VwGH Ra 2018/14/0196

VwGHRa 2018/14/019631.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des A B in X, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in 4560 Kirchdorf an der Krems, Dr. Gaisbauer-Straße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. September 2018, Zl. W183 2191083- 1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1;
MRK Art2;
MRK Art3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140196.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 20. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er aus Angst vor der Al-Shabaab und aufgrund der schlechten Sicherheitslage geflüchtet sei.

2 Mit Bescheid vom 21. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Die Behörde erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

4 Das Bundesverwaltungsgericht setzte für 19. Juni 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Die Ladung wurde der Rechtsvertretung des Revisionswerbers mit Schreiben vom 24. Mai 2018 übermittelt. Schriftliche Stellungnahmen wurden dem Bundesverwaltungsgericht weder vom Revisionswerber noch von seiner Rechtsvertretung übermittelt.

5 Am 19. Juni 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, zu welcher sowohl der Revisionswerber als auch dessen Rechtsvertretung unentschuldigt nicht erschienen sind. Aus diesem Grund wurde die Verhandlung in deren Abwesenheit durchgeführt und in der Folge das angefochtene Erkenntnis erlassen.

6 Mit diesem wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

7 Die vorliegende außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend, dass in Mogadischu die allgemeine Gefahr für Zivilisten, Opfer von allfälligen Anschlägen zu werden, bestehe und das Bundesverwaltungsgericht dies zu Unrecht und in Abweichung zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als ernsthafte Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 eingestuft hätte. Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob das Risiko, bei allfälligen Anschlägen lediglich als Kollateralschaden einer Gefahr für das Leben oder die körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein, eine ernsthafte Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG darstelle. Zudem sei der Revisionswerber in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen vermag die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht darzutun. Wenn sie vermeint, das BVwG habe zu Unrecht allgemeine Gefahr für Zivilisten, Opfer von allfälligen Anschlägen zu werden, nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG eingestuft bzw. würde nähere Rechtsprechung dazu fehlen, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig ist, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 25.4.2017, Ra 2016/01/0307, mwN). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend.

12 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/20/0361). Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. dazu VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mit Hinweisen auf Rechtsprechung des EGMR und EuGH). Das Vorliegen derartiger Umstände vermag die Revision fallbezogen nicht darzutun.

13 Soweit der Revisionswerber rügt, er wäre in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, sind der Zulässigkeitsbegründung keinerlei Ausführungen zu entnehmen, worin diese Verletzung gelegen sei und inwieweit eine Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels vorliegen würde. Werden Verfahrensmängel - wie die Verletzung des Parteiengehörs - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0484, mwN).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2019

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