BVwG W271 2141209-2

BVwGW271 2141209-222.1.2018

AVG §39
AVG §52 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.7
KOG §2 Abs1 Z9
KOG §36
ORF-G §1 Abs1
ORF-G §10 Abs12
ORF-G §18 Abs1
ORF-G §3 Abs5 Z2
ORF-G §35
ORF-G §36 Abs1 Z1 lita
ORF-G §37
ORF-G §38 Abs1 Z1
ORF-G §38 Abs4
ORF-G §5a
VStG 1950 §1 Abs1
VStG 1950 §16
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §22 Abs2
VStG 1950 §45 Abs1 Z1
VStG 1950 §45 Abs1 Z4
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §5 Abs2
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs2
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24
VwGVG §27
VwGVG §38
VwGVG §50
VwGVG §52 Abs8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W271.2141209.2.00

 

Spruch:

W271 2141209-1/14E

 

W271 2141209-2/14E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian EISNER und Mag. Walter TOLAR als Beisitzer über die Beschwerden von 1. XXXX (Erstbeschwerdeführer) und 2. Österreichischer Rundfunk, ORF (Zweitbeschwerdeführer), beide vertreten durch TSCHURTSCHENTHALER Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 12.10.2016, XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Den Beschwerden wird insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe wie folgt herabgesetzt wird:

 

 

Geldstrafe in €

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

Zu 1.: 9.000,-- Zu 2.: 12.000,-- Zu 3.: 9.000,-- Zu 4.: 9.000,--

5 Tagen 7 Tagen 5 Tagen 5 Tagen

jeweils § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G iVm § 9 Abs. 2, § 16 und 19 VStG

   

 

II. Als Beitrag für die Kosten des Strafverfahrens ist gemäß § 64 VStG folgender Betrag zu zahlen:

 

Zu 1.: € 900,--

 

Zu 2.: € 1.200,--

 

Zu 3.: € 900,--

 

Zu 4.: € 900,--

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher € 42.900,--.

 

III. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet der Zweitbeschwerdeführer für die dem Erstbeschwerdeführer in Spruchpunkt A) I. auferlegte Strafe und die in Spruchpunkt A) II. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand.

 

IV. Im Übrigen werden die Beschwerden abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatzeit betreffend die Sendung "XXXX", von "28.06.2015 bis 05.07.2016" auf "28.06.2015 bis 05.07.2015" abgeändert wird.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Dem hier angefochtenen Straferkenntnis ist ein Feststellungsverfahren nach §§ 35 bis 37 ORF-G vorausgegangen. Mit Bescheid vom 13.04.2016, KOA 11.261/16-003, stellte die Kommunikationsbehörde Austria (im Folgenden: "KommAustria" oder "belangte Behörde") im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über den ORF (nunmehriger Zweitbeschwerdeführer) gem. § 2 Abs. 1 Z 9 KOG iVm § 35, § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 37 ORF-G fest, dass das gem. § 3 Abs. 5 Z 2 ORF-G bereitgestellte Onlineangebot "XXXX" im Zeitraum vom 14.06.2015 bis 05.07.2015 nicht dem durch das Angebotskonzept vom 19.09.2012 gem. § 5a ORF-G gezogenen Rahmen entsprochen habe. Die auch im vorliegenden Fall relevanten Sendungen seien ohne zeitliche Einschränkung auf XXXX bereitgestellt worden. Die Bereitstellung sei entgegen den Festlegungen im Angebotskonzept erfolgt, das vorgesehen habe, dass Sendungen, welche die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigten können, einer Programmierung bedürfen, die gewährleistet, dass diese Sendungen nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheidung vom 22.01.2018, W249 2126788-1, die gegen diesen Feststellungsbescheid erhobene Beschwerde vom 12.05.2016 abgewiesen.

 

2. Im Zuge des Feststellungsverfahrens traten bei der belangten Behörde zudem Bedenken wegen der möglichen Verletzung von § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 18 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G auf. Daraufhin leitete die belangte Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren ein. Mit Schreiben vom 27.04.2016, KOA 11.261/16-002, wurde der für die Einhaltung des § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G für den gesamten Bereich des ORF gem. § 9 Abs. 2 VStG bestellte verantwortliche Beauftragte, XXXX (der nunmehrige Erstbeschwerdeführer), zur Rechtfertigung aufgefordert. Konkret lautete der Vorwurf darauf, dass vier näher bezeichnete Sendungen, die jeweils geeignet gewesen seien, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen zu beeinträchtigen, "jeweils ohne zeitliche Einschränkung und ohne Maßnahmen, die gewährleistet hätten, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen werden können, bereitgestellt wurden."

 

3. Mit Schreiben vom 18.05.2016 erstattete der nunmehrige Erstbeschwerdeführer eine Rechtfertigung zu den ihm vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen und erhob die im unter Punkt I.1. beschriebenen Feststellungsverfahren eingebrachte Beschwerde vom 12.05.2016 vollinhaltlich zum Vorbringen auch für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass die Frage der Entwicklungsbeeinträchtigung immer nur in Bezug auf eine bestimmte Altersgruppe beantwortet werden könne. So gebe es Sendungen, die für 16-Jährige nicht entwicklungsbeeinträchtigend seien, für 12-Jährige aber sehr wohl. Es entspräche der internationalen Praxis, eine Entwicklungsbeeinträchtigung von Minderjährigen für Sendungen erst "ab 16 Jahren" und "ab 18 Jahren" anzunehmen; für Sendungen "ab 12 Jahren" gebe es keine Kennzeichnungspflicht und keine (feste) Zeitgrenze. Für die Altersgruppe "ab 12 Jahren" habe es sich dabei bewährt, auf eine Mitverantwortung der Erziehungsberechtigten zu bauen. So liege es in deren Verantwortung, ob ein 10-Jähriger eine Sendung des Hauptabendprogramms sehen dürfe. Dies bedeute zwar nicht, dass ein 10-Jähriger nicht schutzbedürftig wäre, doch sei ein Schutz vor dem Hintergrund des eingeschränkten Gefährdungspotenzials von Sendungen "ab 12 Jahren" unterschiedlich ausgestaltet.

 

In Deutschland sei es so, dass Sendungen "ab 12 Jahren" ganztags im Internet bereitgestellt werden dürfen, wenn der Sender ein eigenständiges Internetangebot für Kinder bereitstelle. Auch wenn für den ORF keine ausdrückliche (gesetzliche) Bestimmung bestehe, sei diese Voraussetzung auch beim ORF gegeben, der mit okidoki.ORF.at eine eigene Internetseite für Kinder bereitstelle. Daher sei es zulässig, grundsätzlich alle Angebote "ab 12 Jahren" ganztags im Internet bereitzustellen. Die Trennung des Online-Angebots für Kinder von sonstigen Angeboten sei als "sonstige [technische] Maßnahme" gemäß § 10 Abs. 12 ORF-G anzusehen, die gewährleiste, dass diese Inhalte von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden. Die ARD stelle mit einer "XXXX-App" verschiedene XXXX rund um die Uhr zur Verfügung; dies betreffe auch jene Sendungen, welche die belangte Behörde aus Gründen des Jugendschutzes nur mit einer zeitlichen Befristung veröffentlicht wissen wolle. Auch der ORF habe Sendungen mit einer Altersfreigabe "ab 12 Jahren" rund um die Uhr angeboten, weil ein eigenes Angebot für Kinder bestehe.

 

Zum Thema Jugendschutz in der XXXX habe es bis vor kurzem keine einzige Beschwerde gegeben, die eine andere Vorgehensweise erfordert hätte. Der ORF habe jedoch die "Beschwerde" der belangten Behörde "zum Anlass für Änderungen" genommen. Hingewiesen wurde noch darauf, dass von der belangten Behörde nicht behauptet worden sei, bei den inkriminierten Sendungen habe es sich um solche gehandelt, die "nicht erst ‚ab 16 Jahren‘ oder ‚ab 18 Jahren‘ geeignet" seien. Der XXXX werde in Deutschland um 20:15 Uhr ausgestrahlt, was bedeute, dass er seitens der ARD eine Altersfreigabe "ab 12 Jahren" habe. Sonst dürfe er erst ab 22:00 Uhr ausgestrahlt werden, was in den gegenständlichen Fällen nicht geschehen sei. Zur XXXX-Reihe wurde zudem auf deren Kennzeichnung durch einen "besonders ‚öffentlich-rechtlichen‘ Zugang" hingewiesen. Hier würden gesellschaftlich relevante Themen durchdekliniert; die im Film vorkommenden Taten würden jedoch nicht inszeniert, das heißt, es würde in keiner Weise mit dem Grauen oder dem Entsetzen der Zuschauer spekuliert. Bei der Sendung "XXXX" handle es sich um eine "Krimikomödie", in der belastende psychische Grenzbereiche vermieden worden seien und die Mordfälle an sich sehr zurückgenommen in Szene gesetzt und keinesfalls drastisch seien.

 

Abschließend wurde in der Beschwerde vom 12.05.2016 darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung der inkriminierten Sendungen als potenziell entwicklungsbeeinträchtigend auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen stütze, über die sie als juristisches Gremium ohne Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Psychologie oder Pädagogik nicht verfügen würde.

 

4. Daraufhin erließ die belangte Behörde das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis vom 12.10.2016, KOA 11.261/16-008, und hat in Wahrnehmung ihrer Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk (ORF) gem. § 2 Abs. 1 Z 9 KommAustria-G (KOG), BGBl. I. Nr. 32/2001 idF BGBl. I. Nr. 50/2016, wie folgt entschieden:

 

"Sie haben als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gem. § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I. Nr. 33/2013, verantwortlicher Beauftragter für den gesamten Bereich des Österreichischen Rundfunks (ORF) für Übertretungen nach § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I. Nr. 112/2015 zu verantworten, dass in dem gem. § 3 Abs. 5 Z 2 ORF-G bereitgestellten Online-Angebot XXXX die folgenden Sendungen, die jeweils geeignet waren, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen zu beeinträchtigen

 

1. "XXXX", vom 14.06.2015 bis 21.06.2015,

 

2. "XXXX", vom 21.06.2015 bis 28.06.2015,

 

3. "XXXX", vom 21.06.2015 bis 28.06.2015, sowie

 

4. "XXXX", vom 28.06.2015 bis 05.07.2016,

 

jeweils ohne zeitliche Einschränkung und ohne Maßnahmen, die gewährleistet hätten, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen werden können, bereitgestellt wurden.

 

Tatort: Jeweils 1136 Wien, Würzburggasse 3

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: Zu 1. Bis 4:

Jeweils § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G idF BGBl. I. Nr. 55/2014 iVm § 9 Abs. 2 VStG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt

 

 

Geldstrafe von Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

Zu 1.: 15.000,-- Zu 2.: 20.000,-- Zu 3.: 15.000,-- Zu 4.: 15.000,--

5 Tagen 7 Tagen 5 Tagen 5 Tagen

jeweils § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G iVm § 9 Abs. 2, § 16 und 19 VStG

   

 

Allfällige weitere Aussprüche (zB über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder überprivatrechtliche Ansprüche):

 

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet der Österreichische Rundfunk für die verhängte Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

 

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

 

Zu 1.: 1.500,.—

 

Zu 2.: 2.000,--

 

Zu 3.: 1.500,--

 

Zu 4.: 1.500,--

 

Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10,-- Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

 

[ ]

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 71.500,-- Euro."

 

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

 

Aus der Systematik des § 10 Abs. 11 ff ORF-G ergebe sich, dass der Darstellung der beiden Bereiche Gewalt und Sexualität im Fernsehen bereits ex lege ein bestimmtes Beeinträchtigungspotenzial für die Entwicklung Minderjähriger zuerkannt werde. Der Tatbestand der (bloßen) Beeinträchtigung der Entwicklung Minderjähriger in körperlicher, geistiger oder sittlicher Hinsicht sei weit zu verstehen und könne auf unterschiedliche Weise auftreten. Dem hier gegenständlichen § 10 Abs. 12 ORF-G liege die Richtlinienbestimmung des Art. 27 Abs. 2 AVMD-RL zugrunde. In Deutschland sei diese Bestimmung in § 5 Abs. 1 des für öffentlich-rechtliche wie private Anbieter gleichermaßen geltenden Deutschen Jugendmedienschutzstaatsvertrag umgesetzt worden. Zur Beurteilung einer möglichen Beeinträchtigung der Entwicklung Minderjähriger biete sich daher auch eine Parallelbetrachtung dieser Norm und der hierzu von der Kommission für Jugendmedienschutz erlassenen "Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien" ("KJM-Kriterien") an. Von § 10 Abs. 12 ORF-G seien alle Minderjährigen gleichermaßen in dessen Schutzbereich eingeschlossen. Gefordert sei die Zugänglichmachung bestimmter Inhalte sowohl für Kinder, unmündige Minderjährige als auch mündige Minderjährige. Die vom ORF vertretene Sichtweise, dass für Sendungen, die für über 12-Jährige freigegeben sind, keine weiteren Beschränkungen der Zugänglichkeit für Personen jüngeren Alters erforderlich seien, lasse sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbaren. Im ORF-G sei auch keine Regelung enthalten, die bei der getrennten Verbreitung von Kinder- und Erwachsenenangeboten unterschiedliche Bestimmungen vorsehe.

 

Gemessen an den von der belangten Behörde dargelegten KJM-Kriterien hielt diese fest, die inkriminierten Sendungen seien fiktionale Werke, weshalb eine gesteigerte Beeinträchtigung Minderjähriger durch die Gewaltdarstellungen, wie sie bei einer realen, einer real wirkenden oder einer die Realität suggerierenden Darstellung üblicherweise eintreten kann, nicht anzunehmen sei. Andererseits sei festzuhalten, dass gerade Kinder im Vorschulalter, die ebenfalls vom Schutzbereich des § 10 Abs. 12 ORF-G erfasst seien, eine klare Trennung zwischen Realität und Fiktion nicht vornehmen können, sondern sich diese Fähigkeit erst bis zum 10. Lebensjahr herausbilde. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass die angeführten Sendungen zahlreiche Inhalte im nach den zitierten KJM-relevanten Beeinträchtigungsspektrum enthalten würden.

 

Die belangte Behörde beschrieb sodann die verschiedenen in den inkriminierten Sendungen vorkommenden Gewaltverbrechen:

 

Bei der Sendung "XXXX" sah die belangte Behörde es als besonders bedeutsam an, dass in zwei Fällen die Ermordung von Frauen – neben der drastischen Darstellung des Folgens des Durchschneidens ihrer Kehle – dadurch in das typische Lebens- und Erfahrungsumfeld von Kindern und unmündigen Minderjährigen eingebettet sei, als das Verbrechen im ersten Fall in einem Kinderzimmer verübt worden sei bzw. im zweiten Fall der Mord auf einem Spielplatz stattgefunden habe. Es sei davon auszugehen, dass problematische Inhalte, die einen solchen engen Bezug zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen haben, jedenfalls eine starke negative Wirkung entfalten würden (Stichwort: "Alltagsnähe"). Auch in den drei verfahrensgegenständlichen XXXX-Episoden seien quantitativ und qualitativ sowie realitätsnahe Darstellungen von Gewalt und ihren drastischen Folgen erfolgt. In der XXXX-Episode "XXXX" sei einem Opfer zunächst die Hand abgetrennt und nach dessen Ermordung seine Leiche zerstückelt worden. Ebenfalls dieser Episode entstamme die Szene, in der eine Person am Boden liegend erstochen und mit einem Messer in der Brust vorgefunden wurde und der Zuseher das Verbluten des röchelnden Opfers minutiös vor Augen geführt bekomme. Als gleichsam "grausam" beurteilte die belangte Behörde die Szene in der XXXX-Episode "XXXX", in der der Umweltschützer Kilian einer anderen Person einen Plastiksack über den Kopf ziehe und ihn damit qualvoll ersticke: Der Zuseher verfolge den erbitterten Todeskampf zwischen Mörder und Opfer und sehe die erstickte Leiche schließlich im Wasser liegen. In dieselbe Kategorie falle die detailgetreu gezeigte Ermordung des Staatssekretärs in der Folge "XXXX" durch Brust- und Kopfschüsse oder das am Ende in einer mehr als eine halbe Minute lang dauernden "Totale" dargestellte Sterben des Herrn von Mayer, der in einer sich vergrößernden Blutlache röchelnd den Folgens eines Sturzes erliegen würde (vgl. KJM-Kriterien 2.1. – Ausprägung in Einzeldarstellungen).

 

Die vorkommenden Morde im Film "XXXX" würden nicht nur von einem seherfahrenen Zuschauer wahrgenommen werden können, sondern von jedem (auch minderjährigem) Zuseher würden die entsprechenden Kausalzusammenhänge ohne Zweifel erkannt werden können. Dass es zur Feststellung, dass die Morde "gezeigt" werden bzw. "zu sehen" sind, eines zusätzlichen Tatbestandselements dergestalt bedürfte, dass der Akt des Sterbens bzw. Verblutens detailreich im Bild dargestellt werden müsste, könne die belangte Behörde nicht erkennen. Soweit sich der ORF an der Verwendung des Adjektivs "grausam" stoße, genüge der Hinweis, dass auch das StGB ein entsprechendes (objektivierbares) Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Erschwerungsgründe kenne. Unabhängig von der Frage, ob die strafgerichtliche Rechtsprechung ein Fesseln/Mundverkleben/Kehle-Durchschneiden als in diesem Sinne grausam einordnen würde, entspreche die Feststellung nach Auffassung der belangten Behörde jedenfalls der Wahrnehmung eines mit einem durchschnittlichen Bezug zur Gewalt bzw. gewaltvollem Tod ausgestatteten Zusehers. Dass die natürlich vorhandene Sensibilität hier für Zuseher im Kindes- und Jugendalter wiederum eine gesteigerte sei, folge schon aus dem entsprechend geringeren Erfahrungshorizont dieser Personengruppe.

 

Zusammengefasst seien die drei XXXX-Episoden und die Sendung "XXXX" nach Ansicht der belangten Behörde jedenfalls geeignet, Minderjährige und zwar jedenfalls unter 12-Jährige in ihrer körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung zu beeinträchtigen. So sei auf das Vorbringen des ORF, wonach sich die XXXX-Reihe durch einen besonders öffentlich-rechtlichen Zugang auszeichne, nicht weiter einzugehen gewesen, zumal die belangte Behörde auch nicht erkennen habe können, dass gerade die schützenswerte Zielgruppe der Kinder und unmündigen Minderjährigen empfängerseitig zu einer differenzierten Beurteilung in der Lage gewesen sei, die darauf abstelle, ob die Morde etwa in ein gesellschaftlich relevantes Thema eingebettet seien. Die belangte Behörde verwies darauf, sie habe nicht erkennen können, wie die im Fernsehen üblichen Alterskennzeichnung von Sendungen "Ab 16" oder "Ab 18" zur Beurteilung der Frage beitragen solle, welche Inhalte im "klassischen Kinderprogramm" für beispielsweise unter 10-Jährige am frühen Nachmittag gezeigt werden dürfen. Abschließend könne – so die belangte Behörde – nicht nachvollzogen werden, wie Sendungen, die unbestrittenermaßen jedenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren freigegeben waren, denkmöglich durch eine "24/7-Bereitstellung" auf XXXX mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang gebracht werden haben können, so man nicht annehmen wolle, dass der Gesetzgeber für unter 12 Jährige keinerlei Schutzzeiten oder Maßnahmen vor Augen hatte.

 

Zum behaupteten Verfahrensmangel mangels Beiziehung eines Sachverständigen führte die belangte Behörde Folgendes aus: Die Beschwerdeführer würden selbst von einer Freigabe erst für über 12-Jährige ausgehen; die insoweit gegebenen Entwicklungsbeeinträchtigungsmöglichkeit für unter 12-Jährige sei weiterhin nicht bestritten worden. Die belangte Behörde, die vom Gesetzgeber ausdrücklich als sektorspezifische Behörde eingerichtet wurde, habe unabhängig davon, und zwar unter Rückgriff auf die nach anerkannten wissenschaftlichen Standards erarbeiteten KJM-Kriterien, eine ausdifferenzierte Subsumption des Sachverhalts unter den gesetzlichen Tatbestand vorgenommen. Hierfür könne auch kein Sachverständiger herangezogen werden, weil es sich im Ergebnis um die Beurteilung einer Rechtsfrage handle.

 

Zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen führte die Behörde aus, die inkriminierten Sendungen seien ohne jede zeitliche Einschränkung, sohin "rund um die Uhr" im spruchgegenständlichen Zeitraum bereitgestellt worden. Damit stehe außer Zweifel, dass Minderjährige üblicherweise jedenfalls auch untertags das Online-Angebot hätten nutzen können sowie die verfahrensgegenständlichen Sendungen hätten abrufen können. Auf eine Mitverantwortung der Eltern könne nicht gebaut werden, wenn Sendungen rund um die Uhr abrufbar seien. Dies deshalb, weil § 10 Abs. 12 ORF-G gerade auch Zeiträume hätte schaffen wollen, in denen sich Erziehungsberechtigte in ihrer kontrollierenden Rolle zurücknehmen dürfen. Auch liege keine sonstige [technische] Maßnahme iSd § 10 Abs. 12 ORF-G vor. So gebe es im ORF-G keine Regelung, die vorsehe, dass beim getrennten Anbieten von Kinder- und Erwachsenenprogramm eine Bereitstellung von Filmen ab 12 Jahren rund um die Uhr zulässig sei; zudem könne im vorliegenden Fall nicht von einer Trennung gesprochen werden. Dies deshalb, weil der Einstieg in den Kinderbereich der XXXX nur über das allgemeine Portal möglich sei und hier eine umfassende Auswahlmöglichkeit des gesamten XXXX-Angebots bestehe. Aus einem Rückgriff auf die Materialien und die dem § 10 Abs. 12 zugrundeliegende Richtlinienbestimmung ergebe sich, dass die in § 10 Abs. 12 ORF-G angesprochene "sonstige Maßnahme" als "sonstige technische Maßnahme" zu lesen sei. Eine solche technische Maßnahme liege nicht vor. Das Argument, der ORF sei durch die Bereitstellung von okidoki.orf.at von der Einhaltung des § 10 Abs. 12 ORF-G freigestellt, scheitere nach Auffassung der belangten Behörde aus folgenden Gründen: Während die vom ORF genannten Angebote der deutschen öffentlich-rechtlichen Veranstalter kika.de und zdf.tv.de tatsächlich auch Videos für Kinder in Mediathek-ähnlicher Form zum Abruf bereitstellen würden, würde sich das Angebot des ORF auf okidoki.orf.at auf eine Text-Bild-basierte Website beschränken. Diese beschreibe zwar das linear ausgestrahlte Kinderfernsehprogramm des ORF und biete sendungsergänzende Informationen; auf der ganzen Website werde jedoch kein einziges Video einer gesamten Kindersendung zum Abruf bereitgestellt, sondern finde sich dieses Angebot ausschließlich auf XXXX.

 

Im Ergebnis entspreche das hier relevante Onlineangebot im Tatzeitraum nicht den Vorgaben des § 10 Abs. 12 ORF-G, zumal Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, bereitgestellt worden seien, und keinerlei Maßnahmen getroffen worden seien, die gewährleistet hätten, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen werden können. In allen vier Fällen sei somit der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G vorgelegen.

 

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des nunmehrigen Erstbeschwerdeführers brachte die belangte Behörde vor, dieser sei ein nach § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter. Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass das tatbestandsmäßige Verhalten dem Erstbeschwerdeführer auch vorzuwerfen gewesen sei. Bei der vorgeworfenen Übertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, das weder den Eintritt eines Schadens noch einer konkreten Gefahr voraussetze. Der Erstbeschwerdeführer habe nichts dazu vorgebracht, ihm sei die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen. Auch habe es kein Vorbringen zu einem Kontrollsystem gegeben. Zum Vorbringen, der Erstbeschwerdeführer sei einer unverschuldeten rechtsirrigen Auslegung der Verwaltungsvorschriften erlegen, entgegnete die belangte Behörde, dass die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung allein ein Verschulden an einem objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausgeschlossen werden könne. So seien nach der Rechtsprechung geeignete Erkundigungen anzustellen; der bloße Umstand, dass in einer bestimmten Rechtsfrage Unsicherheit herrsche, berechtige nicht dazu, sich ohne weitere Nachforschungen für die günstigste Variante zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund sei ein allfälliger Rechtsirrtum dem Erstbeschwerdeführer jedenfalls vorzuwerfen.

 

Die Rechtslage in Bezug auf die Erforderlichkeit der Beschränkung der Zugänglichkeit jugendgefährdender Inhalte sei ebenso eindeutig wie die Tatsache, dass Gewaltdarstellungen in Sendungen ein Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial für Minderjährige aufweisen würden. An den Erstbeschwerdeführer sei als Leiter der Rechtsabteilung des ORF und als für den gesamten Bereich des ORF u.

a. für die Einhaltung der Vorschrift nach § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G verantwortlicher Beauftragter ein hoher Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Bei der ihm obliegenden pflichtgemäßen und sorgfältigen Befassung mit den einschlägigen Bestimmungen habe er daher zum Ergebnis kommen müssen, dass seine Rechtsansicht unvertretbar sei. Bei einer allenfalls auftretenden Rechtsunsicherheit sei ein sorgfältiges Abwägen des Für und Wider, des Einholens weiterer Erkundigungen erforderlich und dem Erstbeschwerdeführer zumutbar gewesen. Entsprechendes sei aber nicht vorgebracht worden und habe sich aus dem Verfahren nicht ergeben.

 

Somit sei die belangte Behörde vom schuldhaften Verhalten des Erstbeschwerdeführers mangels sorgfaltsgemäßer Wahrnehmung der geforderten Aufsichts- und Kontrollaufgaben ausgegangen, ein entschuldbarer Rechtsirrtum sei nicht vorgelegen; die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs. 1 VStG sei demnach aufrecht geblieben.

 

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde Folgendes aus: Die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens – allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung – seien nicht vorgelegen. So seien weder der Schutz der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen ein strafrechtlich geschütztes Rechtsgut von geringer Bedeutung, noch sei die Intensität seiner Beeinträchtigung gering gewesen. Bei der Strafbemessung habe die belangte Behörde berücksichtigt, dass die Intensität der Darstellung nicht hinter anderen von § 10 Abs. 12 ORF-G erfassten Inhalten zurückbleibe. Die inkriminierten Gewaltinhalte seien in eine fiktionale Kriminalgeschichte eingebettet gewesen; die Bereitstellungsdauer habe mit sieben Tagen jeweils den maximal möglichen Zeitraum umfasst und es habe auch im Tagesverlauf keine Einschränkungen der Verfügbarkeit gegeben. Bei der Sendung "XXXX" sei im Vergleich zu den XXXX-Folgen zu berücksichtigen gewesen, dass die Darstellung einen engen Bezug zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen aufgewiesen habe. Darin liege ein vergleichsweise stärkeres Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial. Erschwerungs- oder Milderungsgründe seien keine vorgelegen; die aufgelisteten Vorstrafen seien zwar der Annahme des Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit entgegengestanden, seien aber nicht einschlägig im Sinne des Erschwerungsgrunds der Bestrafung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Verwaltungsübertretungen. Der Strafbemessung seien das Jahreseinkommen des Erstbeschwerdeführers in Höhe von zumindest € 221.610,69 brutto, sowie die Sorgepflichten zugrunde gelegt worden. Unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit und der Art der Sendungen sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass mit einer Strafe im unteren Drittel des Strafrahmens das Auslangen gefunden werden könne. Unter Berücksichtigung des höheren Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzials der Sendung "XXXX" sei hier eine entsprechend höhere Strafe angemessen. Von den gleichen Überlegungen sei die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe getragen gewesen.

 

5. Gegen diese Entscheidung erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.11.2016 die gegenständlichen Beschwerden ans Bundesverwaltungsgericht. An Beschwerdegründen wurde unter Zitat der Ausführungen aus der Beschwerde vom 12.05.2016 gegen den oben beschriebenen Feststellungsbescheid 1) die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht (zur rechtlichen Beurteilung dieses Vorbringens siehe Punkt II.3.5.1. unten). Weiters monierten die Beschwerdeführer, dass 2) eine Verletzung des § 18 Abs. 1 ORF-G keine Verwaltungsübertretung bilde (Punkt II.3.5.2.); 3) dies ginge zumindest nicht mit jener Klarheit aus dem Gesetz hervor, die für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe zu fordern sei (Punkt II.3.5.3.); 4) abgesehen davon liege ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G aber auch gar nicht vor und sei ein Sachverständiger beizuziehen (Punkt II.3.5.4.); 5) der Erstbeschwerdeführer sei einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlegen (Punkt II.3.5.5.); 6) das angefochtene Straferkenntnis verstoße hinsichtlich Spruchpunkt 2. und 3. gegen das Doppelbestrafungsverbot (Punkt II.3.5.6.); 7) seien die Tathandlungen als fortgesetztes Delikt nur einmal zu bestrafen (Punkt II.3.5.6.) und 8) erweise sich die Strafbemessung der belangten Behörde als fehlerhaft (Punkt II.3.5.7.).

 

6. Die belangte Behörde erstattete mit kurzer, den Ausführungen der Beschwerdeführer entgegentretender, Stellungnahme vom 01.12.2016 die Vorlage der Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht; die Beschwerdevorlage ist am 02.12.2016 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

7. Am 18.10.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht den Zweitbeschwerdeführer dazu aufgefordert, die inkriminierten Sendungen bereitzustellen; der Zweitbeschwerdeführer kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom nächsten Tag nach. Mit Schreiben vom 23.10.2017 übermittelte auch die belangte Behörde die inkriminierten Sendungen.

 

8. Mit Eingabe vom 19.01.2018 nahmen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer mit gemeinsamer Eingabe zur Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 01.12.2016 Stellung. Darin brachten sie vor, dass § 38 Abs. 1 ORF-G keinen eigenständigen Straftatbestand beinhalte, dass der objektive Tatbestand nicht verwirklicht worden sei, sowie dass ein entschuldbarer Verbotsirrtum, eine unzulässige Doppelbestrafung und ein fortgesetztes Delikt vorliegen würden.

 

9. Am 08.01.2017 und am 22.01.2018 fanden in der Sache mündliche Verhandlungen statt, an der die Beschwerdeführer und die belangte Behörde teilnahmen. Die Beschwerdeführer bestritten im Wesentlichen das von der belangten Behörde angenommene "Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial" der inkriminierten Sendungen. Minderjährige würden die kausale Abfolge in diesen Sendungen nicht wie Erwachsene erkennen können, weil Kinder mit den filmographischen Abläufen nicht so vertraut wären. Für die Beurteilung, ob die inkriminierten Sendungen ein Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial aufweisen, sei daher ein Sachverständiger beizuziehen. Es sei für jede individuelle Sendung auch individuell zu beurteilen, ob diese unter dem Aspekt des Jugendschutzes problematisch seien. Die Beschwerdeführer verwiesen auch auf die deutsche Rechtslage, wonach Filme mit einer "FSK 12-Freigabe" – wie auch die gegenständlichen Sendungen – ohne zeitliche Einschränkung zur Verfügung gestellt werden dürften und es auch eine entsprechende "App" gebe. Die Beschwerdeführer brachten zudem vor, in Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF bereits im Zuge des Feststellungsverfahrens eine zeitliche Einschränkung für möglicherweise problematische Sendungen vorgesehen zu haben. Die belangte Behörde verwies insbesondere darauf, dass auch bei Filmen, die eine FSK-12-Einstufung aufwiesen, 0- bis 12-jährige Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden könnten und zeitliche Einschränkungen bei der Zurverfügungstellung bzw. andere Maßnahmen im Hinblick auf den Jugendschutz berücksichtigt werden müssten. Weiters machte die belangte Behörde ihre Funktion als sektorspezifische Einrichtung geltend, womit auch die Zuständigkeit der Beurteilung möglicher Verletzungen des Jugendschutzes verbunden sei. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Beweisantrag der Beschwerdeführer zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung des möglichen Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzials ab. Die Abweisung erfolgte mit der Begründung, dass die bloße Beeinträchtigungsmöglichkeit für eine Verletzung des ORF-G ausreiche; wegen der in den gegenständlichen Sendungen erkennbar durchgeführten Morde könne eine solche Beeinträchtigungsmöglichkeit grundsätzlich bereits durch Rückgriff auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut festgestellt werden.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

1.1. Sendung "XXXX", ausgestrahlt am 14.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf ORF 2, auf XXXX von 14.06.2015 bis 21.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Zu Beginn der Sendung, konkret in Minute fünf, sieht man im Stiegenhaus eine leblose Person zwischen Stiegen und Rollstuhl am Boden liegen; man sieht drei blutende Wunden auf dem Brustkorb des Toten. Diese Leiche ist in Minute sieben nochmals kurz zu sehen. (Szene, in der man die durchschossene Leiche im Rollstuhl sieht).

 

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Daraufhin verschwindet der Freund des Mordopfers spurlos. Die Bremer Kommissare ermitteln mitten in einem Interessenkonflikt zwischen Umweltschützern und Unternehmern.

 

In Minute zwölf besichtigen die Polizei und ein Windradbesitzer ein Windrad. Auf einer der Windkraftanlagen befinden sich Blutspuren am Boden und tote Vögel liegen auf der Wartungsbrücke dieser Anlage. In Minute 27 sieht man, wie drei miteinander in Streit geratene Personen eine Schlägerei untereinander austragen. Es handelt sich dabei um den Windradbesitzer, einen Umweltaktivisten und einen Polizisten.

 

Der Windradbesitzer kommt dahinter, dass die Umweltaktivisten verschiedene Beweise nur gefälscht haben. In Minute 73 sieht man, wie der Umweltaktivist Kilian sich von hinten an den Windradbesitzer heranschleicht, diesem einem Plastiksack über dem Kopf stülpt und erstickt. Man sieht dabei für etwa eine halbe Minute den Todeskampf des Windradbesitzers, der vergeblich versucht, sich zu befreien aber letztlich mit dem Plastiksack über dem Kopf in den Teich gedrückt und erstickt wird (Szene, in der man den Todeskampf zwischen Mörder und Opfer mitverfolgt und schließlich die Leiche im Wasser liegen sieht).

 

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In Minute 79 bedroht der Umweltaktivist eine Personengruppe mit der Pistole und mit der Zündung eines Sprengsatzes. In Minute 81 schießt der Umweltaktivist unvermutet den Sprecher dieser Personengruppe tot. Der Erschossene hat davor versucht, den Umweltaktivisten zu beruhigen. Man sieht deutlich das Einschussloch im Brustkorb des Erschossenen. Blut tritt aus und breitet sich am Hemd aus, der Erschossene kippt vornüber auf den Tisch.

 

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Wenig später beugt der Umweltaktivisten den Erschossenen auf und hält seinen reglosen Kopf in eine laufende Webcam. Der Umweltaktivist besteht darauf, dass die Videoaufzeichnung der Situation hochgeladen wird. Danach hält die Bedrohungssituation durch den Umweltaktivisten mit geladener Waffe an.

 

Als die Polizei und das Sonderkommando eintreffen, kidnappt der bewaffnete Umweltaktivist eine Freundin und geht an den ebenfalls bewaffneten Polizisten vorbei in einen Lift. Kurz darauf hört man einen Schuss: Der Umweltaktivist hat sich selbst erschossen. Man sieht die verstörte Freundin im blutverschmierten Lift neben der Leiche des Umweltaktivisten.

 

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Die Sendung wurde am 14.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt und auf XXXX von 14.06.2015 bis 21.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.2. Sendung "XXXX", ausgestrahlt am 21.06.2015 von ca. 01:00 Uhr bis ca. 02:31 Uhr auf ORF 2, auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2016 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Der ehemalige Psychotherapeut XXXX leidet seit dem Unfalltod seiner beiden Kinder an Zwangsneurosen. Der Aufenthalt in einer Heilanstalt bleibt ohne Erfolg. Unter Aufsicht seiner Schwägerin, die die Teilmundschaft für ihn übernimmt, verlässt XXXX das Therapiezentrum wieder. Zur selben Zeit wird ein in psychiatrischer Verwahrung befindlicher "Teddymörder", wieder aktiv. Die Polizei bittet XXXX bei dessen Ergreifung um Hilfe, weil er das Krankheitsbild des Mannes genau kennt.

 

Im Verlauf der Sendung bringt der "Teddymörder" mehrere Frauen immer auf dieselbe Art und Weise um: Er bindet sie an einem Stuhl fest und verklebt ihnen den Mund. Anschließend zückt er ein skalpellartiges Messer, redet ihnen "gut zu", lässt sie zittern und schneidet ihnen zuletzt die Kehle durch. Als Erkennungszeichen legt der Mörder jeweils einen Teddybären auf den Schoß der ermordeten Frauen. Die Getöteten werden vom Hals abwärts blutüberströmt gezeigt. Im ersten Fall findet der Mord in einem Kinderzimmer statt, im zweiten Fall auf einem Spielplatz, im dritten Fall in einem Kindergarten.

 

In der ersten Minute sieht man, wie eine Frau mit zitternder Stimme telefoniert und über ein Kindergeburtstagsfest spricht. Sie ist an einem Stuhl gefesselt. Ein Mann steht hinter ihr und hält ihr den Hörer. Sie bedankt sich, dass sie dieses Telefonat führen durfte. Man sieht ihr angstvoll verzerrtes Gesicht in Großaufnahme. Der Mann zückt ein Messer in der Höhe des Halses der Frau. Sie schreit. Es gibt einen Filmschnitt. Die Kamera ist in der nächsten Einstellung auf ein Stofftier gerichtet. Man hört eine Flüssigkeit austreten. Das Geräusch ähnelt einem "pritschelndem" Wasserhahn. Man sieht Blutflecken am Boden. Aus der Vogelperspektive sieht man nun wie der Mann ein Stofftier auf dem Schoß der Frau platziert. Der Kopf der Frau ist nach unten gerichtet, die Haare fallen ihr über das Gesicht.

 

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In Minute 17 sieht man, wie eine Frau bei Dunkelheit durch den Park spaziert. Die Szenerie ist durch eine melancholisch-düstere Musik untermalt. Plötzlich wird sie vom Weg weggerissen. Im nächsten Bild sieht man, wie diese Frau gefesselt und geknebelt auf einer Wippe sitzt. Der Teddymörder schaukelt sie und zückt ein Messer. Nächstes Bild: Die Frau sitzt vorne über gebeugt, den Kopf fast im Schoß. Der Teddymörder hält einen blutigen Teddy in der Hand. Er beugt die leblose Frau auf. Man sieht eine große Blutlache unterhalb des Kopfes auf ihrer Kleidung. Der Teddymörder platziert ein Stofftier auf ihrem Schoß. Er flüstert: "Du bist eine gute Mama." Seine Stimme ist dabei verstellt. Er lässt den leblosen Frauenkörper wieder vornüber fallen. Dann legt er sich der Frau zu Füßen in Embryonalstellung unter die Wippe auf den Parkboden und spielt mit ihren herabhängenden Haaren. Am Boden sieht man eine Blutlache. Die ermordete Frau wird am nächsten Tag von der Polizei vor Ort in vornübergebeugter Stellung mit dem Stofftier am Schoß aufgefunden.

 

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In Minute 50 sitzt der Teddymörder im Wagen mit Herrn XXXX, der diesem schon auf der Spur ist. Im Auto führen die beiden ein beklemmendes Gespräch. Der Teddymörder bedroht in diesem Gespräch XXXX Exfrau.

 

Der Teddymörder sucht bei Dunkelheit eine Kindergärtnerin im Kindergarten auf. Ihre Frage, ob er "ein Vater" sei, beantwortet er damit, etwas "Ähnliches" zu sein. In Minute 51 sieht man die Kindergärtnerin leblos mit Teddy auf dem Schoß auf einem Schaukelpferd sitzen. Von ihrem von Haaren verdeckten Hals rinnt Blut über den Kopf des Schaukelpferds hinunter.

 

In Minute 59 sieht man das Ergebnis eines während des Films immer wieder in Rückblenden erzählten Ereignisses. Dabei geht es um einen Autounfall, den Herr XXXX vor einigen Jahren hatte. Er war mit seinen Kindern im Auto unterwegs. Beide Kinder waren nicht angeschnallt. Man sieht einen Unfall mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. In Minute 59 sieht man ein lebloses blutendes Kind im Gras liegen. Aus dieser Szene erhellt sich, dass dieser Autounfall für die Kinder der Hauptfigur des Films einen tödlichen Ausgang hatte.

 

In Minute 62 sieht man, wie eine Frau, es handelt sich dabei um die Psychiaterin einer Klinik, in der auch der Teddymörder inhaftiert war, mit Misshandlungen droht. Sie deutet an, dem Teddymörder die Zigarette auf dem Unterarm auszudrücken, für den Fall, dass er kein "braver Junge" sein sollte. In Minute 73 sieht man eine Verfolgungssequenz, wo der Teddymörder Herrn XXXX nachläuft. Herr XXXX kann knapp entkommen. Minute 84: Der Teddymörder hat die Psychiaterin auf ein Krankenbett gegurtet. Sie kann sich nicht befreien. Er summt eine Melodie, er hält den Teddy in der Hand und führt ihn über den fixierten Körper der Psychiaterin "entlang spazieren". In Minute 85 sieht man, wie der Teddymörder die Psychiaterin nunmehr auch geknebelt hat. Er zückt ein skalpellartiges Messer und nähert dieses dem Hals der Psychiaterin. Sie versucht zu schreien und quietscht gellend durch den Knebel in ihrem Mund. Das Auftauchen XXXX verhindert die Durchführung weiterer Aktionen des Teddymörders. Zu einem Mord kommt es nicht.

 

Minute 87: Der Teddymörder lässt sich nach einem Verfolgungslauf in den Kanal hinabgleiten. Er hält den Teddy in der Hand. Er wirft Herrn XXXX vor, er könne ihn nicht beschützen. Den Teddy gibt er nicht her, sondern geht gemeinsam mit dem Teddy im Kanal unter und der Film endet.

 

Die Sendung wurde am 21.06.2015 von ca. 01:00 Uhr bis ca. 02:31 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt und auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2016 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.3. Sendung "XXXX", ausgestrahlt am 21.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:43 Uhr auf ORF 2, auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Ein Staatssekretär des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums, Dr. Dillinger, wird von einem Profikiller auf einem Parkplatz bei einem Waldstück ermordet. Dies erfolgt in Minute 11 durch die Abgabe dreier unvermuteter Schüsse in die Brust (Szene, in der das Erschießen deutlich gezeigt wird).

 

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Als der Laufpartner, mit dem der Staatssekretar verabredet war, Herr Heinerle (ein ehemaliger Ministerpräsident), und dessen Bodyguard, Herr Breuer, eintreffen, folgt ein Schusswechsel zwischen diesen und dem Profikiller. In Minute 14 sieht man, wie auf das wegfahrende Auto geschossen wird; die hintere Wagenscheibe birst. In Minute 18 sieht man den Mann, der mit dem Auto davongefahren ist, mit offener blutender Schusswunde zwischen Brust und Schulter.

 

Der ehemalige Ministerpräsident, Herr Heinerle, soll vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags zu dem skandalumwitterten Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" aussagen.

 

Später in der Sendung übergibt eine Frau mit Perücke die vereinbarte Geldsumme an den Profikiller. Dieser bedroht sie in Minute 27 mit seiner Waffe und will wissen, für wen sie arbeitet. Wieder sieht man die blutende Wunde; diesmal leicht mit einem Pflaster bedeckt, das Blut ist jedoch hindurchgedrungen, halbgetrocknetes Blut ist den Körper hinuntergeronnen.

 

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Kurze Zeit später fällt der Profikiller aufgrund seiner Schussverletzungen ohnmächtig zu Boden. In Minute 45 sieht man den Profikiller wieder. Er liegt in einem Wagen. In Minute 46 sieht man, wie ein Arzt (der Vater der Frau mit Perücke) an dieser Wunde herummanipuliert; der Verletzte stöhnt vor Schmerz. In Minute 53 sieht man die qualitativ weniger gute Übertragung eines Überwachungsvideos. Hierauf sieht man, wie der Profikiller auf einem Parkplatz eine Person mit der Pistole bedroht.

 

In Minute 60 ist zu sehen, wie ein Demonstrant einen Brandsatz unter einen Polizeiwagen wirft, der dort ein Feuer auslöst.

 

In Minute 75 sieht man den angeschossenen Profikiller, wie er mit seiner Pistole auf einen Mann zielt. Er drückt ab, die Pistole ist jedoch leer.

 

Am Ende stellt sich heraus, dass die Frau, die den Profikiller bezahlen hätte sollen, die Geliebte von Herrn von Mayer – dem Architekten des Bauprojekts "Stuttgart 21" – ist, die ihm bei der Ermordung von Dr. Dillinger behilflich war.

 

In Minute 85 macht der Polizist Herrn von Mayer dingfest, der hinter dem von der Polizei untersuchten Mord steckt. Derselbe erbittet sich noch eine Minute, um seinen Zigarillo auszurauchen. Der Polizist kündigt an, im Erdgeschoss des Gebäudes auf ihn zu warten. Man sieht den Polizisten eine Treppe hinuntergehen; gleichzeitig hört man eine weibliche Stimme rufen. Herr von Mayer hat sich vom Gebäude hinuntergestürzt. Man sieht ihn in einer rund 30 Sekunden dauernden Szene am Boden liegen, röcheln, eine Blutlache breitet sich um seinen Kopf aus; schließlich stirbt er.

 

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Die Sendung wurde am 21.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:43 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt und auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.4. Sendung "XXXX", ausgestrahlt am 28.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf ORF 2, auf XXXX von 28.06.2015 bis 05.07.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Nach dem Vorspann sieht man zu Anfang des Films einen sichtlich verzweifelten Mann mit einer Wunde im Gesicht durchs Bild wanken. In seiner rechten Hand hält er einen länglichen Gegenstand. Er gibt unartikulierte Laute von sich. Der Mann nähert sich einem Lokal und schlägt mit dem länglichen Gegenstand, den er in beiden Händen hält, die Scheibe des Schaufensters ein.

 

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Zu Anfang der dritten Minute des Films sieht man wie auf einem Containerumladeplatz ein Container geöffnet wird. Es handelt sich dabei um den Container des österreichischen Hühnerfleisch-Exporteurs (Herrn Müller). Schwallartig ergießt sich der Containerinhalt auf den Boden, darunter einige Kartons sowie eine in Plastikfolie eingepackte und mit Klebebändern verzurrte Leiche. Aus diesem "Päckchen" ragen nur die Zehen hervor. Es handelt sich ersichtlich um eine Person, die darin eingepackt ist. In Minute fünf ist zu erkennen, wie dieses "Päckchen" geöffnet sind. Daraus ragen blasse leblose Gesichter der eingepackten Menschen hervor. Es handelt sich insgesamt um drei Leichen.

 

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In Minute zwölf sieht man, wie ein Hund mit einer abgetrennten Hand eines Menschen in der Schnauze zu seinem Herrchen kommt. Der Hund lässt die blutige Hand auf den Boden fallen. Es ist ersichtlich, dass mehrere Finger fehlen. In Minute 15 untersuchen die Polizisten diese abgetrennte Hand. Nachdem die zugehörige Person, Tsao Khang, ausfindig gemacht wurde, gehen die beiden Kommissare in dessen Wohnung, wo das Badezimmer blutverschmiert ist.

 

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Die Kommissare begeben sich auf die Suche nach den Leichenteilen und werden in der Umgebung fündig. In Minute 23 nimmt ein Polizist einen blutverschmierten Plastiksack aus einer Mülltonne; darin befindet sich ein abgetrennter Unterschenkel. Nach langer Suche findet die Polizei auch den abgetrennten Kopf des Mordopfers in einer Mülltonne. In Minute 28 sieht man einen abgetrennten Kopf in einer Mülltonne liegen.

 

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Nachdem einer der Kommissare entdeckt, dass das Hühnerfleisch des Exporteurs mit Vogelgrippe verseucht ist, suchen sie das Lagerhaus auf. Dort finden sie den Chef des Exportunternehmens, Herrn Müller, der in eine Kühlhalle gesperrt wurde, erfroren vor.

 

Zuletzt stellt sich heraus, dass Ghu Bao, die Leiterin des Chinarestaurants, sowohl Tsao Khang umbringen hat lassen, als auch Herrn Müller vom Geflügelexport und ihren Exmann, den Sektionschef Oskar Weld. Dieser wird vom Kommissar in Minute 119 im Chinarestaurant aufgefunden. Oskar Weld wurde erstochen; ihm steckt ein Messer in der blutüberströmten Brust. Er wird kurz als lebendig dargestellt und stirbt sodann röchelnd.

 

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Nach ihrem Geständnis, während Ghu Bao abgeführt wird, entwischt sie den Polizisten und stürzt sich in Minute 124 über das Geländer. Man sieht die Leiche in einer sich um ihren Kopf ausbreitenden Blutlache liegen.

 

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Die Sendung wurde am 28.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt und auf XXXX von 28.06.2015 bis 05.07.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.5. Angebotskonzept für XXXX

 

Die Letztfassung des vom ORF gem. § 5 a ORF-G erstellten Angebotskonzepts für das Online-Angebot XXXX wurde ursprünglich am 28.01.2011 entworfen und am 14.03.2011 ergänzt sowie zuletzt am 19.09.2012 geändert. Dieses Angebotskonzept hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 12.07.2013, KOA 11.261/13-015, veröffentlicht. Mit der letzten Änderung vom 19.09.2012 hat der ORF unter Punkt 2.8. – "Einhaltung der Vorgaben des ORF-G" das Onlineangebot dergestalt konkretisiert, dass es auszugsweise wie folgt lautet:

 

"Das derzeitige und aus heutiger Sicht im Rahmen der inhaltlichen Erweiterungen geplante zukünftige Angebot der ORF-XXXX umfasst keine Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigten können (§ 10 Abs. 12 und 13 ORF-G). Sollte die Bereitstellung einzelner solcher Sendungen geplant werden, wird durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werden, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden. Dabei erfolgt im Rahmen der Übernahme der ausgestrahlten Sendung aus dem Fernsehen auch automatisch die Übernahme deren Kennzeichnung als nicht für Kinder oder als nur für Erwachsene geeignet in das angebotene Video-File."

 

1.6. Sendungskategorien auf XXXX-App der ARD

 

Das Angebot in der Domain XXXX bietet eine Kategorisierung der abrufbaren Sendungen:

 

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Die tatgegenständlichen Sendungen waren in der Kategorie "Film|Serien" abrufbar und verfügen über die Alterseinstufung "FSK ab 12 freigegeben".

 

Die TVthek beinhaltet auch eine eigene Kategorie "Kinder", die nutzerseitig ebenso auswählbar ist, wie die Kategorie "Film|Serien".

 

Die XXXX kann von jedem Internetbenutzer ohne gesonderten Login benutzt werden. Es ist für die Benutzung der XXXX nicht erforderlich, sich zu registrieren oder zu identifizieren. Die in der XXXX zur Verfügung gestellten Sendungen können grundsätzlich auf Abruf abgespielt werden. Bei manchen Sendungen erscheint derzeit statt der aufgerufenen Sendung folgender Hinweistext: "DIESE SENDUNG

IST FÜR KINDER UND JUGENDLICHE NICHT GEEIGNET. DAS VIDEO IST IM

SINNE DES JUGENDSCHUTZES DESHALB NUR VON 20.00 BIS 6.00 UHR VERFÜGBAR." Diese zeitliche Schranke für Sendungen, die aus jugendschutzrechtlichen Gesichtspunkten Bedenken aufwerfen wurde im Zuge der Durchführung des Feststellungsverfahrens und vor Erlassung des gegenständlich angefochtenen Straferkenntnisses eingeführt; diese Sendungen können nur noch im Zeitraum von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr abgerufen werden.

 

Der ORF hat eine "Kinderseite" unter der Domain okidoki.orf.at eingerichtet. Diese richtet sich hinsichtlich ihrer Aufmachung und ihres Inhalts an Kinder. Ganze Sendungen können auf dieser Internetseite nicht abgerufen werden. Dies war und ist nur über die "klassische" XXXX möglich, in der die in der obigen Abbildung angeführten Sendungskategorien abrufbar sind.

 

Für die Nutzung der "XXXX-App" der ARD ist lediglich der Download der App Voraussetzung; eine gesonderte Anmeldung in der App ist nicht erforderlich. Tatorte "ab 12 Jahren" sind ohne zeitliche Einschränkung verfügbar. XXXX-Sendungen, die erst "ab 16 Jahren" oder "ab 18 Jahren" freigegeben sind, werden, gleichsam wie im deutschen Fernsehen, zeitlich beschränkt, d.h. ab 22 bzw. ab 23 Uhr, zur Verfügung gestellt.

 

Auf der deutschen Website www.kika.de/videos/index.html können "on demand" zahlreiche Videos abgerufen werden, deren Inhalt sich an Kinder richtet. Es ist – mit einer deutschen IP-Adresse – auch möglich, Kindersendungen live anzusehen. Über diese Website lassen sich nur Kindersendungen abrufen.

 

1.7. Bestellung des Erstbeschwerdeführers zum verantwortlichen Beauftragten

 

Der ORF ist als Stiftung öffentlichen Rechts nach § 1 Abs. 1 ORF-G eine juristische Person. Mit Schreiben vom 06.12.2011, KOA 5.009/12-005, wurde der Erstbeschwerdeführer mit dessen Zustimmung zum verwaltungsstrafrechtlich Beauftragten, sachlich abgegrenzt u.a. für Übertretungen nach § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G, für den gesamten Bereich des ORF bestellt. Der Erstbeschwerdeführer hatte diese Position bis zu seiner Pensionierung am 01.04.2017 inne.

 

1.8. Vorstrafen des Erstbeschwerdeführers

 

1.8.1. Mit Straferkenntnis vom 16.01.2012, KOA 3.500/12-002, wurden durch die KommAustria über den Erstbeschwerdeführer wegen zweier Übertretungen des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 ORF-G Geldstrafen iHv je € 5.000,- verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde mit dem die dagegen erhobene Berufung abweisenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (UVS Wien) vom 27.02.2013, UVS-06/23/1729/2012-17, rechtskräftig.

 

1.8.2. Mit Straferkenntnis vom 13.06.2013, KOA 3.500/13-008, wurde durch die KommAustria über den Erstbeschwerdeführer rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm §15 Abs. 2 ORF-G eine Geldstrafe iHv € 4.000,- verhängt.

 

1.8.3. Mit Straferkenntnis vom 06.11.2014, KOA 3.500/14-049, wurden durch die KommAustria über den Erstbeschwerdeführer wegen insgesamt 28 Übertretungen des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm § 14 Abs. 5 Satz 2 (4 Übertretungen) und Satz 4 (9 Übertretungen) iVm § 17 Abs. 5 ORF-G und des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF-G (15 Übertretungen), jeweils iVm § 9 Abs. 2 VStG, Geldstrafen iHv insgesamt € 116.000,- verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.02.2016, GZ W194 2016273-1/13E, bestätigt. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde hinsichtlich der Spruchpunkte 12. und 15. (jeweils betreffend die Überschreitung der höchstzulässigen Werbezeit pro Stunde) mit Entscheidung des VwGH vom 21.06.2017, Ro 2016/03/0011, aufgehoben; der Beschwerde wurde im fortgesetzten Verfahren mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.08.2017, W194 2016273-1, stattgegeben.

 

1.8.4. Mit Straferkenntnis vom 15.04.2015, KOA 1.850/14-021, wurden durch die KommAustria über den Erstbeschwerdeführer rechtskräftig wegen dreier Übertretungen des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm §13 Abs. 1 Satz 2 iVm § 1a Z 7 ORF-G Geldstrafen iHv je € 3.000,- verhängt.

 

1.8.5. Mit Straferkenntnis vom 17.11.2015, KOA 3.500/15-046, wurde durch die KommAustria über den Erstbeschwerdeführer rechtskräftig wegen einer Verletzung des § 38 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 3 ORF-G iVm § 9 Abs. 2 VStG, eine Geldstrafe iHv € 4.000,- verhängt.

 

1.9. Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen des Erstbeschwerdeführers

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass es zum Tatzeitpunkt ein Kontrollsystem oder Aufsichtssystem gab, das die Verfügbarkeit der tatgegenständlichen Sendungen während deren jeweils einwöchiger Abrufbarkeit eingeschränkt oder verhindert hätte.

 

Von Seiten der Beschwerdeführer wurden weder bei der belangten Behörde, noch bei beruflichen Parteienvertertern oder bei fachkompetenten Institutionen, Erkundigungen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Bereitstellung der gegenständlichen Sendungen eingeholt.

 

1.10. Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten des Erstbeschwerdeführers

 

Der Erstbeschwerdeführer ist verheiratet und unterhaltspflichtig für zwei Kinder sowie seine im Ruhestand befindliche Ehefrau. Der Erstbeschwerdeführer ist mittlerweile in Pension. Im Jahr 2017 erhielt der Erstbeschwerdeführer von April bis Dezember folgende Pension: € XXXX brutto von der PVA und € XXXX brutto von der Valida. Vor seiner Pensionierung erhielt der Erstbeschwerdeführer jährlich €

XXXX (Stand 2010).

 

2. Beweiswürdigung:

 

Zu 1.1. bis 1.4.: Die Feststellung zu den Sendungen und zur Bereitstellung derselben in der XXXX gründen sich auf die im Akt befindlichen Aufzeichnungen und Beschreibungen der Sendungen durch die belangte Behörde sowie durch Einsicht in das von den Beschwerdeführern zur Verfügung gestellte Videomaterial durch das Bundesverwaltungsgericht.

 

Zu 1.5.: Die Feststellungen zum Angebotskonzept des Zweitbeschwerdeführers gründen sich auf den im Internet frei zugänglichen Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2013, KOA 11.261/13-015.

 

Zu 1.6.: Die Feststellungen zur XXXX des ORF gründen sich auf die nachvollziehbaren und hinsichtlich ihrer Richtigkeit vom Bundesverwaltungsgericht überprüften Ermittlungen der belangten Behörde, sowie auf die Einsichtnahme in die XXXX durch das Verwaltungsgericht (am 12.10.2017 und am 01.11.2017). Diese Feststellungen sind im Verfahren unbestritten geblieben. Die Beschwerdeführer haben zudem die vom Verwaltungsgericht ermittelte Funktionsweise der XXXX in der mündlichen Verhandlung am 22.01.2018 bestätigt.

 

Die FSK-Altersfreigabe der tatgegenständlichen Sendungen ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführer und der belangten Behörde im Zuge der mündlichen Verhandlung.

 

Die Feststellung zur nunmehr beschränkten Abrufbarkeit gewisser Inhalte in der XXXX stützt sich auf eine Einsichtnahme in die XXXX und Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht am 01.11.2017, 09:55 Uhr, betreffend die XXXX-Folge mit dem Titel "XXXX" (ein entsprechender "Screenshot" wurde den Beschwerdeführern im Zuge der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht), sowie auf die Ausführungen der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung.

 

Die Feststellungen zur ARD-XXXX App stützen sich auf die Beschreibungen auf der Website

http://www.daserste.de/unterhaltung/XXXX sowie auf die Einsichtnahme des Bundesverwaltungsgerichts in die besagte App.

 

Die Feststellungen zu kika.de/videos/index.html stützen sich auf eine Einsichtnahme des Bundesverwaltungsgerichts in die genannte Website am 01.11.2017 und auf die zutreffenden und unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde.

 

Zu 1.7.: Die Feststellungen zur Bestellung des Erstbeschwerdeführers zum verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten ergeben sich aus dem obzitierten Schreiben des ORF vom 06.12.2011, KOA 5.009/12-005, sowie aus den Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung; die gleichlautenden dazu bereits von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen sind zudem unbestritten geblieben.

 

Zu 1.8.: Die Feststellungen zur Verhängung von Verwaltungsstrafen gegen den Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 38 Abs. 1 Z 2 ORF-G ergeben sich aus den zitierten Bescheiden sowie Erkenntnissen.

 

Zu 1.9.: Der Beschwerdeführer hat das Vorliegen eines Aufsichts- und Kontrollsystems weder im Zuge des Verwaltungsverfahrens, noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Es konnten sohin keine Feststellungen zum Bestehen eines Aufsichts- und Kontrollsystems getroffen werden.

 

Die Beschwerdeführer gaben in nicht an, externe Erkundigungen zur Auslegung der anwendbaren Bestimmungen des ORF-G angestellt zu haben; jedoch wurde die Abteilung Recht und Auslandsbeziehungen des ORF zur Prüfung der Rechtslage herangezogen.

 

Zu 1.10.: Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Sorgepflichten des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus den widerspruchsfreien und glaubwürdigen Angaben im Zuge des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen betreffend das Einkommen des Erstbeschwerdeführers vor seiner Pensionierung blieben unwidersprochen und konnten daher übernommen werden. Angaben zu einem Vermögen wurden nicht gemacht.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 36 KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 84/2013, der lautet: "Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl I. Nr. 33/2013), durch Senat." Die KommAustria ist im vorliegenden Fall die belangte Behörde. Somit liegt hier Senatszuständigkeit vor.

 

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

3.3. § 27 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, normiert den "Prüfungsumfang":

 

"Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

 

Zur Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen legt § 50 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl. I Nr. 33/2013, fest: "Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden."

 

Diese Bestimmung wiederholt die in Art. 130 Abs. 4 B-VG vorgesehene Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache und ist insoweit lex specialis gegenüber § 28 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 VwGVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 50 VwGVG).

 

Zu A)

 

3.4. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des ORF-G, BGBl Nr. 379/1984, lauten – soweit relevant – wie folgt:

 

3.4.1. § 10 ORF-G, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2010:

 

"2. Abschnitt

 

Programmgrundsätze

 

Inhaltliche Grundsätze

 

§ 10. (1) [ ]

 

(12) Bei Hörfunk- und Fernsehsendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, ist durch die Wahl der Sendezeit oder sonstige Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden.

 

[ ]"

 

3.4.2. § 18 ORF-G, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2012:

 

"4. Abschnitt

 

Anforderungen an Teletext und Online-Angebote

 

§ 18. (1) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag finden die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneingeschränkt Anwendung. [ ]

 

(2) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im Rahmen der kommerziellen Tätigkeiten (§ 8a) finden in inhaltlicher Hinsicht §§ 10 und 13 bis 17 Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

 

[ ]"

 

3.4.3. § 38 ORF-G, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2010:

 

"Verwaltungsstrafen

 

§ 38. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 58 000 Euro zu bestrafen, wer – soweit die nachfolgend genannten Bestimmungen auf seine Tätigkeit Anwendung finden – nach diesem Bundesgesetz ein Programm veranstaltet, einen Abrufdienst anbietet oder sonst ein Online-Angebot bereitstellt und dabei

 

1. die Programmgrundsätze des § 10 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 11 bis 13 verletzt;

 

[ ]

 

(4) Verwaltungsstrafen sind durch die Regulierungsbehörde zu verhängen. Die Strafgelder fließen dem Bund zu."

 

3.5. Zu den einzelnen Beschwerdegründen

 

3.5.1. Zuständigkeit der belangten Behörde

 

Die Beschwerdeführer monieren die Unzuständigkeit der belangten Behörde. Dazu zitieren die Beschwerdeführer die Ausführungen aus ihrer gegen den in Punkt I.1. oben erwähnten Feststellungsbescheid erhobenen Beschwerde vom 12.05.2016. Soweit die Unzuständigkeit der belangten Behörde auch im vorliegenden Strafverfahren moniert wird, ist dem das Folgende zu entgegnen:

 

Die belangte Behörde ist nach § 36 Abs. 1 Z 3 lit a ORF-G von Amts wegen zur Rechtsaufsicht berufen, soweit der begründete Verdacht besteht, dass bereitgestellte Angebote nicht dem Angebotskonzept (§ 5a ORF-G) entsprechen. Im Angebotskonzept des ORF wurde für die Programminhalte der Online-XXXX der Inhalt § 10 Abs. 12 ORF-G nahezu wortgleich übernommen. Vorgesehen ist demnach, dass bei Sendungen, welche die "körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können", durch eine "entsprechende Programmierung" gewährleistet wird, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden.

 

Selbst bei laienhafter Wertung kann den tatgegenständlichen Sendungen, in denen es um Morde und Gewalt geht und in denen die Morde sowie Gewalt und bzw. oder auch deren Folgen szenisch dargestellt werden, nicht von vornherein jeder negative Einfluss auf die Entwicklung Minderjähriger abgesprochen werden (siehe dazu insbesondere Punkt II.3.5.4. unten). Dennoch konnten die inkriminierten Sendungen im bezeichneten Tatzeitraum rund um die Uhr abgerufen werden.

 

Dass vor diesem Hintergrund bei der belangten Behörde der "begründeten Verdacht" eines möglichen Verstoßes gegen das Angebotskonzept des ORF nach § 5a ORF-G und in weiterer Folge auch gegen § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G aufkam, ist daher nur folgerichtig. Das Einschreiten der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht und war diese auch für die Erlassung der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zuständig.

 

3.5.2. Vorliegen einer Verwaltungsübertretung

 

Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 ORF-G würde keine Verwaltungsübertretung bilden, weil diese Bestimmung nicht von der Verwaltungsstrafbestimmung in § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G erfasst sei. Bei einer "Blankettstrafnorm" wie § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G müsse die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 ORF-G von deren Wortlaut umfasst sein. Der Unrechtsgehalt eines Unterlassens müsse eindeutig erkennbar sein und der Tatbestand einer Blankettstrafnorm habe mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet zu sein, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermöge (VfSlg. 12.947). So dürfe auf Grund von Blankettstrafnormen ein unerlaubtes und daher strafbares Verhalten überhaupt nur dann und insoweit angenommen werden, als vom Normadressaten die Abgrenzung des erlaubten vom unerlaubten Verhalten so eindeutig eingesehen werden könne, dass jeder berechtigte Zweifel des Normunterworfenen über den Inhalt seines pflichtgemäßen Verhaltens ausgeschlossen sei (VfSlg. 14.319). Es sei nicht einzusehen, warum ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 ORF-G von § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G erfasst sein solle, obwohl die dort verwiesenen Vorschriften taxativ aufgezählt seien; § 18 Abs. 1 ORF-G sei nicht darunter. Die Wendung " sonst ein Online-Angebot bereitstellt " im Einleitungssatz des § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G beziehe sich nur auf dessen Z 5, 7 und 8, in denen es "tatsächlich um das Online-Angebot geht". Lediglich in "extensivster" Interpretation könne angenommen werden, dass auch ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 ORF-G verwaltungsrechtlich strafbar sein solle. Dies scheitere jedoch am Analogieverbot des Art. 7 EMRK und des § 1 Abs. 1 VStG, denen zufolge nicht nur eine Analogie im technischen Sinn, sondern jede extensive Auslegung von Strafnormen unzulässig sei. Folglich sei das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bereits gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall VStG ohne weiteres (Verfahren) einzustellen. Da § 18 Abs. 1 ORF-G keine Verwaltungsübertretung bilde, bestehe auch keine Zuständigkeit der belangten Behörde, weswegen das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig und daher aufzuheben sei. Die Beschwerdeführer legen in ihrer Stellungnahme vom 19.01.2018 die Argumentation der belangten Behörde so aus, dass diese die Ansicht der Beschwerdeführer unterstützen soll: So sei das Mitzitieren einer nicht verletzbaren Verwaltungsvorschrift (konkret: § 18 Abs. 1 ORF-G) nur dann nicht schädlich, wenn die mitzitierte Vorschrift keinen eigenen Tatbestand bilde. Daraus leiten die Beschwerdeführer ab, dass, sollte allein § 10 Abs. 12 ORF-G die verletzte Verwaltungsvorschrift sein, das angefochtene Straferkenntnis sogleich aufzuheben sei, weil diese Vorschrift selbst auf das Online-Angebot nicht anzuwenden sei.

 

Diese Bedenken der Beschwerdeführer sind jedoch unzutreffend:

 

Die belangte Behörde warf dem Erstbeschwerdeführer wegen des oben wiedergegebenen Sachverhalts die Verletzung des § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G vor.

 

Bereits der Einleitungssatz des § 38 Abs. 1 ORF-G sieht explizit auch eine mögliche Strafbarkeit im Zusammenhang mit der Breitstellung von "sonst einem Online-Angebot" vor, wenn dabei die in § 38 Abs. 1 Z 1 bis Z 10 ORF-G aufgezählten verwiesenen Bestimmungen verletzt werden. In den Materialien ist dazu zu lesen:

"Die Verletzung taxativ aufgezählter Bestimmungen ist nunmehr auch im Online-Bereich mit Verwaltungsstrafe bedroht." (vgl. ErläutRV 611 BlgNR, 24. GP , 54; Hervorhebungen nur hier). Zu diesen taxativ aufgezählten Bestimmungen gehört klarerweise auch die Pflicht zur Einhaltung der Programmgrundsätze u.a. des § 10 Abs. 12 ORF-G (vgl. die darauf verweisende Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G).

 

§ 18 Abs. 1 ORF-G bestimmt, dass auf " die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneingeschränkt Anwendung [finden]". Daraus ergibt sich, dass insbesondere die allgemeinen inhaltlichen Vorgaben neben Fernseh- und Radioprogrammen auch für Online-Angebote gelten; im Umkehrschluss folgt daraus, dass "Bestimmungen, die definitionsgemäß nur auf Fernseh- und Radioprogramme zur Anwendung gelangen ( ) für den Online-Bereich nicht zu beachten sind" (vgl. Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze [2011], Anm. zu § 18 Abs. 1 ORF-G). § 18 Abs. 1 ORF-G ist somit der gesetzliche Brückenschlag zur uneingeschränkten Anwendbarkeit des ORF-G auch auf Online-Angebote im öffentlich-rechtlichen Auftrag, soweit es sich nicht um fernseh- oder radiospezifische Bestimmungen handelt. Einen eigenen Tatbestand, gegen den verstoßen werden könnte, normiert § 18 Abs. 1 ORF-G im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführer jedoch erkennbar nicht.

 

Die hier maßgeblichen inhaltlichen Grundsätze für Sendungen, die der ORF – über welches Medium auch immer – bereitstellt, sind in § 10 ORF-G enthalten; im vorliegenden Fall konkret in dessen Abs. 12. Es handelt sich dabei nicht um Bestimmungen, die "definitionsgemäß nur auf Fernseh- und Radioprogramme" angewendet werden können, auch wenn in Abs. 12 lediglich "Hörfunk- und Fernsehsendungen" erwähnt werden. Neben Hörfunk- und Fernsehprogrammen können ohne Zweifel auch Online-Inhalte "die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen". Schließlich macht es keinen Unterschied, ob ein Minderjähriger eine entwicklungsbeeinträchtigende Sendung über das Fernsehen oder über den Online-Zugang des ORF, die ORF-XXXX, konsumiert.

 

Im Zuge der letzten Novellierung des § 10 ORF-G mit BGBl. I Nr. 50/2010 wurde die Überschrift von § 10 ORF-G geändert; dies bezweckte nach den parlamentarischen Materialien "die begriffliche Klarstellung, dass sich die inhaltlichen Grundsätze nicht nur auf Radio und Fernsehen, sondern auch auf das Online-Angebot beziehen" (ErläutRV 611 BlgNR 24. GP , 43, Hervorhebungen nur hier). Spätestens seit Inkrafttreten der Novellierung des § 10 ORF-G mit BGBl. I Nr. 50/2010 mit 01.10.2010 kann sohin kein Zweifel mehr daran bestehen, dass die Vorgaben für inhaltliche Grundsätze gemäß § 10 Abs. 12 ORF-G auch für das Online-Angebot des ORF zu beachten sind und iVm § 38 Abs. 1 ORF-G im Fall eines darin näher konkretisierten Verstoßes eine Verwaltungsstrafe droht.

 

Eine Verletzung der Programmgrundsätze u.a. des § 10 Abs. 12 ORF-G stellt gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G eine Verwaltungsübertretung dar, für die eine Geldstrafe bis zu € 58.000,-- verhängt werden kann. Im Einleitungssatz des § 38 Abs. 1 ORF-G werden Online-Angebote sogar ausdrücklich erwähnt. Klar erkennbar ist § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G (iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G) auch auf die Bereitstellung der tatgegenständlichen Sendungen in der XXXX anzuwenden. Entsprechen die inkriminierten Sendungen, nicht den Programmgrundsätzen nach § 10 Abs. 12 ORF-G, wird damit eine Verwaltungsübertretung, konkret ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G, begangen (vgl. dazu Punkt II.3.5.4. unten).

 

In dieser durch entsprechende Verweise begründeten Herleitung liegt erkennbar keine extensive und damit allenfalls verfassungsrechtlich problematische Auslegung der hier relevanten Strafnormen; schon gar nicht liegt eine – allenfalls planwidrige – Lücke vor, deren Schließung nur durch eine im Strafverfahren unzulässige Analogie möglich wäre.

 

3.5.3. Ausreichende Klarheit der angewendeten Strafbestimmungen

 

Die Beschwerdeführer verweisen auf die Rsp des VfGH zu Blankettstrafnormen, wonach – kurz gesagt – dem Rechtsunterworfenen eindeutig klar sein muss, was erlaubt und was verboten ist (VfSlg. 12.947, 14.319, 17.479). Auch nach Art. 7 EMRK seien Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich sei, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (VfGH 22.02.2016, G 531/2015). In Grenzfällen bestehende Unklarheiten würden eine Bestrafung von vornherein ausschließen (VfSlg. 14.319). Ein solcher Grenzfall liege hier vor. Auch sei in Fällen der Bestrafung infolge einer unvorhersehbaren Auslegung eines Straftatbestands eine Verletzung des Art. 7 EMRK anzunehmen; dazu verweisen die Beschwerdeführer u.a. auf EGMR 10.10.2006, 40.403/02, Pessino, Rn 28 ff, 24.05.2007, 77.193/01, Dragotiniu u.a., Rn 33 ff, sowie auf VfGH 22.02.2016, G 531/2015. Vor diesem Hintergrund könne dahingestellt bleiben, ob eine Verletzung des § 18 Abs. 1 ORF-G iVm § 10 Abs. 12 ORF-G überhaupt stattgefunden habe und wäre das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs. 1 Z 1 und/oder 2 VStG ohne weiteres einzustellen.

 

Auch diese Bedenken der Beschwerdeführer treffen nicht zu:

 

Schon aus den Ausführungen zur Anwendbarkeit der hier relevanten Bestimmungen des ORF-G (d.h. insbesondere § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G und § 10 Abs. 12 ORF-G) in Punkt II.3.5.2. oben zeigt sich, dass diese Bestimmungen ganz klar vorschreiben, dass Sendungen mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial für Minderjährige – auch im Internet – nicht unbeschränkt zur Verfügung gestellt werden dürfen. An einer ausreichenden Klarheit mangelt es diesen Bestimmungen freilich nicht.

 

Die verschiedenen Verweise der Beschwerdeführer auf höchstgerichtliche Judikatur vermögen diese Beurteilung nicht zu verändern:

 

Zunächst zitieren die Beschwerdeführer VfSlg. 12.947. Zwar wird hier auf die Vorjudikatur des VfGH verwiesen, nämlich dass "der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muß, daß jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag" (VfSlg. 3207). Jedoch hat der VfGH die im zitierten Verfahren behandelten Gesetzesprüfungsanträge des OGH (die wegen der vorliegendenfalls nicht relevanten Strafbarkeit der Ausfuhr von Kampfmitteln erhoben worden waren) unter Verweis auf seine umfangreiche Vorjudikatur abgewiesen. Der VfGH teilte zudem weder im Verfahren VfSlg. 17.479, noch im Verfahren VfSlg. 20.039 (VfGH 22.02.2016, G 531/2015 u.a.) die an ihn herangetragenen Bedenken zum strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot und zum Klarheitsgebot der EMRK. Diese Entscheidungen sind daher nicht geeignet, das Vorbringen der Beschwerdeführer zu unterstützen.

 

In VfSlg. 14.319 wurde den in diesem Verfahren behandelten Individualanträgen zwar teilweise stattgegeben. Der VfGH führte jedoch zu den in Prüfung gezogenen Blankettstrafnormen aus, dass diese an sich rechtsstaatlich unbedenklich waren.

 

Zu "Grenzfällen", in denen nicht klar ist, ob überhaupt ein sanktionsbewehrtes Verbot besteht, verwies der VfGH darauf, dass eine Bestrafung von vornherein ausgeschlossen ist. Ein solcher Grenzfall liegt aber bei § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G nicht vor. Nach diesen Bestimmungen ist, wie bereits zu Punkt II.3.5.2. oben ausgeführt, klar, dass auch das Online-Angebot des ORF inhaltlich den in § 10 Abs. 12 ORF-G näher umschriebenen Voraussetzungen genügen muss.

 

Zur behaupteten Verletzung des Art. 7 Abs. 1 EMRK:

 

§ 10 Abs. 12 ORF-G trifft eine klare Bestimmung dahingehend, dass Sendungen, welche die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, dieser Personengruppe nur eingeschränkt zugänglich gemacht werden dürfen. Es wurde festgestellt, dass Sendungen bereitgestellt wurden, welche im Hinblick auf § 10 Abs. 12 ORF-G problematische Inhalte aufweisen. Festgestellt wurde weiters, dass die Bereitstellung ohne jede Einschränkung im Hinblick auf die durch diese Norm geschützte Personengruppe erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass behördenseitig ein Verstoß gegen die obzitierten Bestimmungen des ORF-G angenommen wurde und ebenso vom Bundesverwaltungsgericht angenommen wird. Von einer "unvorhergesehenen Auslegung eines Straftatbestands" und damit einer Verletzung des Art. 7 Abs. 1 EMRK kann daher nicht gesprochen werden.

 

3.5.4. Verletzung der angewendeten Strafbestimmungen

 

Die Beschwerdeführer bestreiten, tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt zu haben. Dazu zitieren sie ihre im unter Punkt I.1. beschriebenen Feststellungsverfahren aufgetretenen Bedenken an der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde. Die Beschwerdeführer bringen zudem, mit den im Wesentlichen bereits aus der Stellungnahme von 18.05.2016 bekannten Argumenten (vgl. Punkt I.3. oben) vor, dass beispielsweise in Deutschland für Sendungen "ab 12 Jahren" keine Kennzeichnungspflicht und keine (festen) Zeitgrenzen bestehen würden. Es bestehe mit der Internetseite okidoki.ORF.at eine eigene Internetseite, somit eine "technische Trennung" von Kinder- und Erwachsenenprogramm; in Deutschland könne bei so einer technischen Trennung das Erwachsenenprogramm auch "rund um die Uhr" zur Verfügung gestellt werden. Auch würden Sendungen, die erst "ab 16 Jahren" oder "ab 18 Jahren" freigegeben wären und mit "X" oder "O" am Bildschirmrand gekennzeichnet seien, gar nicht in die XXXX übernommen.

 

Die Beschwerdeführer monieren den von der belangten Behörde dargestellten Kausalzusammenhang "Messer an der Kehle -> lebloser Körper mit roten Flecken -> ‚blutüberströmte Leiche‘ -> grausamer Mord" und bringen vor, solcherart von der belangten Behörde als "brutale Ergebnisse" beurteilte Geschehnisse ließen einen Rückschluss auf eine entwicklungsbeeinträchtigende Gewaltdarstellung nicht ohne weiteres in jedem Fall zu.

 

Zudem sei die Beiziehung von Sachverständigen aus den Fachgebieten der Kinder- und Jugendpsychologie (inklusive Kindeswohl und Entwicklung), der Pädagogik und des Medienwesens erforderlich. Dies zur Beantwortung der Frage, ob die gegenständlichen Sendungen tatsächlich negative Auswirkungen auf die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen haben können (was die Beschwerdeführer bestreiten). Dabei handle es sich hier um eine Tatfrage, deren Beantwortung ein besonderes Fachwissen erfordere, über das im vorliegenden Fall nur Sachverständige verfügen würden.

 

Diesem Vorbringen der Beschwerdeführer war nicht zu folgen:

 

Ob ein Online-Inhalt gegen § 10 Abs. 12 ORF-G verstößt, erfordert eine zweistufige Prüfung. Zu prüfen ist zunächst, ob a) eine Sendung das in § 10 Abs. 12 ORF-G definierte Beeinträchtigungspotenzial aufweist. Daran anschließend ist zu prüfen, ob b) durch die Wahl der Sendezeit oder durch eine sonstige Maßnahme dafür gesorgt wurde, dass Minderjährige diese Sendungen üblicherweise nicht sehen können.

 

a) Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial

 

Der Begriff der Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen ist, wie die belangte Behörde bereits ausgeführt hat, in § 10 Abs. 12 ORF-G nicht näher definiert. Der Gewaltbegriff wird jedoch an anderer Stelle im ORF-G benutzt: So verbietet der Gesetzgeber in § 10 Abs. 11 ORF-G solche Inhalte, welche die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen können; darunter versteht das Gesetz "insbesondere solche, die Pornografie oder grundlose Gewalttätigkeiten zeigen". Eine vergleichbare Bestimmung enthält § 42 Abs. 1 AMD-G, wonach ein ernsthaftes Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial ebenfalls beim Zeigen von Pornografie oder "grundlosen Gewalttätigkeiten" angenommen wird.

 

Schon aus der Systematik dieser Bestimmungen ergibt sich, dass den Bereichen Pornografie und Gewalt ex lege ein bestimmtes Beeinträchtigungspotenzial für die Entwicklung Minderjähriger zuerkannt wurde.

 

Der hier anzuwendende § 10 Abs. 12 ORF-G setzt unterhalb der Schwelle des ernsthaften Beeinträchtigungspotenzials Minderjähriger an, die in ihrer Gesamtheit in seinen Schutzbereich fallen. § 10 Abs. 12 ORF-G umfasst Sendungen, deren Inhalte ein (bloß) grundsätzliches Beeinträchtigungspotenzial für Minderjährige aufweisen. Da die bloße Möglichkeit einer Entwicklungsbeeinträchtigung von Minderjährigen ausreicht, dass eine Sendung unter § 10 Abs. 12 ORF-G zu subsumieren ist, hat der Gesetzgeber die Schwelle, ab der eine Verletzung dieses Programmgrundsatzes gegeben ist, denkbar niedrig angesetzt. Weist sohin eine Sendung ein Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial für beispielsweise Kinder von 0 bis zu sechs Jahren auf, ist nach § 10 Abs. 12 ORF-G bereits dafür zu sorgen, dass diese Sendungen üblicherweise nicht von Minderjährigen gesehen oder gehört werden.

 

Hat ein Film eine Freigabe "ab 16 Jahren" oder "ab 18 Jahren", so birgt er allenfalls ein Beeinträchtigungspotenzial für jene Minderjährige, die jünger sind. Die von den Beschwerdeführern vertretene Ansicht, dass Sendungen mit einer "Freigabe" für Jugendliche ab 12 Jahren, zu denen auch die inkriminierten Sendungen zählen, keiner Beschränkungen der Zugänglichkeit für Minderjährige bedürfen würden, ist sohin schlicht unzutreffend: Schließlich können jüngere Kinder von 0 bis 12 Jahren sehr wohl dadurch beeinträchtigt werden und ist eine schrankenlose Verfügbarkeit von Sendungen "ab 12 Jahren" nach der in Österreich geltenden Gesetzeslage nicht zulässig. Dabei ist es unerheblich, dass Sendungen, die mit einem "X" oder "O" am Bildschirmrand gekennzeichnet und nur für Erwachsene gekennzeichnet sind, nicht in die XXXX aufgenommen werden, weil auch Sendungen mit einer Freigabe "ab 12 Jahren" ein gewisses Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial aufweisen können.

 

Dass bei den hier tatgegenständlichen Sendungen ein von § 10 Abs. 12 ORF-G erfasstes Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial vorliegt, ist klar:

 

Aus den unter Punkt II.1.1. bis Punkt II.1.4. getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die inkriminierten Sendungen in vielfachen Darstellungsvarianten Gewalt (als Überbegriff) und deren Folgen oder umgekehrt die Folgen von Gewalt zeigen, die einen Rückschluss auf eine Gewalteinwirkung zulassen. In jeder der inkriminierten Sendungen werden klar erkennbar physische Gewalt, die Tötung und bzw. oder das Sterben von Personen sowie die oftmals blutigen Folgen dieser Taten szenisch dargestellt; gleichermaßen szenisch dargestellt sind die blutigen Folgen von Gewalttaten, die Rückschlüsse auf eine vorhergehende Gewalteinwirkung zulassen.

 

In den drei XXXX-Sendungen wird die Gewalt dabei sehr deutlich dargestellt, was hier beispielhaft noch einmal Erwähnung finden soll: In der Folge "XXXX" wird der Zuseher Zeuge, wie ein Mann den anderen mit einem Plastiksack erstickt; der Todeskampf ist klar und über eine halbe Minute lang zu sehen. Zu Anfang der Folge "XXXX" sieht man, wie ein Mann von einem anderen mit mehreren Brustschüssen getötet wird; die Einschusslöcher sind deutlich zu erkennen. Am Ende des Films erliegt ein Mann röchelnd seiner Sturzverletzung, während sich Blut um seinen Kopf herum ausbreitet. In "XXXX" sieht man immer wieder Leichenteile (Kopf, Fuß, Hand), ein blutüberströmtes Badezimmer und beispielsweise, wie ein Mann ein Messer in der Brust stecken hat und röchelnd stirbt. Der Krimi "XXXX" zeigt die Morde etwas subtiler; diese sind aber ebenfalls leicht auszumachen: Sieht man eine geknebelte sowie gefesselte Frau, die angstvolle Laute von sich gibt, ein Messer in der Hand des Mörders und anschließend viel Blut unterhalb des Halses der – nunmehr reglosen – Frau und an verschiedenen Gegenständen, so ist auch für wenig seherfahrene Personen ersichtlich, dass diesem blutigen Ergebnis eine Gewalttat vorausgegangen sein muss. Die Argumentation, dass Kinder eines gewissen Alters zwischen den gezeigten Auswirkungen einer Gewalttat und der vorangegangen (nicht gezeigten) Gewalttat keinen Zusammenhang herstellen könnten, ist somit verfehlt.

 

Die in den tatgegenständlichen Sendungen gezeigten Darstellungen von Gewalt und bzw. oder deren Folgen weisen, wie bereits dargestellt, ex lege ein gewisses Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial auf. Dass Szenen, wie die beschriebenen, im Sinne des § 10 Abs. 12 ORF-G geeignet sind, "die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen [zu] können", wenn Kinder ab 0 Jahren dies sehen, ergibt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Beschwerdeführer gehen zudem selbst davon aus, dass die inkriminierten Sendungen erst eine Freigabe "ab 12 Jahren" aufweisen.

 

Kurz gesagt: Die tatgegenständlichen Sendungen können die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen. Der erste Teil des Tatbestands des § 10 Abs. 12 ORF-G ist damit erfüllt.

 

Einer besonderen Fachkunde bedurfte es bei dieser Beurteilung nicht; auch war die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beantwortung dieser Frage nicht erforderlich:

 

Die Beiziehung eines Sachverständigen ist nur erforderlich, wenn dies "notwendig" ist (§ 39 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 AVG; vgl. auch die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung des VwGH vom 23.11.2017, Ra 2016/11/0160). Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen einer Behörde (oder hier: des Bundesverwaltungsgerichts) nicht ausreichen, um einen Sachverhalt festzustellen und zu beurteilen; dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es zur Feststellung eines Sachverhalts besonderer Fachkunde bedarf (vgl. VwGH 24.09.2008, 2006/15/0359).

 

Die Beurteilung, ob ein so wie nach § 10 Abs. 12 ORF-G zu prüfendes Beeinträchtigungspotenzial gegeben ist, erfordert in der Regel keine sachverständige Prüfung, sondern kann dazu – so wie im vorliegenden Fall – auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückgegriffen werden. Zu verweisen ist hier insbesondere auf die zur GewO 1994 ergangene Entscheidung des VwGH vom 18.03.2015, Ro 2015/04/0002, wo zur Frage, ob die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1994 die bloße Eignung aufweist, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen – so beispielsweise das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder die nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer – zu beeinträchtigen, kein Sachverständiger beizuziehen war. Unbeachtlich war daher auch die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27.01.2011, 2008/09/0189, wonach zur Prüfung, ob eine konkrete körperliche Schädigung vorliegt (was im vorliegenden Fall schließlich nicht zu prüfen ist), ein Sachverständiger beizuziehen war.

 

Die unter Punkt II.1.1. bis Punkt II.1.4. getroffenen Feststellungen zu den beschriebenen Gewalttaten und bzw. oder deren Folgen oder umgekehrt: zu den Folgen von Gewalttaten, die einen Rückschluss auf eine vorhergegangene Gewalteinwirkung zulassen, lassen sich durch das bloße Ansehen der inkriminierten Sendungen treffen. Dass hierin ein Beeinträchtigungspotenzial für Minderjährige im Sinne des § 10 Abs. 12 ORF-G liegt, ist offenkundig. Besonderer Fachkunde bedurfte es bei dieser Beurteilung nicht.

 

Zur Beurteilung der Frage, ob die inkriminierten Sendungen ein die Anwendung des § 10 Abs. 12 ORF-G begründendes Beeinträchtigungspotenzial – in Abgrenzung etwa zu einer tatsächlichen Beeinträchtigung oder einer ernsthaften Beeinträchtigungsmöglichkeit – aufweisen, war daher im vorliegenden Fall kein Sachverständiger beizuziehen. Der auf die Beiziehung von Sachverständigen aus den Gebieten der "Kinder- und Jugendpsychologie (inklusive Kindeswohl und Entwicklung), der Pädagogik und des Medienwesens" gerichtete Beweisantrag der Beschwerdeführer war entsprechend abzuweisen.

 

b) Kein eingeschränkter Zugang für Minderjährige

 

Die tatgegenständlichen Sendungen wurden, was unbestritten geblieben ist, zeitlich unbeschränkt in der XXXX zur Verfügung gestellt. Damit wurde hinsichtlich der Wahl der Sendezeit nicht dafür gesorgt, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden.

 

Auch sonst wurde keine Maßnahme getroffen, um zu verhindern, dass Minderjährige diese Sendungen üblicherweise nicht sehen können:

 

Ausweislich der Erläuterungen entsprechen § 10 Abs. 1, 2 und Abs. 11 bis 13 ORF-G der bis zur Novelle mit BGBl. I Nr. 83/2001 geltenden Regelung des § 2a Abs. 1 bis 4 RFG (ErläutRV 634 BlgNR 21. GP , 35). In § 2a Abs. 3 RFG war vorgesehen, dass bei Sendungen mit Beeinträchtigungspotenzial "durch die Wahl der Sendezeit oder durch technische Mittel dafür zu sorgen" war, dass diese Sendungen "von Minderjährigen üblicherweise nicht wahrgenommen werden" (Hervorhebungen nur hier). Auch der für die richtlinienkonforme Auslegung des § 10 Abs. 12 ORF-G relevante Art. 27 Abs. 2 AVMD-RL sieht die Zugangsbeschränkung für Sendungen mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial durch "sonstige technische Maßnahmen" vor (Hervorhebungen nur hier).

 

Ein Bauen auf die Mitverantwortung von Eltern ist vor diesem Hintergrund jedenfalls keine technische Maßnahme gemäß § 10 Abs. 12 ORF-G. Davon abgesehen handelt es sich beim Bauen auf die Mitverantwortung von Eltern auch sonst um keine Maßnahme, die dafür sorgen könnte, dass die inkriminierten Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht wahrgenommen werden. Dies deshalb nicht, weil die Sendungen durchgehend, d.h. auch untertags, also zu einer Zeit, zu der im Fernsehen normalerweise keine Filme mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial laufen und Eltern daher nicht gesondert aufpassen müssen, zur Verfügung gestanden sind.

 

Auch eine sonstige (technische) Maßnahme iSd § 10 Abs. 12 ORF-G war bei den inkriminierten Sendungen nicht vorgesehen: In der XXXX war und ist es nicht erforderlich, sich anzumelden, zu registrieren oder sich zu identifizieren. Somit konnte während der jeweils einwöchigen Zurverfügungstellung der inkriminierten Sendungen jedermann, d.h. auch Minderjährige, über den schlichten Abruf der ORF-XXXX zeitlich unbeschränkt, und somit auch zu jenen Zeiten, zu denen dies bei – unter der Aufsicht von verantwortungsvoll handelnden Erziehungsberechtigten stehenden – Minderjährigen üblich ist, auf die tatgegenständlichen Sendungen zugreifen. Eine technische Sperre für die Abrufbarkeit von Sendungen wurde erst nach Einleitung des oben unter Punkt I.1. erwähnten Feststellungsverfahrens eingeführt.

 

Somit wurde im Tatzeitraum durch keine wie auch immer geartete Maßnahme dafür gesorgt, dass die tatgegenständlichen Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden konnten.

 

Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte deutsche Rechtslage, wonach bei einer Trennung von Kinder- und Erwachsenenprogramm Sendungen "ab 12 Jahre" durchgehend zur Verfügung gestellt werden dürfen, ist hier nicht relevant:

 

Zum einen gibt es in Österreich kein Gesetz, wonach beim Vorhandensein zweier Sendungsportale, wobei eines für Kinder und eines für Erwachsene vorgesehen ist, automatisch im Erwachsenenportal Sendungen "ab 12 Jahre" rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden dürfen.

 

Zum anderen bietet der ORF gar nicht zwei solche getrennten Portale an. Zwar gibt es Internetseiten wie okidoki.ORF, deren Aufmachung sich an Kinder richtet. Dennoch konnten und können (vollständige) Kindersendungen nur über die XXXX abgerufen werden. In der XXXX konnten im Tatzeitraum gleichermaßen Kinder- wie auch Erwachsenensendungen abgerufen werden; darunter auch die inkriminierten Sendungen. Mit nur einem "Klick" gelangt man von der in den Feststellungen abgebildeten Übersichtsseite in der XXXX auch zu solchen Sendungen, die sich gerade nicht ausdrücklich an Kinder richten, wozu auch die gegenständlichen Sendungen gehören. Die XXXX-Seiten mit Programm für Kinder sind lediglich Subdomains der Domain XXXX, wo gleichermaßen Erwachsenensendungen angeboten werden. In dieser Angebotsstruktur liegt aber klar erkennbar keine technische Maßnahme, mit der dafür gesorgt worden wäre, dass Minderjährige die inkriminierten Sendungen nicht hätten sehen können.

 

Hinsichtlich aller vier Sendungen wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G erfüllt.

 

Dieser Verstoß ist dem Beschwerdeführer auch vorzuwerfen; siehe dazu sogleich Punkt II.3.5.5.

 

3.5.5. Vorliegen eines Verschuldens und Nichtvorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums

 

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

§ 9 Abs. 2 VStG sieht vor, dass die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet sind, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Mit dem Erstbeschwerdeführer wurde iSd § 9 Abs. 2 VStG für den gesamten Bereich des ORF ein verantwortlicher Beauftragter für Übertretungen nach § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G bestellt und hat dieser daher für die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen einzustehen.

 

§ 5 Abs. 1 VStG sieht vor, dass wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zum Verbotsirrtum bestimmt § 5 Abs. 2 VStG, dass die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Bei den vorgeworfenen Übertretungen nach § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens noch einer konkreten Gefahr vorausgesetzt ist. Bereits die bloße Eignung einer Sendung, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen zu beeinträchtigen, gemeinsam mit einer – kurz gesagt – unbeschränkten Zurverfügungstellung ist tatbestandsmäßig. Das Vorliegen eines das Verschulden möglicherweise ausschließenden Kontrollsystems wurde von den Beschwerdeführern gar nicht vorgebracht. Wegen des unter Punkt II.3.5.4. oben beschriebenen tatbestandsmäßigen Verhaltens ist vorliegendenfalls daher ohne weiteres vom Vorliegen von Verschulden auszugehen.

 

Die Beschwerdeführer bringen vor, ihnen wäre – sollte sich zeigen, dass doch gegen das ORF-G verstoßen worden sein sollte – ein entschuldbarer Verbotsirrtum im Hinblick auf die Auslegung und sachverhaltsbezogene Anwendung des § 10 Abs. 12 iVm § 18 Abs. 1 ORF-G unterlaufen. Bei der unrichtigen Beurteilung einer Rechtsfrage sei Verschulden nach der stRsp des VwGH (VwGH 15.12.2011, 2008/09/0364; 05.09.2013, 2011/09/0040; 03.10.2013, 2013/09/0010) nur dann grundsätzlich zu bejahen, wenn der Entscheidung eine nach den Umständen "unvertretbare Rechtsauffassung" zugrunde liege. Unter Verweis auf die Rechtsausführungen in der Beschwerde sind die Beschwerdeführer der Ansicht, dass diese eben keine unvertretbare Rechtsansicht vertreten würden.

 

Diese Ansicht ist unzutreffend:

 

Die drei von den Beschwerdeführern in ihrer Beschwerde zitierten Entscheidungen des VwGH betreffen jeweils – die im vorliegenden Verfahren nicht anwendbaren – § 91 BDG 1979, worin die Verantwortung eines Beamten angesprochen wird, wenn er schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt. In diesen Entscheidungen sprach der VwGH darüber ab, in welchen Fällen das Verschulden an einer Verwaltungsübertretung "grundsätzlich zu bejahen" ist.

 

Die Beschwerdeführer verkennen jedoch, dass es für eine Strafbarkeit gar nicht erforderlich ist, das Verschulden an einer Verwaltungsübertretung im Sinne dieser Judikatur "grundsätzlich" (im Sinne von "jedenfalls") zu bejahen. Dies ist schließlich weder der Maßstab der allgemeinen Verschuldensregel für Ungehorsamsdelikte nach dem VStG, noch der Maßstab, der für eine erfolgreiche Berufung auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG aufgestellt wird:

 

Nach stRsp des VwGH (vgl. zuletzt etwa VwGH 01.09.2017, Ra 2017/03/0007) setzt ein entschuldbarer Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG voraus, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es zur Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen (vgl. VwGH 24.03.2015, 2013/03/0054, mwH). Nach der Rsp des VwGH trifft jedermann die grundsätzliche Verpflichtung, sich mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfelds ausreichend vertraut zu machen und gegebenenfalls, sollten Zweifel über den Inhalt einer in Rede stehenden Vorschrift auftreten, bei der zuständigen Behörde Auskunft darüber einzuholen (vgl. zuletzt VwGH 07.06.2017, Ra 2016/11/0063). Wird die Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde unterlassen, kann der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung nicht entgegengetreten werden, dass in so einem Fall das Vorliegen von Verschulden angenommen wird (VwGH 22.02.2016, Ra 2016/03/0036). Erkundigungen bei der zuständigen Behörde können allenfalls dann unterlassen werden, wenn die Auslegung des nationalen Rechts nicht zweifelhaft ist und die Ansicht der Betroffenen stützt, aber noch keine klarstellende Rechtsprechung zum davon abweichenden, unionsrechtlich gebotenen, einschränkenden Verständnis einer Bestimmung vorliegt (vgl. die von den Beschwerdeführern zitierte Entscheidung des VwGH vom 21.06.2017, Ro 2016/03/0011). Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer – allenfalls sogar plausiblen – Rechtsauffassung vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum jedoch nicht auszuschließen (vgl. VwGH 27.01.2014, 2011/17/0073). Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl. etwa VwGH vom 24.03.2015, 2013/03/0054, mwH). Das Risiko des Rechtsirrtums trägt schließlich der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (VwGH 27.04.2017, Ro 2016/02/0020).

 

Die Voraussetzungen für die Bejahung eines entschuldbaren Rechtsirrtums liegen nicht vor:

 

Für die Tätigkeit der Beschwerdeführer im Rahmen des ORF ist das ORF-G zu berücksichtigen. Beim ORF-G handelt es sich erkennbar um die "einschlägigen Normen" des Betätigungsfelds des ORF. Für diese Bestimmungen bestand daher vor dem Hintergrund der stRsp des VwGH eine Pflicht des Erstbeschwerdeführers, sich mit ihr vertraut zu machen und im Zweifel bei geeigneter Stelle nachzufragen. Klar ist, dass § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G iVm § 10 Abs. 12 ORF-G für Sendungen mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial vorsehen, dass diese nur eingeschränkt für Minderjährige zur Verfügung gestellt werden dürfen. Ob dies im Online-Bereich anders gesehen werden könnte, wären im Zweifelsfall geeignete Erkundigungen anzustellen gewesen. Hätten die Beschwerdeführer tatsächlich auch Zweifel an der aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts offenkundigen Anwendbarkeit der § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G iVm § 10 Abs. 12 ORF-G für Online-Angebote gehabt, wäre es an ihnen gelegen, diesen Zweifeln durch entsprechende Erkundigungen, beispielsweise bei der nunmehr belangten Behörde, nachzugehen (und diese Zweifel dadurch allenfalls zu zerstreuen oder zu erhärten).

 

Das ist aber nicht geschehen:

 

Die Beschwerdeführer haben keine Erkundigungen bei der belangten Behörde eingeholt, sondern berufen sich lediglich darauf, dass die Abteilung Recht und Auslandsbeziehungen des ORF zur Prüfung der Rechtslage herangezogen worden sei.

 

Erkundigungen innerhalb des ORF, sei es auch in einer ORF-internen Spezialabteilung, reichen für die erfolgreiche Berufung auf das Vorliegen eines entschuldbaren Verbotsirrtums nicht aus (vgl. VwGH 01.09.2017, Ra 2017/03/0007). Im vorliegenden Fall konnten Erkundigungen bei der zuständigen Behörde auch nicht, wie beispielsweise im Fall der Entscheidung des VwGH vom 21.06.2017, Ro 2016/03/0011, unterlassen werden, weil die nunmehr vertretene Ansicht der Beschwerdeführer schon im nationalen Recht keine Deckung findet, und dies nicht erst durch eine unionsrechtliche Rechtsprechung geklärt werden muss. Die Beschwerdeführer haben daher keine iSd Rsp des VwGH "geeigneten" Erkundigungen angestellt.

 

Im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführer geht mit der von der belangten Behörde vertretenen und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Ansicht keine "verwaltungsstrafrechtliche Erfolgshaftung" einher und wird auch nicht jedes Auslegungsrisiko auf den Rechtsunterworfenen abgewälzt: So war das Einholen von entsprechenden Erkundigungen dem Erstbeschwerdeführer wegen der Erkennbarkeit der Existenz der einschlägigen Regeln für die Tätigkeit des ORF, mithin das ORF-G, auch zumutbar. Dies umso mehr, als klar war, dass es Programmgrundsätze (hier: § 10 Abs. 12 ORF-G) gibt, die gewissen Sendungsinhalten Schranken auferlegen. Das Unterlassen der hier gebotenen Erkundigungspflicht ist dem Erstbeschwerdeführer daher auch vorzuwerfen (vgl. zur Fahrlässigkeit der Nichteinholung von Erkundigungen bei der zuständigen Bewilligungsbehörde z.B. VwGH 10.02.1999, 98/09/0298).

 

Die in der Beschwerde ausgeführte bloße Argumentation des Vorliegens eines Rechtsirrtums vermag dabei das Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Vielmehr trägt das "Risiko des Rechtsirrtums" in Fällen wie dem vorliegenden derjenige, d. h. hier: der Erstbeschwerdeführer, wer es verabsäumt hat, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen.

 

Einer Berufung auf das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums war daher kein Erfolg beschieden und war gemäß § 5 Abs. 1 VStG vom Vorliegen der fahrlässigen Tatbegehung auszugehen.

 

3.5.6. Nichtvorliegen einer Doppelbestrafung und Nichtvorliegen eines fortgesetzten Delikts

 

Die Beschwerdeführer bringen vor, hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses liege eine unzulässige Doppelbestrafung vor. Dies deshalb, weil hier wegen der Bereitstellung zweier Filme über denselben Zeitraum (21.06.2015 bis 28.06.2015) zwei Strafen statt nur einer verhängt wurden. Das tatbildmäßige Verhalten würde sich jedoch bereits in der rechtswidrigen Bereitstellung eines Online-Angebots erschöpfen, nicht aber die Bereitstellung einzelner Sendungen umfassen.

 

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, es handle sich bei der Bereitstellung der tatgegenständlichen Sendungen um ein fortgesetztes Delikt. So handle es sich um die wiederholte Setzung gleichartiger Einzelhandlungen, mit denen jeweils gegen ein und dieselbe Rechtsvorschrift verstoßen worden sei. Auch beruhe die Bereitstellung der tatgegenständlichen Sendungen auf einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss und würden die einzelnen Tathandlungen in einem inneren Zusammenhang stehen. Auch bei Fahrlässigkeitsdelikten würde der VwGH das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts (ausnahmsweise) bejahen.

 

Dieser Ansicht der Beschwerdeführer kann aus folgenden Erwägungen nicht gefolgt werden:

 

§ 22 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013 sieht vor:

 

"Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

 

§ 22. (1) [ ]

 

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen."

 

Beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen ist für jedes selbstständig verwirklichte Delikt eine eigene Strafe zu verhängen; danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen (Kumulationsprinzip, vgl. VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108). Davon ausgenommen sind lediglich die Rechtsfiguren des fortgesetzten Delikts oder des Dauerdelikts (vgl. VwGH 24.09.2014, Ra 2014/03/0023).

 

§ 38 Abs. 1 ORF-G zielt in seinem Einleitungssatz darauf ab, ob, so wie im vorliegenden Fall, ein Online-Angebot bereitgestellt wird; dessen Z 1 verweist diesfalls darauf, dass die Programmgrundsätze des § 10 Abs. 12 ORF-G einzuhalten sind. § 10 Abs. 12 ORF-G bestimmt als Programmgrundsatz, dass bei (jeweils einzelnen) Sendungen, die für Minderjährige das oben beschriebene Beeinträchtigungspotenzial aufweisen, dafür zu sorgen ist, dass "diese Sendungen" von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden. Im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführer kommt es daher sehr wohl auf die einzelnen Sendungen an, mit denen jeweils gegen die Programmgrundsätze verstoßen werden kann. Das bedeutet, dass mit jeder einzelnen Sendung auch gesondert gegen § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G verstoßen werden kann. Schließlich ist eine mögliche Problematik unter dem Aspekt des Jugendschutzes für jede individuelle Sendung auch individuell zu beurteilen. Folglich muss für jede Sendung die gesonderte Entscheidung getroffen werden, ob diese zeitlich (und technisch) schrankenlos in der XXXX zur Verfügung gestellt wird, oder nicht.

 

Zu verweisen ist hier beispielsweise auf die Rsp des VwGH im Bereich des Glücksspielgesetzes, wonach der in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG normierte "Tatbestand des Veranstaltens, Organisierens, Anbietens oder unternehmerisch Zugänglichmachens bereits durch den Betrieb eines Spielautomaten verwirklicht und eine Bestrafung für jedes einzelne Gerät zulässig" ist (vgl. VwGH 07.10.2013, 2013/17/0274). Einer ähnlichen Systematik folgt auch § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G: So ist der in § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G normierte Tatbestand der Verletzung eines Programmgrundsatzes nach § 10 Abs. 12 ORF-G bereits durch die entgegen den Programmgrundsätzen erfolgende Bereitstellung einer Sendung, verwirklicht und ist eine Bestrafung für jede einzelne Sendung zulässig.

 

Die von den Beschwerdeführern zitierten Entscheidungen des VwGH zur Annahme eines fortgesetzten Delikts etwa im Fall der unbefugten Gewerbeausübung oder der unbefugten Ausübung des Gewerbes der Realitätenvermittlung, wenn mehrere die Gewerbeausübung darstellende Tathandlungen gesetzt wurden, vermögen an der vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Beurteilung nichts zu ändern:

 

In den von den Beschwerdeführern zitierten Fällen kann von einem Gesamtvorsatz hinsichtlich der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit ohne entsprechende Bewilligung ausgegangen werden; die einzelnen Tathandlungen traten zu einer Einheit zusammen. Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht davon auszugehen, dass von den Beschwerdeführern – wenn auch nur fahrlässig – ein rechtswidriges Online-Angebot bereitgestellt werden sollte. Tatgegenständlich ist vielmehr die Bereitstellung vier einzelner Sendungen in der ORF-XXXX, die jeweils rechtswidrig erfolgt ist. Bei jeder dieser Sendungen hätte zunächst geprüft werden müssen, ob diese "die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen" beeinträchtigen kann. Bejahendenfalls wäre entsprechend den gesetzlichen Vorgaben dafür zu sorgen gewesen, dass "diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden". Die Betonung des § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G liegt daher, sowohl unter Betrachtung des Gesetzeswortlauts als auch bei Berücksichtigung der einzelnen selbstständigen Taten, auf den einzelnen Sendungen, nicht aber auf einem gesamthaft rechtswidrigen Verhalten im Sinne der Bereitstellung eines generell rechtswidrigen Online-Angebots durch die Beschwerdeführer.

 

Darin unterscheidet sich der Tatbestand des § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G auch von jenem der § 107 iVm § 109 TKG 2003, bei denen der VwGH wegen Bejahung einer "tatbestandlichen Handlungseinheit" das Vorliegen bloß eines tatbestandsmäßigen Verhaltens trotz mehrerer Tathandlungen im Zusammenhang mit dem TKG angenommen hat (VwGH 03.05.2017 Ra 2016/03/0108):

 

"Im vorliegenden Fall wurden zu mehreren Zeitpunkten vom Unternehmen der zweitmitbeteiligten Gesellschaft aus E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung an eine Empfängerin ohne deren vorherige Einwilligung versendet, wobei sich der Zeitraum, in dem die E-Mails versendet wurden, vom 13. Jänner 2015 bis zum 11. März 2015 erstreckte. Die gegenständlichen E-Mails wurden in der Regel viermal wöchentlich versendet, also annähernd an jedem Werktag. Unter diesen Gesichtspunkten kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es die im vorliegenden Sachverhalt verwirklichten Handlungen im Ergebnis (wenn auch mit einer von der Rechtslage abweichenden Begründung) als eine Tat beurteilt und über den Erstmitbeteiligten - auch ungeachtet der vom Verwaltungsgericht angenommenen bloß fahrlässigen Begehungsweise - sowie über die zweitmitbeteiligte Gesellschaft dafür nur eine Strafe verhängt hat. Im vorliegenden Fall stellt § 109 Abs 3 Z 20 TKG die Zusendung elektronischer Post entgegen § 107 Abs 2 oder 5 TKG unter Strafe. Der Tatbestand erfordert nicht, jede einzelne Sendung als selbständige Tat zu bestrafen, sondern er lässt mit seiner ‚pauschalierenden‘ Tatbildformulierung auch den Schluss zu, dass unter den zuvor beschriebenen Voraussetzungen für die Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit mehrere vorsätzlich oder fahrlässig begangene Einzeltaten nur als ein Delikt anzusehen sind."

 

Die auszugsweise zitierte Entscheidung des VwGH bezieht sich ersichtlich nur auf die Spezialkonstellation im Anwendungsbereich der § 107 iVm § 109 TKG 2003. Die "pauschalierende" Tatbildformulierung in den bezeichneten Bestimmungen des TKG 2003 erfordert es demnach nicht, dass jedes einzelne unerwünschte Werbe-E-Mail als selbstständige Tat bestraft wird. Anders ist das im Bereich des ORF-G, wo es gerade darauf ankommt, ob der Inhalt einer einzelnen online bereitgestellten Sendung den Programmgrundsätzen des § 10 Abs. 12 ORF-G entspricht und beim Bereitstellen jeder einzelnen Sendung zu prüfen ist, ob diese allenfalls nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden darf.

 

Somit handelt es sich bei der rechtswidrigen, weil gegen die in § 10 Abs. 12 ORF-G aufgestellten Programmgrundsätze erfolgenden, Bereitstellung der vier tatgegenständlichen Sendungen in der XXXX um vier selbstständige Übertretungen im Sinn des § 22 Abs. 2 erster Satz VStG, für die nebeneinander Strafen zu verhängen sind. Weder liegt ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor, noch war von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen, welche die Verhängung bloß einer Strafe geboten hätte.

 

3.5.7. Nichtvorliegen der Voraussetzung für die Einstellung des Strafverfahrens und Strafzumessung

 

Die Beschwerdeführer beantragen eine Einstellung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 VStG, dies allenfalls unter Ausspruch einer Ermahnung.

 

§ 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013 lautet – soweit relevant – auszugsweise:

 

"§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

 

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

 

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

 

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

 

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind; [...]

 

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten."

 

Aus den Ausführungen in Punkt II.3.5.2. bis II.3.5.6. geht hervor, dass die Voraussetzungen einer Einstellung nach den § 45 Abs. 1 Z 1, Z 2 und Z 3 VStG nicht vorliegen. Doch liegt auch kein anderer Grund für eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vor:

 

Die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände – geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden – müssen kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167). Von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0015; 05.05.2014, Ro 2014/03/0052).

 

Vor dem Hintergrund des dargestellten Sachverhalts ist das tatgegenständliche Verschulden nicht als unüblich gering anzusehen:

So haben die Beschwerdeführer ein Gesetz mit klar verständlichem Inhalt schlicht missachtet und Sendungen mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial für Minderjährige bereitgestellt, ohne durch die Wahl der Sendezeit oder sonstige Maßnahmen dafür zu sorgen, dass Minderjährige diese Sendungen üblicherweise nicht sehen. Dies entspricht dem typischen, von § 10 Abs. 12 ORF-G umschriebenen, Tatbild. Zudem wurde weder die Einführung oder das Bestehen eines Kontrollsystems vorgebracht, noch wurden, wenn seitens der Beschwerdeführer tatsächlich Zweifel über die Anwendung der hier relevanten Bestimmungen bestanden haben sollten, entsprechende Erkundigungen, beispielsweise bei der belangten Behörde, angestellt. Es ist somit nichts hervorgekommen, woraus sich ein untypisch geringes Verschulden hätte ableiten lassen.

 

Hinzu kommt, dass die Bedeutung des durch § 38 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Abs. 12 ORF-G geschützten Rechtsguts, somit die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung Minderjähriger, allein im Hinblick auf mögliche Strafhöhe von € 58.000,--, keinesfalls als gering anzusehen ist (vgl. zur Wertigkeit eines Rechtsguts im Hinblick auf die Strafhöhe VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167).

 

Die Anwendungsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 iVm letzter Satz VStG waren somit, wie bereits von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt, nicht gegeben, sondern war gemäß den nachfolgenden Erwägungen eine Strafe zu verhängen, wobei das Bundesverwaltungsgericht die zutreffenden Erwägungen der belangten Behörde teilt.

 

§ 19 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. Nr. 33/2013, lautet:

 

"Strafbemessung

 

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

 

Zu den Milderungs- und Erschwerungsgründen verweist § 19 Abs. 2 VStG auf die §§ 32 ff StGB, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sinngemäß anzuwenden sind. Die Aufzählung im StGB ist jedoch lediglich demonstrativ. Eine abschließende Auflistung der Erschwerungs- und Milderungsgründe gibt es demzufolge nicht. Gemäß § 34 StGB kommen etwa Milderungsgründe wie der bisherige ordentliche Lebenswandel, die Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen, aus Furcht oder Gehorsam, die Ablegung eines reumütigen Geständnisses oder die unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens aus einem nicht vom Täter zu vertretenden Grund in Betracht. Jedenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unbescholtenheit des Täters (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 10 und 14 mwN).

 

Wie bereits ausgeführt, ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts keinesfalls als gering anzusehen. Im Gegenteil: Die unbeeinträchtigte körperliche, geistige und sittliche Entwicklung von Minderjährigen durch Schutz vor für sie ungeeigneten Programminhalten ist – auch im Hinblick auf die bei Verstoß drohende Strafe von bis zu € 58.000,-- von besonderer Bedeutung.

 

Zur Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts durch die tatgegenständlichen Sendungen:

 

Zutreffend verwies die belangte Behörde darauf, dass die Darstellung von Gewaltinhalten in den inkriminierten Sendungen nicht auf sich selbst reduziert und losgelöst von anderen Lebensäußerungen erfolgten. Die Gewaltinhalte waren vielmehr in jeweils fiktionale Kriminalgeschichten eingebettet. Somit war keine besonders starke Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts zu verzeichnen.

 

Die Bereitstellungsdauer schöpfte mit sieben Tagen jedoch den maximal möglichen Bereitstellungszeitraum für eine Sendung in der XXXX aus; auch gab es keinerlei Einschränkungen der Verfügbarkeit im Tagesverlauf. Wie schon in den Feststellungen und in Punkt II.3.5.4. ausgeführt, zeigen die drei XXXX-Sendungen die jeweiligen Morde und Gewalttätigkeiten sehr deutlich und über die jeweilige Sendung verteilt:

 

 

 

 

Die drei XXXX-Sendungen sind hinsichtlich ihres Beeinträchtigungspotenzials insgesamt als vergleichbar zu bewerten und war daher für jede dieser Sendungen eine Strafe in jeweils gleicher Höhe zu verhängen.

 

Im Krimi "XXXX" werden die Morde etwas subtiler gezeigt; so sieht man nicht direkt, wie der Mörder seinen Opfern die Kehle durchschneidet. Die nachfolgende Darstellung der vornübergebeugten Köpfe der Opfer, unter denen sich halsabwärts, zum Teil auch mit entsprechender Geräuschkulisse ("Plätschern"), Blut ergießt, ist jedoch nicht minder drastisch als in den oben beschriebenen XXXX-Sendungen. Im Gegenteil: Bei "Herrn XXXX" kommt hinsichtlich der Darstellung der Morde erschwerend hinzu, dass hier ein enger Bezug zur Lebenswelt von Kindern, das heißt, zum typischen Lebens- und Erfahrungsumfeld von Kindern und unmündigen Minderjährigen, hergestellt wird. Die dargestellten Morde finden in einem Kinderzimmer, auf einem Spielplatz und in einem Kindergarten statt; zudem setzt der Mörder seinen Opfern jeweils einen z.T. blutüberströmten Teddybären auf den Schoß. Auch wenn es sich hierbei um eine ebenfalls fiktionale Kriminalgeschichte handelt, weist diese szenisch dargestellte Nähe zur Lebenswelt Minderjähriger erkennbar ein höheres Ängstigungs- und, was vor allem wichtig ist, ein höheres Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial auf. Somit war für diese Sendung, wie auch von der belangten Behörde zutreffend beurteilt, die Verhängung einer etwas höheren Strafe geboten.

 

Erschwerungs- oder Milderungsgründe liegen keine vor. Die angeführten Vorstrafen sind nicht einschlägig, stehen jedoch dem Milderungsgrund der völligen Unbescholtenheit entgegen.

 

Wie schon in Punkt II.3.5.5. oben ausgeführt, lag eine fahrlässige Tatbegehung vor. Das Vorliegen eines außergewöhnlich hohen Verschuldens oder gar Vorsatzes konnte hingegen nicht festgestellt werden.

 

Der Strafbemessung wurden das derzeitige Pensionseinkommen des Beschwerdeführers, wie auch seine Sorgepflichten zu Grunde gelegt (vgl. die Feststellungen in Punkt II.1.10. oben). Die belangte Behörde war noch vom deutlich höheren Einkommen des Erstbeschwerdeführers vor seiner Pensionierung ausgegangen. Somit war zu berücksichtigen, dass das aktuelle Jahresbruttoeinkommen des Erstbeschwerdeführers nicht mehr – wie noch von der belangten Behörde unwidersprochen angenommen – zumindest € XXXX,- beträgt. Vielmehr ist nach den plausiblen Angaben während der Verhandlung anzunehmen, dass der Erstbeschwerdeführer seit seiner Pensionierung, somit von April 2017 bis Dezember 2017, aus der PVA Bruttobezüge in Höhe von € XXXX und aus einer privaten Pensionsversicherung Bruttobezüge in Höhe von € XXXX bezogen hat. Der Erstbeschwerdeführer hat also in 9 Monaten ein Bruttoeinkommen von insgesamt € XXXX bezogen. Das ergibt hochgerechnet ein aktuelles Jahresbruttoeinkommen von € XXXX. Die Höhe der Strafe war daher entsprechend herabzusetzen.

 

Berücksichtigt werden konnte, dass die Beschwerdeführer bereits aufgrund der Beanstandung der belangten Behörde im Feststellungsverfahren und damit vor Einleitung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, nunmehr Sendungen, die im Hinblick auf § 10 Abs. 12 ORF-G Bedenken aufwerfen, nur noch eingeschränkt bereitstellen. Überlegungen der Spezialprävention konnten daher nicht zu einer höheren Strafe führen (und wurden von der belangten Behörde zutreffend auch nicht angestellt).

 

Vor diesem Hintergrund war daher unter Berücksichtigung einer höchstmöglichen Geldstrafe von € 58.000,-- jeweils eine Strafe im unteren Bereich dieses Strafrahmens geboten.

 

Bei der Verhängung einer Geldstrafe ist nach § 16 Abs. 1 VStG für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen; für deren Festsetzung gaben dieselben Erwägungen wie für die Verhängung der angeführten Geldstrafe den Ausschlag und waren sohin Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils fünf Tagen für die XXXX-Folgen sowie von sieben Tagen für "Herrn XXXX" zu verhängen. Eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte nicht, weil lediglich das geringere Einkommen des Erstbeschwerdeführers den Ausschlag für die veränderte Strafzumessung gab.

 

Die Beschwerdeführer sehen hinsichtlich der ursprünglich von der belangten Behörde und nunmehr vom Bundesverwaltungsgericht – abgesehen von der Herabsetzung wegen der Einkommensveränderung des Erstbeschwerdeführers – bestätigten Strafzumessung Korrekturbedarf, weil die belangte Behörde das

"Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial" der inkriminierten Sendungen durch einen Sachverständigen hätte prüfen lassen müssen. Auch sei gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen worden, indem die belangte Behörde den Umstand, dass "keinerlei Einschränkungen der Verfügbarkeit im Tagesverlauf" vorgenommen wurden, als straferhöhend gewertet hat, obwohl dieser Umstand bereits die Strafdrohung bestimmen würde; dies hätte daher nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgrund berücksichtigt werden dürfen. Auch läge der Milderungsgrund des Vorliegens eines Rechtsirrtums vor.

 

Diesem Vorbringen war nicht zu folgen:

 

Wie schon in Punkt II.3.5.4. ausgeführt, lag das den tatgegenständlichen Sendungen innewohnende Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial auf der Hand. Die Beiziehung eines Sachverständigen konnte daher – auch im Hinblick auf die Strafzumessung – unterbleiben. Es ergibt sich bereits aus Art und Umfang der hier gegenständlichen Sendungsinhalte mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial, dass die drei XXXX-Sendungen ein vergleichbares Beeinträchtigungspotenzial aufweisen und der Krimi "XXXX" ein demgegenüber etwas höheres Beeinträchtigungspotenzial zeitigt.

 

Nach § 10 Abs. 12 ORF-G ist durch die Wahl der Sendezeit oder sonstige Maßnahmen dafür zu sorgen, dass Sendungen mit Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden. Strafbar ist somit nicht erst, wer eine solche Sendung durchgehend zur Verfügung stellt, sondern bereits, wer diese überhaupt – wenn auch nur kurz – zu einer Zeit zur Verfügung stellt, in der diese von Minderjährigen üblicherweise sehr wohl gesehen werden kann. Eine Doppelverwertung liegt sohin nicht vor, wenn die durchgehende Bereitstellung als eine größere Beeinträchtigung des durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts der Entwicklung Minderjähriger, als eine zwar möglicherweise rechtswidrige, aber doch untertags zeitlich limitierte Bereitstellung, beurteilt wird.

 

Den besonderen Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 12 StGB, d. h. das Begehen der Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum, kann nicht angenommen werden, wenn – so wie auch im vorliegenden Fall – der Beschuldigte, hier also der Erstbeschwerdeführer, trotz einer ihm obliegenden Sorgfaltspflicht keine entsprechenden Nachforschungen über die Rechtslage angestellt hat (vgl. VwGH 24.06.2014, 2013/17/0507).

 

3.6. Den Beschwerdeführern waren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, weil der Beschwerde teilweise Folge gegeben worden ist; der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens war entsprechend der Herabsetzung der Strafe anzupassen (Spruchpunkt II).

 

3.7. Die Entscheidungen über den Haftungssauspruch gegenüber des Zweitbeschwerdeführers erfolgte gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG (Spruchpunkt III).

 

3.8. Der von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis erwähnte Tatzeitraum für die Sendung "XXXX" war entsprechend zu korrigieren, weil die entsprechende Sendung nicht vom 28.06.2015 bis 05.07.2016, sondern unstrittig nur eine Woche, nämlich vom 28.06.2015 bis 05.07.2015, zur Verfügung gestellt worden ist (Spruchpunkt IV).

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage – wie im vorliegenden Fall gegeben – eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und zuletzt VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).

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