VwGH 2009/04/0238

VwGH2009/04/023825.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. Mai 2009, Zl. A14-30- 1702/2009-3, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;
GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 28. Mai 2009 hat der Landeshauptmann von Steiermark dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe "Sprengungsunternehmen" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 13 Abs. 1 und § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 28. März 2007 wegen § 83 Abs. 1 und § 15, § 105 Abs. 1, § 107 Abs. 1 und 2 StGB sowie § 50 Abs. 1 Z. 4 WaffG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Diese Verurteilung sei noch nicht getilgt. Die Behörde habe bei Prüfung der Frage der Erfüllung des im § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorgesehenen Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, zufolge der damit im Zusammenhang getroffenen gesetzlichen Anordnung sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen.

Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales der Eigenart der strafbaren Handlung sei davon auszugehen, dass die gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers strafbare Handlungen zum Gegenstand hätten, die die Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Gewerbe rechtfertigten.

Das in den Straftaten zum Ausdruck kommende Persönlichkeitsbild gebe Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde bei entsprechendem Anlass wiederum ein ähnliches deliktisches Verhalten setzen. Der Beschwerdeführer übe das Gewerbe "Sprengungsunternehmen" aus. Die Ausübung dieses Gewerbes biete jedenfalls Gelegenheit zur Begehung eines Körperverletzungsdeliktes.

Für die Beurteilung des Vorliegens eines Gewerbeentziehungsgrundes nach § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 sei es ohne rechtliche Relevanz, dass die Straftaten nicht mit der Gewerbeausübung im Zusammenhang stünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn (Z. 1) sie von einem Gericht (lit. b) wegen einer strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und (Z. 2) die Verurteilung nicht getilgt ist.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbetreibenden die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des in der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz vom 28. März 2007 bestehenden Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994. Er wendet sich aber gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach seinem Persönlichkeitsbild die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Dazu bringt der Beschwerdeführer vor, dass die der Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten ein einmaliges Fehlverhalten darstellten. Er habe sich davor über einen Zeitraum von 10 Jahren wohlverhalten und es seien ihm auch nach dieser Verurteilung keinerlei Straftaten mehr zur Last gelegt worden. Überdies habe er die Straftat ausschließlich im Familienkreis auf Grund massiver Provokation durch seine Nichte begangen. Auch sei die verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen worden.

Eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag der Beschwerdeführer damit jedoch nicht aufzuzeigen:

Der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 GewO 1994 ist nicht nur gegeben, wenn die zu Grunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen wurde, liegt doch § 13 Abs. 1 leg. cit. als Regelfall ein Sachverhalt zu Grunde, in dem die von dieser Bestimmung erfasste gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch gar nicht im Besitz der Gewerbeberechtigung war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2009, Zl. 2007/04/0195, mwN). Mit seinem Vorbringen, die Straftaten seien nicht bei Ausübung des Gewerbes, sondern in seinem familiären Umfeld begangen worden, und den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln zeigt der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer hat nach dem bei den Verwaltungsakten erliegenden Strafurteil seine Gattin am Körper verletzt bzw. zu verletzen versucht, sie mit Gewalt zur Unterlassung der Verständigung der Polizei genötigt und seine Nichte gefährlich mit einer Verletzung am Vermögen und mit einer Gefährdung durch Sprengmittel bedroht. Das Gericht hat das Zusammentreffen von mehreren Vergehen als erschwerend, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, die Provokation durch die Nichte und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel als mildernd berücksichtigt. Ausgehend von der aus den Tathandlungen zum Ausdruck kommenden Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers kann die Ansicht der belangten Behörde, aus der Eigenart der strafbaren Handlung und dem sich darin manifestierenden Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers sei zu befürchten, der Beschwerdeführer werde solche oder ähnliche Straftaten auch bei Ausübung des Gewerbes "Sprengungsunternehmen", selbst bei Berücksichtigung der der gefährlichen Drohung vorangehenden Provokation, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt und gegen die Begründungs- und Manuduktionspflicht verstoßen, zeigt der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund des Vorgesagten, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

Für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren sind gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz, vielmehr hat die Gewerbebehörde eigenständig unter Berücksichtigung der mit der weiteren Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände eine Prognose zu erstellen. Jedoch können die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben. Vielmehr bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen der Entziehung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt sind (vgl. dazu zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2010, Zlen. 2008/04/0061, 0062). Solche besonderen Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht kann die Beschwerde nicht dartun.

Der Zeitraum des Wohlverhaltens seit der Verurteilung im März 2007 erscheint zu kurz, um auf einen Wegfall der Gefahr der Begehung ähnlicher Straftaten schließen zu können.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht nach § 13a AVG rügt, ist ihm zu entgegnen, dass eine Beratung von Verfahrensparteien in materiellrechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2004/08/0111).

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Jänner 2011

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