kriminalität, die nicht von al Shabaab ausgeht, können Probleme direkt zwischen den Clans gelöst werden. Freilich bedeutet dies auch, dass z.B. eine Einzelperson ohne Anschluss in Mogadischu nicht von diesem System profitieren kann (SEM 31.5.2017).

Das traditionelle Rechtssystem, in dem Abschreckung und Kompensationszahlungen eine bedeutende Rolle spielen, kommt oft zu tragen (SEM 31.5.2017). Laut Schätzungen werden 90% aller Rechtsstreitigkeiten in Somalia über traditionelle Konfliktlösungsmechanismen ausgetragen. Diese Mechanismen sind wichtig, da sie nahe an den Menschen arbeiten und jahrhundertealte, den Menschen bekannte Verfahren und Normen nutzen. Der Entscheidungsprozess ist transparent und inklusiv. Allerdings beruhen die traditionellen Mechanismen auf keinen schriftlich festgelegten Regeln (UNHRC 6.9.2017). Die traditionelle Justiz wird oft herangezogen, da sie zu schnellen Entscheidungen gelangt. Allerdings werden in diesem System oft ganze (Sub-)Clans für die Tat Einzelner zur Verantwortung gezogen (USDOS 3.3.2017).

Insgesamt ist das traditionelle Recht (xeer) ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Die traditionell vorgesehenen Kompensationszahlungen decken zahlreiche zivil- und strafrechtliche Bereiche ab. Diese Art der Unfall- und Sozialversicherung kommt z.B. bei fahrlässiger Tötung, bei Autounfällen mit Personen- oder Sachschaden oder sogar bei Diebstahl zu tragen. Nach der Art des Vorfalles richtet sich auch der zu entrichtende Betrag (SEM 31.5.2017).

Maßgeblicher Akteur ist hier der Jilib, die sogenannte Diya/Mag-zahlende Gruppe (Mag/Diya = "Blutgeld"). Das System ist im gesamten Kulturraum der Somali präsent und bietet - je nach Region, Clan und Status - ein gewisses Maß an (Rechts-)Schutz. Die sozialen und politischen Beziehungen zwischen Jilibs sind durch (mündliche) Verträge namens xeer geregelt. Mag/Diya muss bei Verstößen gegen diesen Vertrag bezahlt werden. Dies gilt nicht nur im Falle einer Tötung, sondern auch bei anderen (Sach-)Schadensfällen. Für Straftaten, die ein Gruppenmitglied an einem Mitglied eines anderen Jilib begangen hat - z.B. wenn jemand verletzt oder getötet wurde - sind Kompensationszahlungen (Mag/Diya) vorgesehen. Die Mitglieder eines Jilib sind verpflichtet, einander bei politischen und rechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen, die im Xeer-Vertrag festgelegt sind - insbesondere bei Kompensationszahlungen (Mag/Diya). Letztere werden von der ganzen Gruppe des Täters bzw. Verursachers gemeinsam bezahlt (SEM 31.5.2017).

Die Ältesten sind für die korrekte Anwendung des xeer verantwortlich (SEM 31.5.2017). Sie vermitteln in Streitfragen, verhandeln Friedensabkommen und einigen sich auf Kompensationszahlungen (BS 2016). Aufgrund von Allianzen werden auch Minderheiten in das System eingeschlossen. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit, die mit einem großen Clan alliiert ist, einen Unfall verursacht, trägt auch der große Clan zur Zahlung von Kompensation bei (SEM 31.5.2017).

Der Clan-Schutz funktioniert generell - aber nicht immer - besser als der Schutz durch den Staat oder die Polizei. Darum aktivieren Somalis im Konfliktfall (Verbrechen, Streitigkeit etc.) tendenziell eher Clan-Mechanismen. Durch dieses System der gegenseitigen Abschreckung werden Kompensationen üblicherweise auch ausbezahlt (SEM 31.5.2017).

Familien- und Standesangelegenheiten (Heirat, Scheidung, Erbschaft) werden im Rahmen der Scharia abgehandelt. Allerdings sind Schariagerichte oftmals von Clans beeinflusst (BS 2016). Die Gesetzeslosigkeit in Süd- und Zentralsomalia führte auch zur Einführung der Scharia in Strafsachen, da die Bezahlung von Blutgeld manchmal nicht mehr als ausreichend angesehen wird (SEM 31.5.2017).

In den unter Kontrolle der al Shabaab stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al Shabaab nicht anerkannt (AA 1.1.2017). Auch das traditionelle Recht ist dort zugunsten des islamischen Rechts in den Hintergrund getreten (SEM 31.5.2017). Dort gibt es kein formelles Justizsystem, es gilt die strikte Interpretation der Scharia (EASO 2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017, BS 2016). Der Clan-Schutz ist in den Gebieten unter Kontrolle oder Einfluss der al Shabaab eingeschränkt, aber nicht inexistent. Abhängig von den Umständen können die Clans auch in diesen Regionen Schutz bieten. Es kann den Schutz einer Einzelperson erhöhen, Mitglied eines Mehrheitsclans zu sein (SEM 31.5.2017). Die harsche Interpretation der Scharia wird in erster Linie in jenen Gebieten umgesetzt, die unter Kontrolle der al Shabaab stehen und wo die Gruppe auch über eine permanente Präsenz verfügt. In Gebieten, wo die al Shabaab über keine permanente Präsenz verfügt, liegt ihr Hauptaugenmerk auf der Einhebung von Steuern (LI 20.12.2017).

Die Gerichte der al Shabaab werden als gut funktionierend, effektiv und schnell beschrieben (BFA 8.2017). Insgesamt gibt es nur wenige Informationen darüber, wie diese Schariagerichte aufgebaut sind und wie sie arbeiten (BS 2016). Angeklagte vor einem Schariagericht haben kein Recht auf Verteidigung, Zeugen oder einen Anwalt (USDOS 3.3.2017; vgl. BS 2016). Gerichte verhängen harte Strafen, wie Steinigung, Enthauptung, Amputation oder Auspeitschung (AI 22.2.2017; vgl. EASO 2.2016, BS 2016). Außerdem setzt al Shabaab strikte Moralgesetze durch, welche Kleidervorschriften oder das Verbot von Rauchen und öffentlichem Khat-Konsum umfassen (BS 2016).

Die Justiz von al Shabaab ist auch jenseits der von ihr kontrollierten Gebiete von Bedeutung. Manche Menschen ziehen es vor, ihre Streitigkeiten vor einem Gericht der al Shabaab auszutragen anstatt vor einem formellen Gericht der Regierung. Einerseits wird die formelle Justiz als schwach erachtet, andererseits als korrupt. So wenden sich z.B. auch Bewohner von Mogadischu an Gerichte der al Shabaab; die Gruppe versucht, von ihr ausgesprochene Urteile auch in der Stadt durchzusetzen (BFA 8.2017).

Es gilt das Angebot einer Amnestie gegenüber Kämpfern der al Shabaab, die die Waffen ablegen, der Gewalt abschwören und sich zur staatlichen Ordnung bekennen (AA 1.1.2017). Auch der neue somalische Präsident Farmaajo hat einen Amnestieplan für abtrünnige Kämpfer der al Shabaab erstellt. In einem Programm sollen Ex-Kämpfer dazu befähigt werden, Fähigkeiten für ein Fortkommen zu erwerben und ins zivile Leben zurückzukehren (UNSOM 18.9.2017).

Auch wenn diese in der puntländischen Verfassung festgeschrieben ist, gibt es in Puntland keine Gewaltenteilung. Sowohl die Legislative als auch die Justiz werden von der Exekutive substantiell beeinflusst. Die Unabhängigkeit der Justiz wurde mehrmals unterminiert (BS 2016). Das Justizsystem in Puntland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), islamischem Recht (Scharia) und formellem Recht (EASO 2.2016; vgl. BS 2016). Die meisten Fälle werden durch Clanälteste im xeer abgehandelt. Ins formelle Justizsystem gelangen vor allem jene Fälle, wo keine Clan-Repräsentation gegeben ist (USDOS 3.3.2017).

In Puntland gibt es zwar funktionierende Gerichte (EASO 2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017), doch können diese nicht gewährleisten, dass vor dem Recht alle gleich sind (USDOS 3.3.2017). Außerdem leidet die Justiz an Unterfinanzierung, Kapazitätsproblemen, ausgebildetem Personal, Erfahrung und Reichweite (BS 2016). Trotzdem werden in Puntland Verfahrensrechte besser respektiert als in Süd-/Zentralsomalia (AA 1.1.2017). Es gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf einen Anwalt (USDOS 3.3.2017). Das puntländische Gerichtssystem wird unterstützt - etwa mit einem Programm für sogenannte mobile courts. Zusätzlich besteht ein Programm zum Aufbau subsidiärer Strukturen. Damit konnten Bezirksräte und -Verwaltungen eingerichtet werden (BFA 8.2017). UNDP und UNSOM haben in Puntland Kriminalbeamte, Staatsanwälte und Richter ausgebildet - etwa hinsichtlich investigativer Methoden (UNSC 5.9.2017).

Zu den weder von Regierung noch von al Shabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z.B. Clanältesten) liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 1.1.2017).

In den nicht von den jeweiligen Regierungen kontrollierten Gebieten werden Urteile häufig nach traditionellem Recht von Clan-Ältesten gesprochen. Diese Verfahren betreffen in der Regel nur den relativ eng begrenzten Bereich eines bestimmten Clans. Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden (Sippenhaft) spielen dabei eine wichtige Rolle (AA 1.1.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- LI - Landinfo (20.12.2017): Somalia: Al-Shabaab utenfor byene i Sør-Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1515415669_2012.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (18.9.2017): Countering Al-Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al-shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

2. Sicherheitsbehörden

2.1. Ausländische Kräfte

Die Regierung hängt von den Kräften der AMISOM und von alliierten lokalen und regionalen Milizen ab. Die Abhängigkeit von lokalen Milizen verläuft dabei nicht friktionsfrei. Die Loyalität der Milizen liegt - trotz offizieller Allianz mit der Regierung - zuallererst bei den Kommandanten und beim Clan. Die Spannungen zwischen lokalen Milizen und der Armee traten bereits zutage, als die Verwaltungsstrukturen im Sinne der Föderalisierung geändert worden sind (BS 2016). AMISOM hat eine militärische, eine polizeiliche und eine zivile Komponente. Truppenstellerstaaten für die militärische Komponente sind gegenwärtig Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia und Äthiopien (EASO 2.2016). Die Stärke betrug im August 2017:

* Äthiopien: 4.324

* Burundi: 5.163

* Dschibuti: 1.885

* Kenia: 3.944

* Uganda: 6.040 (BFA 8.2017)

Obwohl die UN für AMISOM bereits im Jahr 2012 ein Mandat zur Stationierung von zwölf Hubschraubern erteilt hat, sind bis dato nur drei (kenianische) Helikopter im Rahmen von AMISOM im Einsatz (UNSC 5.9.2017). Rund 1.000 AMISOM-Soldaten erhielten eine Ausbildung durch Kräfte aus Großbritannien, dies hat u.a. zur Einsatzfähigkeit im Sektor 5 beigetragen (UNSC 9.5.2017). In manchen Gebieten kooperiert AMISOM eng mit lokalen Milizen oder anderen Kräften (BFA 8.2017).

Ein (teilweiser) Rückzug der AMISOM aus Somalia in den nächsten zwei bis fünf Jahren wird wahrscheinlicher (SEMG 8.11.2017). Ein baldiger Totalabzug bleibt aber sehr unwahrscheinlich (BFA 8.2017). Das Mandat der AMISOM wurde am 30.8.2017 bis Ende Mai 2018 verlängert. Dabei wurde eine leichte Reduzierung der Stärke von 22.126 auf 21.626 beschlossen (UNNS 30.8.2017; vgl. VOA 21.12.2017). Nach anderen Meldungen soll die Truppenstärke der AMISOM 2018 um 1.000 Mann reduziert werden (BBC 22.12.2017; vgl. VOA 27.12.2017). Mindestens zehn Stützpunkte an der Front (Forward Operational Bases) sollen von AMISOM 2018 an die somalische Armee übergeben werden (AMISOM 22.12.2017; vgl. VOA 21.12.2017). Allerdings wird ein solcher Abzug von der dann herrschenden Situation abhängig gemacht (VOA 27.12.2017). Insgesamt bleibt anzuzweifeln, dass die somalischen Kräfte in der Lage sein werden, diese Lücke zu schließen. Zwar erzielte die von den USA ausgebildete Spezialeinheit Gashaan Erfolge, doch dem Großteil der somalischen Armee fehlt es an Zusammenhalt (JF 15.8.2017). Eine Exit-Strategie für AMISOM könnte sein, vor einem Abzug das ganze Land von al Shabaab zu befreien (AMISOM 22.12.2017).

Im Land befindet sich auch eine mehrere hundert Mann starke AMISOM-Polizeikomponente unterschiedlicher afrikanischer Teilnehmerstaaten (BFA 8.2017). Mehr als 300 AMISOM-Polizisten bilden die somalischen Polizisten in den Bereichen Polizeiarbeit; Menschenrechte; Verbrechensprävention; Gemeindepolizei und Fahndungsmethoden weiter (USDOS 3.3.2017). Im Bereich der Polizeiausbildung bestehen Trainingsschulen der AMISOM und UNSOM, bilaterale Initiativen (v.a. zur Ausbildung von Polizeikräften in Mogadischu), Unterstützung durch UNDP und UNODC (v.a. im Strafvollzug) sowie IOM (Ausbildung im Counter-Trafficking-Bereich). Zudem wurde dieses Jahr eine "Police Project Coordination Cell" (PPCC) ins Leben gerufen um die internationale Unterstützung zu koordinieren (ÖB 9.2016). Die Polizei-Komponente der AMISOM soll trotz der im August 2017 beschlossenen Truppenreduktion verstärkt werden, die Resolution nennt eine Zahl von 1.040 Polizisten (UNNS 30.8.2017).

Neben AMISOM operieren auch noch bilateral eingesetzte Truppen unterschiedlicher Staaten auf somalischem Territorium. Einige davon beschränken sich auf die Ausbildung somalischer Einheiten (z.B. Türkei, Vereinte Arabische Emirate), andere werden auch im Feld eingesetzt. Dies betrifft vorwiegend äthiopische Kräfte in Hiiraan, Galgaduud, Bakool und Gedo, teils auch kenianische Kräfte in Gedo sowie kleinere US-amerikanische Einheiten. Den größten Teil bilateral eingesetzter Truppen stellt Äthiopien (ca. 3.000). Äthiopien hat kein Problem damit, bilateral eingesetzte Truppen zu verschieben oder abzuziehen (BFA 8.2017).

Zusätzlich gibt es noch eine UN Guard Unit (UNGU) mit 530 ugandischen Soldaten, deren einzige Aufgabe der Schutz der UN-Einrichtungen in Mogadischu ist (EASO 2.2016)

Auch die Liyu Police des äthiopischen Somali Regional State ist in Somalia aktiv. Die Angehörigen der Liyu sind ethnische Somali. Die Liyu betreibt keine festen Stützpunkte in Somalia. Sie operiert entlang der äthiopischen Grenze zu Somalia - auch auf der somalischen Seite der Grenze, von Puntland bis Gedo; beispielsweise in Luuq, Xudur und Ceel Barde. Insgesamt sind die Meldungen über Aktivitäten der Liyu Police in Somalia seit Beginn des Jahres 2017 stark zurückgegangen (BFA 8.2017).

Quellen:

- AMISOM (22.12.2017): 2017 was hugely successful but challenges still lurk, says AU Special Representative for Somalia, https://reliefweb.int/report/somalia/2017-was-hugely-successful-challenges-still-lurk-says-au-special-representative , Zugriff 12.1.2018

- BBC (22.12.2017): Who are Somalia's al-Shabab? http://www.bbc.com/news/world-africa-15336689 , Zugriff 5.1.2018

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- JF - Jamestown Foundation (15.8.2017): Mogadishu Under Pressure, Terrorism Monitor Volume: 15 Issue: 16, http://www.refworld.org/docid/59bb8e084.html , Zugriff 11.11.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UNNS - UN News Service (30.8.2017): Security Council extends African-led mission in Somalia, targets handover to national security forces, http://www.refworld.org/docid/59b699c31f.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

- VOA - Voice of America (27.12.2017): Somalia 2017: New President, Old Problems With Terrorism, Drought, https://www.voanews.com/a/somalia-2017-new-president-old-problems-with-terrorism-drought/4180688.html , Zugriff 5.1.2018

- VOA - Voice of America (21.12.2017): AU Says it Needs Urgent Resources for its Mission in Somalia, https://www.voanews.com/a/au-says-it-needs-urgent-resources-for-its-mission-in-somalia/4173617.html , Zugriff 5.1.2018

2.2. Somalische Kräfte

Die somalischen Sicherheitskräfte befinden sich nach wie vor im Aufbau. Polizei und Armee sind nicht in der Lage, bei einem Rückzug der AMISOM deren Aufgaben zu übernehmen. Beim offensiven Vorgehen sowie um Städte gegen al Shabaab halten zu können, sind die Sicherheitskräfte weiterhin auf die Unterstützung und die Präsenz von AMISOM (African Union Mission in Somalia) angewiesen (BFA 8.2017). Derzeit gibt es zahlreiche Aktivitäten bei der Neuordnung der somalischen Sicherheitsarchitektur. Somalia wird dabei von UNSOM unterstützt (UNSC 5.9.2017). Zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten wurden diesbezügliche Vereinbarungen getroffen, darunter die Beziehungen zwischen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Bundesstaaten, über die Verteilung und Zusammenstellung der Kräfte sowie über Ressourcen und Finanzierung (UNSC 9.5.2017). Bislang herrschen in der Armee und anderen Teilen der Sicherheitskräfte aber Streitigkeiten und Clan-Spannungen (ICG 20.10.2017).

Teile der Verwaltung und der Sicherheitsbehörden stehen unter dem Verdacht, von al Shabaab unterwandert worden zu sein. Außerdem sind unterschiedliche Teile der Sicherheitskräfte entlang von Clan-Linien zusammengestellt (BFA 8.2017). Die Regierung strebt danach, Fortschritte bei der Verbesserung der Sicherheitskräfte zu erzielen. Gemeinsam mit AMISOM hat sie neue Modelle zum Einsatz der Polizei auf Bundes- und Bundesstaatsebene erarbeitet. Allerdings wird der Einsatz der Sicherheitskräfte in Mogadischu und anderen von der Regierung kontrollierten urbanen Zentren durch mehrere Probleme gehemmt: Strukturelle Schwäche; schwache Führung; Korruption; Straflosigkeit; Mangel an Ressourcen und Mängel bei Ausbildung und Ausrüstung (UKHO 7.2017).

Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere die National Intelligence and Security Agency (NISA) entziehen sich oftmals der zivilen Kontrolle (AA 1.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen (AA 1.1.2017). Nur selten kommt es zur Untersuchung von durch Polizei, Armee oder Milizen begangenen Vergehen, es herrscht eine Kultur der Straflosigkeit (USDOS 3.3.2017).

AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). Insgesamt entspricht das Verhalten der Sicherheitskräfte aber nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 1.1.2017). Der Bundesregierung ist es nicht gelungen, das Gewaltmonopol des Staates wiederherzustellen (BS 2016). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein; jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (UKHO 7.2017).

Die Nationale Armee sowie regionale Sicherheits- und Polizeikräfte werden von der Afrikanischen Union, der EU, den USA, sowie anderen Ländern, wie Türkei, Israel und arabischen Staaten (v.a. von den Vereinten Arabischen Emiraten) in der Besoldung, Bewaffnung und beim Training unterstützt (ÖB 9.2016; vgl. HRW 12.1.2017). Die USA haben ihre Luft- und Bodenoperationen gegen al Shabaab im Jahr 2016 erheblich gesteigert (HRW 12.1.2017). Die Türkei hat bei Mogadischu einen neuen Ausbildungsstützpunkt für die somalische Armee eröffnet (VOA 27.12.2017). Auf dem 40 Hektar großen Areal werden Offiziere und Unteroffiziere für die somalische Armee ausgebildet (FAZ 30.9.2017). Die UN-Agentur UNSOS stellt der somalischen Armee Ausrüstung (außer Waffen) zur Verfügung (UNSC 5.9.2017). Die Agentur unterstützt sowohl AMISOM als auch die somalische Armee im logistischen Bereich (UNSC 9.5.2017). Die EU hat seit 2010 im Rahmen der Trainingsmission EUTM Somalia bereits über 4.000 somalische Soldaten ausgebildet. Mittlerweile ist EUTM verstärkt zu Beratungs- und Mentoring-Aufgaben, sowie Stärkung der Führungskräfte und Spezialeinheiten übergegangen um die Verantwortung der Ausbildungsaktivitäten an die Nationalarmee übergeben zu können. Ab 2017 wird die Mission für weitere zwei Jahre verlängert, um die Aktivitäten auf Regionen außerhalb Mogadischus auszuweiten (ÖB 9.2016).

Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt (AA 1.1.2017). So hat etwa das IKRK 830 Offiziere und Unteroffiziere von AMISOM und somalischer Armee im Menschenrechtsbereich ausgebildet (ICRC 23.5.2017). Auch UNDP und UNSOM sind in diesem Bereich aktiv - etwa im South West State oder in Puntland (UNSC 5.9.2017). Allerdings muss für die Mehrzahl der regulären Kräfte weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Vonseiten der Kämpfer der al Shabaab wird der völkerrechtliche Rahmen als solcher nicht anerkannt (AA 1.1.2017).

Die Polizei untersteht einer Mischung an lokalen und regionalen Verwaltungen und der Bundesregierung (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). Die nationale Polizei untersteht dem Ministerium für Nationale Sicherheit; außerdem betreiben regionale Behörden eigene Polizeikräfte, die den jeweiligen regionalen Sicherheitsministerien unterstehen. Die Bundespolizei ist in allen 17 Bezirken Mogadischus präsent (USDOS 3.3.2017). Im Juli 2017 wurde die Stärke der Polizei folgendermaßen geschätzt:

* Benadir: 6.146, davon 737 Frauen (Stand August 2015)

* Galmudug: <500; Planstärke: 629

* HirShabelle: >550; Planstärke: 614

* Jubaland: 500-600; Planstärke: 753

* South West State: 600-700; Planstärke: 1.022 (BFA 8.2017)

Die Polizei ist generell nicht effektiv, es mangelt an Ausrüstung und Ausbildung (USDOS 3.3.2017). Die Polizei verfügt zwar über einige Kapazitäten, hat aber auch Probleme, sich an den Menschenrechten zu orientieren. Die Bezahlung von Polizisten erfolgt meist nur unregelmäßig, die Korruption ist hoch. Dass die Bevölkerung die Polizei nicht unbedingt als eine Kraft erachtet, welche sie schützt, scheint sich in manchen größeren Städten langsam zu ändern. Dort wurden Polizeikräfte lokal - und die lokale Clandynamik berücksichtigend - rekrutiert. Das hat zu Verbesserungen geführt. Dies betrifft etwa Kismayo, Jowhar oder Belet Weyne (BFA 8.2017).

Das Verteidigungsministerium ist für die Kontrolle der somalischen Armee verantwortlich. Dabei bleibt die ausgeübte Kontrolle dürftig, hat sich aber mit Hilfe internationaler Partner etwas verbessert. Letzteres gilt etwa für die Kräfte im Großraum Mogadischu, Lower Shabelle, in der Region Bay bis Baidoa und nördlich bis Jowhar (USDOS 3.3.2017).

Über die Gesamtzahl der somalischen Armee gibt es unterschiedliche Angaben. Der somalische Verteidigungsminister gibt an, dass 26.000 Soldaten im Sold der Armee stehen würden. Allerdings umfasst diese Zahl auch pensionierte und ältere Soldaten, Versehrte und Waisen (VOA 19.12.2017). Laut US Außenministerium betrug die tatsächliche Zahl einsatzfähiger Soldaten Ende 2016 jedoch 11.000-14.000 (USDOS 3.3.2017). Nach anderen Angaben befinden sich zwischen kenianischer Grenze und Dhusamareb 16.000-18.000 Mann der Armee (BFA 8.2017).

In manchen Stützpunkten der somalischen Armee verfügen bis zu 30% der Soldaten über keine eigene Waffe. Außerdem verfügt die Armee aufgrund eines entsprechenden UN-Embargos kaum über schwere Waffen (VOA 19.12.2017). Es kommt vor, dass manche Soldaten nur sehr unregelmäßig bezahlt werden (BFA 8.2017; vgl. AA 1.1.2017, EASO 2.2016). Die geringe und oft verzögerte Entlohnung führt zu einer schlechten Moral bei der Armee (ÖB 9.2016) und immer wieder dazu, dass Soldaten und Polizisten zu Clan-Milizen oder sogar zur al Shabaab überlaufen. Manche Soldaten verkaufen ihre Ausrüstung oder werden kriminell (z.B. Errichtung illegaler Straßensperren) (EASO 2.2016).

Die Masse der Truppe befindet sich in Middle und Lower Shabelle, South-West-State und Jubaland. Kräfte der Armee und von pro-Regierungs-Milizen operieren manchmal Seite an Seite mit der AMISOM (USDOS 3.3.2017). Die Hawiye/Abgal und die Hawiye/Habr Gedir dominieren gegenwärtig die somalische Armee (SEMG 8.11.2017). Sie stellen ca. 60% der Soldaten; hinzu kommt ein weiterer Anteil der Hawiye/Murusade. Minderheitenangehörige sind dagegen kaum darauf erpicht, in die SNA rekrutiert zu werden (BFA 8.2017).

Bei der Integration von regionalen Kräften gibt es kaum Fortschritte (SEMG 8.11.2017; vgl. BFA 8.2017). So ist etwa kaum ein politischer Wille vorhanden, die 3.000 puntländischen Soldaten (Darawish) in die somalische Armee zu integrieren - obwohl es seit 2015 Bemühungen dazu gibt (SEMG 8.11.2017). Alle Regionen haben ihre eigenen, auf Clans gründenden Kräfte. Das Zentralkommando in Mogadischu kann lediglich über die Truppen in Mogadischu und teilweise über jene in Lower Shabelle und im HirShabelle State verfügen (BFA 8.2017).

Die Rolle des Staatsschutzes liegt in der Hand der NISA (National Intelligence and Security Agency) (AA 1.1.2017). Die Gesamtstärke der NISA wird wurde im August 2016 mit rund 1.500 Mann beziffert (BFA 8.2017). Die NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 1.1.2017). Die Angehörigen der NISA unterstehen der zentralen Führung in Mogadischu. Der NISA untersteht auch die ca. 200 Mann starke, als hoch effizient bezeichnete Spezialeinheit gashaan (Alpha und Bravo Group) (BFA 8.2017). Die Bundesregierung greift regelmäßig auf die Kräfte der NISA zurück, um polizeiliche Arbeit zu erledigen. Hierbei werden Zivilisten ohne Haftbefehl festgehalten (USDOS 3.3.2017). Die NISA rekrutiert auch Deserteure der al Shabaab. Die NISA gilt als von al Shabaab unterwandert (BFA 8.2017).

Mehrere hundert Somali sind von der äthiopischen Armee ausgebildet worden, um das äthiopisch-somalische Grenzgebiet zu schützen. Diese Einheiten operieren unabhängig von AMISOM und somalischer Armee (EASO 2.2016).

Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der staatliche Schutz in Puntland besser darstellt als in Süd-/Zentralsomalia (ÖB 9.2016). Die Sicherheitskräfte in Puntland setzen sich wie folgt zusammen:

* Die Puntland Defense Forces (PDF; auch Darawish genannt): <3.000

* Puntland Maritim Police Force (PMPF): 1.200; von den VAE finanziert

* Präsidentengarde: 300-400

* Bossaso Port Police: 300

* Polizei: 3.600 (BFA 8.2017)

Vor allem die Polizei ist für die relative Ruhe in Puntland verantwortlich. Es gibt so gut wie keine Berichte über Polizeiübergriffe oder Willkür in Puntland. Zusätzlich zu den offiziell ins staatliche System eingegliederten Kräften stützt sich Puntland maßgeblich auf lokale Milizen (BFA 8.2017). Die nachrichtendienstlich arbeitende Innenbehörde verfügt über exekutive Vollmachten (AA 1.1.2017). UNDP und UNSOM haben in Puntland Kriminalbeamte, Staatsanwälte und Richter ausgebildet - etwa hinsichtlich investigativer Methoden (UNSC 5.9.2017). Die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist in Puntland etwas stärker ausgeprägt, als in Süd-/Zentralsomalia, doch entzieht sich das Handeln der Sicherheitskräfte auch dort weitgehend Kontrolle der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden keine erhoben (AA 1.1.2017).

Die Sicherheitskräfte in Puntland wurden aber nicht immer regelmäßig bezahlt, es kam zu Protesten - z.B. von puntländischen Soldaten (Darawish) am 26.2.2017 (SEMG 8.11.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Die PDF war 2016/2017 maßgeblich von ausständigen Soldzahlungen betroffen (BFA 8.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (30.9.2017): Was will Ankara in Afrika? http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ausbildung-in-somalia-ankaras-schritt-nach-afrika-15193298.html , Zugriff 10.1.2018

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- ICG - International Crisis Group (20.10.2017): Managing the Disruptive Aftermath of Somalia's Worst Terror Attack , http://www.refworld.org/docid/59e9b7e74.html , Zugriff 11.11.2017

- ICRC - International Committee of the Red Cross (ICRC) (23.5.2017): Annual Report 2016 - Somalia, http://www.refworld.org/docid/59490dab2.html , Zugriff 11.11.2017

- JF - Jamestown Foundation (15.8.2017): Mogadishu Under Pressure, Terrorism Monitor Volume: 15 Issue: 16, http://www.refworld.org/docid/59bb8e084.html , Zugriff 11.11.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 21.12.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

- VOA - Voice of America (27.12.2017): Somalia 2017: New President, Old Problems With Terrorism, Drought, https://www.voanews.com/a/somalia-2017-new-president-old-problems-with-terrorism-drought/4180688.html , Zugriff 5.1.2018

- VOA - Voice of America (19.12.2017): Somalia: Up to 30 Percent of Soldiers Unarmed, https://www.voanews.com/a/somali-government-says-up-thirty-percent-its-soldiers-unarmed/4170388.html , Zugriff 5.1.2018

3. Folter und unmenschliche Behandlung

Auch wenn die Übergangsverfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, kommt es zu derartigen Vorfällen. Es wurden Anschuldigungen erhoben, dass Angehörige des Geheimdienstes NISA Folter anwenden würden (USDOS 3.3.2017). Es gibt glaubwürdige Berichte, wonach unter Anwendung von Folter Geständnisse erzwungen werden (SEMG 8.11.2017). NISA führt Razzien durch und verhaftet Menschen, obwohl der Dienst dafür über kein Mandat verfügt (HRW 12.1.2017). Die NISA hält Beschuldigte über lange Zeit ohne Anklage fest und misshandelt Verdächtige bei Verhören (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Der somalischen Armee werden die unterschiedlichsten Vergehen angelastet: Raub; Errichtung illegaler Checkpoints inkl. Erpressung; willkürliche Verwendung von Schusswaffen; Korruption (BFA 8.2017).

Die begangenen Menschenrechtsverbrechen der Liyu Police sind extrem. Genannt wurden Verstümmelungen, Vergewaltigungen, Entführungen und Massenmorde (BFA 8.2017).

In den von der al Shabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen der al Shabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 1.1.2017). Al Shabaab foltert und exekutiert Personen, denen die Gruppe Spionage vorwirft, oder welche sich nicht an ihre Interpretation der Scharia halten (AI 22.2.2017). Al Shabaab setzt Menschen auf dem Gebiet unter eigener Kontrolle harten Bestrafungen aus. Von Jänner bis September 2016 wurden von al Shabaab 152 Menschen entführt, 80 davon wurden wieder freigelassen (USDOS 3.3.2017). Bei der Rückeroberung von Territorium kam es zur Verhaftung und Folterung humanitärer Kräfte durch die al Shabaab (SEMG 8.11.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

4. Korruption

Somalia war im Jahr 2016 laut Transparency International zum wiederholten Male das korrupteste Land der Welt (Platz 176) (TI 2016). Trotz einiger kleiner Fortschritte bei der öffentlichen Finanzgebarung ist es den Bundesbehörden weiterhin nicht möglich, der weit verbreiteten Korruption entgegenzutreten (SEMG 8.11.2017). Regierungsbedienstete und -Offizielle beteiligen sich häufig an Korruption. Es gibt zwar ein Gesetz gegen Korruption in der Verwaltung, dieses wird aber nicht effektiv angewendet (USDOS 3.3.2017). Auch das Justizsystem ist von Korruption durchdrungen (BS 2016).

Al Shabaab hebt in ihren Gebieten nicht vorhersagbare und hohe Zakat- und Sadaqa-Steuern ein. Außerdem werden humanitäre Hilfsgüter zweckentfremdet oder gestohlen (USDOS 3.3.2017). [Anm.: siehe dazu auch Abschnitte 3.1.6 und 20]

Die puntländische Good Governance and Anticorruption Commission hat im Jahr 2016 gegen keine Behördenmitarbeiter oder Politiker ermittelt (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016 , Zugriff 20.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

...

5. Allgemeine Menschenrechtslage

Sowohl in der Verfassung von Somalia als auch in jener von Puntland ist der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung ebenso verankert, wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 1.1.2017).

Bei staatlichen somalischen Sicherheitskräften stellen extralegale Tötungen kein strukturelles Problem dar. Im Falle einer solchen Tötung ist jedoch aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 1.1.2017). Es kommt zu extralegalen Tötungen durch von mit der Regierung alliierten Milizen (AI 22.2.2017). Es liegen keine Berichte über Verschwindenlassen vor (AA 1.1.2017).

Bei Kämpfen unter Beteiligung von AMISOM, Regierung, Milizen und al Shabaab kommt es zu zivilen Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). [Anm.: Siehe Abschnitt 3. Sicherheitslage.]

Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen; im Jahr 2016 waren davon v.a. Merka, Galkacyo und die Region Hiiraan betroffen (USDOS 3.3.2017).

Alle Konfliktparteien sind für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, die in manchen Fällen auch als Kriegsverbrechen bezeichnet werden können (AI 22.2.2017). Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: Tötung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kräfte und unbekannte Angreifer; Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Mädchen, darunter Vergewaltigungen und FGM (USDOS 3.3.2017). In Süd-/Zentralsomalia werden extralegale Tötungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgeführt (AA 1.1.2017).

Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Verschwindenlassen (durch al Shabaab); Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung; harte Haftbedingungen; willkürliche und politisch motivierte Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; die Einschränkung von Meinungs-, Presse-, Bewegungsfreiheit; Delogierung von IDPs; Korruption; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um öffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 3.3.2017).

Al Shabaab begeht Morde, entführt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen; Bürgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschränkt. Al Shabaab rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017, BS 2016). Da auf dem Gebiet der al Shabaab eine strikte Interpretation der Scharia zur Anwendung gebracht wird, kommt es dort zu Folter und körperlichen Strafen, wenn die Interpretation nicht eingehalten wird (EASO 2.2016; vgl. AI 22.2.2017). Außerdem richtet al Shabaab regelmäßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen unter dem Vorwurf hin, diese hätten mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation zusammengearbeitet (AA 1.1.2017; vgl. AI 22.2.2017). Moralgesetze verbieten das Rauchen, das öffentliche Einnehmen von Khat, weltliche Musik und das Tanzen (BS 2016), Filme, und Sport (EASO 2.2016); Verschleierung und Männerhaarschnitte werden vorgeschrieben (BS 2016).

Zu Puntland liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich extralegaler Tötungen, willkürlicher Festnahmen, "Verschwindenlassen" oder Menschenhandel vor. Vorwürfe dieser Art werden nicht erhoben (AA 1.1.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

...

6. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind in den meisten Landesteilen hart, es mangelt an sanitären Einrichtungen, an Hygiene, an adäquater Ernährung und an Wasser sowie an medizinischer Versorgung (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 1.1.2017). Manche Haftanstalten sind überfüllt, zum Teil sind die Haftbedingungen lebensbedrohlich (AA 1.1.2017). Besser waren die Bedingungen im Central Mogadishu Prison; zwei Gefängnisse (USDOS 3.3.2017) bzw. jene von UNODC unterstützten Haftanstalten erfüllen internationale Standards (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 1.1.2017) und werden ordentlich geführt: Jenes in Garoowe und jenes in Hargeysa (USDOS 3.3.2017). Aktivitäten von UNDP und UNODC sowie des IKRK beim Gefängnisaufbau und der Schulung von Gefängnispersonal in allen Regionen schaffen langsam Abhilfe (AA 1.1.2017). Internationale Organisationen haben in mehreren Regionen Somalias dazu beigetragen, dass sich die Bedingungen verbessern (USDOS 3.3.2017).

Die Regierungen von Somalia, Puntland und Somaliland gestatten unabhängigen Beobachtern Zutritt zu Haftanstalten, darunter UNODC, UNSOM und anderen UN-Agenturen (USDOS 3.3.2017). Das IKRK hat 2016 24 Haftanstalten besucht (ICRC 23.5.2017).

Al Shabaab hält Personen in den Gebieten unter ihrer Kontrolle in Haft, teils für verhältnismäßig geringfügige Vergehen und unter inhumanen Bedingungen. Haftanstalten der al Shabaab und in entlegenen, von traditionellen Autoritäten geführten Gebieten sind nicht zugänglich; es kann angenommen werden, dass die Haftbedingungen dort hart und manchmal lebensbedrohlich sind (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- ICRC - International Committee of the Red Cross (ICRC) (23.5.2017): Annual Report 2016 - Somalia, http://www.refworld.org/docid/59490dab2.html , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

7. Todesstrafe

Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten und in Puntland kommt es unter anderem infolge von Staatsschutzdelikten auch nach Verfahren, die nicht internationalen Standards genügen, zur Ausführung der Todesstrafe (AA 1.1.2017). So werden etwa auf dem Gebiet der somalischen Regierung Todesurteile von Militärgerichten ausgesprochen, welche sich nicht an internationalen Verfahrensstandards orientieren (AI 22.2.2017).

Im Jahr 2016 sind mindestens 64 Todesurteile verhängt worden, die Mehrheit davon (43) in Puntland, wo eine Offensive der al Shabaab fehlgeschlagen war und entsprechend Gefangene gemacht wurden (HRW 27.1.2016). Mindestens 20 Todesurteile wurden im Jahr 2016 landesweit vollstreckt (USDOS 3.3.2017). Im zweiten Trimester 2017 wurden in Somalia neun Exekutionen vollstreckt (UNSC 5.9.2017).

Auch in von der al Shabaab kontrollierten Gebieten kommt es zu Hinrichtungen, oftmals wegen des Verdachts der Spionage; aber auch wegen Hexerei (AI 22.2.2017) oder wegen Ehebruchs und "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d.h. mit der Regierung, AMISOM, UNO oder Hilfsorganisationen) wird die Todesstrafe verhängt. Exekutionen durch al Shabaab werden öffentlich vollzogen (AA 1.1.2017). Es gibt aktuell keine Berichte über Steinigungen (USDOS 3.3.2017).

Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von der al Shabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 1.1.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

8. Religionsfreiheit

8.1. Religiöse Gruppen

Die somalische Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam (AA 1.1.2017). Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Bevölkerung Anhänger der Sufi-Tradition (EASO 8.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

8.2. Gebiete der somalischen Regierung, Somaliland, Puntland

Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten - z.B. bei der UN - praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt (AA 1.1.2017).

Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und Somaliland bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht (Scharia) zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Unabhängig von staatlichen Bestimmungen und insbesondere jenseits der Bereiche, in denen die staatlichen Stellen effektive Staatsgewalt ausüben können, sind islamische und lokale Traditionen und islamisches Gewohnheitsrecht weit verbreitet (AA 1.1.2017). Laut Übergangsverfassung gilt das Recht auf freie Glaubensausübung. Der Islam ist Staatsreligion, Missionierung für andere Religionen ist verboten. Alle Gesetze müssen mit den generellen Prinzipien der Scharia konform sein. Der Übertritt zu einer anderen Religion ist nicht explizit verboten. Auch die neuen Bundesstaaten (Jubaland, SWS, Galmudug) erklären den Islam zur offiziellen Religion (USDOS 15.8.2017).

In Puntland und Somaliland gelten eigene Verfassungen. Auch dort ist der Islam als Staatsreligion festgeschrieben und es ist Moslems verboten zu einer anderen Religion überzutreten; auch Missionierung ist verboten. Allerdings ist in der somaliländischen Verfassung das Recht auf freie Religionsausübung verankert. In Hargeysa (Somaliland) wurde im Jahr 2016 eine katholische Kirche wiedereröffnet. Sie ist der einzige öffentliche Anbetungsort für nicht-Muslime in ganz Somalia (USDOS 15.8.2017).

Es herrscht ein starker sozialer Druck, den Traditionen des sunnitischen Islam zu folgen. Eine Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird überall in Somalia als sozial inakzeptabel erachtet. Jene, die unter dem Verdacht stehen, konvertiert zu sein, müssen mit Belästigungen seitens der Gesellschaft rechnen (USDOS 15.8.2017). Andererseits gibt es keine Anzeichen dafür, dass Atheisten bzw. Personen, welche nicht die Moschee aufsuchen, Misshandlungen im Sinne des Artikels 3 EMRK zu erleiden hätten (UKUT 5.11.2015). Es gibt keine Berichte über ein staatliches Vorgehen gegen Personen aufgrund von Blasphemie, Verleumdung des Islam oder Apostasie (USDOS 15.8.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/cases ,GBR_UTIAC,5669ccf64.html Zugriff 21.11.2017

- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/345248/489127_de.html , Zugriff 13.9.2017

8.3. Gebiete der al Shabaab

Al Shabaab setzt gewaltsam die eigene Interpretation des islamischen Rechts und Praxis durch. Dabei drangsaliert, verstümmelt oder tötet die Gruppe Personen, welche sie verdächtigt, zu einer anderen Religion konvertiert zu sein oder jene, die sich nicht an die Edikte von al Shabaab halten. Vertreter der Regierung und ihrer Verbündeten werden unter dem Vorwand getötet, sie seien Nicht-Muslime und Glaubensabtrünnige (USDOS 15.8.2017).

In Gebieten, wo al Shabaab die Kontrolle ausübt, wurde als von der Gruppe als "nicht-islamisch" qualifiziertes Verhalten verboten, darunter Kino, Musik, das Zusehen bei Sportübertragungen, der Verkauf von Khat, Rauchen, Internetnutzung und anderes (USDOS 15.8.2017), wie etwa Fußball spielen, singen, das Anhören von nicht der al Shabaab gehörenden Radiosendern (EASO 8.2014), traditionelle Musik (UNSOM 18.9.2017) sowie Tanzen (UNSOM 18.9.2017; vgl. BS 2016). Es gilt das Gebot der Vollverschleierung (USDOS 15.8.2017). Teils gibt es keine Freiheit bei der Religionsausübung, es kommt zur Bestrafung von Personen, welche nicht beten oder die Moschee besuchen (UNSOM 18.9.2017).

Quellen:

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (18.9.2017): Countering Al-Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al-shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/345248/489127_de.html , Zugriff 13.9.2017

9. Minderheiten und Clans (Clan-Schutz siehe Abschnitt 4)

Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.1.2017). Allerdings waren Regierung und Parlament für lange Zeit entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, welche bedeutet, dass die Vertreter der großen Clans dieselbe Anzahl von Parlamentssitzen zustehen, während kleineren Clans und Minderheitengruppen gemeinsam die Hälfte dieser Sitze zustehen (ÖB 9.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Dementsprechend sind politische Parteien, lokale Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert, wobei die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir-Isaaq und Digil-Mirifle) Verwaltung, Politik, und Gesellschaft dominieren. Insgesamt hat sie bisher weder zu einem Fortschritt der ethnischen bzw. Clan-bedingten Gleichberechtigung beigetragen, noch hatte sie positive Auswirkungen auf das Miteinander auf Gemeindeebene (ÖB 9.2016). In politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ist die Clanzugehörigkeit also weiterhin wichtig, was Minderheiten und IDPs marginalisieren kann (SEM 31.5.2017).

Die Minderheiten sind im somalischen Parlament und der somalischen Regierung vertreten, ihre Stimme hat aber wenig Gewicht. Weder das traditionelle Recht xeer noch Polizei und Justiz benachteiligen die Minderheiten systematisch. Faktoren wie die Finanzkraft, das Bildungsniveau oder die zahlenmäßige Größe einer Gruppe können Minderheiten dennoch den Zugang zur Justiz erschweren. (SEM 31.5.2017). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 3.3.2017). Einzelne Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Gabooye) leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung - nicht aber systematisch von staatlichen Stellen - wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.1.2017). Minderheitengemeinden sind überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 3.3.2017).

Gruppen wie die Rahanweyn, die Bantu oder die Madhiban können nur in geringerem Ausmaß auf Rücküberweisungen durch Angehörige in der Diaspora zählen, da sich in der Diaspora verhältnismäßig wenige Rahanweyn und Bantu finden (SEMG 8.11.2017).

Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

9.1. Bevölkerungsstruktur

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 3.3.2017). Eine andere Quelle besagt, dass laut einer Schätzung aus dem Jahr 2002 die Minderheiten zusammen ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Somalias ausmachen sollen (ÖB 9.2016). Jedenfalls gibt es in ganz Somalia eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Subclans und Sub-Subclans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.1.2017; vgl. ÖB 9.2016, SEM 31.5.2017). Diese Unterteilung setzt sich fort bis hinunter zur Kernfamilie (SEM 31.5.2017).

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird (SEM 31.5.2017). Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA 4 .2017a). Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017). Allerdings gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).

Die sogenannten "noblen" Clanfamilien können ihre Abstammung auf einen mythischen gemeinsamen Vorfahren namens Hiil bzw. dessen Söhne Samaale und Saab zurückverfolgen, die vom Propheten Mohammed abstammen sollen. Die meisten Minderheiten können eine solche Abstammung hingegen nicht geltend machen (SEM 31.5.2017).

Die Somalis sehen sich also als Nation arabischer Abstammung. Die "noblen" Clanfamilien sind meist Nomaden:

* Die Darod sind gegliedert in die drei Hauptgruppen Ogaden, Marehan und Harti sowie einige kleinere Clans. Die Harti sind eine Föderation von drei Clans: Die Majerteen sind der wichtigste Clan Puntlands, während die Dulbahante und Warsangeli in den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Grenzregionen leben. Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, haben aber auch großen Einfluss in den südsomalischen Jubba-Regionen sowie im Nordosten Kenias. Die Marehan sind in Süd-/Zentralsomalia präsent.

* Die Hawiye leben v.a. in Süd-/Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind die Habr Gedir und die Abgaal, beide haben in und um Mogadischu großen Einfluss.

* Die Dir leben im Westen Somalilands sowie in den angrenzenden Gebieten in Äthiopien und Djibouti, außerdem in kleineren Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Die wichtigsten Dir-Clans sind die Issa, Gadabursi (beide im Norden) und Biyomaal (Süd-/Zentralsomalia).

* Die Isaaq sind die wichtigste Clanfamilie in Somaliland, wo sie kompakt leben. Teils werden sie zu den Dir gerechnet.

* Die Rahanweyn bzw. Digil/Mirifle werden als weitere Clanfamilie gesehen. Sie gelten als Nachfahren von Saab, dem Bruder von Samaale (SEM 31.5.2017; vgl. AA 4 .2017a).

Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger (AA 4 .2017a).

Alle Mehrheitsclans sowie ein Teil der ethnischen Minderheiten - nicht aber die berufsständischen Gruppen - haben ihr eigenes Territorium. Dessen Ausdehnung kann sich u.a. aufgrund von Konflikten verändern (SEM 31.5.2017).

Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die "noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen mit nichtsomalischer ethnischer Abstammung; Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben; sowie die Angehörigen "nobler" Clans, die nicht auf dem Territorium ihres Clans leben oder zahlenmäßig klein sind (SEM 31.5.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html , Zugriff 13.9.2017

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- LI - Landinfo (4.4.2016): Somalia: Praktiske forhold og sikkerhetsutfordringer knyttet til reisevirksomhet i Sør-Somalia, http://www.landinfo.no/asset/3331/1/3331_1.pdf , Zugriff 15.12.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

9.2. Ethnische Minderheiten, aktuelle Situation

Ethnische Minderheiten haben eine andere Abstammung und in manchen Fällen auch eine andere Sprache als die restlichen Einwohner des somalischen Sprachraums. Es gibt keine zuverlässigen Angaben über ihre Anzahl. Schätzungen bewegen sich im Bereich zwischen 6% und einem Drittel der Bevölkerung Somalias. Die wichtigsten ethnischen Minderheiten sind (SEM 31.5.2017):

* Die Bantu: Sie sind die größte Minderheit in Somalia. Traditionell leben sie als sesshafte Bauern in den fruchtbaren Tälern der Flüsse Jubba und Shabelle. Es gibt zahlreiche Bantu-Gruppen bzw. -Clans, wie z.B. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli, Oji oder Gobaweyne; pejorativ werden sie auch auch Adoon (Sklaven) oder Jareer (Kraushaar) genannt (SEM 31.5.2017).

* Die Benadiri: "Benadiri" ist ein Dachbegriff für verschiedene voneinander unabhängige urbane Minderheiten, die in den Küstenstädten des Südens leben wie z.B. in Mogadischu, Merka oder Baraawe. Die Benadiri-Gruppen beschäftigen sich traditionell mit Handel. Sie haben eine gemischte Abstammung aus Somalia, Arabien (Oman), Persien, Indien und Portugal. Vor 1991 hatten sie einen privilegierten Status. Ohne bewaffnete Miliz waren sie im Bürgerkrieg aber schutzlos (SEM 31.5.2017).

* Die Bajuni: Sie sind eine kleines Fischervolk, das auf den Bajuni-Inseln an der Südspitze Somalias sowie in Kismayo lebt (SEM 31.5.2017).

Die soziale Stellung der ethnischen Minderheiten ist unterschiedlich. Die Benadiri sind gemeinhin als Händler respektiert (SEM 31.5.2017). Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).

Auf die sesshaften Bantu hingegen, die teils einst als Sklaven ins Land gekommen waren, blicken die meisten Somali herab (SEM 31.5.2017). Die Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Es gibt aber auch höherrangige Bantu, z.B. Brigadegeneral Mohamud Haji Ahmed Ali "Shegow" (SEMG 8.11.2017).

Der Konflikt zwischen der Bantu-Gruppe der Shiidle und den Hawiye/Abgal hat in der Vergangenheit immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen geführt. Im November 2013 wurden dabei etwa 5.000 Shiidle aus zwanzig Dörfern nordöstlich von Jowhar (Middle Shabelle) vertrieben (SEMG 8.11.2017; vgl. AA 1.1.2017). Im April 2017 kam es nach Kämpfen zwischen Milizen der Hawiye/Abgal/Wacbudan/Eli und der Jareer/Shiidle/Bare erneut zur Vertreibung von mehr als 5.000 Jareer aus drei Dörfern in der Nähe von Balcad. Verantwortlich dafür waren Abgal-Milizen und einige unterstützend wirkende Elemente der somalischen Armee. Es gibt kaum Berichte über physischen Schaden an Zivilisten; allerdings wurden die Dörfer geplündert und zum Teil niedergebrannt. Die meisten Menschen flüchteten in die Nähe des AMISOM-Stützpunktes in Balcad (SEMG 8.11.2017).

Im August 2017 wurde eine neue Bezirksverwaltung für Balcad ernannt; nunmehr sind lokale Clans besser repräsentiert. Die neue Verwaltung hat harte Maßnahmen gegen die Konfliktparteien angekündigt, falls weitere Gewalttaten erfolgen sollten; bislang scheint die Drohung zu wirken (SEMG 8.11.2017).

Da sich ethnische Minderheiten durch die auf der Basis von Clans arrangierte Machtteilung in der Regierung benachteiligt sehen, versucht al Shabaab dies für die eigenen Zwecke auszunutzen und dort um Unterstützung zu werben (UNSOM 18.9.2017).

In Gegenden, aus welchen sich al Shabaab zurückgezogen hat, könnte es zu Repressalien gegen einzelne Minderheitenangehörige kommen, wenn diese al Shabaab unterstützt hatten (SEM 31.5.2017; vgl. EASO 8.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (18.9.2017): Countering Al-Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al-shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf , Zugriff 11.11.2017

9.3. Berufsständische Minderheiten, aktuelle Situation

Berufsständische Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich Abstammung, Sprache und Kultur nicht von der Mehrheitsbevölkerung. Anders als die "noblen" Clans wird ihnen aber nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können. Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet. Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraums, mehrheitlich aber in Städten (SEM 31.5.2017). Madhiban sind in ganz Somalia zu finden, speziell aber im Norden des Landes (SEMG 8.11.2017). Ein v.a. im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (SEM 31.5.2017).

Dabei sind Madhiban teils schwerer Diskriminierung ausgesetzt. Ein Beispiel der Benachteiligung zeigt sich im Konflikt um Galkacyo, wo die Madhiban durch humanitäre Organisationen benachteiligt wurden. Da den Madhiban in IDP-Lagern dort die Aufnahme verweigert wurde, haben sie mit Hilfe einiger Angehöriger in der Diaspora den Kauf eines geeigneten Grundstücks in Galkacyo organisiert, um dort Madhiban-IDPs unterzubringen. Im August 2017 taten es die Tumal den Madhiban gleich (SEMG 8.11.2017).

Heute hat sich die Situation für die Gabooye im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Insbesondere unter jungen Somali ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden; mittlerweile ist es für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Es gibt keine gezielten Angriffen oder Misshandlungen hinsichtlich der Gabooye (SEM 31.5.2017).

Einzig in der Frage der Mischehen besteht noch eine gesellschaftliche Diskriminierung, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Als besonders problematisch wird es angesehen, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch. Mischehen kommen äußerst selten vor - insbesondere die zuletzt genannte Konstellation. Es bestehen aber offenbar regionale Unterschiede: Im clanmäßig homogeneren Norden des somalischen Kulturraums sind Mischehen seltener und gleichzeitig stärker stigmatisiert als im Süden. Hawiye und Rahanweyn sehen die Frage der Mischehe weniger eng. Außerdem ist der Druck auf Mischehen insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt (SEM 31.5.2017).

Kommt eine Mischehe zustande, dann kommt es häufig zur Verstoßung der betroffenen Person durch die eigenen Familienangehörigen (des Mehrheits-Clans). Sie besuchen sie nicht mehr, kümmern sich nicht um ihre Kinder oder brechen den Kontakt ganz ab; es kommt zu sozialem Druck. Die Gesprächspartner der Fact-Finding Mission bekräftigten, dass es unter solchen Umständen so gut wie nie zu Gewalt oder gar Tötungen kommt. Seltene Vorfälle, in denen es etwa in Somaliland im Zusammenhang mit Mischehen zu Gewalt kam, sind in somaliländischen Medien dokumentiert (SEM 31.5.2017).

Insgesamt ist aber die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten in der Regel weniger gut organisiert sind und eine tendenziell schlechtere Kenntnis des Rechtssystems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zur Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten z.B. die Schulen fehlen. Außerdem verlassen viele Kinder die Schule früher, um zu arbeiten. Viele Familien sind auf derartige Einkommen angewiesen. Die meist schlechtere Bildung wiederum benachteiligt Minderheitenangehörige bei der Arbeitssuche, bei der ohnehin auch oft schon die Clanzugehörigkeit zu Diskriminierung führen kann. Da sie über eine kleine Diaspora verfügen, profitieren Angehörige berufsständischer Gruppen zudem in geringerem Ausmaß von Auslandüberweisungen als die Mehrheitsclans (SEM 31.5.2017).

Dennoch sind vereinzelt auch Angehörige der berufsständischen Gruppen wirtschaftlich erfolgreich. Sie stellen zwar nach wie vor die ärmste Bevölkerungsschicht; trotzdem gibt es Minderheitenangehörige in den Regierungen, im Parlament und in der Wirtschaft. (SEM 31.5.2017).

Quellen:

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

9.4. Angehörige anderer Clans in der Position als Minderheit (Biyomaal siehe Abschnitt 3.1.2)

Auch Angehörige "starker" Clans können zu Minderheiten werden. Dies ist dann der Fall, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem ein anderer Clan dominant ist. Dies kann Einzelpersonen oder auch ganze Gruppen betreffen. So sehen sich beispielsweise die Biyomaal als exponierter Dir-Clan in Südsomalia manchmal in dieser Rolle. Generell gilt, dass eine Einzelperson immer dann in der "Minderheiten"-Rolle ist, wenn sie sich auf dem Gebiet eines anderen Clans aufhält. Sie verliert so die mit ihrer Clanzugehörigkeit verbundenen Privilegien. Sie gilt als "Gast" in dem Territorium, was sie in eine schwächere Position bringt als die "Gastgeber". In diesem System von "hosts and guests" sind also Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt. In Mogadischu gelten etwa Angehörige der Isaaq, Rahanweyn und Darod als "Gäste". Dieses System gilt auch für IDPs (SEM 31.5.2017). Dabei sind IDPs, die einem Minderheitenclan angehören, doppelt benachteiligt. Da sie oftmals nicht auf verwertbare Clanverbindungen oder auf den Schutz eines Clans zurückgreifen können sind sie Diskriminierung ausgesetzt (USDOS 3.3.2017).

In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 3.3.2017). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Subclan-Zugehörigkeit auszugehen. Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.1.2017), beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 3.3.2017). Angehörige eines (Sub-)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub-)Clan dominiert werden, darüber hinaus auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.1.2017).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 21.11.2017

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

10. Relevante Bevölkerungsgruppen

...

10.1. Subjekte gezielter Attentate durch al Shabaab

Generell stellen in erster Linie AMISOM und nationale sowie regionale Behördenvertreter Ziele für Angriffe der al Shabaab dar (SEMG 8.11.2017). Neben AMISOM und Sicherheitskräften (BFA 8.2017) wird al Shabaab auch weiterhin Zivilisten gezielt angreifen, darunter: die somalische Regierung, Parlamentarier und Offizielle (UKHO 7.2017); Regierungsbedienstete, mit der Regierung in Verbindung gebrachte Zivilisten; Angestellte von NGOs und internationalen Organisationen (BFA 8.2017; vgl. USDOS 3.3.2017, UKHO 7.2017); Wirtschaftstreibende; Älteste (BFA 8.2017; vgl. UKHO 7.2017) und deren Angehörige; diplomatische Missionen; prominente Friedensaktivisten und Gemeindeführer (USDOS 3.3.2017); Journalisten (UKHO 7.2017; vgl. HRW 12.1.2017); mutmaßliche Kollaborateure und Spione (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017, UKHO 7.2017); Deserteure (UKHO 7.2017) sowie Personen, die am letzten Wahlprozess mitgewirkt haben; Personen all dieser Kategorien werden insbesondere dann zum Ziel, wenn sie keine Steuern an al Shabaab abführen (BFA 8.2017).

Es kommt also z.B. in Mogadischu regelmäßig zu Angriffen auf Zivilisten und zivile Strukturen (HRW 12.1.2017). Im Durchschnitt werden der al Shabaab in Mogadischu pro Monat ca. 20 Morde zugerechnet. Allerdings wird oft nur angegeben, dass al Shabaab für ein Attentat die Verantwortung trägt, obwohl dies gar nicht klar ist (BFA 8.2017).

In Gebieten, die von der al Shabaab kontrolliert werden, gelten eine Unterstützung der Regierung und Äußerungen gegen al Shabaab als ausreichend, um als Verräter verurteilt und hingerichtet zu werden. In den von al Shabaab kontrollierten Gebieten werden Unterstützer der staatlichen Strukturen oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen als militärisches Ziel definiert und entsprechend zur Ermordung freigegeben (AA 1.1.2017). Al Shabaab exekutiert vor allem jene, welche der Spionage für oder Kollaboration mit der Regierung bezichtigt werden (HRW 12.1.2017).

Die Schwelle dessen, was die al Shabaab als Kollaboration mit dem Feind wahrnimmt, ist mitunter sehr niedrig angesetzt. Insbesondere in Frontgebieten oder Orten, deren Herrschaft wechselt, kann auch das Verkaufen von Tee an Soldaten bereits als Kollaboration wahrgenommen werden. Generell sind aber das Ausmaß und/oder die Gewissheit der Kollaboration; der Ort des Geschehens; und die Beziehungen der betroffenen Person dafür ausschlaggebend, ob al Shabaab die entsprechenden Konsequenzen setzt (BFA 8.2017).

Besonders gefährdet sind Personen, welche folgende Aspekte erfüllen: a) die Kollaboration ist offensichtlich; b) der Ort lässt eine leichte Identifizierung des Kollaborateurs zu; c) eine Exekution wird als maßgebliches Abschreckungszeichen wahrgenommen; d) wenn sich die Kollaboration in einem Ort mit fluktuierender Kontrolllage zugetragen hat (BFA 8.2017).

Spezifisch als mögliche Ziele aufgrund von Kollaboration genannt wurden z.B. Rückkehrer in Gebiete der al Shabaab (Vorwurf der Spionage); Händler/Wirtschaftstreibende, welche z.B. AMISOM beliefern; Arbeiter oder Handwerker, die z.B. für Ministerien tätig werden; Hotels, die Politikern Unterkunft geben. Besonders gefährdet sind Personen, die von der al Shabaab als Spione wahrgenommen werden. Es kommt fast täglich zu Übergriffen bis hin zur Exekution von der Spionage verdächtigten Personen (BFA 8.2017).

Im zweiten Trimester 2017 wurden insgesamt 12 Teilnehmer am Wahlprozess gezielt ermordet. Allerdings hat die al Shabaab nur für vier dieser Morde die Verantwortung übernommen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNHRC 6.9.2017). Bereits im ersten Trimester 2017 waren 14 Teilnehmer getötet worden, die al Shabaab übernahm die Verantwortung für drei Morde (UNSC 9.5.2017). Eine andere Quelle spricht alleine im ersten Quartal 2017 von 90 in Zusammenhang mit der Wahl getöteten Personen, wobei die al Shabaab allerdings nur für acht Morde die Verantwortung übernommen hat. Vor allem in Mogadischu (SEMG 8.11.2017) stellt der Schutz der am Wahlprozess beteiligten Personen eine neue Herausforderung dar (UNHRC 6.9.2017).

Al Shabaab verfügt über die Kapazitäten, menschliche Ziele - auch in Mogadischu - aufzuspüren. Unklar ist allerdings, für welche Person al Shabaab bereit ist, diese Kapazitäten auch tatsächlich aufzuwenden. Außerdem unterliegt auch al Shabaab den Clan-Dynamiken, ist die Gruppe bei der Zielauswahl an gewisse Grenzen gebunden. Durch die Verbindungen mit unterschiedlichen Clans ergeben sich automatisch Beschränkungen. Zusätzlich möchte die al Shabaab mit jedem begangenen Anschlag und mit jedem verübten Attentat auch ein entsprechendes Publikum erreichen (BFA 8.2017). Auch wenn al Shabaab einige Menschen in Somalia als "legitime Ziele" erachtet, so gilt dies für die meisten Zivilisten nicht. Dass normale Zivilisten in von der Regierung und AMISOM kontrollierten Gebieten zum Ziel der al Shabaab werden, ist unwahrscheinlich. Auch "low level"-Ziele (z.B. lokale Mitarbeiter von internationalen oder nationalen NGOs) sind keine Priorität der al Shabaab, sie werden nicht generell angegriffen. Andererseits können high profile Personen, die etwa die Regierung oder die internationale Gemeinschaft repräsentieren, einem hohen Risiko ausgesetzt sein. Auch Personen, die als Unterstützer der somalischen Regierung wahrgenommen werden, können - je nach persönlichen Umständen - einem Risiko ausgesetzt sein. Dies gilt auch für Journalisten oder Mitarbeiter von NGOs, je nachdem, wie sehr sich ihre Aktivitäten gegen al Shabaab wenden (UKHO 7.2017).

Zivilisten, die nicht in eine der weiter oben genannten Kategorien fallen, stellen für al Shabaab kein legitimes Ziel dar (DIS 3.2017). Dies gilt auch für Rückkehrer aus der Diaspora (UKUT 3.10.2014). Es gibt keine Berichte, wonach al Shabaab normale Zivilisten - oder auch Rückkehrer aus dem Westen - systematisch angreifen würde. Natürlich besteht aber für Zivilisten immer das Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017). Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) - auch bei einer Rückkehr nach Mogadischu - keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vgl. EGMR 10.9.2015).

Aufgrund der überregionalen Aktivitäten und der Vernetzung des Amniyad sind - vor allem prominente - Zielpersonen auch bei einer innerstaatlichen Flucht gefährdet (BFA 8.2017).

Üblicherweise verfolgt al Shabaab zielgerichtet jene Person, derer sie habhaft werden will. Sollte die betroffene Person nicht gefunden werden, könnte stattdessen ein Familienmitglied ins Visier genommen werden. Wurde die al Shabaab der eigentlichen Zielperson habhaft bzw. hat sie diese ermordet, dann gibt es keinen Grund mehr, Familienangehörige zu bedrohen oder zu ermorden. Manchmal kann es zur Erpressung von Angehörigen kommen (BFA 8.2017). Es gibt so gut wie keine bekannten Fälle, wo sich al Shabaab gegen Angehörige von Deserteuren gerichtet hätte (DIS 3.2017).

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Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- DIS - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (3.2017): South and Central Somalia Security Situation, al-Shabaab Presence, and Target Groups. Report based on interviews in Nairobi, Kenya, 3 to 10 December 2016, https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/57D4CD96-E97D-4003-A42A-C119BE069792/0/South_and_Central_Somalia_Report_March_2017.pdf , Zugriff 21.11.2017

- EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015): R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: ECHR, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html , Zugriff 21.12.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 21.12.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (18.9.2017): Countering Al-Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_al-shabaab_propaganda_and_recruitment_mechanisms_report_final_-_14_august_2017.pdf , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

11. Bewegungsfreiheit und Relokation

Die Übergangsverfassung schützt das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land und das Recht zur Ausreise. Diese Rechte sind in einigen Landesteilen eingeschränkt (USDOS 3.3.2017). Reisefreiheit ist im Prinzip gegeben, wobei sich Einschränkungen durch die jeweiligen Machthaber - al Shabaab, Kriegsherren, lokale Administrationen - sowie durch Kampfhandlungen in bestimmten Gebieten ergeben können. IDPs in den Flüchtlingslagern in und um Mogadischu sind oft strikten Beschränkungen bzgl. ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen. Davon abgesehen sind der Botschaft keine Einschränkungen für bestimmte Gruppen bekannt (ÖB 9.2016).

In vielen Gebieten kommt es zu Problemen im Straßenverkehr, werden illegale Wegzölle erhoben und Reisende misshandelt (UNSC 5.9.2017). Al Shabaab kontrolliert wichtige Hauptversorgungsrouten (HRW 12.1.2017) ganz oder teilweise (DIS 3.2017). Gegen einige Städte, die von AMISOM und somalischer Regierung kontrolliert werden, führt die al Shabaab eine Blockade durch. Die Lieferung von Gütern und Unterstützung wird dadurch behindert (HRW 12.1.2017). Betroffen sind insbesondere Diinsoor, Waajid und Xudur (UNSC 5.9.2017).

Solange man den von al Shabaab (einmalig) geforderten Wegzoll entrichtet, sind Reisen in Gebiete unter Kontrolle der Gruppe kein Problem. Generell gestaltet sich die "Einreise" in solche Gebiete einfacher, als die "Ausreise" (BFA 3./4.2017). Eine Überlandreise wird als riskant und teuer wahrgenommen (DIS 3.2017). Die meisten Orte in Südsomalia können dennoch erreicht werden (LI 4.4.2016). Die Bevölkerung reist trotz zu erwartender Risiken auf der Straße, wiewohl diese Risiken mit der Notwendigkeit einer Reise abgewogen werden (EASO 2.2016). Normale Bürger werden von al Shabaab nicht daran gehindert, Gebiete unter Kontrolle der Regierung zu erreichen. Es kann aber Ausnahmen geben, z.B. bestimmte Clan-Älteste (LI 20.12.2017). Täglich verlassen mit Passagieren beladene Minibusse Mogadischu in alle Richtungen, auch in Gebiete der al Shabaab. Die Preise variieren von einem US-Dollar von Mogadischu nach Afgooye bis zu z.B. 80 US-Dollar von Mogadischu nach Afmadow (LI 4.4.2016).

Naturereignisse und Kampfhandlungen können unterschiedliche Gebiete vorübergehend unzugänglich machen. Busfahrer und Reisende holen vor einer Fahrt Erkundigungen über die Lage entlang der geplanten Route ein, um das Risiko zu minimieren. Ein Risiko ergibt sich primär aus den zu erwartenden Straßensperren. Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre der Regierungskräfte oder der al Shabaab zu stoßen, ist immer noch hoch (LI 4.4.2016). Dies gilt für ganz Süd-/Zentralsomalia (DIS 3.2017). An Straßensperren kann es zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung kommen (USDOS 3.3.2017). Straßensperren werden durch somalische Sicherheitskräfte, Clan-Milizen, al Shabaab und Banditen betrieben (LI 4.4.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Diese Straßensperren behindern in Süd-/Zentralsomalia Bewegungen und die Lieferung von Hilfsgütern (USDOS 3.3.2017). Jene, die es sich leisten können, versuchen mit dem Flugzeug so nah wie möglich an die Zieldestination zu gelangen. Von Mogadischu gibt es Flüge nach Baidoa, Belet Weyne und Kismayo (LI 4.4.2016). An den Hauptrouten in Süd/Zentralsomalia wurden im August 2017 82 Gebühren-einhebende Straßensperren identifiziert. Davon wurden 20 von der al Shabaab betrieben, der große Rest war von der somalischen Armee, in geringerem Ausmaß auch von regionalen Sicherheitskräften besetzt (SEMG 8.11.2017).

Das Hauptrisiko an Straßensperren der Regierungskräfte und der al Shabaab ist es, als zum Feind gehörig verdächtigt zu werden (DIS 3.2017; vgl. LI 4.4.2016). Gebietsfremde oder Personen ohne Familie im Zielgebiet werden eher unter Verdacht geraten, als ortsansässige Personen (LI 20.12.2017). Kontrollpunkte der al Shabaab können entlang der meisten Routen spontan eingerichtet werden, es gibt auch permanente Kontrollpunkte (LI 4.4.2016; vgl. EASO 2.2016). Alleine die Tatsache, dass jemand in einem westlichen Land gewesen ist, stellt im Kontext mit al Shabaab an solchen Straßensperren kein Problem dar. Allerdings ruft westliches Verhalten oder westliche Kleidungsart Sanktionen hervor. Zu befürchten haben an Straßensperren der al Shabaab jene Personen etwas, die mit der Regierung in Verbindung gebracht werden. Diese Personengruppe riskiert, getötet zu werden. Aufgrund der eingeschränkten Ressourcen von al Shabaab sind hier höherrangige ("high profile") Personen eher gefährdet. Außerdem kann es Personen treffen, die von al Shabaab - etwa wegen des Mitführens von bestimmten Objekten (Smartphones, Regierungsdokumente, Symbole, die mit der Regierung assoziiert werden etc.) - als mit der Regierung in Zusammenhang stehend oder als Spione verdächtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, umgehend getötet zu werden, ist dort höher, wo al Shabaab keine volle Kontrolle hat. In den Gebieten unter Kontrolle der al Shabaab werden Verdächtige i.d.R. verhaftet und vor Gericht gestellt. Auch dies hat - bei einem Schuldspruch - den Tod zur Folge (LI 4.4.2016).

Eine effektive Ausreisekontrolle an den Grenzübergängen von Somalia in die Nachbarländer findet nicht statt. Die "grüne Grenze" sowie die Seegrenze sind weitgehend nicht überwacht. Kontrollen werden dagegen bei Flugreisen ab Mogadischu, Garoowe und Bossaso durchgeführt (AA 1.1.2017)

Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen für einen Teil der somalischen Bevölkerung mit Sicherheit. Üblicherweise genießen Somalis den Schutz ihres eigenen Clans, weshalb man davon ausgehen kann, dass sie in Gebieten, in denen ihr Clan Einfluss genießt, grundsätzlich in Sicherheit sind (ÖB 9.2016). Generell sind relativ sichere Zufluchtsgebiete aber schwierig zu bestimmen, da man je nach Ausweichgrund und persönlichen Umständen möglicherweise in einem anderen Gebiet Somalias dann von anderen Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts bedroht ist. Grundsätzlich herrscht aber in Somaliland und Puntland (außer in den umstrittenen Gebieten) mehr (Bewegungs-)Freiheit (AA 1.1.2017). Es sind keine Berichte bekannt, wonach aus Somaliland oder Puntland IDPs aus Süd-/Zentralsomalia deportiert worden wären (NLMBZ 11.2017).

Für jene Personen, die in Mogadischu oder anderen Städten einem Risiko seitens der al Shabaab ausgesetzt sind, ist das Vorhandensein einer internen Relokationsmöglichkeit in Süd-/Zentralsomalia unwahrscheinlich, da diese Personengruppe meist ein high profile aufweist. Al Shabaab könnte immer noch in der Lage sein, sie aufzuspüren. Jene Personen, die nicht höherrangig sind; oder die nicht mit der Regierung oder einer internationalen Organisation in Verbindung stehen; oder deren Risiko lokal begrenzt ist; sollten in der Lage sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Dies muss von Fall zu Fall abgewogen werden. Jene Personen, die nicht höherrangig (high profile) sind, und in ländlichen Gegenden unter dem Einfluss der al Shabaab leben, können in Städten, wo al Shabaab keinen Einfluss hat, eine interne Relokation wahrnehmen (UKHO 7.2017).

Keiner der neueren Berichte zur Sicherheitslage in Somalia nennt Probleme bei der Bewegungsfreiheit in Mogadischu (BFA 8.2017; vgl. DIS 3.2017, EASO 12.2017).

Die Hauptroute von Mogadischu nach Jowhar ist besser gesichert, als in der Vergangenheit. Auch der Abschnitt Jowhar - Jalalaqsi gilt als besser gesichert. Die Straße von Jalalaqsi nach Buulo Barde wird zwar zur Versorgung der Stadt genutzt, ist aber anfälliger für Übergriffe der al Shabaab. Letzteres gilt in größerem Ausmaß für die Verbindung nördlich von Buulo Barde über Halgan nach Belet Weyne. Die Tatsache, dass Buulo Barde vom Süden aus versorgt wird, belegt die Unsicherheit entlang der nördlichen Route. Allerdings betrifft dies nicht den zivilen Verkehr, der auch durch das Gebiet der al Shabaab passieren kann - wenn entsprechende Mautabgaben entrichtet wurden (BFA 8.2017). Seitens der aus dem Jemen nach Nordsomalia zurückgekehrten Somali, welche danach nach Mogadischu weitergereist sind, gibt es keine Beschwerden hinsichtlich mangelnder Sicherheit entlang der Route (BFA 3./4.2017).

Entlang der Route Belet Weyne - Garoowe herrscht von al Shabaab unbeeinträchtigter Verkehr (BFA 8.2017). Ansonsten behindert al Shabaab in Hiiraan den Verkehr zwischen den Städten (DIS 3.2017). Der Konflikt in Galkacyo hat den Transit auf der Hauptverbindungsstraße für längere Zeit erheblich behindert (SEMG 8.11.2017).

Die Straßenverbindungen in der Region Lower Juba bleiben anfällig für Übergriffe der al Shabaab. In Gedo kommt es im Gebiet zwischen Doolow und Luuq nur selten zu Zwischenfällen. Vor allem die Straßenverbindungen südwärts von Garbahaarey sind unsicher und anfällig für Übergriffe der al Shabaab (BFA 8.2017).

Die Straßenverbindung von Baidoa nach Mogadischu ist - sowohl in den Städten entlang der Route als auch außerhalb - hinsichtlich von Übergriffen unterschiedlicher Akteure anfällig. Die Achse Shalambood-Qoryooley bildet hinsichtlich einer besseren Absicherung der Hauptstraße von Mogadischu in Richtung Baraawe das Limit für AMISOM. Weiter südlich hat al Shabaab einen besseren Zugriff auf diese Route (BFA 8.2017).

Die Verbindungsstraßen zwischen Xudur, Ceel Barde, Yeed und Waajid sind einigermaßen unter Kontrolle. Der Verkehr läuft auf den Verbindungsstraßen von Berdale nach Waajid und von Baidoa nach Waajid. Auf der Straße Baidoa - Buur Hakaba - Wanla Weyne fließt der zivile Verkehr, militärischer Verkehr ist dort aber einem Risiko ausgesetzt, von al Shabaab bekämpft zu werden. Die al Shabaab hat Zugriff auf die gesamte Straße. Sie kontrolliert die Verbindung von Baidoa nach Buur Hakaba und von dort in Richtung Bali Doogle. An allen Ausfallstraßen aus Baidoa betreibt al Shabaab Checkpoints (BFA 8.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik SomaliaBFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017): Informationen aus den Protokollen der FFM

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- DIS - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (3.2017): South and Central Somalia Security Situation, al-Shabaab Presence, and Target Groups. Report based on interviews in Nairobi, Kenya, 3 to 10 December 2016, https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/57D4CD96-E97D-4003-A42A-C119BE069792/0/South_and_Central_Somalia_Report_March_2017.pdf , Zugriff 21.11.2017

- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1514468677_easo-somalia-security-situation-2017.pdf , Zugriff 21.12.2017

- EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 21.12.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- LI - Landinfo (4.4.2016): Somalia: Praktiske forhold og sikkerhetsutfordringer knyttet til reisevirksomhet i Sør-Somalia, http://www.landinfo.no/asset/3331/1/3331_1.pdf , Zugriff 15.12.2017

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UKHO - UK Home Office (7.2017): Country Policy and Information Note Somalia (South and Central): Fear of Al Shabaab, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500368455_somalia-al-shabaab-cpin-v2-0.pdf , Zugriff 15.12.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

11.1. Meldewesen

Es gibt kein Personenstandsverzeichnis in Somalia. Die verlässliche Feststellung von Identitäten erfolgt oft nur durch den Ältestenrat eines Dorfes oder durch Verwandte bzw. Bekannte (ÖB 9.2016).

Quellen:

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

12. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die somalische Regierung arbeitet mit der internationalen Gemeinschaft zusammen, um den Zugang von Vertriebenen zur Grundversorgung, zu Arbeit und dauerhaften Lösungen zu verbessern. Die somalische Regierung und Somaliland arbeiten mit dem UNHCR und IOM zusammen, um IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer und Asylwerber zu unterstützen (USDOS 3.3.2017). Die EU unterstützt zahlreiche Reintegrationsprojekte für rückkehrende IDPs in Somalia mit mehr als 33 Millionen Euro aus dem EU Trust Fund (EEAS 5.4.2017).

Die Gesamtzahl an IDPs in Somalia wird im November 2017 mit 1,56 Millionen beziffert. Im Zeitraum 1.-11.2017 wurden 874.000 Menschen innerhalb Somalias aufgrund der Dürre vertrieben; weitere 188.000 aufgrund von Konflikt oder Unsicherheit (UNHCR 30.11.2017b). Alleine zwischen November 2016 und April 2017 haben mehr als 570.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimat verlassen und wurden so zu IDPs (UNSC 9.5.2017). Eine andere Quelle beziffert die Zahl der durch die Dürre vertriebenen Menschen im Zeitraum November 2016 bis Juli 2017 mit 859.000 (SEMG 8.11.2017). Davon suchten rund 7.000 Schutz in Äthiopien und Kenia (UNSC 5.9.2017). Die al Shabaab ist mitverantwortlich dafür, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt. Außerdem wurden im Zuge des Konflikts und der Unsicherheit in Lower Shabelle rund 87.000 Menschen vertrieben (SEMG 8.11.2017). Dabei ist die Aufnahmekapazität der Zufluchtsgebiete begrenzt (ÖB 9.2016).

Vor allem in Mogadischu kam es weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs (AI 22.2.2017). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 waren 80.000 IDPs von Zwangsräumungen betroffen, v.a. in Mogadischu (HRW 12.1.2017), nach anderen Angaben waren im ersten Halbjahr 2016 ca. 91.000 Personen betroffen (USDOS 3.3.2017). Für den Zeitraum Jänner bis Juli 2017 wird eine Zahl von ca. 90.000 Betroffenen genannt. Wiederum waren vor allem IDPs in Mogadischu betroffen, im August 2017 kam es aber auch zur Vertreibung von rund 5.000 IDPs in Baidoa (SEMG 8.11.2017). An den Vertreibungen waren staatliche Sicherheitskräfte beteiligt, die auch Gewalt angewendet haben (USDOS 3.3.2017).

IDPs gehören in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen (NLMBZ 11.2017). Laut UNOCHA gelten IDPs als besonders benachteiligte Gruppe, die kaum Schutz genießt und Ausbeutung, Misshandlung und Marginalisierung ausgesetzt ist. Single- oder alleinerziehende Frauen und Kinder sind besonders gefährdet (ÖB 9.2016). Die Regierung und Regionalbehörden bieten den IDPs nur unwesentlichen Schutz und Unterstützung und trugen sogar in manchen Fällen zur Vertreibung von IDPs bei (USDOS 3.3.2017). In Mogadischu sind für Vergewaltigungen bewaffnete Männer - darunter Regierungssoldaten und Milizionäre - verantwortlich (HRW 12.1.2017). Weibliche IDPs sind hinsichtlich einer Vergewaltigung besonders gefährdet (USDOS 3.3.2017).

IDPs sind über die Maßen von der Dürre betroffen, da sie steigende Preise für Lebensmittel nicht bezahlten können. Außerdem gibt es für sie weniger Beschäftigungsmöglichkeiten. Üblicherweise überleben sie aufgrund der Überweisung von Remissen und mittels internationaler Unterstützung (ICG 9.5.2017). IDPs - und hier v.a. Frauen und Kinder - sind sehr vulnerabel und von Unterstützung abhängig (HRW 12.1.2016). Der UNHCR versucht, sich über die Gegebenheiten und Notwendigkeiten in den rund 1.800 IDP-Lagern in Somalia einen Überblick zu verschaffen (UNHCR 30.11.2017b). Alleine in Mogadischu gibt es 486 IDP-Lager (BFA 3./4.2017). Rund 1,5 Millionen IDPs werden durch UNHCR erreicht. Einigen wurde zu Einkommen und/oder Ausbildung verholfen (UNHCR 30.11.2017b). In Puntland und Somaliland hat die UN für Rückkehrer und IDPs mehr als 5.000 "housing units" errichtet (BFA 3./4.2017).

Somalia ist ein äußerst unattraktives Zufluchtsland für Asylsuchende. Die Zahl ausländischer Flüchtlinge wird als sehr gering eingeschätzt. Trotzdem sind seit der Eskalation im benachbarten Jemen sind einige Tausend Menschen nach Somalia geflohen (AA 1.1.2017). Trotzdem befanden sich im November 2017 ca. 14.500 Asylwerber und 14.200 Flüchtlinge in Somalia. 62% davon waren Äthiopier, weitere 37% Jemeniten. Mindestens 58% der Asylwerber und Flüchtlinge befinden sich Somaliland, mindestens weitere 23% in Puntland; in Mogadischu befinden sich 10% (UNHCR 30.11.2017b).

Auch weiterhin kommen Flüchtlinge nach Somalia. Alleine im November 2017 trafen 86 Jemeniten ein. Der UNHCR gewährte im November 2017 rund 2.500 Asylwerbern und Flüchtlingen medizinische Versorgung; weitere profitieren von Einkommensmöglichkeiten und Ausbildungsprogrammen. 2.418 Haushalte wurden mit Geld unterstützt (UNHCR 30.11.2017b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/336580/479258_de.html , Zugriff 14.9.2017

- BFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017): Informationen aus den Protokollen der FFM

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/334750/476503_de.html , Zugriff 14.9.2017

- ICG - International Crisis Group (9.5.2017): Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia , Zugriff 24.11.2017

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2017b): Fact Sheet; Somalia; 1-30 November 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1514374235_61422.pdf , Zugriff 8.1.2018

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

13. Grundversorgung/Wirtschaft

Generell hätte Somalia großes wirtschaftliches Potential, sei es im Agro-Business, in der Viehzucht, der Fischerei oder im Handel, bei erneuerbaren oder anderen Energiequellen. Außerdem verfügt Somalia über sehr unternehmerische Staatsbürger, sowohl im Land als auch in der Diaspora. Dieses Potential wäre vorhanden (UNSOM 13.9.2017). Die Diaspora investiert auch seit mehreren Jahren auf unterschiedliche Art in ganz Somalia (SHU 16.6.2016). Laut Schätzungen überweist die Diaspora pro Jahr mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar in die Heimat. Damit ist die somalische Wirtschaft aber gleichzeitig eine der am meisten von Remissen abhängigen Ökonomien der Welt (SHU 16.6.2017).

Doch noch gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen (AA 4 .2017b). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (AA 1.1.2017; vgl. AA 4 .2017b). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (UNSOM 13.9.2017). 43% der somalischen Bevölkerung leben in extremer Armut von weniger als einem US-Dollar pro Tag (UNHRC 6.9.2017).

Fehlende Daten machen es schwierig, die makro-ökonomische Situation Somalias ausreichend beschreiben zu können. Schätzungen zufolge ist das BIP im Jahr 2015 um 5% gestiegen, im Jahr 2016 um 6%. Die Prognose für 2017 lautet auf ein Wachstum von 2,5%. Dabei ist dieses Wachstum vor allem im urbanen Raum entstanden und von Konsum, Remissen und Gebergeldern abhängig (WB 18.7.2017).

Zugang zu Bildung und Arbeit stellt in vielen Gebieten eine Herausforderung dar (ÖB 9.2016). Das gegebene Wachstum des BIP ist in Somalia ein urbanes Phänomen, getrieben vom Konsum, von Hilfen aus dem Ausland und von Überweisungen aus der Diaspora. Dabei wirkt sich das von al Shabaab im Juni 2017 in drei Bundesstaaten ausgesprochene Verbot der Verwendung des Somali Shilling negativ aus, der Kurs der Währung ist gefallen (UNSC 5.9.2017; vgl. SEMG 8.11.2017). Mit ein Grund für das Verbot der al Shabaab war sicherlich das nicht regulierte und nicht genehmigte Nachdrucken von Banknoten durch die State Bank of Puntland (SEMG 8.11.2017).

Es gibt unterschiedliche Zahlen darüber, wie hoch die Jugendarbeitslosigkeit in Somalia ist. Am Human Development Index 2012 wurde die allgemeine Arbeitslosigkeit mit 54% angegeben, für Jugendliche (14-29jährige) mit 67% (ÖB 9.2016; vgl. SHU 16.6.2017). UNDP gab die Zahl im Jahr 2012 mit 67% an. Bei der aktuellen Studie aus dem Jahr 2016 gaben aber nur 14,3% der befragten Jugendlichen (Mogadischu 6%, Kismayo 13%, Baidoa 24%) an, gegenwärtig arbeitslos zu sein. Dies kann auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) dass die Situation in diesen drei Städten anders ist, als in anderen Teilen Somalias; b) dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2012 die Situation verbessert hat; c) dass es nun mehr Unterbeschäftigte gibt; d) dass die Definition von "arbeitslos" unklar ist (z.B. informeller Sektor) (IOM 2.2016). Außerdem sind nach anderen Angaben viele Männer aufgrund ihres Khat-Konsums mehr oder weniger berufsunfähig - ein Grund, warum oft Frauen als Familienerhalterinnen einspringen müssen (SZ 13.2.2017).

All dies bedeutet jedenfalls, dass man die Arbeitslosigkeit in Somalia und in Mogadischu nicht beziffern kann (LI 1.4.2016). Insgesamt sind zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren (ÖB 9.2016). Außerdem haben sich bisherige Studien darüber, wie Menschen in Mogadischu ihren Lebensunterhalt bestreiten, auf die am meisten vulnerablen Gruppen der Stadt konzentriert: Auf IDPs und Arme (urban poor). Für diese Gruppen ist es charakteristisch, dass sie humanitäre Unterstützung erhalten. Sie stellen etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu. Diese Gruppen profitieren nur zu einem äußerst geringen Anteil von Remissen (2% der Befragten; somalische Gesamtbevölkerung: 30%). Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle dieser Gruppen ist der Kleinhandel - v.a. mit landwirtschaftlichen Produkten. Zusätzlich erhalten sie Nahrungsmittelhilfe und andere Leistungen über wohltätige Organisationen (LI 1.4.2016).

Seitens der Regierung gibt es für Arbeitslose jedenfalls keinerlei Unterstützung (LI 1.4.2016). In einer Studie von IOM gaben arbeitslose Jugendliche (14-30 Jahre) an, in erster Linie von der Familie in Somalia (60%) und von Verwandten im Ausland (27%) versorgt zu werden (IOM 2.2016). Insgesamt ist das traditionelle Recht (xeer) ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Neben der Kernfamilie scheint der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] maßgeblich für die Abdeckung von Notfällen verantwortlich zu sein. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017).

2015 wurde ein Wirtschaftsaufschwung am Hafen Mogadischus registriert. Dank der reduzierten Bedrohung durch Piraterie und die dadurch verbesserte Sicherheitslage interessieren sich immer mehr Investoren für Mogadischu. Die somalische Wirtschaft ist jedoch im Allgemeinen weiterhin fragil. Dies hängt mit der schmalen Wirtschaftsbasis zusammen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor von der Tierhaltung und Fischerei abhängig und damit externen und Umwelt-Einflüsse besonders ausgesetzt (ÖB 9.2016).

Es kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung (LI 1.4.2016). In der Stadt gibt es eine steigende Nachfrage an Hilfsarbeitern. Früher hatten die nicht-Ausgebildeten größere Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt aber auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen (IOM 2.2016; vgl. LI 1.4.2016). Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, bei denen es nur um physische Kraft geht (Bauwirtschaft, Hafenarbeiter etc.) in Mogadischu zahlreich verfügbar. Junge Kandidaten werden bevorzugt (IOM 2.2016).

Einen großen Bedarf gibt es an folgenden ausgebildeten Kräften und Fähigkeiten - bzw. womöglich auch an Ausbildungswilligen: Handwerker (Tischler, Maurer, Schweißer etc.); im Gastgewerbe (Köche, Kellner etc.); Schneider; Ingenieure; medizinisches Personal; fortgeschrittene IT- und Computerkenntnisse; Agrarfachwissen; Lehrkräfte auf allen Ebenen. Einen Bedarf gibt es auch an folgenden Arbeitskräften und Fähigkeiten: Mechaniker, Elektriker, Installateure, Fahrer von Spezialfahrzeugen; Betriebswirte und Buchhalter; Verkauf und Marketing; Englisch-Sprechern; IT- und Computerkenntnisse (IOM 2.2016). Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird (z.B. im Gastgewerbe auf Kenianer und Somaliländer; oder im Baugewerbe auf Handwerker aus Bangladesch) (LI 1.4.2016; vgl. IOM 2.2016).

Fast alle in der Studie von IOM befragten Arbeitgeber haben angegeben, dass sie mittelfristig mehr Personal einstellen wollen (IOM 2.2016). Weil freie Arbeitsplätze oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne richtige Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen (IOM 2.2016; vgl. DIS 9.2015), Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen (DIS 9.2015). Arbeitssuchende greifen also auf ihre privaten Netzwerke zurück. Größere Firmen platzieren Jobangebote auch an Hauswänden oder in lokalen Medien. Öffentliche Stellen greifen auch auf Onlinemedien zurück (z.B. baidoanews.net oder somalijobs.net). Männliche Hilfsarbeiter stellen ihre Arbeitskraft frühmorgens an bestimmten Plätzen zur Verfügung (Mogadischu: Bakara; Baidoa: Kilo 7; Kismayo: Golol Place) (IOM 2.2016).

Der militärische Erfolg gegen al Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind (BS 2016; vgl. LI 1.4.2016). Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen (LI 1.4.2016). Außerdem traten neue Investoren in den Vordergrund, z.B. die Türkei (BS 2016; vgl. LI 1.4.2016), China und die Golf-Staaten (LI 1.4.2016). Die Wirtschaft von Mogadischu hat begonnen zu wachsen. Dies wird angesichts des Baubooms am offensichtlichsten (BS 2016). Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet (LI 1.4.2016). Supermärkte, Restaurants und Hotels wurden neu geöffnet. Auch in anderen, der al Shabaab abgerungenen Städten steigt die Zahl wirtschaftlicher Aktivitäten (BS 2016).

Viele UN-Agenturen (bspw. UN-Habitat, UNICEF, UNHCR) sind tatkräftig dabei das Land wiederaufzubauen (ÖB 9.2016). Die UNO betreibt in Somalia gegenwärtig 18 auf Jugendliche zugeschnittene Programme und hat dort 28 Mio. US-Dollar investiert. Sieben dieser Programme unterstützen die (Berufs-)Ausbildung um die Jugendarbeitslosigkeit zu senken (UNSC 5.9.2017). Der Somalia Stability Fund betreibt Infrastrukturprojekte in Hobyo, Xudur und Berdale - dadurch wurden Arbeitsplätze geschaffen. UNDP und UNIDO unterstützen Jugendliche in Jubaland, um deren Arbeitschancen zu erhöhen - etwa durch Ausbildung, Mikrokredite. In Afmadow wurde mit Unterstützung von USAID ein neuer Markt eröffnet. USAID unterstützt auch den Wiederaufbau auf Gemeindeebene, u.a. in den Bezirken Kismayo, Baardheere und Diinsoor (UNSC 5.9.2017).

Das meiste Einkommen lukriert Somalia mit Viehexport, Häuten, Fisch, Holzkohle und Bananen. Ein Schlüsselelement der Wirtschaft ist der Telekommunikationsbereich. Außerdem sind seit dem Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu einige Bereiche stark gewachsen: Die öffentliche Verwaltung; internationale Organisationen; Botschaften; der Bausektor; und der Dienstleistungsbereich (Hotels, Restaurants, Transportsektor, Schulen, Spitäler etc.) (LI 1.4.2016). Viele Bereiche liegen in den Händen privater Anbieter (LI 1.4.2016; vgl. BS 2016). Neben Schulen und Spitälern wird beispielsweise auch die Steuer von einer Privatfirma eingehoben. Berechnungen zufolge ist die somalische Wirtschaft ständig gewachsen; für 2014 schätzt der IWF das Wachstum auf 3,7% (LI 1.4.2016). Ein potentieller Wachstumssektor wäre auch die Fischindustrie. Die somalischen Hoheitsgewässer beherbergen einige der reichsten Fischgründe der Welt. Es mangelt aber noch an Ausbildung für Fischer, an Ausrüstung und Regulierungen. OXFAM und die EU unterstützen den diesbezüglichen Ausbau der Kapazitäten (OXFAM 30.9.2015).

Aufgrund der Tatsache, dass bereits eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren, besteht eine berechtigte Hoffnung das Land als zunehmend sicherer und bewohnbarer zu qualifizieren (ÖB 9.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017b): Somalia - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Wirtschaft_node.html , Zugriff 13.9.2017

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf , Zugriff 20.11.2017

- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 13.12.2017

- IOM - Internationale Organisation für Migration (2.2016): Youth, Employment and Migration in Mogadishu, Kismayo and Baidoa, http://www.iom.int/sites/default/files/country/docs/IOM-Youth-Employment-Migration-9Feb2016.pdf , Zugriff 13.12.2016

- LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to Mogadishu, https://landinfo.no/asset/3570/1/3570_1.pdf , Zugriff 20.11.2017

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- OXFAM (30.9.2015): The Somali Fisheries Industry, a Potential Gold-Mine, http://www.oxfamblogs.org/eastafrica/?p=8080 , Zugriff 10.1.2018

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia, https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924 , Zugriff 14.11.2017

- SHU - Shuraako (16.6.2017): Diaspora Investments Fuel Economies in Fragile States, http://shuraako.org/about-us/news/diaspora-investments-fuel-economies-fragile-states , Zugriff 10.1.2018

- SHU - Shuraako (16.6.2016): Somali Diaspora Investment Survey Report, http://shuraako.org/publications/somali-diaspora-investment-survey , Zugriff 10.1.2018

- SZ - Süddeutsche Zeitung (13.2.2017): Wo Mütter die Wirtschaft schmeißen, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/somaliland-wo-muetter-die-wirtschaft-schmeissen-1.3377028 , Zugriff 10.1.2018

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf , Zugriff 8.11.2017

- UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

- UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017): SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1 , Zugriff 11.11.2017

- WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia , Zugriff 20.11.2017

13.1. Dürresituation

Vier aufeinanderfolgende Regenzeiten sind ausgefallen. Diese Dürre hat nahezu zu einem Gesamtausfall der Ernte geführt und zur Reduzierung der Arbeitsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten beigetragen. Die Dürre hat zu Engpässen bei Wasser und Weideland geführt - und in der Folge zur Verendung von Viehbestand. Insbesondere ärmere Haushalte haben Probleme, die stark angestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen zu können; und andererseits können sie durch den Verkauf von Vieh kaum Einkommen erwerben (WB 18.7.2017). Drei Jahre Dürre haben zu einer humanitären Krise geführt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, von Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (UNHRC 6.9.2017). Dabei hat die Dürre Auswirkungen auf alle ökonomischen Aktivitäten in Somalia, darunter Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Mittlerweile machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dürre auch substantiell im Bundesbudget bemerkbar (UNSC 5.9.2017). Allerdings ist der Schaden an Leben und Lebensbedingungen - vor allem von Frauen, Kindern und Benachteiligten - enorm (UNSOM 13.9.2017). Für die Zukunft wird an Programmen gearbeitet, um Resilienz gegenüber künftigen Dürreperioden zu entwickeln (UNSC 5.9.2017).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (AA 1.1.2017). Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung benachteiligte Bevölkerungsteile zu erreichen (ÖB 9.2016).

Zu Beginn des Jahres 2017 hatte sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert. Der somalische Präsident hat am 28.2.2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten (UNSC 9.5.2017). Am 2.2.2017 wurde für Somalia eine Alarm-Erklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Hungersnot ("pre-famine alert") ausgegeben. Danach wurden humanitäre Aktivitäten weiter hochgefahren (SEMG 8.11.2017). Zuletzt hat am 5.12.2017 die Regierung von Puntland den Notstand ausgerufen und um Nahrungsmittel- und Wasserlieferungen gebeten (VOA 5.12.2017).

Die somalische Regierung hat aufgrund der Lage in Zusammenarbeit mit humanitären Kräften die Planung von einer Reaktion auf die Dürre ("drought response") bereits auf die Prävention einer Hungersnot ("famine prevention") umgestellt (UNHRC 6.9.2017). Nur die rasche Unterstützung internationaler humanitärer Partner und somalischer Organisationen hat eine Hungersnot verhindert (SEMG 8.11.2017). Hungertote wurden nur sehr sporadisch gemeldet, so etwa im Jänner 2017 aus Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo (SMN 15.1.2017) sowie im März 2017 aus Bay (BBC 4.3.2017).

Das Risiko einer Hungersnot besteht jedoch auch weiterhin (FEWS 30.12.2017; vgl. UNSOM 13.9.2017, UNHCR 30.11.2017b). Die Gu-Regenfälle (März-Juni) sind im Durchschnitt wieder schwach ausgefallen, in Somaliland und Puntland erreichten sie nahezu normale Werte. In einigen Gebieten ist das Risiko einer Hungersnot größer geworden, die Nahrungsmittelsicherheit wird sich auch bis Ende 2017 nicht verbessern. In den Regionen Galgaduud, Gedo, Mudug, Middle und Lower Shabelle wird sogar eine Verschlechterung erwartet. In einigen Gebieten hat sich die Situation also entspannt, aufgrund der Länge der diesmaligen Dürre ist aber von einer tatsächlichen Erholung erst nach zwei aufeinanderfolgenden Perioden guter Regenfälle auszugehen (UNSC 5.9.2017). Auch wenn bisher das Schlimmste verhindert worden ist (UNNS 13.9.2017; vgl. UNSC 5.9.2017), besteht auch im zweiten Halbjahr 2017 weiterhin das Risiko einer Hungersnot (UNSC 5.9.2017). Auch die Deyr Regenfälle gegen Ende 2017 sind in den meisten Landesteilen unterdurchschnittlich ausgefallen. Nur einige begrenzte Gebiete in Zentralsomalia sowie entlang der äthiopischen Grenze konnten durchschnittliche oder überdurchschnittliche Niederschläge aufweisen (FEWS 3.1.2018).

Im ersten Trimester 2017 waren 6,2 Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, davon waren knapp drei Millionen auf akute lebensrettende Hilfe angewiesen (UNSC 9.5.2017). In der Folge hat sich die Situation verschlechtert, die Zahl der auf Unterstützung angewiesenen Menschen ist auf 6,7 Millionen gestiegen. Davon benötigen 3,2 Millionen akute lebensrettende Hilfe (UNSC 5.9.2017). 70% der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die al Shabaab behindert wird (UNHRC 6.9.2017); dies betraf sowohl Gebiete außerhalb der als auch unter Kontrolle von al Shabaab. Während aber die Gruppe bei der Hungersnot im Jahr 2011 aufgrund ihrer Blockade erheblich zur hohen Zahl von 260.000 Hungertoten beigetragen hatte, verteilte al Shabaab diesmal - auch zu Propagandazwecken - selbst Hilfsgüter. Dies betraf Gebiete in Bay, Bakool, Galgaduud, Hiiraan, Lower Shabelle und Mudug. Andererseits wurde humanitäre Hilfe von außen auch diesmal behindert oder blockiert; wurde die Einhebung von Steuern verstärkt; wurden humanitäre Bedienstete entführt; und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Immerhin wurde diesmal vor der Dürre Flüchtenden in manchen Fällen die Weiterreise gewährt. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Art behindert (SEMG 8.11.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Berichte prognostizieren, dass im Jahr 2018 6,2 Millionen Menschen - und damit die Hälfte der Bevölkerung - auf Hilfe angewiesen sein werden (UNHCR 30.11.2017b).

Rund 900.000 Kinder sind akut unterernährt (UNHRC 6.9.2017). Die Zahl der akut unterernährten Kinder könnte bis Ende 2017 auf 1,4 Millionen ansteigen, darunter 275.000 mit schwerer - lebensbedrohlicher - akuter Unterernährung (UNHRC 6.9.2017; vgl. UNSC 5.9.2017). Bis Juni 2017 wurden fast 400.000 Betroffene behandelt, mehr als 173.000 Kinder erhielten Unterstützung, damit sie weiterhin die Schule besuchen können. Insgesamt wurden drei Millionen Menschen durch Unterstützung erreicht, teils auch durch Geld-Programme (UNSC 5.9.2017). Alleine der UNHCR erreichte im Zeitraum 11.2016-11.2017 mehr als 800.000 Menschen (UNHCR 30.11.2017b). Über 80% der Nahrungsmittelhilfe erfolgt durch Geld und Gutscheine (SEMG 8.11.2017). 225 Ernährungszentren wurden eingerichtet. Im Zeitraum Jänner-August 2017 wurde für 3,5 Millionen Menschen der Zugang zu sauberem Wasser gewährleistet. Auch AMISOM hat Wasserbohrungen durchgeführt. 18,5 Millionen Stück Vieh wurden behandelt und dadurch 2,8 Millionen Menschen geholfen (UNSC 5.9.2017). Bereits im April 2017 konnte für 1,7 Millionen Menschen der Zugang zu Nahrungsmitteln verbessert werden. Alleine im März 2017 wurden 332.000 Kinder ernährungstechnisch behandelt. Dabei behindert al Shabaab nach wie vor den Zugang zu Menschen in Not auf dem Gebiet unter Kontrolle dieser Gruppe (UNSC 9.5.2017). Aufgrund der schnellen und großzügigen Beiträge konnte das Schlimmste verhindert werden. Pro Monat werden über drei Millionen Menschen erreicht (UNSOM 13.9.2017). Mobile Teams des somalischen Roten Halbmonds dringen auch in entlegene Gebiete vor (ICRC 28.7.2017).

900.000 Menschen mussten im Jahr 2017 ihre Heimat in Somalia verlassen (UNSOM 13.9.2017); nach anderen Angaben hat die Dürre zur Vertreibung von 714.000 Menschen geführt - zusätzlich zu den bereits davor existierenden rund 1,1 Millionen IDPs (UNHRC 6.9.2017). Davon suchten rund 7.000 Schutz in Äthiopien und Kenia (UNSC 5.9.2017).

Im Jänner 2018 veröffentlicht UN OCHA eine aktuelle Lagekarte:

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(UN OCHA 11.1.2018)

Eine andere Organisation zeigt die Ernährungssituation im Dezember 2017 mit einem Ausblick bis Mai 2018:

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Dezember/Jänner 2018

Februar-Mai 2018

(FEWS 30.12.2017)

 

  

Die internationale Unterstützung erfolgte diesmal relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017). Insgesamt erreichen Hilfsprojekte der UN oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel aber nicht die gesamte Bevölkerung. Dies gilt im Großen und Ganzen auch für Puntland, allerdings erreichen dort Hilfsorganisationen im Falle einer Dürrekatastrophe aufgrund der besseren Sicherheitslage mehr Menschen (AA 1.1.2017). Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017). Die Situation in Puntland ist also besser als im Süden, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung. In Puntland hat der Handel über Seehäfen und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 4 .2017b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017b): Somalia - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Wirtschaft_node.html , Zugriff 13.9.2017

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- FEWS - Famine Early Warning System Network (30.12.2017): Somalia Food Security Outlook Update, December 2017, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-outlook-update-december-2017 , Zugriff 10.8.2018

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http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf , Zugriff 10.11.2017

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- WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia , Zugriff 20.11.2017

13.2. Rückkehrspezifische Grundversorgung

Viele Angehörige der somalischen Diaspora wagen in diesen Tagen die Rückkehr. In der Hauptstadt lässt sich die Aufbruch-Stimmung an unzähligen Baustellen und an neuen Straßen, Cafés und Geschäften ablesen. Ausländische Diplomaten, Berater und Helfer strömen ins Land. Botschaften werden gebaut. Doch die meisten Ausländer verschanzen sich hinter hohen Sprengschutzmauern auf dem geschützten Flughafengelände (DW 27.9.2017). Alleine aus der Region zählte der UNHCR im Zeitraum 2014-2017 in Somalia 109.317 freiwillige Rückkehrer (UNHCR 30.11.2017b).

Die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge, Rückkehrer und andere vulnerable Personengruppen sind limitiert. So berichteten Personen, die aus Kenia nach Orte in Süd-/Zentralsomalia zurückgekehrt waren, über mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten. UNHCR gewährt finanzielle Unterstützung und bietet temporäre Unterkünfte (USDOS 3.3.2017). Allerdings wird - z.B. seitens des UNHCR - versucht, hier Abhilfe zu schaffen. Ein ohne Bedingungen ausgegebenes, sogenanntes Rückkehrpaket enthält: ein aus Sachgütern bestehendes Paket (etwa: Decken, Seife, Planen, Kanister etc.); eine einmalige Wiedereingliederungshilfe von 200 US-Dollar pro Person; eine auf sechs Monate begrenzte Reintegrationshilfe von 200 US-Dollar pro Haushalt; eine zusätzliche, auf sechs Monate begrenzte Unterstützung mit Essensrationen; eine Bildungsunterstützung, auf neun Monate begrenzt, von 25 US-Dollar pro Kind und Monat (zusätzlich: Schuluniformen, Schulmaterial); und - bei Auswahl - bis zu 1.000 US-Dollar für eine Unterkunft; sowie die Aufnahme in Selbsterhaltungsprojekte (UNHCR 30.11.2017a). In Programmen aufgenommenen Rückkehrern gewährt UNHCR einmalige Wiedereingliederungshilfen und für sechs Monate Reintegrationshilfe. Im November 2017 wurden derartige Gelder an knapp 27.000 Rückkehrer ausbezahlt (rd. 6.000 Haushalte). Andere profitierten von sog. cash-for-work Programmen oder erhielten eine Ausbildung (UNHCR 30.11.2017b). Die EU unterstützt zahlreiche Reintegrationsprojekte für Rückkehrer in Somalia mit mehr als 33 Millionen Euro aus dem EU Trust Fund (EEAS 5.4.2017).

Außerdem hat der UNHCR im Zeitraum 1.-11.2017 1.306 Unterkünfte und 409 Latrinen für Rückkehrer gebaut (UNHCR 30.11.2017b). In Puntland und Somaliland hat die UN für Rückkehrer und IDPs mehr als 5.000 "housing units" errichtet (BFA 3./4.2017). In sog. community empowerment activities werden Rückkehrer in die Rehabilitation von wichtiger öffentlicher Infrastruktur eingebunden. Derartige Projekte laufen etwa in Galkacyo, Baidoa, Kismayo, Afmadow, Luuq und Mogadischu. In anderen Projekten werden Rückkehrer in Berufen ausgebildet. So etwa in Hargeysa (Elektriker, Maler, Installateure, Köche, Schneider), Kismayo (Geflügelzucht), Baidoa (Tischler). Zusätzliche Programme richten sich an Kleinhändler, z.B. in Garoowe, Bossaso, Kismayo, Hargeysa, Luuq und Mogadischu (UNHCR 30.11.2017a). In den Straßen Kismayos sind kleine Geschäfte zu sehen, die von zurückgekehrten ehemaligen Flüchtlingen betrieben werden (UNHCR 18.12.2017). Auch die EU-Agentur ECHO unterstützt mit Programmen und dem Social Safety Net Project 5.000 vulnerable Haushalte (ca. 30.000 Personen) (ACTED 6.12.2017).

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u.a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017). Daher gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).

Beide - Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan - bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vgl. UKUT 5.11.2015) noch auf Remissen zurückgreifen kann (UKUT 5.11.2015). Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (NLMBZ 11.2017).

Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann also in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängen. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren (ÖB 9.2016). Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Insgesamt liegt es also an der Person selbst zu erklären, warum sie nicht an den durch den Wirtschaftsboom in Mogadischu bestehenden ökonomischen Möglichkeiten teilhaben kann (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015).

Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014; vgl. UKUT 5.11.2015).

Quellen:

- ACTED (6.12.2017): Surviving the drought: Jumping from destitution to economic independence, https://reliefweb.int/report/somalia/surviving-drought-jumping-destitution-economic-independence , Zugriff 12.1.2018

- BFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017): Informationen aus den Protokollen der FFM

- DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf , Zugriff 13.12.2017

- DW - Deutsche Welle (27.9.2017): Somalia zwischen Staatsaufbau und Anti-Terror-Kampf, http://www.dw.com/de/somalia-zwischen-staatsaufbau-und-anti-terror-kampf/a-40688328 , Zugriff 21.12.2017

- EEAS - EU External Action Service (5.4.2017): EU launches re-integration projects worth €33 million in Somalia, https://eeas.europa.eu/delegations/somalia/24214/eu-launches-re-integration-projects-worth-eu33-million-somalia_en , Zugriff 9.1.2018

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia - Clans und Minderheiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SOM-clans-d.pdf , Zugriff 22.11.2017

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence - weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/cases ,GBR_UTIAC,5669ccf64.html Zugriff 21.11.2017

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 21.12.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (18.12.2017): UN refugee chief finds Somalia suffering from instability and drought, but sees hope, https://reliefweb.int/report/somalia/un-refugee-chief-finds-somalia-suffering-instability-and-drought-sees-hope , Zugriff 12.1.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2017a): Repatriation Update; Somalia; 1-30 November 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1514370849_61418.pdf , Zugriff 8.1.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2017b): Fact Sheet; Somalia; 1-30 November 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1514374235_61422.pdf , Zugriff 8.1.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

14. Medizinische Versorgung

Die Gesundheitslage zählt zu den schlechtesten der ganzen Welt. Die Kinder- und Müttersterblichkeitsraten sind alarmierend hoch. Gleichzeitig ist die Förderung von Gesundheitsprogrammen gering (ÖB 9.2016). Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 45 Jahre für Männer und 47 Jahre für Frauen. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen (AA 1.1.2017). Die Müttersterblichkeit hat sich von 850 pro 100.000 Lebendgeburten im Jahr 2010 auf 732 pro 100.000 im Jahr 2016 verringert (USDOS 3.3.2017), bleibt aber eine der höchsten weltweit (LI 11.6.2015).

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft (AA 1.1.2017). Medizinische Grunddienste stehen nicht ausreichend zur Verfügung (AA 4 .2017b). Allerdings variiert der Zugang zu medizinischer Versorgung. Dieser scheint in Somaliland und in Mogadischu am besten zu sein. Da es kein staatliches Gesundheitssystem gibt, ist die Versorgungslage maßgeblich davon abhängig, wie sehr der Zugang für lokale und internationale Hilfsorganisationen in einem Gebiet gewährleistet ist. Folglich ist die Versorgungslage in den größeren Städten besser. Schätzungsweise 80% der Bevölkerung haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung (LI 11.6.2015).

Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden (AA 1.1.2017). Gesundheitspersonal ist rar und Spitäler sind aufgrund von Unterfinanzierung von Schließungen gefährdet (ÖB 9.2016). Allerdings sind z.B. in Mogadischu seit 2014 einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken neu eingerichtet worden (LI 1.4.2017). Auch AMISOM betreibt oder unterstützt Spitäler bzw. bietet medizinische Versorgung, etwa in Merka (AMISOM 24.2.2017) oder Baidoa (UNSOS 16.11.2016). In Mogadischu wurde zudem ein Spital durch die Vereinten Arabischen Emirate erbaut (Horseed 4.6.2015), ein weiteres wurde von der Türkei renoviert und ausgebaut. Letzteres bietet auch eine vergleichsweise günstige Versorgung für Dialysepatienten (Hiiraan 17.6.2016).

Die Somali Red Crescent Society (SRCS) betreibt in ganz Somalia 25 feste Kliniken (ICRC 23.5.2017). Hinzu kommen elf mobile Kliniken in Süd-/Zentralsomalia. Dabei wird die SRCS vom IKRK unterstützt. Die Teams des SRCS dringen dabei auch in entlegene Gebiete vor - hundert Kilometer von der nächsten größeren Stadt entfernt. Sie gewährleisten damit dort eine medizinische Grundversorgung (ICRC 28.7.2017).

Durch Wasser verursachte Krankheiten sind weit verbreitet (AWD bzw. Cholera). 85% der Betroffenen von Cholera sind Kinder unter 5 Jahren (ÖB 9.2016). Dabei hat die Dürre die Verbreitung von Cholera verstärkt. Bis Ende Juli 2017 gab es fast 76.000 Fälle mit 1.155 Toten. Danach ist es den Behörden und Partnern gelungen, die Seuche in den meisten Gebieten einzudämmen (UNSC 5.9.2017).

In Somalia gibt es fünf Zentren zur Betreuung psychischer Erkrankungen. Diese befinden sich in Berbera, Bossaso, Garoowe, Hargeysa und Mogadischu. Allerdings arbeiten insgesamt nur drei Psychiater an diesen Einrichtungen (WHO 2017a).

...

MedCOI ist nicht in der Lage, Auskünfte zu Somalia zu geben (MAO 24.9.2014). Auch IOM bietet hinsichtlich medizinischer Anfragen zu Somalia keine Kooperation (IOM 5.7.2017; vgl. IOM 31.8.2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- AA - Auswärtiges Amt (4.2017b): Somalia - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Wirtschaft_node.html , Zugriff 13.9.2017

- AMISOM (24.2.2017): AMISOM equips hospital in Marka, http://amisom-au.org/2017/02/amisom-equips-hospital-in-marka/ , Zugriff 20.11.2017

- GJ - Goobjoog News (25.1.2017): MSF returns to Somalia after 3 years, http://goobjoog.com/english/msf-returns-somalia-3-years/ , Zugriff 9.1.2018

- GO - Garowe Online (30.8.2017): Germany launches $31M worth health projects in Puntland, https://www.garoweonline.com/en/news/puntland/somalia-germany-launches-31m-worth-health-projects-in-puntland , Zugriff 20.11.2017

- Hiiraan Online (17.6.2016): Ergogan Hospital former Digfeer, restoring Somali's Healthcare System, https://www.hiiraan.com/news4/2016/Jun/105961/ergogan_hospital_former_digfeer_restoring_somali_s_healthcare_system.aspx , Zugriff 20.11.2017

- Horseed (4.6.2015): UAE sets up a mobile hospital in Somalia, https://horseedmedia.net/2015/06/04/uae-sets-up-a-mobile-hospital-in-somalia/ , Zugriff 20.11.2017

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- ICRC - International Committee of the Red Cross (ICRC) (23.5.2017): Annual Report 2016 - Somalia, http://www.refworld.org/docid/59490dab2.html , Zugriff 11.11.2017

- IOM - Internationale Organisation für Migration (5.7.2017): Antwort per E-Mail

- IOM - Internationale Organisation für Migration (31.8.2016): Antwort per E-Mail

- LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to Mogadishu, https://landinfo.no/asset/3570/1/3570_1.pdf , Zugriff 20.11.2017

- LI - Landinfo (11.6.2015): Somalia - Children and Youth, https://landinfo.no/asset/3520/1/3520_1.pdf , Zugriff 20.11.2017

- MAO - Medical Advisors Office (24.9.2014): Update Somalia / Specific Northern Provinces in Somalia

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15. Rückkehr

Bereits in einer Studie aus dem Jahr 2016, bei welcher 130 Somali der Diaspora in London, Minneapolis, Toronto, Bern, Malmö, Amsterdam und Helsinki befragt wurden, gaben viele an, bereits nach Somalia zu reisen (UNHCR 1.2016). Schon nach den Jahren 2011 und 2012 hat die Zahl der aus der Diaspora nach Süd-/Zentralsomalia zurückkehrenden Menschen stark zugenommen. Es gibt keine Statistiken, doch alleine die vollen Flüge nach Mogadischu und die sichtbaren Investments der Diaspora scheinen die Entwicklung zu bestätigen (EASO 12.2017). Auch weiterhin bleibt die steigende Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia eine Tatsache. Viele Angehörige der somalischen Diaspora wagen in diesen Tagen die Rückkehr (DW 27.9.2017; vgl. ÖB 9.2016). Die Gründe dafür sind: intensivierte Bemühungen Kenias, somalische Flüchtlinge nach Somalia zu repatriieren; der Krieg im Jemen, der somalische Flüchtlinge zur Rückkehr bewegte; Anstrengungen anderer Staaten, die aufgrund der voranschreitenden territorialen Befreiung von der al Shabaab Druck auf somalische Flüchtlinge ausüben (ÖB 9.2016); die herrschende Aufbruchstimmung z.B. in Mogadischu (DW 27.9.2017). Auch der Rückkehrtrend somalischer Flüchtlinge aus dem Jemen kann als Zeichen dafür gedeutet werden, dass mehr und mehr Familien eine Zukunft in Somalia als annehmbare Alternative sehen (ÖB 9.2016). Viele lokale Angestellte internationaler NGOs oder Organisationen sind aus der Diaspora zurückgekehrte Somali. Andere kommen nach Somalia auf Urlaub oder eröffnen ein Geschäft (BFA 3./4.2017).

Der UNHCR und andere internationale Partner unterstützen seit 2015 die freiwillige Rückkehr von Somaliern aus Kenia (AA 1.1.2017). Dabei haben die drei Parteien die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen und des Non-Refoulement zugesichert (UNHRC 28.10.2015; vgl. LI 1.4.2016). Im Zeitraum 2014-2017 zählte der UNHCR in Somalia 110.913 freiwillige Rückkehrer aus der Region (UNHCR 31.12.2017). 74.606 davon kehrten aus Kenia zurück und weitere 34.077 aus dem Jemen. Alleine im November 2017 kehrten 663 Somalia aus Kenia und 156 aus dem Jemen in ihre Heimat zurück (UNHCR 30.11.0217b), im Dezember 2017 waren es 1.596 (UNHCR 31.12.2017). Mindestens 19.000 rückkehrwillige Somali warten in Kenia auf ihren Transport (UNHCR 20.12.2017).

Seit Beginn der Krise im Jemen im März 2015 kamen von dort 34.085 Somali zurück nach Somalia; davon 33.667 spontan und 418 mit Unterstützung. Im Jahr 2017 waren es 4.610, davon 4.192 spontan (UNHCR 30.11.0217b). Im Jemen warten weitere rückkehrwillige Somali auf Hilfe, um nach Hause zurückzukommen. UNHCR kann weiteren 10.000 bei der Rückkehr behilflich sein. Die meisten der Rückkehrer wollen nach Mogadischu (UNNS 19.5.2017; vgl. RMMS 7.2016). Nur rund 15-20% bleiben in Somaliland oder Puntland (BFA 3./4.2017). IOM unterstützte zahlreiche Rückkehrer aus dem Jemen mit Weitertransport - v.a. nach Mogadischu (USDOS 3.3.2017).

Insgesamt erfolgte die Rückkehr teils auf dem Landweg (etwa über Dhobley), teils auf dem Luftweg (etwa nach Kismayo) und teils auf dem Seeweg (vor allem aus dem Jemen) (UNHCR 30.11.2017a; vgl. UNHCR 30.11.2017b). Auch nach Mogadischu gab es Flüge mit Rückkehrern (BFA 3./4.2017). Eines der maßgeblichen Zielgebiete der Rückkehrer ist Kismayo und das südliche Jubbaland. Deutschland unterstützt dort ein Vorhaben, das der Vorbereitung der aufnehmenden Gemeinden für freiwillige Rückkehrer dient (AA 1.1.2017).

Soweit bekannt blockieren die somalischen Behörden Rückführungen nach Süd-/Zentralsomalia nicht. Es ist auch nicht bekannt, dass die somalischen Behörden Rückkehrer überwacht oder misshandelt haben (NLMBZ 11.2017). Laut einer anderen Quelle liegen hinsichtlich der Behandlung rückgeführter somalischer Staatsangehöriger keine belastbaren Erkenntnisse vor, da insbesondere westliche Staaten Rückführungen nur in sehr begrenztem Ausmaß durchgeführt haben. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge dieser Personengruppe, sondern das gelegentlich unvorhersehbare Verhalten der Sicherheitskräfte, die Sicherheits- und Versorgungslage allgemein sowie mögliche Übergriffe der al Shabaab (AA 1.1.2017). Trotz aller Erfolge von somalischer Armee und AMISOM ist die Sicherheitslage in vielen Teilen Somalias nicht stabil genug, um die Aufnahme von Rückkehrern zu gewährleisten (UNHRC 28.10.2015). Andererseits sind nach Somalia Rückgeführte nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014). Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) nach einer längeren Abwesenheit bei einer Rückkehr nach Mogadischu aufgrund der Tatsache, dass er in einem europäischen Land gelebt hat, keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vgl. EGMR 10.9.2015).

Menschenrechtsorganisationen mahnen die prekäre Situation der Rückkehrer in Somalia an (AA 1.1.2017). Obwohl der UNHCR bei der Rückführung aus Kenia eine große Rolle spielt, mahnt die gleiche Organisation angesichts der von ihr bewerteten Sicherheitslage davor, Personen in Gebiete in Süd-/Zentralsomalia zurückzuschicken. Genannt werden: eine nicht-existente Infrastruktur; mangelnde Einrichtungen für somalische Rückkehrer; die weiterhin schwierige Sicherheitslage; die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen und Kinder; sowie die Spannungen mit der lokalen Bevölkerung im Kontext eines allgemeinen Ressourcenmangel, die eine Massenrückkehr aus den Nachbarländern auslösen kann. Somalia scheint auf eine Rückkehr von Flüchtlingen in größerem Ausmaß nicht vorbereitet zu sein (ÖB 9.2016). Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige und andere Rückkehrer (AA 1.1.2017). Es kann aber insgesamt davon ausgegangen werden, dass sich ein erheblicher Teil der Rückkehrer als IDPs wiederfinden wird bzw. andere Flucht-/Migrationsrouten aufgesucht werden. Es kommt auch zur Re-Migration von Rückkehrern nach Kenia (ÖB 9.2016). Abschiebungen nach Somalia sollten laut UN ausschließlich nach Konsultierung der Bundesregierung und nach Abwägung der in Somalia vorhandenen Ressourcen stattfinden (UNHRC 6.9.2017). Das Rückkehrprogramm (Kenia) nach Kismayo musste Mitte 2016 für mehrere Monate ausgesetzt werden, da Jubaland nicht in der Lage war, zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung zu stellen (DIS 3.2017). In manchen Regionen könnte die großflächige Ansiedlung von Rückkehrern zu Spannungen führen - etwa hinsichtlich von Landbesitz, Rechten und Demographie. Dies gilt insbesondere jetzt, wo viele ländliche Herkunftsgebiete von Rückkehrern noch von al Shabaab kontrolliert werden und die Rückkehrer daher auf urbane Ballungszentren ausweichen (DDG 24.10.2017).

Allein die Tatsache, dass eine Person nach Somalia zurückkehrt, macht diese nicht zum Ziel - auch nicht für die al Shabaab (NLMBZ 11.2017). Rückkehrern in Gebiete der al Shabaab könnte vorgeworfen werden, als Spione zu dienen (BFA 8.2017). Rückkehrer aus Kenia werden von al Shabaab normalerweise nicht angegriffen (BFA 3./4.2017). Ob ein Rückkehrer zum Ziel der al Shabaab wird, hängt maßgeblich von seinem eigenen Verhalten ab. Die al Shabaab wird ihr bekannte Rückkehrer genauer beobachten. Ein Neuankömmling läuft auch eher Gefahr, an einem Checkpoint angehalten und verhört zu werden. Alleine die Tatsache, dass eine Person aus dem Westen zurückgekehrt ist, spielt bei einer Rückkehr in das Gebiet der al Shabaab keine Rolle. Viel wichtiger sind die Zugehörigkeit zu Familie und Clan und die Beziehungen dieser beiden Entitäten zur al Shabaab (DIS 3.2017). Andererseits kann es auch vorkommen, dass Rückkehrer von Regierungskräften verdächtigt werden, da es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen von im Westen radikalisierten Somali der Diaspora gekommen ist. Auch Rückkehrer aus dem Jemen werden in Mogadischu teilweise als "high-risk" angesehen (BFA 3./4.2017).

Aus Europa führen folgende Länder Abschiebungen durch: Großbritannien grundsätzlich; die Niederlande, Dänemark und Norwegen unterstützen freiwillige Rückkehrer; die Niederlande und Dänemark nur nach Somaliland, Norwegen auch in andere Landesteile; Finnland kann in Ausnahmefällen verurteilte Straftäter nach Somaliland zurückführen, Schweden nach Somaliland und Puntland (AA 1.1.2017). Auch aus den Vereinigten Staaten werden Somali abgeschoben (UNHRC 6.9.2017). Im Zeitraum 10.2015-10.2016 sollen es ca. 200 Personen gewesen sein, im Zeitraum 10.2016-6.2017 bereits knapp 520 (ST 4.6.2017). Aus Österreich sind bisher nur Operationen zur freiwilligen Rückkehr (nach Somaliland) bekannt (BFA 3./4.2017). Seit 2015 betreut IOM ein Programm für freiwillige Rückkehrer aus den Niederlanden nach Mogadischu, Baidoa und Kismayo. Die meisten Rückkehrer gehen nach Mogadischu, wo die meisten Hilfsorganisationen beheimatet sind, wo der Wiederaufbau für Arbeitsplätze sorgt, wo der Lebensstandard besser und die Clan-Diversität größer ist (NLMBZ 11.2017).

Ein westeuropäisches Land erklärt, über ein Sonderabkommen mit der somalischen Bundesregierung zu Verfügen. Rückzuführende Personen werden mit einem Laissez-Passer ausgestattet und nach Mogadischu geflogen. Dies gilt auch für jene Personen, die aus Somaliland stammen - diesen wird ein Weiterflug nach Hargeysa finanziert (BFA 3./4.2017).

Seit dem Jahr 2013 kommt es auch zu massiven Deportationen aus Saudi Arabien. Seit damals sind ca. 85.000 Menschen nach Somalia zurückgebracht worden. Viele dieser zwangsweise Rückgeschobenen wurden bei ihrer Rückkehr zu IDPs, da sie nicht in ihre eigentliche Heimat zurückkehren konnten (USDOS 3.3.2017).

Einen geordneten Direktflugverkehr nach Mogadischu aus Europa gibt es bislang nur aus Istanbul mit Turkish Airlines. Darüber hinaus fliegen nur regionale Fluglinien, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und private Chartermaschinen Mogadischu aus Nairobi regelmäßig an. Die Abfertigung der Flüge von Turkish Airlines findet in der zentralen Abfertigungshalle des Flughafens statt. Der Aufenthalt oder die Passage durch diese Abfertigungshalle wird aus Sicherheitsgründen dem gesamten in Mogadischu tätigen oder dorthin reisenden Personal von UN, EU und infolgedessen auch den meisten Botschaftsvertretern untersagt. Das muss im Hinblick auf eine etwaige Rückführung begleitende Beamte in Betracht gezogen werden (AA 1.1.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

- BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM Report_Somalia Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

- BFA - BFA/SEM Fact Finding Mission Somalia (3./4.2017): Informationen aus den Protokollen der FFM

- DDG - Danish Demining Group (24.10.2017): Return of Dadaab Refugees to Increase Pressure on Conflict-Ridden Somalia, http://danishdemininggroup.dk/news/return-of-dadaab-refugees-to-increase-pressure-on-conflict-ridden-somalia , Zugriff 9.1.2018

- DIS - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (3.2017): South and Central Somalia Security Situation, al-Shabaab Presence, and Target Groups. Report based on interviews in Nairobi, Kenya, 3 to 10 December 2016, https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/57D4CD96-E97D-4003-A42A-C119BE069792/0/South_and_Central_Somalia_Report_March_2017.pdf , Zugriff 21.11.2017

- DW - Deutsche Welle (27.9.2017): Somalia zwischen Staatsaufbau und Anti-Terror-Kampf, http://www.dw.com/de/somalia-zwischen-staatsaufbau-und-anti-terror-kampf/a-40688328 , Zugriff 21.12.2017

- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): Somalia Security Situation, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1514468677_easo-somalia-security-situation-2017.pdf , Zugriff 21.12.2017

- EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015): R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: ECHR, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html , Zugriff 21.12.2017

- LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia - Relevant social and economic conditions upon return to Mogadishu, https://landinfo.no/asset/3570/1/3570_1.pdf , Zugriff 20.11.2017

- NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf , Zugriff 10.1.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

- RMMS - Regional Mixed Migration Secretariat (7.2016): Country Profile - Somalia/Somaliland, http://www.regionalmms.org/index.php/country-profiles/somalia-somaliland , Zugriff 12.1.2018

- ST - Star Tribune (4.6.2017): Rising deportations to Somalia raise concerns in Minnesota, http://www.startribune.com/rising-deportations-to-somalia-raise-concerns-in-minnesota/426385301/ , Zugriff 9.1.2018

- UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 21.12.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (31.12.2017): Repatriation Update; Somalia; 1-30 December 2017, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/61546.pdf , Zugriff 8.1.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (18.12.2017): UN refugee chief finds Somalia suffering from instability and drought, but sees hope, https://reliefweb.int/report/somalia/un-refugee-chief-finds-somalia-suffering-instability-and-drought-sees-hope , Zugriff 12.1.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2017a): Repatriation Update; Somalia; 1-30 November 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1514370849_61418.pdf , Zugriff 8.1.2017

- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.11.2017b): Fact Sheet; Somalia; 1-30 November 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1514374235_61422.pdf , Zugriff 8.1.2017

- UNHCR/Dianna Shandy; Shobha Das (1.2016): Diaspora Engagement and the Global Initiative on Somali Refugees - Emerging Possibilities, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1460453877_570614f34.pdf , Zugriff 9.1.2018

- UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html , Zugriff 11.11.2017

- UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 23.11.2017

- UNNS - UN News Service (19.5.2017): Yemen's war pushing Somali refugees to return home - UN agency, http://www.refworld.org/docid/5922c90b4.html , Zugriff 11.11.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300 , Zugriff 13.9.2017

...

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, den Gang des ersten Asylverfahren sowie des gegenständlichen Asylverfahrens sowie des darin vorgebrachten Fluchtvorbringens werden auf Grundlage des entsprechenden Aktes des BFA getroffen.

Die Feststellungen zur Nationalität und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende und glaubhafte Angaben.

Die Feststellungen zur Gesundheit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zur persönlichen Situation und zum familiären Hintergrund des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren gründen insbesondere auf dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 06.02.2017. In dem betreffenden Bescheid wurde auch das vom Beschwerdeführer im Erstverfahren vorgetragene Fluchtvorbringen als unglaubwürdig beurteilt.

Der Beschwerdeführer hat sich anlässlich der nunmehrigen 2. Asylantragstellung explizit lediglich auf die bereits im Vorverfahren ins Treffen geführte - und vom BFA als unglaubwürdig erkannte - Bedrohung seiner Person durch die Angehörigen jenes Mannes, den sein Vater ermordet hätte, bezogen und hat er ausdrücklich angemerkt hat, dass diese Fluchtgründe noch aufrecht seien, ohne weitere gegebenenfalls neu hinzugetretene asylrelevante Gründe auch nur ansatzweise zu erwähnen. Der Beschwerdeführer begehrt sohin im vorliegenden Fall die Auseinandersetzung mit seinen bereits in den vorangegangenen, rechtskräftig beendeten Asylverfahren geltend gemachten - und damals bereits für unglaubwürdig befundenen - Fluchtgründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2 und 4 AVG, 32 und 33 VwGVG nicht erfolgen.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche dem Beschwerdeführer durch die belangte Behörde vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben, sodass die diesem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen auch gegenständlich als aktuell zu bewerten sind.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid überdies zutreffend ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Mogadischu keine sonstige maßgebliche Gefährdungslage droht:

In Bezug auf die Dürresituation haben sich infolge vermehrter Regenfälle zuletzt eine Entspannung der Lage und Verbesserungen bei der Nahrungsmittelsicherheit sowie bei Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen abgezeichnet, sodass nicht erkannt werden kann, dass sich die Versorgungslage in der Großstadt Mogadischu angesichts der jüngsten Dürreperiode aktuell als derart prekär erweist, als dass für jeden Rückkehrer das reale Risiko einer existenzgefährdenden Notlage zu prognostizieren wäre. Wenn auch eine unverändert angespannte Versorgungssituation auch in Mogadischu nicht bestritten wird, so gehört der Beschwerdeführer als junger, gesunder Mann keiner vulnerablen Personengruppe an, weshalb angesichts seiner individuellen Umstände nicht erkannt werden kann, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken werde, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. Der Beschwerdeführer verfügt durch dort wohnhafte Eltern und Geschwister (zu welchen er den Kontakt wieder herstellen könnte) nach wie vor über verwandtschaftliche Bezugspersonen in Mogadischu, sodass davon auszugehen ist, dass dieser über gewisse Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung durch ein soziales Netz sowie eine anfängliche Wohnmöglichkeit verfügen wird.

Wie bereits der angefochtene Bescheid festgestellt hat, ist der Beschwerdeführer arbeitsfähig und arbeitswillig. Der Beschwerdeführer verfügt über zumindest geringe Schulbildung und spricht Somalisch auf muttersprachlichem Niveau. Weshalb es ihm im Falle einer Rückkehr in den ihm vertrauten Herkunftsstaat nicht möglich sein sollte, für seinen Lebensunterhalt (wie bereits in der Vergangenheit) aufzukommen, hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt. Wenn sich den Länderberichten auch eine prekäre Versorgungssituation und limitierte Arbeitsmöglichketen für Rückkehrer und andere vulnerable Personengruppen entnehmen lassen, wird gleichzeitig festgehalten, dass Rückkehrer je nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben können. Der Beschwerdeführer könnte im Falle seiner Rückkehr nach Somalia seinen Lebensunterhalt zumindest durch die Aufnahme von Gelegenheitstätigkeiten bestreiten. Der Beschwerdeführer kann die Stadt Mogadischu von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen. Die somalische Regierung und AMISOM haben unverändert die Kontrolle über Mogadischu und es besteht trotz Anschlägen und Angriffen der Al Shabaab, welche sich idR gegen Hotels und Restaurants richten, welche häufig von Sicherheitskräften und Behördenbediensteten frequentiert würden, für normale Zivilisten inklusive Rückkehrern aus dem Ausland keine derartige Gefahrenlage, die ein reales Risiko für eine Beeinträchtigung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers darstellen würde (vgl. zuletzt VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0196-8).

Wie bereits das BFA im bekämpften Bescheid nachvollziehbar aufzeigen konnte, hat der Beschwerdeführer neue Gründe, die ein abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage erfordern würden, in keiner Weise vorgetragen. Der Beschwerdeführer verkennt zudem, dass diese Fluchtgründe zu einer rechtskräftigen abweisenden Entscheidung geführt haben und er konnte auch in dem gegenständlichen Verfahren keine ihn betreffenden Konventionsgründe glaubhaft machen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Folgeantrags:

3.1.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH vom 15.11.2000, Zl. 2000/01/0184; VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2000/01/0440; VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226).

Im vorliegenden Fall ist daher als Vergleichsentscheidung der rechtskräftige Bescheid des BFA vom 06.02.2017, Zl. 1066718801/150440658, heranzuziehen.

Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene "Sachen" vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein.

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Identität der Sache liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 08.04.1992, 88/12/0169).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht.

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.

Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen.

Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren, wiedergegebenen werden, und daran anschließend VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480 mwN; vgl. auch VwGH vom 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH vom 15.03.2006, Zl. 2006/18/0020; VwGH vom 25.04.2007, Zl. 2005/20/0300 und 2004/20/0100).

Für das BVwG ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz geändert hat.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0564, vom 24. August 2004, Zl. 2003/01/0431, mwN).

3.1.2. Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass er von den Angehörigen eines Mannes bedroht worden wäre, den sein Vater in alkoholisiertem Zustand getötet habe. Diese Fluchtgründe wurden seitens des BFA als unglaubwürdig erkannt.

Am 27.06.2019 stellte der Beschwerdeführer dann seinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Begründend gab der Beschwerdeführer an, dass er keine neuerlichen Fluchtgründe hätte und die Fluchtgründe gegenüber seinem ersten Verfahren gleichgeblieben seien. Wörtlich gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung am 27.06.2019 an, dass sich "nichts geändert" hätte und seine Asylgründe dieselben wären, die er damals schon angegeben habe. Damit behauptete der Beschwerdeführer bloß ein "Fortbestehen und Weiterwirken" (vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480) des schon im ersten Asylverfahren erstatteten und für unglaubwürdig erkannten Vorbringens und beabsichtigten im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung seiner mit Bescheid des BFA vom 06.02.2017 bereits rechtskräftig entschiedenen Antrags auf internationalen Schutz (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321). Gründe, die von der Einschätzung in dieser Entscheidung abweichen, sind nicht hervorgekommen.

3.1.3. Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Somalia, hier in die Stadt Mogadischu, zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei seiner Rückkehr in eine Situation geraten würden, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde.

Ausgehend davon, dass der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren angegeben hat, dass seine Eltern und Geschwister in Mogadischu leben würden und er im nunmehrigen Asylverfahren keine anderslautenden Angaben zum Aufenthalt seiner Familienangehörigen erstattet hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine diesbezüglich veränderte Situation in Bezug auf die in Somalia befindlichen Familienangehörigen des Beschwerdeführers Eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Mogadischu wäre daher angesichts der bestehenden familiären Anknüpfungspunkte naheliegend. Mogadischu besitzt einen Flughafen, ein Transitrisiko andere Gebiete Somalias zu durchstreifen, besteht somit nicht. Im Jahr 2015 hielt der EGMR eine Ausweisung nach Somalia für zulässig (vgl. EGMR 10.9.2015 R.H. gegen Schweden). Der Gerichtshof betrachtete die Situation in Somalia zwar als schwierig; in einer Gesamtschau erblickte er aber keine Verletzung des Artikel 3 EMRK. Im Verhältnis zum Jahr 2015 ist zusätzlich im Länderbericht sogar von einer Verbesserung der Situation in Mogadischu die Rede und zwar insbesondere im Sicherheitsbereich. Das Polizeiwesen funktioniere nun merkbar besser und das Polizeikontingent der AMISCOM ist sehr aktiv. Überdies ist der Beschwerdeführer jung und arbeitsfähig, sodass ihm die Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten und damit die Sicherung seines Lebensunterhaltes möglich und zumutbar ist. Er ist der Landessprache Somali mächtig und mit den kulturellen und religiösen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates hinreichend vertraut, da er den Großteil seines Lebens dort gelebt und gearbeitet hat. Es kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nach Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in keine aussichtslose Lage geraten und in der Lage sein wird seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nach der Fact Finding Mission 2017 ist die Situation in Mogadischu zumindest im Wesentlichen unverändert. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR ist daher von keinem Verstoß gegen das Refoulmentverbot auszugehen.

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Somalia herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Somalia entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Somalia reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028;).

Wie aus den Ausführungen des BFA zutreffend hervorgeht und auch in der gegenständlichen Beweiswürdigung dargelegt wurde, hat der Beschwerdeführer seinen zweiten Asylantrag auf behauptete Tatsachen gestützt, die - seinem eigenen Vorbringen zufolge - bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden haben.

Vor dem Hintergrund der vom BFA getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen im Herkunftsstaat kann auch nicht angenommen werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten wären, wonach der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, wonach in Somalia aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Somalia auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers für diesen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Eine Rückführung des Beschwerdeführers ist wie ausgeführt nach Mogadischu möglich und zumutbar.

Aus diesen Gründen lag schon nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Sachverhaltsänderung vor und das BFA hat im Ergebnis den zweiten Asylantrag des Beschwerdeführers zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt III., IV., und V. des angefochtenen Bescheides - Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Somalia:

3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

- die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

- der Grad der Integration,

- die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

- die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

- die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

- die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurden. Weder haben die Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

3.3.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten, sodass kein im Sinne der angeführten Bestimmungen schützenswertes Familienleben gegeben ist.

3.3.3. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen:

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des BVwG eindeutig zu Lasten des Beschwerdeführers aus und würde die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen:

Der Beschwerdeführer hält sich erst seit April 2015 in Österreich auf und reiste dieser nach Abschluss des ersten Asylverfahrens illegal nach Deutschland, von wo er am 12.11.2018 rücküberstellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist ausschließlich auf seine Anträge auf internationalen Schutz gestützt. Der Beschwerdeführer war sich von Anfang an seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst.

Auch der VfGH misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich wie bereits im rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 06.02.2017 ausgeführt, in den Jahren, seit er in Österreich lebt, keine Integrationsschritte gesetzt. Zu seinen seinen Gunsten ist jedoch zu werten, dass er strafrechtlich unbescholten ist. Weitere Schritte zur Integration, welche mit Unterlagen belegt werden hätten können, wurden weder im Erstverfahren noch im gegenständlichen Verfahren vorgelegt.

Der Beschwerdeführer verfügt nicht über eigene, den Lebensunterhalt deckende Mittel und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung, was sich aus einem aktuellen Auszug aus der GVS-Grundversorgung ergibt.

Es deutet nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat bei entsprechender Änderung seines Lebenswandels nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen hier die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des BF am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

3.3.4. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Da der Antrag des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen wurden, liegt weder ein Fall des § 8 Abs. 3a noch des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor. Der Beschwerdeführer gab nicht an, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

3.3.5. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des BVwG verneint (siehe oben).

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des BVwG verneint (siehe oben).

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den tragenden Gründen des gegenständlichen Erkenntnisses betreffend die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung nach Somalia im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Somalia nicht.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia ist daher zulässig.

3.3.6. Zu Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides (Erlassung eines Einreiseverbotes):

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot insoweit stattzugeben. Dies aus folgenden Erwägungen:

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdeführer sich als mittellos erweise sowie gegen fremdenrechtliche Bestimmung verstoßen habe, da er seiner Ausreiseverpflichtung infolge der ersten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen sei und aufgrund seines bisher gezeigte Verhaltens auf eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu schließen sei.

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn diese eingedenk des Verhaltens des Beschwerdeführers, insbesondere dessen Mittelosigkeit, den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG als verwirklicht ansieht.

Der Beschwerdeführer lebt nach wie vor in der staatlichen Grundversorgung. Im Ergebnis vermochte der Beschwerdeführer sohin nicht, den Besitz hinreichender Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot vorbehaltlich Abs.3 leg cit, für die Dauer von höchstens 5 Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 2 Z 6 FPG zu gelten, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Da der Beschwerdeführer dies nicht vermochte, ist jedenfalls der besagte Tatbestand erfüllt. Darüber hinaus hat sich der Beschwerdeführer jedoch auch der Verletzung von fremden- bzw. unionsrechtlichen Einreise und Aufenthaltsbestimmungen schuldig gemacht.

Vor dem Hintergrund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers kann sohin keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. So kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Verbleib (erneute Rückkehr) im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, oder in Ermangelung einer Arbeitserlaubnis der Schwarzarbeit nachgehen wird. (vgl. VwGH 09.11.2009, 2009/18/0392: hinsichtlich der bei Mittellosigkeit bestehenden Gefahr der Aufnahme einer unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit)

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz wirtschaftlicher Interessen Österreichs, als gegeben angenommen werden.

Der aufrechte unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, gepaart mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine Anstrengungen hinsichtlich der Legalisierung seines Aufenthaltes getätigt hat, lässt ein zukünftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers nicht annehmen.

Es ist daher - der belangten Behörde beitretend - im vorliegenden Fall von einer maßgeblichen Gefährdung öffentlicher Interessen, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische und unionsrechtliche Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint, auszugehen.

Eingedenk des Verhaltens des Beschwerdeführers, insbesondere jedoch des Fehlens einer tiefgreifenden Integration in Österreich, kann eine Abstandnahme von einem Einreiseverbot auch aus Gründen des Art 8 EMRK nicht gerechtfertigt werden.

Im gegenständlichen Fall erweist sich die Verhängung eines Einreiseverbotes sohin dem Grunde nach als zulässig.

Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit zwei Jahren als nicht angemessen:

Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG kann für die Dauer von höchstens 5 Jahren erlassen werden.

Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers ist jedenfalls öffentlichen Grundinteressen zuwidergelaufen.

Betrachtet man nun das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten und stellt es in Relation zu anderen, der Anzahl und dem Unrechtsgehalt nach massiveren Sachverhalten im Sinne des § 53 Abs. 2 FPG, so erweist sich die gewählte Dauer, welche eine Ausschöpfung von beinahe der 1/2 des dem BFA zustehenden Ermessens bedeutet, als zu lange. Es bliebe ferner in anderen, gravierenderen Fällen kein angemessener Spielraum mehr nach oben offen.

Die festgesetzte Dauer des Einreiseverbots von 2 Jahren steht daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts bei Abwägung aller dargelegten Umstände nicht in angemessener Relation. So erweist sich der Beschwerdeführer bis dato in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten. Allerdings erweist sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf weniger als 1 Jahr als nicht angemessen, zumal das persönliche Fehlverhalten des BF in nicht unbeachtlichen Verstößen gegen rechtliche Vorschriften bestand.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der auf Grund des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher spruchgemäß in angemessener Weise auf 1 Jahr herabzusetzen und der Beschwerde insoweit spruchgemäß stattzugeben.

3.4. Zu Spruchpunkt VIII. (Anordnung der Unterkunftnahme):

Der mit "Anordnung der Unterkunftnahme" betitelte § 15b AsylG lautet in seiner geltenden Fassung wie folgt:

"(1) Einem Asylwerber kann mittels Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) des Bundesamtes aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz aufgetragen werden, in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier durchgängig Unterkunft zu nehmen. Über die Verfahrensanordnung ist im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(2) Bei der Beurteilung, ob Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

1. Voraussetzungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 2 oder für eine Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 GVG-B 2005 vorliegen,

2. der Antrag auf internationalen Schutz sich auf einen Staat gemäß § 19 BFA-VG bezieht oder

3. vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine Rückkehrentscheidung gegen den Drittstaatsangehörigen rechtskräftig erlassen wurde.

(3) Bei der Beurteilung, ob aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz die Unterkunftnahme anzuordnen ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Asylwerber seinen Mitwirkungsverpflichtungen gemäß § 15 nachgekommen ist oder ob weitere Erhebungen zur Identität erforderlich sind.

(4) Die Anordnung der Unterkunftnahme gilt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz, solange dem Asylwerber das Quartier zur Verfügung gestellt wird, es sei denn, dem Asylwerber wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt oder ein Aufenthaltstitel nach dem 7. Hauptstück erteilt. Bezieht sich die Anordnung auf eine Betreuungseinrichtung des Bundes, so tritt sie mit Zuweisung des Asylwerbers an eine Betreuungsstelle eines Bundeslandes außer Kraft.

(5) Dem Asylwerber sind die Anordnung gemäß Abs. 1 und die Folgen einer allfälligen Missachtung nachweislich zur Kenntnis zu bringen."

Mit dem oben angeführten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides wurde festgestellt, dass der beschwerdeführenden Partei aufgetragen worden war, in dem im Bescheid näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen. Begründend führte die Behörde dazu aus, dass dies dem öffentlichen Interesse bzw. der öffentlichen Ordnung diene, da weitere Ermittlungen bezüglich deren Identität erforderlich wären und ein öffentliches Interesse an der raschen Bearbeitung der vorliegenden Verfahren bestünde.

Dazu wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine derartige Entscheidung nicht mit einer Freiheitsbeschränkung oder -entziehung verbunden ist, zumal sich der Asylwerber weiterhin im gesamten Bundesgebiet frei bewegen kann. Ebensowenig sind im gegenständlichen Verfahren Gründe ersichtlich, welche die Verhältnismäßigkeit dieser Anordnung -insbesondere im Lichte von Art. 8 EMRK - in Frage stellen, zumal der BF im Bundesgebiet über keinerlei familiären oder relevanten privaten Bindungen verfügt, vor deren Hintergrund eine Unterkunftnahme an dem vom Bundesamt verfügten Ort sich allenfalls im Konflikt mit deren (an einem anderen Ort des Bundesgebiets bestehenden) familiären oder privaten Interessen erweisen könnte. Entsprechendes hat der BF im Verfahren respektive in der Beschwerde auch nicht behauptet. Mit der vorliegenden Beschwerde wurde der Bescheid zwar vollinhaltlich angefochten, hinsichtlich der Beschwerdegründe für die Anordnung der Unterkunftnahme finden sich jedoch keine gesonderten Ausführungen.

Dass die erfolgte Anordnung der Unterkunftnahme nicht im Sinne des Gesetzes - welches in § 15b Abs. 2 Z 3 AsylG dezidiert von Fällen einer bereits vorliegenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung spricht - läge, oder dass die belangte Behörde diese gesetzliche Bestimmung zu Unrecht angewendet habe, wurde nicht moniert und ergeben sich dafür auch keine Anhaltspunkte im Akt. Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass diese Anordnung mit der rechtskräftigen Erledigung des Antrages auf internationalen Schutz zeitlich determiniert ist.

Unter diesen Aspekt ist der angefochtene Bescheid daher nicht zu beanstanden.

3.5. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht im Falle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG.

Ausgehend davon, dass die Beschwerde wegen des angefochtenen Bescheides, mit welcher der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.06.2019 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden war, seitens des Bundesverwaltungsgerichtes abgewiesen wurde, war demgemäß die Entscheidung des BFA, wonach keine Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer festgelegt wurde, nicht zu beanstanden.

3.6. Zum Entfall der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Ungeachtet eines entsprechenden Antrags kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung auch dann unterbleiben, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegenstehen:

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von- der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Gemäß Art. 47 Abs. 2 GRC hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht iSd Art. 52 Abs. 1 GRC ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch zulässig, weil sie eben - wie in der GRC normiert - gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Art. 47 Abs. 2 GRC verbürgten Rechts achtet. Die möglichst rasche Entscheidung über Asylanträge ist ein Ziel der Union, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa Erwägungsgrund 11 der Präambel der RL 2005/85/EG ). Das Absehen von einer Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die in § 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehene Einschränkung auch die im letzten Satz des Art. 52 Abs. 1 GRC normierte Voraussetzung (vgl. dazu auch VfGH 14.3.2012, U 466/11 ua.}.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 12 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten, und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

Der VfGH hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005JdF BGBl. I 100/2005, - also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG - unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSIg. 19.632/2012).

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, ZI. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar.

Die Beschwerde bringt keine neuen wesentlichen Aspekte vor.

Es hat sich auch in der Beschwerde - mit welcher die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht erschüttert bzw. substantiiert bekämpft werden konnte - kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern.

Der maßgebliche Sachverhalt war aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen.

Seit der Erhebung der Beschwerde haben sich keine wesentlichen Veränderungen der Lage in Somalia ergeben und sind auch keine Hinweise auf eine fortschreitende Integration des Beschwerdeführers während seines Aufenthalts in Österreich hervorgekommen, daher ist die gebotene Aktualität unverändert gegeben.

Auch sonst hat sich kein Hinweis ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern (vgl. dazu auch VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 26.6.2007, 2007/01/0479; 22.8.2007, 2005/01/0015).

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung nachgekommen und ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren vorangegangen.

Daher ergeben sich für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens aus der Sicht des BVwG keinerlei Anhaltspunkte, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und der Beschwerde konnten keine neuen Sachverhaltselemente entnommen werden, welche geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffenen Entscheidung in Frage zu stellen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des vwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die zitierte aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, in der jeweiligen Fassung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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