BVwG W264 2150511-1

BVwGW264 2150511-113.2.2018

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W264.2150511.1.00

 

Spruch:

W264-2150511-1/16E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lennart Binder LLM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.2.2017, Zl. 1070577508 - 150553410, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 (AsylG) sowie

 

§§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.5.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, dass er am XXXX in Peshawar in Pakistan geboren sei, muslimischer Sunnit sei und der Volksgruppe der Pashtunen angehöre. Er habe zwölf Jahre die Schule in Peshawar besucht und sei verheiratet. Weiters habe er noch eine Mutter

 

(42 Jahre), einen Vater (50 Jahre), drei Schwestern (19, 18 und 14 Jahre) und einen Bruder (18 Jahre). In Afghanistan sei er von 19.11.2012 bis Dezember 2014 gewesen und habe dort bei einer Transportfirma an verschiedenen Orten gearbeitet. Gelebt habe er zu dieser Zeit in Jalalabad. Danach habe er wieder in Peshawar gelebt, bis er dann von dort aus vor ca. drei Monaten nach Europa gereist sei.

 

Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er aufgrund seiner Tätigkeit für die Transportfirma in Afghanistan von den Taliban mit dem Tod bedroht worden sei. Diese hätten sogar bei seiner Familie in Jalalabad nach dem Beschwerdeführer gesucht. Deshalb habe er dann Afghanistan verlassen. In Peshawar habe er aber auch nicht weiter leben können, da dort die Polizei Afghanen ohne Dokumente belästige. Über Befragen, was er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte, gab er an, dass er Angst vor den Taliban hätte. Außerdem sei die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht.

 

2. Der Beschwerdeführer wurde am 20.2.2017 vor dem Bundesasylamt, Regionaldirektion Steiermark, niederschriftlich einvernommen und gab hierbei ergänzend an, dass er zu seinem Vater seit acht Jahren keinen Kontakt mehr habe. Er sei entgegen seiner Angaben in der Erstbefragung ledig und habe keine Kinder. Andere Afghanen hätten ihm gesagt, es wäre dann leichter, "jemanden" (sic!) nachholen zu können.

 

Er sei 2011 aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage seiner Familie zurück nach Afghanistan gegangen und habe anfangs in Kabul einen Job als Koch angenommen und viel Geld verdient.

 

Seine eigene Verwandtschaft sei neidisch auf ihn gewesen und habe ihn verraten. Die Taliban hätten ihn dann bedroht. Er bezeichnete sich als "glücklich, war reich" und gab an, er habe "viel Geld verdient". Die Ausreise habe er mit Ersparnissen iHv US-D 11.000,-- finanziert.

 

Zu dieser Zeit sei seine Mutter mit seinen Geschwistern in Jalalabad gewesen und hätte ihm mitgeteilt, dass die Taliban dort nach ihm suchen würden. Sie hätten zu ihr gesagt, dass, wenn sie den Beschwerdeführer nicht finden würden, würden sie seinen kleinen Bruder nehmen. Der Beschwerdeführer sei dann für ein paar Tage nach Jalalabad zu seiner Familie auf Besuch gefahren. Weil es zu gefährlich gewesen sei, habe seine Mutter ihn gebeten wieder zurück nach Kabul zu fahren. Sie habe ihn daraufhin wieder verständigt, dass die Taliban noch immer nach ihm suchen würden. Die Frage ob er persönlich bedroht worden wäre von den Taliban bejahte er nicht, sondern antwortete ausweichend "ich hatte schon das Gefühl, dass sie mich suchen, aber sie hatten mich Gott sei Dank nicht bekommen".

 

Er sei dann auf Anraten seines Schwagers nach der zweiten oder dritten Bedrohung mit seiner Familie wieder nach Peshawar zurückgekehrt. Nach ca einer Woche sei er wieder zurück nach Kabul gegangen, da er sich in Jalalabad nicht frei bewegen habe können und er immer Angst vor den Taliban gehabt hätte. Dann habe er sich dazu entschlossen Afghanistan zu verlassen.

 

Seine Familie habe bis vor einem Jahr noch in Afghanistan gelebt und sei inzwischen in Amerika und stehe mit ihm in telefonischem Kontakt. Sein Schwager wohne mit seiner Schwester nach wie vor in Jalalabad und sei dort Taxifahrer. Er habe noch viele weitere Verwandte, zu denen er aber keinen Kontakt habe.

 

Über Befragen, warum er von den Taliban bedroht werden sollte, gab der Beschwerdeführer an, dass er denke, dass sein Vater mit den Taliban zusammen arbeite. Auf Befragen, wie er glaube, dass die Taliban erfahren haben, wer er sei, gab er an: "Ich glaube, dass mein Vater etwas zu tun hatte". Diese suchen immer wieder Leute, die mit der Regierung oder ausländischen Firmen zusammen arbeiten und er sei einer davon gewesen, so der BF. Die Frage, ob er bei seinen Transporten jemals persönlich angehalten oder bedroht wurde, verneinte er. Er gab aber zusätzlich an, dass es gefährlich gewesen sei. Sein Vater habe früher in Jalalabad gelebt und wohne inzwischen in ihrem Dorf. Durch ihn würden die Taliban über den Beschwerdeführer Bescheid wissen.

 

Die Frage ob es für ihn möglich gewesen wäre, innerhalb Afghanistans den Wohnsitz zu wechseln, verneinte er und begründete dies mit "das ist wegen der Taliban nicht gegangen. Mein Vater hätte mich auch überall finden können. Außerdem könnte man ohne Job nicht dort leben."

 

Der Beschwerdeführer gibt überdies noch an, dass er sich in Österreich sehr wohl fühle, er wolle Deutsch lernen und hier arbeiten.

 

Im Rahmen der Einvernahme legte er diverse Deutschkursbestätigungen und Empfehlungsschreiben vor. Er habe beim XXXX 2016 mitgewirkt. Diesbezüglich legt er eine Teilnahmebestätigung vor, worin auch eine Empfehlung für den Beschwerdeführer abgegeben wird. Weiters legt er seine Tazkira, seine afghanische Wahlkarte und diverse Schriftstücke vor, welche belegen sollten, dass er für die Transportfirma XXXX gearbeitet habe.

 

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.2.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.5.2015 gemäß

 

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass er eine aktuell drohende individuelle Gefahr einer asylrechtlich relevanten Verfolgung nicht glaubhaft habe machen können. Nach seinen Angaben sei er nie persönlich aufgesucht oder bedroht worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihm seitens der Taliban asylrelevante Gefahr drohe, da er lediglich einen Anruf bei seiner Mutter behauptet habe und erst auf Nachfrage angab, dass diese auch aufgesucht worden wäre.

 

Seine Tätigkeit beim Transportunternehmen habe er äußerst oberflächlich damit beschrieben, Transporte von Kabul nach Baghlan oder Torkham organisiert zu haben. Er habe nicht einmal angeben können, was er transportiert habe. Unlogisch erscheine, dass er nicht einmal nachgefragt hätte, was der Inhalt der Transportfrachtware sei, insbesondere da er diese Tätigkeit offenbar mehrere Jahre verrichtet habe. Die von ihm vorgelegten Bestätigungen stellen keinen Nachweis dar, da diese auch ohne Schwierigkeit mit dem Computer selbst erstellt werden können und er auch seine Identität zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens nachwiesen habe können. Selbst wenn er aber diesen Job tatsächlich ausgeübt hätte, würde er keinesfalls unter die Gruppe der sogenannten High-Profile-Personen fallen, die aufgrund wichtiger, einflussreicher Positionen in größerer Gefahr wären, seitens der Taliban bedroht zu werden. Da sein Fluchtvorbringen als nicht glaubhaft eingestuft worden sei, ergebe sich auch im Falle einer Rückkehr keine Bedrohungssituation. Die allgemeine Situation für Rückkehrer sei in Afghanistan, jedoch seien keine Umstände bekannt, dass in seinem Heimatland eine solche extreme Gefährdungslage besteht, dass gleichsam jeder, der nach Afghanistan zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt wäre. Er könne von seinen Angehörigen in Jalalabad (Schwester und Schwager) unterstützt werden. Der Beschwerdeführer habe auch schon ca drei Jahre in Kabul gelebt und in dieser Zeit auch für seinen Lebensunterhalt gesorgt. Er könne sich daher gegebenenfalls entweder in Jalalabad oder in Kabul eine neue Existenz aufbauen. In Kabul sei die allgemeine Lage vergleichsweise sicher und stabil, auch wenn es dort zu vereinzelten Anschlägen komme. Für eine Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten reiche es nicht aus, sich bloß auf die allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen. Betroffene müssen auch individuelle Umstände glaubhaft machen, die im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

4. Gegen den Bescheid des BFA richtet sich die am 15.3.2017 verfasste und bei der Behörde am 16.3.2017 einlangende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften anficht. Darin regte er die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim VfGH durch das BVwG an, weil er die Bestimmung des § 16 Abs. 1 BFA-VG hinsichtlich der zweiwöchigen Beschwerdefrist für verfassungswidrig halte. Der Beschwerdeführer brachte weiters vor, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren mit mangelhaften Länderfeststellungen geführt habe. Sie habe ihre Feststellungen auf unvollständige und teilweise nicht mehr aktuelle Länderberichte gestützt. Neun Monate alte Länderberichte können bereits als veraltet angesehen werden. Zur aktuellen Situation und Sicherheitslage in Afghanistan und Kabul, zur Rückkehr afghanischer Asylsuchender sowie zur innerstaatlichen Fluchtalternative verweist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf zahlreiche Berichte der unterschiedlichen Organisationen. Der Beschwerdeführer rügt unrichtige Feststellungen aufgrund einer mangelhaften Beweiswürdigung. Zum Vorwurf die Identität des Beschwerdeführers habe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden können, sei auszuführen, dass er eine Tazkira vorgelegt habe und dies in Afghanistan ein absolut übliches und anerkanntes personenbezogenes Dokument darstelle. Zur Ansicht der Behörde der Beschwerdeführer müsse genau wissen, was er bei der Firma XXXX transportierte, damit festgestellt werden könne, dass er dort auch gearbeitet habe, sei zu sagen, dass er bei dieser Firma zuerst als Koch angestellt worden sei. Da er aber so gut rechnen, schreiben und mit dem Computer umgehen habe können, sei er befördert worden und in mehreren Bereichen eingesetzt worden und zwar immer dort, wo man ihn gerade gebraucht habe. Die Container habe der Beschwerdeführer nicht öffnen dürfen. Wenn er dies getan hätte, wäre ihm das sehr teuer zu stehen gekommen und er hätte seinen Job verloren. Zum Beweis, dass er dort gearbeitet habe, könne er noch alte Arbeitsaufträge über seine damalige Mailadresse abrufen. Der vorgelegt Arbeitsvertrag stelle ebenso ein solches Beweismittel dar. Dem Beschwerdeführer werde von den Taliban eine gegen sie gerichtete politische Gesinnung unterstellt, da er für eine ausländische Firma gearbeitet habe und er werde deswegen von ihnen verfolgt. Auch seine Mutter und seine Geschwister seien geflüchtet. Lediglich seine Schwester und sein Schwager leben noch in Afghanistan, die ihn jedoch nicht unterstützen können. Es sei abschließend noch zu betonen, dass sich der Beschwerdeführer äußerst um seine Integration in Österreich bemühe. Er engagiere sich freiwillig in zwei Schulen und habe auch bereits beim "XXXX", Roten Kreuz und österreichischen Bundesheer ehrenamtlich mitgearbeitet. Er bemühe sich stet um neue Kontakte und habe bereits viele Freundschaften geknüpft. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die belangte Behörde zum Schluss komme, dass beim Beschwerdeführer keine individuelle Verfolgung sowie kein Fluchtgrund nach der GFK vorliegen. Aus den zitierten Erkenntnisquellen als auch der Judikatur ergebe sich zudem, dass ein reales Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung sowie einer individuellen Verfolgung im Fall einer Rückkehr bestehe. Es bestehe anders als von der Behörde angenommen keine innerstaatliche Fluchtalternative. Gerade bei einer Verfolgung durch die Taliban sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch seine Verfolger im gesamten afghanischen Staatsgebiet ausfindig gemacht werden könne. Zudem sei - wie aktuelle Länderberichte belegen - die gesamte Sicherheitslage in Afghanistan derart prekär, dass das Leben des Beschwerdeführers im Fall einer Rückkehr jedenfalls in Gefahr wäre. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG sei zudem nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die diesfalls vorzunehmende Interessenabwägung falle aber zugunsten des Beschwerdeführers aus, so sei er strafrechtlich unbescholten, sein Aufenthalt gefährde weder die öffentliche Ruhe oder Ordnung, noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl. Er sei auch sehr um seine Integration in Österreich bemüht und habe hier bereits ein schützenswertes Privatleben aufgebaut. Die Behörde habe die dementsprechend bestätigenden und vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen gänzlich außer Acht gelassen. Es werden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid zur Gänze zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, allenfalls den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur nochmaligen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen bzw. für den Fall der Abweisung der Beschwerde, festzustellen, dass dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zukomme, sowie festzustellen, dass die erlassen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) oder Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vorliegen und eine solche von Amts wegen zu erteilen sei.

 

5. Mit Schreiben vom 6.3.2017 erklärte der BF schriftlich im Rahmen eines "Einspruchs" Näheres zu seiner Tätigkeit bei XXXX und zur Person seines Vaters, seiner Großfamilie. Er habe von seinem Vater meist gewusst, wo sich dieser aufhielt "durch meine ältere Schwester die verheiratet ist und manchmal Kontakt mit meinem Vater hat" und sei aus Angst vor seinem Vater und der dahinter stehenden Großfamilie auch die Mutter des BF mit den jüngeren Geschwistern geflüchtet.

 

In diesem Schriftsatz führt der BF auch zum Fremdenrecht Pakistans aus und berichtet, sie hätten "immer wieder Afghan Citizenshipcards beantragt,...".

 

6. Im Akt liegen ein Empfehlungsschreiben der Frau XXXX vom 20.2.2017, wonach sich der BF im Verein "XXXX" engagiert, an der Grenze Spielfeld zur vollsten Zufriedenheit des Roten Kreuzes und der Polizei über zwei Monate als ehrenamtlicher Übersetzer tätig war und Teilnehmer einer Studierendengruppe an der FH XXXX ist, ein. Es liegt weiters eine Bestätigung über einen Deutschkurs im Pfarrhaus

XXXX bei Frau XXXX, ein Medikamentenverordnungsblatt Dris. XXXX:

"keine Dauermedikation" vom 17.2.2017, ÖSD-Zertifikat A2 "bestanden" vom 23.6.2016, ÖSD-Zertifikat B1 "nicht bestanden" vom 9.1.2017, Stellungnahme der Schulleitung der NMS XXXX über unentgeltliche Mitarbeit im Rahmen der Integration ausländischer Schüler, XXXX der FH XXXX vom 28.1.2017, Teilnahmebestätigung XXXX vom 20.12.2016,

Zeugnis FH XXXX vom 17.2.2017: B1 (Gut); Austria - People und Culture: (Befriedigend), Zeugnis FH XXXX vom 10.10.2016: A2 (Sehr gut); Teilnahmebestätigung FH XXXX vom 28.9.2016: A2/2 (Sehr gut);

Teilnahmebestätigung FH XXXX vom 23.6.2016: Hörverstehen und Sprechtraining (Gut), Teilnahmebestätigung FH XXXX vom 28.6.2016:

Lese- und Schreibtraining (Gut); Teilnahmebestätigung FH XXXX vom 19.7.2016: A2/1 (Befriedigend) ein. Diese Dokumente wurden dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung vorgelegt und in Kopie der Verhandlungsschrift angeschlossen.

 

7. Mit Eingabe vom 10.4.2017 legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines afghanischen Passes zum Nachweis der Identität und des Alters vor.

 

8. Der bezughabende Fremdakt wurde Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Am 22.9.2017 fand die öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der BF bei seinem Fluchtvorbringen verblieb. Er gab an ein Paschtune vom Stamm XXXX zu sein. Er brachte in freier Erzählung vor, dass er das Land habe verlassen müssen, da sein Leben und das seiner Familie in Gefahr gewesen sei. Er habe von November 2012 bis Dezember 2012 in Kabul bei XXXX gearbeitet. 2013 habe er seine Familie von Pakistan (Peshawar) nach Afghanistan gebracht. Er selbst habe in Kabul gearbeitet und seine Familie in Jalalabad sei mehrmals bedroht worden, dass er ein Abtrünniger geworden sei. Ca. dreimal wöchentlich habe er mit seiner Mutter gesprochen. Diese habe erzählt, dass seine Familie mehrmals bedroht worden sei, er habe das nicht zu ernst genommen. Er habe auch nicht daran geglaubt, dass so etwas auch passieren könne.

 

Nach ca. ein, zwei Monaten habe ihn seine Mutter wieder kontaktiert und gesagt, die Drohungen haben sich wiederholt. "Du darfst nicht nach Hause kommen." Er schilderte, seine Familie sei so bedroht worden: "Die sind zu Uns gekommen und haben gesagt, falls sie mich nicht erwischen würden sie Meinen Bruder mitnehmen, entführen. Die Leute sind zur Mittagszeit zu uns gekommen und zum Mittag ist es dort sehr heiß, kaum Leute sind da unterwegs, sehr wenige." Er sei sehr besorgt gewesen und nach langem überlegen trotzdem nach Hause gegangen und ca. 2,3 Nächte dort gewesen.

 

Er sei sehr besorgt gewesen und als er nach Kabul gekommen sei, habe er zu Hause angerufen und mit dem Ehemann seiner Schwester (Schwager) gesprochen und ersucht, dass dieser die Familie zurück nach Pakistan bringe.

 

Sowohl er als auch die Familie sein daraufhin in Pakistan sehr schlecht behandelt worden, Schmiergeld sei gefordert worden. Er sei zurück nach Kabul gefahren um weiter zu arbeiten und sei dort für acht Monate verblieben.

 

Daraufhin schilderte der BF, dass die Afghanen von der pakistanischen Polizei zu diesem Zeitpunkt sehr schlecht behandelt wurden, die Mutter habe einen Unfall gehabt und habe seine Mutter gesagt, er solle kündigen, das Land verlassen und nach Europa gehen. Seine Familie habe es im November 2015 geschafft, Pakistan zu verlassen und befinde sich nun in den USA, seine Schwester - deren Man bei der Nationalarmee gewesen sei und jetzt Taxi fahre - sei in Jalalabad und müsse immer wieder die Wohnung in Jalalabad wechseln.

 

Auf Befragen ob er jetzt alle Gründe für das Weggehen vorgebracht habe, antwortete der BF: "Der Grund war, was ich gesagt habe."

 

Der BF erklärte daraufhin seine Tätigkeiten bei XXXX. Zunächst habe er als Koch angefangen und als entdeckt wurde, dass er ein gebildeter Mensch sei, habe er später als Field Representative für XXXX gearbeitet. Dazu verwies er auf das Dokument Supreme Contrator ID Application Form, welches in Kopie der Verhandlungsschrift angeschlossen wurde. Im Jänner oder Februar 2013 habe er einen Ausweis von XXXX bekommen und die Bedrohungen hätten im Juni 2013 stattgefunden.

 

Der BF übergab dem Gericht unter anderem Kopien von Farbfotos und führte aus, wer die darauf abgebildeten Personen seien. Auf den Farbfotos sind Personen und Fahrzeuge ohne Firmenschriftzüge oder amtliche Kennzeichen sichtbar. Auf den Farbfotos sind Personen in Fahrzeugen bzw bei Fahrzeugen und Personen in Räumlichkeiten abgebildet und ist zu diesen Räumlichkeiten und Fahrzeugen festzuhalten, dass aus den Fotos nicht hervor kommt, wo diese aufgenommen wurden. Auf den Farbfotos sind Dokumente von XXXX abgelichtet: Payment Requisistion SLIP aus Juli 2014 in favour of (zugunsten) Mr XXXX, Requisition aus Juni 2014. Es handle sich dabei um Frachtpapiere über die von ihm organisierten Transporte, so der BF.

 

Auf die Frage ob er seinem Schwager vertraue, gab er an: "zu dieser Zeit kann man niemandem trauen" und auf die Frage ob er ihm getraut habe, als er zu Hause war gab er an: "Ja, teilweise schon."

 

Er gab an, jeden zweiten Monat seinen Namen auf Facebook wechseln zu müssen, er wolle nicht, dass seine Verwandten wissen, wo er sei. Seit er in Österreich ist, habe er ca. viermal bis fünfmal den Facebook Namen geändert.

 

Seit Jahren habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Vater und Gabe an, dass er bei den Transporten für XXXX bloß Beifahrer war.

 

Auf die Frage der erkennenden Richterin "Als Ihnen Ihre Mutter erzählte, dass sie bedroht wird, die Familie, hat die Mutter erzählt, wer die Familie bedroht hat und wie - durch Briefe, Telefon, vorbeikommen?" gab er als Antwort: "Die Leute sind zu uns gekommen, kulturell ist das so, dass die Frauen nicht hinausgehen. Meine Mutter war drinnen und die waren draußen und so haben sie gesprochen und ihn zu gefährlichen Situationen kann man die Türe nicht aufmachen."

 

Erst aufgetragen, was die zu seiner Mutter gesagt hätten, gab er an, die Mutter habe gesagt, dass Leute da waren und nach ihm gefragt hätten und gesagt hätten, dass er für die Amerikaner arbeite und ein Abtrünniger wäre und sie ihn haben wollen und nach ihm suchten. Auf Befragen nach der Häufigkeit des Vorbeikommens gab er an: "Zweimal, eine dritte Chance nicht gegeben".

 

Er schilderte weiters die Fluchtroute und gab an, dass er einen Reisepass gehabt habe und dieser in der Türkei von einem Kurden zerrissen und angezündet worden wäre. Den Reisepass, von welchem er in der Verhandlung zwei je einseitig bedruckte A4-Seiten mit je einer Farbkopie aus einem Reisepass (Doppelseite) als Beilage zu Verhandlungsschrift gab gebracht und von dort an seine E-Mail-Adresse gesendet(Beilage ./D), habe er "damals als er in Afghanistan war auf seiner Speicherkarte Memory Card ‚kopiert'.

Befragt nach der Speicherkarte gab er an: " diese befindet sich in Afghanistan, unterwegs wurde mir mein Handy auch weggenommen." Auf Befragen wann er den Ausdruck aus der Beilage ./D erstellt habe, gab er an: "Gestern" (Anm: 21.9.2017). Auf Befragen wie er dies gemacht habe, gab er an: "Gestern war ich bei Herrn XXXX (Anm: anwesende Vertrauensperson) und dort haben wir Kopierer. Auf die Frage wie er diese "Hardcopies" der Beilage ./D bekommen habe, gab er an: "Aus meinem Handy". Die Bilder habe er von seiner Schwester über Facebook bekommen, die Schwester habe diese Daten aus der Speicherkarte Memory Card, weil diese Speicherkarte bei der Schwester befindlich sei.

 

Die Unterlagen aus der Beilage ./C ( Unterlagen der Firma XXXX) habe er von einem Freund namens XXXX per Facebook beschickt bekommen, dieser sei Chauffeur bei XXXX. Diese Fotos habe er dann auf einer Speicherkarte zu einem Internetcafe gesendet.

 

Am Ende der Verhandlung wurde der BF nochmals zu den in der Beilage ./C abgebildeten Personen befragt und dazu, wann er das letzte Mal dem Chauffeur Kontakt gehabt habe. Dazu gab er an: " der Chauffeur wohnt entweder noch in Afghanistan oder Pakistan. Zu keiner Person, welche auf dem Foto Id dem Schneemann auf Beilage ./C abgebildet ist, habe ich Kontakt. Auch auf dem nachfolgenden Foto mit dem Schneemann ist der Chauffeur abgebildet und habe ich auch zu diesem keinen Kontakt mehr." Die Richterin befragte ihn "Wann haben Sie das letzte Mal mit dem Chauffeur Kontakt gehabt?" dazu gab er als Antwort: " als wir noch in der Arbeit waren." Auf das Nachhaken der Richterin " seit sie in Österreich sind, seit sie geflohen sind?" gab er an: " vor acht Monaten ca., habe ich mit XXXX gesprochen. Er war die einzige Person mit der ich noch in Kontakt war über Facebook".

 

Er bejahte die Frage ober er alle seine Gründe genannt habe, weshalb er Afghanistan verlassen musste und ergänzte "ja, mein Leben war dort in Gefahr". Er verneinte, einmal verfolgt worden zu sein aufgrund dessen, dass er ein Paschtune sei. Ebenso sei er nicht wegen der Religion verfolgt worden und habe ja auch nicht Probleme mit der Polizei, den Behörden oder Gerichten in Afghanistan gehabt.

 

Für den Fall einer Rückkehr befürchte er getötet zu werden und verwies er als Beweis auf ein Foto (Beilage ./F der Verhandlungsschrift). Hier handle es sich um den Leichnam eines Cousins seines Schwagers, so der BF. Dieser sei von den Taliban im Dorf XXXX im Distrikt Sorkhrod in der Provinz Nangarhar (eine halbe Autostunde von Jalalabad) umgebracht worden.

 

Er habe kein Eigentum in Afghanistan. Er sei mit dem Geld, dass er in Afghanistan verdient habe, zufrieden gewesen und habe zwischen USD 800,-- und USD 1.000,-- verdient.

 

Auf Befragen gab er noch einmal an, keine Frau und keine Kinder zu haben.

 

In deutscher Sprache schilderte der BF sehr gut verständlich und in flüssiger Sprache, was er in Österreich tue und berichtete er von seiner Tätigkeit als Saisonier. Daheim zu bleiben sei "langweilig und faul", er arbeite gerne und wolle gerne Becker oder Koch sein. Er habe kein Diplom, aber möchte gerne in diesem Beruf arbeiten und möchte das sowohl er als auch die anderen zufrieden seien.

 

Auf die Frage, ob er zu dem Länderbericht etwas sagen wolle, gab er an: "Sie wissen selber, dass die Situation dort schlecht ist". Für die Abgabe einer Stellungnahme wurde dem Vertreter eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.

 

Weiters legte der BG ein Unterstützungsschreiben der XXXX, BEd, vom 22.9.2017 vor, die Vollmacht des nunmehrigen Vertreters und einen Bescheid des AMS vom 13.9.2017 über seine Beschäftigungsbewilligung als Erntehelfer in der Zeit vom 18.9.2017 bis 29.10.2017.

 

9. Mit Schriftsatz vom 5.10.2017 langte die Stellungnahme zum Länderbericht beim Bundesverwaltungsgericht ein sowie Bestätigungen von XXXX zur Arbeitstätigkeit des BF. Darin werde auf die katastrophale Sicherheitslage in Afghanistan unter Hinweis auf einen Artikel auf www.efe.com sowie die fehlende Existenzmöglichkeit des BF im Falle einer Rückkehr hingewiesen und überdies auf die UNHCR Richtlinie. Der BF sei aufgrund der von ihm dargestellten Verfolgungshandlungen in Gefahr, weil die afghanischen Behörden weder in der Lage noch willig seien, ihm Schutz vor Asyl relevante Verfolgung zu gewährleisten. Unter Hinweis auf die Entscheidung des VwGH 2011/23/0064 führt die Stellungnahme aus, dass auch wenn kein Staat jeden Übergriff eines Dritten verhindern kann, die Frage zu beantworten sei, ob im gegenständlichen Fall eine Verfolgung entsprechender Intensität aufgrund von Konventionsgründen durch Dritte mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

 

Der BF verfüge über keinerlei adäquates soziales oder familiäres auf Fangnetz in seiner Heimat, er habe keinen familiären Rückhalt und stamme aus einer ausgesprochen gefährlichen Provinz, er sei seiner Heimat entwurzelt und sei im Falle einer Rückkehr davon auszugehen, dass er in eine ausweglose Lage geraten würde. Es sei in den Jahren 2016 und 2017 zu einer steten Zunahme sicherheitsrelevanter Vorfälle gekommen und wurde auf ein Update zur Situation in Afghanistan der schweizerischen Flüchtlingshilfe hingewiesen sowie auf den EASO Bericht zur Sicherheitslage in Afghanistan und die UNHCR Anfragebeantwortung zu Sicherheitslage in Afghanistan von Dezember 2016. Für den Fall der Abschiebung des BF bestehe die reale Gefahr Menschen rechtswidriger Behandlung aufgrund der ausgesprochen schlechten Sicherheitslage in Afghanistan und da er über kein familiäres Netz verfüge, dass ihm bei einer Reintegration behilflich wäre. Dazu wurde auch auf einen Artikel aus www.spiegel.de hingewiesen, auf einen Bericht von Amnesty International betreffend die Binnenflüchtlinge.

 

Der BF bemühe sich seit seiner Zeit in Österreich intensiv um eine Integration, er habe die deutsche Sprache bereits in beeindruckende Ausmaß erlernt und soziale Kontakte geknüpft, er sei arbeitsfähig und arbeitswillig und unbescholten und wäre im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung keinesfalls eine Belastung für die Gebietskörperschaft. Es werde daher sucht, in die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen bzw. allenfalls subsidiären Schutz oder eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

 

Vorgelegt wurde die Kopie eines Schreibens vom 6.9.2014, auf welchem als Briefkopf "XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD."

aufscheint. Gefertigt ist dieses von XXXX, HR & Finance Manager) und geht daraus hervor, dass Mr. XXXX als Koch bei XXXX Afghanistan in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014 beschäftigt gewesen sei. Abschließend wird festgehalten, dass der BF ein hervorragendes Verhalten bei seiner Arbeit und gegenüber "co-workers" (Kollegen) an den Tag legte. In dem die Beschäftigung als Koch bestätigendem Schreiben steht, dass er während seiner Beschäftigung bei XXXX Afghanistan ein hervorragendes Verhalten bei seiner Arbeit und gegenüber "co-workers" (Kollegen) an den Tag legte und seine Küche zum Vorbild für andere Küchen gemacht habe und ein exzellenter Trainer für seine Mitarbeiter gewesen sei.

 

Ebenso in Vorlage gebracht wurde die Kopie eines Schreibens vom 6.9.2014, auf welchem als Briefkopf "XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD." aufscheint. Gefertigt ist dieses von XXXX, HR & Finance Manager) und geht daraus hervor, dass Mr. XXXX als Field Representiative bei XXXX Afghanistan in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014 beschäftigt gewesen sei.

 

10. Mit Telefax seines Vertreters brachte der BF dem Gericht die Schulbesuchsbestätigung des Ausbildungszentrums für Sozialberufe der Caritas der Diözese XXXX vom 17.1.2018 zur Kenntnis, wonach der BF im Schuljahr 2017/18 die Übergangsstufe an diesem Ausbildungszentrum in der Zeit von Montag bis Freitag besucht.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des gegenständlich erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem und die Stellungnahme vom 5.10.2017 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

1.1. Zur Person des BF wird festgestellt:

 

Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX in Afghanistan. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, stammt aus der Provinz Nangarhar und ist der Volksgruppe der Paschtunen aus dem Stamm XXXX zugehörig. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Paschtu. Der BF ist ein junger Mann von 27 Jahren, er ist ledig, ohne Sorgepflichten und gesund.

 

Der BF ist in Nangarhar aufgewachsen und hernach hat er in Pakistan gelebt. Der BF hat in Pakistan eine Schulbildung im Ausmaß von 12 Jahren genossen.

 

Der BF hat in Afghanistan Angehörige, zu welchen er Kontakt hält:

seine Schwester samt Schwager in Jalalabad. Der BF hat ca vier Jahre in der Stadt Kabul gewohnt und als Koch und als Field Representative gearbeitet. Der BF spricht auch Englisch und Deutsch.

 

Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Seine Familie lebt in den USA, die älteste Schwester lebt in Jalalabad.

 

Der BF hat laut seinen Angaben kein Vermögen in Afghanistan. Er konnte aber mit seiner Erwerbstätigkeit in Kabul bis zu seiner Ausreise laut seinen Angaben viel Geld verdienen und US-D 11.000,-- ersparen, mit welcher Summe er die Flucht finanziert habe und ist daher davon auszugehen, dass es dem BF wie bei seiner Rückkehr von Pakistan nach Kabul wieder gelingen wird, eine solche Anstellung zu finden oder mit seinem Eifer und seinen Qualifikationen eine Erwerbstätigkeit - allenfalls mit Kontakten aus seinem Stamm - zu finden, welche ihm eine Existenz ermöglicht.

 

Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und hatte keine Probleme mit Behörden, der Polizei oder den Gerichten.

 

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Er besucht im Ausbildungszentrum für Sozialberufe der Caritas der Diözese XXXX im Schuljahr 2017/18 die Übergangsstufe.

 

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF wird festgestellt:

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan von den Taliban bedroht oder verfolgt worden wäre, da er sein dahingehendes Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte, infolge dessen, dass sich sein Fluchtvorbringen bei Gesamtbetrachtung sämtlicher im Verlauf des Verfahrens getätigten Angaben in entscheidenden Punkten als widersprüchlich sowie als nicht schlüssig und plausibel erwiesen hat.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF bei dem Unternehmen XXXX eine high-level-Position bekleidet hätte.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die auf der Kopie des Farbfotos in der Beilage./F dargestellte Person der Cousin des Schwagers des BF ist und durch die Hand von Taliban-Mitgliedern getötet worden wäre.

 

Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass der BF einer konkreten Verfolgung oder Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt ist oder eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten hätte.

 

Es wird festgestellt, dass der BF persönlich nicht glaubwürdig ist.

 

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat wird festgestellt:

 

Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

 

Betreffend seine Heimatprovinz Nangarhar ist zu sagen, dass laut aktuellem Länderbericht vom 30.1.2018 diese Provinz im Westen an die Hauptstadt Kabul angrenzt und deren Provinzhauptstadt Jalalabad 120 Kilometer von Kabul entfernt ist. In dieser Provinz ist der IS aktiv. Einem im aktuellen Länderbericht (nicht namentlich) erwähnten hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten. Seit dem Auftreten des islamischen Staates kommt es nämlich zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen. Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt, nämlich insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte. In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt und mittels militärischen Operationen ist man gewillt, bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien. Einem hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten.

 

Somit besteht betreffend den BF eine allgemeine Gefährdungslage bezüglich Heimatsprovinz Nangarhar und steht ihm in diesem Falle eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in "Kabul" zur Verfügung.

 

Der 27jährige BF ist erst seit Mai 2015 in Österreich. Er pflegt Kontakt mit österreichischen StaatsbürgerInnen, er besucht fleißig Kurse, engagiert sich freiwillig als Dolmetsch für Schulkinder, engagierte sich an der Grenze Spielfeld als Übersetzer, war bei der Kulturreihe XXXX aktiv und nahm bereits als Erntehelfer aktiv am österreichischen Arbeitsmarkt teil. Der BF ist Teilnehmer einer Studierendengruppe an der Fachhochschule XXXX. Der BF spricht flüssig und bereits gut deutsch.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass der BF mit seinem Eifer und seiner in Kabul in qualifizierten Tätigkeiten (Koch, Field Representative) erworbenen vierjährigen Berufserfahrung in Afghanistan in Kabul eine Berufstätigkeit aufnehmen wird können. Der BF wird mit Hilfe seines Schwagers und aufgrund dessen, dass er als Paschtune zur Mehrheitsethnie gehört, soziale Anknüpfungspunkte für das Erlangen eines Arbeitsplatzes nutzen können.

 

Der 27jährige BF ist erst seit Mai 2015 in einem westlichen Land aufhaltig und verbrachte die überwiegende Lebenszeit in Afghanistan und Pakistan und ist seine Muttersprache eine der in Afghanistan gängigen Sprachen, sodass er mit im Kulturkreis dieser Staaten sozialisiert wurde und mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist. Unterstützung hiebei kann ihm von seiner Schwester und deren Ehemann, allenfalls von anderen Paschtunen aus dem vom Stamm XXXX und / oder von den vor Ort ansässigen Hilfsorganisationen und etwa den Programmen des IOM geleistet werden. Überdies kann unter Hinweis auf den Inhalt der vorgelegten Kopien der Schreiben mit dem Briefkopf des Unternehmens XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD., wo sehr positiv berichtet wird, davon ausgegangen werden, dass der BF auch bei XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD. behufs Anstellung vorstellig werden kann.

 

Der BF verfügt über Ortskenntnisse in Kabul, da er dort bereits gelebt und gearbeitet hat.

 

Der BF kann Kabul von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug (Flughafen Kabul) erreichen.

 

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan (aus dem Länderbericht 30.1.2018):

 

KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

 

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

 

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

 

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

 

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

 

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

 

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

 

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

 

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

 

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

 

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

 

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

 

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

 

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

 

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

 

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

 

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

 

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

 

Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

 

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

 

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

 

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

 

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

 

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

 

Kontrolle von Distrikten und Regionen

 

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

 

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

 

Rebellengruppen

 

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

 

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

 

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).

 

Taliban und ihre Offensive

 

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

 

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

 

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

 

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

 

Haqqani-Netzwerk

 

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).

 

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

 

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).

 

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).

 

Al-Qaida

 

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).

 

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

 

Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse

 

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

 

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

 

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

 

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

 

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

 

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

 

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen

 

Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums, vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis, verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen, im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potentielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkter Beseitigungsbemühungen, aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen, zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).

 

Zivile Opfer

 

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

 

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

 

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

 

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

 

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte

 

Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an - nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).

 

Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

 

Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

 

Kabul

 

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

 

Distrikt Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Provinz Kabul

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

  

 

(EASO 11.2016)

 

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

 

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

 

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

 

Nangarhar

 

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o.D.g). Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 Kilometer von Kabul entfernt (Xinhua 10.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.545.448 geschätzt (CSO 2016)

 

 

Gewalt gegen Einzelpersonen

127

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

1.049

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

199

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

460

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

55

Andere Vorfälle

11

Insgesamt

1.901

  

 

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Nangarhar 1.901 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

 

Seit dem Auftreten des Islamischen Staates in der bergreichen Provinz Nangarhar kommt es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen (Xinhua 18.2.2017; vgl. auch: Xinhua 10.2.2017). Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt (Tolonews 19.2.2017). Berichten zufolge sind dies insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte in Nangarhar (Khaama Press 22.1.2017).

 

In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: Khaama Press 21.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; ICT 7.2.2017; Global Times 28.1.2017; Khaama Press 29.12.2016). Auch werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: Khaama Press 16.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; Xinhua 10.2.2017; Xinhua 14.1.2017; Pajhwok 26.7.2016); getötet wurden dabei hochrangige Führer des IS (Khaama Press 16.2.2017; Xinhua 10.2.2017; vgl. auch:

Shanghai Daily 4.2.2017), aber auch Anführer der Taliban (Khaama Press 29.12.2017). In manchen Teilen der Provinz hat sich die Sicherheitslage aufgrund von militärischen Operationen verbessert (Pajhwok 19.9.2016). Einem hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten (Khaama Press 24.1.2017).

 

Religionsfreiheit

 

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9 .2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9 .2016).

 

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

 

Ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

 

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

 

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9 .2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).

 

Paschtunen:

 

Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 13.4.2016). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

 

Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

 

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

 

Ausführliche Informationen zu Paschtunen und dem Paschtunwali, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.

 

Auszug aus dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016), S. 13 - 17, S. 30 - 60:

 

Die Paschtunen sind die einzige ethnische Gruppe in Afghanistan, welche über eine so stark ausgeprägte Stammesstruktur mit einer allumfassenden genealogischen urologischen Tradition verfügt, in der theoretisch jedes heute lebende Mitglied seine Herkunft von einem legendären Ahnen aller Paschtunen herleiten und die entsprechenden Verbindungsglieder benennen kann. Vergleichbare Stammesstrukturen sind auch bei anderen ethnischen Gruppen vorhanden, aber sie weisen nicht die genealogischen Tiefe der paschtunischen Stammesstruktur auf. Große paschtunische Stammesverbände in Afghanistan sind etwa die Yusufzai mit den Untergruppen der XXXX, Afridi, Shinwari, Waziri, Safi, Mangal ua.

 

Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte. Wenn zwei Paschtunen auf irgendeiner Ebene gemeinsame Vorfahren entdecken, kann es sein, dass aus einer Zufallsbekanntschaft schnell eine Beziehung mit weitreichenden Verpflichtungen und Hilfsangeboten wird.

 

Das Paschtunwali ist ein gesellschaftlicher, kultureller und gesetzesähnliche Kodex, der die Lebensführung, den Charakter und die Ordnung der Paschtunen Größtenteils regelt, leitet und ausgleicht. Als Paschtunwali wird das Gewohnheitsrecht bezeichnet, dass die geistige Lebenseinstellung, die allen Paschtunen gemeinsam ist, widerspiegelt und für die Paschtunen schon seit grauer Vorzeit gilt. Auch wenn das Paschtunwali nicht das staatliche Recht darstellt, behandelt es alle Sitten, Traditionen, das gesamte Erbe, Gewohnheitsrecht, Brauchtum und die gesellschaftlichen Beziehungen und bildet so das System der sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen des Stammes vollständig ab.

 

Somit ist es im täglichen Leben allen immer präsent. Das Paschtunwali gilt für jeden, der in einem Siedlungsgebiet der Paschtunen lebt.

 

Ein wesentlicher Kodex des Paschtunwali ist Melmastiya (Gastfreundschaft): Gastfreundschaft ist ein wesentlicher Aspekt des Paschtunwali. Melmastiya Bedeutet allen Besuchern Gastfreundschaft und tief empfundenen Respekt entgegenzubringen, unabhängig von Rasse, Religion, nationaler Zugehörigkeit und wirtschaftlichem Status und ohne Erwartung einer Belohnung oder von Vorteilen. Melmastiya verlangt auch, dass dem Gast Sicherheit gewährt wird.

 

(nachfolgend wieder Auszüge aus dem aktuellen Länderbericht):

 

Rückkehr

 

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

 

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).

 

Afghanische Rückkehrer/innen, afghanische Flüchtlinge und nicht registrierte

 

Afghan/innen

 

Pakistan

 

Pakistan hat seit 1978 nicht weniger als eine Million Afghan/innen beherbergt. In den Jahren 1986 bis 1991 waren etwa drei Millionen Flüchtlinge in Pakistan. Zwischen 2002 und 2015 unterstütze UNHCR 3,9 Millionen Afghan/innen bei der Rückkehr. Der Großteil davon kehrte bis Ende 2008 zurück, danach ging die Rückkehrrate signifikant zurück (HRW 13.2.2017).

 

Wegen zunehmender Spannungen zwischen der afghanischen und pakistanischen Regierung (Die Zeit 13.2.2017), waren im Jahr 2016

249.832 Afghan/innen entweder freiwillig oder durch Abschiebung aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Stand: 7.1.2017) (IOM 8.1.2017).

 

Bis Ende 2017 soll eine weitere halbe Million Afghan/innen aus Pakistan zurückkehren. Die Anzahl der Rückkehrer/innen ist in den letzten zwei Jahren stetig gestiegen (DAWN 12.1.2017). In der ersten Jännerwoche 2017 kehrten 1.643 nicht registrierte Afghan/innen aus Pakistan (freiwillig oder im Rahmen von Abschiebungen) nach Afghanistan zurück (IOM 8.1.2017). In der zweiten Jännerwoche sind insgesamt 1.579 nicht registrierte Afghan/innen über Nangarhar und Kandahar, entweder freiwillig oder im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt. IOM hat im Berichtszeitraum 79% nicht registrierte Afghan/innen unterstützt; dies beinhaltete Essen und Unterbringung in Transitzentren in Grenznähe, sowie Haushaltsgegenstände und andere Artikel für Familien, spezielle Unterstützung für Personen mit speziellen Bedürfnissen, eine ein-Monatsration vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) und andere relevante Hygieneartikel. Im Rahmen einer Befragung gaben 76% Ende 2016 an, Nangarhar als Niederlassungsprovinz zu wählen, für 16% war dies Kabul, für 4% war es Laghman, 2% gingen nach Kunar und weitere 2% nach Logar (IOM 15.1.2017).

 

Im Februar 2017 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) einen Bericht, in dem von "Zwangsrückführungen" afghanischer Flüchtlinge gesprochen wird (HRW 13.2.2017). Der HRW-Bericht basiert auf 115 Interviews mit afghanischen Rückkehrer/innen nach Afghanistan, sowie afghanischen Flüchtlingen und nicht registrierten Afghan/innen in Pakistan (DAWN 13.2.2017; vgl. auch: HRW 13.2.2017). UNHCR hatte im Juni 2016 die finanzielle Unterstützung für jede Rückkehrer/in von US$ 200 auf US$ 400 erhöht (HRW 13.2.2017). HRW argumentiert, dies sei ein Faktor, der afghanische Flüchtlinge dazu bewogen habe nach Afghanistan zurückzukehren. Laut UNHCR wurden 4.500 Rückkehrer/innen bei Ankunft interviewt, von denen keiner die Bargeldzuschüsse als primären Faktor für die Rückkehrentscheidung angab (DAWN 13.2.2017). Als Gründe für die Rückkehr wurden unter anderem folgendes angegeben: Einrichtung formeller Grenzkontrolle in Torkham; große Besorgnis über die Gültigkeit der Proof of Registration Card (PoR-Cards); Kampagne der afghanischen Regierung in Pakistan ("home sweet home"), die Afghan/innen bat nach Hause zurückzukehren (UNHCR 3.2.2017).

 

Zahl der Afghan/innen, die von Pakistan in den Jahren 2009 - 2016 zurückgekehrt sind

 

Iran

 

Seit 1. Jänner 2016 sind insgesamt 461.112 nicht-registrierte Afghan/innen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt. In der zweiten Jännerwoche 2017 sind insgesamt 9.378 nicht registrierte Afghan/innennach Afghanistan durch Herat oder Nimroz zurückgekehrt; von diesen sind 3.531 freiwillig und 5.847 im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt - 2% der nicht registrierten Afghan/innen, die in den Transitzentren in Herat oder Nimroz ankamen, wurden von IOM unterstützt. Dazu zählten 101 UMF (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge), denen IOM eine besondere Unterstützung zukommen ließ, inklusive medizinischer Behandlung, sichere Unterkünfte und die Suche nach Familienangehörigen (IOM 15.1.2017).

 

Ein UNHCR-Vertreter berichtete, dass afghanische Flüchtlinge in Gegenden zurückkehrten, in denen der Friede wieder hergestellt wurde. Dennoch sei es schwierig, alle afghanischen Flüchtlinge eines Jahres zu verteilen, da der Iran afghanische Migrant/innen zurückschickt und Afghanistan eine Anzahl wohnungsloser Menschen hat, die zusätzlich die Situation verkomplizieren (Pakistan Observer 2.1.2017). Die IOM-Transitzentren in Grenznähe bieten elementare Unterkünfte, Schutz für unbegleitete Minderjährige, Haushaltsgegenstände (Töpfe und Pfannen), sowie Transportmöglichkeiten für Familien, um sich in ihren Wunschgebieten ansiedeln zu können (DAWN 12.1.2017).

 

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

 

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

 

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

 

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9 .2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

 

Staatliches Pensionssystem

 

Es ist nur ein öffentliches Rentensystem etabliert. Das übliche Rentenalter liegt zwischen 63 und 65 Jahren, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Personen, die in Afghanistan gearbeitet haben, haben Zugang zu Rentenzahlungen. Es gibt keine Einschränkungen, die einzige Voraussetzung ist, dass die Person mehr als 32 Jahre gearbeitet hat und zwischen 63-65 Jahren alte ist. Menschen mit körperlichen oder psychischen Behinderungen werden als vulnerabel/schutzbedürftig eingestuft. Sie können Sozialhilfe beziehen und zumindest körperlich benachteiligte Menschen werden in der Gesellschaft respektvoll behandelt. Schwierig ist es allerdings mit mental erkrankten Menschen, diese können beim Roten Halbmond und in entsprechenden Krankenhäusern (Ali Abad Mental Hospital, siehe Kontakte) behandelt werden (IOM 2016).

 

Es gibt keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Arbeitsministerium und der NGO ACBAR (www.acbar.org ) angeboten (IOM 2016).

 

Erhaltungskosten in Kabul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

 

Wohnungssituation in Sar-e Pul

 

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Sar e Pol für zwei Personen belaufen sich auf ca. 180-200 USD pro Monat. Die monatlichen Mietkosten für ein durchschnittliches Haus betragen ca. 70-90 USD und 150-200 USD pro Monat für ein Luxusapartment (IOM 4.8.2016).

 

Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan

 

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto (IOM 2016).

 

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten (IOM 2016).

 

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten (IOM 2016). Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet (IOM 2016; vgl. auch: Western Union Holdings, Inc 2016 und Azizi Bank 2014).

 

Memorandum of Understanding (MoU)

 

Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Schweden haben seit 2002 mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen (MoU - Memorandum of Understanding) zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u. a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien schieben abgelehnte Asylbewerber/innen afghanischer Herkunft nach Afghanistan ab. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Der afghanische Flüchtlingsminister Balkhi (seit Ende Januar 2015 im Amt) lehnt die Rücknahme von afghanischen Flüchtlingen ab und ignoriert die MoUs, wurde jedoch von Präsident Ghani in seinem Einfluss beschnitten. Ein deutsch-afghanisches Rücknahme-MoU wurde am 2. Oktober 2016 in Kabul unterzeichnet (AA 9 .2016).

 

Verkehrswesen

 

Das Verkehrswesen in Afghanistan ist eigentlich recht gut. Es gibt einige angemessene Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte. Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit. Busverbindungen existieren auf der Kabul/Herat Straße nach Kandahar; Ausländern ist es nicht erlaubt, in den Bus einzusteigen. Es gibt aber Ausnahmen - in der Verbindung Mazar-e Sharif nach Kabul, war es erlaubt, ohne dass Fragen gestellt wurden (Uncharted Backpacker 3.2016).

 

In den Provinzen Balkh, Samangan und Panjshir konnte ein Taxi gemietet werden. Die Taximietung ist eine gute Option, da man sein Fahrziel frei wählen kann und die Fahrer wissen, wie man es sicher erreichen kann. Gleichzeitig ist es auch relativ kostengünstig (Uncharted Backpacker 3.2016).

 

Beispiele für Taxiverbindungen

 

Kabul

 

In Kabul gibt es mehr als 40.000 Taxis. Der Fahrpreis wird noch vor dem Einsteigen mit dem Fahrer ausverhandelt (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.). Bis zu 80% der Taxis in Kabul sind Toyota Corolla (Khaama Press 29.11.2013).

 

Mazar-e Sharif & Herat

 

Private Taxis stehen hier so wie in der Hauptstadt Kabul ebenso zur Verfügung, aber zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

 

Kandahar

 

Taxiverbindungen existieren in Kandahar. In den anderen Gebieten der südlichen Regionen existieren private Fahrzeuge bzw. informelle Taxis. Die Kosten hängen von der Größe/Type des Fahrzeuges und der Destination ab (BAMF 10.2014).

 

Parwan

 

Es existieren Taxiverbindungen, aber auch Verbindungen durch Minivans und Motorräder (UNHCR o.D.).

 

Beispiele für Busverbindungen

 

Kabul

 

In Kabul stehen viele Busse für Fahrten innerhalb Kabuls und die angrenzenden Außenbezirke zur Verfügung (Afghan Embassy Washington D.C. o.D.; vgl. auch: Tolonews 26.7.2015). Der sogenannten "Afghan Milli Bus Enterprise", dem staatlich betriebenen Busunternehmen, wurden in den vergangenen 14 Jahren bereits 900 Busse zur Verfügung gestellt. Im Juli 2015 wurde verlautbart, dass weitere 1.000 Busse von Indien gespendet werden würden (Tolonews 26.7.2015).

 

Für Reisen zwischen den Provinzen variieren die Preise ja nach Destination und Entfernung:

 

 

Distanz

Preis

Kabul - Herat

AFA 2.000

Kabul - Mazar-e Sharif

AFA 1.500

Kabul - Kandahar

AFA 1.500

Kabul - Bamyan

AFA 1.500

Kabul - Jalalabad

AFA 1.000

Kabul - Kunduz

AFA 1.400

Kabul - Maimana

AFA 2.000

  

 

(BAMF 10.2014)

 

Mazar-e Sharif & Herat

 

Öffentliche Busse verkehren für AFA 2 - 5 bis an den Stadtrand. Private Busse stehen ebenso zur Verfügung, allerdings zu höheren Preisen (BAMF 10.2014).

 

Nimroz

 

Es existieren Busstationen in der Provinz (NYT 18.10.2012).

 

Ahmad Shah Abdali Bus Service

 

Laut einem offiziellen Vertreter ist dies das größte Busunternehmen in Afghanistan. Die Busse dieser Firma transportieren Passagiere von Kandahar nach Kabul, Helmand, Nimroz, Herat und in andere Provinzen. In den letzten Jahren fuhren 60-80 Bussen innerhalb von 24 Stunden zwischen Kandahar und Kabul, aber die Zahl ist auf 20 bis 30 täglich zurückgegangen. Die Straße ist in schlechtem Zustand und die Brücken auf dieser Strecke wurden zerstört. Überfälle und Belästigungen von Passagieren durch Aufständische sind gestiegen, besonders im Bereich des unsichersten Teils dieser Strecke in der Provinz Ghazni. Der Verkehr wird nur in Kandahar kontrolliert. Laut diesem Vertreter wird der Verkehr sonst nirgends kontrolliert, sodass häufig Unfälle vorkommen (Pajhwok 18.3.2015).

 

Beispiele für Motordreirad/ Tuk Tuk/ Rikscha-Verbindungen

 

Häufig werden Tuk-tuks - auch Zarang genannt in Afghanistan - verwendet (Olivier Chassot 17.4.2014), entweder als Taxi oder um Materialien zu transportieren (Olivier Chassot 17.4.2014; vgl. auch:

Jami Herat 10.12.2014), wie zum Beispiel in den folgenden Provinzen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unter anderem werden Rikschas in den Provinzen Bamyan (Pajhwok 11.5.2015) und Khost (U.S. Army 24.7.2010) als Krankenwagen verwendet (Pajhwok 11.5.2015; vgl. auch: U.S. Army 24.7.2010).

 

In Afghanistan werden Rikschas auch von Afghaninnen als Transportmittel verwendet (UN News Centre 3.10.2012; vgl. auch: AFP 5.4.2014; RTE 5.4.2014; Indranil Mukherjee 2005)

 

Flugverbindungen

 

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

 

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

 

Internationaler Flughafen Kabul

 

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

 

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

 

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

 

Internationaler Flughafen Kandahar

 

Der internationale Flughafen Kandahar hat 37 Stellplätze für insgesamt 250 Flugzeuge. Laut einem offiziellen Vertreter des Flughafens ist sowohl die externe als auch interne Sicherheit des Flughafens zufriedenstellend und der Flughafen sicherer als andere Flughäfen im Land. Der Flughafen ist Ziel nationaler, sowie auch internationaler Flüge z.B. aus Indien, Iran, Dubai und anderen Abflugsorten. Hinkünftig sollen auch Flüge der Turkish Airline den Flughafen Kandahar anfliegen, nachdem auch die Türkei ein Konsulat in dieser Provinz eröffnet hat. Ferner hat die in Bahrain ansässige Firma DHL Express damit begonnen Frachtflüge zum Flughafen Kandahar durchzuführen. Ein Teil des Flughafens steht den internationalen Streitkräften zur Verfügung. Eine separate Militärbasis für einen Teil des afghanischen Heeres ist ebenso dort, wie andere Gebäude für Firmen (Pajhwok 3.6.2015).

 

Internationaler Flughafen Herat

 

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

 

Helikopter

 

Im Jahre 2010 wird von 11 behördlich genehmigten Hubschrauberlandeplätzen - (Heliport oder Helipad), die in Afghanistan existieren, gesprochen (Lexas 20.12.2010), während es im Jahr 2013 nur noch 9 Hubschrauberlandeplätze waren (The World Factbook 25.2.2016).

 

Zugverbindungen

 

Das afghanische Straßennetzwerk ist sehr verkehrsreich - der Transport einer großen Menge von Wirtschaftsgütern und eine große Menge von Passagieren durch eben dieses Straßennetzwerk, haben zu großen Herausforderungen für die Straßeninfrastruktur und deren Instandhaltung geführt (AFRA o.D.).

 

Im März 2016 verlautbarte das Ministerium für öffentliche Bauarbeiten Vorgespräche zwischen den drei Ländern Afghanistan, Iran und Indien bezüglich des Aufbaus von Zugverbindungen zwischen dem iranischen Hafen Chabahar in die westliche Provinz Herat (Tolonews 14.3.2016; vgl. auch: Khaama Press 14.3.2016). Es wird erwartet, dass Afghanistan einen Meereszugang durch den strategischen Chabahar Hafen im Iran bis Ende nächsten Jahres erhält. Die Arbeiten am Hafen wurden diesbezüglich bereits aufgenommen. Der Hafen wird Afghanistan Zugang zu der Garland Autobahn gewähren (Khaama Press 14.3.2016), und zwar über das existierende iranische Straßennetzwerk und die Zaranj-Delaram Straße, welche von Indien im Jahr 2009 errichtet wurde (Khaama Press 14.3.2016; vgl. auch: ISW o.D.). Dies bedeutet folglich einen direkten Zugang zu den vier bedeutendsten Städten in Afghanistan, nämlich Herat, Kandahar, Kabul und Mazar-e Sharif (Khaama Press 14.3.2016).

 

Beispiel für int. Zugverbindungen nach Afghanistan

 

Nach Testläufen wurde im August 2011 die erste Zugverbindung zwischen dem an der afghanischen Grenze gelegenen Hairatan in Usbekistan nach Mazar-e Sharif aufgenommen. Die Streckenlänge beträgt 75 Kilometer (Railway Technology o.D.; vgl. auch: IPS News 27.3.2015).

 

Erwartet wird, dass bis Ende des Jahres täglich ein Güterzug aus der chinesischen Stadt Yiwu nach Afghanistan, bis Mazar-e Sharif, fahren wird; der Weg dorthin ist 7.500 km lang; die Fahrt dauert 15 Tage (Dawn 29.8.2016).

 

In seinen "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016" schreibt UNHCR (zusammenfassende Darstellung des UNHCR vom 04.05.2016):

 

Laut UNHCR können folgende Asylsuchende aus Afghanistan, abhängig von den im Einzelfall besonderen Umständen, internationalen Schutz benötigen. Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:

 

(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;

 

(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;

 

(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;

 

(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;

 

(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;

 

(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;

 

(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

 

(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;

 

(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;

 

(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

 

(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;

 

(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;

 

(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;

 

(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und

 

(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie deren Familienangehörige).

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Fremdakt und dem Ermittlungsverfahren des Gerichts. und des BVwG. Das Protokoll der Erstbefragung, die Niederschrift vor der belangten Behörde sowie das Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichts wurden vom BF durch seine Unterschrift hinsichtlich ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit bestätigt. Das Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichts wurde dem BF rückübersetzt, seinem Vertreter zur Durchsicht vorgelegt und wurden nach Rückübersetzung keine Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhoben.

 

2.1. Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen zur Person des BF fußen nicht nur auf den Angaben des BF sowohl bei der Erstbefragung, der Einvernahme vor der belangten Behörde und seinen Angaben in Gerichtsverfahren, sondern auch auf der persönlichen Wahrnehmung der erkennenden Richterin und ist der Vollständigkeit halber an dieser Stelle festzuhalten, dass es der BF sowohl im Antragszeitpunkt als auch in den Zeitpunkten der Einvernahmen im Asylverfahren und bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht volljährig war, sodass die vorgebrachte Fluchtgeschichte und allfällige Widersprüche und Ungereimtheiten nicht unter dem Aspekt einer Minderjährigkeit des BF zu würdigen ist.

 

Überdies fußen die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen zur Person des BF auch auf allen von ihm im Verfahren vorgelegten Beweismittel, welche unter I. genannt sind.

 

Die Identität des BF steht mit der für das Verfahren ausreichenden Sicherheit fest. Die oben getroffenen Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im Asylverfahren, da seine Identität - mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente oder anderer relevanter Bescheinigungsmittel - nicht abschließend geklärt werden konnte.

 

Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Paschtu.

 

Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung in Zusammenschau mit den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Medikamentenverordnungsblatt Dris. XXXX: "keine Dauermedikation" vom 17.2.2017) und ist im Verfahren auch sonst nicht Gegenteiliges zu Tage gekommen.

 

Da der BF bei der belangten Behörde angab, ledig zu sein und er erklärte, dass seine bei der Polizei gemachte Angabe verheiratet zu sein, dem geschuldet war, dass ihm andere Afghanen dazu geraten hätten, da es dann leichter wäre, jemanden nachholen zu können und er auch vor dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung angab, ledig zu sein, wird dies den Feststellungen zu seinem Familienstand zugrunde gelegt.

 

Die unter II.1.1. getroffene Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit beruht auf den Angaben des BF, welche durch Einsicht in den aktuellen Strafregisterauszug verifiziert wurden. Die Feststellung, dass der BF in Afghanistan nicht vorbestraft ist, weder mit den Behörden, noch den Gerichten oder der Polizei hatte, beruht auf seinen im Verfahren gleich gebliebenen Angaben.

 

Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen zum Engagement des BF und seiner Tätigkeiten und Bildungsbestrebungen in Österreich fußt auf den vorgelegten oben unter I. wiedergegebenen Dokumenten.

 

2.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

 

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen ist jedoch, wie bereits die belangte Behörde festgestellt hat, als nicht glaubhaft zu qualifizieren. Dies aufgrund nachstehender Erwägungen:

 

Im Wissen, dass eine Erstbefragung sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, erfolgt an dieser Stelle keine unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung, aber ist zu berücksichtigen, dass der BF sehr gewissenhaft bei der Befragung vor der belangten Behörde am 20.2.2017 klarstellte, dass er zunächst bei der Erstbefragung auf Anraten Dritter einen anderen Familienstand angab. In der Eingabe seines als Einspruch bezeichneten Schreibens vom 6.3.2017 ist erkennbar, dass der BF bemüht war, seine Mitwirkungspflicht zu erfüllen. Darin lieferte der BF Erklärungen, so unter anderem zur Person des Vaters. Er gab an:

"Meine Großfamilie fand mich jedoch auch in Kabul vielleicht durch Facebook, oder durch meinen jüngeren Bruder er hatte meine Nummer". Der BF brachte nichts Näheres etwa dazu vor, wie die behauptete Bedrohung durch die Taliban ausgesehen habe. Während er in der Erstbefragung noch erwähnte: " [...] wurde ich von den Taliban mit dem Tod bedroht. Die Taliban waren auch einmal bei meiner Familie in Jalalabad und suchten nach mir. Deshalb verließ ich Afghanistan."

Das verbum "auch" im Zusammenschau mit seiner Angabe "wurde ich von den Taliban mit dem Tod bedroht" verdeutlicht, dass er persönlich von Taliban mit dem Tod bedroht worden wäre und zusätzlich (Anm: verbum "auch") die Familie von den Taliban aufgesucht worden wäre, dies laut seinen Angaben bei der Erstbefragung "einmal". Diese Passage aus dem Protokoll der Erstbefragung wurde im bekämpften Bescheid auf Seite 3/71 wörtlich wiedergegeben und erfolgte seitens des BF hiezu keine Korrektur mit seiner als Einspruch bezeichneten Eingabe vom 6.3.2017.

 

Der Dreh- und Angelpunkt des Fluchtvorbringens des BF ist die Bedrohung durch die Taliban. Dazu ist zu sagen, dass er bei der belangten Behörde am 20.2.2017 nicht bejahte persönlich bedroht worden zu sein und auf diese Frage bloß ausweichend sagte "ich hatte schon das Gefühl, dass sie mich suchen, aber sie hatten mich Gott sei Dank nicht bekommen". Damit deckt sich sein Vorbringen bei der belangten Behörde nicht mit jenem der Erstbefragung und handelt es sich nicht bloß um ein geringfügiges Detail seiner Fluchtgeschichte und auch nicht um tiefgehendes Fluchtdetail, dessen Abfrage nicht in der Erstbefragung zu erfolgen hätte.

 

In der Verhandlung kam durch die Angaben des BF hervor, dass der ledige BF seine Mutter und Geschwister als seine Familie bezeichnet.

 

Während laut Angaben in der Erstbefragung die Taliban "einmal auch" zur Familie gekommen wären, gab er vor der belangten Behörde dann zur behaupteten von den Taliban seiner Mutter gegenüber an ihn gerichteten Bedrohung an: "nach der zweiten oder dritten Bedrohung habe ich mit meinem Schwager gesprochen, er hat uns dann geholfen nach Peshawar zu kommen." und bringt er damit vor, dass die Familie nicht bloß "einmal" sondern "zweimal oder dreimal" von Taliban aufgesucht worden wäre. Hingegen vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte er auf die Frage der erkennenden Richterin "Als Ihnen Ihre Mutter erzählte, dass sie bedroht wird, die Familie, hat die Mutter erzählt, wer die Familie bedroht hat und wie - durch Briefe, Telefon, vorbeikommen?" gab er als Antwort: "Die Leute sind zu uns gekommen, kulturell ist das so, dass die Frauen nicht hinausgehen. Meine Mutter war drinnen und die waren draußen und so haben sie gesprochen und ihn zu gefährlichen Situationen kann man die Türe nicht aufmachen." Auch hier blieb der BF in seinen Ausführungen rund um eine durch die Taliban an seine Person gerichtete Drohung bloß vage und schildert keine konkrete Schilderung über den Inhalt des Gesprächs ("Drohung") sondern bloß das Procedere des behaupteten Zusammenkommens.

 

Als daraufhin die Richterin nachfragte "Was haben die zu Ihrer Mutter gesagt?" führte er aus, dass die Mutter erzählt habe, dass Leute da waren und nach ihm gefragt hätten und gesagt hätten, dass er für die Amerikaner arbeite und ein Abtrünniger wäre und sie ihn haben wollen und nach ihm suchten. Auf Befragen nach der Häufigkeit des Vorbeikommens gab er an: "Zweimal, eine dritte Chance nicht gegeben" und damit widerspricht der BF seinen im Feber 2017 vor der belangten Behörde gemachten Angaben! Vor dem Bundesverwaltungsgericht betont er, dass er durch Flucht den Taliban die eine Chance für eine dritte Bedrohung genommen hätte.

 

Der BF sprach in der Erstbefragung davon, dass er persönlich von Taliban mit dem Tode bedroht worden wäre und die Taliban auch einmal bei seiner Familie in Jalalabad gewesen seien um ihn zu suchen, während er bei der belangten Behörde eine gegen ihn persönlich gerichtete Bedrohung auf Nachfrage nicht vorbrachte, sondern bloß "ein Gefühl, dass sie ihn suchen würden" ins Treffen führte und hinsichtlich Besuch der Taliban bei seiner Familie von einer dritten Drohung Bedrohung der Taliban sprach. Vor dem Gericht hingegen hielt er ausdrücklich fest, den Taliban eine dritte Chance für eine Drohung nicht gegeben zu haben!

 

Die Bedrohung durch Aufständische (Taliban) ist Dreh- u. Angelpunkt der Flucht des BF und es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Häufigkeit der behaupteten Bedrohungssituationen nicht in das Gedächtnis des BF derart verankert hat, dass er gleichbleibend darüber berichtet. Der BF vermochte keine Details einer Drohung dartun und trug das Fluchtvorbringen nicht gleichbleibend vor. Auch hat der BF mit seiner als Einspruch titulierten Eingabe vom 6.3.2017, wo er auf einzelne Passagen des bekämpften Bescheid unter Angabe der Seite repliziert, nicht etwa Näheres zur Diskrepanz seiner Angaben ausgeführt und vor dem Bundesverwaltungsgericht nochmals Abweichungen zu dem bisher Vorgebrachten vorgetragen.

 

Es ist daher aus diesem Grunde auszugehen, dass sich der BF nur einer konstruierten Geschichte bedient und wird dies dadurch bestärkt, dass der BF zunächst beim Familienstand eine unrichtige Angabe machte und dies, um es leichter zu haben, "jemanden" nachzuholen. Damit erweckt der BF den Eindruck, aufgrund des Interesses daran Asyl gewährt zu bekommen, geneigt zu sein, für ihn günstige Angaben zu machen.

 

Darüber hinaus erschütterte der BF seine Glaubwürdigkeit auch mit den Ausführungen rund um seinen Namen im Social Media Facebook: der BF gab an, er müsse jeden zweiten Monat seinen Namen auf Facebook wechseln und nutze Facebook am Handy. Seit er in Österreich sei, habe er seinen Namen ca vier-, fünfmal gewechselt. Der BF ist seit Mai 2015 in Österreich. Bis zur Verhandlung am 22.9.2017 waren dies 28 Monate. Ein Wechsel des Namen "alle zwei Monate" wäre in einem solchen Zeitraum mehr als bloß vier- bis fünfmal und überdies sind die Vorgaben des Betreibers derart, dass Facebook eine Namensänderung nachdem der Name innerhalb eines Zeitraums in den letzten 60 Tagen geändert wurde oder zu oft versucht wurde, den Namen zu ändern, nicht zulässt und nach dem Grund der Änderung fragt (Änderung der Sprache, falsche Schreibweise, Änderung des Familienstands, Änderung des rechtsgültigen Namens, Spitznamen hinzufügen, Geschlechtsangleichende Operation) und dies mit dem Hochladen eines Ausweises bestätigt haben möchte.

 

Darüber hinaus erschütterte der BF seine Glaubwürdigkeit auch mit den Ausführungen rund um seine Tätigkeit bei XXXX: Vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er an: "Ich habe bei einer Firma ca. zwei Jahre in Kabul gearbeitet, die Firma hat XXXX geheißen. Ich habe dort im November 2012 angefangen, bis Dezember 2014" und "Ich habe am 19. November 2012 begonnen dazu arbeiten". Hingegen kommt aus den mit dem Schreiben vom 5.10.2017 vorgelegten Kopien von Schreiben mit dem Briefkopf "XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD.", gefertigt von XXXX, HR & Finance Manager, hervor, dass Mr. XXXX als Koch bei XXXX Afghanistan in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014 beschäftigt gewesen sei und zeitgleich (in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014) als Field Representiative beschäftigt gewesen sei. Die Aufgaben als Koch seien laut den Kopien der vorgelegten Schreiben folgende gewesen: Spezialist in der Zubereitung von chinesischen, italienischen, afghanischen, pakistanischen Essen und Fast food, Zubereitung und Kochen von kompletten Menüs oder individuellen Bestellungen, Menüplanung, Bestellwesen, Dokumentationsverwaltung, Vorbereitung des Buffets, Reinigung von Küche und Arbeitsplatz, Überwachung von Arbeitsschritten in der Küche, Einteilung von Küchenhelfern. Die Aufgaben als Field Representative seien gewesen: Beschaffung der erforderlichen LKWs für ihre Zielorte, Verbindungsherstellung zum Inspektionsteam um alle notwendigen Qualitätssicherungs- u. Qualitätskontrollrichtlinien zu gewährleisten, Prüfung der den LKW-Lenkern zugehörigen Dokumentationen, Beaufsichtigung der Konvoi-Bewegungen, Überwachung.

 

Es erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb dem BF, der seine Zugehörigkeit zu diesem als Ursache für die behauptete Verfolgung durch die Taliban angibt, die exakte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht erinnerlich ist.

 

Es ist nicht nachvollziehbar, dass der BF im Verfahren nicht in Lage war, gleichlautende Angaben zu tätigen.

 

Auch wenn der BF eine asylrelevante Verfolgung durch Taliban nicht glaubhaft machen konnte ist - zurückkehrend zum Inhalt dieser Kopien der beiden Schreiben - der Vollständigkeit halber zu sagen: Aus den mit dem Schreiben vom 5.10.2017 vorgelegten Kopien von Schreiben mit dem Briefkopf "XXXX Group of Companies XXXX Afghanistan (PVT.) LTD.", gefertigt von XXXX, HR & Finance Manager, geht hervor, dass Mr. XXXX als Koch bei XXXX Afghanistan in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014 beschäftigt gewesen sei bzw als Field Representative in der Zeit von 20.11.2010 bis 31.8.2014 beschäftigt gewesen sei. Auch wenn der BF in seiner Person eine oder mehrere Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien (siehe oben unter II.1.4.) erfüllen würde, führt dies nicht per se zu einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung. Vielmehr erfordern die gegenständlichen UNHCR-Richtlinien eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der BF zu keinem Zeitpunkt eine konkrete auf seine Person bezogene Verfolgung im Verfahren glaubhaft machen konnte. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF bei dem Unternehmen XXXX eine high-level-Position bekleidet hätte. Dabei stützt sich die erkennende Richterin auf die Beschreibung der Jobprofile in den beiden og. Schreiben in Zusammenschau mit den in der Verhandlung vorgelegten Kopien von Farbfotos. Diese belegen nicht, dass es sich beim BF um einen Mitarbeiter an einer exponierten Stelle gehandelt hätte. Er war als Koch mit hervorragenden Leistungen für seine Mitarbeiter in der Küche ein exzellenter Trainer und hat mit der Führung der Küche Vorbildfunktion für andere Küchen eingenommen und wird in diesem Schreiben und in jenem betreffend die Bestätigung der Tätigkeit als Field Representative von "co-workers" (zu deutsch: Kollegen) gesprochen, nicht etwa von Untergebenen. Auf den in der Verhandlung übergebenen Kopien von Fotos sind Personen und Fahrzeuge ohne Firmenschriftzüge, ohne amtliche Kennzeichen sichtbar. Auf den Farbfotos sind Personen in Fahrzeugen bzw bei Fahrzeugen und Personen in Räumlichkeiten abgebildet und ist zu diesen Räumlichkeiten und Fahrzeugen festzuhalten, dass aus den Fotos nicht hervor kommt, wo diese aufgenommen wurden. Auf den Farbfotos sind Dokumente von XXXX abgelichtet: Payment Requisistion SLIP aus Juli 2014 in favour of (zugunsten) Mr XXXX, Requisition aus Juni 2014. Es handle sich dabei um Frachtpapiere über die von ihm organisierten Transporte, so der BF. Die Tätigkeiten werden in den Kopien dieser Schreiben mit Bullet points aufgelistet und auch wenn es sich bei XXXX laut deren Website www.XXXX.com/ um ein international tätiges Unternehmen mit Niederlassungen in den USA, Afghanistan, UAE, Sudan, China, Kenia, Kanada handelt, so ist im Hinblick auf die Kopien der vorgelegten Schreiben von XXXX zu sagen, dass die darin beschriebenen Tätigkeiten nicht einer Position einer High-Profile-Person gleichkommt. Letztere sind aufgrund ihrer wichtigen, einflussreichen Positionen in größerer Gefahr, seitens der Taliban bedroht zu werden. Da das Fluchtvorbringen des BF als nicht glaubhaft anzusehen ist, droht dem BF auch im Falle seiner Rückkehr keine Bedrohungssituation.

 

In Bezug auf seine Eigenschaft als Paschtune und Sunnit vermochte der BF eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung nicht aufzuzeigen. Aus dem Vorbringen des BF hinsichtlich der allgemeinen Gefährdungslage in Afghanistan lässt sich keine drohende konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung ableiten. Auch konnte er in der Beschwerdeverhandlung sowie im Verfahren vor dem BFA keine konkrete Bedrohung oder Verfolgung in seinem Herkunftsland aufzeigen bzw. glaubhaft darstellen.

 

Die dazu in der Beschwerde angeführten Berichte weisen nicht den notwendigen Bezug zur konkreten Situation des BF auf, sondern führen lediglich mögliche Gefährdungsrisiken ins Treffen, ohne konkret zu begründen, warum der BF besonders Gefahr läuft von diesen betroffen zu sein.

 

Aus einer Gesamtschau der oben angeführten Angaben des BF im gesamten Verfahren ergibt sich, dass eine Verfolgung des BF aus asylrelevanten Gründen in seinem Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden konnte und nicht maßgeblich wahrscheinlich ist. Es konnte weder eine konkret gegen die Person des BF gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung des BF im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen für wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

2.3. Zu den Feststellungen einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

 

Die unter II.1.3. getroffenen Feststellungen zu den Folgen einer Wiederansiedlung des BF in seinem Herkunftsort bzw alternativ in der Hauptstadt Kabul ergeben sich aus dem Länderbericht idF 30.1.2018 sowie dem persönlichen und familiären Hintergrund des BF.

 

Auf die Frage in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, was er Falle einer Rückkehr befürchte, gab der BF an, dass er das nicht überleben werde, sie würden ihn töten. Er brachte vor, er könne Fotos von Verwandten welche laut ihm umgebracht worden wären, im Wege des Vertreters vorlegen. In der Verhandlung zeigte er ein Foto auf seinem Mobiltelefon. Er wies auch auf ein Foto, welches er als Beilage ./F zur Verhandlungsschrift gab, hin. Darauf sei laut Aussage des BF der Cousin des Schwagers des BF ersichtlich, nämlich ein Leichnam und berichtete er dazu, dass die darauf dargestellte Person von den Taliban aufgehängt und geköpft worden wäre und auf einem Seil hängend zur Abschreckung der anderen Dorfbewohner mit dem Motorrad durch den Ort geschleift worden wäre auf der Kopie eines Farbfotos in der Beilage./F ist das Gesicht einer glaublich männlichen Person ersichtlich, deren Kopf von einem weißen Stofftuch umhüllt ist und sind die Ränder des um die Gesichtskonturen gewickelten Tuches rötlich. Es handele sich hierbei um einen Leichnam in einem Sarg, so der BF. Das Vorbringen des BF hinsichtlich Tötung dieser Person durch Taliban lässt sich nicht verifizieren.

 

Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm im Falle einer Rückkehr in sein Heimatdorf oder alternativ in die Hauptstadt Kabul ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder eher Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Kleidung, Nahrung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

 

Der BF ist im erwerbsfähigen Alter, gesund, männlich, ledig und ohne Sorgepflichten. Er gab an, keine Krankheiten zu haben und ist dies auch aus dem vorgelegten Medikamentenverordnungsblatt Dris. XXXX:

"keine Dauermedikation" vom 17.2.2017 hervorgekommen. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst bekannt geworden.

 

In Zusammenschau mit der Tatsache, dass der BF aus der Volksgruppe der Paschtunen aus dem Stamm der XXXX stamme, ist unter Hinweis auf das Dossier der Staatendokumentation (7.2016), zu sagen, dass aufgrund der vom Pashtunwali gebotenen Gastfreundschaft nach den Inhalten dieses Dossiers Paschtunen ausgenommen sind, weil diese auch in Kabul Hilfe und Unterstützung von anderen Paschtunen erwarten können. Laut diesem Dossier ist bloß für Angehörige anderer Ethnien nach wie vor das Vorliegen von individuellen Anknüpfungspunkte sozialer und familiärer Natur erforderlich. Laut dem Auszug aus dem Dossier der Staatendokumentation sind die Paschtunen sind die einzige ethnische Gruppe in Afghanistan, welche über eine so stark ausgeprägte Stammesstruktur mit einer allumfassenden genealogischen urologischen Tradition verfügt, in der theoretisch jedes heute lebende Mitglied seine Herkunft von einem legendären Ahnen aller Paschtunen herleiten und die entsprechenden Verbindungsglieder benennen kann. Vergleichbare Stammesstrukturen sind auch bei anderen ethnischen Gruppen vorhanden, aber sie weisen nicht die genealogischen Tiefe der paschtunischen Stammesstruktur auf. Große paschtunische Stammesverbände in Afghanistan sind etwa die Yusufzai, deren Untergruppe der vom BF genannte Stamm "XXXX" ist. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte. Wenn zwei Paschtunen auf irgendeiner Ebene gemeinsame Vorfahren entdecken, kann es sein, dass aus einer Zufallsbekanntschaft schnell eine Beziehung mit weitreichenden Verpflichtungen und Hilfsangeboten wird.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass der BF beim Fußfassen nach der Rückkehr allenfalls durch seine Schwester und den Schwager in Jalalabad, aber auch durch die vom Paschtunwali gebotene Gastfreundschaft von Mitgliedern seines Stammes "XXXX" Unterstützung geleistet bekommt und dadurch Beziehungen knüpfen kann, Hilfsangebote in Anspruch nehmen kann und Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung erlangen wird.

 

Überdies ist zu beachten, dass es sich beim BF um einen jungen Mann mit 12jähriger Schulbildung und Englischkenntnissen und Deutschkenntnissen handelt, welcher auf Berufserfahrung in qualifizierten Tätigkeitsfeldern verweisen kann. Er hat daher - gemessen an dem geringen Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) beste Aussichten auf eine existenzsichernde Tätigkeit am Arbeitsmarkt.

 

Der BF kann Kabul von Österreich aus sicher auf dem Luftweg via Flughaften Kabul erreichen.

 

2.4. Zu der Situation im Herkunftsstaat:

 

Die unter II.1.4. getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat gründen auf dem Länderbericht der Staatendokumentation idF 30.1.2018. Es handelt sich hierbei um den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellten Länderbericht der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, welche der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Länderfeststellungen stützen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen. Die Länderfeststellungen ergeben ein einzelfallunabhängiges schlüssiges Gesamtbild zur Situation in Afghanistan.

 

Laut dem Länderbericht können ausführliche Informationen zu Paschtunen und dem Paschtunwali dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden. Da dieser somit - wie bereits in den bisherigen Fassungen der Länderberichte und daher auch in der dem BF mit der Ladung übermittelten Version des Länderberichts - explizit genannt wird, wurde ein Auszug aus dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016), unter II.1.4. angeführt.

 

Gegenständlich wird der Länderbericht idF 30.1.2018 angewendet, da laut Judikatur des VwGH immer die aktuellsten Länderfeststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung zu verwenden sind (VwGH 23.3.2006, 2005/01/0104). Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen im Länderbericht und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen im Länderbericht besteht für das Gericht kein Grund, welcher Anlass zu Zweifel an der Richtigkeit der Angaben gäbe.

 

Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zu Grunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Gericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben. Die neue Fassung des Länderberichts idF 30.1.2018 (welche unter II.1.4. wiedergegeben wird) wird diesem Erkenntnis zugrunde gelegt. Es ergeben sich aus der neuen Fassung des Länderberichts aber keine signifikanten Änderungen, insbesondere nicht für die Lage in der Herkunftsprovinz des BF, in welcher der BF laut seinen Angaben bis zum Aufbruch nach Pakistan bzw seine Familie auch während seiner Arbeitstätigkeit in Kabul lebte.

 

Betreffend Kabul ist zu sagen, dass im Länderbericht idF 21.12.2017 unter "Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan" festgehalten wird, dass Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren und der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern führte. Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe, wozu sich die Taliban bekannten und angaben, dass hochrangige Beamte des Geheimdienstes ihr Ziel gewesen wären.

 

Dem aktuellen Länderbericht ist auch zu entnehmen, dass regierungsfeindliche Aufständische regelmäßig religiöse Orte, wie z. B. Moscheen, angreifen und in den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten (zB Kabul) stattgefunden. Festgehalten sei hier, dass der BF Sunnit ist und von den 99.7% der islamischen Bevölkerung 84.7 bis 89.7% Sunniten sind, er somit zur größten islamischen Religionsgemeinschaft gehört. Überdies gehört der BF als Paschtune zur Mehrheitsethnie in Afghanistan.

 

Die in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen erscheinen dem Gericht schlüssig und nachvollziehbar. An den Ausführungen des Länderberichts der Staatendokumentation vom 30.1.2018 hinsichtlich Lage der Rückkehrer nach Kabul, Lebenserhaltungskosten in Kabul und Entwicklungsmöglichkeiten und Unterstützungsleistungen vor Ort für auch solche Rückkehrer, welche nicht freiwillig rückkehren, hegt die erkennende Richterin keine Zweifel. Bei diesem Länderbericht handelt es sich um ein Dokument, welches auf Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher Institutionen, NGOs und Personen, welche in ihren Aussagen in Einzelfall unabhängiges schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan liefern, basiert. Der Länderbericht erscheint dem Gericht schlüssig und nachvollziehbar.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gegenständlich sind das VwGVG und gemäß § 17 VwGVG die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG und jene im AsylG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG 2005, samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht [ ].

 

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

 

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

 

Rechtlich folgt daraus:

 

Zu Spruchpunkt A):

 

Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 16.3.2017 beim BFA eingebracht und langte der bezughabende Akt am 20.3.2017 beim BVwG ein. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG nunmehr zuständigen Einzelrichterin.

 

Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde. So wurde dem BF insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme - jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt und wurden in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage schlüssig, klar und übersichtlich zusammengefasst.

 

Zum Beschwerdevorbringen:

 

Das Vorbringen in der Beschwerde war nicht geeignet, das bisherige Vorbringen des BF zum Zweck der Erlangung eines internationalen Schutzes zu unterstützen.

 

Die Angaben des BF zu den von ihm vorgetragenen Fluchtgründen waren - wie oben unter der Beweiswürdigung dargestellt - für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft und erschütterte der BF seine Glaubwürdigkeit mit seinen widersprüchlichen Angaben zu den behaupteten Talibanbedrohungen.

 

Ad Spruchpunkt I. -

 

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß § 3 Abs 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag betreffend Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative

 

(§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund iSd § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

 

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

 

Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, welche sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt.

 

Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280).

 

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, Zl. 99/01/0279; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 ua). Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss demnach, um im obigen Sinne eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Eine allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zum Dartun von selbst Erlebtem nicht genügen.

 

Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anm. 1 zu § 45, S. 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.04.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.06.1997, 95/01/0627; 19.03.1997, 95/01/0466).

 

Soweit das vom BF behauptete Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden konnte, ist Folgendes festzuhalten: Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 liegt es auch am BF, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Laut Rspr des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd § 274 ZPO zu verstehen. Ausgehend von § 274 Abs 1, letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.5.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht. Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und dies betreffend konkrete Umstände anzuführen, welche objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007). Die Glaubhaftmachung hat zum Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.5.2006, 2005/17/0257). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen eines Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, welche für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektive Sichtweise anzustellen. In diesem Zusammenhang ist der unmittelbar anzuwendende Art 4 Abs 5 der Richtlinie 2011/95/EU (Status-RL) maßgeblich, welcher betreffend "Prüfung der Tatsachen und Umstände" im Abs 5 normiert wie folgt:

 

"Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a)-der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;

 

b)-alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c)-festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d)-der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und

 

e)-die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

 

Unter diesen Maßgaben ist ein Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen und ist dabei auf folgende Kriterien abzustellen: zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, welche insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

 

Weiters muss das Vorbringen eines Asylwerbers - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht jedoch in der Lage ist, Konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat überdies plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein - der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

 

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Art. 1 Abschnitt A Z 2) haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die beststehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; VwGH 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318;

 

VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - in diesem Fall wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

 

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

 

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

 

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.1.1999, 98/20/0399; 3.5.2000, 99/01/0359).

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist: Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Eine aktuelle und konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgungshandlung aus Konventionsgründen konnte vom BF jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. Das vorgetragene Fluchtvorbringen ist nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens in Würdigung der vorliegenden Beweise nicht glaubhaft. Somit liegt betreffend den BF die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor.

 

Es ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der BF aufgrund generalisierender Merkmale, etwa als Zugehöriger seiner Religionsgemeinschaft oder als Zugehöriger seiner Volksgruppe, aktuell alleine deswegen in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal er während des gesamten Verfahrens keine diesbezüglichen konkreten persönlichen Probleme dargetan hat und auf ausdrückliches Befragen vor der belangten Behörde wie auch vor dem Gericht eine Verfolgung aus solchen Gründen verneinte. Der BF verneinte vor dem BFA in Afghanistan jemals Schwierigkeiten/Probleme mit privaten Personen, Personengruppen, Banden oder kriminellen Organisationen, außer den von ihm genannten, gehabt zu haben. Ebenso verneinte er sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem Gericht die Frage, ob er Probleme mit Polizei, Behörden oder den Gerichten in Afghanistan hatte. Er war auch nie Angehöriger einer politischen Partei.

 

Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den BF eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten:

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar:

eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529; 8.9.1999, 98/01/0614).

 

Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist. Der BF verfügt zwar über eine Schulbildung, der 27jährige hat bereits vier Jahre in Kabul qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt und spricht Paschtu, Englisch und Deutsch. Er weist somit Berufserfahrung als Koch und als Mitarbeiter eines Transportunternehmens auf und ist - unter Beachtung seiner Angaben zu seiner finanziellen Lage während seiner Berufstätigkeit in Afghanistan - zu sagen, dass daher davon auszugehen ist, dass er mit seinen Qualifikationen und mit seinen Verbindungen als Paschtune aus dem Stamm XXXX im Hinblick auf die vom Paschtunwali gebotene Gastfreundschaft und aus der Stammeszugehörigkeit (Beziehungen und Hilfeleistung von Paschtunen untereinander) heraus - eine Arbeitsstelle finden wird.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß

 

§ 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

Ad Spruchpunkt A) -

 

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist laut stRspr des VwGH im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls konkret und nachvollziehbar festzustellen, ob dem BF im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein real risk einer gegen Art 3 ERMK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, welche dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung betreffend die persönliche Situation des Beschwerdeführers (Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit und Arbeitserfahrung, Schulbildung, im Herkunftsstaat ausgeübte Tätigkeiten, Vorhandensein familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, allgemeine Sicherheitslage und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat sowie Erreichbarkeit des Herkunftsstaats bzw. Herkunftsort) ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (VwGH 29.11.2017, Ra 2017/18/0323 mHa VwGH 12.10.2016, Ra 2016/18/0039 mwN).

 

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs 3 und 6 AsylG ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 und § 57 Abs. 11 Z 3 AsylG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011).

 

Da in der Beschwerde ins Treffen geführt wird, dass dem BF von Seite der staatlichen Organisationen kein Schutz zukommen werde, ist zu sagen, dass der Dreh- und Angelpunkt seiner Fluchtgeschichte (Bedrohung durch die Taliban) nicht glaubhaft ist und daher ist davon auszugehen, dass er eines Schutzes des Staates in Bezug nicht bedarf, da ein den Schutz des Staates einforderndes Ereignis fehlte.

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; VwGH 25.1.2001, 2000/20/0438; VwGH 30.5.2001, 97/21/0560).

 

§ 8 AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch

 

Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs 1 AsylG gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; VwGH 8.6.2000, 99/20/0203; VwGH 17.9.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs 1 AsylG die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen

 

(vgl. VwGH 08.6.2000, 99/20/0203).

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.2.2001, 98/21/0427;

 

VwGH 20.6.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, 10611/09, Rz 81ff).

 

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse

 

(zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 2. 5.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich;

vgl. VwGH 21. 8.2001, 2000/01/0443; VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453;

VwGH 9.7.2002, 2001/01/0164;

 

VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.9.2004, 2001/21/0137).

 

Das BVwG hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat

 

Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; VwGH 17.7.1997, 97/18/0336). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann

 

(VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG nicht gegeben sind:

 

Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

 

Selbst wenn im Herkunftsstaat die Todesstrafe als gesetzliche Strafsanktion für besonders schwere Straftaten vorgesehen ist, so hat sich auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kein reales Risiko ergeben, dass der BF im Herkunftsstaat einer dem 6. ZP zur EMRK bzw. dem 13. ZP zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen werden würde.

 

Aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zwar, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

 

In der Herkunftsprovinz des BF "Nangarhar" kommt es laut aktuellem Länderbericht seit dem Auftreten des islamischen Staates zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen. Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt, nämlich insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte. In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt und mittels militärische Operationen ist man gewillt, bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien. Einem hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten.

 

Somit besteht in der Herkunftsprovinz eine allgemeine Gefährdungslage und steht ihm in diesem Falle eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in "Kabul" zur Verfügung.

 

Der BF verfügt zwar über eine Schulbildung von 12 Jahren und Berufserfahrung in Kabul bei einem Transportunternehmen, welches weltweit tätig ist. Es kann somit bei ihm die Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Dies, da es sich bei dem 27jährigen BF um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann handelt, der über in seinem Herkunftsland erworbene Arbeitserfahrung in qualifizierten Tätigkeitsfeldern verfügt und welcher nicht nur eine der in Afghanistan gebräuchlichen Sprachen, sondern auch Englisch und Deutsch spricht und von seinem Bildungsstand her somit aus der Masse der Arbeitskräfte Afghanistans heraussticht (90% Analphabetenquote am Land). Er wird gewiss eine Tätigkeit finden, welche ihm ein solches Einkommen verschafft, dass er über eine Existenzgrundlage verfügt.

 

Dass der BF dem Arbeitsmarkt dienliche soft skills aufweist, kommt zum einen aus den vorgelegten Kopien von Schreiben hervor und andererseits aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben österreichischer Staatsbürger, welche mit dem BF in Kontakt stehen. Der BF war auch bereits in Österreich als Erntehelfer erwerbstätig und überdies als ehrenamtlicher Dolmetsch. Der BF ist somit arbeitswillig, sodass insgesamt auch von seinen persönlichen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass ihm diese auch in Afghanistan behilflich sein werden, eine passende Arbeitsstelle zu finden. Zum persönlichen Umfeld ist zu sagen, dass er in Afghanistan über familiäre Kontakte (ältere Schwester und deren Ehemann in Jalalabad) verfügt. Sowohl diese beiden als auch die vom Paschtunwali gebotene Gastfreundschaft von Mitgliedern seines Stammes "XXXX" wie auch Unterstützung vor Ort durch Programme für Rückkehrer durch Start- und Reintegrationshilfen können den BF unterstützen, wenn dieser in Kabul Fuß fassen wird.

 

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des BF und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; VwGH 20.6.2002, 2002/18/0028; vgl. dazu auch Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2010, BVerwG 10 C 10.09). Wie der EGMR in seinem Urteil vom 20.7.2010,

 

N. vs. Schweden, 23505/09, Rz 52, ausgeführt hat, stellt sich die Lage in Afghanistan trotz der verfügbaren Berichte über ernste Menschenrechtsverletzungen jedenfalls nicht so dar, dass gleichsam jede Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, sondern es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob auf Grund der persönlichen Situation des Betroffenen die Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde.

 

Auch wenn in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem BF unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, in der Hauptstadt Kabul nach einem - wenn auch anfangs nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen und sich etwa mit seiner bisherigen Berufserfahrung ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und / oder mit Hilfe der Programme für Rückkehrer vor Ort und allenfalls durch Kontaktaufnahme zu anderen Paschtunen seines Stammes in Kabul eine Arbeitsstelle zu finden. Es besteht die Möglichkeit, sich an in der Hauptstadt Kabul ansässige staatliche, nicht-staatliche oder internationale Hilfseinrichtungen, im Speziellen solche für Rückkehrer aus dem Ausland, zu wenden, wenngleich nicht verkannt wird, dass von diesen Einrichtungen individuelle Unterstützungsleistungen meist nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gewährt werden können. Jedoch besteht die Möglichkeit, eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, um zumindest für die Zeit gleich nach der Rückkehr eine Unterstützung zu haben.

 

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs 3a AsylG oder § 9 Abs 2 leg.cit. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden. Weder droht dem BF im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides gemäß

 

§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

Ad Spruchpunkt A) -

 

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung):

 

Das Verfahren wird bezüglich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides nach

 

§ 10 AsylG geführt.

 

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG in der geltenden Fassung ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder § 9 Abs 2 AsylG vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn

 

1. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Abs 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht;

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel;

 

oder

 

3. der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der BF befindet sich erst seit Jänner 2015 im Bundesgebiet, und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Gemäß § 52 Abs 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß

 

§ 8 Abs 3a AsylG und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs 2 AsylG ergangen.

 

Der BF ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

§ 9 Abs 1 BFA-VG normiert wie folgt:

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

§ 9 Abs 2 BFA-VG normiert wie folgt:

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

§ 9 Abs 3 BFA-VG normiert wie folgt:

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. VfGH und VwGH haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich. Der BF lebt in Österreich von der Grundversorgung. Der BF ist erst seit Mai 2015 in Österreich. Er pflegt Kontakt mit österreichischen StaatsbürgerInnen, er besucht fleißig Kurse, engagiert sich freiwillig als Dolmetsch für Schulkinder, engagierte sich an der Grenze Spielfeld als Übersetzer, war bei der Kulturreihe XXXX aktiv und nahm bereits als Erntehelfer aktiv am österreichischen Arbeitsmarkt teil. Der BF ist Teilnehmer einer Studierendengruppe an der Fachhochschule XXXX. Der BF spricht flüssig und bereits gut deutsch.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 8.4.2008 (Nr 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; selbst dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und bereits zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Der BF hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan und Pakistan verbracht und wurde dort sozialisiert. Er hält sich erst seit Mai 2015 in Österreich auf, sodass die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als relativ kurz zu bezeichnen ist. Sie wird dadurch weiter dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF bewusst gewesen sein. In Ermangelung von Familienmitgliedern in Österreich besteht kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu einem in Österreich aufhältigen Familienmitglied oder zu einer anderen Person.

 

Der BF hat dargelegt und mit Beweismittel untermauert, dass er um das Erwerben der deutschen Sprache bemüht ist, darin bereits Fortschritte vorweisen kann und wurde dies auch durch sein Auftreten in der Verhandlung unter Beweis gestellt.

 

In Anbetracht der dargelegten Umstände ist zusammenfassend trotz seiner Bemühungen und seines Engagements jedoch davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene BF mehr Lebenszeit in Afghanistan als in Österreich verbracht hat und der BF auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrscht, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen.

 

Insgesamt betrachtet ist davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und seine Interessen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung - welchem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt - in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Der BF ist nach dem Ergebnis des Verfahrens ein junger, erwerbsfähiger Mann und laut eigener Angabe gesund und sind seine Gesundheit betreffend Belege vorgelegt worden, welche dies in Abrede stellen würden. Der BF hat familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Herkunftsprovinz und ist davon auszugehen, dass ihn jedenfalls seine in Afghanistan befindliche Schwester und deren Ehemann als auch Mitglieder seines Stammes nach der Rückkehr bei der Suche nach einer Arbeit behilflich sein werden und beim Fußfassen in Kabul Unterstützung leisten. Es liegt aufgrund seiner Lebenssituation im Falle seiner Verbringung in seinen Herkunftsstaat mangels außerordentlicher Integration keine Verletzung des Art 8 EMRK vor.

 

Gemäß § 46 Abs 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint;

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind;

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen;

 

oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder das Protokoll Nr 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

 

Nach § 50 Abs 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG ab Rechtskraft des Bescheides 14 Tage, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist im Spruchpunkt IV zu Recht eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt worden.

 

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen war dem BF nicht zu erteilen. Im Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, welche auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung aus den in § 57 AsylG angeführten Gründen hätten schließen lassen. Ferner sind auch keine Umstände bekannt, welchen zufolge gegenständlich von einem Anwendungsfall des

 

§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG gesprochen werden könnte.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß

 

§§ 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG sowie §§ 52 und 55 FPG, in der jeweils geltenden Fassung, als unbegründet abzuweisen.

 

Zu den in der Beschwerde vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken:

 

Die Bestimmung zur (verkürzten zweiwöchigen) Beschwerdefrist des § 16 Abs. 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurde mit der Entscheidung des VfGH vom 23.02.2016, G 589/2015 u.a., als verfassungswidrig aufgehoben, soweit sie Verfahren im Zusammenhang mit der Zuerkennung und Aberkennung des Status des Asylberechtigen und des subsidiär Schutzberechtigten betrifft (§ 3 Abs. 2 Z 1 BFA-VG). Mit BGBl. I Nr. 24/2016 wurde § 16 Abs. 1 BFA-VG wieder dahingehend ergänzt, dass die verkürzte Beschwerdefrist von zwei Wochen auch in den Fällen der Zuerkennung und Aberkennung des Status des Asylberechtigen und des subsidiär Schutzberechtigten (§ 3 Abs. 2 Z 1 BFA-VG) gilt, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist.

 

Der VfGH hatte bereits in seinem früheren Erkenntnis vom 02.12.2014, G 148/2014, ausgesprochen, dass sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51 (RV 1618 BlgNR 24. GP ) ergibt, dass das Kriterium für die Erforderlichkeit abweichender Bestimmungen nach Art. 136 Abs. 2 dritter Satz B-VG jenem des Art. 11 Abs. 2 letzter Halbsatz B-VG entspricht. Vom VwGVG abweichende Regelungen - so auch der angefochtene § 16 Abs. 1 BFA-VG - dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes "unerlässlich" sind.

 

Im gegenständlichen Fall wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt. Um den geordneten Vollzug des Fremden- und Asylwesens zu sichern, ist in einem solchen Fall die Beschleunigung dieses Verfahrens anzustreben, weshalb die verkürzte Beschwerdefrist aus Sicht des erkennenden Gerichts unerlässlich im Sinne der oben angeführten verfassungsrechtlichen Bestimmung erscheint (vgl. dazu auch die Begründung des entsprechenden Abänderungsantrags [AA-82 25. GP ] zur Novelle BGBl. I Nr. 70/2015). Im Hinblick auf die im Asylverfahren vorgesehenen Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Rechtsberatung (§ 52 BFA-VG) ist auch nicht erkennbar, dass durch die Beschwerdefrist von zwei Wochen die Effektivität des Rechtsschutzes gefährdet wäre.

 

Das BVwG stimmt den in der Beschwerde ausgedrückten verfassungsrechtlichen Bedenken zum § 16 Abs. 1 BFA-VG daher nicht zu und erachtet ein Normprüfungsverfahren nicht als erforderlich.

 

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben.

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