BVwG W249 2126788-1

BVwGW249 2126788-122.1.2018

AVG §39
AVG §52 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
KOG §2 Abs1 Z9
KOG §36
ORF-G §1 Abs1
ORF-G §10 Abs12
ORF-G §18 Abs1
ORF-G §3 Abs5 Z2
ORF-G §35
ORF-G §36 Abs1 Z3 lita
ORF-G §36 Abs4
ORF-G §37 Abs4
ORF-G §4
ORF-G §5a Abs1
ORF-G §5a Abs2
ORF-G §50 Abs2
ORF-G §50 Abs3
ORF-G §6
VwGVG §24
VwGVG §27
VwGVG §50

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W249.2126788.1.00

 

Spruch:

W249 2126788-1/12E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian EISNER und Mag. Walter TOLAR als Beisitzer über die Beschwerde des ÖSTERREICHISCHEN RUNDFUNKS gegen den Bescheid der KOMMUNIKATIONSBEHÖRDE AUSTRIA vom 13.04.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.01. und 22.01.2018 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Bereitstellungszeitraum der Sendung XXXX in Spruchpunkt 1.4. "28.06.2015 bis 05.07.2015" statt "28.06.2015 bis 05.07.2016" zu lauten hat.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.04.2016, XXXX, entschied die Kommunikationsbehörde Austria (belangte Behörde) im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über den ORF gem. § 2 Abs. 1 Z 9 KOG iVm § 35, § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 37 ORF-G wie folgt:

 

"1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 134/2015, in Verbindung mit § 35, § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a und § 37 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. I Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 112/2015, wird festgestellt, dass das gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 ORF-G bereitgestellte Online- Angebot XXXX im Zeitraum von 14.06.2015 bis 05.07.2015 nicht dem durch das Angebotskonzept vom 19.09.2012 gemäß § 5a ORF-G gezogenen Rahmen entsprochen hat, zumal durch die ohne zeitliche Einschränkung erfolgte Bereitstellung der Sendungen

 

1. XXXX, von 14.06.2015 bis 21.06.2015,

 

2. XXXX, von 21.06.2015 bis 28.06.2015,

 

3. XXXX, von 21.06.2015 bis 28.06.2015, sowie

 

4. XXXX, von 28.06.2015 bis 05.07.2016

 

auf XXXX entgegen den Festlegungen im Angebotskonzept Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, bereitgestellt wurden, ohne dass durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet wurde, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden.

 

2. Die KommAustria erkennt gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung. Dem ORF wird aufgetragen, den Spruchpunkt 1. binnen sechs Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung auf der Startseite des Online-Angebots TVthek.ORF.at im obersten Viertel für die Dauer von sieben Tagen in folgender Weise in Form einer Überschrift (Mindestgröße und Form entsprechend den sonstigen Hauptüberschriften) mit dem Titel ‚Feststellung von Gesetzesverletzungen durch den ORF' und einem aufklappbaren Textfeld (o.Ä.) mit folgendem Inhalt zu veröffentlichen:

 

‚Die Kommunikationsbehörde Austria hat im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über den ORF Folgendes festgestellt: Im Zeitraum von 14.06.2015 bis 05.07.2015 wurden im Online-Angebot XXXX drei Folgen der Reihe XXXX sowie eine Folge der XXXX zum Abruf bereitgestellt. Die Sendungen waren geeignet, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen zu beeinträchtigen. Durch die zeitlich unbeschränkte Bereitstellung dieser Sendungen wurde der durch das Angebotskonzept gezogene Rahmen in Bezug auf den Minderjährigenschutz nicht eingehalten und damit das ORF-Gesetz verletzt.'

 

3. Dem ORF wird aufgetragen, binnen weiterer zwei Wochen der KommAustria gemäß § 36 Abs. 4 ORF-G einen Nachweis der Veröffentlichung in Form von Aufzeichnungen zu übermitteln."

 

Die belangte Behörde führte in ihren Feststellungen verschiedene Sendungsbeschreibungen aus (s. unter II.1.). Rechtlich führte sie insbesondere wie folgt aus:

 

1.1. Amtswegige Aufsicht iSd § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G

 

Soweit der ORF in seiner Stellungnahme die Zulässigkeit einer amtswegigen Aufsicht der belangten Behörde in Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt mit dem Argument bestreite, dass gesetzliche Pflichten zum Jugendschutz (§ 10 Abs. 12 und 13 ORF-G), deren Einhaltung in einem Angebotskonzept lediglich dargelegt worden wäre, nicht auf Grundlage des § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G, sondern nur auf Grundlage anderer Bestimmungen des § 36 ORF-G zu überprüfen seien, sei darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 5a ORF-G bestimmte Anforderungen bei der Erstellung von Angebotskonzepten definiert habe. § 5a ORF-G spreche konkret davon, dass Angebotskonzepte, soweit in diesem Gesetz vorgesehen, der Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags der im öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegenen Programme und Angebote dienten. Der "gesetzliche Auftrag" beinhalte im gegenständlichen Fall jedenfalls auch die Verpflichtung, die Bestimmungen über den Jugendschutz in § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G einzuhalten.

 

§ 18 ORF-G bestimme, dass auf die Gestaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneingeschränkt Anwendung fänden, womit § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G auch für das Online- Angebot XXXX zur Anwendung gelangten. Im Rahmen des Angebotskonzepts für XXXX vom 19.09.2012 sei nun unter Punkt 2.8. - "Einhaltung der Vorgaben des ORF-G (insb. Vereinbarkeit mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gem. § 4 ORF-G)" - folgende Konkretisierung vorgenommen worden: "Das derzeitige und aus heutiger Sicht im Rahmen der inhaltlichen Erweiterungen geplante zukünftige Angebot der XXXX umfasst keine Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (§ 10 Abs 12 und 13 ORF-G). Sollte die Bereitstellung einzelner solcher Sendungen geplant werden, wird durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werden, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden. Dabei erfolgt im Rahmen der Übernahme der ausgestrahlten Sendung aus dem Fernsehen auch automatisch die Übernahme deren Kennzeichnung als nicht für Kinder oder als nur für Erwachsene geeignet in das angebotene Videofile."

 

Diese Festlegung mache deutlich, dass - neben der zugesicherten Einhaltung des § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G - das Angebotskonzept für XXXX insoweit einen Rahmen im Sinne einer Konkretisierung abstecke, als klargestellt werde, dass das gegenwärtige Angebot der XXXX gar nicht erst Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, umfassen solle. Für die Zukunft werde der Rahmen insoweit festgelegt, als zugesichert werde, dass durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werden solle, dass allfällige minderjährigengefährdende Inhalte nur zu Zeiten abgerufen werden könnten, zu denen diese Sendungen üblicherweise nicht von Minderjährigen abgerufen werden.

 

Die gesetzlichen Einschränkungen würden im vorliegenden Fall im Rahmen des Angebotskonzepts also dadurch konkretisiert, dass einerseits bestimmte (nämlich minderjährigengefährdende) Inhalte im Zeitpunkt der Erstellung des Angebotskonzepts von der Bereitstellung ausgeschlossen werden, und pro futuro - für den Fall der Aufnahme minderjährigengefährdender Inhalte - als technische Maßnahme eine Programmierung im Sinne einer zeitlichen Einschränkung der Abrufbarkeit festgelegt werde. Der ORF habe sich damit - soweit ein Ausschluss von der Bereitstellung dargelegt werde - weitergehende Beschränkungen als gesetzlich zwingend notwendig auferlegt und sich alternativ jedenfalls auch im Rahmen des Angebotskonzepts eine konkrete Umsetzungsmaßnahme zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auferlegt, die über das bloße "Rezitieren" des Gesetzeswortlautes hinausgehe, nämlich dass eine technische Maßnahme in Form einer Programmierung sicherstellen werde, dass eine zeitliche Einschränkung der Abrufbarkeit erfolge. Dass es sich hierbei um eine Konkretisierung iS eines notwendigen gesetzlichen Bestandteils des Angebotskonzepts handle, werde vor allem auch dadurch deutlich, dass die zeitliche Einschränkung der Abrufbarkeit nur eine mögliche Variante darstelle; alternativ hätten beispielsweise auch Maßnahmen der Zugangskontrolle o.Ä. angedacht werden können.

 

Auch der Ablauf des gemäß § 50 Abs. 2 und 3 ORF-G vorgesehenen Verfahrens zur erstmaligen Übermittlung der Angebotskonzepte zeige in Bezug auf XXXX, dass die Frage der Konkretisierung des Minderjährigenschutzes im Angebotskonzept sich keinesfalls als bloßes Thema der "Darlegung der gesetzlichen Pflichten" darstelle. In dem im Jahr 2011 an den ORF übermittelten Ergänzungsersuchen hinsichtlich des Angebotskonzepts für XXXX sei seitens der belangten Behörde ausgeführt worden, dass zwar der gesetzliche Rahmen für Jugendschutz in § 10 Abs. 11 bis 14 ORF-G gezogen werde. Nach dem Angebotskonzept würden nun zum Teil Sendungen angeführt, die aufgrund ihres Inhaltes im Fernsehprogramm als nicht für Kinder geeignet seien (z.B. XXXX), das Angebotskonzept lasse jedoch Ausführungen darüber, wie der Jugendschutz im Bereich der XXXX verwirklicht werden solle, gänzlich vermissen. Im Gefolge dieses Ergänzungsersuchens sei schließlich die oben dargestellte Konkretisierung durch den ORF erfolgt.

 

Hieraus werde deutlich, dass die amtswegige Überprüfung des Angebotskonzepts nach § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a iVm § 5a ORF-G und des insoweit gezogenen "Rahmens" bzw. "Umfangs" (vgl. § 36 Abs. 1 Einleitungssatz bzw. Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G) unabhängig von der Frage der zusätzlich nach anderen Bestimmungen bestehenden Rechtsaufsichtsbefugnisse hinsichtlich der zu Grunde liegenden Bestimmungen über den Jugendschutz in § 10 Abs. 11 ff ORF-G bestehe. Anders ausgedrückt bilde daher § 10 Abs. 11 ff ORF-G mangels anderslautender Festlegungen im Angebotskonzept (zB im Sinne einer weitergehenden Differenzierung von Gefährdungstatbeständen) den materiellen Maßstab für die Beurteilung der Einhaltung des Minderjährigenschutzes; im Hinblick auf die konkrete Implementierung (Einschränkung der Zugänglichkeit durch entsprechende Programmierung) sei demgegenüber primär das Angebotskonzept einschlägig und insoweit von der Rechtsaufsichtsbefugnis im Rahmen des § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G erfasst. Die Überprüfung der Einhaltung des in Punkt 2.8 des Angebotskonzepts für das Online-Angebots XXXX konkretisierten Rahmens für den Minderjährigenschutz falle demnach in die amtswegige Zuständigkeit der KommAustria gemäß § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a iVm § 5a ORF-G.

 

1.2. Jugendschutz nach § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G

 

Die spruchgegenständlichen Sendungen seien geeignet, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen im Sinne des § 10 Abs. 12 ORF-G zu beeinträchtigen: Der Begriff der Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen sei in § 10 Abs. 12 ORF-G nicht näher definiert. Der Gesetzgeber gehe in § 10 Abs. 11 ORF-G davon aus, dass als die Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigende Inhalte insbesondere Pornografie und grundlose Gewalttätigkeiten anzusehen seien, wobei sich das erstere Verbot nur auf die strafrechtlich relevante Pornografie beziehe (vgl. Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze3, 525, zu § 42 AMD-G). Aus der Systematik des § 10 Abs. 11 ff ORF-G ergebe sich daher, dass der Darstellung der beiden Bereiche Gewalt und Sexualität im Fernsehen ex lege ein bestimmtes Beeinträchtigungspotenzial für die Entwicklung Minderjähriger zuerkannt worden sei.

 

Es sei weiters davon auszugehen, dass der Tatbestand der (bloßen) Beeinträchtigung der Entwicklung Minderjähriger in körperlicher, geistiger oder sittlicher Hinsicht weit zu verstehen sei und auf unterschiedliche Weise auftreten könne. Der Begriff umfasse sowohl bloße Hemmungen als auch Störungen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und in letzter Konsequenz auch die direkte Schädigung Minderjähriger.

 

Wie der ORF in seiner Stellungnahme zutreffend ausführe, biete sich angesichts der weitgehend gleichartigen Umsetzung der dem § 10 Abs. 12 ORF-G zugrundeliegenden Richtlinienbestimmung des Art. 27 Abs. 2 AVMD-RL in § 5 Abs. 1 des (für öffentlichrechtliche wie private Anbieter gleichermaßen geltenden) Deutschen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), BW-GBl. 2003 S. 93 idF des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 10.06.2010, BW-GBl. 2010 S. 762, zur Beurteilung einer Beeinträchtigung auch eine Parallelbetrachtung dieser Norm und der hierzu von der Kommission für Jugendmedienschutz der deutschen Landesmedienanstalten zuletzt im Dezember 2013 aktualisierten "Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien" (KJM-Kriterien 2013) an.

 

Demnach seien ganz allgemein auf individueller Ebene vor allem Beeinträchtigungen durch Ängstigungen, andere psychische Destabilisierungen sowie die Übernahme von Verhaltensmustern, die zu körperlichen oder seelischen Verletzungen führen könnten, zu beachten. Im Hinblick auf die soziale Dimension sei es erforderlich, dass sich Minderjährige in die Gesellschaft mit ihrer Werteordnung insgesamt einfügen könnten. Deshalb sei zu beachten, ob bei den medialen Angeboten die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Grundrechte einschließlich ihrer Schranken für Kinder oder Jugendliche als zentraler Maßstab der gesellschaftlichen Werteordnung erkennbar blieben. Wenn Kinder oder Jugendliche aufgrund ihres Alters abweichende Darstellungen z.B. im Bereich von Menschenwürde, Toleranzgebot, Schutz von Ehe und Familie und Demokratieprinzip nicht mit ausreichender Differenziertheit und Distanz verarbeiten könnten, sei von einer Entwicklungsbeeinträchtigung auszugehen. Im Hinblick auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen seien Erziehungsziele auch stets die Erziehung im Geist der Freiheit, der Gleichheit, der Toleranz, der Würde, der Solidarität und des Friedens; auch eine Einwirkung von Medieninhalten auf diese Erziehungsziele sei somit bedeutsam (vgl. KJM-Kriterien 2013, Pt. 1).

 

Im Hinblick auf die Wirkungsfaktoren von Angeboten sei auf Ebene der rezipientenspezifischen Wirkungsfaktoren - neben Geschlecht und sozialem Kontext - das Alter (gerade auch im vorliegenden Verfahren) von besonderer Relevanz: Entsprechend ihrem Entwicklungsstand reagierten Kinder und Jugendliche unterschiedlich auf Medienangebote. Bei der Bewertung von Medienangeboten müsse beispielsweise berücksichtigt werden, dass Kinder im Vorschulalter Fiktion und Realität nicht klar voneinander trennen könnten. Sie empfänden z.B. die in einem Film gezeigte Gewalt als real. Erst Kinder im Grundschulalter (6-10 Jahre) hätten die Voraussetzung, diese Trennung in der Regel vorzunehmen. Sie hätten jedoch Probleme mit realistisch wirkenden Angeboten und mit Angeboten, in denen Fiktion und Realität vermischt werden. Erst bei Kindern ab 12 Jahren glichen sich die Realitätswahrnehmung und -bewertung an die der Erwachsenen an. (vgl. KJM-Kriterien 2013, Pt. 2).

 

Neben den rezipientenspezifischen Wirkungsfaktoren seien vor allem die angebotsspezifischen Wirkungsfaktoren für die Beeinträchtigungsmöglichkeit eines Angebotes von Relevanz. Zu diesen zählten insbesondere der Realitätsgrad, die Alltagsnähe und allfällige Identifikationsanreize bzw. lebensweltliche Orientierungsmuster für Minderjährige in der in Frage stehenden Sendung (vgl. KJM-Kriterien 2013, Pt. 2).

 

§ 10 Abs. 12 ORF-G schließe alle Minderjährigen gleichermaßen in seinen Schutzbereich ein. Vom Angebotskonzept für XXXX gefordert sei damit eine Einschränkung der Zugänglichmachung bestimmter Inhalte sowohl für Kinder, unmündige Minderjährige als auch mündige Minderjährige. Die augenscheinlich vom ORF vertretene Sichtweise, dass es für Sendungen, die für über 12-Jährige "freigegeben" seien, keinerlei weiterer Beschränkungen der Zugänglichkeit für Personen jüngeren Alters bedürfe, lasse sich nach Auffassung der belangten Behörde in keiner Weise mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 12 ORF-G bzw. den maßgeblichen Passagen des Angebotskonzepts in Einklang bringen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass im ORF-G eine dem § 5 Abs. 5 JMStV korrespondierende Regelung (getrennte Verbreitung von den für Kinder bestimmten Angeboten) gerade nicht enthalten sei, und diesem Argument auch auf faktischer Ebene entgegenzutreten sei, zumal das Angebot XXXX einen eigenen Bereich für die Kategorie "Kindersendungen" aufweise.

 

Gemessen an den oben dargelegten Kriterien sei für die verfahrensgegenständlichen drei XXXX-Episoden und die Sendung XXXX einerseits festzuhalten, dass es sich um fiktionale Werke handle, weshalb eine gesteigerte Beeinträchtigung Minderjähriger durch die Gewaltdarstellungen, wie sie bei einer realen, einer real wirkenden oder einer die Realität suggerierenden Darstellung üblicherweise eintreten könne, nicht anzunehmen sei. Andererseits sei festzuhalten, dass gerade Kinder im Vorschulalter, die ebenfalls vom Schutzbereich des § 10 Abs. 12 ORF-G erfasst seien, eine klare Trennung zwischen Realität und Fiktion nicht vornehmen könnten, sondern sich diese Fähigkeit erst bis zum 10. Lebensjahr herausbilde.

 

Aus den Sachverhaltsfeststellungen ergebe sich, dass die angeführten Sendungen zahlreiche Inhalte im nach den zitierten KJM-Kriterien 2013 relevanten Beeinträchtigungsspektrum enthielten. Damit seien jene Szenen gemeint, die die Darstellung von Gewalt bzw. die damit zusammenhängenden Straftaten, die ein weites Spektrum der oben dargestellten Gefährdungslagen abdeckten, zeigten: In der Sendung XXXX würden Gewaltverbrechen, bei denen der sogenannte XXXX mehrere Frauen immer auf dieselbe Art und Weise grausam umbringe, dargestellt. In den drei verfahrensgegenständlichen XXXX-Episoden erfolgten quantitativ und qualitativ intensive sowie realitätsnahe Darstellungen von Gewalt und ihren drastischen Folgen.

 

Dem Vorwurf des ORF, wonach die belangte Behörde bei der Beschreibung der Sendung XXXX auf Formulierungen zurückgegriffen habe, die dazu gewählt worden seien, die eigene Sichtweise zu stützen, vermöge die belangte Behörde nicht zu folgen, zumal die vorkommenden Morde sowohl in den drei XXXX-Episoden als auch in der gegenständlichen Folge aus XXXX nicht nur von einem "seherfahrenen Zuschauer", der Kenntnisse der "filminszenatorischen Gesetzmäßigkeiten" besitze, entsprechend wahrgenommen würden, sondern von jedem (auch minderjährigen) Zuseher die entsprechenden Kausalzusammenhänge (z.B. Messer an der Kehle - nachfolgendes Zeigen der blutüberströmten Leiche) ohne Zweifel erkannt werden könnten.

 

Zusammengefasst seien die drei XXXX-Episoden und die Sendung XXXX nach Ansicht der belangten Behörde jedenfalls geeignet, Minderjährige, und zwar jedenfalls unter 12-Jährige, in ihrer körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung iSd § 10 Abs. 12 ORF-G zu beeinträchtigen.

 

1.3. Fehlende Gewährleistung einer zeitlichen Einschränkung

 

Die vorstehend beschriebenen Sendungen, die Minderjährige in ihrer körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung iSd § 10 Abs. 12 ORF-G beeinträchtigen könnten, seien vom ORF ohne jede zeitliche Einschränkung (sohin "rund um die Uhr") im spruchgegenständlichen Zeitraum zum Abruf auf XXXX bereitgestellt worden. Es stehe für die belangte Behörde außer Zweifel, dass Minderjährige üblicherweise jedenfalls untertags das Online-Angebot XXXX nutzten, was sich schon aus der Einrichtung einer eigenen Rubrik "Kinder" innerhalb des Online-Angebots XXXX ergebe, wobei die Nutzung des Angebots für Minderjährige nicht auf diesen Bereich beschränkt sei. Insoweit habe für diese Personengruppe aber auch die Möglichkeit bestanden, die verfahrensgegenständlichen Sendungen abzurufen. Damit habe das gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 ORF-G bereitgestellte Online-Angebot TVthek.ORF.at im Zeitraum von 14.06.2015 bis 05.07.2015 aber nicht dem durch das Angebotskonzept vom 19.09.2012 gemäß § 5a ORF-G gezogenen Rahmen entsprochen.

 

1.4. Zur Veröffentlichung der Entscheidung (Spruchpunkt 2.)

 

Der Ausspruch über die Veröffentlichung der Entscheidung stütze sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G und dessen Auslegung im Sinne der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (vgl. VfSlg. 12.497/1990 und VwGH 15.09.2004, 2003/04/0045). Nach dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs sei die Veröffentlichung als "contrarius actus" zu einem solchen Zeitpunkt im entsprechenden Programm - bzw. im gegebenen Fall im entsprechenden Online-Angebot - aufzutragen, dass "tunlichst der gleiche Veröffentlichungswert" erzielt werde. Mit der Veröffentlichung einer Kurzfassung des Spruchpunkts 1. auf der Startseite des Online-Angebots XXXX für die gleiche Dauer, wie die angeführten Sendungen in der XXXX zum Abruf bereitgestellt waren, nämlich sieben Tage lang, solle diesem Anliegen eines "contrarius actus" Rechnung getragen werden. Die Verpflichtung zur Vorlage der Aufzeichnung stütze sich auf § 36 Abs. 4 ORF-G (vgl. dazu VwGH 23.05.2007, 2006/04/0204).

 

2. Mit Beschwerde vom 12.05.2016 wurde der gegenständliche Bescheid vom Beschwerdeführer in allen Spruchpunkten insbesondere wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften angefochten. Es wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht "möge a.) eine mündliche Verhandlung durchführen und b.) in der Sache selbst erkennen und den Spruchpunkt 1. und die damit verknüpften Spruchpunkte 2. und 3. des Bescheids vom 13.04.2016 zu XXXX aufheben und das Verfahren einstellen oder c.) den Bescheid aufheben und das Verfahren zur Sachverhaltsergänzung an die KommAustria zurückverweisen." Dabei wurde insbesondere vorgebracht:

 

2.1. Amtswegige Aufsicht iSd § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G

 

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde nicht zur amtswegigen Aufsicht ermächtigt sei, da § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G eine Zuständigkeit vorsehe, "soweit der begründete Verdacht besteht, dass gemäß § 3 Abs. 35 Z 2

bereitgestellte Angebote ... nicht dem durch die §§ 4b bis 4f und

die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen, gezogenen Rahmen entsprechen". Im gegenständlichen Fall gehe es alleine um die Frage, ob das Online-Angebot der XXXX den Jugendschutzbestimmungen des ORF-G, dh § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G, Rechnung trage.

 

Die Einhaltung aller Pflichten des ORF-G habe der ORF lediglich in einem Angebotskonzept darzulegen. Dies folge aus dem gesetzlich zwingenden Inhalt des § 5a Abs. 1 Z 8 ORF-G, wonach Angebotskonzepte die "Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes, insbesondere Ausführungen zur Vereinbarkeit des Programms oder Angebots mit § 4" zu beinhalten hätten. Mit dieser Darlegung der Einhaltung des ORF-G solle der ORF aber nicht dazu verpflichtet werden, nur die dargelegten - und keine anderen, zusätzlichen oder alternativen - Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes zu unternehmen.

 

Die belangte Behörde habe das Angebotskonzept nicht (wie im Rahmen einer Auftragsvorprüfung gemäß § 6 ff ORF-G) "genehmigt" und die Genehmigung daher auch nicht an die Einhaltung von "Auflagen" knüpfen können (vgl. § 6b Abs. 2 ORF-G). Daher entspreche es auch nicht dem ORF-G, solche Auflagen "durch die Hintertüre" - nämlich über die Möglichkeit eines Ergänzungsauftrags (§ 5a Abs. 2 ORF-G) - aufzuerlegen, indem die Behörde solange "Ergänzungen" auftrage, bis auflagengleiche Einschränkungen in das vorgelegte Angebotskonzept aufgenommen worden wären. Diesbezüglich sei im konkreten Fall zu XXXX auf die u.E. bedenkliche Praxis der belangten Behörde hinzuweisen, wiederholt kurz vor Ablauf der nach § 5a Abs. 2 ORF-G vorgesehenen Fristen "Ergänzungsersuchen" zu senden. So habe die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Prüfung des verfahrensgegenständlichen Konzepts mit Schreiben vom 24.02.2011 auch Angaben gefordert, deren "Verbesserung" nicht hätte beauftragt werden dürfen. Der ORF habe dennoch Angaben - unter anderem auch die verfahrensgegenständlichen zum Jugendschutz - gemacht, um das Prüfungsverfahren ehestmöglich abzuschließen, was im Schreiben des ORF vom 14.3.2011 ausdrücklich festgehalten worden sei:

 

"Nach § 5a ORF-G dienen Angebotskonzepte der ‚Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags der im öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegenen Programme und Angebote'. Die Konzepte haben nach § 5a Abs. 1 Z 8 ORF-G auch ‚Angaben' zur ‚Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes, insbesondere Ausführungen zur Vereinbarkeit des Programms oder Angebots mit §4' zu enthalten. Der ORF hat im Rahmen des Angebotskonzepts vor allem jene Angaben zur Einhaltung des ORF-G gemacht, die zur ‚Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags' dienen können. Angaben zu absoluten Verbote oder Pflichten, die einer Konkretisierung nicht zugänglich sind, erscheinen vor diesem Hintergrund daher nicht erforderlich, werden aber vom ORF im Folgenden nachgereicht."

 

Die Ansicht der belangten Behörde hätte zur Folge, dass die Behörde sämtliche Bestimmungen des ORF-G - deren Einhaltung im Konzept dargelegt werden müsse - von Amts wegen kontrollieren dürfte. Diese Ansicht entspreche nicht dem ORF-G, das nur ausnahmsweise eine amtswegige Kontrolle zulasse. Auch im gegenständlichen Fall habe der Gesetzgeber im Rahmen der Aufsicht des § 36 Abs. 1Z 3 lit. a ORF-G der belangten Behörde gerade nicht die Kontrolle der "Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes" aufgetragen, sondern nur die Einhaltung des Rahmens, der "durch die §§4b bis 4f und die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich anfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen" gezogen werde. Die Bestimmung des § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G werde in § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G nicht genannt. Die Ansicht der belangten Behörde hätte sogar zur Folge, dass der ORF zu sämtlichen Pflichten des ORF-G immer auch sämtliche denkbaren Maßnahmen zur Einhaltung anführen müsste, wollte er sich nicht Umsetzungsspielräumen begeben.

 

Pflichten zum Jugendschutz (§ 10 Abs. 12 und 13 ORF-G), deren Einhaltung in einem Angebotskonzept lediglich dargelegt worden sei, seien daher nicht auf Grundlage des § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G, sondern nur auf Grundlage anderer Bestimmungen des § 36 ORF-G zu überprüfen. Eine Auswertung der Kundendienstprotokolle habe ergeben, dass sich keine einzige Beschwerde bezüglich der Abrufbarkeit von Sendungen in Hinblick auf den Jugendschutz in der XXXX finde. Auch aus diesem Grund dürfte bisher niemand von den Beschwerde- oder Antragsmöglichkeiten des § 36 ORF-G Gebrauch gemacht haben. Die belangte Behörde nehme im gegenständlichen Fall eine Zuständigkeit in Anspruch, die der Behörde nicht zukomme.

 

2.2. Geringfügige Änderung des Angebotskonzepts für XXXX iSd § 5a Abs. 2 ORF-G

 

Selbst wenn man entgegen dem Vorstehenden aus dem Angebotskonzept ableiten wollte, dass der Text des Angebotskonzepts nur eine bestimmte - eben zeitliche - Maßnahme zur Gewährleistung des Jugendschutzes auf der XXXX zuließe, zeige sich, dass es (ansonsten) nach dem ORF-G ohne weiteres zulässig sei, andere "sonstige Maßnahmen" iSd § 10 Abs. 12 ORF-G zu implementieren.

 

Da es dem Gesetzgeber ausweislich des § 5a ORF-G bei der Erstellung und Prüfung von Angebotskonzepten vor allem aber darum gehe, dass das Angebotskonzept (inhaltliche) Ausführungen zur Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags und zur Vereinbarkeit des Angebots mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag (siehe den ausdrücklichen Hinweis auf § 4 ORF-G in § 5a Abs. 1 Z 8 ORF-G) enthielten, sei erkennbar, dass Ausführungen zur Einhaltung anderer gesetzlicher Pflichten nicht die gleiche Bedeutung bei der Gestaltung von Angebotskonzepten und der Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags zukomme. Daher handle es sich bei der Implementierung von anderen Maßnahmen iSd § 10 Abs. 12 ORF-G - selbst wenn man also dem Angebotskonzept eine gewisse Beschränkung der Maßnahmen auf zeitliche Befristungen entnehmen wollte (was u.E. nicht der Fall sei) - lediglich um eine "geringfügige Änderung" des Angebotskonzepts für XXXX iSd § 5a Abs. 2 ORF-G. Durch die vom ORF implementierte andere Maßnahme sei daher das ORF-G nicht verletzt worden, da geringfügige Änderungen der belangten Behörde auch nicht zu übermitteln seien und diesbezügliche Grenzen nicht überschritten werden bzw. nicht bestünden (vgl. § 5a Abs. 2 ORF-G).

 

2.3. Jugendschutz nach § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G

 

Die Frage der Entwicklungsbeeinträchtigung könne immer nur in Bezug auf eine bestimmte Altersgruppe beantwortet werden. So gebe es Sendungen, die für 16-Jährige nicht entwicklungsbeeinträchtigend seien, für 12-Jährige aber sehr wohl. Dementsprechend sei es internationale Praxis, dass durch idR nicht-staatliche Stellen bestimmte "Altersfreigaben" für bestimmte Sendungen erteilt würden.

 

Alle Regelungen der Mitgliedstaaten der EU hätten den Vorgaben der AVMD-RL zu entsprechen, wobei darauf hinzuweisen sei, dass Art. Art. 27 Abs. 2 und 3 AVMD-RL im Wesentlichen wortgleich in § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G umgesetzt seien. (Fraglich sei lediglich, inwieweit das ORF-G betreffend Abrufdienste strenger sei als die AVMD-RL, indem es die Vorgaben zu linearen Diensten auch für nicht-lineare Dienste umsetze. Dies könne u.E. insofern dahingestellt bleiben, als der ORF auch die strengere Auslegung eingehalten habe.) Auch in Deutschland gebe es eine - dort ausführliche - Umsetzung im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, die nach Auffassung des Beschwerdeführers richtlinienkonform sei und vom Schutzniveau jedenfalls nicht hinter der AVMD-RL zurückbleibe.

 

Es entspreche nun der internationalen Praxis insbesondere auch in Deutschland und soweit ersichtlich in der Schweiz, eine Entwicklungsbeeinträchtigung von Minderjährigen für Sendungen (erst) "ab 16 Jahren" ("nicht für Kinder") und "ab 18 Jahren" ("nur für Erwachsene") vorzusehen bzw. eine Kennzeichnungspflicht im Sinne eines akustischen und optischen Hinweises vor der Sendung anzunehmen (vgl. § 10 Abs. 2 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag). Für Sendungen "ab 12 Jahren" gebe es keine Kennzeichnungspflicht und keine (feste) Zeitgrenze. Dies gelte für Deutschland (16/18), Dänemark (16), Finnland (16/18), Großbritannien (16/18), Irland (18) oder Portugal (16/18).

 

Für die Altersgruppe "ab 12 Jahren" habe sich dabei bewährt, auf eine Mitverantwortung der Erziehungsberechtigten zu bauen. Ob daher ein 10-jähriger im Hauptabendprogramm von ARD oder ORF eine Sendung ansehe, die mit einer Altersfreigabe "ab 12 Jahren" versehen sei, liege in der Mitverantwortung der Erziehungsberechtigten, die letztlich die Entscheidung treffen müssten, ob der 10-jährige überhaupt eine Sendung des Hauptabendprogramms sehen dürfe. Entsprechendes gelte für die Frage, ob ein 10-jähriger ein Angebot, wie die XXXX, und die darin enthaltenen Sendungen sehe. Dies bedeute nun nicht, dass ein 10-jähriger nicht schutzbedürftig wäre, sondern nur, dass ein Schutz vor dem Hintergrund des eingeschränkten Gefährdungspotentials von Sendungen "ab 12 Jahren" unterschiedlich ausgestattet werden könne:

 

Grundsätzlich bestehe ein zeitlicher Gleichlauf zwischen TV-Ausstrahlung und Bereitstellung im Internet. D.h. Sendungen mit einer Altersfreigabe ab 16 bzw. ab 18 Jahren (beim ORF mit "X" oder "0" gekennzeichnet) würden nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr im TV ausgestrahlt und auf der XXXX überhaupt nicht (bzw. bei ARD und ZDF nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr) bereitgestellt. In Deutschtand existiere für das Internet eine detaillierte Regelung insofern, als Sendungen "ab 12 Jahren" ganztags im Internet bereitgestellt werden dürften, wenn der Sender ein eigenständiges Internetangebot für Kinder bereitstelle (§ 5 Abs. 5 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag).

 

Dies sei bei ARD und ZDF der Fall, da diese Veranstalter mit KiKa.de und mit ZDFtivi.de eigene Internetseiten für Kinder hätten. Dies sei (obwohl eine ausdrückliche Regelung nicht bestehe) auch beim ORF der Fall, der mit XXXX eine eigene Internetseite für Kinder bereitstelle. Daher dürften grundsätzlich alle Angebote "ab 12 Jahren" ganztags im Internet bereitgestellt werden, da ein ausreichender Schutz für Personen unter 12 Jahren - unter Berücksichtigung der Mitverantwortung der Erziehungsberechtigten - gewährleistet werde. Die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde

 

 

 

Bis vor kurzem habe die ARD (z.B. beim XXXX) bestimmte Sendungen freiwillig nicht in der ARD- Mediathek angeboten. Nunmehr stehe die ARD mit einer "XXXX-App" aber alle aktuellen "XXXX"-Folgen rund um die Uhr bereit, d.h. gerade auch jene Sendungen, die die belangte Behörde vom ORF aus Gründen des Jugendschutzes nur mit einer zeitlichen Befristung veröffentlicht wissen wolle. Auch der ORF habe sich (bis zur "Beschwerde" der belangten Behörde) im Sinne der rechtlichen Möglichkeiten und im Sinne der Natur eines Abrufdienstes entschieden, Sendungen mit einer Altersfreigabe "ab 12 Jahren" rund um die Uhr anzubieten, eben weil ein eigenes Angebot für Kinder bestehe.

 

Dass es sich bei den inkriminierten Sendungen nun um solche handle, die nicht erst "ab 16 Jahren" oder "ab 18 Jahren" geeignet seien, habe die belangte Behörde nicht behauptet; hierzu sei im Einzelnen vom Beschwerdeführer Folgendes ausgeführt worden:

 

 

 

Zusammengefasst gelte, dass sichergestellt sei, dass Sendungen aus dem Fernsehen, die als nicht für Kinder oder als nur für Erwachsene geeignet und mit "X" oder "0" am Bildschirmrand gekennzeichnet seien, (überhaupt) nicht in die XXXX übernommen würden. Eine Verletzung dieser Regeln oder des Angebotskonzepts liege daher nicht vor.

 

2.4. Einholung eines Sachverständigengutachtens

 

Die belangte Behörde stütze ihre Ansicht dazu, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Sendungen um entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte handle, auf Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, über die sie als juristisches Gremium ohne Beiziehung eines Sachverständigen etwa aus dem Bereich der Psychologie oder Pädagogik nicht verfüge. So begegne die belangte Behörde etwa dem Vorbringen des ORF, wonach die belangte Behörde bei der Beschreibung der Sendung XXXX" auf Interpretationen von Inhalten zurückgegriffen habe, die nur von einem seherfahrenen Zuschauer, der Kenntnisse der filminszenatorischen Gesetzmäßigkeiten besitze, entsprechend vorgenommen werden könnten, lediglich mit dem Festhalten des Gegenteils (d.h. auch minderjährige Zuseher würden die entsprechenden Kausalzusammenhänge erkennen), obwohl diese unsere Ansicht auch den österreichischen Erfahrungen von Teilnehmern an Alterseinstufungen von Inhalten entspreche. Auch wenn daher die belangte Behörde einzelne Stehkader mit scheinbar "brutalen Ergebnissen" in den Bescheid aufnehme, ließen diese einen Rückschluss auf eine entwicklungsbeeinträchtigende Gewaltdarstellung nicht ohne weiteres in jedem Fall zu. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt korrekt ermittelt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass eine Entwicklungsbeeinträchtigung iSd ORF-G bei den gegenständlichen Sendungen bzw. Inhalten nicht (in allen Fällen) vorliege.

 

3. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorlage mit einer Stellungnahme und dem Verwaltungsakt am 25.05.2017 vor. In ihrer Stellungnahme verwies die belangte Behörde auf die Bescheidbegründung, stellte den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und führte darüber hinaus im Wesentlichen aus:

 

3.1. Amtswegige Aufsicht iSd § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G

 

Online-Angebote in Form von Abrufdiensten (wie der XXXX) würden schon insoweit eine Konkretisierung der Umsetzung der Jugendschutzbestimmungen iSd § 5a Abs. 1 ORF-G erfordern, als der Wortlaut des § 10 Abs. 12 ORF-G - neben der für nicht linear ausgestrahlte Abrufdienste unanwendbaren "Wahl der Sendezeit" - nur allgemein von "sonstigen Maßnahmen" spreche, die eine Nichtwahrnehmung von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten durch Minderjährige verhindern solle. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass § 5a Abs. 1 ORF-G an drei Stellen derartige "sonstige Maßnahmen" potentiell als Gegenstand von Konkretisierungen erfasse (Z 3: "zeitliche Gestaltung des Programms oder Angebots inklusive allfälliger zeitlicher Beschränkungen"; Z 4: "technische Nutzbarkeit des oder Zugang zum Angebot"; Z 8: "Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes [...]") gehe der diesbezügliche Vorwurf daher ins Leere und sei vielmehr davon auszugehen, dass die Angaben zur Einhaltung des Jugendschutzes einen wesentlichen Bestandteil des Angebotskonzeptes darstellten, die auch - nach rechtsverbindlicher Festlegung - nicht x-beliebig durch "andere Maßnahmen" ersetzt werden könnten.

 

Auch in prozessualer Hinsicht sei der Ansatz des Beschwerdeführers unzulässig und daher zu verwerfen: So der Beschwerdeführer im Zuge der Einreichung des Angebotskonzepts der Meinung sei, dass der Verbesserungsauftrag unzulässig sei, stehe es ihm frei, diesem nicht nachzukommen und insoweit die Frage der Vollständigkeit zum Verfahrensgegenstand zu erheben, als die Behörde diese Vorfrage schon aus Rechtsschutzgründen konsequenterweise im Rahmen einer Untersagungsentscheidung iSd § 5a Abs. 2 ORF-G (bzw. allenfalls eines verfahrensrechtlichen Zwischenbescheides) in einer für den Beschwerdeführer bekämpfbaren Weise zu behandeln hätte. Keinesfalls sei jedoch anzunehmen, dass der vom Gedanken einer abschließenden und rechtsverbindlichen Festlegung des Umfangs und der Ausgestaltung eines Angebots getragene § 5a ORF-G bzw. das in ihm vorgegebene Verfahren nachträglich im Rahmen eines Rechtsaufsichtsverfahrens nach § 35 ff ORF-G dadurch neu aufgerollt werden könne, dass der Beschwerdeführer die im Angebotskonzept getroffenen Festlegungen neuerlich und insoweit einseitig rechtskraftdurchbrechend unter "Erforderlichkeitsgesichtspunkten" in Frage stelle.

 

Zum Vorwurf einer "bedenklichen" Praxis der belangten Behörde zu Ergänzungsersuchen kurz vor Fristablauf weise die belangte Behörde darauf hin, dass das gegenständliche Angebotskonzept erstmals am 28.01.2011 eingereicht worden und der erste Verbesserungsauftrag hinsichtlich zahlreicher Unvollständigkeiten am 24.02.2011, sohin zur Mitte der achtwöchigen gesetzlichen Frist, ergangen sei.

 

3.2. Jugendschutz nach § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G

 

Die belangte Behörde könne nicht erkennen, was die im Fernsehen übliche Alterskennzeichnung von Sendungen "ab 16" oder "ab 18" zur Beurteilung der Frage beitragen solle, welche Inhalte etwa im "klassischen" Kinderprogramm für z.B. unter 10-Jährige am frühen Nachmittag gezeigt werden dürften. Es stehe außer Zweifel, dass eine Mitverantwortung von Erziehungsberechtigten einzufordern sei; das Beispiel der Entscheidung der Eltern über die Eignung des Hauptabendprogramms für einen 10-Jährigen gehe aber an der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage (ganztägige Bereitstellung von ungeeigneten Inhalten) vorbei. Ganz im Gegenteil vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass der Gesetzgeber mit den Vorschriften des § 10 Abs. 12 ORF-G gerade auch Zeiträume schaffen wollte, in denen sich Erziehungsberechtigte in ihrer kontrollierenden Rolle insoweit "zurücknehmen" dürften, als sie guten Glaubens darauf vertrauen könnten, dass eben z.B. für 6-Jährige ungeeignete Sendungen nicht rund um die Uhr ausgestrahlt bzw. bereitgestellt würden.

 

Auch der Verweis auf die "XXXX-App" der ARD gehe ins Leere, da, wie die ARD selbst bei der Beschreibung der App angebe, Voraussetzung jeweils ein - Minderjährigen nicht unbeschränkt zur Verfügung stehender - offizieller Account mit Kontoinformationen etc. sei.

 

Die Argumentation des Beschwerdeführers, dass es als "sonstige [technische] Maßnahme" iSd § 10 Abs. 12 ORF-G (bzw. des Art. 27 Abs. 2 AVMD-RL) anzusehen sei, eine Trennung von Online-Angeboten für Kinder von sonstigen Angeboten vorzunehmen, sei sowohl rechtlich als auch auf Sachverhaltsebene zu verwerfen:

 

Wie bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt, fehle dem ORF-G eine dem § 5 Abs. 5 dJMStV vergleichbare Regelung. Dass es sich bei einem Wechsel von der im Angebotskonzept für XXXX festgelegten Einschränkung der zeitlichen Zugänglichkeit minderjährigengefährdender Inhalte auf den Ansatz eines "eigenen Angebotes für Kinder" um eine bloß geringfügige Änderung handeln solle, lasse sich mit § 6 Abs. 3 Z 1 ORF-G nicht vereinbaren, der Änderungen von Angeboten im Bereich der technischen Nutzbarkeit bzw. ihres Zugangs sogar grundsätzlich als Auftragsvorprüfungs-relevante Kriterien kenne. Führe daher der Beschwerdeführer an Stelle der derzeit festgelegten zeitlichen Beschränkung der Abrufbarkeit andere "technische Maßnahmen" ein, so lasse sich allenfalls über die Frage der verpflichtenden Durchführung einer Auftragsvorprüfung nachdenken; ausgeschlossen scheine der belangten Behörde jedoch die Annahme, dass es sich hierbei um eine - nicht einmal "meldepflichtige" - bloß geringfügige Änderung iSd § 5a Abs. 2 Einleitungssatz ORF-G handle.

 

Das Argument, dass der Beschwerdeführer mit XXXX eine eigene Internetseite bereitstelle, die ihn von der Einhaltung des § 10 Abs. 12 ORF-G (bzw. der maßgeblichen Passagen des Angebotskonzepts) auf XXXX "freistelle", scheitere nach Auffassung der belangten Behörde auch aus ganz anderen Gründen: Während die vom Beschwerdeführer genannten Angebote der deutschen öffentlich-rechtlichen Veranstalter KiKa.de und ZDFtivi.de tatsächlich auch Videos für Kinder in Mediathek-ähnlicher Form zum Abruf bereitstellten, beschränke sich das Angebot des Beschwerdeführers auf XXXX auf eine rein text-bild-basierende Website: Diese beschreibe zwar das linear ausgestrahlte Kinder-Fernsehprogramm des Beschwerdeführers und biete sendungsergänzende Informationen; auf der ganzen Website werde jedoch kein einziges Video einer Kindersendung zum Abruf bereitgestellt, sondern finde sich dieses Angebot ausschließlich auf XXXX. Die belangte Behörde könne auch insoweit die Argumentation des Beschwerdeführers nicht nachvollziehen, zumal auch § 5 dJMStV ein eigenes Telemedien-Angebot voraussetze, in der Terminologie des ORF-G also das Angebot eines Abrufdienstes.

 

Der belangten Behörde sei angesichts des Umstandes, dass die verfahrensgegenständlichen Sendungen jedenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren freigegeben waren, weiterhin nicht ersichtlich, wie eine "24/7-Bereitstellung" auf XXXX mit den Vorgaben des Angebotskonzepts bzw. dem § 10 Abs. 12 ORF-G denkmöglich in Einklang gebracht werden könnte, so man nicht annehmen wolle, dass der Gesetzgeber für unter 12-Jährige keinerlei "Schutzzeiten" vor Augen hatte.

 

3.3. Einholung eines Sachverständigengutachtens

 

Soweit abschließend ein Verfahrensmangel dahingehend behauptet werde, dass die belangte Behörde einen Sachverständigen zur Beurteilung des entwicklungsbeeinträchtigenden Potenzials der Sendungen hätte beiziehen müssen, sei darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer selbst nur von einer Freigabe für über 12-Jährige ausgehe und er die insoweit gegebene Entwicklungsbeeinträchtigungsmöglichkeit für unter 12-Jährige auch im Rahmen der vorliegenden Beschwerde weiterhin nicht bestreite. Die belangte Behörde, die vom Gesetzgeber ausdrücklich als sektorspezifische Behörde auch in den gegenständlichen Fragen eingerichtet worden sei, habe unabhängig davon, und zwar unter Rückgriff auf die nach anerkannten wissenschaftlichen Standards erarbeiteten KJM-Kriterien, im Bescheid eine ausdifferenzierte Subsumtion des Sachverhalts unter den gesetzlichen Tatbestand vorgenommen. Hierfür könne auch kein Sachverständiger herangezogen werden, da es sich im Ergebnis um die Beurteilung einer Rechtsfrage handle.

 

4. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 abgenommen und der Gerichtsabteilung W249 neu zugewiesen.

 

5. Im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme der belangten Behörde übermittelte der Beschwerdeführer am 30.05.2017 eine Stellungnahme, in der er insbesondere ausführte:

 

5.1. Amtswegige Aufsicht

 

Angebotskonzepte würden der Konkretisierung dienen, allerdings, anders als die belangte Behörde vermeine, nicht der Konkretisierung der absoluten gesetzlichen Verbote des ORF-G, sondern "der Konkretisierung des gesetzlichen Auftrages der in öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegenen Programme und Angebote" (§ 5a Abs. 1 ORF-G). Dadurch werde dem gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis nach einer hinreichend genauen Definition des "öffentlich-rechtlichen Auftrags, um das erforderliche Ausmaß der Finanzierung zu berechnen und eine adäquate Kontrolle über die

Einhaltung des Auftrags sicherzustellen, ... Rechnung getragen"

(ErlRV 611 BIgNR 24.GP zu § 5a ORF-G). Es gehe also um eine Konkretisierung der inhaltlichen und versorgungsorientierten Aufträge, wie sie im ORF-G sonst vorgesehen seien. Dagegen spreche auch nicht, dass § 5a Abs. 1 Z 8 ORF-G festlege, dass in einem Angebotskonzept auch Angaben über die "Einhaltung der Vorgaben des Gesetzes" aufzunehmen seien, zumal die Bestimmung hier vor allem von Ausführungen zur Vereinbarkeit des Programms oder Angebots mit "§ 4" ORF-G - eben der zentralen Bestimmung über den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag - spreche.

 

Die anderen Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme würden schon insofern ins Leere gehen, als die von der Behörde bemühten verpflichtenden Angaben über "allfällige zeitliche Beschränkungen" (§ 5a Abs. 1 Z 3 ORF-G) oder zur "technischen Nutzbarkeit" (§ 5a Abs. 1 Z 4 ORF-G) im vorgelagerten Ergänzungsersuchen gar nicht angesprochen worden seien; vielmehr habe die Behörde eine Detaillierung zur Einhaltung der Vorgaben des Gesetzes gefordert. Aus diesem Grund habe der ORF die gegenständliche Angabe auch unter Punkt "2.8 Einhaltung der Vorgaben des ORF-G (insb. Vereinbarkeit mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gem. § 4 ORF-G)" und nicht etwa unter "2.3 Zeitliche Gestaltung von XXXX" oder "2.4 Technische Nutzbarkeit sowie Zugang zu XXXX" aufgenommen.

 

5.2. Zum Vorbringen der belangten Behörde, dass der ORF ja die Möglichkeit hätte, sich einem Ergänzungsersuchen zu verweigern und gegen eine Untersagungsentscheidung der belangten Behörde im Rechtsbehelfsweg vorzugehen, wurde festgehalten, dass es diesbezüglich bei der erstmaligen Erstellung der Angebotskonzepte im Jahr 2010 wie auch für das verfahrensgegenständliche Konzept bzw. die gegenständliche Formulierung aufgrund der ORF-G Novelle 2010 keine Übergangsbestimmung gegeben habe, sodass eine (im Instanzenzug bestätigte) Untersagung dazu geführt hätte, dass der ORF das gegenständliche Angebot (gänzlich und nicht bloß teilweise) einzustellen gehabt hätte, weil es über keine Abdeckung durch ein gültiges Konzept verfügt hätte. Eine derartige unverhältnismäßige Vorgehensweise komme für niemanden ernsthaft in Betracht.

 

Die Ansicht der belangten Behörde entspreche, wie in der Bescheidbeschwerde dargelegt, insofern nicht dem ORF-G, als das Gesetz nur ausnahmsweise eine amtswegige Kontrolle zulasse. Auch im gegenständlichen Fall habe der Gesetzgeber im Rahmen der Aufsicht des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G der belangten Behörde gerade nicht die Kontrolle der "Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes" aufgetragen, sondern nur die Einhaltung des Rahmens, ob Angebote "dem durch die §§ 4b bis 4f und die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen" dem ORF-G entsprächen. Die Bestimmung des § 10 ORF-G werde nicht genannt. Die Ansicht der belangten Behörde hätte sogar zur Folge, dass der ORF zu sämtlichen Pflichten des ORF-G immer auch sämtliche denkbaren Maßnahmen zur Einhaltung anführen müsste, wollte er sich nicht Umsetzungsspielräumen begeben.

 

5.3. Jugendschutz nach § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G

 

Zu den internationalen Rahmenbedingungen wurde auf die Bescheidbeschwerde verwiesen. Hiergegen habe die belangte Behörde keinerlei Vorbringen erstattet. Die Ausführungen der belangten Behörde nur zur XXXX-App der ARD - auf der ebenfalls XXXX- Ausgaben idR rund um die Uhr abrufbar seien - entsprächen im Übrigen nicht den Tatsachen, zumal ein "offizieller Account" für Gratis-Angebote keine Kontoinformationen voraussetze, die auf Volljährige beschränkt wären bzw. von Minderjährigen nicht angegeben werden könnten. Dass das Angebot XXXX einen eigenen Bereich für die Kategorie "Kindersendungen" aufweise bzw. die Seite XXXX keine "Kindersendung" enthalte, missverstehe den Sinn der Trennung von Online-Angeboten für Kinder von sonstigen Angeboten. Durch die Trennung entstehe ein Online-Angebot für Kinder und damit eine Möglichkeit für Erziehungsberechtigte, bestimmte Online-Angebote für ihre Kinder als bedenkenlos "freizugeben" - und zwar unabhängig davon, ob die ARD-Mediathek und die XXXX - wie in beiden Fällen tatsächlich der Fall - ebenfalls Kindersendungen enthielten. Minderjährigen solle damit ein bestimmter, geschützter Bereich bereitgestellt werden, auf dem bedenkenlos "gesurft" werden könne, was im konkreten Fall gewährleistet sei. Nicht spezifisch geschützte Bereiche könnten dann im Hinblick auf bestimmte Inhalte eben nur unter Aufsicht des Erziehungsberechtigten genutzt werden. (Falsch sei u.E. die Behauptung der belangten Behörde, die deutsche Rechtslage setze als geschützten Bereich ein Angebot voraus, das als Abrufdienst ausgestaltet wäre; § 5 dJMStV setze lediglich ein Telemedien-Angebot - und keinen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf - voraus, siehe § 1 Abs. 6 und § 2 Z 1 und 6 dTMG).

 

6. Die belangte Behörde erstatte dazu im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme.

 

7. Am 08.01. und 22.01.2017 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an der der Beschwerdeführer und die belangte Behörde teilnahmen. Dabei wurde insbesondere auf die Niederschrift der Verhandlung zu den Verwaltungsstrafverfahren W271 2141209-1 und W271 2141209-2 verwiesen, die ebenfalls die auch im vorliegenden Fall behandelten Sendungen zum Verfahrensgegenstand hatten.

 

In der Verhandlung zu den Verwaltungsstrafverfahren bestritten die Beschwerdeführer insbesondere das von der belangten Behörde angenommene "Entwicklungsbeeinträchtigungspotential" der inkriminierten Sendungen. Minderjährige würden die kausale Abfolge in diesen Sendungen nicht wie Erwachsene erkennen können, da Kinder mit den filmographischen Abläufen nicht so vertraut seien. Für die Beurteilung, ob die inkriminierten Sendungen ein Entwicklungsbeeinträchtigungspotential aufwiesen, sei daher ein Sachverständiger beizuziehen. Die Beschwerdeführer verwiesen weiters auf die deutsche Rechtslage, wonach Filme mit einer "FSK 12-Freigabe" - wie auch die gegenständlichen Sendungen - ohne zeitliche Einschränkung zur Verfügung gestellt werden dürften und es auch eine entsprechende "App" gebe. Die Beschwerdeführer brachten zudem vor, in Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF bereits im Zuge des Feststellungsverfahrens eine zeitliche Einschränkung für möglicherweise problematische Sendungen vorgesehen zu haben. Die belangte Behörde verwies insbesondere darauf, dass auch bei Filmen, die eine FSK-12-Einstufung aufwiesen, 0- bis 12-jährige Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden könnten und zeitliche Einschränkungen bei der Zurverfügungstellung bzw. andere Maßnahmen im Hinblick auf den Jugendschutz berücksichtigt werden müssten. Weiters machte die belangte Behörde ihre Funktion als sektorspezifische Einrichtung geltend, womit auch die Zuständigkeit der Beurteilung möglicher Verletzungen des Jugendschutzes verbunden sei.

 

In der Verhandlung zum verfahrensgegenständlichen Fall wies das Bundesverwaltungsgericht den Beweisantrag des Beschwerdeführers zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung des möglichen Entwicklungsbeeinträchtigungspotentials ab (s. II.3.4.4.).

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Sendung XXXX, ausgestrahlt am 14.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf XXXX, auf XXXX von 14.06.2015 bis 21.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Zu Beginn der Sendung sieht man eine durchschossene Leiche im Rollstuhl.

 

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Daraufhin verschwindet der Freund des Mordopfers spurlos. Die Bremer Kommissare ermitteln mitten in einem Interessenkonflikt zwischen Umweltschützern und Unternehmern.

 

Im Laufe der Sendung sieht man, wie drei miteinander in Streit geratene Personen eine Schlägerei untereinander austragen. Es handelt sich dabei um einen Windradbesitzer, einen Umweltaktivisten und einen Polizisten.

 

Der Windradbesitzer kommt dahinter, dass die Umweltaktivisten verschiedene Beweise nur gefälscht haben. In der Folge schleicht sich der Umweltaktivist Kilian von hinten an den Windradbesitzer heran, zieht diesem einen Plastiksack über dem Kopf und erstickt ihn damit (Szene, in der man den Todeskampf zwischen Mörder und Opfer mitverfolgt und schließlich die Leiche im Wasser liegen sieht).

 

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Am Ende bedroht Kilian die Unternehmer mit einer Waffe und der Zündung eines Sprengsatzes. Als ihn einer der Unternehmer zu beruhigen versucht, greift Kilian zur Waffe und erschießt ihn.

 

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Als die Polizei und das Sondereinsatzkommando eintreffen, kidnappt der bewaffnete Kilian seine Freundin und geht an den ebenfalls bewaffneten Polizisten vorbei in einen Lift. Kurz darauf hört man einen Schuss: Kilian hat sich selbst erschossen. Man sieht die verstörte Freundin im blutverschmierten Lift neben der Leiche Kilians.

 

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Die Sendung wurde am 14.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf XXXX ausgestrahlt und auf XXXX von 14.06.2015 bis 21.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.2. Sendung XXXX, ausgestrahlt am 21.06.2015 von ca. 01:00 Uhr bis ca. 02:31 Uhr auf XXXX, auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2016 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Der ehemalige Psychotherapeut XXXX leidet seit dem Unfalltod seiner beiden Kinder an Zwangsneurosen. Der Aufenthalt in einer Heilanstalt bleibt ohne Erfolg. Unter Aufsicht seiner Schwägerin Leonie, die die Teilmundschaft für ihn übernimmt, verlässt Sand das Therapiezentrum wieder. Zur selben Zeit flüchtet von dort der "Teddymörder" Robert Haas. Die Polizei bittet XXXX bei dessen Ergreifung um Hilfe, da er das Krankheitsbild des Mannes genau kennt.

 

Im Verlauf der Sendung bringt der "Teddymörder" mehrere Frauen immer auf dieselbe Art und Weise um: Er geißelt sie, bindet sie an einen Stuhl fest und verklebt ihnen den Mund. Anschließend geht er mehrmals mit einem Messer über ihre Kehle und lässt sie zittern, um ihnen zuletzt die Kehle durchzuschneiden. Als Erkennungszeichen legt der Mörder jeweils einen Teddybären auf den Schoß der ermordeten Frauen. Die Getöteten werden blutüberströmt gezeigt. In einem Fall findet der Mord in einem Kinderzimmer statt.

 

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In einem anderen Fall sieht man das Opfer lebend auf einem Kinderspielplatz auf ein Spielgerät (Federwippe) gebunden, der Teddymörder schaukelt die Frau und zückt ein Messer. Am nächsten Tag wird sie dort ermordet, in vornübergebeugter Stellung mit dem Stofftier am Schoß, aufgefunden.

 

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Die Sendung wurde am 21.06.2015 von ca. 01:00 Uhr bis ca. 02:31 Uhr auf XXXX ausgestrahlt und auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2016 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.3. Sendung XXXX, ausgestrahlt am 21.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:43 Uhr auf XXXX, auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Ein Staatssekretär des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums, Dr. Dillinger, wird von einem Profikiller auf einem Parkplatz bei einem Waldstück ermordet (Szene, in der das Erschießen gezeigt wird).

 

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Als der Laufpartner, mit dem der Staatssekretär verabredet war, Herr Heinerle (ein ehemaliger Ministerpräsident), und dessen Bodyguard, Herr Breuer, eintreffen, folgt ein Schusswechsel zwischen Letzterem und dem Profikiller. Dieser ehemalige Ministerpräsident, Herr Heinerle, soll vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags zu dem skandalumwitterten Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" aussagen. Später in der Sendung übergibt eine Frau mit Perücke die vereinbarte Geldsumme an den Profikiller. Dieser bedroht sie mit seiner Waffe und will wissen, für wen sie arbeitet.

 

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Kurze Zeit später fällt der Profikiller aufgrund seiner Schussverletzungen ohnmächtig zu Boden. Am Ende stellt sich heraus, dass die Frau, die den Profikiller bezahlen hätte sollen, die Geliebte von Herrn von Mayer - dem Architekten des Bauprojekts "Stuttgart 21" - ist, die ihm bei der Ermordung von Dr. Dillinger behilflich war. Als der Kommissar hinter alles kommt, stürzt sich Herr von Mayer über das Geländer vom Haus. Man sieht ihn in einer rund 30 Sekunden dauernden Szene am Boden liegen, röcheln, eine Blutlache breitet sich um seinen Kopf aus; schließlich stirbt er.

 

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Die Sendung wurde am 21.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:43 Uhr auf XXXX ausgestrahlt und auf XXXX von 21.06.2015 bis 28.06.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.4. Sendung XXXX, ausgestrahlt am 28.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf XXXX, auf XXXX von 28.06.2015 bis 05.07.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt

 

Zu Beginn sieht man einen Mann, der - mit einer Wunde im Gesicht - in einem chinesischen Restaurant mit einer Eisenstange die Scheibe zerschlägt. Bild kann nicht dargestellt werden

 

In der Folge werden in einem Container des österreichischen Hühnerfleisch-Exporteurs (Herr Müller) neben ein paar Tonnen tiefgefrorenem Hühnerfleisch drei nackte Leichen gefunden, die infolge einer Promethanvergiftung erstickt sind.

 

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Später in der Sendung wird eine abgetrennte Hand gefunden. Nachdem die zugehörige Person, Tsao Khang, ausfindig gemacht wurde, gehen die beiden Kommissare in dessen Wohnung, wo das Badezimmer blutverschmiert ist.

 

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Die Kommissare begeben sich auf die Suche nach den Leichenteilen und werden in der Umgebung fündig. Nach langer Suche finden sie auch den abgetrennten Kopf des Mordopfers in einer Mülltonne.

 

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Nachdem einer der Kommissare entdeckt, dass das Hühnerfleisch des Exporteurs mit Vogelgrippe verseucht ist, suchen sie das Lagerhaus auf. Dort finden sie den Chef des Exportunternehmens, Herrn Müller, der in eine Kühlhalle gesperrt wurde, erfroren vor. Zuletzt stellt sich heraus, dass Ghu Bao, die Leiterin des Chinarestaurants, sowohl Tsao Khang umbringen hat lassen, als auch Herrn Müller vom Geflügelexport und ihren Exmann, den Sektionschef Oskar Weld. Dieser wird vom Kommissar im Chinarestaurant aufgefunden. Oskar Weld wurde erstochen; ihm steckt ein Messer in der blutüberströmten Brust. Er wird kurz als lebendig dargestellt und stirbt sodann röchelnd.

 

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Nach ihrem Geständnis, während Ghu Bao abgeführt wird, entwischt sie den Polizisten und stürzt sich über das Geländer. Man sieht die Leiche in einer sich um ihren Kopf ausbreitenden Blutlache liegen.

 

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Die Sendung wurde am 28.06.2015 von ca. 20:15 Uhr bis ca. 21:42 Uhr auf XXXX ausgestrahlt und auf XXXX von 28.06.2015 bis 05.07.2015 ohne zeitliche Einschränkung bereitgestellt.

 

1.5. Angebotskonzept für XXXX

 

1.5.1. Das gemäß § 5a ORF-G vom Beschwerdeführer erstellte Angebotskonzept für das Online-Angebot XXXX wurde ursprünglich am 28.01.2011 erstellt und am 14.03.2011 ergänzt. Die belangte Behörde hat nach Prüfung iSd § 5a Abs. 2 ORF-G von einer Untersagung Abstand genommen. Hinsichtlich der zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Rechtsverletzungen in Geltung stehenden Fassung wurde das Angebotskonzept zuletzt am 19.09.2012 im Zuge eines Verfahrens zur Auftragsvorprüfung iSd § 6 ff ORF-G geändert. Mit Bescheid vom 12.07.2013, XXXX, wurde das Verfahren abgeschlossen und das geänderte Angebotskonzept in der Folge veröffentlicht.

 

1.5.2. Unter Punkt 2.8 "Einhaltung der Vorgaben des ORF-G (insb. Vereinbarkeit mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag gem. § 4 ORF-G)" lautet das Angebotskonzept auszugsweise wie folgt:

 

"[...] Das derzeitige und aus heutiger Sicht im Rahmen der inhaltlichen Erweiterungen geplante zukünftige Angebot der XXXX umfasst keine Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (§ 10 Abs 12 und 13 ORF-G). Sollte die Bereitstellung einzelner solcher Sendungen geplant werden, wird durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werden, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden. Dabei erfolgt im Rahmen der Übernahme der ausgestrahlten Sendung aus dem Fernsehen auch automatisch die Übernahme deren Kennzeichnung als nicht für Kinder oder als nur für Erwachsene geeignet in das angebotene Videofile.

[...]"

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen zu den Sendungen und zur Bereitstellung derselben in der XXXX unter II.1.1. bis II.1.4. gründen sich auf die im Akt befindlichen Aufzeichnungen und Beschreibungen der Sendungen durch die belangte Behörde sowie durch Einsicht in das Videomaterial durch das Bundesverwaltungsgericht.

 

2.2. Die Feststellungen unter II.1.5. ergeben sich aus dem Verwaltungsakt (II.1.5.1. und II.1.5.2.) sowie aus den durch die belangte Behörde dazu im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen (II.1.5.1.); diese wurden in der Beschwerde nicht bestritten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 36 KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 84/2013 somit Senatszuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

3.2. § 27 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, normiert den Prüfungsumfang:

"Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

 

Zur Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen legt § 50 VwGVG ("Erkenntnisse"), BGBl. I Nr. 33/2013, fest: "Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden."

 

Zu A)

 

3.3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des ORF-G, BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 115/2017, lauten wie folgt:

 

"Angebotskonzept

 

§ 5a. (1) Angebotskonzepte dienen, soweit in diesem Gesetz vorgesehen, der Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags der im öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegenen Programme und Angebote. Sie haben insbesondere Angaben zu folgenden Punkten zu enthalten:

 

1. Inhaltskategorien;

 

2. Zielgruppe;

 

3. zeitliche Gestaltung des Programms oder Angebots inklusive allfälliger zeitlicher Beschränkungen;

 

4. technische Nutzbarkeit des oder Zugang zum Angebot;

 

5. allfällige besondere Qualitätskriterien;

 

6. allfällige komplementäre oder ausschließende Beziehungen zu anderen Programmen oder Angeboten des Österreichischen Rundfunks;

 

7. Themen, Formate, Programmschienen oder sonstige Angaben dazu, was hauptsächlich, nur nebenrangig oder überhaupt nicht Gegenstand des Programms oder Angebots sein soll;

 

8. Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes, insbesondere Ausführungen zur Vereinbarkeit des Programms oder Angebots mit § 4.

 

(2) Angebotskonzepte sind nach ihrer erstmaligen Erstellung sowie nach jeder nicht bloß geringfügigen Änderung der Regulierungsbehörde zu übermitteln. Die Regulierungsbehörde hat binnen acht Wochen nach Übermittlung die Verbesserung des Angebotskonzeptes aufzutragen, wenn das Angebotskonzept unvollständig ist. Die Regulierungsbehörde hat binnen acht Wochen nach Übermittlung des vollständigen Angebotskonzepts die Durchführung des Angebotskonzeptes zu untersagen, wenn die Veranstaltung oder Bereitstellung des betreffenden Programms oder Angebots gegen die Vorgaben dieses Gesetzes verstoßen würde oder eine Auftragsvorprüfung gemäß §§ 6 bis 6b durchzuführen wäre. Hat die Regulierungsbehörde innerhalb der genannten Frist die Durchführung des Angebotskonzepts nicht untersagt, hat der Österreichische Rundfunk das Angebotskonzept auf seiner Website leicht auffindbar, unmittelbar und für die Dauer seiner Gültigkeit ständig zugänglich zu machen. Das Programm oder Angebot darf beginnend mit der Veröffentlichung des Angebotskonzepts veranstaltet oder bereitgestellt werden.

 

(3) Abs. 2 gilt nicht für Angebotskonzepte, die im Rahmen einer Auftragsvorprüfung erstellt werden (§ 6a Abs. 1). Er findet auf im Rahmen einer Auftragsvorprüfung erstellte und genehmigte Angebotskonzepte nur bei neuerlichen, nicht bloß geringfügigen Änderungen Anwendung, sofern nicht wiederum eine Angebotsvorprüfung durchzuführen ist.

 

(4) Der Österreichische Rundfunk hat sich bei der konkreten Ausgestaltung seiner Programme und Angebote vom jeweiligen Angebotskonzept leiten zu lassen und die dadurch gezogenen Grenzen einzuhalten."

 

"Programmgrundsätze

 

Inhaltliche Grundsätze

 

§ 10. [...] (11) Das Inhaltsangebot des Österreichischen Rundfunks darf keine Inhalte umfassen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen ernsthaft beeinträchtigen können, insbesondere solche, die Pornografie oder grundlose Gewalttätigkeiten zeigen.

 

(12) Bei Hörfunk- und Fernsehsendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können, ist durch die Wahl der Sendezeit oder sonstige Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht gesehen oder gehört werden.

 

(13) Die unverschlüsselte Ausstrahlung von Sendungen gemäß Abs. 12 ist durch akustische Zeichen anzukündigen oder durch optische Mittel während der gesamten Sendung kenntlich zu machen. Die Bundesregierung kann durch Verordnung die nähere Ausgestaltung optischer oder akustischer Kennzeichnungen festlegen.

 

[...]"

 

"Anforderungen an Teletext und Online-Angebote

 

§ 18. (1) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag finden die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneingeschränkt Anwendung.

 

[...]"

 

"Regulierungsbehörde

 

§ 35. (1) Die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk beschränkt sich auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt der Regulierungsbehörde. Ferner entscheidet die Regulierungsbehörde über Einsprüche gemäß § 33 Abs. 6.

 

(2) Der Regulierungsbehörde obliegt auch die Rechtsaufsicht über die Tätigkeit der Tochtergesellschaften des Österreichischen Rundfunks im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

(3) Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, soweit nicht Abweichendes bestimmt wird, die KommAustria."

 

"Rechtsaufsicht

 

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

 

1. auf Grund von Beschwerden [...]

 

2. auf Antrag [...]

 

3. von Amts wegen

 

a. soweit der begründete Verdacht besteht, dass gemäß § 3 Abs. 5 Z 2 bereitgestellte Angebote oder gemäß § 3 Abs. 8 veranstaltete Programme nicht dem durch die §§ 4b bis 4f und die Angebotskonzepte (§ 5a), einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilter Auflagen, gezogenen Rahmen entsprechen;

 

[...]"

 

"Entscheidung

 

§ 37. (1) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist.

 

[...]

 

(4) Die Regulierungsbehörde kann auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Österreichischen Rundfunk oder einer Tochtergesellschaft auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm oder in welchem Online-Angebot diese Veröffentlichung zu erfolgen hat."

 

3.4. Zu den einzelnen Beschwerdegründen

 

3.4.1. Amtswegige Aufsicht

 

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht zur amtwegigen Aufsicht ermächtigt sei (s. I.2.1.), ist zunächst auf den Gesetzestext zu verweisen, der

vorsieht, dass "Angebotskonzepte ... der Konkretisierung des

gesetzlichen Auftrags der im öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegenen Programme und Angebote" dienen (§ 5a ORF-G).

 

Gemäß den Erläuterungen zu § 5a ORF-G ist "Zweck des Angebotskonzepts, der Regulierungsbehörde einen umfassenden Überblick über alle wesentlichen Aspekte des Programms oder Angebots zu geben, um erstens beurteilen zu können, ob es sich dabei um ein neues Angebot im Sinne von § 6 handelt, welches einer Auftragsvorprüfung zu unterziehen wäre, und zweitens auf dieser Grundlage die Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags für das konkrete Programm oder Angebot überprüfen zu können (vgl. § 36). Die Angebotskonzepte müssen dementsprechend hinreichend bestimmt sein und der Regulierungsbehörde eine klare Vorstellung geben, welche inhaltlichen Angebote vom Angebotskonzept ins Auge gefasst sind und welche keinesfalls darunter fallen."

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt, dass der "gesetzliche Auftrag" vorliegend auch die Verpflichtung beinhaltet, die Bestimmungen über den Jugendschutz in § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G einzuhalten. Gemäß § 18 Abs. 1 ORF-G finden die Regelungen dieses Bundesgesetzes auf die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag uneingeschränkt Anwendung.

 

Weiters wurde im vom Beschwerdeführer vorgelegten Angebotskonzept für die XXXX vom 19.09.2012 ausgeführt, dass das Angebot keine Sendungen umfasse, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (§ 10 Abs. 12 und 13 ORF-G) bzw. bei der Planung der Bereitstellung solcher Sendungen durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werde, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden (s. II.1.5.).

 

Bei den im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Sendungen ist selbst bei laienhafter Betrachtung nicht von vornherein auszuschließen, dass die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen

 

besteht (s. insbes. die in den Feststellungen unter II.1. geschilderten Szenen der Sendungen) und waren diese Sendungen durchgängig auch für Minderjährige abrufbar (s. II.3.4.3.). Die belangte Behörde, die nach § 36 Abs. 1 Z 3 lit. a ORF-G von Amts wegen zur Rechtsaufsicht berufen ist, soweit der begründete Verdacht besteht, dass bereitgestellte Angebote nicht dem Angebotskonzept (§ 5a ORF-G) entsprechen, hat daher ihre Rechtsaufsicht aufgrund eines "begründeten Verdachts" zu Recht wahrgenommen. Ob es Beschwerden oder Anträge iSd § 36 ORF-G gegeben hatte, ist vor diesem Hintergrund rechtlich irrelevant.

 

Der Einwand des Beschwerdeführers zu Ergänzungsersuchen der belangten Behörde (s. I.2.1.) läuft im vorliegenden Fall insofern ins Leere, als die belangte Behörde zu Recht eine Konkretisierung des gesetzlichen Auftrags (der auch die Bestimmungen über den Jugendschutz in § 10 ORF-G umfasst) vom Beschwerdeführer gefordert hatte, da § 10 Abs. 12 ORF-G neben der "Wahl der Sendezeit" nur allgemein von "sonstigen Maßnahmen" spricht und eine Konkretisierung solcher unter den Wortlaut von § 5a Abs. 1 ORF-G fällt.

 

3.4.2. Jugendschutz nach § 10 Abs. 12 und 13 ORF-G

 

Während die belangte Behörde davon ausging, dass die verfahrensgegenständlichen Sendungen geeignet seien, die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen im Sinne des § 10 Abs. 12 ORF-G zu beeinträchtigen (s. I.1.2. und I.3.2.), machte der Beschwerdeführer geltend, dass Sendungen, die einem "X" oder "0" als nicht für Kinder oder als nur für Erwachsene gekennzeichnet seien, nicht in die XXXX übernommen würden (s. I.2.3.) bzw. eine "sonstige technische Maßnahme" iSd § 10 Abs. 2 ORF gesetzt worden sei (s. dazu rechtlich unter II.3.4.3.).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hält dazu fest, dass das ORF-G zwar keine Definition des Begriffes "Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen" enthält, in § 10 Abs. 11 aber davon ausgeht, dass eine ernsthafte Entwicklungsbeeinträchtigungsmöglichkeit insbesondere Inhalte von Pornografie oder grundlosen Gewalttätigkeiten darstellen. Eine vergleichbare Bestimmung enthält § 42 Abs. 1 AMD-G, wonach ein ernsthaftes Entwicklungsbeeinträchtigungspotenzial ebenfalls beim Zeigen von Pornografie oder "grundlosen Gewalttätigkeiten" angenommen wird.

 

§ 10 Abs. 12 ORF-G setzt bereits bei der Möglichkeit der Entwicklungsbeeinträchtigung Minderjähriger an, die in ihrer Gesamtheit in seinen Schutzbereich fallen. Bei den verfahrensgegenständlichen Sendungen wird Gewalt bzw. deren Auswirkungen in verschiedensten Formen gezeigt - exemplarisch herausgegriffen (s. Feststellungen unter II.1.) ein Erschossener im Rollstuhl, das Ersticken mittels Plastiksack (XXXX), blutüberströmte Getötete des "Teddybärmörders" (XXXX), das Erschießen auf einem Parkplatz (XXXX) sowie Leichen, Leichenteile und einen mit einem Messer Ermordeten (XXXX). Dass dies unter "grundlose Gewalttätigkeiten" zu subsumieren ist, ist für das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich. Auch wenn teilweise nicht die Gewalttat selbst, sondern gleichsam deren "Auswirkungen" (zB blutüberströmtes Badezimmer) gezeigt werden, liegt der Rückschluss auf die Gewalttat, die dem vorangegangen sein muss, klar auf der Hand, sodass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch diese Inhalte unter "Gewalttätigkeiten" fallen.

 

Dass solche Bilder geeignet sind, "die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen [zu] können", wenn Kinder ab 0 Jahren dies sehen, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung offensichtlich. Hierzu wird angemerkt, dass auch der Beschwerdeführer eine Entwicklungsbeeinträchtigungsmöglichkeit für unter 12-Jährige nicht bestreitet (s. I.3.3.).

 

Eine Argumentation, dass Kinder eines gewissen Alters zwischen den gezeigten Auswirkungen einer Gewalttat und der vorangegangen (nicht gezeigten) Gewalttat keinen Zusammenhang herstellen könnten und nur das Zeigen der Gewalttat (zB blutüberströmte Getötete) nicht ohne weiteres Auswirkungen auf die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen haben müsse, hält das Bundesverwaltungsgericht für verfehlt. Auch die Darstellung eines mit Blut überzogenen Badezimmers oder von Leichenteilen entspricht für das Bundesverwaltungsgericht nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 12 ORF-G, dessen Anforderung nicht die zwingende Beeinträchtigung, sondern die Möglichkeit der Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung von Minderjährigen ist.

 

3.4.3. Zeitliche Einschränkung

 

Im vom Beschwerdeführer vorgelegten Angebotskonzept für die XXXX vom 19.09.2012 wurde ausgeführt, dass das Angebot keine Sendungen umfasse, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (§ 10 Abs. 12 und 13 ORF-G) bzw. bei der Planung der Bereitstellung solcher Sendungen durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet werde, dass diese nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden (s. II.1.5.). Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, dass die verfahrensgegenständlichen Sendungen unter XXXX ohne jede zeitliche Einschränkung im angegebenen Zeitraum abrufbar waren. Bereits aus diesem Grund liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ein Verstoß gegen das Angebotskonzept vor, da der Beschwerdeführer entgegen dem Angebotskonzept nicht durch eine entsprechende Programmierung gewährleistet hat, dass Sendungen, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (s. II.3.4.2.), nur zu Zeiten abgerufen werden können, zu denen diese Sendungen von Minderjährigen üblicherweise nicht abgerufen werden.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kann daher auch der Argumentation des Beschwerdeführers nicht Folge geben, wenn dieser vorbringt, dass zwar keine zeitliche Maßnahme gesetzt worden sei, jedoch eine "sonstige Maßnahme", die aufgrund der Geringfügigkeit der Änderung des Angebotskonzepts iSd § 5 Abs. 2 ORF-G der Behörde nicht zu übermitteln (gewesen) sei, nämlich die Trennung von Online-Angeboten für Kinder von sonstigen Angeboten iSd Art. 27 Abs. 2 AVMD-RL bzw. § 10 Abs. 12 ORF-G durch XXXX bzw. durch die Kategorie "Kindersendungen" in der XXXX (s. I.2.2., I.2.3. und I.5.3.).

 

Im Übrigen wäre auch durch die vom Beschwerdeführer angeführte "sonstige Maßnahme" keine Trennung von Online-Angeboten für Kinder von sonstigen Angeboten erfolgt: Das Bundesverwaltungsgericht hat sich durch eigene Nachschau auf der betreffenden Website davon überzeugt, dass, wie die belangte Behörde bereits ausgeführt hat, die Website XXXX rein text-bild-basierend ist, dh die Website das ausgestrahlte Kinder-Fernsehprogramm des Beschwerdeführers beschreibt, Videos werden auf der Website jedoch nicht zum Abruf zur Verfügung gestellt, sondern sind diese über den Link "XXXX" verfügbar, der direkt auf die Website XXXX unter dem Karteireiter "Kinder" führt. Weiters hat das Bundesverwaltungsgericht durch eigene Nachschau auf der Website XXXXfestgestellt, dass es neben den Karteireitern "Information", "Magazin", "Doku", "Kultur", "Sport", "Show", "Serie" und "Film" auch einen Karteireiter "Kinder" gibt, wobei man von dem Angebot auf "Kinder" ohne Beschränkungen (wie zB Login oä) auf die Inhalte der anderen Karteireiter zugreifen kann. Auch wenn man von der Website XXXX zu den Inhalten der XXXX unter dem Karteireiter "Kinder" geleitet wird, ist ein Abrufen aller anderen Inhalte, die nicht unter dem Karteireiter "Kinder" bereitgestellt werden, ohne Schranken möglich. Lediglich ein eigener Karteireiter "Kinder" auf XXXX, von dem problemlos auf andere Karteireiter zugegriffen werden kann, die die verfahrensgegenständlichen Sendungen zeigen, könnte nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht als effektive Trennung von Online-Angeboten für Kinder von sonstigen Angeboten gewertet werden.

 

Der Anregung des Beschwerdeführers auf ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH war daher nicht Folge zu leisten.

 

Weiters geht die Argumentation des Beschwerdeführers, ob bzw. dass die verfahrensgegenständlichen XXXX-Sendungen eine Altersfreigabe ab 12 Jahren gehabt hätten (s. I.2.3.), ins Leere: Selbst wenn diese für Minderjährige ab 12 Jahren geeignet wären, umfasst der Schutzbereich des § 10 Abs. 12 ORF-G unzweifelhaft auch die Minderjährigen von 0 bis 12 Jahren. Dass keine Sendungen in die XXXX aufgenommen würden, die mit einem "X" oder "0" am Bildschirmrand gekennzeichnet und damit nicht für Kinder bzw. nur für Erwachsene geeignet seien, ist damit vorliegend rechtlich nicht relevant (s. auch II.3.4.2.), ebenso wenig wie der Hinweis auf die Mitverantwortung der Erziehungsberechtigten, die auch keine "sonstige Maßnahme" darstellen würde.

 

3.4.4. Einholung eines Sachverständigengutachtens

 

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die belangte Behörde ohne einen Sachverständigen zB aus dem Bereich Psychologie oder Pädagogik nicht über die nötigen Kenntnissen zur Beurteilung, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Sendungen um solche mit entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten handle, verfüge, hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Beiziehung eines Sachverständigen gemäß § 39 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 AVG nur dann erforderlich ist, wenn dies notwendig ist. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen einer Behörde (bzw. vorliegend des Bundesverwaltungsgerichts) nicht ausreichen, einen Sachverhalt festzustellen und zu beurteilen; dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es zur Feststellung eines Sachverhalts besonderer Fachkunde bedarf (vgl. VwGH 24.09.2008, 2006/15/0359).

 

Im vorliegenden Fall geht es um die Beurteilung der Frage, ob die gegenständlichen Sendungen die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können (§ 10 Abs. 12 ORF-G), d.h. es geht um die Beurteilung der bloßen Beeinträchtigungsmöglichkeit in Abgrenzung zur Beurteilung einer tatsächlichen Beeinträchtigung. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann hierbei auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückgegriffen werden, dass die in den gegenständlichen Sendungen dargestellten Gewalttätigkeiten ein entsprechendes Beeinträchtigungspotenzial für die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen aufweisen (s. auch unter II.3.4.2.). Die Systematik ist hier vergleichbar mit jener des § 74 Abs. 2 GewO 1994, wo die Prüfung der Frage, ob eine Betriebsanlagenänderung geeignet ist, die im Gesetz näher umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, in der Regel keine sachverständige Prüfung erfordert, sondern ein Rückgriff auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zulässig ist (vgl. VwGH 18.03.2015, Ro 2015/04/0002).

 

Der auf die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich der "Psychologie oder Pädagogik" gerichtete Antrag des Beschwerdeführers wurde daher in der Verhandlung vom 22.01.2018 abgewiesen.

 

3.5. Aus den dargestellten Gründen war die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Dies mit der Maßgabe, dass der Bereitstellungszeitraum der Sendung XXXX in Spruchpunkt 1.4. des angefochtenen Bescheids von "28.06.2015 bis 05.07.2016" auf "28.06.2015 bis 05.07.2015" geändert wird; dieses Bereitstellungsdatum ergibt sich auch aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage - wie im vorliegenden Fall gegeben - eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und zuletzt VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).

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