AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W155.1436064.1.00
Spruch:
W155 1436064-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Silvia KRASA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX Zl. XXXXBAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.04.2014 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. wird gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
II. Betreffend Spruchpunkt III. wird das Verfahren gem. § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.8.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der Erstbefragung am 28.8.2012 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer u.a. an, in Kabul geboren worden und mit seiner Familie (Eltern, 1 Schwester und 3 Brüder) im Alter von 9 Jahren nach Herat, XXXX übersiedelt zu sein und bis zu seiner Ausreise dort gelebt zu haben. Er habe die Grundschule besucht und zuletzt als Verkäufer im familieneigenen Süßwarengeschäft gearbeitet. Sein Heimatland habe er am 15.11.2011 legal per Flugzeug in den Iran verlassen und sei von dort schlepperunterstützt über die Türkei und Griechenland nach Österreich gelangt.
Als Grund für das Verlassen des Heimatlandes und die Befürchtungen bei einer Rückkehr nannte der Beschwerdeführer Folgendes:
"Mein Bruder war Offizier bei der Polizei, seine Soldaten und er wurden von den Taliban angegriffen und ein Soldat wurde getötet. Für den Tod des Soldaten wurde mein Bruder von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Ich war oft mit meinem Bruder zusammen und deswegen wurde ich von seinen Feinden erkannt und bedroht. Ich kann nicht mehr zurück, da ich getötet werden würde."
3. Am 31.08.2012 ließ das Bundesasylamt durch Übergabe einer Aufenthaltsberechtigungskarte das Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich zu.
4. Am 22.04.2013 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.
Der Beschwerdeführer führte aus, dass er seit seinem 14. Lebensjahr gearbeitet und Geld zusammengespart habe, zunächst als Lehrling bei einer Baufirma, später in einem Lebensmittelgeschäft, das er 2004 mit seinem Bruder eröffnet habe. Sein Vater wäre Direktor in einem Kabuler Krankenhaus gewesen, jetzt sei er pensioniert und helfe in einer Apotheke aus. Seine Angehörigen lebten nach wie vor in Herat. Seine Probleme hätten ca. 2007/2008 begonnen. Sein Bruder XXXX hätte beim Militär in einer Führungsposition gearbeitet. Nachdem einer seiner Soldaten ums Leben gekommen sei, sei sein Bruder für den Tod des Soldaten verantwortlich gemacht und über ihn eine Gefängnisstrafe verhängt worden. Die Familie des Verstorbenen, eine Großfamilie namens Haftbala und im Schlepperwesen tätig, hätte sich für den Tod rächen wollen und habe den Beschwerdeführer mehrmals angerufen und beobachtet. Einmal wäre er sogar von einem Auto beim Radfahren angefahren und an der Hand verletzt worden. Diese Familie hätte ihn als Bruder des Mörders ihres Sohnes erkannt, weil er oft mit seinem Bruder unterwegs gewesen sei. Die Schlepper wären an ihrer Kleidung erkennbar gewesen. Er habe in der Folge Herat verlassen und sei 8 Monate in Kabul geblieben. Nach seiner Rückkehr nach Herat habe er sich versteckt und selten gearbeitet und sich 2011 entschlossen, das Land zu verlassen. Persönlich wären diese Leute nicht an ihn herangetreten. Wie und warum der Soldat ums Leben gekommen sei, wisse er nicht. Auf Vorhalt der belangten Behörde zur Aussage in der Ersteinvernahme, der Soldat wäre bei einem Talibanangriff ums Leben gekommen, gab der Beschwerdeführer an, dass es so gewesen sein könnte, weil in dem Gebiet viele Taliban wären und er überdies etwas nervös sei. Auf Vorhalt der verschieden Zeitangaben hinsichtlich seines Schulbesuches und der Verkaufstätigkeit, antwortet er, dass das Geschäft 2006 oder 2007 eröffnet worden und er dort seit 2008 tätig gewesen sei.
Der Beschwerdeführer gab auch an, dass er seinen Bruder nach der Verurteilung freikaufen habe wollen und Richter und Anwälte bestochen habe. Er habe Geld gesammelt, aber lediglich erreicht, dass sein Bruder nur zu 3 1/2 Jahren verurteil worden und 2011 - noch vor seiner Ausreise - wieder freigekommen sei.
Aufgrund seines Problems befürchte er, getötet zu werden. Es gäbe viele Anschläge.
4. Mit Bescheid vom 27.05.2013, Zl. 1211.472- BAG, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Absatz 1 und iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asyl hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 10 Absatz 1 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und den entscheidungsrelevanten Auszügen aus den Protokollen der Erstbefragung und der Einvernahme des Beschwerdeführers, stellte das Bundesasylamt die afghanische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, nicht jedoch dessen Identität fest. Dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer maßgeblichen Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Ansicht ausgesetzt gewesen sei, habe nicht festgestellt werden können. Es sei nicht glaubhaft, dass er von den Familienangehörigen eines getöteten Soldaten bedroht und verfolgt worden sei, um so an seinen Bruder, der für den Tod des Soldanten verantwortlich gemacht wurde, heranzukommen. Eine allgemeine exzeptionelle Gefährdungslage in Afghanistan, die praktisch jeden betreffen würde, könne nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer verfüge über soziale Anknüpfungspunkte (Familie) und sei von seiner Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Im Bundesgebiet könne er keinerlei Integration vorweisen.
In weiterer Folge gab die belangte Behörde aktuelle Länderfeststellungen zur allgemeinen Situation in Afghanistan wieder.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde betreffend die vorgebrachten Fluchtgründe des Beschwerdeführers aus, dass dessen Angaben äußerst vage und oberflächlich gehalten gewesen wären und sich auf wenige Sätze beschränkt hätten. Daher habe er keinen Bezug zu seiner Person herstellen können und glaubhaft machen können, das Geschilderte tatsächlich selbst erlebt zu haben. Die vorgebrachte Verfolgung habe sich auf einige Telefongespräche, den Umstand des "Beobachtetwerdens" und einen nicht glaubhaft mit Verfolgungsabsicht herbeigeführten Verkehrsunfall reduziert. Die jedes Detail vermissenden Angaben könnten nicht auf ein mangelhaftes Beweisverfahren zurückgeführt werden, sondern auf eine frei erfundene Fluchtgeschichte. Unplausibel sei es, dass man ihn und nicht seinen Bruder verfolgen und bedrohen haben wollen und nicht glaubhaft sei es, dass er über mehr als 3 Jahre bedroht worden sei, ohne dass ihm tatsächlich Gewalt angetan worden wäre. Auffällig wäre auch, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung von Feinden des Bruders, später von Familienangehörigen des Soldaten gesprochen habe und er unterschiedliche Angaben zum Tod des Soldaten gemacht habe. Abschließend führte die belangte Behörde aus, dass das Vorbringen zu den Fluchtgründen nicht den Tatsachen entspreche, der Beschwerdeführer keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und die Motivation für das Verlassen seines Heimatlandes der Wunsch nach besseren Lebensbedingungen gewesen sei.
Rechtlich folgerte das Bundesasylamt daraus, dass der Beschwerdeführer eine Furcht vor Verfolgung in Afghanistan nicht glaubhaft habe machen können. Die Zulässigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers begründete das Bundesasylamt damit, dass den Angaben des Beschwerdeführers keine Gefährdungslage seiner Person zu entnehmen gewesen sei. Eine Rückkehr nach Afghanistan erscheine trotz der als insgesamt als prekär zu bezeichneten Lage auch nicht als grundsätzlich ausgeschlossen und aufgrund der individuellen Situation des Beschwerdeführers auch als zumutbar (soziales Netz, mobil, arbeitsfähig, gesund...). Zudem stehe dem Beschwerdeführer frei, seinen Lebensmittelpunkt in Kabul zu gestalten und somit eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch zu nehmen. Eine Interessensabwägung habe zudem ergeben, dass unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen, eine Ausweisung des Beschwerdeführers aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen auch gerechtfertigt erscheine.
5. Gegen oben bezeichneten Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde, in der er im Wesentlichen über die Lage in Kabul, Herat und zur allgemeinen Entwicklung in Afghanistan ausführte.
6. Am 29.4.2014 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm. Ein Vertreter der belangten Behörde war zur Verhandlung nicht erschienen.
Im Zuge der Verhandlung wurden die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nochmals eingehend erörtert. Der Beschwerdeführer wiederholte dabei im Wesentlichen sein vor dem Bundesasylamt getätigtes Vorbringen und schilderte seine Fluchtgeschichte nunmehr wie folgt:
Sein Bruder XXXX wäre mit fünf Soldaten zu einem Distrikt gefahren, um einem Freund, der einen Job bekommen habe zu gratulieren. Diese Gruppe sei von den Taliban überfallen und ein Soldat getötet worden. Dieser Soldat gehöre dem Volk der Haftbala an, das hauptsächlich im Drogenschmuggel tätig sei. Diese hätten seinen Bruder verdächtigt, den Soldaten umgebracht zu haben.
Zum Vorhalt der bisher divergierenden Angaben, erklärte der Beschwerdeführer, dass die genauen Umstände des Todes des Soldaten nicht geklärt wären und einerseits die Taliban, andererseits rivalisierende Gruppen für den Tod verantwortlich gewesen wären. Sein Bruder sei nach diesem Vorfall 2007/2008 zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Ihm sei vorgeworfen worden, einen Soldaten umgebracht zu haben. Er sei zu diesem Zeitpunkt in Kabul gewesen und habe mit Bestechung erreicht, dass sein Bruder von Herat nach Kabul überstellt worden sei. Nach dem Tod des Soldaten habe er gemeinsam mit seinem Vater, den Stammesälteren der Haftbala das Beileid ausgesprochen und erklärt, dass nicht der Bruder bzw. Sohn Mörder des Soldaten gewesen sei. Dass der Volksstamm nicht an Ort und Stelle Rache geübt habe, sei in der Tradition nicht üblich. Auf Vorhalt des Gerichtes, warum ausgerechnet der Bruder beschuldigt worden wäre und nicht einer der anderen bei der Feier anwesenden Soldaten, antwortete der Beschwerdeführer, dass die Gruppe den Freund an der Dienststelle nicht angetroffen und daher die Nacht in der Nähe von warmem Wasserquellen verbracht hätte. Der betroffene Soldat sei mit seinem Bruder zu einer dieser Quellen gegangen, dabei wäre auf beide geschossen worden, aber nur der Soldat getroffen worden. Da sonst keiner in der Nähe gewesen sei , sei sein Bruder verdächtigt worden. Sein Bruder habe behauptet, dass die Taliban auf sie geschossen hätten. Die Bewohner in der Gegend hätten dies aber verneint und selbst der Staatsanwalt ging davon aus, dass es nicht Taliban gewesen wären. Woher die Angreifer wussten, dass sich Soldaten bei dieser Quelle befänden, konnte der Beschwerdeführer nicht erklären und nannte als Variante, Neidgründe des Freundes seines Bruders. Wie lange sein Bruder schon Leiter des Militärpostens der Schnelleingreiftruppe gewesen wäre, wusste er nicht.
Zur persönlichen Bedrohung der Haftbalas führte der Beschwerdeführer aus, dass sie versucht hätten, ihn über das Telefon zu entführen, indem sie mit ihm und einer Frau ein Treffen vereinbart hätten. Er habe jemanden zu diesem Treffpunkt geschickt, bei dem einige Männer versammelt gewesen wären, aber keine Frau. Sein Bruder XXXX hätte ihm geraten, auf solche Einladungen nicht zu reagieren. Er sei jedenfalls mehrmals angerufen worden, sei aber selbst nie bei so einem Treffpunkt gewesen.
Der Beschwerdeführer nannte auch einen Vorfall mit dem Fahrrad, bei dem die Haftbalas versucht hätten, ihn zu schnappen. Er sei aber davon gelaufen. Er hätte bei diesem Vorfall den Bruder des verstorbenen Soldaten wieder erkannt, außerdem wären diese Leute besonders gekleidet, hätten einen langen Bart und ein Tuch über den Kopf.
Auf Vorhalt des Gerichtes, dass er nach diesem Vorfall noch lange in Afghanistan habe leben können, ohne dass etwas passiert sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er auf der Flucht gewesen sei und sich getarnt hätte (Rasieren des Bartes). Nach dem Vorfall habe er sich um die Freilassung seines Bruders in Kabul gekümmert, und seine Geschäfte betrieben und Waren verkauft. Er sei öfters von Herat nach Kabul geflogen und zurück. Der Beschwerdeführer schilderte seinen Gesamtumsatz, nannte die Kosten eines Fluges von Herat nach Kabul und seine drei Geschäftspartner. Nach Kabul könne er nicht zurückkehren, weil die Rache keine Grenzen kenne und sein Leben in Gefahr wäre. Er besitze nichts mehr, weil er alle Waren an Geschäftsleute verkauft habe, während er auf die Freilassung seines Bruders gewartet habe. Seine Familie sei seit seinem Aufenthalt in Österreich nicht bedroht worden, ihm sei einzig bekannt, dass sein Bruder XXXX in einen Straßengraben von Unbekannten gedrängt worden sei.
Der Beschwerdeführer gab außerdem zu Protokoll, der Volksgruppen der Tadschiken anzugehören, ledig zu sein, aus Kabul zu stammen und mit neun Jahren nach Herat übersiedelt zu sein. Er sei moslemischer Sunnit und habe die Schule 10 Jahre lang besucht. Als sein Bruder 2008 in Schwierigkeiten geraten und er als sein Bruder erkannt worden sei, sei er längerfristig nach Kabul gefahren und habe anschließend bis 2011 zwischen Kabul und Herat gependelt. Als die Gefahr zu groß geworden sei, habe er Hab und Gut verkauft und sei geflohen.
Von den Familienangehörigen des Beschwerdeführers würden seine Mutter mit seinen Brüdern XXXX und XXXX in der Provinz Herat leben, ein weiterer Bruder (XXXX) und seine Schwester in Kabul. Sein Vater sei verstorben. Er habe zu seinen Geschwistern regelmäßig Kontakt, ausgenommen seinem Bruder XXXX und seiner Mutter. Sein Bruder XXXX sei gesund, besitze ein kleines Transportunternehmen und befördere Personen. Das Verwandtschaftsverhältnis zu seinem Bruder XXXX werde nach außen verschwiegen. Die Öffentlichkeit dürfe nicht wissen, dass sie Geschwister wären. Über Vorhalt des Gerichtes, wie man das Zusammenleben der Familie verleugnen und der Bruder ein Transportunternehmen führen könne, obwohl er noch immer Rache zu befürchten habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass sein Bruder getarnt und bewaffnet wäre und seine Feinde nicht direkt in der Stadt wären.
Im Zuge der Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer das im Akt aufliegende Informationsmaterial zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan zur Kenntnis gebracht.
7. In einer Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zu den Länderberichten aus und legte Unterlagen zur Verurteilung seine Bruders in Afghanistan vor.
8. Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 10.6.2014, Zl. 11 Hv 33/14b-61, wurde der Beschwerdeführer vom Verdacht der gefährlichen Drohung freigesprochen.
9. Aus dem am 22.06.2015 eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich geht hervor, dass der Beschwerdeführers am 17.10.2014 gemäß §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG verurteilt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, volljährig und bekennt sich zur muslimischen Glaubensrichtung. Er ist in der Stadt Kabul geboren und im Alter von 9 Jahren mit seiner Familie nach Herat übersiedelt.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine zehnjährige Schulbildung und hat als Lehrling in einem Bauunternehmen sowie als Verkäufer in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet.
Seine Mutter und seine Geschwister leben in Afghanistan, in Herat und Kabul, der Vater ist verstorben. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Geschwistern in telefonischem Kontakt.
Der Beschwerdeführer lebt seit mehr als zweieinhalb Jahren in Österreich und besucht Deutschkurse. Die Identität und die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers können nicht festgestellt werden.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 17.10.2014 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Ab. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass ein dem Bruder des Beschwerdeführers beigeordneter Soldat bei einem Angriff getötet wurde, wodurch der Beschwerdeführer selbst von der Familie des getöteten Soldaten wiederholt bedroht bzw. verletzt wurde. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung ausgesetzt ist oder eine solche im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hat.
1.2 Zur Situation in Afghanistan:
1.2.1 Allgemeines:
Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013).
Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 13 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Anstrengungen, die zur Sicherung bisheriger Stabilisierungserfolge und zur Verbesserung der Zukunftsperspektiven der Bevölkerung beitragen, werden noch lange Zeit notwendig sein (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
Am Nato-Gipfeltreffen im Mai 2012 in Chicago wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012). Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012).
1.2.2 Sicherheitslage:
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt unvorhersehbar, die Zivilbevölkerung trägt weiterhin die Hauptlast des Konflikts (UNAMA-Midyear Report von Juli 2013). Im Jahr 2013 stieg die Zahl der Verluste unter den Zivilisten um 14% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die steigende Zahl der Toten und Verletzten revidiert den Rückgang im Jahr 2012 und steht im Einklang mit den hohen Rekordzahlen von Zivilopfern im Jahr 2011 (UNAMA-Annual Report vom Februar 2014). Der Rückgang der Zahl der Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Jahr 2012 war als taktische Reaktion der Aufständischen auf den Rückzug der internationalen Truppen und keineswegs als Verlust an operationeller Fähigkeit interpretiert worden (ANSO Quarterly Report vom Juni 2012). Schon im Frühjahr 2013 waren die Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen im Vergleich zum Vorjahr um 47% angestiegen. Zudem nahmen militärische Konfrontationen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und afghanischen Sicherheitskräften, in denen vermehrt Zivilisten ums Leben kamen, in den ersten sechs Monaten 2013 zu (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Konstant bleibt jedenfalls eine bewusste Verlagerung der Angriffsziele von internationalen Truppen zu afghanischen Zielen (ANSO Quarterly Report vom April 2013).
Mittlerweile betrifft der Konflikt, der sich zuvor auf den Süden und Osten des Landes konzentrierte, die meisten Landesteile, insbesondere den Norden, aber auch Provinzen, die zuvor als die stabilsten im Land gegolten hatten. Die zwölf Provinzen mit den insgesamt meisten Sicherheitsvorfällen im Jahr 2012 waren Helmand, Kandahar und Urusgan (südliche Region), Ghazni, Paktika und Khost (südöstliche Region), Nangarhar und Kunar (östliche Region), Herat und Farah (westliche Region) und Kabul und Wardak (Zentralregion). Die südliche, die südöstliche und die östliche Region entwickelten sich zu einem zunehmend zusammenhängenden Kampfgebiet. In den Provinzen Kandahar, Kunar, Nangarhar, Logar und Wardak kam es im Jahr 2012 zu einem deutlich höheren Grad an Sicherheitsvorfällen als 2011 (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). In Kandahar und Ghazni erreichte die Zahl der Vorfälle Rekordhöhen (INSO-Report vom Jänner 2014).
Sicherheitslage im Raum Kabul:
Der Fokus des Terrors liegt nicht auf Kabul oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Dennoch verüben die Taliban (einschließlich das Haqqani-Netzwerk) in Kabul weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe und demonstrieren, dass die Aufständischen überall im Land zuschlagen und selbst den "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden können, was anscheinend darauf abzielt, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und möglicher "Geldgeber" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu verbreiten (Ruttig, After the "operational pause", vom 2.6.2013).
Am 10.6.2013 griffen Angehörige der Taliban das NATO-Hauptquartier im militärischen Teil des Flughafens in Kabul an und lieferten den afghanischen Sicherheitskräften ein rund vierstündiges Gefecht; am Tag darauf verübten Taliban einen Anschlag auf den Obersten Gerichtshof in Kabul (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Am 16.11.2013 steuerte ein vor Sicherheitskräften flüchtender Selbstmordattentäter in Kabul sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug in ein Militärfahrzeug und tötete vier Zivilisten, einen Polizisten und einen Soldaten; 22 Personen wurden verletzt. Der Anschlag ereignete sich nahe des Zeltes der am 21.11.13 beginnenden Großen Stammesversammlung (Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.11.2013). Am 11.12.2013 sprengte sich ein Selbstmordattentäter am Flughafen der Hauptstadt Kabul in unmittelbarer Nähe eines Bundeswehr-Konvois in die Luft (Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16.12.2013). Am 27.12.2013 wurden bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag auf einen Konvoi internationaler Truppen im Osten Kabuls mindestens 3 ausländische Soldaten und weitere Zivilisten getötet (Radio Free Europe vom 27.12.2013). Am 17.1.2014 töteten drei Angreifer bei einem Anschlag auf ein bei Ausländern beliebtes Lokal insgesamt 21 Menschen, darunter 13 Ausländer: Ein Attentäter sprengte sich vor dem gut gesicherten Eingang in die Luft, zwei weitere stürmten in das gut besuchte Lokal und schossen wahllos um sich (Bericht der APA vom 18.1.2014).
Sicherheitslage im Südwesten, Süden und Osten des Landes:
Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Im Süden und Osten finden die meisten extra-legalen Hinrichtungen statt, die überdies um 107% bzw. 114% massiv anstiegen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 3.9.2012). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant zunahmen. Insbesondere in der Provinz Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). In Nangarhar stiegen die Zwischenfälle durch regierungsfeindliche Gruppierungen im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 81% an. Ebenso wie in Laghman, wo die Zahl der Zwischenfälle um 250% anstieg, wurden in Nangarhar die größten Zuwächse an Angriffen der bewaffneten Opposition verzeichnet, die auf die Infiltrationsrouten aus Pakistan und die strategisch bedeutsamen Gebiete angrenzend an Kabul-Tokham-Highway abzielen. Die Provinz Kunar war im ersten Quartal 2013 nach Helmand "Spitzenreiter", was das Ausmaß der Angriffe anbelangt. Die Zahl der Vorfälle erhöhte sich in Kunar um 21% im Vergleichszeitraum des Vorjahres (ANSO Quarterly Report vom April 2013).
Auch in der Provinz Ghazni geht der Trend bezüglich der Sicherheitslage in Richtung einer Verschärfung: Im ersten Quartal 2013 stieg die Zahl der Vorfälle jedoch im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 127% (ANSO Quarterly Report vom April 2013). Auch im Juli und August 2013 gab es einen Anstieg der Angriffe. Aufgrund des fast völligen Fehlens von NATO-Präsenz konnten die Taliban und al-Quaida ihre Kontrolle in Ghazni ausweiten: Die Taliban töten gewöhnliche Menschen und zwingen DorfbewohnerInnen, ihren Kämpfern Essen zu geben. Sobald die Taliban eine Gegend überrollen, gehen sie besonders aggressiv gegen die lokale Bevölkerung vor und implementierten ihre strengen Regeln und Gesetze (Länderinformation der Staatendokumentation vom 28.1.2014). Von der Verschlechterung der Sicherheitslage in den umliegenden Provinzen sind auch die Zufahrtsstraßen zu den (von Hazara bewohnten und an sich weniger stark von den Unruhen betroffenen) Distrikten Jaghori, Jaghatu und Malistan betroffen (Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011). Ghazni stellt für die Taliban eine strategisch wichtige Provinz dar, da die Straße Kabul - Kandahar durch den überwiegend von Paschtunen besiedelten westlichen Teil Ghaznis führt. Daher stellt sich der Weg von Kabul nach Ghazni als gefährlich dar; auf dieser Route kam es zu einer Zunahme der Angriffe in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 5.8.2013). Vorfälle, wie etwa die Entführung von 20 Zivilisten auf dem Weg in die Distrikte Jaghori und Malistan, ereignen sich am häufigsten in den Distrikten Qarabagh und Gilan, wo die Taliban über Einfluss verfügen (ACCORD-Anfragebeantwortung vom 14.8.2013).
Die Provinz Wardak liegt strategisch günstig beim westlichen Zugang zu Kabul und wird von regierungsfeindlichen Gruppen als Tor für Angriffe auf die Provinz Kabul genützt (Länderinformation der Staatendokumentation vom 28.1.2014). Im ersten Quartal haben sich die Vorfälle in Wardak um 187% im Vergleich zum Vorjahr erhöht (ANSO Quarterly Report vom April 2013). Auch in der Provinz Helmand, wo die Taliban in das soziale Gefüge eingebettet sind, und in der Provinz Kandahar, der traditionellen Hochburg der Taliban, nahm die Zahl der Vorfälle zu (ANSO Quarterly Report vom April 2013); Helmand und Kandahar sind die Provinzen, wo mit Abstand die meisten Opfer von Bombenanschlägen zu beklagen sind (UNAMA-Annual Report vom Februar 2014).
Sicherheitslage im Westen und Norden des Landes:
Die Anschläge sind in den westlichen Provinzen des Landes im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 72% in die Höhe geschnellt. In den westlichen Grenzprovinzen konnte beobachtet werden, wie es regierungsfeindlichen Gruppierungen gelungen ist, die entstehende Lücke der abziehenden internationalen Truppen zu füllen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Im Norden sind enge Verstrickungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen, lokalen Machthabern und Kräften der organisierten Kriminalität bedeutsam. Während die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen 2012 mit Ausnahme der Provinzen Baghlan und Faryab abnahmen, wurde im ersten Quartal 2013 in den meisten Provinzen des Nordens eine Verschlechterung der Sicherheitslage verzeichnet. Grund dafür sind zahlreiche militärische Operationen der internationalen Truppen, zunehmende Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie die Aktivitäten lokaler Milizen. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Begriff, neben dem Süden und Osten des Landes eine dritte Front vom Norden Richtung Süden zu schaffen (Faryab-Badhis-Ghor-Farah-Helmand). In der bisher als ruhig geltenden Provinz Badakhshan gewannen die regierungsfeindlichen Gruppierungen nach dem Abzug der internationalen Streitkräfte ebenfalls an Einfluss. Ende September 2013 brachten die Taliban den Distrikt Keran-wa-Monjan der Provinz Badakhshan unter ihre Kontrolle (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Auch die Zahl der Vorfälle in Ghor und Herat erhöhten sich vergleichsweise (Länderinformation der Staatendokumentation vom 28.1.2014). Die Sicherheitslage in Kunduz ist angespannt und hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert (Abzug aus Afghanistan, Der Spiegel vom 6.10.2013).
Exkurs: Herat:
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in 12 Bezirke eingeteilt und gleichzeitig in 15 administrative Einheiten:
Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q).
Ende 2011 übernahmen die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) die Hauptverantwortung für die Sicherheit der Provinz Herat und haben stufenweise den Rest der westlichen Region übernommen. Die Provinz Herat blieb auch aufgrund der relativen Stabilität der Provinzregierung während der Transitionsperiode sicher. Auch nach der Übergabe an die afghanischen Kräfte gab es keine große Veränderung (WPR 15.1.2014).
Die Einschätzung der Sicherheitslage in Herat stellt sich als schwierig dar, denn dieselbe Quelle gibt in einem Zeitraum von einem Monat, unterschiedliche Informationen an. Einerseits, wird die Provinz Herat im Oktober 2014 zu den relativ friedlichen Provinzen im Westen Afghanistans gezählt, in der jedoch in letzter Zeit regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen ihre Aktivitäten in einer Anzahl von Distrikten erhöht haben (Khaama Press 11.10.2014). Andererseits wird im September 2014 berichtet, dass Herat zu den relativ volatilen Provinzen im Westen Afghanistans zählt, in der regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv sind (Khaama Press 2.9.2014a).
1.2.3 Menschenrechte:
Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden, können willkürlichen Festnahmen (inklusive Inhaftierung ohne Anklage) sowie Misshandlungen durch internationale Truppen oder durch afghanische Behörden ausgesetzt sein (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Was Repressionen Dritter anbelangt, geht die größte Bedrohung der Menschenrechte von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Urheber von Menschenrechtsverletzungen praktisch keinen Einfluss und kann sie weder kontrollieren noch ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des desolaten Zustands des Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen. Immer wieder kommt es zu Entführungen, die entweder politisch oder finanziell motiviert sind (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
Regierungsfeindliche Kräfte greifen systematisch und gezielt Zivilisten an, die tatsächlich oder vermeintlich die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft in Afghanistan, einschließlich der internationalen Streitkräfte und internationalen humanitären Hilfs- und Entwicklungsakteure unterstützen bzw. mit diesen verbunden sind. Zu den primären Zielen solcher Anschläge zählen u.a. politische Führungskräfte, Lehrer und andere Staatsbedienstete, ehemalige Polizisten und Zivilisten, die der Spionage für regierungstreue Kräfte bezichtigt werden. Auch afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, werden von Taliban bedroht und angegriffen. In Gebieten, die ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen, nutzen regierungsfeindliche Kräfte Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Rekrutierungsmaßnahmen auf der Grundlage von Zwang. Personen, die sich einer Rekrutierung widersetzen, sind gefährdet, der Spionage für die Regierung angeklagt und getötet oder bestraft zu werden (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Personen, denen Verstöße gegen die Scharia - wie Apostasie, Blasphemie, freiwillige, gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch - vorgeworfen werden, sind nicht nur der Gefahr ihrer Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaften, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte ausgesetzt. Dies gilt sowohl für Frauen als auch für Männer (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014). UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten unabhängig davon, von wem die Verfolgung ausgeht, nicht gegeben ist. Wenn die Verfolgung von regierungsfeindlichen Akteuren ausgeht, muss berücksichtigt werden, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Akteure den Antragsteller im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet verfolgen. Angesichts des geografisch großen Wirkungsradius der regierungsfeindlichen Kräfte existiert für Personen, die durch solche Gruppen verfolgt werden, keine sinnvolle interne Schutzalternative. Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass die Taliban, das Haqqani-Netzwerk und die Hezb-e-Islami Hekmatyar sowie andere bewaffnete Gruppierungen die operativen Kapazitäten haben, Angriffe in allen Teilen des Landes auszuführen, darunter auch in solchen Gebieten, die nicht von den regierungsfeindlichen Kräften kontrolliert werden, wie anhand des Beispiels von öffentlichkeitswirksamen Anschlägen in urbanen Gebieten, die sich unter der Kontrolle regierungsfreundlicher Kräfte befinden, ersichtlich wird (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
1.2.4 Meinungs- und Pressefreiheit sowie Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit:
Art. 34 der afghanischen Verfassung gestattet die Meinungs- und Pressefreiheit. Jedoch werden diese Rechte in der Praxis von der Regierung eingeschränkt (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013).
In den vergangenen Jahren galt die afghanische Medienlandschaft als Vorzeigesektor: diversifiziert, unabhängig und im Wachstum- und Professionalisierungsprozess begriffen. Die Präsidentschaftswahlen, eine konservative Medienpolitik und der allgemeine Islamvorbehalt schränken die Medienfreiheit jedoch deutlich ein. Auch über den Islamvorbehalt hinaus ist Medienfreiheit in Afghanistan noch keine Wirklichkeit. Immer wieder werden Journalisten zum Ziel von Morddrohungen und tätlichen Übergriffen. Journalisten, die sich einer Einflussnahme durch Aufständische oder durch die Regierung widersetzen, geraten unter Druck. Andere fliehen in die Selbstzensur. Immer wieder verlassen Journalisten das Land, weil sie ihre persönliche Sicherheit in Afghanistan nicht gewährleistet sehen. Morde an Journalisten werden kaum staatsanwaltlich verfolgt (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
Was das (in der afghanischen Verfassung garantierte) Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit anbelangt, gibt es regelmäßig - genehmigte wie spontane - Demonstrationen, v.a. gegen soziale Missstände, gegen die Tötung von Zivilisten durch NATO-Truppen, gegen (geplante) Koranverbrennungen oder gegen im Ausland verbreitete Karikaturen des Propheten Mohammed. Die Kundgebungen verlaufen in den meisten Fällen friedlich, eskalieren aber teilweise oder werden von Einzelpersonen gezielt genutzt, um gewaltsame Ausschreitungen anzustacheln. Die afghanische Regierung ruft die Bevölkerung bei Demonstrationen regelmäßig auf, diese friedlich abzuhalten. Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind grundsätzlich gewährleistet (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
1.2.5 Religionsfreiheit:
Die Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert. Dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Nach offiziellen Schätzungen sind 84% der Bevölkerung sunnitische Muslime und 15% schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus und Christen machen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten, insbesondere Christen, Hindus und Sikhs, werden weiterhin durch das geltende Recht diskriminiert (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). Hindus und Sikhs werden auch im Alltag diskriminiert und bei der Ausübung ihrer religiösen Zeremonien bedroht oder angegriffen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013). Christen und Angehörige der Baha'i vermeiden es aus Angst vor Diskriminierung, Misshandlung, willkürlicher Verhaftung oder Tötung, sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen oder sich offen zum Gebet zu versammeln. Die afghanische Regierung schützt religiöse Minderheiten vor Übergriffen nicht (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). Die Situation der größten religiösen Minderheit des Landes, der afghanischen schiitisch-muslimischen Gemeinde, hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert, ist jedoch noch immer mit gesellschaftlichen Diskriminierungen konfrontiert, wobei die Beziehungen zur sunnitischen Mehrheit sich verschlechtert hat (International Religious Freedom Report 2012 des U.S. Department of State vom 20.5.2013).
1.2.6 Ethnische Minderheiten:
Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat, über den es aufgrund der seit Jahrzehnten schwierigen Sicherheitslage kaum gesicherte statistische Daten gibt (ÖIF-Länderinfo vom Februar 2010). Der Anteil der Volksgruppen im Vielvölkerstaat wird auf ca. 38% Paschtunen, ca. 25%, Tadschiken, ca. 19% Hazara, ca. 6% Usbeken sowie zahlreiche kleinere ethnische Gruppen (Aimak, Turkmenen, Baluchi, Nuristani u. a.) geschätzt. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen dort ein offizieller Status eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser anderen Sprache spricht.
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten (mehrheitlich schiitischen) Hazara hat sich die Lage deutlich verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber es erscheint unklar, ob dies eher eine Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014). In diesem Sinne sind Angehörige der Hazara weiterhin gesellschaftlich diskriminiert und Berichten zufolge Opfer von Schikanierung, Einschüchterung und Tötungen durch die Taliban sowie andere regierungsfeindliche Kräfte (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). Andererseits verbessert sich die Minderheit der Hazara ökonomisch und politisch durch Bildung: Viele Hazara schließen Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie oder Medizin ein (Congressional Research Service vom 22.11.2013).
In der Provinz Ghazni errangen Vertreter der Ethnie der Hazara sämtliche Sitze, die im Unterhaus für diese Provinz reserviert waren, was jedoch u.a. auch auf die niedrige Wahlbeteiligung in den paschtunisch besiedelten Distrikten aufgrund der prekären Sicherheitslage zurückzuführen war (D-A-CH-Bericht zur Sicherheitslage vom März 2011). In einer besonderen Lage befinden sich die ca. eine Million Kuchi-Nomaden, die unter ungeklärten Boden- und Wasserrechten in besonderem Maße leiden. De facto kommt es immer wieder zu einer Diskriminierung dieser Gruppe, da sie aufgrund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten und so die Gefahr laufen, Opfer einer diskriminierenden Verwaltungspraxis oder strafrechtlicher Sanktionierung zu werden. Immer wieder werden Nomaden rasch einer Straftat bezichtigt und verhaftet, wenngleich sie oft auch genauso schnell wieder auf freiem Fuß sind (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
1.2.7 Justiz und (Sicherheits‑)Verwaltung:
Verwaltung und Justiz funktionieren nur sehr eingeschränkt. Neben der fehlenden Einheitlichkeit in der Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia und Gewohnheitsrecht), werden auch rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien nicht regelmäßig eingehalten. Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern durch mächtige Akteure verhindern Entscheidungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen des Justizsystems (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Schari'a, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013).
Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äusserst strikt ausgelegten Interpretation der Sharia; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hinrichtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegsverbrechen eingestuft (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch (Richtlinien des UNHCR vom 6.8.2013). Die Afghanische Nationale Polizei (ANP) gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35% der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
1.2.8 Versorgungslage:
Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser.
Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Die Behandlung psychischer Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet (abgesehen von einzelnen Pilotprojekten) nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
1.2.9 Rückkehrfragen:
Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.4.2013). Gemäss UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.9.2013).
Bei der Rückkehr von Frauen, Kindern, alten Menschen oder Alleinerziehenden stellt die Reintegration in ein religiöses und sozial traditionelles Umfeld oft eine Herausforderung dar (Bericht von IOM vom Oktober 2012). Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 31.3.2014).
UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen (Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).
2. Beweiswürdigung:
Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen inhaltlich auch nicht konkret entgegengetreten wurde, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten.
Die Feststellungen zu Nationalität und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunftsprovinz und zum Aufenthaltsort seiner Familie sowie zu seinem persönlichen Werdegang und seinen persönlichen Verhältnissen stützen sich auf die insofern unbedenklichen Angaben des Beschwerdeführers, die sich in diesen Belangen über das gesamte Verfahren hindurch im Wesentlichen gleichbleibend darstellten. Auf seine Aussage stützen sich auch die Feststellungen über seinen Gesundheitszustand und sein Leben in Österreich.
Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage unbedenklicher Identitätsdokumente oder sonstiger Bescheinigungsmittel nicht festgestellt werden. Auch die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers konnte nicht abschließend geklärt werden, zumal er im Rahmen der Erstbefragung angab, der paschtunischen Volksgruppe anzugehören (AS 13), während er davon abweichend in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführte, der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören (Verhandlungsschrift Seite 3).
Die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft vom 22.06.2015.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgründe betrifft, erwies sich dieses jedoch als vage, nicht nachvollziehbar, unplausibel und in wesentlichen Punkten widersprüchlich, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise in Afghanistan tatsächlich einer Verfolgung ausgesetzt war.
Ursächlich für die Verfolgung des Beschwerdeführers sei der Umstand gewesen, dass ein Soldat, der der Militärtruppe seines Bruders angehörte, ums Leben gekommen wäre und der Bruder dafür verantwortlich gemacht worden und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sei. Die Familie des getöteten Soldaten, die im Drogen- und Menschenschmuggel tätig sei, habe sich am Beschwerdeführer im Wege der Sippenhaftung rächen wollen.
Die Ausführungen zum Tod des Soldaten sind aber widersprüchlich und nicht nachvollziehbar:
Laut Angaben in der Erstbefragung sei der Soldat im Zuge eines Talibanangriffes ums Leben gekommen. Demgegenüber gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahmen beim Bundesasylamt an, über die "Dinge" nicht so informiert gewesen zu sein und die Todesursachen nicht zu wissen. Der Beschwerdeführer begründete den Widerspruch damit, dass "in dem Gebiet viele Taliban wären und es so gewesen sein könnte" (S 51 BAA-Akt). Erst in der Beschwerdeverhandlung schilderte der Beschwerdeführer die Begebenheit, die zum Tod des Soldaten führte ausführlich. So gab er an, dass sein Bruder mit fünf Soldaten in den Distrikt Obe in der Provinz Herat unterwegs gewesen sei, um einen Freund zu besuchen. Da die Gruppe den Freund nicht angetroffen hätte, hätten die Soldaten beschlossen in der Nähe von Warmwasserquellen zu übernachten. Nachdem der Bruder des Beschwerdeführers und der Soldat zur Warmwasserquelle gegangen seien, sei auf beide geschossen, jedoch lediglich der Soldat getroffen worden. Da nur der Bruder des Beschwerdeführers anwesend gewesen sei, sei er verdächtigt worden den Soldaten umgebracht zu haben (siehe oben und Verhandlungsschrift S 7). Auf den Vorhalt, weshalb der Beschwerdeführer den Hergang des Todes des Soldaten im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt nicht so detailliert geschildert habe, rechtfertigte sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass es sich beim Dolmetscher um einen Iraner gehandelt habe und die Feinheiten der Sprache doch unterschiedlich seien (Verhandlungsschrift S 8).
Hierzu ist vorweg anzumerken, dass der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde noch zu einem sonstigen Zeitpunkt Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher betreffend seine Fluchtgründe vorgebracht hat. Aus dem Einvernahmeprotokoll ist ersichtlich, dass ein gerichtlich beeideter Dolmetscher für die Sprache Dari bestellt wurde und der Beschwerdeführer zustimmte, in dieser Sprache einvernommen zu werden (AS 43). Der Beschwerdeführer bejahte zudem am Ende der Einvernahme, den Dolmetscher einwandfrei verstanden zu haben und verzichtete nach erfolgter Rückübersetzung, Berichtigungen bzw. Ergänzungen vorzunehmen. Ebenso bestätigte er mit seiner Unterschrift die richtige und vollständige Wiedergabe seiner Angaben (AS 53). Wenn der Beschwerdeführer daher nunmehr erstmals vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführt, dass Abweichungen seiner Angaben möglicherweise auf eine fehlerhafte Übersetzung durch einen iranischen Dolmetscher zurückzuführen seien, so ist dem entgegen zu halten, dass sich aus dem niederschriftlichen Einvernahmeprotokoll vor dem Bundesasylamt keine Hinweise entnehmen lassen, welche diese Ausführungen stützen könnten. Weshalb der Beschwerdeführer diesen Vorfall erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konkret schilderte, kann somit schwer nachvollzogen werden, zumal es sich bei der Ermordung des Soldaten um einen wesentlichen Teil seines Fluchtvorbringens handelt.
Wer auf die Soldaten geschossen hat, konnte nicht geklärt werden. ( VS S 5). Einerseits wurden die Taliban, dann wieder rivalisierende Gruppen und der Bruder des Beschwerdeführers verdächtigt (VS, S 5 u 6). Nicht nachvollziehbar ist, woher die vermeintlichen Angreifer (Taliban, andere Gruppen) wussten, dass sich Soldaten bei der Quelle befinden würden, da der Aufenthalt dort ja nicht geplant war und sich zufällig ergeben hat. Unwahrscheinlich ist auch, dass ein Freund des Bruders aus Neidgründen dem Bruder einen Mord unterschieben habe wollen.
Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Bruder des Beschwerdeführers verurteilt worden ist (er hat diesbezüglich Unterlagen dem Gericht vorgelegt) , vermochte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass sich die Familie des getöteten Soldaten im Wege der Sippenhaftung rächen habe wollen. Die Schilderungen über seine "Verfolgungshandlungen" sind oberflächlich und detailarm und nicht gleichbleibend dargestellt. In der Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, mehrmals auf dem Handy angerufen worden zu sein, um sich mit Angehörigen der Haftbalas zu treffen. Da ihm diese Leute am Telefon komisch vorgekommen seien, habe er gewusst, dass es sich nur um die Haftbalas handeln könne. In der Beschwerdeverhandlung gab er an, dass diese Personen versucht hätten, ihn über Anrufe zu entführen. Es ist völlig unwahrscheinlich, dass die Familienmitglieder des betroffenen Soldaten den Beschwerdeführer bedrohen, indem sie ihn telefonisch zu einem Treffen einladen oder ihn versuchen beim Radfahren zu "schnappen". Da es sich um eine kriminelle Bande ("Mafia" laut Beschwerde) handelt (Menschen/Drogenschmuggel), ist davon auszugehen, dass sie eine wirksame Methoden gefunden hätte, den Beschwerdeführer zu entführen. Dass es sich um die Familienangehörige des getöteten Soldaten gehandelt habe, sind Mutmaßungen des Beschwerdeführers, die er mit der besonderen Kleidung des Stammes begründete und damit, dass der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Tod des Soldaten gemeinsam mit seinem Vater zu den Stammesälteren der Haftbalas gegangen sei, um Beileid auszusprechen und zu erklären, dass der Bruder des Beschwerdeführers nicht für den Tod verantwortlich sei. Obwohl die Haftbalas diese Erklärung nicht akzeptiert hätten, sei der Beschwerdeführer jedoch nicht an Ort und Stelle umgebracht worden, da dies nicht der Tradition entsprechen würde. Dass der Vater ausgerechnet den Beschwerdeführer zu den Haftbalas mitgenommen hat, ist völlig unglaubwürdig, weil er seinen Sohn sicher nicht in Gefahr bringen habe wollen, die aber durch die Mitnahme bestanden hätte. Anderseits ist diese Schilderung in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt gänzlich unerwähnt geblieben. Vor dem Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer lediglich an, dass er mit seinem Bruder in einen Gastgarten gegangen sei, wo sich auch andere Soldaten aufgehalten hätten. Deshalb vermute er, dort von den Feinden erkannt worden zu sein (AS 49). Hieraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den zentralen Umstand, weshalb er überhaupt in das Blickfeld der Haftbalas gerückt und aufgrund dessen er von ihnen verfolgt worden sei, völlig unterschiedlich darstellte. Gründe, weshalb der Beschwerdeführer seinen Besuch bei den Haftbalas vor dem Bundesasylamt unerwähnt gelassen hat, sind für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Abgesehen davon ist auch bei einem Besuch in einem Gastgarten nicht von vornherein klar, in welcher (verwandtschaftlichen) Beziehung die Besucher zueinander stehen.
Ebensowenig nachvollziehbar erweist sich schließlich die vor dem Bundesasylamt erstattete Aussage des Beschwerdeführers, wonach er verneinte, dass die Haftbalas je persönlich an ihn herangetreten seien (AS 51), obwohl er in derselben Einvernahme gleichzeitig vorbrachte, von diesen Leuten telefonisch belästigt und von ihnen mit einem Fahrzeug angefahren worden zu sein.
Wenn auch die Angaben in der Erstbefragung, die sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat, nicht überbewertet werden sollten (vgl. idS auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), so ist dennoch unübersehbar, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung angab, dass sein Bruder aufgrund des Vorfalles mit dem getöteten Soldaten von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden sei (AS 23), während er sowohl vor dem Bundesasylamt als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht abweichend ausführte, dass dieser zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden sei (AS 51, Verhandlungsschrift S 6).
Bei dem - erstmals in der Beschwerde - erstatteten Vorbringen, dass sich seit mehr als elf Jahren Truppen aus westlichen Ländern unter der Führung der NATO in Afghanistan befinden würden und der Beschwerdeführer im Zuge eines Bombardements der Amerikaner in der Provinz Herat verletzt worden sei bzw. aufgrund von Warnungen der Mafia gezwungen gewesen sei, Afghanistan zu verlassen, handelt es sich um bloße Behauptungen ohne nähere Begründung. Der Beschwerdeführer hat diese in der Beschwerde behaupteten Gefahren weder im Zuge der Erstbefragung, noch in der Einvernahme vor der belangten Behörde, noch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konkret und substantiiert behauptet. Gründe, warum der Beschwerdeführer dies nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt oder im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht hat, sind nicht ersichtlich. Dem Beschwerdeführer gelang es daher auch nicht, anhand dieser pauschalen Behauptungen in der Beschwerde eine konkrete gegen ihn gerichtete Verfolgung glaubhaft zu machen.
Weitere Ausführungen, die die Glaubhaftigkeit des Beschwerdeführers in Zweifel ziehen:
Dass der Bruder XXXX nunmehr ein Transportunternehmen führt und die Familie seine Anwesenheit verleugnet, um keiner Gefahr von vermeintlichen Feinden ausgesetzt zu sein, ist widersinnig und lebensfremd;
Dass der Sohn einer kriminellen Bande("Mafia") ausgerechnet Soldat beim Militär ist, ist nicht nachvollziehbar und unvereinbar;
Dass der Beschwerdeführer Bestechungsgelder einem unbekannten Fahrer übergibt und darauf vertraut, dass sie den Bestimmungsort erreichen, ist unglaubwürdig;
Dass die Haftbalas nur den Beschwerdeführer kennen würden und nicht den Rest der Familie ist unwahrscheinlich, sind sie doch nach Angabe des Beschwerdeführers allwissend und können jeden überall ausfindig machen - warum sollten sie nicht über die Familie Bescheid wissen.
Bemerkt wird, dass der Beschwerdeführer im Übrigen noch Jahre nach dem sog. Vorfall seinen Geschäften nachgehen und sich um die Freilassung seines Bruders kümmern konnte.
Die vorgebrachten Verfolgungsgründe sind weder belegt noch bewiesen worden. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit der beschwerdeführenden Partei und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.
Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der beschwerdeführenden Partei hat vor allem zu berücksichtigen, ob diese außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu ihren Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG 2005 normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 3 AsylG 2005 und die sonstige Mitwirkung der beschwerdeführenden Partei im Verfahren zu berücksichtigen (siehe in diesem Zusammenhang auch die jüngste Rechtsprechung des VfGH vom 6.6.2014, Zl. U 2429/2013-15). Bei der Bewertung des Fluchtvortrags ist darauf abzustellen, ob dieser hinreichend widerspruchsfrei und - auch in Nebenpunkten und allenfalls auf Nachfrage - detailliert vorgebracht wurde und im kulturellen und historischen Zusammenhang in Bezug auf den Herkunftsstaat möglich ist.
Bei entsprechender Betrachtung des gesamten Vorbringens können die Angaben des Beschwerdeführers über seine Flucht nicht als glaubwürdig erachtet werden. Aufgrund der mangelnden Substantiiertheit sowie Widersprüchlichkeit des Fluchtvorbringens geht das Bundesverwaltungsgericht von der gänzlichen Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe aus. Wie dargestellt wurde, konnte der Beschwerdeführer weder den Tod des Soldaten, noch die von ihm behaupteten Bedrohungs- bzw. Verfolgungshandlungen gleichbleibend bzw. widerspruchsfrei erörtern. Sohin konnte er nicht glaubhaft darstellen, tatsächlich von der Familie eines ermordeten Soldaten verfolgt worden zu sein.
Für das Bundesverwaltungsgericht entsteht der Eindruck, dass der Beschwerdeführer lediglich eine konstruierte Geschichte wiedergegeben hat, um in Österreich leben zu können.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 75 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 idF BGBl. I 29/2009 ist das AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die - wie im vorliegenden Fall - am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idF BGBl. I 68/2013 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG insbesondere die Bestimmungen des AVG und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in jenem Verfahren, das dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 144/2013).
Zu Spruchpunkt A I.)
1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 23.7.1999, 99/20/0208; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN). Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539; 17.3.2009, 2007/19/0459).
Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer - wie oben ausgeführt - nicht gelungen, objektiv begründete Furcht vor aktueller und landesweiter Verfolgung in gewisser Intensität glaubhaft zu machen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von internationalem Schutz, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, liegen daher nicht vor.
Sofern der Beschwerdeführer darüber hinaus in der Beschwerde anführt, Afghanistan auch mangels Sicherheit und wegen des Bürgerkrieges verlassen zu haben, ist auszuführen, dass die in einem Staat vorherrschenden, allgemein schlechten Verhältnisse bzw. bürgerkriegsähnlichen Zustände für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr gemäß der GFK bedeuten. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers steht weder im Zusammenhang mit einem Konventionsgrund, noch lässt sich daraus eine individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung ableiten. Um eine asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233, mwN). Dies trifft im gegenständlichen Fall jedoch nicht zu. Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht begründen, da eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden kann (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre (dies gilt gleicher Maßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).
Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.).
Im Urteil vom 09.04.2013, H. und B. gg. das Vereinigte Königreich, Zl. 70073/10 u. 44539/11, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgehalten, dass in Afghanistan derzeit keine Situation allgemeiner Gewalt herrscht ("Consequently, the Court does not consider that there is currently in Afghanistan a general situation of violence such that there would be a real risk of ill-treatment simply by virtue of an individual being returned there.") und Personen, die nur ein sogenanntes "low profile" aufweisen, sogar nach vorhergehender Tätigkeit für internationale Truppen oder internationale Organisationen nicht generell gezielte Verfolgung durch Taliban befürchten müssen.
Ebensowenig ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. seiner Glaubensrichtung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Zwar konnte - wie in der Beweiswürdigung dargestellt wurde - die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers nicht abschließend festgestellt werden, zumal er in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt anführte, der paschtunischen Volksgruppe anzugehören, wohingegen der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, dass er Volksgruppe der Tadschiken angehöre. Hieraus lässt sich dennoch keine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers begründen, zumal sich im Hinblick auf seine spezifische Situation keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass er als Zugehöriger der tadschikischen oder der paschtunischen Volksgruppe bzw. aufgrund seiner Angehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten aktuell alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Eine derartige Verfolgung hat der Beschwerdeführer im Verfahren zu keinem Zeitpunkt behauptet. Es sind auch keine amtswegig aufzugreifenden Anhaltspunkte für eine solche Verfolgung erkennbar.
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das Bundesasylamt im Ergebnis nicht zu beanstanden.
2. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.).
Die in § 8 AsylG 2005 normierte Beschränkung des Prüfungsrahmens auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).
Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FremdenG 1997 ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (nach der Rechtslage nach dem AsylG 1997 musste sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen; zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; 30.5.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird (auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören), der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131; vgl. dazu überdies EuGH 17.2.2009, Elgafaji, C-465/07 , Slg. 2009, I-00921, Randnr. 45, wonach eine Bedrohung iSd Art. 15 lit. c der RL 2004/83/EG des Rates auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein). Diese in der Judikatur zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FremdenG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.8.2001, 2000/01/0443; 26.2.2002, 99/20/0509). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) zu beachten (VwGH 25.1.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214). Zur Judikatur hinsichtlich der Abschiebung kranker Fremder vgl. auch VfSlg. 18.407/2008.
In Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit von Abschiebungen afghanischer Beschwerdeführer zu beurteilen war, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ansicht vertreten, dass in Afghanistan - ungeachtet schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen - nicht eine solche Situation vorherrscht, die Anlass zur Annahme gibt, dass jedermann, der sich in diesem Land aufhält, ein reales Risiko trifft, eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK zu erleiden (vgl. EGMR 20.7.2010, 23505/09, N. gegen Schweden; 20.12.2011, 48839/09, J. H. gegen Vereinigtes Königreich). Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zufolge ist in jedem konkreten Einzelfall anhand der persönlichen Umstände des jeweils von einer Rückführung Betroffenen zu prüfen, inwieweit eine Abschiebung nach Afghanistan Art. 3 EMRK widersprechen würde.
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Rückführung ist zu beachten, von welchen Lebensbedingungen für einen Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr auszugehen ist (siehe idS auch VfGH 13.3.2013, U 1006/12). Eine den Garantien der EMRK entsprechende Rückführung kommt nur dann in Betracht, wenn der betreffende afghanische Asylwerber in der Lage ist, sich sofort und aus eigenen Mitteln oder auf Grund eines bestehenden Familienanschlusses an einem hinreichend sicheren Ort ein sicheres Rückzugsgebiet vor allem für die Nacht zu schaffen (vgl. AsylGH 23.1.2012, C1 408601-2/2010; 14.2.2012, C10 303021-1/2008). Bei Nichtvorliegen eines effektiven (siehe z.B. VwGH 12.12.2007, 2006/19/0239) familiären Netzwerks erscheint dies regelmäßig problematisch (vgl. z.B. AsylGH 21.9.2011, C2 415849-1/2010; 22.2.2011, C5 265134-0/2008; 15.12.2011, C10 310459-1/2008; vgl. überdies VfGH 13.3.2013, U 2185/12 mwN). Zur Problematik der Resozialisierung bei längerer Abwesenheit sei auf AsylGH 11.5.2012, C18 406949-1/2009, (vgl. idS ebenso z.B. AsylGH 14.2.2012, C10 303021-1/2008; 1.3.2012, C9 405336-3/2010; 11.6.2012, C18 413629-1/2010) verwiesen.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (für die Unzumutbarkeit der Abschiebung von Fremden in ihren Herkunftsstaat) angenommene "hohe Schwelle" des Art. 3 EMRK hingewiesen (vgl. dazu z. B. VfSlg. 18.407/2008 mwN). Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung iSd § 57 FremdenG abgeleitet werden (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021; vgl. auch VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059, wonach z.B. die Situation einer in einem beheizbaren Zelt von neun Quadratmetern untergebrachten fünfköpfigen Familie zwar als prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK als noch erträglich zu beurteilen sei).
Im gegenständlichen Fall kann in dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgrund keine Bedrohung iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erkannt werden, da der Beschwerdeführer seine behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann weiters ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden. Es sind keine Umstände gerichtsbekannt, dass in Afghanistan generell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Da beim Beschwerdeführer - wie oben festgestellt - keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit erkennbar ist, ist auch nicht ersichtlich, dass er in eine Existenz gefährdende Notlage geraten könnte. Laut eigenen Angaben arbeitete der Beschwerdeführer bereits vor seiner Ausreise nach Österreich in Afghanistan in einem Lebensmittelgeschäft mit einem solchen Ertrag, dass er für seinen Bruder Bestechungsgeld aufbringen konnte und sich Flüge von Herat nach Kabul und zurück leisten konnte. Neben seinen in Herat wohnhaften Familienangehörigen (Mutter, zwei Brüder) leben ein weiterer Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers, mit denen er regelmäßig telefonisch in Kontakt steht, in Kabul. Auch die Tatsache, dass der Vater des Beschwerdeführers mittlerweile verstorben ist, vermag am Bestehen der vorhandenen familiären Anknüpfungspunkte nichts zu ändern. Zudem hat der Beschwerdeführer in seinem Heimatland eine Schulausbildung (10 Jahre Grundschule) abgeschlossen und berufliche Erfahrungen. Der Beschwerdeführer ist zudem gesund. Aufgrund dieser Umstände wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Erwerbstätigkeit nachgehen wird können, die ihm die Bestreitung seines Lebensunterhalts ermöglichen wird. Es ist dabei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Kabul wieder mit seinen Familienangehörigen zusammenleben kann und diese ihn unterstützen können, bis er durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit seinen notwendigen Lebensunterhalt aus Eigenem bestreiten kann.
Aus den Feststellungen ergibt sich , dass sich die Sicherheitslage in der Provinz Herat laut den Berichten in den vergangenen Monaten verschlechtert hat, andererseits noch zu den relativ friedlichen Provinzen zählt. Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer jedenfalls möglich, eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch zu nehmen und sich (wieder) in Kabul, das über einen internationalen Flughafen problemlos erreichbar ist, niederzulassen. Wie oben festgestellt, ist der Beschwerdeführer immer wieder zwischen Herat und Kabul mit dem Flugzeug gependelt, er hat sich im Rahmen seiner Verkaufstätigkeit in Kabul aufgehalten. Ihm sind die Gegebenheiten in Kabul in jeder Hinsicht (Bestechungsgeld) bekannt und verfügt der Beschwerdeführer über "Beziehungen", sodass er sich im Falle einer Rückkehr dort auch wieder rasch zurechtfinden wird. Wie bereits oben ausgeführt kann aufgrund der Ausbildung des Beschwerdeführers und auch aufgrund seiner Berufserfahrung weiters davon ausgegangen werden, dass er bei einer Rückkehr dorthin auch erneut eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und so seinen Lebensunterhalt bestreiten wird können. Zudem befinden sich auch Geschwister in Kabul und ist es durchaus vorstellbar, dass er auch von dieser Seite - wenn nötig - eine notwendige Unterstützung erhalten wird. Aufgrund all dieser Umstände ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Kabul in eine ausweglose Lage geraten würde.
Was die Sicherheitslage in Kabul betrifft, ist festzuhalten, dass nicht verkannt wird, dass auch dort zwar vereinzelt Anschläge verübt werden, sich nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage jedoch als vergleichsweise sicher und stabil darstellt. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass es sich bei den in Kabul verzeichneten Anschlägen hauptsächlich um öffentlichkeitswirksame Angriffe handelt und diese sich meist im Nahebereich staatlicher Einrichtungen oder NGO's ereignen. Eine bereits alle Einwohner von Kabul mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit treffende Gefährdung lässt sich daraus nicht ableiten. Insgesamt betrachtet ist es dem Beschwerdeführer, sowohl was die Sicherheitslage als auch was die Versorgungslage betrifft, somit zumutbar, seinen Aufenthalt in Kabul zu nehmen (vgl. BVwG 10.02.2015, W171 1427979-1/9E).
Es bleibt somit festzuhalten, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, und auch keine ausreichenden Hinweise dafür bestehen, dass sich aus der allgemeinen Situation allein diesbezüglich etwas für den Beschwerdeführer gewinnen ließe.
Zu Spruchpunkt A II.)
§ 75 Abs. 20 AsylG normiert, dass, wenn das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
bestätigt, so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Da der Beschwerdeführer keine verwandtschaftlichen bzw. familiären Beziehungen im Bundesgebiet geltend gemacht hat, liegt im vorliegenden Fall keine Verletzung des Rechts auf ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vor.
Zudem kann bei einer Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung auf Dauer nicht erkannt werden.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Ausweisungen und dem damit verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben hat eine Einzelfallprüfung zu erfolgen, die sich nicht in der formelhaften Abwägung iSd Art. 8 EMRK erschöpfen darf, sondern auf die individuelle Lebenssituation des von der Ausweisung Betroffenen eingehen muss. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.09.2007, B328/07, dargelegt hat, lassen sich aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes eine Vielzahl von Kriterien ableiten, die bei der gebotenen Interessensabwägung zu beachten sind. Dazu zählen vor allem die Aufenthaltsdauer, die an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft ist (EGMR vom 31.01.2006, 50.435/99), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, 9214/80, 9473/81, 9474/81 ua.) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, 54.273/00), der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- oder Berufsausbildung, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (EGMR vom 04.10.2001, 43.359/98 ua.), die Bindung zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.) und die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, 40.447/98 ua.).
Der Beschwerdeführer befindet sich seit Ende August 2012 - sohin seit weniger als drei Jahren - in Österreich, stellte einen Asylantrag und hält sich seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen nicht auf das AsylG 2005 gestützten Aufenthaltstitel, welcher einer Ausweisung entgegenstehen könnte. Da sein Asylantrag sowohl im Hinblick auf internationalen Schutz als auch im Hinblick auf subsidiären Schutz nunmehr abgewiesen wurde, besteht im gegenständlichen Fall grundsätzlich ein rechtliches sowie ein gewichtiges öffentliches Interesse auf Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen und damit auf Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet.
Ausgehend davon, dass der VwGH einen dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen als eher kürzere Aufenthaltsdauer qualifiziert (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, feststellt, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im gegenständlichen Verfahren zu erkennen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, um seinem Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen. Das Gewicht des knapp dreijährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ist noch dadurch gemindert, als dieser nur insofern legal ist, indem er sich auf einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz stützt.
Zwar hat der Beschwerdeführer in Österreich Deutschkurse besucht, davon abgesehen sind jedoch keine weiteren Integrationsverfestigungen des Beschwerdeführers ersichtlich. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über familiäre Beziehungen, noch ist er in der Lage sich selbst zu versorgen (AS 53). Abgesehen von seinem beinahe dreijährigen Aufenthalt in Österreich, hat der Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, ist dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und berufstätig gewesen. Zudem verfügt der Beschwerdeführer in Afghanistan über nahe Familienangehörige (Mutter, drei Brüder und eine Schwester). Er beherrscht überdies eine Sprache seines Herkunftsstaates als Muttersprache. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenüberstehen könnte. Sohin ist momentan von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat auszugehen. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund der Tatsache, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maß gegeben.
Eine Minderung seiner privaten Interessen ergibt sich zudem aus der fehlenden strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, da er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 17.10.2014 gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Ab. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt wurde. Gemäß der Rechtsprechung des VwGH wird die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente durch von einem Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. VwGH 19.11.2003, 2002/21/0181 mwN).
Insgesamt betrachtet überwiegt somit insbesondere im Hinblick auf die noch relativ kurze Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142).
Es war daher nicht zu erkennen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, weshalb das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen war.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
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