VfGH G232/2021

VfGHG232/202114.12.2021

Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip durch Bindung der regionalen Geschäftsstelle des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts an die Nichtzustimmung des Regionalbeirates zum Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung; Regionalbeirat hat keine Behördenfunktion und sichert nichtbehördlichen Sachverstand durch die Einbeziehung der Sozialpartner; Bindung der Behörde an die Befürwortung durch ein nichtbehördliches Organ verhindert eigenständige Beurteilung und damit den eigentlichen behördlichen Vollzug

Normen

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
AuslBG §4 Abs3, §4b, §19, §20, §20a
ArbeitsmarktserviceG §1, §3, §20, §21, §24, §58, §59
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G232.2021

 

Spruch:

I. §4 Abs3 des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG), BGBl Nr 218/1975, idF BGBl Nr I56/2018 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2023 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2420/2020 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Den von einem pakistanischen Staatsangehörigen gestellten Antrag auf internationalen Schutz vom 2. August 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 10. Jänner 2018 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde war zum Zeitpunkt der dem Anlassfall zugrunde liegenden Entscheidung noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Für diesen Asylwerber stellte die Beschwerdeführerin am 4. September 2019 einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit (Lehrling) als Spengler, den das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) Oberwart mit Bescheid vom 25. September 2019 mit der Begründung abwies, dass "[g]emäß Erlass v. 12.09.2018 des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz […] Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen gem. §4 Abs1 bzw Abs2 – aufgrund Sicherstellung eines geordneten Asylwesens bzw gem. §4 Abs3 Ziffer 1 – keine einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat, abzulehnen [sind]." Der Beirat der regionalen Geschäftsstelle habe dem Antrag nicht einhellig zugestimmt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung seien daher nicht gegeben gewesen.

1.2. Im Rahmen der Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht führte das AMS Oberwart aus, dass die Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, weil im Regionalbeirat keine einhellige Zustimmung nach §4 Abs3 Z1 AuslBG zustande gekommen sei. Die Anhörung des Regionalbeirates sei vor Ort in der regionalen Geschäftsstelle erfolgt. Die Nichteinhelligkeit habe sich auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018 gestützt, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004 zu prüfen und zu erledigen seien.

1.3. Die gegen den Bescheid des AMS Oberwart erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 18. Juni 2020 als unbegründet ab. Der Regionalbeirat des AMS Oberwart habe die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mit Beschluss vom 16. September 2019 abgelehnt und seine Entscheidung auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, gestützt, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, zu prüfen und zu erledigen seien. Die Gründe für die nicht einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat würden aus der Stellungnahme des AMS Oberwart hervorgehen, die es anlässlich der Beschwerdevorlage abgegeben habe. Der Ausländer, für den die Beschäftigungsbewilligung beantragt werde, verfüge auf Grund des derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz über ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht und erfülle somit die Voraussetzungen des §4 Abs1 Z1 AuslBG. Die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung würde nur in Betracht kommen, wenn der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet hätte (§4 Abs3 Z1 AuslBG); dieser habe die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung aber gestützt auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, und den Erlass vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht habe zu prüfen, ob die Verweigerung der Befürwortung des Regionalbeirates rechtmäßig erfolgt sei (vgl VfGH 22.9.2017, E503/2016). Die auf das Nichtvorliegen einer einhelligen Befürwortung durch den Regionalbeirat gestützte Abweisung des Antrags auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung sei zu Recht erfolgt.

2. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof am 1. März 2021 die Prüfung näher bezeichneter Absätze der Erlässe der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, sowie des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, beschlossen und die in Prüfung gezogenen Verordnungen mit Erkenntnis vom 23. Juni 2021, V95/2021 ua als gesetzwidrig aufgehoben.

3. Bei der Behandlung der gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof auch Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §4 Abs3 AuslBG entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 25. Juni 2021 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

4. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"4.1. Nach §4 Abs1 AuslBG ist einem Arbeitgeber für einen zu beschäftigenden Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, sofern eine Arbeitsmarktprüfung (=Ersatzkraftverfahren) durchgeführt wurde und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen der Beschäftigung nicht entgegenstehen sowie die weiteren Voraussetzungen (Z1 bis 11) erfüllt sind. Für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen ausländischen Lehrling regelt Abs2 leg cit die Zulassungskriterien (eine die Lage auf dem Lehrstellenmarkt berücksichtigende Arbeitsmarktprüfung, keine der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehenden wichtigen Gründe, Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9). Zusätzlich zu den in Abs1 oder Abs2 leg cit festgelegten Voraussetzungen ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß §4 Abs3 AuslBG entweder von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates (Z1) oder vom Vorliegen besonderer Sachverhalte oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (Z5 bis 14) abhängig (vgl VwGH 19.5.2014, Ro 2014/09/0016; zB Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung als Schüler oder Student, Aufenthaltsberechtigter aus Gründen des besonderen Schutzes nach §57 AsylG, Betriebsentsandter iSd §18 AuslBG, Anspruchsberechtigter auf Arbeitslosenversicherungsleistungen, befristete Beschäftigung als Saisonarbeiter, Erntehelfer oder Künstler).

4.2. Über Beschäftigungsbewilligungen entscheidet die örtlich zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS mit Bescheid (§20 Abs1 iVm §19 und §20 Abs3 AuslBG).

4.3. Das AMS ist ein Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§1 Abs1 AMSG). Das AMS gliedert sich in eine Bundesorganisation, neun Landesorganisationen und innerhalb der Bundesländer in regionale Organisationen. Im Bereich der regionalen Organisation sind gemäß §3 Abs3 AMSG die Organe des AMS der Regionalbeirat und der Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle wird vom Landesdirektorium bestellt und ist Bediensteter des AMS oder eines Amtes des AMS. Er hat die Geschäfte des AMS auf regionaler Ebene zu leiten und nach außen zu verantworten sowie über alle Leistungen des AMS seines Zuständigkeitsbereiches zu entscheiden, sofern nicht anderes bestimmt ist (§22 Abs2 AMSG).

4.4. Als Hilfsapparat der Organe der regionalen Organisationen werden regionale Geschäftsstellen eingerichtet. Eine Übertragung der Befugnisse durch den Leiter der regionalen Geschäftsstelle ist möglich, wobei dieser die Verantwortung behält und das Weisungsrecht der vorgesetzten Organe dadurch nicht berührt wird (§23 AMSG).

4.5. Soweit der regionalen Geschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese nach §24 Abs2 AMSG dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Im Rahmen der behördlichen Aufgabenerfüllung kommt dem Bundesminister für Arbeit ein Weisungsrecht zu: Die Weisungen ergehen vom Bundesminister an den Vorstand der Bundesorganisation, von diesem an den Landesgeschäftsführer und von diesem an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle (§58 AMSG). Bei der Erfüllung von nichtbehördlichen Aufgaben untersteht das AMS der Aufsicht des Bundesministers für Arbeit (§59 AMSG). Nach §60 AMSG unterliegt das AMS einer Kontrolle durch den Rechnungshof sowie die Volksanwaltschaft.

4.6. Bei jeder regionalen Organisation ist zudem ein Regionalbeirat einzurichten. Dieses Gremium besteht aus dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle als Vorsitzendem und vier weiteren Mitgliedern, die das Landesdirektorium auf Vorschlag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft des jeweiligen Bundeslandes, der Vereinigung österreichischer Industrieller, der Kammer für Arbeiter und Angestellte des jeweiligen Bundeslandes und des österreichischen Gewerkschaftsbundes bestellt. Die Funktionsperiode der vier weiteren Mitglieder beträgt sechs Jahre, wobei eine Wiederbestellung zulässig ist (§20 AMSG). Diese weiteren Mitglieder sind zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet (§21 Abs8 AMSG). Zudem trifft alle Organe des AMS eine Verschwiegenheitspflicht (§27 AMSG). Einberufen wird der Beirat von seinem Vorsitzenden und er ist grundsätzlich bei Anwesenheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlussfähig. Sofern nicht anderes bestimmt ist, werden die Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst (vgl §21 AMSG).

 

5. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheint §4 Abs3 Z1 AuslBG gegen das Rechtsstaatsprinzip vor dem Hintergrund des Systems der Bundesverfassung zu verstoßen:

5.1. Beschäftigungsbewilligungen nach §4 AuslBG dürften vom Leiter der regionalen Geschäftsstelle mit Bescheid erlassen werden (vgl §24 Abs2 AMSG und §20 Abs1 und 3 AuslBG); der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, dass der Leiter der regionalen Geschäftsstelle zuständige Behörde ist. Beantragt ein Arbeitgeber die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach §4 AuslBG, dürfte der Leiter der regionalen Geschäftsstelle zunächst die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen, die einer Beschäftigungserteilung entgegen stehen können, zu beurteilen haben. Zusätzlich dürfte dieser die weiteren Voraussetzungen nach §4 Abs1 Z1 bis 11 (bzw Z1 bis 9 im Falle eines Lehrlings) AuslBG sowie das Vorliegen einer der taxativ aufgezählten Voraussetzungen nach §4 Abs3 Z1 bis 14 AuslBG zu prüfen haben. Weiters geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass der Regionalbeirat keine eigenständige Behörde ist.

Bei Beschäftigungsbewilligungen nach §4 Abs3 Z1 AuslBG dürfte aber auch der Regionalbeirat die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die einer beantragten Beschäftigung entgegenstehenden öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen zu beurteilen haben (vgl VfSlg 12.506/1990). Unter Zugrundelegung dieser Auffassung geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass von beiden Organen (Leiter der regionalen Geschäftsstelle und Regionalbeirat, vgl §3 Abs3 AMSG) dieselben allgemeinen Kriterien nach §4 Abs1 bzw 2 AuslBG geprüft werden. Im Unterschied zur Rechtslage, die der Entscheidung VfSlg 12.506/1990 zugrunde lag, dürfte nun in §4 Abs3 AuslBG eine taxative Aufzählung von Zuerkennungsmöglichkeiten vorgesehen sein, die abgesehen von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates ausschließlich einzelne besondere Sachverhalte und bestimmte Personengruppen umfasst (vgl VwGH 19.5.2014, Ro 2014/09/0016). In jenen Fällen, in denen kein unter §4 Abs3 Z5 bis 14 AuslBG subsumierbarer Sachverhalt vorliegt, scheint dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle auf Grund der abschließenden Aufzählung in §4 Abs3 AuslBG keine Möglichkeit zu verbleiben, eine Bewilligung zu erteilen, wenn der Regionalbeirat nicht einhellig zustimmt (vgl zum qualifizierten Zustimmungsrecht im Unterschied zum Anhörungsrecht des Regionalbeirates nach §20 Abs2 AuslBG: Kind, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2018, §20 Rz 4 f.; Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz², 2018, §20 Rz 5).

5.2. Dieses Zustimmungserfordernis scheint den Leiter der regionalen Geschäftsstelle im Falle der Nichtzustimmung des Regionalbeirates an dessen negative Beurteilung zu binden, ihm auf diese Weise die Verantwortung für eine eigenständige Tatsachenfeststellung und damit das Recht zur Entscheidung über den Antrag zu entziehen (vgl VfSlg 19.804/2013): Wenn also der Leiter der regionalen Geschäftsstelle im Sinne des Antrags die Arbeitsmarktlage positiv beurteilt sowie nach seiner Beurteilung keine wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen der beantragten Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen, die weiteren Voraussetzungen nach §4 Abs1 AuslBG vorliegen und dementsprechend nach seiner rechtlichen Beurteilung eine Bewilligung zu erteilen wäre, scheint ihm dies verwehrt zu sein, wenn der Regionalbeirat seine Zustimmung nicht einhellig erteilt. Damit dürfte in diesen Konstellationen die tatsächliche Entscheidungsgewalt im Ergebnis dem Regionalbeirat übertragen sein (vgl Lachmayer, Beiräte in der Bundesverwaltung, 2003, 80 und 255 f.). In diesen Fällen dürfte daher dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle nicht mehr das Recht zur selbständigen Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen zukommen, obwohl dieser als Behörde zur Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §4 Abs1 bzw 2 und 3 AuslBG berufen sein dürfte (vgl auch §20 AuslBG sowie §24 Abs2 AMSG).

5.3. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Einbeziehung des Sachverstandes von – insbesondere auch mit Sozialpartnern besetzten – Beiräten zur Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen verfassungsrechtlich zulässig sowie bei entsprechender gesetzlicher Verankerung auch geboten ist (vgl VfSlg 10.313/1984, 10.823/1986). Im vorliegenden Fall dürfte dem Regionalbeirat entgegen seiner sonstigen Konzeption (vgl §21 Abs1 AMSG) nicht nur eine beratende Funktion, sondern die Befugnis eingeräumt sein, über das Nichtvorliegen der in §4 Abs1 bzw 2 AuslBG statuierten Voraussetzungen in einer für den Leiter der regionalen Geschäftsstelle bindenden Weise zu entscheiden. Insofern dürfte sich die vorliegend in Prüfung gezogene Regelung von den der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegenden Regelungen zur Beiziehung von paritätisch besetzten, beratenden Gremien bei der Erlassung von Verordnungen unterscheiden (vgl VfSlg 9582/1982, 10.313/1984, 10.595/1985, 10.604/1985, 10.823/1986, 13.881/1994).

5.4. Die Regelung scheint dem Rechtsstaatsprinzip vor dem Hintergrund des Systems der Bundesverfassung zu widersprechen, weil die Behörde vom Regionalbeirat nicht bloß beraten werden dürfte, sondern in bestimmten Konstellationen der Behörde vielmehr die Entscheidungsbefugnis entzogen sein dürfte und die Behörde an das Abstimmungsergebnis des Regionalbeirates gebunden sein dürfte (vgl VfSlg 10.823/1986). Damit dürfte dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle in den genannten Konstellationen die Möglichkeit entzogen sein, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen selbst zu beurteilen (vgl VfSlg 16.049/2000). Im Gesetzesprüfungsverfahren wird der Verfassungsgerichtshof zu prüfen haben, ob die in §4 Abs3 Z1 AuslBG als Voraussetzung geregelte einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat allenfalls verfassungskonform als bloße – nicht bindende – Einbindung eines sachverständigen Meinungsbildes angesehen werden könnte.

5.5. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass der Regionalbeirat und der Leiter der regionalen Geschäftsstelle dieselben Voraussetzungen für die Entscheidung über die Erteilung einer Bewilligung nach §4 Abs1 bzw 2 AuslBG zu beurteilen bzw zu prüfen haben; im Übrigen dürfte die Zustimmung des Regionalbeirates nicht eine reine Tatbestandsvoraussetzung darstellen (vgl VfGH 22.9.2017, E503/2016):

Das Zustimmungserfordernis des Regionalbeirates nach §4 Abs3 Z1 AuslBG scheint auf das verwaltungsbehördliche Verfahren beschränkt zu sein und nicht auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu gelten; das Bundesverwaltungsgericht dürfte somit nicht nur die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Leiters der regionalen Geschäftsstelle, sondern auch (je nach Lage des Falles) die Rechtmäßigkeit der Äußerung (Verweigerung der Befürwortung) des Regionalbeirates zu prüfen haben (vgl VfGH 22.9.2017, E503/2016 mwN; 24.11.2017, E2936/2016; vgl zum Anhörungsrecht auch VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; 9.3.2016, Ra 2016/08/0045). Demzufolge dürfte das Bundesverwaltungsgericht umfassend prüfen müssen, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), ob der Bewilligungserteilung wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen entgegenstehen sowie ob die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, und zwar auch dann, wenn sich der vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochtene Bescheid des Leiters der regionalen Geschäftsstelle ausschließlich auf die fehlende Zustimmung des Regionalbeirates stützt und der Leiter der regionalen Geschäftsstelle nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes insoweit keine eigene Beurteilung vornehmen konnte.

Das – an die Beurteilung des Regionalbeirates offenbar nicht gebundene – Bundesverwaltungsgericht dürfte sodann die der (Nicht-)Zustimmung des Regionalbeirates zugrunde liegende Beurteilung nach Maßgabe des §4 Abs1 bzw 2 AuslBG inhaltlich überprüfen müssen (vgl VfSlg 12.506/1990; VfGH 22.9.2017, E503/2016). Im Falle der Nichterteilung der Zustimmung durch den Regionalbeirat dürfte die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis als eigenständige – erstmals umfassend getroffene – Beurteilung der Arbeitsmarktlage und der wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen nach §4 Abs1 bzw 2 AuslBG anzusehen sein. Auf Grund der Bindung an die einhellige Befürwortung des Regionalbeirates dürfte der Leiter der regionalen Geschäftsstelle hingegen nicht die Möglichkeit haben, die Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung nach §4 Abs1 bzw 2 AuslBG (Arbeitsmarktlage, öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen, Voraussetzungen nach Abs1 Z1 bis 11) nach eigenständiger Prüfung dem Bescheid zugrunde zu legen und von der Beurteilung des Regionalbeirates abzuweichen.

 

6. Es dürfte mit dem in Art130 B‑VG festgelegten System der Verwaltungsgerichtsbarkeit unvereinbar sein, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem Bescheidbeschwerdeverfahren nach Art130 Abs1 Z1 B‑VG über Rechtsfragen erstmals umfassend entscheidet, welche zu entscheiden der belangten Behörde auf Grund des (nur) von ihr anzuwendenden §4 Abs3 Z1 AuslBG verwehrt sein dürfte. Vor dem Hintergrund der Bedenken ist davon auszugehen, dass der gesamte Absatz 3 des §4 AuslBG zu prüfen ist. Vorläufig betrachtet könnte im Falle der Verfassungswidrigkeit des §4 Abs3 Z1 AuslBG auf Grund der taxativen Aufzählung in §4 Abs3 AuslBG mit einer Aufhebung bloß dieser Ziffer die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden, da (abgesehen von den einzeln aufgezählten Sachverhalten und Personengruppen) selbst bei Vorliegen einer entsprechenden Arbeitsmarktsituation keine Möglichkeit bestehen dürfte, eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen. Ob die Ziffern in Absatz 3 in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, wird schließlich im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

5. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"1. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass §4 Abs3 AuslBG dem Rechtsstaatsprinzip widerspreche, und begründet dies im Wesentlichen damit, dass im Unterschied zur Rechtslage, die der Entscheidung VfSlg 12.506/1990 zugrunde lag, in §4 Abs3 AuslBG nun eine taxative Aufzählung von Zuerkennungsmöglichkeiten vorgesehen sein dürfte, die abgesehen von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates ausschließlich einzelne besondere Sachverhalte und bestimmte Personengruppen umfasse. In jenen Fällen, in denen kein unter §4 Abs3 Z5 bis 14 AuslBG subsumierbarer Sachverhalt vorliege, scheine der Behörde auf Grund der abschließenden Aufzählung in §4 Abs3 AuslBG keine Möglichkeit zu verbleiben, eine Bewilligung zu erteilen, wenn der Regionalbeirat nicht einhellig zustimme. Damit dürfte laut Verfassungsgerichtshof dem Regionalbeirat die Befugnis eingeräumt sein, über das Nichtvorliegen der in §4 Abs1 bzw 2 AuslBG statuierten Voraussetzungen in einer für den Leiter der regionalen Geschäftsstelle bindenden Weise zu entscheiden. Damit dürfte der Behörde in den genannten Konstellationen die Möglichkeit entzogen sein, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen selbst zu beurteilen.

1.2. Die Bundesregierung teilt das konkrete Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht:

1.3.1. §4 Abs1 und 2 AuslBG enthalten einige Voraussetzungen für die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen. Die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedoch nur dann zulässig, wenn auch (zusätzlich) die Voraussetzungen des §4 Abs3 AuslBG erfüllt werden, nämlich, dass der Sachverhalt einen der in den Ziffern des Abs3 vorgesehenen Tatbestände erfüllt. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs1 oder 2 führt noch nicht dazu, dass eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre.

1.3.2. Diese Voraussetzungen des §4 Abs3 AuslBG stehen gleichrangig nebeneinander. Sie unterscheiden sich jedoch insofern voneinander, als die Voraussetzungen gemäß den Z5 bis 14 inhaltlicher Natur sind. Hingegen ist die Z1 bloß formaler Natur: Alleiniges Tatbestandselement ist, dass der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet (vgl idS BVwG 29.8.2016, L517 2132302-1, unter Verweis auf VwGH 6.11.2006, 2005/09/0100 und 15.9.2011, 2011/09/0017). Kriterien für diese Befürwortung enthält das Gesetz nicht, vielmehr handelt es sich um eine Art 'politische' Entscheidung des Regionalbeirats, die ausschließlich darin gelegen ist, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eben zu befürworten (vgl idS BVwG BVwG 29.8.2016, L517 2132302-1, VwGH 28.6.2007, 2005/09/0186).

1.3.3. Um zu beurteilen, ob die Voraussetzung des §4 Abs3 Z1 AuslBG gegeben ist, hat die Behörde bei Erledigung des Verfahrens (ausschließlich) zu prüfen, ob die 'Befürwortung' durch den Regionalbeirat vorliegt. Ob die Befürwortung durch den Regionalbeirat zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, oder ob die Nichtbefürwortung bzw nicht einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, ist von der Behörde schon deshalb nicht zu ermitteln, weil es zum einen keine gesetzlichen Voraussetzungen für die Befürwortung durch den Regionalbeirat gibt, anhand deren die Behörde ihre Beurteilung vornehmen könnte, und zum anderen §4 Abs3 Z1 AuslBG dies nicht vorsieht.

1.3.4. Liegt eine Befürwortung durch den Regionalbeirat vor, führt dies nicht dazu, dass die Behörde von einer Prüfung der Voraussetzungen gemäß §4 Abs1 und 2 (und 3) AuslBG entbunden wäre; vielmehr stellt das Vorliegen der Befürwortung lediglich eine der alternativen Voraussetzungen des §4 Abs3 AuslBG dar.

1.3.5. Anders als dies der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, wird demnach dem Regionalbeirat weder die Befugnis eingeräumt, über die Voraussetzungen des §4 Abs1 und 2 AuslBG in einer für die Behörde bindenden Weise zu entscheiden, noch wird der Behörde die Möglichkeit entzogen, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen selbst zu beurteilen.

1.4. Schließlich verweist die Bundesregierung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 12.506/1990, in dem der vergleichbaren Regelung des §4 Abs6 AuslBG aF eine Bindung der Behörde an die einhellige Befürwortung durch den (damaligen) Verwaltungsausschuss nicht einmal unterstellt wurde. Dass sich die Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzung der einhelligen Befürwortung seit diesem Erkenntnis rechtserheblich geändert hätte, ist der Bundesregierung nicht ersichtlich (so auch BVwG 13.11.2015, W131 215036-1).

1.5. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass §4 Abs3 AuslBG dem Rechtsstaatsprinzip nicht aus den vom Verfassungsgerichtshof gehegten Bedenken widerspricht.

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art130 B‑VG:

2.1. Dem Verfassungsgerichtshof zufolge dürfte es mit dem in Art130 B‑VG festgelegten System der Verwaltungsgerichtsbarkeit unvereinbar sein, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem Bescheidbeschwerdeverfahren nach Art130 Abs1 Z1 B‑VG über Rechtsfragen erstmals umfassend entscheide, welche zu entscheiden der belangten Behörde auf Grund des (nur) von ihr anzuwendenden §4 Abs3 Z1 AuslBG verwehrt sein dürfte.

2.2. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

2.3. Die Bundesregierung verkennt nicht, dass das Bedenken des Verfassungsgsgerichtshofes dann konsequent erscheint, wenn man dem §4 Abs3 Z1 AuslBG die vom Verfassungsgerichtshof zugemessene Bedeutung zu Grunde legt. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass an einer solchen Rechtsauslegung vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlautes des §4 AuslBG Zweifel aufkommen.

2.4. Wie bereits dargelegt, handelt es sich beim Vorliegen (bzw Nichtvorliegen) der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates um einen Sachverhalt, der unter den entsprechenden Tatbestand des §4 Abs3 Z1 AuslBG zu subsumieren ist. Das Vorliegen der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates ist demnach eine der (im Hinblick auf die sonstigen Voraussetzungen des Abs3: auch alternativen) Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung. §4 Abs3 AuslBG (wie auch §4 Abs1 bzw 2 AuslBG) konstituiert damit die 'Sache' des behördlichen Verfahrens.

2.5. Entscheidet das Verwaltungsgericht 'in der Sache', hat es dieselben Rechtsvorschriften, die für die Sache konstituierend sind, zu vollziehen wie die Behörde. Dies gilt selbst dann, wenn das Materiengesetz seinem Wortlaut nach die 'Behörde' adressiert (was hier aber gar nicht der Fall ist). §4 Abs1 bis 3 AuslBG legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen ist und differenziert nicht danach, ob die Beschäftigungsbewilligung von der Behörde oder dem Verwaltungsgericht erteilt wird. Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, liegen sie nicht vor, ist die Beschäftigungsbewilligung nicht zu erteilen; unabhängig davon, ob diese Beschäftigungsbewilligung durch die Behörde oder das Verwaltungsgericht erfolgt. Eine der (alternativen) Voraussetzungen ist, dass der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet. Diese Befürwortung kann weder durch die Behörde noch durch das Gericht substituiert werden, da andernfalls keine Befürwortung durch den Regionalbeirat vorliegen würde.

2.6. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichts nicht über jene der Behörde hinausgeht, vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht zutrifft.

 

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

Für den Fall der Aufhebung beantragt die Bundesregierung für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

6. Die im Anlassfall beschwerdeführende Partei hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich im Wesentlichen den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes anschließt.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG), BGBl 218/1975, idF BGBl I 54/2021 lauten wie folgt (der in Prüfung gezogene Absatz ist hervorgehoben):

"Abschnitt II

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß §54 Abs1 Z2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß §46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß §1 Abs2 lita vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§2 Abs2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des §6 Abs2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,

10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und

11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.

(2) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen ausländischen Lehrling zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt (Arbeitsmarktprüfung), keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen und die Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9 vorliegen.

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs1 und 2 nur erteilt werden, wenn

1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder

5. der Ausländer gemäß §5 befristet beschäftigt werden soll oder

6. der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§63 NAG) oder Student (§64 Abs1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels 'Student' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder

7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§18) oder

9. der Ausländer gemäß §57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder

10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 AÜG bzw §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß §16a AÜG bzw §40a Abs6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des §16 Abs4 Z1 bis 3 AÜG bzw §40a Abs2 Z1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder

11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder

12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 609, hat oder

13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder

14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs4 angehört.

(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und – sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt – den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.

(5) Bei Vorliegen einer Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes oder gemäß §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 entfallen die Arbeitsmarktprüfung nach Abs1 und die Anhörung des Regionalbeirates.

(6) Bei der Beschäftigung eines Gesellschafters gemäß §2 Abs4 gilt Abs1 Z2 nur dann als erfüllt, wenn die Beschäftigung die Lohn- und Arbeitsbedingungen inländischer Arbeitnehmer nicht gefährdet. Eine Gefährdung ist anzunehmen, wenn die Einkünfte des Gesellschafters, beginnend mit der Aufnahme seiner Tätigkeit, unter dem ortsüblichen Entgelt inländischer Arbeitnehmer liegen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.

(7) Die Arbeitsmarktprüfung gemäß Abs1 und 2 entfällt bei

2. Schülern und Studenten (Abs3 Z6) für eine Beschäftigung, die 20 Wochenstunden nicht überschreitet,

3. Studienabsolventen (§12b Z2),

4. Fachkräften hinsichtlich einer Beschäftigung in einem in der Fachkräfteverordnung (§13) festgelegten Mangelberuf,

5. Ausländern, die besonderen Schutz genießen (Abs3 Z9) und

6. registrierten befristet beschäftigten Ausländern (§5 Abs7).

 

Prüfung der Arbeitsmarktlage

§4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§4 Abs1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

(2) Die Prüfung gemäß Abs1 entfällt, wenn dem Arbeitgeber eine Sicherungsbescheinigung für den beantragten Ausländer ausgestellt wurde.

(3) Bei der Zulassung von Ehegatten und minderjährigen Kindern von Ausländern gemäß §18a zu einer Beschäftigung ist die Prüfung gemäß Abs1 auf die Verfügbarkeit von Inländern und EWR-Bürgern zu beschränken.

 

Abschnitt V

Verfahren

Anträge nach Abschnitt II und IV

§19. (1) Der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung oder Anzeigebestätigung bzw Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung ist unbeschadet der Abs2 und 3 und des §18 vom Arbeitgeber bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen, in deren Sprengel der in Aussicht genommene Beschäftigungsort liegt, bei wechselndem Beschäftigungsort bei der nach dem Sitz des Betriebes, im Falle der Entsendung bei der für den ersten Arbeitseinsatz örtlich oder fachlich zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

(2) Wird der Ausländer über den im §6 Abs2 genannten Zeitraum hinaus im Betrieb eines anderen Arbeitgebers beschäftigt, ist die Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung von diesem Arbeitgeber zu beantragen.

(3) Ist kein Arbeitgeber im Bundesgebiet vorhanden, ist der Antrag nach Abs1 für den Fall, daß eine Person im Sinne des §2 Abs3 vorhanden ist, von dieser, in allen anderen Fällen vom Ausländer zu beantragen. Der Antrag ist bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen bzw Beschäftigungen erbracht werden.

(4) Der Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines ist vom Ausländer bei der nach seinem Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen bei der nach seinem gewöhnlichen Aufenthalt zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen.

(5) Der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung ist vor der Einreise des Ausländers, der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung vor Aufnahme der Beschäftigung einzubringen. Der Antrag auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines ist vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer einzubringen.

(6) Wurde eine Sicherungsbescheinigung ausgestellt, sind die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung erforderlichen Voraussetzungen bereits vor Einbringung des Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zu prüfen.

(7) Bei einer Vermittlung durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts wegen die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen oder der Befreiungsschein auszustellen.

(8) Bei Anträgen, die auf geringfügige Änderungen des Inhaltes oder die Verlängerung einer Sicherungsbescheinigung, einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines gerichtet sind, kann sich die Prüfung der Voraussetzungen auf jene beschränken, die sich ändern.

(9) Anträge gemäß Abs1, 2, 3, 4, 5 und 8 sind unter Verwendung der bei den Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice aufliegenden Antragsformulare schriftlich einzubringen.

(10) Die fachliche Zuständigkeit der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice richtet sich nach der Arbeitsmarktsprengelverordnung, BGBl Nr 928/1994, in der jeweils geltenden Fassung.

 

Entscheidung

§20. (1) Über Anträge gemäß §19, über den Widerruf einer Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder eines Befreiungsscheines und über die Untersagung der Beschäftigung gemäß §18 Abs12 entscheidet die nach §19 Abs1, 3 und 4 zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

(2) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist vor Entscheidungen und vor der Ausstellung von Bestätigungen gemäß §18 Abs12 und 13 der Regionalbeirat anzuhören. Eine allfällige Äußerung im Rahmen der Anhörung ist binnen einer Woche abzugeben. Der Regionalbeirat kann festlegen, dass die Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen und von Bestätigungen gemäß §18 Abs12 und 13 sowie die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen und Entsendebewilligungen insbesondere bei Vorliegen einer bestimmten Arbeitsmarktlage oder bestimmter persönlicher Umstände der Ausländer als befürwortet gelten. Eine derartige Festlegung ist nur zulässig, wenn sie von einem Mitglied des Regionalbeirates oder des Landesdirektoriums angeregt wird und arbeitsmarktpolitischen Interessen nicht entgegensteht.

(3) Eine Bescheidausfertigung über die Beschäftigungsbewilligung bzw über den Widerruf einer solchen ist auch dem Ausländer unabhängig von seiner Stellung im Verfahren (§21) zuzustellen. Gleiches gilt für die Anzeigebestätigung gemäß §3 Abs5 und für die Entsendebewilligung nach §18. Die Ausfertigung der Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer hat Angaben über die in Aussicht gestellte Entlohnung zu enthalten.

(4) Die Ausfertigungen der nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Bescheide und Bescheinigungen, die im Wege elektronischer Datenverarbeitungsanlagen oder in einem ähnlichen Verfahren hergestellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

 

Verfahrensdauer

§20a. Über Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen und Sicherungsbescheinigungen ist von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice binnen sechs Wochen zu entscheiden."

2. §§1, 3, 20, 21, 22 und 58 des Bundesgesetzes über das Arbeitsmarktservice (Arbeitsmarktservicegesetz – AMSG), BGBl 313/1994, §24 AMSG, BGBl 313/1994, idF BGBl I 71/2013 und §59 AMSG, BGBl 313/1994, idF BGBl I 139/1997 lauten:

1. TEIL

Organisation

1. HAUPTSTÜCK

Allgemeines

Arbeitsmarktservice

§1. (1) Die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes obliegt dem 'Arbeitsmarktservice'. Das Arbeitsmarktservice ist ein Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit.

(2) Das Arbeitsmarktservice ist in eine Bundesorganisation, in Landesorganisationen für jedes Bundesland und innerhalb der Bundesländer in regionale Organisationen gegliedert.

(3) Die Bundesorganisation führt die Bezeichnung 'Arbeitsmarktservice Österreich'.

(4) Die Landesorganisationen führen die Bezeichnung 'Arbeitsmarktservice' unter Hinzufügung des Namens des jeweiligen Bundeslandes.

(5) Die regionalen Organisationen führen die Bezeichnung 'Arbeitsmarktservice' unter Hinzufügung des Namens der Gemeinde (erforderlichenfalls mit einem der Unterscheidbarkeit dienendem Zusatz), in der sie eingerichtet sind.

 

Organe

§3. (1) Die Organe des Arbeitsmarktservice im Bereich der Bundesorganisation des Arbeitsmarktservice sind

1. der Verwaltungsrat,

2. der Vorstand.

(2) Die Organe des Arbeitsmarktservice im Bereich der Landesorganisationen des Arbeitsmarktservice sind

1. das Landesdirektorium,

2. der Landesgeschäftsführer.

(3) Die Organe des Arbeitsmarktservice im Bereich der regionalen Organisationen sind

1. der Regionalbeirat,

2. der Leiter der regionalen Geschäftsstelle.

 

2. ABSCHNITT

Regionalbeirat

Zusammensetzung und Mitgliedschaft

§20. (1) Bei jeder regionalen Organisation ist ein Beirat einzurichten (Regionalbeirat).

(2) Der Beirat besteht aus dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle als Vorsitzendem und vier weiteren Mitgliedern. Diese weiteren Mitglieder bestellt das Landesdirektorium auf Vorschlag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft des jeweiligen Bundeslandes, der Vereinigung österreichischer Industrieller, der Kammer für Arbeiter und Angestellte des jeweiligen Bundeslandes und des österreichischen Gewerkschaftsbundes. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen, der das Mitglied zu vertreten hat, wenn es an der Ausübung seiner Funktion verhindert ist.

(3) Die Funktionsperiode der vier weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates beträgt sechs Jahre; die Wiederbestellung ist zulässig.

(4) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) können jederzeit gegenüber dem Landesdirektorium den Rücktritt erklären. Der Rücktritt wird mit der schriftlichen Erklärung gegenüber dem Landesdirektorium wirksam. Die Mitgliedschaft (stellvertretende Mitgliedschaft) erlischt, wenn das Mitglied (stellvertretende Mitglied) Mitglied des Vorstandes, Landesgeschäftsführer (Stellvertreter des Landesgeschäftsführers), Mitglied des Verwaltungsrates oder eines Landesdirektoriums oder das weitere Mitglied (stellvertretende Mitglied) Bediensteter des Arbeitsmarktservice wird.

(5) Das Landesdirektorium hat die Bestellung eines von ihm bestellten Mitgliedes (stellvertretenden Mitgliedes) des Beirates zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere bei grober Pflichtverletzung oder dauernder Unfähigkeit zur Ausübung der Funktion vor.

(6) Scheidet ein Mitglied (stellvertretendes Mitglied) vor Ablauf der Zeit, für die es bestellt ist, aus, so ist für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied (stellvertretendes Mitglied) zu bestellen.

 

Aufgaben und Verfahren

§21. (1) Der Beirat hat in Umsetzung der Richtlinien der Bundes- und der Landesorganisation die Grundsätze der Arbeitsmarktpolitik für den Bereich der regionalen Geschäftsstelle festzulegen.

In seinen Aufgabenbereich fallen folgende Angelegenheiten:

1. Vorschlag zur Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik auf regionaler Ebene gegenüber der Landesorganisation,

2. Anhörung vor der Bestellung des Leiters der regionalen Geschäftsstelle,

3. Beschluß über Berichte zur Arbeitsmarktpolitik der regionalen Organisation,

4. Genehmigung der regionalen Präliminarien,

5. Genehmigung kurz- und mittelfristiger Arbeitsprogramme und

6. Mitwirkung in sonstigen Angelegenheiten, in denen dies gesetzlich vorgesehen ist.

(2) Der Beirat wird von seinem Vorsitzenden (Stellvertreter) einberufen. Er ist jedenfalls unverzüglich einzuberufen, wenn dies der Landesgeschäftsführer, das Landesdirektorium oder mindestens zwei Mitglieder des Beirates unter Angabe von Gründen verlangen.

(3) Der Beirat ist bei Anwesenheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlußfähig. Die Geschäftsordnung kann für die Beschlußfassung in wichtigen Angelegenheiten ein höheres Anwesenheitsquorum vorsehen.

(4) Der Beirat faßt, sofern in diesem Bundesgesetz oder in der Geschäftsordnung nicht anderes bestimmt ist, seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5) Der Beirat kann insbesondere zur Vorbereitung seiner Verhandlungen und Beschlüsse sowie zur Überwachung der ordnungsgemäßen Erfüllung der dem Arbeitsmarktservice im Bereich der regionalen Organisation obliegenden Aufgaben Ausschüsse einsetzen. Einem Ausschuß können auch Personen angehören, die nicht Mitglieder (stellvertretende Mitglieder) des Beirates sind.

(6) Der Beirat oder ein Mitglied des Beirates kann vom Leiter der regionalen Geschäftsstelle Auskünfte und Berichte zu allen Fragen der Tätigkeit des Arbeitsmarktservice der Regionalorganisation verlangen.

(7) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates (§20 Abs2) und seiner Ausschüsse haben, sofern auf Grund sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen nicht anderes bestimmt ist, für die Teilnahme an den Sitzungen des Beirates und seiner Ausschüsse Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie auf Entschädigung für Zeitversäumnis entsprechend den für Schöffen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 und auf ein angemessenes Sitzungsgeld, das vom Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festgesetzt wird.

(8) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates und die Ausschußmitglieder sind zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet. Sie haften, unbeschadet der Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes, für jeden Schaden, der dem Arbeitsmarktservice oder dem Bund aus der Vernachlässigung ihrer Pflichten erwächst.

 

3. ABSCHNITT

Leiter der regionalen Geschäftsstelle

§22. (1) Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle wird vom Landesdirektorium bestellt. Er ist Bediensteter des Arbeitsmarktservice gemäß den Bestimmungen des 5. Teiles oder Bediensteter eines Amtes des Arbeitsmarktservice.

(2) Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle hat die Geschäfte des Arbeitsmarktservice auf regionaler Ebene unter Beachtung der Richtlinien der Bundes- und der Landesorganisation sowie der vom Regionalbeirat beschlossenen Grund-sätze unter eigener Verantwortung so zu leiten und nach außen zu vertreten, wie das Wohl des Arbeitsmarktservice unter Berücksichtigung der Bestimmungen des §31 Abs5 erster Satz es erfordert. Er hat über alle Leistungen des Arbeitsmarktservice seines Zuständigkeitsbereiches, soweit im Gesetz nicht anderes bestimmt ist, zu entscheiden.

 

5. HAUPTSTÜCK

Gemeinsame Vorschriften

Behördliche Aufgaben

§24. (1) Für die Besorgung behördlicher Aufgaben des Arbeitsmarktservice hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung Zuständigkeitssprengel festzulegen.

(2) Soweit der regionalen Geschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle.

(3) Soweit der Landesgeschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese dem Landesgeschäftsführer.

 

6. TEIL

Aufsicht

1. HAUPTSTÜCK

Aufgaben des Bundesministers für Arbeit und Soziales

Aufgaben im behördlichen Verfahren

§58. (1) Soweit das Arbeitsmarktservice behördliche Aufgaben zu erfüllen hat, unterliegt es dem Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit und Soziales.

(2) Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales im behördlichen Verfahren ergehen an den Vorstand, von diesem an den Landesgeschäftsführer und von diesem an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle.

 

Aufgaben im nichtbehördlichen Bereich

§59. (1) Soweit das Arbeitsmarktservice nichthoheitliche Aufgaben erfüllt, untersteht es der Aufsicht des Bundesministers für Arbeit und Soziales.

(2) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat dem Arbeitsmarktservice für die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik allgemeine Zielvorgaben zu geben. Soweit darin Grundsätze über den Einsatz finanzieller Leistungen gemäß dem 2. Teil, 3. Hauptstück enthalten sind, bedürfen diese des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Finanzen. Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat für die erforderlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Festlegung allgemeiner Zielvorgaben der Arbeitsmarktpolitik sowie für die Bekanntmachung der Schwerpunkte der allgemeinen Zielvorgaben in der Öffentlichkeit zu sorgen.

(3) Bei Ausübung der Aufsicht ist die Gesetzmäßigkeit und die Einhaltung der nach diesem Gesetz ergangenen Vorschriften (Zielvorgaben, Verordnungen, Richtlinien) einschließlich der Ausrichtung der Tätigkeiten und Leistungen des Arbeitsmarktservice auf die im Rahmen der Vollbeschäftigungspolitik der Bundesregierung zu verfolgende aktive Arbeitsmarktpolitik (§29) zu prüfen.

(4) Zur Prüfung gemäß Abs3 gehört auch die Beobachtung und Bewertung der Tätigkeiten und Leistungen des Arbeitsmarktservice hinsichtlich ihrer arbeitsmarktpolitischen Effizienz.

(5) In Ausübung der Aufsicht hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales bei Beschlüssen der Organe des Arbeitsmarktservice (§3), die im Widerspruch zur gesetzmäßigen Führung der Geschäfte stehen, den Verwaltungsrat unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, unverzüglich auf eine gesetzeskonforme Vorgangsweise hinzuwirken. Nach Ablauf dieser Frist geht die Kompetenz zur Vollziehung der entsprechenden Angelegenheit, ungeachtet der sich sonst aus dem Gesetz ergebenden Zuständigkeiten, auf den Verwaltungsrat über. Der Vollzug der Beschlüsse ist während dieser Frist ausgesetzt. Wenn während dieser Frist keine gesetzeskonforme Maßnahme durch das Arbeitsmarktservice gesetzt wird, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales die gesetzwidrigen Beschlüsse aufzuheben.

(6) Nehmen Organe des Arbeitsmarktservice oder Mitglieder dieser Organe ihre in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten nicht wahr, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales den Verwaltungsrat aufzufordern, innerhalb einer kurzen, angemessenen Frist für die Setzung der unterlassenen Handlungen zu sorgen. Kommt der Verwaltungsrat diesem Verlangen innerhalb dieser Frist nicht nach, so hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales die unterlassenen Handlungen durchzuführen. Die Setzung der Nachfrist kann bei Gefahr im Verzug entfallen.

(7) Das Arbeitsmarktservice ist verpflichtet, dem Bundesminister für Arbeit und Soziales auf Verlangen alle für die Wahrnehmung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu geben und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(8) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann sich bei Ausübung der Aufsicht erforderlichenfalls geeigneter externer Einrichtungen bedienen. Er hat auf Anregungen des Bundesministers für Finanzen betreffend die Aufsichtsführung Bedacht zu nehmen. Dadurch dürfen schutzwürdige Interessen Dritter im Sinne des §1 Abs1 des Datenschutzgesetzes nicht verletzt werden."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Nach §4 Abs1 AuslBG ist einem Arbeitgeber für einen zu beschäftigenden Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, sofern eine Arbeitsmarktprüfung (= Ersatzkraftverfahren) durchgeführt wurde und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen der Beschäftigung nicht entgegenstehen sowie die weiteren Voraussetzungen (Z1 bis 11) erfüllt sind. Für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen ausländischen Lehrling regelt Abs2 leg cit die Zulassungskriterien (eine die Lage auf dem Lehrstellenmarkt berücksichtigende Arbeitsmarktprüfung, keine der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehenden wichtigen Gründe, Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9). Zusätzlich zu den in §4 Abs1 oder Abs2 AuslBG festgelegten Voraussetzungen ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß §4 Abs3 AuslBG entweder von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates (Z1) oder vom Vorliegen besonderer Sachverhalte oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (Z5 bis 14) abhängig (vgl VwGH 19.5.2014, Ro 2014/09/0016; zB Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung als Schüler oder Student, Aufenthaltsberechtigter aus Gründen des besonderen Schutzes nach §57 AsylG, Betriebsentsandter iSd §18 AuslBG, Anspruchsberechtigter auf Arbeitslosenversicherungsleistungen, befristete Beschäftigung als Saisonarbeiter, Erntehelfer oder Künstler).

Über Beschäftigungsbewilligungen entscheidet die örtlich zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS mit Bescheid (§20 Abs1 iVm §19 und §20 Abs3 AuslBG).

Das AMS ist ein Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§1 Abs1 AMSG). Das AMS gliedert sich in eine Bundesorganisation, neun Landesorganisationen und innerhalb der Bundesländer in regionale Organisationen. Im Bereich der regionalen Organisationen sind gemäß §3 Abs3 AMSG die Organe des AMS der Regionalbeirat und der Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle wird vom Landesdirektorium bestellt und ist Bediensteter des AMS oder eines Amtes des AMS. Er hat die Geschäfte des AMS auf regionaler Ebene zu leiten und nach außen zu verantworten sowie über alle Leistungen des AMS seines Zuständigkeitsbereiches zu entscheiden, sofern nicht anderes bestimmt ist (§22 Abs2 AMSG).

Als Hilfsapparat der Organe der regionalen Organisationen werden regionale Geschäftsstellen eingerichtet (§23 Abs1 AMSG). Soweit der regionalen Geschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese nach §24 Abs2 AMSG dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Im Rahmen der behördlichen Aufgabenerfüllung kommt dem Bundesminister für Arbeit ein Weisungsrecht zu: Die Weisungen ergehen vom Bundesminister an den Vorstand der Bundesorganisation, von diesem an den Landesgeschäftsführer und von diesem an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle (§58 AMSG). Bei der Erfüllung von nichtbehördlichen Aufgaben untersteht das AMS der Aufsicht des Bundesministers für Arbeit (§59 AMSG). Nach §60 AMSG unterliegt das AMS einer Kontrolle durch den Rechnungshof sowie durch die Volksanwaltschaft.

Bei jeder regionalen Organisation ist zudem ein Regionalbeirat einzurichten. Dieses Gremium besteht aus dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle als Vorsitzendem und vier weiteren Mitgliedern, die das Landesdirektorium auf Vorschlag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft des jeweiligen Bundeslandes, der Vereinigung österreichischer Industrieller, der Kammer für Arbeiter und Angestellte des jeweiligen Bundeslandes und des österreichischen Gewerkschaftsbundes bestellt. Die Funktionsperiode der vier weiteren Mitglieder beträgt sechs Jahre, wobei eine Wiederbestellung zulässig ist (§20 AMSG). Diese weiteren Mitglieder sind zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet (§21 Abs8 AMSG). Zudem trifft alle Organe des AMS eine Verschwiegenheitspflicht (§27 AMSG). Einberufen wird der Beirat von seinem Vorsitzenden und er ist grundsätzlich bei Anwesenheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlussfähig. Sofern nicht anderes bestimmt ist, werden die Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst (§21 Abs2 bis 4 AMSG). Nach §21 Abs1 AMSG erwähnt das Gesetz folgende Aufgaben des Regionalbeirates ausdrücklich: Vorschlag zur Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik auf regionaler Ebene gegenüber der Landesorganisation, Anhörung vor der Bestellung des Leiters der regionalen Geschäftsstelle, Beschluss über Berichte zur Arbeitsmarktpolitik der regionalen Organisation, Genehmigung der regionalen Präliminarien, Genehmigung kurz- und mittelfristiger Arbeitsprogramme und Mitwirkung in sonstigen Angelegenheiten, in denen dies gesetzlich vorgesehen ist.

2.2. Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Gesetzesprüfungsverfahren nicht zerstreut werden:

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hegte ua das Bedenken, dass §4 Abs3 Z1 AuslBG gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen dürfte.

2.3.1. Diesem Bedenken tritt die Bundesregierung in ihrer Äußerung insofern entgegen, als die Voraussetzungen des §4 Abs3 AuslBG gleichrangig nebeneinander stehen würden. Für die Befürwortung des Regionalbeirates nach Z1 leg cit enthalte das Gesetz keine Kriterien, vielmehr handle es sich dabei um eine Art "politische" Entscheidung des Regionalbeirates. Die Behörde habe lediglich zu beurteilen, ob die Befürwortung vorliege oder nicht. Dem Regionalbeirat werde somit weder die Befugnis eingeräumt, über die Voraussetzungen nach §4 Abs1 und 2 AuslBG zu entscheiden, noch der Behörde die Möglichkeit entzogen, das Vorliegen der Voraussetzungen selbst zu beurteilen. Auch in VfSlg 12.506/1990 sei eine solche Bindung der Behörde an die einhellige Befürwortung des (damaligen) Verwaltungsausschusses nicht einmal unterstellt worden.

2.3.2. §4 Abs3 AuslBG enthält eine taxative Aufzählung von Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, die abgesehen von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates ausschließlich einzelne besondere Sachverhalte und bestimmte Personengruppen umfasst. Bei nicht unter Z1 bis 14 leg cit subsumierbaren Sachverhalten scheidet eine Bewilligungserteilung aus, zB selbst bei Vorliegen von besonderen in der Arbeitsmarktlage gelegenen Gründen oder bei einer aus öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen erforderlichen Beschäftigung des Ausländers nach der geltenden Rechtslage. Da es zur Bewilligungserteilung jedenfalls einer einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates bedarf, wenn ein Sachverhalt nicht unter §4 Abs3 Z5 bis 14 AuslBG fällt, besteht nach §4 Abs3 Z1 AuslBG – entgegen der Auffassung der Bundesregierung – eine Bindung der Behörde an die verweigerte Befürwortung.

Der Verfassungsgerichtshof hat in der Entscheidung VfSlg 12.506/1990 – wie auch die Bundesregierung zu Recht ausführt – eine Bindung der Behörde an eine einhellige Befürwortung durch den (damals) Verwaltungsausschuss nicht einmal "unterstellt". Auf Grund der damaligen Rechtslage hat eine Bindung – im Unterschied zur geltenden Rechtslage – überhaupt nicht bestanden, zumal die Behörde eine Beschäftigungsbewilligung auch ohne einhellige Befürwortung erteilen konnte, zB wenn die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen geboten war oder öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen diese erforderten (vgl §4 Abs6 litc und d AuslBG aF).

Anders als nach der Rechtslage, die der Entscheidung zu VfSlg 12.506/1990 zugrunde lag, hat der Leiter der regionalen Geschäftsstelle als Behörde nach der geltenden Rechtslage aber gemäß §4 Abs3 Z1 AuslBG grundsätzlich – soweit also nicht ein Sonderfall nach Z5 bis 14 leg cit vorliegt – keine Möglichkeit mehr, ohne Zustimmung des Regionalbeirates eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, selbst wenn die Arbeitsmarktlage dies zulässt und ein dringender Arbeitskräftebedarf vorliegt. Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle ist daher nunmehr bei seiner Entscheidung an die (negative) Willensbekundung des Regionalbeirates gebunden.

2.3.3. Gemäß §24 Abs2 AMSG übt die behördlichen Befugnisse des AMS auf regionaler Ebene ausschließlich der Leiter der regionalen Geschäftsstelle aus, der gemäß §22 AMSG die Geschäfte des AMS auf regionaler Ebene unter Beachtung der Richtlinien der Bundes- und der Landesorganisation sowie der vom Regionalbeirat beschlossenen Grundsätze unter eigener Verantwortung zu leiten und nach außen zu vertreten hat. Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle entscheidet über alle Leistungen des AMS seines Zuständigkeitsbereiches und spricht nach §20 AuslBG mit Bescheid über Anträge auf Beschäftigungsbewilligung ab.

Demgegenüber verfügt der Regionalbeirat weder nach dem AMSG noch nach dem AuslBG über eine (behördliche) Entscheidungsbefugnis (vgl §24 Abs2 AMSG und §§20 f. AMSG); ihm kommt keine Behördenfunktion zu (vgl Kind, §4 AuslBG, Rz 73 und §20 AuslBG, Rz 4). Insbesondere ist der Regionalbeirat nicht ermächtigt, selbst Hoheitsakte zu erlassen. Zwar wirkt der Regionalbeirat insofern an der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung mit, als §4 Abs3 Z1 AuslBG voraussetzt, dass er die Erteilung einhellig befürwortet. Schon der Wortlaut ("befürwortet") spricht jedoch für eine Einbindung des Regionalbeirates im Verwaltungsverfahren, das der behördlichen Entscheidung vorangeht, nicht aber für eine Mitwirkung des Regionalbeirates an der behördlichen Entscheidung (Bescheiderlassung) selbst. Aus dieser Einbindung des Regionalbeirates folgt also keine Behördenfunktion des Regionalbeirats, die bescheidmäßige Entscheidung der Sache – und damit auch der Frage, ob sämtliche Erteilungsvoraussetzungen vorliegen – obliegt allein dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Gegen eine Behördenfunktion des Regionalbeirates spricht des Weiteren der Mangel einer gesetzlich vorgesehenen Weisungsbindung (vgl §58 Abs2 AMSG; zu ausgegliederten Rechtsträgern vgl VfSlg 16.400/2001). Eine derartige Weisungsbindung erschiene freilich schon mit Blick auf die Zielsetzung der Einbindung des Sachverstandes eines sozialpartnerschaftlich besetzten Gremiums wenig zweckmäßig.

Bei der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gemäß §4 Abs3 Z1 AuslBG durch den Leiter der regionalen Geschäftsstelle, die die einhellige Befürwortung des Regionalbeirats voraussetzt, liegt auch kein Fall des Zusammenwirkens zweier Behörden in Form der Bindung einer Behörde an von einer anderen Behörde festgestellte Tatbestandselemente vor (vgl dazu zB VfSlg 14.318/1995; VfGH 23.9.2016, E878/2015 ua; 23.2.2017, E795/2016).

Gegen die Einbeziehung nichtbehördlichen Sachverstands in Verwaltungsverfahren hegt der Verfassungsgerichtshof dem Grunde nach keine Bedenken, solange hiedurch Entscheidungsbefugnisse nicht endgültig auf nichtbehördliche Organe "ausgelagert" werden: So erachtete es der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 16.049/2000 für unvereinbar mit dem Rechtsstaatsprinzip, dass die behördliche Entscheidung, ob eine Bauführung wegen Übereinstimmung mit den zwingenden Bestimmungen des Baurechts öffentlich-rechtlich zu gestatten ist, durch die Erklärung des Ziviltechnikers vorweggenommen wird. Die Baubehörde muss in der Lage sein, die Bestätigungen des Ziviltechnikers in jede Richtung zu überprüfen und das Bauvorhaben gegebenenfalls zu untersagen. In VfSlg 19.804/2003 hob der Verfassungsgerichtshof eine Regelung zur Richtigkeitsvermutung von Privatgutachten wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip auf, die ermöglichte, dass Ermittlungstätigkeit und Tatsachenfeststellung in den für die Bewilligung wesentlichen Punkten von der Behörde in die Sphäre der Partei (bzw des von dieser Partei beauftragten Gutachters) verschoben und somit im Ergebnis auch aus der Verantwortlichkeit der Behörde ausgelagert wurden.

Wie dargelegt (siehe Pkt. 2.3.2.), geht der Verfassungsgerichtshof mit der Bundesregierung davon aus, dass das Gesetz in der vorliegenden Ausgestaltung die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an die einhellige Befürwortung des Regionalbeirates bindet, der aber nicht als Behörde zu qualifizieren ist. Damit wird im Falle der Nichtzustimmung des Regionalbeirates die behördliche Entscheidungskompetenz an die Zustimmung eines nichtbehördlichen Organs gebunden. Es ist jedoch mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar, der zuständigen Behörde auf diese Weise die Verantwortung für eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der entsprechend vorgesehenen Bewilligung und damit die eigentliche behördliche Vollzugsentscheidung zu entziehen (vgl VfSlg 10.706/1985, 16.049/2000, 19.804/2013). §4 Abs3 Z1 AuslBG verstößt daher schon aus diesem Grund gegen das Rechtsstaatsprinzip.

2.3.4. Ferner gibt es im Gesetz keine Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Beschäftigungsbewilligung unter anderen Voraussetzungen zu erteilen hätte als der Leiter der regionalen Geschäftsstelle. Insbesondere hat es daher neben den Anforderungen gemäß §4 Abs1 bzw Abs2 AuslBG auch zu prüfen, ob die in §4 Abs3 AuslBG festgelegten Kriterien erfüllt sind. Daraus folgt – wie auch die Bundesregierung zutreffend ausführt –, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Beschäftigungsbewilligung nur dann erteilen darf, wenn die einhellige Befürwortung des Regionalbeirates (für die jeglicher gesetzliche Maßstab fehlt) vorliegt. Die mangelnde einhellige Befürwortung kann sohin weder durch die Behörde noch durch das Verwaltungsgericht substituiert werden. Dieses Zustimmungserfordernis bindet damit nicht nur – wie oben dargelegt – den Leiter der regionalen Geschäftsstelle, sondern auch das Bundesverwaltungsgericht an die Beurteilung des Regionalbeirates und entzieht auf diese Weise auch dem Bundesverwaltungsgericht die Verantwortung für eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen und damit sowohl das Recht zur Entscheidung über den Antrag als auch die Möglichkeit zur Überprüfung der Entscheidung (vgl VfSlg 16.049/2000, 19.804/2013).

2.3.5. Die Regelung des §4 Abs3 Z1 AuslBG widerspricht daher dem Rechtsstaatsprinzip.

2.3.6. Im Übrigen weist der Verfassungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach die Einbeziehung des Sachverstandes von – insbesondere auch mit Sozialpartnern besetzten – Beiräten zur Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen verfassungsrechtlich zulässig sowie bei entsprechender gesetzlicher Verankerung auch geboten ist (vgl VfSlg 10.313/1984, 10.823/1986). Wie bereits im Prüfungsbeschluss ausgeführt, unterscheidet sich jedoch die vorliegende Konstellation, in der dem Regionalbeirat entgegen seiner sonstigen Konzeption als beratendes Organ (vgl §§20 f. AMSG, §20 Abs2 AuslBG; Kind, AuslBG §4, Rz 73 und §20, Rz 4; VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026; 9.3.2016, Ra 2016/08/0045) nicht nur eine beratende Funktion zukommt, von den der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegenden Regelungen zur Beiziehung von paritätisch besetzten, beratenden Gremien etwa bei der Erlassung von Verordnungen (vgl VfSlg 9582/1982, 10.313/1984, 10.595/1985, 10.604/1985, 10.823/1986, 13.881/1994).

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).

Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist gemäß §4 Abs3 AuslBG – zusätzlich zu den in Abs1 oder Abs2 leg cit festgelegten Voraussetzungen – entweder von der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates (Z1) oder vom Vorliegen besonderer Sachverhalte oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe (Z5 bis 14) abhängig. Die in §4 Abs3 AuslBG abschließend aufgezählten Alternativen – eine davon muss als zusätzliche Voraussetzung neben der Erfüllung des Abs1 bzw 2 leg cit hinzutreten – stehen in einem untrennbaren Zusammenhang, der es erfordert, §4 Abs3 AuslBG zur Gänze aufzuheben (vgl VfSlg 20.356/2019, 20.361/2019, 20.395/2020; VfGH 6.10.2020, G166/2020 ua; 7.10.2020, G164/2020 ua).

IV. Ergebnis

1. §4 Abs3 AuslBG wird als verfassungswidrig aufgehoben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte