AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2181556.1.00
Spruch:
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 08.04.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Manfred Fuchsbichler, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2017, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.04.2019 zu Recht erkannt:
A.I.) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als das wider der BF erlassene Einreiseverbot behoben wird.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Manfred Fuchsbichler, gegen den des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.04.2019, beschlossen:
A.II) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Die beschwerdeführenden Partei (in weiterer Folge bP oder BF), ist Staatsangehöriger der Republik Georgien und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 29.03.2015 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Die männliche bP ist mit XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien (idF: F) verheiratet. Der Ehe entstammt das gemeinsame, in Österreich geborene Kind XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien (idF K).
F stellte gemeinsam mit der bP einen Antrag auf internationalen Schutz, für das K wurde am 28.05.2015 ein Antrag gestellt.
I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. der belangten Behörde brachte die bP im Wesentlichen vor, dass sie wegen ihrer politischen Betätigung für die Nationale Bewegung Übergriffen und einer Verfolgung in Georgien ausgesetzt gewesen sei.
Konkret gab die bP zum Fluchtgrund am 07.09.2017 vor der belangten Behörde an:
"A.: Am XXXX 2015 wurden meine Frau und ich überfallen. Am 21. war eine friedliche Demonstration bekannt gegeben worden, dass die Regierung weiter einen proeuropäischen Weg einschlägt und nicht einen prorussischen. Wir wurden von der Partei kontaktiert. Uns wurden Busse zur Verfügung gestellt von der Partei. Von meinem Dorf habe ich 60 Menschen mitgenommen, um unseren politischen Willen auszudrücken. Bei der Rückfahrt habe ich erwartet, dass ich überfallen werden würde, deswegen habe ich die anderen nach Hause geschickt mit dem Bus. Ich war mit dem eigenen Auto unterwegs und wir sind bei meiner Schwester geblieben. Da ich zuhause mehrmals bedrängt worden bin und bedroht wurde, habe ich grundsätzlich vermieden an Demonstrationen teilzunehmen. Da diese Demonstration friedlich angesagt war, die keine Rücktrittsforderungen beinhaltete, habe ich daran teilgenommen. Vorsichtshalber bin ich erst am 23.03 ungefähr um 22 Uhr zurückgefahren. Und als ich aus dem Auto ausgestiegen bin, ich wollte die die Einfahrt zum Gehöft öffnen, sind zwei Leute herausgesprungen. Sie haben Masken getragen und waren mit Gewehren bewaffnet, ein dritter war versteckt, er hatte die Anweisungen gegeben. Sie haben mir das Gewehr an den Kopf gehalten, mich an den Beinen und auf den Rücken geschlagen. Er hat ihnen zugerufen. Ich wurde aufgefordert, dass ich keinen Widerstand leisten und auf den Rücksitz des Autos gehen sollte. Ich habe ihnen gesagt, dass ich meine Frau dabei habe. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich vielleicht Widerstand geleistet, aber da meine Frau dabei war, musste ich sie beschützen. Ich sagte ihnen, sie sollten, ein anderes Mal kommen und mit mir sprechen, da meine schwangere Frau dabei war. Sie antworteten, Sie würden dafür sorgen, dass meine Frau sofort hier gebärt. Am Anfang dachte meine Frau, dass es die Polizei war. Als sie merkte, dass es nicht die Polizei war, hat sie die Türen verschlossen und angefangen zu schreien. Dass passierte innerhalb Sekunden, als sie in Richtung meiner Frau gegangen sind und mit den Füssen gegen die Türen geschlagen haben. Mit dem Gewehrkolben wollten sie auf die Tür einschlagen. In diesem Moment habe ich es geschafft, mich von dem zweiten befreit und mich sofort ins Auto gesetzt. Der mit dem Gewehr hat auf das Auto eingeschlagen und den Rückspiegel kaputt gemacht. Der hat gerufen, ich sollte mich nicht bewegen, sonst würde er schießen, da hat der dritte, versteckte den anderen zugerufen, wo sollte er den hin fliehen, wir werden ihn sowieso kriegen. Deswegen haben sie nicht geschossen, ansonsten hätten sie geschossen. Von hier sind wir direkt nach XXXX zu meinem Bruder geflohen. Ich weiß nicht genau, wer diese Männer waren, aber ich glaube, das waren die, die mich 2012 geschlagen haben und die mich vorgewarnt haben, dass ich prorussischen Kurs aufgeben und nach deren Anweisungen folgen sollte. Ich war für meine Gegnerschaft zum prorussischen Kurs bekannt, weil Russland unser Land okkupiert. Das 2012, am XXXX . Ich war in der Kirche. Die Leute haben gefeiert und ich habe ausgeholfen. Hier habe ich XXXX getroffen. Er steht nah an XXXX , einem russischen Oligarch, der früher XXXX war und der Opposition angehörte und der XXXX ist. XXXX führt eine mafiose Gruppe und XXXX ist ein Mitglied und eine mächtige Person in der Organisation und in der Partei "Georgischer Traum". Ich habe ihn zuvor nicht persönlich gekannt. Er hat gesagt, ich bin ein sehr guter junger Mann, der angesehen ist, dass bald das Ende der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" kommen wird. Die Partei erwarte eine Überraschung. Er sagte, ich sollte in seine Partei wechseln. Ich sollte seine Anweisungen befolgen und so würde ich Erfolg haben. Ich habe geantwortet. Dass ich meine Ideen und Prinzipien nicht verraten würde und dass XXXX von den Russen geschickt wurde und ich die Russen nie unterstützen würde. Das Gespräch ging in einen Streit über in dem er mich wörtlich beleidigte und angefangen hat mir zu drohen. Er hat gesagt, es würden die Russen sein, die mir einen Schläger in den Hintern stecken würden und nachdem ich ihn auch mit Worten beleidigt habe, sind wir auseinandergegangen. Wir haben uns gegenseitig beleidigt gehabt und er hat mir zusätzlich gedroht. Ich habe das eher seiner Trunkenheit zugeschrieben und es nicht ernst genommen und einfach weiter gemacht. Das war am XXXX . Im Oktober waren schon die Wahlen. Ich war Koordinator in meinem Dorf. Das was er mit der Überraschung gemeint hat. Kurz vor der Wahl wurden Videos veröffentlicht, in denen gezeigt wurde, wie angeblich unter der Partei Vereinte Nationale Bewegung die Häftlinge in den Gefängnissen mit Schlägern vergewaltigt wurden. Das hat dazu geführt, dass der Umgang mit den Menschen schwieriger geworden ist. Die neue Regierung Georgischer Traum hat die Häftlinge amnestiert und frei gelassen. Daher habe ich vermieden unter die Leute zugehen und war grundsätzlich zuhause, da die entlassenen Häftlinge sich aggressiv gegen Anhänger der Vereinten Nationalen Bewegung verhalten haben. Ich hatte kleinere Streitigkeiten mit gewissen Personen, die mich als gewalttätig bezeichneten und ich mied sie. Am XXXX 2012 ging ich zu meinem Nachbarn, als ein Auto angehalten hat. Es wurde mit Gewehren auf mich gezielt. Ich wurde gezwungen ins Auto einzusteigen. Es sah so aus, als hätten sie auf mich gewartet. Sie haben mich in den Wald gebracht, wo sie mir gesagt haben, dass XXXX mir einen schönen Gruß schicke. Sie sprachen russisch mit mir. 2 waren Georgier und 2 waren Russen. Als sie mich aus dem Auto geholt haben, haben sie mir hinter dem Rücken Handschellen angelegt. Sie haben mir eine Tüte über den Kopf gezogen und ich bin in Ohnmacht gefallen, weil ich wegen der Tüte keine Luft mehr bekam. Dann haben sie mich wieder zu Bewusstsein gebracht und mich geschlagen, bedroht, beleidigt und ausgelacht. Sie schlugen mich mit Gewehren und den Füßen. Den Gewehrkolben haben sie mir mehrmals auf den Kopf geschlagen, man kann es noch sehen und gegen die Wirbelsäule. Dann haben sie mich ausgezogen, ich hatte keine Kraft mehr und konnte mich nicht mehr wehren. Sie haben mir gesagt, sie würden mich nur dann lebendig lassen, wenn ich ihre Anweisungen befolgen würde. Und falls ich das Passierte öffentlich machen würde oder Klagen würde oder jemanden erzählen würde, würden sie mich umbringen und die Familie würde ausgerottet werden. Sie sagten auch, sie hätten Videos über mein Privatleben und würden es auch veröffentlichen. Einer sagt, wofür brauchen wir das, wir können gleich ein Video drehen. Dann haben sie mich mit einem Gummischläger vergewaltigt. Dabei haben sie mich ausgelacht und gefilmt. Ich war dabei an einem Baum festgebunden und konnte mich nicht wehren. Am Ende blieb ein Georgier, der sich entschuldigte und sagte, er hätte keine andere Wahl gehabt. Er sagte, ich wäre auf einer schwarzen Liste und ich sollte verschwinden, ansonsten würden sie mich nicht in Ruhe lassen. Er entschuldigte sich. Sie haben mich dort nackt gelassen. Das war ca. 1km von meinem Haus entfernt, daher konnte ich zurück. Das war in der Nacht und es war kalt. Meine Eltern waren zuhause. Damals war ich noch nicht verheiratet. Ich habe versucht es zu verheimlichen, aber ich habe am Kopf geblutet. Meine Eltern wollten Polizei und Krankenwagen rufen, aber ich habe es nicht zugelassen. Mein Bruder und meine Schwägerin kamen. Meine Schwägerin hatte auch eine Krankenschwesterausbildung. Sie hat mich zuhause behandelt und sie haben gefordert, es anzuzeigen, aber ich sagte, ich würde mich umbringen, wenn sie es sagen würden. Sie wissen bis heute nicht, dass das XXXX war, dass ich bedroht, unter Druck gesetzt und vergewaltigt wurde. Sie wussten nur, dass es politisch motiviert war und ich geschlagen wurde und ich eingeengt werden sollte. Ich habe nur gesagt, dass ich Betrunkene auf der Straße gesehen haben und die mich geschlagen haben. Mein Vater hat danach eine Herzinfarkt gehabt, aufgrund des Stresses und ist seitdem Invalide ersten Grades. Danach haben meine Probleme angefangen. Ich hatte Angst. Ich hatte Wahnvorstellungen. Ich war nervös und depressiv. Ich hatte Angst, dass sie die Videos veröffentlichen würden und war soweit, dass ich mich erhängen wollte. Als das mein Pfarrer erfahren hat, dass ich mich umbringen wollte, hat er mich ins Kloster XXXX im Wald von XXXX mitgenommen und mich dort versteckt, wo ich ein Jahr geblieben bin. Nach einem Jahr habe ich das Kloster verlassen, weil der Klostervorsteher XXXX gesagt hat, dass sie erfahren hätten, dass ich mich im Kloster versteckt habe und er keine Schwierigkeiten bekommen wollte. Mein Pfarrer XXXX hat zu mir gehalten, hatte auch deswegen mit Mönch XXXX kleine Unannehmlichkeiten und auch Probleme mit der regionalen Kirchenführung, weil ich ein Mann war, den er hingebracht hat. Sie hatten Probleme deswegen. Vater XXXX kommt auch bald nach Österreich, um mich zu besuchen. Einmal war er schon da und hat mich besucht. Ich wollte im Kloster bleiben, musste es aber verlassen, vielleicht haben sie erfahren dass ich vergewaltigt wurde. Ich führte dann ein ganz normales Leben weiter. Ich habe meine Frau kennengelernt, die Partei hat mich als Abgeordnetenkandidaten aufgestellt. Ich habe beschlossen wieder politisch aktiv zu werden. Ich dachte, es wäre schon alles vorbei und sie würden sich mit allem zufriedenstellen was war. Aber sie haben mich vor den Wahlen kontaktiert und gesagt ich müsse meine Kandidatur nicht zurückziehen aber nicht aktiv sein. Kurz vor den Wahlen habe ich geheiratet. Ich machte eine kurze Reise um die Aufmerksamkeit von mir wegzulenken. Auch die Partei merkte, dass ich ein doppeltes Spiel gespielt habe. Ich hätte die Wahlen gewinnen können, aber absichtlich nicht gewonnen. Das war im Juni 2014. Und als ich überfallen worden bin, als meine Frau schwanger war, das war am XXXX . Und am XXXX haben wir die Grenze überschritten.
F.: Haben Sie sich an die Parteiführung gewendet, um Hilfe gegen Ihre Widersacher zu bekommen?
A.: Nein. Ich habe Angst gehabt, dass sie mich und meine Familie umbringen würden.
F.: Verfassung und Gesetze garantieren eine unabhängige Justiz. Haben Sie die Rechtsverletzungen bei den zuständigen Behörden angezeigt (Staatsanwaltschaft/Gericht)?
A.: Nein. Ich konnte nicht. Ich hatte Angst. Ich habe bis heute Angst. Ich habe Angst, dass sie die Videos veröffentlichen würden. Ich schäme mich.
F.: Haben Sie von der Möglichkeit Ihres Rechts auf eine Zivilklage vor Gericht Gebrauch gemacht.
A.: Ich habe daran gedacht, aber ich konnte diese Angst nicht überwinden..
F.: Haben Sie von der Möglichkeit, sich an den georgischen Ombudsmann oder eine Non Government Organisation (z.B. UNHCR, Georgian Young Lawyers' Association, etc.) zu wenden, Gebrauch gemacht.
A.: Nein.
F.: Haben Sie von Ihrem Recht beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihr Recht einzuklagen Gebrauch gemacht.
A.: Nein. Ich spreche darüber erstmals.
F.: Haben Sie versucht, Unterstützung bei den Medien (Zeitung, Radio, Fernsehen, Internet) zu bekommen.
A.: Nein."
F und K beriefen sich auf die Gründe der bP und auf den gemeinsamen Familienverband.
Die bP legte einen Kurzbericht von Fr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie vom 13.09.2017 vor und gab in der Einvernahme an, psychische Probleme zu haben, woraufhin ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Neurologie mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt wurde. Das Gutachten langte am 08.11.2017 bei der Behörde ein. Lt. Gutachten liegt keine chronische posttraumatische Belastungsstörung nach ICD 10 vor. Im neurologischen Status zeigt sich ein unauffälliger Befund, im psychiatrischen konnte zum Untersuchungszeitpunkt eine euthyme (ausgeglichene) Stimmungslage erhoben werden. Antrieb und Affekte sind unauffällig. Im Falle einer Überstellung nach Georgien ist eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Falle der Wunsch in Österreich bleiben zu dürfen, nicht erfüllt werden würde. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Falle einer Überstellung nicht die reale Gefahr, dass die Verfahrenspartei aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit sich in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte, zumal sich unter laufender medikamentöser Therapie das Krankheitsbild derart gebessert hat, dass eine Remission der Erkrankung feststellbar ist. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sind auch keine spezifisch medizinischen Maßnahmen einer Überstellung nach Georgien erforderlich.
Vorgelegt wurde von de bP und K sowie F:
o Geburtsurkunde und Meldezettel bP 3
o Heiratsurkunde
o Unterstützungsschreiben Bürgermeister Wohngemeinde
o Unterstützungsschreiben Spielgruppe
o Unterstützungsschreiben Nachbarn und Freunde
o Unterstützungsschreiben Pfarre der Wohngemeinde
o Unterstützungsschreiben Arbeitgeberin bP 2
o Unterstützungsschreiben "Netzwerk zur ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe"
o Mehrere Unterstützungsschreiben von Privatpersonen
o Unterschriftenliste
o AMS Beschäftigungsbewilligungsbescheid
o Mitgliedsausweis der bP 1 bei der Partei "Nationale Bewegung"
o Bestätigung, dass bP 1 regionaler Kandidat für die "Nationale Bewegung" gewesen ist
o Kopie eines Zertifikats des XXXX .
o Personalausweis bP 2 und bP 1
o Ausbildungsnachweise bP 2 und bP 1
I.3. Die Anträge der bP, von K und F auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Den Beschwerden wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.
Gemäß § 53 FPG wurde in Bezug auf bP und F ein Einreiseverbot für die Dauer von 5Jahren erlassen.
In Bezug auf sämtliche Familienmitglieder wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid hinsichtlich der Schutzgewährung erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.
I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP):
‚Sie haben keine Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftslandes vorgebracht, die erkennen lassen, dass Sie in Georgien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliegen.
Ihrem Vorbringen, Sie hätten Probleme mit Mitgliedern der Partei "Georgischer Traum" aufgrund Ihrer Parteizugehörigkeit zur Partei "Vereinte Nationale Bewegung", wird seitens der Behörde insofern entgegengetreten, als es sich bei der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" um eine sich derzeit in Opposition befindliche in Georgien anerkannte Partei handelt. Bei Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat mit einem funktionierenden Rechts- und Justizsystem.
Ihre politische Tätigkeit bei der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" und in der Wahlkommission wird aufgrund der vorgelegten Unterlagen außer Streit gestellt.
Soweit Sie angegeben haben, Sie wären 2012 entführt, geschlagen, vergewaltigt und mit dem Umbringen bedroht worden, wird seitens der Behörden kein Glauben geschenkt, hätte doch jeder, mit Vernunft begabte Mensch, gerichtlich strafbare Handlungen, bei den zuständigen Behörden zur Anzeige gebracht, einerseits um zu seinem Recht zu kommen, andererseits um die Täter der gerechten Bestrafung zukommen zu lassen und weitere Verbrechen zu verhindern. Für eine angehende politische Führungskraft mit dem Bestreben Verantwortung zu übernehmen, Dinge zum Besseren zu verändern, Vorbild zu sein, ist das in noch höherem Ausmaß erwartbar. Sie haben jedoch jedwede Schritte unterlassen, dass die Straftäter durch den georgischen Staat, welcher schutzwillig und auch schutzfähig ist, der gerechten Bestrafung zugeführt werden können, weswegen der von Ihnen vorgebrachten Redlichkeit kein Glauben geschenkt wird. Hat doch das von Ihnen vorgebrachte Verhalten letztendlich zur von Ihnen behaupteten späteren Eskalation beigetragen.
In den von Ihnen gemachten Aussagen im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt ergeben sich vor allem Widersprüche zu den von Ihrer Gattin in deren Einvernahme gemachten Aussagen. So gab Ihre Gattin zu Protokoll, sie wären zwei Mal von der Polizei abgeholt worden, während Sie, obwohl Ihre Schilderung sehr ausführlich war, dies, als Sie zu Ihrem Fluchtgrund befragt wurden nicht erwähnten. Erst gegen Ende der Befragung, auf die Frage ob es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, erwähnten Sie kurz Vorfälle mit der Polizei, die sie als unbedeutend abgetan haben.
Zum angeblichen Vorfall vom XXXX 2015 im Anschluss an eine friedliche Demonstration, gaben Sie an, Sie wären von Männern vor Ihrer Hofeinfahrt, als Sie ausgestiegen sind um das Tor zu öffnen, überfallen worden. Es wäre Ihnen das Gewehr an den Kopf gehalten und Sie an Beinen und Rücken geschlagen worden. Auch gaben Sie an, Ihre Gattin dachte zuerst, es wäre die Polizei. Die Männer hätten mit den Füßen gegen die Türe geschlagen und versucht mit den Gewehrkolben, die Türe eingeschlagen. Sie hätten es geschafft, sich zu befreien, wären in den Wagen eingestiegen und davongefahren. Dabei hätte "der mit dem Gewehr" auf das Auto eingeschlagen und den Rückspiegel kaputt gemacht. Beim Wegfahren wäre dann nicht auf Sie geschossen worden, weil der versteckte dritte Mann angeblich den anderen beiden zugerufen hätte, "wo sollte er den hin fliehen, wir werden ihn sowieso kriegen". Bei dem von Ihnen detailreich geschilderten Vorfall muss es sich um ein für Sie sehr
Den Angaben Ihrer Gattin zum Vorfall vom XXXX 2015 zufolge, haben Sie mit den Männern gesprochen und das Gespräch wäre mit fortlaufender Dauer lauter geworden und in einen Streit übergegangen. Zu keinem Zeitpunkt erwähnte Ihre Gattin, dass diese, wie von Ihnen behauptet, angenommen hätte, es wären Polizisten gewesen. Offensichtlich war dieser Vorfall für Ihre Gattin weit weniger einschneidend, als für Sie. Ihre Gattin hätte, deren Aussagen zufolge, nie Probleme mit irgendjemand gehabt und wäre ausschließlich wegen Ihrer angeblichen Probleme mit Ihnen mitgeflüchtet. Zu keinem Zeitpunkt erwähnte Ihre Gattin, dass die Männer bewaffnet gewesen wären, Ihnen ein Gewehr an den Kopf gehalten oder Sie gar geschlagen hätten. Auch davon, dass die Männer gegen das Auto getreten, mit den Gewehrkolben dagegen geschlagen und den Rückspiegel kaputt gemacht hätten, hat Ihre Gattin, obwohl vom verfahrensführenden Referenten detailliert nachgefragt, nichts erwähnt. Im Gegenteil sagte Ihre Gattin aus, "Sie haben sich nicht geschlagen, aber sie haben laut gesprochen", und weiters, "Sie haben gestikuliert, sie haben sich nicht geschlagen und sie haben
gesprochen. ... Wir sind geradeaus weggefahren, haben eine Runde
gemacht und sind nach XXXX gefahren. Als mein Mann das Auto gestartet hat, sind sie auf die Seite gegangen und wir sind weggefahren. Wir mussten dann nicht mehr an ihnen vorbeifahren und was die Männer dann gemacht haben, weiß ich nicht."
Auch gab Ihre Gattin an, Sie hätten schon früher erwähnt, Sie müssten das Land verlassen, Ihre Gattin hätte dem jedoch nicht zugestimmt, weil sie schwanger gewesen wäre. Offensichtlich beurteilten Sie bis zu jenem XXXX 2015 Ihre Gesamtsituation in Georgien als nicht fluchtrelevant, hätten Sie doch sonst schon früher die Flucht angetreten. Das heißt , auch den von Ihnen behaupteten, von der Behörde nicht geglaubten, Vorfällen, vor oben angeführtem Datum, maßen Sie selbst nicht die Schwere zu, die für Sie ein Verlassen des Herkunftsstaates notwendig gemacht hätten.
Eine Verfolgung aus politischen Gründen sowie die beiden behaupteten Übergriffe werden behördenseitig als unglaubwürdig beurteilt, weil:
* einem derartig einschneidenden Erlebnis wie einer Bedrohung mit einer Waffe beim Vorfall vom XXXX 2015 davon auszugehen ist, dass dieser Übergriff konsistent geschildert werden kann, von Ihrer Gattin jedoch mit keinem Wort erwähnt wird, ebensowenig wie das Treten oder Schlagen mit einer Waffe gegen das Fahrzeug, bzw. die Demolierung eines Rückspiegels. Es ist unmöglich, dass eine derartige Eskalation von Ihrer Gattin nicht hätte wahrgenommen werden können.
* die zweimalige Abholung durch die Polizei für Ihre Gattin, der taxativ zweitwichtigste Vorfall war, während Sie diesen als unbedeutend abgetan haben.
* Sie den Vorfall von 2012, obwohl er in einer Vergewaltigung und der Androhung Ihrer Tötung und "Vernichtung Ihrer Familie" geendet haben soll, bei der Erstbefragung, der erhöhte Glaubhaftigkeit zukommt, nicht erwähnt haben. Auch bei der Einvernahme vor dem Bundesamt haben Sie diesen Vorfall, jenem vom XXXX 2015 nachgereiht, was behördenseitig als für Sie geringeres Übel beurteilt wird. Haben Sich doch nach dem Vorfall von 2012 noch nicht an Flucht gedacht. Auch gaben Sie bei der Erstbefragung vor Organen der Sicherheitsbehörden zu Protokoll, Sie hätten schon vor den Wahlen 2014 Probleme gehabt, aber nachher begannen die Ernsten Probleme. Also waren die Vorfälle von 2012 keine für Sie ernsten.
Aufgrund oben angeführter Ausführungen kommt das Bundesamt kommt zu dem Schluss, dass Sie die von Ihnen erst in der Einvernahme vor dem Bundesamt vorgebrachten angeblichen Fluchtgründe von 2012, um eine unglaubhafte Steigerung der ursprünglichen Fluchtgründe handelt.
* Sie im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben haben, Sie hätten Angst und Wahnvorstellungen gehabt, wären nervös und depressiv gewesen, was sich auch im neurologisch-psychiatrischen Gutachten widerspiegelt.
* Sie zu keinem Zeitpunkt daran gedacht haben, die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des georgischen Staates wirksam werden zu lassen.
Sie haben keinerlei Schritte (zum Beispiel: Sicherheitsbehörden, Justiz, Ombudsmannes, Antikorruptionsbehörden, NGO) in Ihrem Herkunftsstaat unternommen, um zu Ihrem Recht zu kommen. Wie aus den Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland entnommen werden kann, wären die Sicherheitsbehörden Georgiens willens und fähig, Ihnen Schutz zu gewähren. Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die von Ihnen geschilderten Übergriffe in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Ihrem Herkunftsstaat Behörden, welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben.
Ihr Fluchtweg ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass es Ihnen nicht um Schutz vor Verfolgung gegangen ist. Sie sind über die Türkei, Griechenland und Italien eingereist und wären bereist in diesen Ländern vor Verfolgung sicher gewesen. Sie gaben an, die Türkei wäre für Sie irrelevant gewesen, weil Sie es nicht als demokratisches Land anerkennen würden. Bei einer asylrelevanten Flucht ist es völlig unerheblich, ob der Schutzsuchende ein Land als demokratisch anerkennt oder nicht. Es hat rein der Schutz vor Verfolgung im Vordergrund zu stehen. Davon abgesehen ist die Türkei eine parlamentarische Republik, deren rechtliche Grundlage auf der Verfassung von 1982 basiert. Dass Sie nicht gewusst haben, dass Sie in Griechenland oder Italien sind, wird Ihnen nicht geglaubt, konnten Sie doch bei der Erstbefragung vor den Sicherheitsbehörden eine Fähre von Griechenland nach Italien benennen und wussten, dass Sie in Mailand waren. Es ist Ihnen also nicht in erster Linie um Flucht vor Verfolgung gegangen, sondern darum, in ein Land mit hohen sozialen Standards zu reisen.
Es konnte keine asylrelevante Verfolgung iSd Gründe der GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, festgestellt werden.'
In Bezug auf K und F wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.
I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgientraf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.
I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 [1] 1 BFA-VG).
I.4. Gegen die Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Niederschrift mangelhaft protokoliert bzw. unpräzise Übersetzt worden sei und wurden diverse Beispiele hierfür angeführt. Es wären eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie Beweiswürdigung erfolgt.
I.5. Nach Einlangen der Beschwerdeakte (am 04.01.2018 an der Außenstelle Linz) wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist (§ 18 Abs. 5 BFA-VG).
I.6. Am 22.01.2018 wurden von der bB die Kopien der Heimreisezertifikate vorgelegt.
I.7 Am 01.02.2018 wurde ein Schreiben der Freiwilligen Feuerwehr der Wohngemeinde der bP vorgelegt.
I.8. Am 13.02.2018 wurde eine Stellungnahme zur Integration der bP eingebracht.
I.9. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 15-02-2018 wurden die Beschwerden der Familienmitglieder mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Einreiseverbote auf 1 Jahr herabgesetzt werden.
Die bP waren zu diesem Zeitpunkt im Katholischen Pfarramt ihrer Aufenthaltsgemeinde gemeldet. Dennoch konnte weder das Erkenntnisse zugestellt, noch die bP aufgrund des Festnahmeauftrages festgenommen werden. In der Wohnung wurden am 17.02.2019 von der Polizei nur die F und K angetroffen, welche angaben, dass die bP seit dem Vorabend unbekannten Aufenthalts sei. Die Zustellung an die bP erfolgte daher durch Hinterlegung im Akt. K und F wurden festgenommen und am XXXX 2018 nach Georgien abgeschoben. In der Folge wurden auch die Erkenntnisse hinsichtlich F und K durch Hinterlegung zugestellt.
Mit 13.03.2019 wurden F und K wiederum in Österreich an derselben Meldeadresse im Pfarramt angemeldet.
I.10. Mit Beschluss des VfGH vom 22.03.2018 wurde der von der bP erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
I.11. Mit Schreiben vom 30.04.2018 wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die bP übermittelt.
I.12. Mit Beschluss des VfGH (Verfassungsgerichtshof) vom 11.06.2018 wurde die Behandlung der Beschwerde der bP abgelehnt. Mit Beschluss vom 26.06.2018 wurde die Sache dem VwGH (Verwaltungsgerichtshof) abgetreten.
I.13. Mit Beschluss des VwGH vom 11.09.2018 wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der bP stattgegeben. Ausgeführt wurde, dass den Ausführungen des BFA in der Stellungnahme nicht gefolgt werden könne, wonach die bP kein Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens habe. Dies da die bP 1 von 17.02. bis 03.04.2018 keine Meldeadresse gehabt habe und damit bereits einmal eine Abschiebung verhinderte und letztlich auch die Gefahr bestehe, dass sie die für 16.09. geplante Abschiebung wieder verhindert, was durch die frustrierten Abschiebekosten die wirtschaftlichen Interessen Österreichs beeinträchtige.
I.14. Mit Erkenntnis des VwGH vom 06.11.2018, Zl. Ra 2018/18/0450-7 wurde das angefochtene Erkenntnis des BVwG vom 15.02.2018 wegen Verletzung der Verhandlungspflicht hinsichtlich der bP aufgehoben. Mangels Beschwerde sind die Erkenntnisse des BVwG vom 15.02.2018 hinsichtlich F und K in Rechtskraft erwachsen.
I.15. Mit 25.03.2019 wurde das aktuelle Bevollmächtigungsverhältnis angezeigt.
I.16. Für den 08.04.2019 lud das erkennende Gericht zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde - in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.
Die bP wurde zum Vorbringen einvernommen. Die F gab als Zeugin an, keine Angaben zu ihren Wahrnehmungen machen zu wollen bzw. sich nicht erinnern zu wollen. Vorgelegt wurden in der Verhandlung Arbeitsbescheinigungen, Feuerwehrbestätigungen samt Fotos und Unterschriftenliste, Reisepässe der Familienmitglieder, Versicherungsdatenauszug, Dienstvertrag, Empfehlungsschreiben, Unterlagen zu K und F, polizeiliches Führungszeugnis aus Georgien und Unterlagen zu Deutschkursen
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.
Die Beschwerde der bP wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass das Einreiseverbot zu beheben war. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.
Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde dem Behördenvertreter, der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.
I.17.Mit Schreiben vom 12.04.2019 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien
Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.
Die bP ist ein junger, grundsätzlich gesunder, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage. Die bP litt an einer, unter medikamentöser Therapie remittierenden, Anpassungsstörung sowie an Bluthochdruck. Aktuell nimmt sie keine Medikamente ein und steht in keiner Behandlung.
Die bP wurde in XXXX geboren und hat dort - mit der Unterbrechung eines Aufenthalts in XXXX zwischen 2010 bis 2012 - bis zur Ausreise gelebt.
F lebt sowie K seit März 2019 wieder in Österreich und waren sie zuvor knapp ein Jahr nach ihrer Abschiebung in Georgien aufhältig. Die Familienmitglieder leben in einem Haushalt.
Die F hat nach Absolvierung der Grundschule die Universität besucht und unmittelbar vor ihrer Ausreise ihren Abschluss gemacht. Während des Studiums (Sprachen) hat sie ein Praktikum an einer Schule gemacht.
Die bP hat nach der Grundschule die Universität (Landwirtschaft) besucht, diese aber nicht abgeschlossen und vor der Ausreise eine Landwirtschaft betrieben. Die Weinberge besitzt sie nach wie vor. Davor hat sie selbstständig ein Cafe geführt. Sie ist Mitglied der Nationalen Bewegung und hat für diese Partei bei regionalen Wahlen als Kandidat agiert.
Die Eltern, eine Schwester, ein Bruder, die Großmutter und Onkel und Tanten der Ehegattin der bP sowie die Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern der bP leben nach wie vor in Georgien. Sie gehen diversen Beschäftigungen nach, der Vater der F hat eine Straßenbaufirma, die Schwester ist Kardiologin, ein Bruder betreibt ein Transportunternehmen. Der Bruder der bP betreibt ein Hotel, eine Schwester führt einen Kindergarten, eine Schwester ist Hausfrau. Weitere Verwandte leben in Georgien. Die bP hat Kontakt mit ihren Verwandten.
Die bP hat über K und F hinausgehend in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich die bP seit 4 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie lebte die überwiegende Zeit von der Grundversorgung und hat geringfügige Deutschkenntnisse. Von 05.05.2017 bis 30.10.2017, von 02.05.2018 bis 31.10.2018 und von 26.02.2019 bis 08.03.2019 ging sie einer Beschäftigung nach. Seit 14.03.2019 ist sie als selbstständiger Paketzusteller gemeldet. Die bP hat den A1 Kurs abgeschlossen, den A2 Kurs sowie weitere Deutschkurse besucht. Die bP ist strafrechtlich unbescholten. Die bP arbeitete saisonal als Küchenhilfe und ist Mitglied bei der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr. K besucht eine Spielgruppe.
K und F reisten erst im März 2019 mittels Touristenvisum samt neuem Reisepass nach ihrer Abschiebung im Februar 2018 wieder in Österreich ein. Sie verfügen über kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Auch für die bP liegt ein am 12.12.2018 ausgestellter Reisepass, gültig bis 2028 vor. Die Familie lebt im Pfarrhof und wird insbesondere vom Pfarrgemeinderat betreut.
Die Identität der bP steht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.
Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage
Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in XXXX und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).
Quellen:
* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl:
Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html , Zugriff 11.12.2018
* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin,
https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html , Zugriff 11.12.2018
* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true , Zugriff 11.12.2018
* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen -
derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec , Zugriff 11.12.2018
KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).
Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden XXXX genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).
Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).
Quellen:
* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788 , Zugriff 25.6.2018
* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister , Zugriff 25.6.2018
* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html , Zugriff 25.6.2018
Politische Lage
Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).
Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).
Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).
Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).
Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).
Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt XXXX (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).
Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von XXXX , dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von XXXX sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).
Quellen:
* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622 , Zugriff 26.3.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf , Zugriff 9.4.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 26.3.2018
* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,
http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true , Zugriff 26.3.2018
* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):
Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,
http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true , Zugriff 26.3.2018
* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018
* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html , Zugriff 26.3.2018
* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians
In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html , Zugriff 26.3.2018
* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,
http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt , Zugriff 26.3.2018
* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,
http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html , Zugriff 26.3.2018
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).
Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).
Bei einem Anti-Terroreinsatz in XXXX sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in XXXX drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):
Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).
Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0 , Zugriff 6.6.2018
* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search , Zugriff 12.4.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf , Zugriff 9.4.2018
* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html , Zugriff 6.6.2018
* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal , Zugriff 9.4.2018
* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/ , Zugriff 12.4.2018
* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/ , Zugriff 9.4.2018
* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in XXXX ,
https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-XXXX , Zugriff 9.4.2018
Rechtsschutz / Justizwesen
Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von XXXX vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).
Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von XXXX eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).
Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).
Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in XXXX zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in XXXX eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html , Zugriff 17.4.2018
* Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/ , Zugriff 7.6.2018
* Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789 , Zugriff 7.6.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf , Zugriff 9.4.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 17.4.2018
* JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350 , Zugriff 7.6.2018
* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html , Zugriff 7.6.2018
Sicherheitsbehörden
Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).
Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).
Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungs- und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die nationale und internationale Aufmerksamkeit für Straflosigkeit hat zugenommen (USDOS 20.4.2018).
Georgien verfügt nicht über einen wirksamen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden. Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, führen sie häufig zu Anklagen, die geringere, unangemessene Sanktionen wie Amtsmissbrauch nach sich ziehen und selten zu Verurteilungen führen. Die Behörden weigern sich oft, denen, die Missbrauch vorwerfen, einen Opferstatus zu gewähren, und nehmen ihnen die Möglichkeit, die Ermittlungsakten einzusehen (HRW 18.1.2018).
Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte blieb bestehen, während die Regierung weiterhin einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus versprach, aber nicht einführte. Im Juni 2017 schlug die Regierung statt eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus eine neue Abteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft vor, die den mutmaßlichen Missbrauch durch Strafverfolgungsbeamte untersuchen sollte (AI 22.2.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html , Zugriff 18.4.2018
* Eurasianet (5.7.2017): Georgia: Are the Police Backsliding? https://eurasianet.org/s/georgia-are-the-police-backsliding , Zugriff 18.4.2018
* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html , Zugriff 17.4.2018
* NDI/CRRC - National Democratic Institute/Caucasus Research Resource Centers (4.2017): Public attitudes in Georgia Results of a April 2017 survey carried out for NDI by CRRC Georgia, https://www.ndi.org/sites/default/files/NDI_April_2017_political Presentation_ENG_version final.pdf, Zugriff 18.4.2018
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html , Zugriff 23.5.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 11.12.2017).
Die Analyse der vom Amt des Chefanklägers Georgiens erhaltenen Informationen zeigt, dass die Untersuchung anhängiger Strafverfahren mit Vorfällen angeblicher Misshandlung verzögert und unwirksam ist. Dennoch haben die Behörden keine positiven Anstrengungen unternommen, um einen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch Strafverfolgungsbeamte einzurichten. Nach den Zehnmonatsdaten von 2017 ist im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Beschwerden wegen angeblicher Misshandlungen durch Polizeibeamte während und/oder nach Verhaftungen gestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich allerdings die Einschätzung von Vorfällen angeblicher Misshandlung verbessert (PD 10.12.2017).
Seit November 2016 erhielt die Georgian Young Lawyers' Association (GYLA) mindestens 20 Beschwerden wegen Folter und Misshandlung durch die Polizei und fünf durch das Gefängnispersonal. Laut GYLA haben die Behörden die Vorwürfe nicht wirksam untersucht (HRW 18.1.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html , Zugriff 6.6.2018
* PD - The Public Defender of Georgia (10.12.2017): 10 December Report on the Situation of the Protection of Human Rights and Freedoms in Georgia,
http://www.ombudsman.ge/uploads/other/4/4957.pdf , Zugriff 18.4.2018
Korruption
Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).
Insgesamt ist es dem Land gelungen, die Korruption zu reduzieren. Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).
Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).
Am 26.9.2017 verabschiedete die Regierung eine überarbeitete nationale Antikorruptionsstrategie und einen neuen Anti-Korruptions-Aktionsplan für 2017-2018. Seit Januar 2017 hat Georgien ein Überwachungssystem für Vermögenserklärungen von Amtsträgern eingeführt (EC 9.11.2017).
Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2017" auf Rang 46 (2016: 44 von 176 Ländern) von 180 Ländern (25.1.2017).
Quellen:
* CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://www.coe.int/en/web/tbilisi/-/georgia-should-continue-reforms-to-prevent-corruption-among-parliamentarians-judges-and-prosecutors-says-new-council-of-europe-report , Zugriff 18.4.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf , Zugriff 19.4.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 18.4.2018
* GAN - The Business Anti-Corruption Portal (8.2017): Georgia Corruption Report,
https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/georgia , Zugriff 18.4.2018
* TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/GEO , Zugriff 18.4.2018
NGOs und Menschrechtsaktivisten
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, und können in Einzelfragen auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben (AA 11.12.2017).
Ein wachsendes Netzwerk sog. "Watchdog"-NGOs hat seine Leistungsfähigkeit gesteigert, damit Bürgerrechte mittels Kampagnen vertreten werden. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung (BTI 1.2018, vgl. FH 1.2018).
Trotz der Schwäche der NGOs in Bezug auf die Zahl der Mitglieder und der Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen spielten sie eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der staatlichen Politik und der Aufsicht. Über die von der EU unterstützte Nationale Plattform des Forums der Zivilgesellschaft haben die NGOs die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene zu äußern (BTI 1.2018).
Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden, berichten andere, dass sie unter Druck stehen, vor allem in Form von öffentlicher Kritik von Regierungsbeamten aber auch seitens der Opposition (FH 1.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2018), BTI 2018 - Georgia Country Report,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Georgia.pdf , Zugriff 19.4.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 19.4.2018
Ombudsperson
Die georgische Ombudsperson ist eine Verfassungsinstitution, welche den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten innerhalb der Jurisdiktion überwacht. Die Ombudsperson stellt Verletzungen der Menschenrechte fest und trägt zu deren Wiederherstellung bei. Die Ombudsperson ist unabhängig in seinen Aktivitäten und gehört zu keiner Regierungsstelle. Sie überwacht die staatlichen Stellen, die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften, öffentliche Institutionen und Offizielle. Die Ombudsperson untersucht Menschenrechtsverletzungen sowohl auf der Basis eigener Initiative als auch infolge von erhaltenen Ansuchen. Sie unterbreitet Vorschläge und Empfehlungen in Bezug auf die Gesetzgebung und Gesetzesvorlagen aber auch in Richtung öffentlicher Institutionen aller Ebenen in Hinblick auf Menschen- und Grundrechtsfragen. Sie erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).
Mit der Ombudsperson für Menschenrechte, aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über eigene Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten, Missstände und individuelle Beschwerdefälle zu untersuchen die Ergebnisse zu veröffentlichen und Empfehlungen an Regierungsbehörden zu geben (AA 11.12.2017).
NGOs zeigten sich 2017 infolge diskreditierender Erklärungen gegen die Ombudsperson [zum damaligen Zeitpunkt Ucha Nanuashvili] und die Ombudsmannstelle besorgt, die von den Vertretern der Legislative, Exekutive und Judikative, darunter hochrangige Regierungsbeamte, abgegeben wurden. In diesen Stellungnahmen reagierten letztere vor allem auf die Untersuchungsergebnisse der Ombudsperson im so genannten Cyanid-Fall. In ihrem Bericht hat die Ombudsperon auf die gravierenden Verfahrensmängel hingewiesen (Humanrights.ge 17.11.2017).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* Humanrights.ge (17.11.2017): Statement of NGOs about the Discrediting Campaign against the Constitutional Institute of Public Defender,
http://www.humanrights.ge/index.php?a=main&pid=19389&lang=eng , Zugriff 23.5.2018
* PD - Public Defender of Georgia (2014): Mandate, http://www.ombudsman.ge/en/public-defender/mandati , Zugriff 19.4.2018
Allgemeine Menschenrechtslage
Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln (Artikel 14 ff.) postuliert. Mit dem Ombudsmann für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten zur Untersuchung von Vorgängen, greifen viele Themen auf und sind öffentlich sehr präsent. Mit Reformen haben in den letzten Jahren auch Staatsanwaltschaft und Gerichte in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat zunehmend beachtet und gestärkt. Gesellschaftlich sind diese Rechte aber noch nicht weit genug akzeptiert, so dass Minderheiten und Andersdenkende in der Gesellschaft mit faktischer Benachteiligung rechnen müssen. Vereinzelt kommt es auch zu gewalttätigen Handlungen. Der vom Parlament eingesetzte Ombudsmann ist jedoch sehr aktiv. Er greift Einzelfälle auf und spricht Missstände aller Art regelmäßig öffentlich an (AA 10.12.2017).
Während des gesamten Jahres 2017 waren Fälle von Misshandlungen von Bürgern durch Polizeibeamte und die Untersuchung dieser Vorkommnisse die größten Herausforderungen. Auch die Rechte schutzbedürftiger Gruppen wurden verletzt. Diesbezügliche Fälle wurden nicht wirksam untersucht. Ungeachtet der bedeutenden Änderungen in der Gesetzgebung bestehen nach wie vor wichtige Herausforderungen in Bezug auf die Identifizierung und Prävention von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Menschenrechtsverletzungen gegen religiöse Minderheiten und LGBTQ-Personen auch im Jahr 2017 unzureichend untersucht. Die verschiedenen Gewalttaten gegen diese Gruppen bleiben ungestraft, was im Widerspruch zu der positiven Verpflichtung Georgiens steht, einen angemessenen Schutz und die Sicherheit von Minderheiten zu gewährleisten. Der von den Regierungsvertretern angeblich ausgeübte Druck auf die Medien setzte sich auch im Jahr 2017 fort. Ein unabhängiger Ermittlungsmechanismus zur Untersuchung von Straftaten der Strafverfolgungsbehörden wurde auch im Jahr 2017 nicht geschaffen (HRC 2018).
Im Jahr 2017 ist die Zahl der durch religiöse Intoleranz motivierten Gewalttaten zurückgegangen, was auf eine rückläufige Tendenz bei ähnlichen Verbrechen hindeutet. Das Problem ist jedoch nicht gelöst, nämlich die Untersuchung der Fälle aus den Vorjahren ist größtenteils anhängig. Im Berichtszeitraum [2017] haben die Behörden friedliche Versammlungen nicht gestört und keine unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstranten angewandt. 2017 hat die Verfassungskommission ihre Arbeit abgeschlossen, wobei sie es versäumt hat, Fragen von grundlegender Bedeutung zu behandeln, wodurch die Grundrechtsschutznormen in einigen Fällen geschwächt wurden. Die neue, revidierte Verfassung sieht keinen unabhängigen Ermittlungsmechanismus für die Untersuchung von Folter und Misshandlung durch Strafverfolgungsbeamte vor. Das Fehlen eines zivilen Überwachungsmechanismus über Sicherheitssysteme bleibt problematisch. Im Jahr 2017 gab es keine massiven Verletzungen des Rechts auf Achtung des Privatlebens (PD 10.12.2017).
In den letzten Jahren wurde Kritik geäußert, wonach verschiedene sicherheitsrelevante Gesetze Behörden befugt sind, die Überwachung und Datenerfassung ohne angemessene Überprüfungsverfahren für solche Operationen durchzuführen. Die Verabschiedung eines Gesetzes im März 2017, das eine neue Überwachungsbehörde unter dem Mandat des Staatssicherheitsdienstes einrichten wird, hat Datenschützer beunruhigt, welche die Unabhängigkeit und die Aufsichtsmechanismen der neuen Behörde in Frage stellen (FH 1.2018).
Quellen:
* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html , Zugriff 23.5.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 23.5.2018
* HRC - Human Rights Center (2018): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2017,
http://www.hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/annual report 2018-eng.pdf, Zugriff 23.5.2018
* PD - The Public Defender of Georgia (10.12.2017): 10 December Report on the Situation of the Protection of Human Rights and Freedoms in Georgia,
http://www.ombudsman.ge/uploads/other/4/4957.pdf , Zugriff 19.4.2018
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und die Gesetze sehen Meinungs- und Pressefreiheit Presse vor. Die Bürger können dieses Recht im Allgemeinen frei ausüben, obwohl es Behauptungen gibt, die Regierung schütze sie zuweilen nicht ausreichend. Journalisten, NGOs und die internationale Gemeinschaft haben Bedenken hinsichtlich des Umfelds für den Medienpluralismus geäußert. NGOs äußerten ihre Besorgnis darüber, dass die öffentliche Kritik der Regierung und ehemaliger Regierungsbeamter an der Zivilgesellschaft und den Medien, einschließlich der Forderung nach Untersuchungen gegen einzelne NGO-Funktionäre, und der politischen Zugehörigkeit von Medieninhabern, zu einer Selbstzensur bei Journalisten und zivilgesellschaftlichen Akteuren führen (USDOS 20.4.2018).
Georgiens Medienlandschaft ist robust und wettbewerbsfähig, aber häufig parteiisch. Im Jahr 2017 wurde das Gerichtsverfahren über den Besitz des oppositionell ausgerichteten Fernsehsenders Rustavi 2 fortgesetzt; dies könnte den oppositionellen Charakter des Senders gefährden, der zu den meistgesehenen und vertrauenswürdigsten in Georgien gehört. Im März 2017 entschied der Oberste Gerichtshof Georgiens, die Kontrolle über die Station an seinen früheren Miteigentümer zurückzugeben, der mit der Regierungspartei "Georgischer Traum" verbunden ist. Der EGMR entschied, dass die Entscheidung ausgesetzt werden sollte, und warnte die Behörden, sich nicht in die redaktionelle Politik des Senders einzumischen (FH 1.2018, vgl. AA 11.12.2017).
Die Reformen der letzten Jahre haben die Transparenz des Medienbesitzes und den Pluralismus des Satellitenfernsehens verbessert, aber die Eigentümer bestimmen immer noch häufig die redaktionellen Inhalte. Gewalt gegen Journalisten kommt seltener vor, obwohl häufig von Drohungen berichtet wird. Georgien hat Dissidenten aus den Nachbarländern traditionell eine Zuflucht geboten, so dass die Entführung des aserbaidschanischen Dissidenten Afgan Mukhtarli in XXXX im Jahr 2017 Schockwellen durch die Exilgemeinde auslöste. Er erschien auf mysteriöse Weise wieder in Polizeigewahrsam in Aserbaidschan, wo er wegen erfundener Anschuldigungen zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Laut "Reporter ohne Grenzen" rangierte Georgien im "World Press Freedom Index 2018" auf Platz 61 von 180 Ländern und verbesserte sich um drei Ränge im Vergleich zu 2017 (RWB 2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , 23.5.2018
* RWB - Reporter Without Border (2018): Georgia - ?Media independence, the final frontier; 2016 World Press Freedom Index, https://rsf.org/en/georgia , Zugriff 23.5.2018
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html , Zugriff 23.5.2018
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Es gibt weder formelle noch informelle Einschränkungen oder Eingriffe der Regierung in die Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit (BTI 1.2018, vgl. AA 11.12.2017). Verfassung und Gesetz sehen in der Regel Versammlungsfreiheit vor. Während die Behörden routinemäßig Genehmigungen für Versammlungen erteilen, verhaftet die Polizei gelegentlich Teilnehmer an friedlichen Versammlungen oder schützt sie nicht vor Gegendemonstranten. Darüber hinaus äußern Menschenrechtsorganisationen ihre Besorgnis über die gesetzlichen Bestimmungen, dass politische Parteien und andere Organisationen die lokalen Behörden fünf Tage im Voraus informieren müssen, wenn sie sich im öffentlichen Raum versammeln wollen, was spontane Demonstrationen nicht möglich macht. Aktivisten stellten fest, dass die Versammlungsfreiheit für Mitglieder sexueller Minderheiten eingeschränkt blieb (USDOS 20.4.2018).
Die Polizei reagiert gelegentlich mit übertriebener Gewalt auf Demonstrationen. Im März 2017 wurde ein Protest in Batumi gegen unverhältnismäßig hohe Bußgelder wegen Verkehrsverstößen gewalttätig; die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein, sodass es zu einer Reihe von Verletzten kam (FH 1.2018, vgl. HRC 2018).
Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (AA 11.12.2017). Allerdings gab es Berichte, dass einige Regierungsvertreter und Unterstützer der Regierungspartei politische Oppositionelle sowie Mitarbeiter der Zentral- und Kommunalverwaltung, Lehrer und Gewerkschaftsmitglieder unter Druck setzten, auch durch Überwachungsmaßnahmen sowie durch angedrohte oder tatsächliche Entlassung. 2017, insbesondere während des Wahlkampfes vor den Kommunalwahlen im Oktober, gab es Berichte über Gewalt, Einschüchterung und Schikanierung von Vertretern der Oppositionsparteien sowie tatsächlichen oder angedrohten Kündigungen von Unterstützern der Opposition (USDOS 20.4.2018).
Die Regierung hat die Gesetze, die die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer vorsehen und gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung verbieten, nicht wirksam durchgesetzt. Die Verletzungen der Arbeitnehmerrechte blieben bestehen. Es gibt keine wirksamen Strafen oder Rechtsbehelfe für willkürlich entlassene Mitarbeiter. Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsrechte waren mit langen Verzögerungen verbunden (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2018), BTI 2018 - Georgia Country Report,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Georgia.pdf , Zugriff 23.5.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html , Zugriff 23.5.2018
* HRC - Human Rights Center (2018): Annual Report 2018, State of Human Rights in Georgia 2017,
http://www.hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/annual report 2018-eng.pdf, Zugriff 23.5.2018
* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html , Zugriff 23.5.2018
Todesstrafe
1997 wurde die Todesstrafe abgeschafft (AA 11.12.2017, vgl. AI 3.2018).
Quellen
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* AI - Amnesty International (3.2018): Abolitionist And Retentionist Countrie As Of March 2018,
https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5066652017ENGLISH.pdf , Zugriff 23.5.2018
Visa-Liberalisierung
Die Visa-Liberalisierung für georgische Staatsbürger trat am 28. März 2017 in Kraft. Seitdem können Georgier, die Inhaber biometrischer Pässe sind, ohne Visum in den Schengen-Raum einreisen (Kurzaufenthalte). Die nachhaltige Umsetzung der Benchmarks für die Visa-Liberalisierung bleibt eine Verpflichtung für Georgien, und in diesem Zusammenhang wurde ein umfassendes Überwachungssystem für Fluggäste, die in den Schengen-Raum reisen, eingerichtet und es wurden regelmäßig Informationskampagnen über die Regeln für visafreies Reisen durchgeführt. Am 9. Juni 2017 fand ein Treffen der Plattform für lokale Zusammenarbeit im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft EU-Georgien statt. Die Schwerpunkte der Projekte der Partnerschaften sind: legale Migration und Mobilität, Bekämpfung irregulärer Migration sowie Wiedereingliederung und Asyl (EC 9.11.2017).
Mehrere EU-Länder sehen sich seit dem Wegfall der Visapflicht für Georgier mit einer drastisch gestiegenen Zahl unbegründeter Asylanträge von Georgiern konfrontiert. Die EU-Kommission ist sich nach eigenen Angaben des Problems bewusst, will aber vorerst weiter versuchen, den Missbrauch der Visafreiheit durch eine enge Zusammenarbeit mit der georgischen Regierung einzudämmen. Diese will mit einer öffentlichen Kampagne versuchen, ihren Staatsbürgern die Aussichtslosigkeit eines Asylantrags in EU-Staaten deutlich machen (DW 30.4.2018).
Das Problem wird noch komplizierter, denn unter den Asylbewerbern gibt es Georgier mit Strafregistern, Vergehen, die in den Schengen-Mitgliedsländern begangen werden und mit der Mafia verbunden sind. Trotz der Tatsache, dass Georgien 2003 erfolgreich gegen die Mafia und die organisierte Kriminalität vorgegangen ist, ist diese Gruppe nun weitgehend im Exil tätig. Das visafreie Regime hat es für sie noch einfacher gemacht, Menschen aus ihrem Heimatland zu rekrutieren. Die georgische Regierung kämpft ständig darum, die Zahl der Menschen, die aus dem Land fliehen, zu senken. In letzter Zeit hat sie Verordnungen ausgearbeitet, um die illegale Migration einzudämmen. Die Änderung des Nachnamens ist in Georgien zu einem weit verbreiteten Problem geworden, da Menschen, die nach Verbrechen in Europa nach Hause zurückgeschickt wurden, dieses Recht nutzen, um neue Identitäten anzunehmen und die Länder der Europäischen Union wieder zu erreichen. Das von der Regierung am 6.3.2018 verabschiedete Änderungsgesetz beschränkt das Recht, den Nachnamen zu ändern, mit Ausnahme der Fälle, in denen man seinen Nachnamen aufgrund von Heirat, Scheidung, Kinderadoption oder Vaterschaftsbestimmung ändert (SVI 9.3.2018).
Quellen:
* DW - Deutsche Welle (30.4.2018): Georgier missbrauchen Visafreiheit,
http://www.dw.com/de/georgier-missbrauchen-visafreiheit/a-43586945 , Zugriff 30.5.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf , Zugriff 30.5.2018
* SVI - Schengen Visa Info (9.3.2018): Georgia's visa liberalization with European Union comes under threat, https://www.schengenvisainfo.com/georgias-visa-liberalization-with-european-union-comes-under-threat/ , Zugriff 30.5.2018
Grundversorgung
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Qualität der einheimischen Produkte ist zufriedenstellend. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL (ca. 24 EUR monatlich;
Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL (ca. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (2014: 1,4 Mrd. USD, insbesondere aus Russland, Griechenland, Türkei, Italien) - die im Zuge der wirtschaftlichen Krisen in den Hauptursprungsländern Russland und Griechenland seit Mitte 2014 deutlich zurückgegangen sind (AA 11.12.2017).
Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos und verarmt. 10% der GeorgierInnen leben in Armut. Vor allem die BewohnerInnen der ländlichen Gebiete in den Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende intern Vertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten AuslandsmigrantInnen machen mit ca. 24% einen nennenswerten Anteil des Volkseinkommens aus (ADA 9.2017).
Laut der Daten des nationalen Statistikamtes von 2015 sind 67,5% der erwerbsfähigen Bevölkerung in Arbeit (in Städten 59,9% und in ländlichen Gegenden 75,2%). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den geringvergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären. Viele Menschen (ca. 44,4 %) sind noch lange im Ruhestand erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter 15-25 Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren. Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten und im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2017).
Die Arbeitslosenquote betrug 2017 13,9%. Das Durchschnittseinkommen lag 2016 bei 940 Lari - 1117 Lari bei den Männern und 731 Lari bei den Frauen (GeoStat 2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* ADA - Austrian Development Agency (9.2017): Georgien - Länderinformation,
http://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/LI_Georgien_Sept2017.pdf , Zugriff 30.5.2018
* GeoStat - National Statistics Office of Georgia (2018): Employment and Wages,
http://geostat.ge/index.php?action=page&p_id=143&lang=eng , Zugriff 30.5.2018
* IOM - International Organization for Migration (2017):
Länderinformationsblatt GEORGIEN, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2017_Georgien_DE.pdf , Zugriff 30.5.2018
Sozialbeihilfen
Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:
* Existenzhilfe
* Reintegrationshilfe
* Pflegehilfe
* Familienhilfe
* Soziale Sachleistungen
* Sozialpakete
Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von 10-60 GEL pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft Schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet es:
Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer des Menschenhandels, Krisenzentren, Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2017).
Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).
Pensionssystem:
Es gibt nur ein staatliches Pensionssystem. Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):
* Rentenalter: männlich 65 Jahre; weiblich 60 Jahre;
* Behindertenstatus;
* Tod des Hauptverdieners
Registrierung: Antrag bei einem dem Wohnsitz am nächsten Sozialamt (Social Service Centre) stellen, die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom Georgischen Rentensystem ausgeschlossen (IOM 2017).
Die staatliche Alterspension (universal) beträgt 180 Lari pro Monat. Die Leistungen werden ad hoc angepasst. Staatliche Ausgleichszahlungen werden als Pauschalbetrag von bis zu 1.000 Lari zu gleichen Teilen unter den Familienmitgliedern aufgeteilt. Die Invaliditätsleistung als Sozialhilfe beträgt 180 Lari pro Monat für eine Gruppeninvalidität erster Stufe und 100 Lari für eine zweiter Stufe. Die Leistungen werden ad hoc angepasst (US-SSA 2016).
Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).
Quellen:
* IOM - International Organization for Migration (2017):
Länderinformationsblatt GEORGIEN, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2017_Georgien_DE.pdf , Zugriff 30.5.2018
* SSA - Social Service Agency (o.D.a.): Pecuniary Social Assistance (Subsistence Allowance),
http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=35 , Zugriff 30.5.2018
* SSA - Social Service Agency (o.D.b.): Reimbursement of leave for maternity and childcare, as well as for adoption of a new-born child, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=375 , Zugriff 30.5.2018
* US-SSA - Social Security Administration (2016): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific 2016 - Georgia, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2016-2017/asia/georgia.html , Zugriff 30.5.2018
Medizinische Versorgung
Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt XXXX und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in XXXX möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).
Das staatliche Gesundheitssystem umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen.
Universal Health Care:
* Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus
* Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt
* Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten
* Dialyse ist ebenfalls gewährleistet
* Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit
* Kontakt beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health) und Einschreiben bei der nächstliegenden Klinik
Zugang, besonders für Rückkehrer:
Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene
Klinik aufgesucht werden. Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden.
Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis
Unterstützung:
Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL)
Kosten: Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro drei Monate (ausgegeben von Bürgerämtern)
Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten:
Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die Staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer
Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True
TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2017).
Anfallende Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, können gemäß dem staatlichen Programm zur Abdeckung von Dienstleistungen bei der zuständigen Kommission des Ministeriums, JPÖR, mittels entsprechenden Antrags eingebracht werden und um Kostenersatz ersucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).
Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlos versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* IOM - International Organization for Migration (2017):
Länderinformationsblatt GEORGIEN, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2017_Georgien_DE.pdf , Zugriff 30.5.2018
* JF - The Jamestown Foundation (9.3.2015): Why Are Ossetians and Abkhazians Coming to Georgia for Medical Treatment? https://jamestown.org/program/why-are-ossetians-and-abkhazians-coming-to-georgia-for-medical-treatment/ , Zugriff 30.5.2018
* VB - Verbindungsbeamter des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mai
Behandlungsmöglichkeiten: psychische Krankheiten
Das staatliche Programm - Psychische Gesundheit - bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung:
Ambulanter Dienst, der Folgendes beinhaltet u.a.:
* Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten
* Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Nosologien [Krankheitsbilder], Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen Fachärzten (Therapeuten und Neurologen)
* Psychosoziale Rehabilitation
* Die Versorgung von minderjähriger Patienten (unter 18), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden
* Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung stationärer akuter psychotischer Symptome
* Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten, denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der stationären Abteilung zur Verfügung steht
* Behandlung derjenigen Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in einer stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe, der durch den Artikel 191. des Strafgesetzbuches von Georgien festgelegt ist, bezieht
* Zusätzliche Hilfe: Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in der stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe laut Artikel 191 des StGB bezieht
* Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen
* Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation
* Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen
* Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden
* Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden
* Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von XXXX
* Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung
* Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung
Die Begünstigten des staatlichen Programms - Psychische Gesundheit - sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70% der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e).
Quellen:
* SSA - Social Service Agency (o.D.e): Mental health, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=808 , Zugriff 20.4.2018
Rückkehr
RückkehrerInnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt (s.o.). Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern (z.B. Ukraine, Schweiz, Norwegen) geschlossen (AA 11.12.2017).
Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:
* Öffentliche Fürsprache" - XXXX , Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti
* Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli
* Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti
* Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria
* Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti
* Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti
Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen - gültig für das gesamte Staatsgebiet:
* Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten
* Finanzierung einkommensschaffender Projekte
* Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten
* Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).
Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien
* MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.):
"Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants" Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769 , Zugriff 20.4.2018
* SCMI - State Commission on Migration Issues (9.3.2018):
Implementation of the 2018 State Program on Reintegration Assistance to Returned Georgian Migrants has started, http://migration.commission.ge/index.php?article_id=304&clang=1 , Zugriff 20.4.2018
II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP den von ihr behaupteten Gefährdungen ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit solchen Gefährdungen ausgesetzt wäre.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form von nationalen Identitätsdokumenten.
II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Die bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).
II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.
II.2.4.1. Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
II.2.4.2.1. Nachvollziehbar hielt bereits die belangte Behörde zum Vorbringen der bP in ihrem Bescheid fest, dass sie keine Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes vorgebracht hat, die erkennen lassen, dass sie in Georgien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterlegen ist bzw. im Falle einer Rückkehr unterliegen würde.
Nicht bestritten wurde von der belangten Behörde auch richtig hinsichtlich der vorgelegten Beweismittel, dass die bP tatsächlich Mitglied in der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" (idF: VNB) gewesen ist und auch aktiv für diese Partei tätig war. Bei der Partei VNB handelt es sich um eine derzeit in Opposition befindliche, in Georgien anerkannte Partei. Bei Georgien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat mit einem funktionierenden Rechts- und Justizsystem.
Dem Vorbringen, die bP hätte Probleme mit Mitgliedern der Partei "Georgischer Traum" aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit zur Partei VNB, wurde seitens der Behörde fundiert entgegengetreten. Richtig wurde festgehalten, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass die bP im Jahr 2012 entführt, geschlagen, vergewaltigt und mit dem Umbringen bedroht worden sein soll, und die bP sich nicht - wie jeder andere maßgerechte Mensch - diese gerichtlich strafbaren Handlungen bei den zuständigen Behörden zur Anzeige gebracht hat. Dies einerseits um zu ihrem Recht zu kommen, andererseits um die Täter der gerechten Bestrafung zu unterziehen und weitere Verbrechen zu verhindern. Für eine angehende politische Führungskraft mit dem Bestreben Verantwortung zu übernehmen, Dinge zum Besseren zu verändern, Vorbild zu sein - wie sich die bP in ihrer Einvernahme darstellte - ist das in noch höherem Ausmaß zu erwarten. Die bP hätte damit jedwede Schritte unterlassen, dass die Straftäter durch den georgischen Staat, welcher schutzwillig und auch schutzfähig ist, der gerechten Bestrafung zugeführt werden können. Dass gegenüber Mitgliedern der VNB keine Schutzwilligkeit gegeben sei, wurde von den bP weder explizit behauptet, noch ergibt sich dies aus den aktuellen Länderfeststellungen.
Richtig hielt die Behörde fest, dass auch der Fluchtweg ein zusätzliches Indiz dafür ist, dass es der bP nicht um Schutz vor Verfolgung gegangen ist. Sie ist über die Türkei, Griechenland und Italien eingereist und wäre bereits in diesen Ländern vor Verfolgung sicher gewesen. Bei einer Flucht aus gegründeter Angst vor Verfolgung ist es völlig unerheblich, ob der Schutzsuchende ein Land als demokratisch anerkennt oder nicht. Es hat rein der Schutz vor Verfolgung im Vordergrund zu stehen. Davon abgesehen ist Georgien eine parlamentarische Republik, deren rechtliche Grundlage auf der Verfassung von 1995 basiert. Dass die bP nicht gewusst hat, dass sie in Griechenland oder Italien ist, wird nicht geglaubt, konnte die bP doch bei der Erstbefragung vor den Sicherheitsbehörden eine Fähre von Griechenland nach Italien benennen und wusste, dass sie in Mailand waren. Es ist also nicht in erster Linie um Flucht vor Verfolgung gegangen, sondern darum, in ein Land mit hohen sozialen Standards zu reisen.
II.2.4.2.2. Darüber hinaus führte die belangte Behörde exemplarisch einige Widersprüche zwischen dem Vorbringen der bP und der F an. So gab F zu Protokoll, die bP wäre zwei Mal von der Polizei abgeholt worden, während die bP selbst, obwohl Ihre Schilderung sehr ausführlich war, dies, als sie zu Ihrem Fluchtgrund befragt wurde, nicht erwähnte. Erst gegen Ende der Befragung der bP, auf die Frage ob es konkrete Hinweise gäbe, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, erwähnte die bP kurz Vorfälle mit der Polizei, die sie als unbedeutend abgetan hat.
II.2.4.2.3. Zum angeblichen Vorfall vom XXXX 2015 im Anschluss an eine friedliche Demonstration, gab die bP an, sie wäre von Männern vor der Hofeinfahrt, als sie ausgestiegen wäre, um das Tor zu öffnen, überfallen worden. Es wäre ihr das Gewehr an den Kopf gehalten und sie an Beinen und Rücken geschlagen worden. Auch gab die bP an, die F dachte zuerst, es wäre die Polizei. Die bP hätte es geschafft, sich zu befreien, und wäre davongefahren. Dabei hätte "der mit dem Gewehr" auf das Auto eingeschlagen und den Rückspiegel kaputt gemacht. Beim Wegfahren wäre dann nicht auf die bP geschossen worden, weil der versteckte dritte Mann angeblich den anderen beiden zugerufen hätte, "wo sollte er den hin fliehen, wir werden ihn sowieso kriegen".
Den Angaben der F zum Vorfall vom XXXX 2015 zufolge, hätte die bP mit den Männern gesprochen und das Gespräch wäre mit fortlaufender Dauer lauter geworden und in einen Streit übergegangen. Zu keinem Zeitpunkt erwähnte die F, dass sie, wie von der bP behauptet, angenommen hätte, es wären Polizisten gewesen. Offensichtlich war dieser Vorfall für die F weit weniger einschneidend, als für die bP.
Zu keinem Zeitpunkt erwähnte die F, dass die Männer bewaffnet gewesen wären, der bP ein Gewehr an den Kopf gehalten oder die bP gar geschlagen hätten. Auch davon, dass die Männer gegen das Auto getreten, mit den Gewehrkolben dagegen geschlagen und den Rückspiegel kaputt gemacht hätten, hat die F, obwohl detailliert nachgefragt, nichts erwähnt. Im Gegenteil, vielmehr hat die F angegeben, "Sie haben sich nicht geschlagen, aber sie haben laut gesprochen", und weiters, "Sie haben gestikuliert, sie haben sich
nicht geschlagen und sie haben gesprochen. ... Wir sind geradeaus
weggefahren, haben eine Runde gemacht und sind nach XXXX gefahren. Als mein Mann das Auto gestartet hat, sind sie auf die Seite gegangen und wir sind weggefahren. Wir mussten dann nicht mehr an ihnen vorbeifahren und was die Männer dann gemacht haben, weiß ich nicht."
Der belangten Behörde kann in diesem Zusammenhang zugestimmt werden, dass hätten die bP und F wirklich diesen Vorfall erlebt, es ihnen möglich gewesen wäre, hierzu ein übereinstimmendes Vorbringen zu erstatten.
II.2.4.2.4. Zugestimmt wird dem Grunde nach auch den kurz zusammengefassten Ausführungen der belangten Behörde, dass eine Verfolgung aus politischen Gründen sowie die beiden behaupteten Übergriffe als unglaubwürdig beurteilt werden können, weil:
* einem derartig einschneidenden Erlebnis wie einer Bedrohung mit einer Waffe beim Vorfall vom XXXX 2015 davon auszugehen ist, dass dieser Übergriff konsistent geschildert werden kann, von Ihrer Gattin jedoch mit keinem Wort erwähnt wird, ebensowenig wie das Treten oder Schlagen mit einer Waffe gegen das Fahrzeug, bzw. die Demolierung eines Rückspiegels. Es ist unmöglich, dass eine derartige Eskalation von Ihrer Gattin nicht hätte wahrgenommen werden können.
* die zweimalige Abholung durch die Polizei für Ihre Gattin, der taxativ zweitwichtigste Vorfall war, während Sie diesen als unbedeutend abgetan haben.
* Sie den Vorfall von 2012, obwohl er in einer Vergewaltigung und der Androhung Ihrer Tötung und "Vernichtung Ihrer Familie" geendet haben soll, bei der Erstbefragung, der erhöhte Glaubhaftigkeit zukommt, nicht erwähnt haben. Auch bei der Einvernahme vor dem Bundesamt haben Sie diesen Vorfall, jenem vom XXXX 2015 nachgereiht, was behördenseitig als für Sie geringeres Übel beurteilt wird. Haben Sich doch nach dem Vorfall von 2012 noch nicht an Flucht gedacht. Auch gaben Sie bei der Erstbefragung vor Organen der Sicherheitsbehörden zu Protokoll, Sie hätten schon vor den Wahlen 2014 Probleme gehabt, aber nachher begannen die Ernsten Probleme. Also waren die Vorfälle von 2012 keine für Sie ernsten.
Aufgrund oben angeführter Ausführungen kommt das Bundesamt kommt zu dem Schluss, dass Sie die von Ihnen erst in der Einvernahme vor dem Bundesamt vorgebrachten angeblichen Fluchtgründe von 2012, um eine unglaubhafte Steigerung der ursprünglichen Fluchtgründe handelt.
* Sie im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben haben, Sie hätten Angst und Wahnvorstellungen gehabt, wären nervös und depressiv gewesen, was sich auch im neurologisch-psychiatrischen Gutachten widerspiegelt.
* Sie zu keinem Zeitpunkt daran gedacht haben, die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des georgischen Staates wirksam werden zu lassen.
Es kann angenommen werden, dass bei tatsächlichem Bestehen asylrelevanter Verfolgungshandlungen oder bei Vorliegen begründeter Angst vor Verfolgung ein derart langer Weiterverbleib in Georgien wohl nach dem Übergriff 2012 nicht der Fall gewesen wäre, weshalb es an der notwendigen Aktualität der Verfolgung mangelt, wenn man den Vorfall 2012 der Würdigung zugrunde legen würde. Gerade auch die von den bP angeführte Beschlussfassung Monate vor der Ausreise über eine eventuelle Flucht spricht gegen eine aktuelle, im Zeitpunkt der Ausreise bestehende gegründete Furcht vor Verfolgung. Für die Tatsache jedenfalls, dass die bP letztlich offensichtlich ohne Probleme mit den Sicherheitsbehörden in Georgien leben konnten, spricht auch die Tatsache, dass die bP legal aus Georgien ausreisen konnte. Zudem hat sich in der Verhandlung ergeben, dass die bP auch keinerlei Scheu hatte, sich einen neuen Reisepass in Georgien im Dezember 2018 ausstellen zu lassen und ein polizeiliches Führungszeugnis zu beantragen.
II.2.4.2.5. Insbesondere ist es auch für das BVwG nicht nachvollziehbar, warum die bP keinerlei Schritte (zum Beispiel:
Sicherheitsbehörden, Justiz, Ombudsmann, Antikorruptionsbehörden, NGO) in Ihrem Herkunftsstaat unternommen hat, um zu ihrem Recht zu kommen. Wie aus den Feststellungen zum Herkunftsland entnommen werden kann, wären die Sicherheitsbehörden Georgiens willens und fähig, Schutz zu gewähren.
II.2.5.3. Selbst für den Fall der hypothetischen Wahrunterstellung der Angaben der bP liegt nämlich kein asylrelevanter Sachverhalt vor:
Die bP hat eine Verfolgung durch nichtstaatliche Organe, nämlich durch unbekannte Privatpersonen, vermutlich Parteiangehörige einer anderen Partei, geltend gemacht. Eine Verfolgung von Seiten Dritter (nichtstaatliche Verfolgung) ist jedoch nur dann als asylrelevant anzusehen, wenn es der bP 1 aufgrund mangelnder bzw. nicht vorhandener Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates weder möglich noch zumutbar ist, sich zur Abwehr der Verfolgung unter den Schutz des Heimatstaates zu stellen.
Vorliegend sind den Länderfeststellungen und auch dem Vorbringen der bP, welche sich nicht einmal von sich aus an die Polizei wandte, keine konkreten Hinweise zu entnehmen, dass keine ausreichenden Schutzmechanismen der zuständigen staatlichen Behörden vorhanden wären, um den Eintritt eines von ihr für möglich gehaltenen Erfolges mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht eintreten zu lassen. Die bP hatte nicht einmal versucht, sich an die Behörden zu wenden und kann daher eine Schutzunfähigkeit bzw. -unwilligkeit der georgischen Behörden nicht angenommen werden.
Aus der Behauptung dahingehend, die georgischen Institutionen wären nicht unparteiisch, kann keineswegs abgeleitet werden, dass es von vornherein klar war, dass die staatlichen Stellen des Herkunftsstaates vor Verfolgung nicht schützen können oder wollen und kann somit nicht von mangelnder Schutzfähigkeit oder Schutzwilligkeit ausgegangen werden. Vielmehr wäre es im Verhalten der bP gelegen, sich entsprechend zu informieren und sich an staatliche Hilfe bzw. einen Ombudsmann oder eine der zahlreichen NGO¿s zu wenden, was von ihr jedoch nicht einmal ansatzweise versucht wurde. Insbesondere hat sie es unterlassen, die behaupteten Übergriffe anzuzeigen und kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass im Falle einer Anzeigenerstattung Schutz verweigert worden wäre oder dass die Behörden konkret in ihrem Fall untätig geblieben wären.
Die geschilderten Übergriffe stellen amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar. Aus den Länderberichten geht insbesondere auch hervor, dass von einer grundsätzlich ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des georgischen Staates ausgegangen werden, wenngleich gewisse Defizite durchaus zugestanden werden.
Gerade auch in der Verhandlung hat die bP jetzt nunmehr vage und ausweichend auf Fragen zu ihrem Fluchtvorbringen geantwortet und führte vorweg eine Auseinandersetzung mit Grigol LILUASHVILI (idF G) ins Treffen. Nach Rückfrage führte sie kurz an, dass G sie wegen ihrer Weigerung, die Partei zu wechseln, entführt, gefoltert und bedroht habe. Nach nochmaliger Rückfrage führte die bP vorerst die Wahlen 2015 ins Treffen um dann darauf umzuschwenken, dass es um die Wahlen 2012 ginge. Geschildert wurde sodann der Vorfall im Jahr 2012 und im Anschluss über weitere Rückfragen der Vorfall im Jahr 2015. Nicht nachvollziehbar bleibt in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die bP bereits 2012 in ein Kloster gegangen und sich dort versteckt haben will, um dann - nach Verweis aus dem Kloster - in die Heimatstadt zurückzukehren und sich nicht unauffällig zu verhalten, sondern vielmehr gleich als politischer Kandidat zu exponieren. Eine Begründung dafür, warum sie sich derart sicher fühlte, wieder mit der VNB in Kontakt zu treten und sich von dieser als Kandidat aufstellen zu lassen, blieb die bP schuldig. Vielmehr versuchte sie sich als Informant für die Partei des "georgischen Traums" (idF GT) darzustellen und hätte nur zum Schein für die VNB kandidiert. Es erhellt sich letztlich auch nicht, warum die bP dann 2015 einem Übergriff von Leuten des GT ausgesetzt gewesen sein soll, wenn sie doch die Wahl absichtlich für die VNB verloren hätte.
Völlig unplausibel erscheint auch das Vorbringen der Vergewaltigung mit einem Schlagstock im Zusammenhang damit, dass die bP dann kein Krankenhaus aufgesucht haben will sondern lediglich von der Schwägerin versorgt worden sei. Bei einer derartigen Misshandlung wäre wohl davon auszugehen, dass eine Versorgung durch einen Arzt notwendig wird. Auch dieses Vorbringen scheint letztlich lediglich eine Schutzbehauptung zu sein, um eine Antwort darauf zu finden, warum die bP keinerlei Beweismittel zu ihrem Vorbringen vorlegen kann. Nochmals wird darauf hingewiesen, dass es gerade für eine Person wie die bP nicht nachvollziehbar erscheint, dass sie keinerlei Kontakt mit der Polizei oder übergeordneten Behörden bzw. dem Ombudsmann oder einer NGO sucht, um Übergriffen auf sich selbst nachgehen zu können.
Schließlich wurde von der bP der Vorfall im Jahr 2015 wiederum derart geschildert, dass bewaffnete Männer sie geschlagen hätten. Über Vorhalt der Angaben der F, welche keinerlei körperlichen Übergriffe oder eine gewaltsame Auseinandersetzung in ihrer Einvernahme vor der bB schilderte, führte die bP aus, dass sie "seitlich geschlagen" worden sei, sodass die F dies nicht sehen hätte können. Zuvor behauptete die bP aber, dass sie Verletzungen und Hämatome an Fuß, Beinen und Oberschenkel gehabt hätte. Derartige Verletzungen hätte jedoch F am Vorfallsort selbst wahrnehmen müssen, da derartige Übergriffe neben einem Auto nicht "versteckt" bleiben können. Zudem hätte sie die Verletzungen zumindest später am Ehegatten wahrnehmen müssen. Schließlich sprach die bP vor der belangten Behörde noch von Kopfverletzungen, was einen unerklärlichen Widerspruch in diesem Zusammenhang darstellt und derartige Verletzungen auch keinesfalls unbemerkt bleiben können.
Auch dass die F in der Verhandlung nicht aussagen wollte kann nur dahingehend ausgelegt werden, dass sie sich nicht in weitere Widersprüche verwickeln wollte und erhärtet dies die Annahme, dass es im Jahr 2015 nicht zu diesem Vorfall gekommen ist. Letztlich wurde in der Verhandlung nochmals vom Behördenvertreter festgehalten, dass die F ihre konträr zu den Angaben der bP stehenden Aussagen ruhig und emotionslos getroffen habe und ergaben sich auch nunmehr für das BVwG keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die F ihre Angaben vor der belangten Behörde nicht wahrheitsgemäß treffen hätte können. Insbesondere wurden hinsichtlich der F keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt, dass diese selbst aus psychischen Gründen verhindert gewesen wäre, richtige Angaben zu tätigen. Vielmehr wurde ein Gutachten hinsichtlich der bP eingeholt, deren Angaben wurden aber von ihr als durchgängig richtig behauptet. Insgesamt finden sich nach Verhandlung auch keine fundierten Hinweise auf eine Erklärung für die zur bP unterschiedliche Wahrnehmung der damals schwangeren F. Allein eine Schwangerschaft führt noch zu keiner Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit, vielmehr wird diese tendenziell verbessert. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass die F auch selbst von einer Panik gesprochen hätte, wäre sie bei ihr im Zeitpunkt des Vorfalles vorgelegen. Schließlich erscheint es auch widersprüchlich, dass die bP angegeben hat, F hätte sich im Auto eingesperrt, die bP selbst hätte sich aber nach der Befreiung von den Männern sofort ins Auto setzen können.
Abgerundet wird die Annahme der Unglaubwürdigkeit der Aussagen der bP dadurch, dass sie auch nicht erklären konnte, warum gerade sie - als einer von ca. aktiven 60 VNB Anhängern in ihrem Heimatdorf - einer derartigen Verfolgung ausgesetzt sein sollte. Einzig die Bedrohung und der Streit mit G im Jahr 2012 vermag ein derartiges Vorgehen gegen die bP fast 3 Jahre später nicht zu erklären. Noch dazu erhellte sich im gesamten Verfahren nicht, warum G tatsächlich auf die bP aufmerksam geworden sein sollte, noch dazu, da die bP G aus dem Heimatdorf gekannt haben will, andererseits aber bis zum Jahr 2012 in XXXX aufhältig gewesen sein will. Dass die bP damit G wegen politischen Aktivitäten aufgefallen wäre, erscheint vor diesem Hintergrund - wie das gesamte Vorbringen der bP - unglaubwürdig.
Wenn die bP nunmehr in der Verhandlung vage darauf hinzuweisen versuchte, dass sie im Falle der Rückkehr wegen ihrer Asylantragstellung Probleme bekommen würde, ist dazu festzuhalten, dass sich aus den Länderfeststellungen eindeutig ergibt, dass diese Sorge unbegründet ist. Demnach waren RückkehrerInnen, die Unterstützung benötigen, zwar bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -bieten aber ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt (s.o.). Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich.
II.2.5.4. Wenn die bB den Angaben der bP vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine entsprechende Gewichtung zuspricht, so kann dem nicht entgegen getreten werden. Im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 27.6.2012, U 98/12 ist festzuhalten, dass das ho. Gericht die vom genannten Höchstgericht aufgezeigten Spezifika der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht verkennt, es ist jedoch auch festzuhalten, dass dem genannten Erkenntnis ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde liegt, zudem es sich beim dortigen Asylwerber um einen psychisch angeschlagenen und von den Strapazen der Schleppung gezeichneten jugendlichen Afghanen handelte, der über traumatische Ereignisse aus seiner Kindheit berichtete und dem ho. Gericht vorgeworfen wurde, diese Umstände zu wenig berücksichtigt zu haben ("Der AsylGH ist bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zur umfassenden Auseinandersetzung mit allen relevanten Gesichtspunkten verpflichtet. Dazu gehört beispielsweise auch seine psychische Gesundheit, bei deren Beeinträchtigung ein großzügigerer Maßstab an die Detailliertheit seines Vorbringens zu legen ist (VfSlg. 18.701/2009). Auch das Alter und der Entwicklungsstand des Beschwerdeführers sind zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der behaupteten Ermordung seines Vaters ungefähr acht Jahre alt. Der AsylGH qualifiziert die Schilderung der Ermordung des Vaters als detailarm, unpräzise und unkonkret, erwähnt das kindliche Alter des Beschwerdeführers zu dem Zeitpunkt aber mit keinem Wort. Bei der gebotenen Würdigung des durchschnittlichen Entwicklungsstandes eines achtjährigen Kindes hätte sich der AsylGH mit dem Alter des Asylwerbers auseinander zu setzen gehabt und einen dementsprechenden Maßstab an die Detailliertheit der Eindrücke des Beschwerdeführers anlegen müssen. Das gilt umso mehr für die Schilderung der politisch motivierten Feindschaft zwischen dem Vater des Beschwerdeführers, der mit den Taliban zusammengearbeitet habe, und seinem Mörder, einem Angehörigen der Hezb-e Wahdat Partei, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des zu ermittelnden Sachverhaltes höchstens sechs Jahre alt war. Auch bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens wird das kindliche Alter des Beschwerdeführers mit keinem Wort erwähnt."). Dem AsylGH wurde nicht vorgeworfen, dass er die Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes berücksichtigte und kann dem genannten Erkenntnis nicht entnommen werden, dass den Angaben der bP vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund generell kein Beweiswert zukommt, sondern führt das Höchstgericht aus, dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Spezifika dieser Befragung besonders zu berücksichtigen sind. Hier ist auch auf die Regierungsvorlage zu § 19 AsylG (RV 952 XXII. GP ) hinzuweisen, der ua. Folgendes zu
entnehmen ist: " ... Die Befragung hat den Zweck die Identität und
die Reiserouten des Fremden festzustellen, nicht jedoch im Detail befragend, welche Gründe ihn bewogen haben, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe, ohne kontradiktorische Befragung, ist auch im Rahmen
der Befragung ... möglich. [Anm.: Unterstreichung nicht im
Original]..."
Im gegenständlichen Fall handelte es sich bei der volljährigen bP bereits bei der Antragstellung um einen volljährigen, nicht ungebildeten Menschen, welcher nicht schwerpunktmäßig über lange zurückliegende Ereignisse aus frt Kindheit berichtete. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die bP durch die Befragung durch die ho. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht überfordert war. Auch ergaben sich keine Hinweise, dass sie vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in relevanter Weise verängstigt gewesen wäre. Sie wusste, dass sie sich in Österreich befindet. Weiters wurde die befragten bP am Beginn der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes belehrt, dass ihre Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes darstellen und ist auch anzunehmen, dass sich im gegenständlichen Fall die Reisebewegung von Georgien zur Asylbehörde im Lichte des bereits festgestellten Sachverhalts als weitaus weniger anstrengend darstellte, als eine solche von Afghanistan nach Österreich. Auch finden sich im von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Befragungsprotokoll keine Hinweise, dass sich der Gesundheitszustand bzw. der sonstige allgemeine Zustand der bP so schlecht darstellte, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, der Befragung zu folgen und vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Weiters wurde sie befragt, ob sie Beschwerden oder Krankheiten hätte, die sie an der Einvernahme hindern würden. Dies wurde verneint. So zeigt auch der Inhalt des Protokolls, dass sie in der Lage ware, an sie gerichtete Fragen vollständig zu beantworten und bestehen keine Hinweise, dass die Postulationsfähigkeit bei der Schilderung der Ausreisegründe bzw. Rückkehrhindernisse eine herabgesetzte gewesen wäre.
Vor dem Hintergrund der oa. Ausführungen, insbesondere unter Beachtung des Erk. d. VfGH vom 27.6.2012, U 98/12, sowie dem Zweck der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (ua. eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe, ohne kontradiktorische Befragung) ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das ho. Gericht und die bB nicht angehalten sind, die Angaben der bP vor dem öffentlichen Sicherheitsdienst zum Ausreisegrund zu ignorieren, sondern konnten diese im hier durchgeführten Umfang berücksichtigt und in die Beweiswürdigung aufgenommen werden.
Vor diesem Hintergrund ist nochmals festzuhalten, dass die bP die angebliche Vergewaltigung und Entführung im Jahr 2012 nicht einmal am Rande in der Erstbefragung erwähnte und dieses Vorbringen somit an sich schon als gesteigertes Vorbingen unglaubwürdig erscheint. Dies umso mehr im Zusammenhang mit den bereits getroffenen Ausführungen zur generellen Unglaubwürdigkeit der bP.
II.2.5.5. Im Hinblick auf die Beschwerde wird festgehalten, dass wenn die bP vorbringt, sie wäre nicht im ausreichenden Maße manuduziert worden, dem nicht gefolgt werden kann. So erhielt die bP etwa Merkblätter und wurd sie am Beginn der Niederschriften vor der Behörde ausführlich manuduziert. Ebenfalls stand ihr der Zugang zur Rechtsberatung offen und sei auch darauf hingewiesen, dass aus der Manuduktionspflicht der Behörde keine Verpflichtung zur materiell(rechtlich)en Beratung abgeleitet werden kann (vgl. z. B.: VwGH 25.1.2009/04/0238 mwN). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht sind demnach nicht verpflichtet, Asylwerber derart anzuleiten, dass ein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss (VwGH 08.07.1993, 92/01/0715) oder Unterweisungen dahingehend zu erteilen, wie ein Vorbringen auszuführen ist, damit einem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (VwGH 02.02.1994, 93/01/1219, 23.03.1994, 93/01/1186). Demnach geht der Vorwurf, die bP hätte angeleitet werden müssen, Beweisanträge wie ein länderkundliches Gutachten oder einen Bericht des Verbindungsbeamten zur Situation nach den Wahlen zu stellen, ins Leere.
II.2.5.6. Zu der behauptetermaßen mangelhaften Protokollierung ist auszuführen, dass das Einvernahmeprotokoll sehr ausführlich geschrieben ist, gerade auch der bP und der F im Rahmen der freien Schilderung ausreichend Zeit gelassen wurde, ihr Vorbringen darzulegen und es vom Sinn her letztlich keinen Unterschied macht, ob "gegen die Tür mit den Füßen geschlagen" oder getreten wurde, ob die Tür oder die Seitenscheibe eingeschlagen werden sollte und dass beispielsweise der Namen einer Person nicht 100% richtig protokolliert wurde, da dennoch aus dem Zusammenhang offenbar wurde, was damit gemeint ist. Alle diese Aufzählungen von angeblichen unpräzisen Protokollierungen in der Beschwerde sind letztlich - vom Verständnis eines durchschnittlichen Asylwerber betrachtet - jedenfalls verständlich und nicht geeignet, Verfahrensfehler zu begründen. Auch dass ein Satz in der Begründung des Bescheides nicht vollständig abgeschlossen ist, vermag der ansonsten nachvollziehbaren Würdigung keinen Abbruch zu tun, da es sich aus dem Kontext ergibt, worauf die Behörde hinaus wollte und auch ansonsten wegen einem unvollständigen Satz keine Mangelhaftigkeit vorliegt.
Ob es der gängigen Vernehmungspraxis widerspricht oder nicht, dass der Inhalt des Ländervorhaltes mit den bP erörtert wurde und in diese während der Einvernahme Einsicht genommen werden konnte oder nicht, kann letztlich dahingestellt bleiben. Dies da die Länderfeststellungen vollständig im bekämpften Bescheid widergegeben wurden und die bP im Rahmen der Beschwerde Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen. Zudem wurde nunmehr eine Verhandlung durchgeführt und wurden der bP aktuelle Länderfeststellungen zur Stellungnahme übermittelt.
Wenn die Beschwerde eine Verletzung des Parteiengehörs auch durch Nichtvorhalten des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens moniert, ist dem zu entgegnen, dass eine im Verfahren vor der belangten Behörde allenfalls erfolgte Verletzung des Parteiengehörs durch die mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert ist, zumal der angefochtene Bescheid die maßgeblichen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (insbesondere die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat und das neurologisch-psychiatrische Gutachten) wiedergibt (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056) und entgegen den Angaben in der Beschwerde die von den bP vorgelegten Kurzberichte erwähnt wurden.
Eine substantiierte Bestreitung der maßgeblichen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kann indes auch der erhobenen Beschwerde nicht entnommen werden, sodass es einem allfälligen Verfahrensmangel auch an Relevanz fehlt und eine Verletzung in Rechten insgesamt nicht ersichtlich ist.
Hingewiesen wird auf die nachfolgend zitierte Passage aus dem Bescheid der bP 1:
Aufgrund der von Ihnen in der Einvernahme vor dem Bundesamt vorgebrachten Beschwerden und des von Ihnen am 18.09.2017 übermittelten Kurzberichts von Fr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie wurde ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Neurologie mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Das Gutachten langte am 08.11.2017 bei der Behörde ein. Lt. Gutachten liegt keine chronische posttraumatische Belastungsstörung nach ICD 10 vor. Im neurologischen Status zeigt sich ein unauffälliger Befund, im psychiatrischen kann derzeit eine euthyme (ausgeglichene) Stimmungslage erhoben werden. Antrieb und Affekte sind unauffällig. Im Falle einer Überstellung nach Georgien ist eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Falle der Wunsch in Österreich bleiben zu dürfen, nicht erfüllt werden würde. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Falle einer Überstellung nicht die reale Gefahr, dass die Verfahrenspartei aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit sich in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte, zumal sich unter laufender medikamentöser Therapie das Krankheitsbild derart gebessert hat, dass eine Remission der Erkrankung feststellbar ist. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sind auch keine spezifisch medizinischen Maßnahmen einer Überstellung nach Georgien erforderlich.
Aus diesem Grund konnte die Übermittlung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens unterbleiben.
II.2.5.7. In Bezug auf den in der Beschwerdeschrift gestellten Antrag, der Pfarrer der bP, welcher diese versteckte, sei nach Österreich gekommen und hätte einvernommen werden können wird festgehalten, dass hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rsp des VwGH nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.1.1996, 94/13/0152; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174).
Das ho. Gericht ist daher nicht verhalten, dem Beweisantrag zu entsprechen und wurden insbesondere weder konkreter, vollständiger Name noch ladungsfähige Adresse bekannt gegeben.
II.2.5.8. Die Ausführungen in der Beschwerde zum geschichtlichen Hintergrund Österreichs können nicht als fundierte Basis dafür herangezogen werden, welche Verfolgung Angehörige von Oppositionsparteien aktuell in Georgien ausgesetzt sind. Dass es bei den Wahlen im Vergleich zu Österreich zu problematischen Situationen kommt, wird auch vom BVwG aufgrund der Länderfeststellungen nicht verkannt und gibt die Beschwerde richtig wieder, dass "Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis" gaben. Aus dieser Formulierung jedoch ableiten zu wollen, dass für die Opposition tätige Personen übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen ausgesetzt wären, ist jedoch zu weit gegriffen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass nur weil sich ein Vorbringen mit den Länderfeststellungen in Einklang bringen lässt, noch nicht von dessen Glaubwürdigkeit auszugehen ist. Auch das Zitat betreffend Polizeigewalt auf Polizeiposten vermag nicht in einem konkreten Zusammenhang mit dem Vorbringen der bP gebracht zu werden. Dass der von der bP als politischer Gegner und verfolgende Person genannte Politiker nunmehr einen höheren Posten im Staatsgefüge inne hat, vermag auch keine relevante Neuerung darzustellen, da an sich schon dem Grundvorbringen der bP nicht geglaubt wird und auch nicht erkannt werden kann, was nunmehr diese Person in einer höheren Position relevant gefährlicher erscheinen lässt. Nach wie vor geht das BVwG wie auch schon die belangte Behörde davon aus, dass Georgien als sicherer Herkunftsstaat gerade auch schutzwillig und schutzfähig ist bei Gewaltdrohungen und gewaltsamen Übergriffen, egal welchem politischen Couleur der Anzeiger angehört. Darüber hinaus gibt es noch diverse übergeordnete Stellen, an die sich die bP wenden kann und ergibt sich gerade aus dem vorgelegten Bericht "Großdemonstration gegen die georgische Regierung", an welcher die bP teilgenommen haben will, dass es möglich ist, öffentlich seinen Unmut betreffend der Regierung kundzutun. Am Rande sei erwähnt, dass es die bP auch schuldig geblieben ist, einen Grund dafür zu nennen, warum gerade sie als Teilnehmer bei einer derart groß angelegten Demonstration mit einer Vielzahl von Teilnehmern in Folge mit Übergriffen zu rechnen gehabt hätte.
Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass die bP ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung bzw. zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens nicht nachkam, indem sie dieses bloß behauptete bzw. behördliche Feststellungen bestritt. Aufgrund der Entscheidung des VwGH wurde nunmehr auch noch eine Verhandlung durchgeführt, welche lediglich den Eindruck der Unglaubwürdigkeit der bP als Person bestätigte und letztlich keinerlei Hinweise auf eine Einschränkung der F in ihren Angaben nahe legte.
Soweit in der Verhandlung Anträge gestellt wurden, war diesen nicht zu folgen. Die Länderfeststellungen wurden bereits im Vorfeld zugestellt und wurde in der Verhandlung Gelegenheit geboten, hierzu Stellung zu nehmen. Eine nochmalige Frist war daher nicht mehr einzuräumen.
Wie bereits dargelegt konnte auch auf Ermittlungen im Herkunftsland verzichtet werden. Hierzu wird festgehalten, dass hier kein tauglicher Beweisantrag vorliegt. Ein tauglicher Beweisantrag liegt nach der Rsp des VwGH nur dann vor, wenn darin sowohl das Beweisthema wie auch das Beweismittel genannt sind und wenn das Beweisthema sachverhaltserheblich ist (VwGH 24.1.1996, 94/13/0152; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174).
Beim in der Verhandlung gestellten Antrag handelt es sich auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt aber der Beschwerdeführer jedoch mit dem hier erörterten Beweisantrag.
Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN). Darüber hinaus vermag die bloß allgemeine Beurteilung, ob es zu einem solchen - wie von der bP geschilderten - Übergriff vereinzelt kommen kann, einen solchen Beweisantrag nicht zu begründen, da auch das BVwG nicht verkennt, dass es vereinzelt zu Übergriffen kommen kann, damit aber nichts für die bP gewonnen ist, da in ihrem individuellen Fall von einer mangelnden Glaubwürdigkeit auszugehen ist.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.
II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen
Gemäß dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.
Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch
a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;
b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;
c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;
d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.
Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:
"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung
a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder
b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und
f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."
Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).
Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.
Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.
Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).
II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung ein umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.
Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB übererfüllt.
Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.
Zu A.I.)
II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) ...
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
..."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Rein hypothetisch betrachtet und ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen, wäre es den bP möglich und zumutbar, sich im Falle der behaupteten Übergriffe an die Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.
Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die geschilderten Übergriffe im Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat Behörden, welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des [in diesem Erkenntnis] türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus:
"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.
Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.
... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist umso eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.")."
Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).
Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem
vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083 ; ...".
Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).
In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs. 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".
Im gegenständlichen Fall hat die bP weder glaubhaft behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen, in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin und ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.
Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung handelt, vom dem aufgrund der normativen Vergewisserung seiner Sicherheit anzunehmen ist, dass er auf seinem Territorium Schutz vor Verfolgung bietet. Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich zuletzt in seiner Entscheidung vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153 festgehalten, dass bei sicheren Herkunftsstaaten gemäß Herkunftsstaatenverordnung grundsätzlich von einer bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden ausgegangen werden kann (vgl. auch VwGH vom 16. November 2016, Ra 2016/18/0233).
Die bP bescheinigte im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.
Im Ergebnis hat die bP letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich zuletzt in seiner Entscheidung vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153 festgehalten, dass bei sicheren Herkunftsstaaten gemäß Herkunftsstaatenverordnung grundsätzlich von einer bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden ausgegangen werden kann (vgl. auch VwGH vom 16. November 2016, Ra 2016/18/0233).
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.-...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung
nach § 3 ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
..."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
...
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314).
Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist nach dieser Bestimmung gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Demnach ist das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative iSd § 11 Abs. 1 AsylG 2005 dann zu prüfen, wenn glaubhaft ist, dass einem Asylwerber in der Herkunftsregion seines Herkunftsstaats Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht bzw. die Voraussetzungen für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch (in Zusammenhang mit Afghanistan) auf die ständige Judikatur des EGMR verwiesen, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 5.9.2013, Nr. 61204/09, I. gg. Schweden). Weiter verwies der Verwaltungsgerichtshof auf die Rechtsprechung des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 9.4.2013, Nr. 70073/10 und 44539/11, H. und. B. gg. Vereinigtes Königreich; 12.1.2016, jeweils gegen Niederlande: Nr. 8161/07, S.D.M.; Nr. 13442/08, A.G.R.; Nr. 25077/06, A.W.Q. und D.H.; Nr. 39575/06, S.S.; Nr. 46856/07, M.R.A. ua.). Diese Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aufrechterhalten (vgl. für viele etwa VwGH 25.4.2017, Ra 2016/01/0307, bzw. 19.6.2017, Ra 2017/19/0095, jeweils mwN).
Bei der Behandlung von Amtsrevisionen gegen die Gewährung von subsidiärem Schutz (durch das BVwG betreffend Afghanistan) hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass bei Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036; dem folgend aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2017/20/0361, mwN).
II.3.3.2. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 führt der VwGH unter Verweis auf die innerstaatlichen (§§ 8, 11 AsylG) sowie europarechtlichen (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011- Statusrichtlinie) Bestimmungen aus, dass schon mehrfach in der Judikatur darauf hingewiesen wurde, dass das Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung vor dem Hintergrund der Statusrichtlinie zu beachten ist. Weiters wird ausgeführt, dass allein die Rechtsprechung des EuGH maßgeblich bei der Auslegung ist und nach dessen Rechtsprechung ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz hat ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16 , MP, Rn. 28, mwN).
Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).
Der EuGH hat im Zusammenhang mit der Bedrohung durch Akteure (lit. b) im Urteil vom
18. Dezember 2014, C-542/13 , M'Bodj ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, noch nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz verlange nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
Auch aus der Entscheidung des EuGH in der Rs Abdida, C-562/13 geht hervor, dass eine klare Unterscheidung zwischen der Gewährung von subsidiären Schutz einerseits und der Non-refoulement Entscheidung andererseits notwendig ist (vgl. VwGH vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 Rz 32).
§ 8 Abs. 1 AsylG ist gemäß dem Erkenntnis des VwGH vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 unionsrechtskonform so auszulegen, dass diese Bestimmung - ungeachtet ihres unterschiedslos auf Verletzungen von Art. 2 und 3 EMRK abstellenden Wortlautes - nur in jenen Fällen die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorsieht, in denen dies nach Art. 15 lit. a-c der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie geboten ist. Demnach ist für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erforderlich, dass ein ernsthafter Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht wird oder der ernsthafte Schaden von einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt ausgeht. Es muss demnach nachgewiesen werden, dass diese Gefahr auf Faktoren beruht, die den Behörden dieses Landes direkt oder indirekt anzulasten und ihnen stets bewusst sind. Dies entweder weil die Behörden des Staates, dem der Betroffene angehört, ihn persönlich bedrohen oder diese Bedrohung tolerieren, oder weil diese Bedrohung auf unabhängige Gruppen zurückgeht, vor denen die Behörden ihre Staatsangehörigen nicht wirksam schützen können" (Rz. 30ff). In diesem Sinne ist auch der fehlerhaften Umsetzung der Statusrichtlinie durch den Gesetzgeber Rechnung zu tragen und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 entsprechend dem Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden.
Von § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht umfasst ist die reale Gefahr einer auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführenden Verletzung von Art. 3 EMRK (VwGH aaO Rz 41). Derartiges kann daher allenfalls beim Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung zu berücksichtigen sein (vgl. unten insbesondere im Zusammenhang mit Erkrankungen).
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.3.3. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Georgien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.
II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):
§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:
"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. ...
2. ...
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. - 5. ...
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) ..."
§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von
Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) -(4) ...
§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) - (6) ..."
§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:
"§ 52. (1) ...
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. ...
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. - 4. ...
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3)- (11)..."
§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1)...
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) - (5).
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass der bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann einen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).
II.3.4.4. Basierend auf den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst -bezogen auf das Lebensalter der bP - kurzen Aufenthalt und den Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.
II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl bei der belangten Behörde als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.
II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP ist den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reiste rechtswidrig und schlepperunterstützt in Österreich ein und konnte die bP ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätte sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde. Zudem entzog sich die bP einer Abschiebung und tauchte unter, womit sie ihre Missachtung der Österreichischen Rechtsordnung belegte.
Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.
Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschte, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]
Die bP verfügt über die bereits beschriebenen privaten und keine familiären Anknüpfungspunkte, da die in Österreich lebenden F und K über kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen
- Grad der Integration
Die bP ist -in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und war im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrscht, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist. Zugunsten der bP spricht, dass sie Deutschkurse absolvierte, wenngleich sie lediglich die A1 Prüfung abgelegt hat. Die bP geht zwar aktuell einer Beschäftigung nach und war auch schon zeitweise in Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Dass die bP damit jedoch dauerhaft für sich und ihre Familie sorgen könnte, erhellt sich aus dem Versicherungsdatenauszug nicht, woraus sich ein Jahreseinkommen für 2017 und 2018 von unter 10.000 Eur ergibt.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier nicht vorhandenen- Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Die vorgelegten Empfehlungsschreiben dokumentieren, dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Bundesgebiet aufbaute, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.
Zur anzuerkennenden sozialen Vernetzung der bP und den zahlreichen Unterstützungsschreiben ist festzuhalten, dass die diversen Unterstützungsleistungen und Integrationshilfen der freiwilligen Helfer gesehen werden, diese aber bei der erst relativ kurz in Österreich aufhältigen bP noch zu keiner außergewöhnlichen Integration im Sinne der Judikatur geführt haben. Überdies hat der Pfarrkirchenrat von sich aus die integrativen Maßnahmen getätigt bzw. initiiert und ist die diesbezügliche Integration der bP daher nicht auf ihre eigene Initiative zurückzuführen, wenngleich die Leistungen des Vereins bzw. der Helfer anerkannt werden und festzuhalten ist, dass die bP zumindest diese Angebote angenommen hat. Ähnliches gilt für die freiwillige Feuerwehr und wird nicht verkannt, dass die bP sich damit in einem Verein engagiert und aktiv ist. Zur Unterschriftenliste ist anzuführen, dass diese von Feuerwehrkollegen unterschrieben wurde und darin nichts über die persönliche Bindung zu den bP ausgesagt wird. Es wird auch nicht verkannt, dass die bP freundlich und hilfsbereit ist und bei sozialen Veranstaltungen dabei ist und letztlich Freunde in Österreich gefunden hat. Es widerspricht jedoch den gesetzlichen Regelungen, dass nach einer missbräuchlichen Asylantragstellung quasi als Automatismus durch eine Integration ein Aufenthaltsrecht geschaffen werden kann. Vielmehr sollen im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK Härtefälle abgefangen werden können, ein solcher liegt aber gegenständlich nicht vor.
Für eine nachhaltige Integration in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht sind die nicht verkannten privaten Anknüpfungspunkte - vor allem in Zusammenhang mit der geringen Aufenthaltsdauer - auf jeden Fall zu wenig. Werte wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft etc. sind nicht als Zeichen besonderer Integration anzusehen und werden gerade für Personen, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, vom erkennenden Gericht als selbstverständlich vorausgesetzt.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeergänzung ist es auch nicht widersprüchlich, dass schon die belangte Behörde soziale Kontakte festgestellt und dennoch von keinem schützenswerten Privat- und Familienleben ausgeht. Soziale Kontakte sind nur eine Komponente von vielen bei der Integration und führen damit nicht alleine dazu, dass das Privat-und Familienleben schützenswert ist.
Hinsichtlich der Verweise auf Entscheidungen des BVwG (und letztlich auch der Höchstgerichte) ist darauf hinzuweisen, dass jedes einzelne Verfahren einer Würdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu unterziehen ist. Derartige Einzelfallbetrachtungen wie in den angeführten Entscheidungen sind nicht auf andere Verfahren übertragbar und besteht auch keinesfalls eine Bindungswirkung für die gegenständliche Entscheidung.
Im Besonderen ist in diesem Zusammenhang auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, in denen selbst nach langjährigem Aufenthalt und erfolgten Integrationsschritten seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit;
Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt;
Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; 3 Jahre Berufstätigkeit; gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit;
Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat;
arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit;
unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse;
Vereinsmitglied).
- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]
Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP frei - so wie jedem anderen Fremden auch - sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.
Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennt. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet - unverzüglich - zu verlassen.
Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders zu berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei der bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt worden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.
Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führt. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällen, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die bP verbrachte den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurde dort sozialisiert, gehört der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennt sich zum dortigen Mehrheitsglauben und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es der bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Die bP ist strafrechtlich unbescholten.
Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten ist, relativiert sich durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Die bP reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzte die bP hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.
Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Der bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Auch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die zeitliche Komponente nicht das allein ausschlaggebende Faktum darstellt.
-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die bP
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK -anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.
Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass -wie bereits mehrfach erwähntgem. § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.
- weitere Erwägungen
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Xxxxxxx Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Xxxxxxx Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache SISOJEVA (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser es als nicht erforderlich erachtete, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der bP in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die bP hält sich im Vergleich zum Lebensalter erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf und ist eine Integration im beachtlichen Ausmaß nicht erkennbar. Sie hat den Großteil des Lebens in Georgien verbracht und wurde dort sozialisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen Beziehungen zum Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Georgien eine - wenn überhaupt vorhandene - Integration in Österreich bei weitem überwiegen.
Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der bP in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären wäre.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
II.3.5. Abschiebung
II.3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Im gegenständlichen sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden bzw. werden hierzu bereits an entsprechend passenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses Ausführungen getätigt, welche die in § 50 Abs. 1 und 2 FPG erforderlichen Subsumtionen bereits vorwegnehmen.
Eine im § 50 Abs. 3FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.
Gemäß der Entscheidung, welche bereits im Zusammenhang mit der Gewährung von Subsidiären Schutz teilweise erörtert wurde (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106) sind Umstände, die im Abschiebungsfall zu einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK führen würden, aber für eine Zuerkennung von subsidiären Schutz nicht in Betracht kommen, beim Ausspruch betreffend die Abschiebung zu berücksichtigen.
In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16 , MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH die Ansicht, dass Subsidiärer Schutz und Non Refoulement zu trennen sind, bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 EMRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist:
"45 ... Die vorliegende Rechtssache betrifft mithin nicht den Schutz
vor Ausweisung, der sich nach Art. 3 EMRK aus dem Verbot ergibt, eine Person unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung auszusetzen, sondern die gesonderte Frage, ob der Aufnahmemitgliedstaat gehalten ist, den subsidiären Schutzstatus nach der Richtlinie 2004/83 einem Drittstaatsangehörigen zu gewähren, der von den Behörden seines Herkunftslands gefoltert wurde und dessen schwere psychische Folgeschäden sich bei einer Rückkehr in dieses Land deutlich verschlimmern könnten, wobei die ernste Gefahr eines Suizids besteht.
46 Es trifft ebenfalls zu, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, auch wenn Art. 3 EMRK - wie in den Rn. 39 bis 41 des vorliegenden Urteils ausgeführt - der Abschiebung eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen in ein Land, in dem keine angemessenen Behandlungsmöglichkeiten bestehen, in absoluten Ausnahmefällen entgegensteht, ihm gleichwohl nicht gestattet werden muss, sich im Rahmen des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie 2004/83 in einem Mitgliedstaat aufzuhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M'Bodj, C-542/13 , EU:C:2014:2452, Rn. 40)."
Zu den Auswirkungen, die es haben kann, dass im Herkunftsland des Betroffenen eine geeignete Infrastruktur zur Behandlung physischer oder psychischer Folgeschäden der von den Behörden dieses Landes verübten Folterhandlungen fehlt, führte der EuGH in diesem Urteil aus, der Gerichtshof habe bereits entschieden, "dass der in Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83 genannte ernsthafte Schaden nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslandes sein darf. Die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen angemessener Behandlungsmöglichkeiten in seinem Heimatland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung vorsätzlich verweigert würde, kann keine ausreichende Rechtfertigung dafür sein, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Dezember 2014, M-Bodj, C-542/13 , EU:C:2014:2452, Rn. 35 und 36)".
Schließlich hielt der EuGH in dieser Rechtssache fest, dass (unter anderem) Art. 15 lit. b der Richtlinie 2004/83/EG "im Licht von Art. 4 der Charta dahin auszulegen" ist, "dass ein Drittstaatsangehöriger, der in der Vergangenheit von den Behörden seines Herkunftslands gefoltert wurde und bei der Rückkehr in dieses Land nicht mehr der Gefahr einer Folter ausgesetzt ist, aber dessen physischer und psychischer Gesundheitszustand sich in einem solchen Fall erheblich verschlechtern könnte, wobei die ernsthafte Gefahr besteht, dass er aufgrund eines auf den ihm zugefügten Folterhandlungen beruhenden Traumas Suizid begeht, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus in Betracht kommt, sofern eine tatsächliche Gefahr besteht, dass ihm in diesem Land eine angemessene Behandlung der physischen oder psychischen Folgeschäden dieser Folterhandlungen vorsätzlich vorenthalten wird". Dies zu prüfen sei Sache des nationalen Gerichts. Der EuGH ging insofern von einer Verursachung durch Dritte (Akteure) aus, wenn er es als maßgeblich erachtete, dass der Betroffene in der Vergangenheit von den Behörden seines Herkunftslands gefoltert wurde und ihm nunmehr von den Behörden eine angemessene Behandlung vorsätzlich vorenthalten wird.
Der in dieser Rechtssache (C-353/16 ) zuständige Generalanwalt Bot sieht "die Bestimmung eines Akteurs, von dem der Schaden ausgeht und vor dem geschützt werden muss" als "eines der wesentlichen Kriterien für die Zuerkennung subsidiären Schutzes" (vgl. Schlussanträge 24.10.2017, C-353/16 , MP, Rn. 29). Nach dem Generalanwalt "muss ... nachgewiesen werden, dass diese Gefahr auf Faktoren beruht, die den Behörden dieses Landes direkt oder indirekt anzulasten und ihnen stets bewusst sind, und zwar entweder weil die Behörden des Staates, dem der Betroffene angehört, ihn persönlich bedrohen oder diese Bedrohung tolerieren, oder weil diese Bedrohung auf unabhängige Gruppen zurückgeht, vor denen die Behörden ihre Staatsangehörigen nicht wirksam schützen können" (Rn. 30). Andernfalls "ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes sachlich nicht erfüllt, nämlich die direkte oder indirekte Verantwortung der Behörden des Herkunftslands für die Zufügung eines ernsthaften Schadens, wogegen Schutz geboten ist"
II.3.5.2. Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird darüber hinaus festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei der bP handelt es sich um einen mobilen, jungen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.
Auch steht es der bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Sie stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.
Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden oder das georgische Unterstützungsprogramm für Rückkehrer in Anspruch zu nehmen.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.
II.3.5.3. Die Asylbehörde hat auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung der bP in ihren Herkunftsstaat zulässig. Es sind keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass - auch unter dem Gesichtspunkt des Privat- und Familienlebens des BF - unter Berücksichtigung der konkreten Situation in Georgien die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119).
II.3.6. Die bB erteilte der bP zurecht kein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG, zumal der Aufenthalt der bP nicht gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, dies nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist und die bP auch nicht Opfer von Gewalt wurden, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die bP auch nicht glaubhaft machten, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
II.3.7. Eine Frist zu freiwilligen Ausreise besteht gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht.
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung vorliegen, keine Umstände gegen die Zulässigkeit der Abschiebung sprechen und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, ist die Beschwerde gegen diese Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.
II.3.8. Gem. § 18 Abs. 1 Z 1 kann die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Da -wie bereits wiederholt festgestellt wurde- es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, erkannte die belangte Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Seitens des ho. Gerichts wurde diese mangels Erkennbarkeit des Vorliegens der rechtlicheren Voraussetzungen nicht zuerkannt.
Das ho. Gericht ging davon aus, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftssaat iSd § 19 BFA-VG handelt und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen ist.
In weiterer Folge wurde der Beschwerde gegen die erste Entscheidung des BVwG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und ist durch nunmehrigen inhaltlichen Abspruch eine weitere Entscheidung über die aufschiebende Wirkung obsolet.
II.3.9. Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den Beschluss des VwGH vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die Beschlüsse des VwGH vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die hier gewählte Vorgangsweise entspricht innerstaatlichen, verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben (vgl. insbes. Erk. des VwGH vom 13.12.2018, Ro 2018/18/0008 mwN zur Frage der Zulässigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 BFA-VG im Lichte des Urteils des EuGH 19.06.2018, C-181/16 , Gnandi gg. Belgien) und ist der Zeitpunkt der Abschiebung gem. § 46 FPG seitens der bB im Lichte der Ausführungen des VwGH in seinem Erk. 13.12.2018, Ro 2018/18/0008 festzusetzen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur.
Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
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