Normen
B-VG Art139 Abs1 Z2
AuslBG §4, §4b, §5
ArbeitsmarktserviceG
Erlass der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.09.2018
Erlass des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11.05.2004
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V95.2021
Spruch:
I. Folgende Verordnungen werden als gesetzwidrig aufgehoben:
a) der Absatz
"Alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber sind ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004 GZ 435.006/6-II/7/2004 zu prüfen und zu erledigen. Anträge, die gemäß diesem Erlass nicht positiv erledigt werden können, sind gestützt auf eine nicht einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat (§4 Abs3 Z1 AuslBG) und/oder entgegenstehende wichtige öffentliche Interessen (Sicherstellung eines geordneten Asylwesens) gemäß §4 Abs1 AuslBG abzulehnen."
des Erlasses der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, Z BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, und
b) die Absätze
"– vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß §19 AsylG:
Diesen Aufenthaltstitel erhalten Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens (Aufenthaltsberechtigungskarte). Dabei ist zu beachten, dass während der ersten drei Monate ab Einbringung des Asylantrages oder nach Einstellung des Asylverfahrens die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen und damit de facto ein Beschäftigungsverbot besteht.
Informationen über den Stand und die Dauer des Asylverfahrens sind in Zweifelsfällen von der zuständigen Asylbehörde einzuholen.
Für §19-Asylwerber sind im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und deren nur vorläufiges Aufenthaltsrecht, das auf Grund der künftig wesentlich rascher abgeschlossenen Asylverfahren in der Regel nur von kurzer Dauer sein wird, Beschäftigungsbewilligungen auch nach der dreimonatigen Wartefrist nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 zu erteilen."
des Erlasses des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, Z435.006/6-II/7/04.
II. Der Bundesminister für Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2420/2020 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Den von einem pakistanischen Staatsangehörigen gestellten Antrag auf internationalen Schutz vom 2. August 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 10. Jänner 2018 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde war zum Zeitpunkt der dem Anlassfall zugrunde liegenden Entscheidung noch beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Für diesen Asylwerber stellte die Beschwerdeführerin am 4. September 2019 einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit (Lehrling) als Spengler, den das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) Oberwart mit Bescheid vom 25. September 2019 mit der Begründung abwies, dass "[g]emäß Erlass v. 12.09.2018 des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz […] Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen gem. §4 Abs1 bzw Abs2 – aufgrund Sicherstellung eines geordneten Asylwesens bzw gem. §4 Abs3 Ziffer 1 – keine einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat, abzulehnen [sind]." Der Beirat der regionalen Geschäftsstelle habe dem Antrag nicht einhellig zugestimmt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung seien daher nicht gegeben gewesen.
1.2. Im Rahmen der Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht führte das AMS Oberwart aus, dass die Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, weil im Regionalbeirat keine einhellige Zustimmung nach §4 Abs3 Z1 AuslBG zustande gekommen sei. Die Anhörung des Regionalbeirates sei vor Ort in der regionalen Geschäftsstelle erfolgt. Die Nichteinhelligkeit habe sich auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018 gestützt, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004 zu prüfen und zu erledigen seien.
1.3. Die gegen den Bescheid des AMS Oberwart erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 18. Juni 2020 als unbegründet ab. Der Regionalbeirat des AMS Oberwart habe die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung mit Beschluss vom 16. September 2019 abgelehnt und seine Entscheidung auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, gestützt, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, zu prüfen und zu erledigen seien. Die Gründe für die nicht einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat würden aus der Stellungnahme des AMS Oberwart hervorgehen, die es anlässlich der Beschwerdevorlage abgegeben habe. Der Ausländer, für den die Beschäftigungsbewilligung beantragt werde, verfüge auf Grund des derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz über ein (vorläufiges) Aufenthaltsrecht und erfülle somit die Voraussetzungen des §4 Abs1 Z1 AuslBG. Die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung würde nur in Betracht kommen, wenn der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet hätte (§4 Abs3 Z1 AuslBG); dieser habe die Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung aber gestützt auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, und den Erlass vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, abgelehnt.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit folgender Bestimmungen entstanden:
des Absatzes "Alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber sind ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004 GZ 435.006/6-II/7/2004 zu prüfen und zu erledigen. Anträge, die gemäß diesem Erlass nicht positiv erledigt werden können, sind gestützt auf eine nicht einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat (§4 Abs3 Z1 AuslBG) und/oder entgegenstehende wichtige öffentliche Interessen (Sicherstellung eines geordneten Asylwesens) gemäß §4 Abs1 AuslBG abzulehnen." des Erlasses der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, sowie
der Absätze "– vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß §19 AsylG: Diesen Aufenthaltstitel erhalten Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens (Aufenthaltsberechtigungskarte). Dabei ist zu beachten, dass während der ersten drei Monate ab Einbringung des Asylantrages oder nach Einstellung des Asylverfahrens die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen und damit de facto ein Beschäftigungsverbot besteht. Informationen über den Stand und die Dauer des Asylverfahrens sind in Zweifelsfällen von der zuständigen Asylbehörde einzuholen. Für §19-Asylwerber sind im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und deren nur vorläufiges Aufenthaltsrecht, das auf Grund der künftig wesentlich rascher abgeschlossenen Asylverfahren in der Regel nur von kurzer Dauer sein wird, Beschäftigungsbewilligungen auch nach der dreimonatigen Wartefrist nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 zu erteilen." des Erlasses des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, Z435.006/6-II/7/04.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 1. März 2021 beschlossen, diese Verordnungen von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
4. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung die in Prüfung gezogenen Erlässe zumindest denkmöglich angewendet hat und dass auch der Verfassungsgerichtshof die Erlässe bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.
3. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die Erlässe Verordnungen sind, die nicht gehörig kundgemacht wurden:
3.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 8649/1979, 11.472/1987, 13.632/1993, 18.495/2008) ist für die Qualität als Verordnung nicht der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung und auch nicht die Art der Verlautbarung, sondern der Inhalt des Verwaltungsaktes maßgeblich.
3.2. Voraussetzung für die Verordnungsqualität eines anders bezeichneten Verwaltungsaktes ist, dass seine Formulierungen imperativ sind (dh sich nicht in einer bloßen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen), indem sie das Gesetz bindend auslegen (VfSlg 5905/1969), und für eine allgemein bestimmte Vielzahl von Personen unmittelbar Geltung beanspruchen (vgl VfSlg 4759/1964, 8649/1979, 8807/1980, 9416/1982, 10.170/1984, 11.467/1987, 13.632/1993, 14.154/1995, 17.244/2004, 17.806/2006).
3.3. Diese Voraussetzungen dürften auf die in Prüfung gezogenen Erlässe zutreffen:
3.3.1. Die in Prüfung gezogenen Teile der Erlässe scheinen zunächst schon deshalb imperativ zu sein, weil sie festlegen, dass alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004, GZ 435.006/6-II/7/04, zu prüfen und zu erledigen sind und dass die nach diesem Erlass nicht positiv zu erledigenden Anträge, gestützt auf eine nicht einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat (§4 Abs3 Z1 AuslBG) und/oder entgegenstehende wichtige öffentliche Interessen (Sicherstellung eines geordneten Asylwesens) gemäß §4 Abs1 AuslBG, abzulehnen sind. Dieser Erlass vom 11. Mai 2004 ordnet an, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 AuslBG zu erteilen sind. Damit erschöpfen sich die Erlässe nicht in der bloßen Wiederholung des Gesetzes; vielmehr scheinen sie das AuslBG verbindlich auszulegen und damit Geltung gegenüber einer Vielzahl an Personen zu beanspruchen:
3.3.2. Nach §4 Abs1 AuslBG ist einem Arbeitgeber für einen zu beschäftigenden Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, sofern eine Arbeitsmarktprüfung (=Ersatzkraftverfahren) durchgeführt wurde und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen der Beschäftigung nicht entgegenstehen sowie die weiteren Voraussetzungen (Z1 bis 11) erfüllt sind. Für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen ausländischen Lehrling regelt Abs2 leg cit die Zulassungskriterien (eine die Lage auf dem Lehrstellenmarkt berücksichtigende Arbeitsmarktprüfung, keine der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehenden wichtigen Gründe, Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9). Zudem muss die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in der Regel vom Regionalbeirat einhellig befürwortet werden; eine solche Befürwortung ist aber zB bei Ausländern, die gemäß §5 AuslBG befristet beschäftigt werden sollen, nicht erforderlich (§4 Abs3 Z1 bzw 5 AuslBG; vgl Kind, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2018, §4 Rz 6). Nach §5 AuslBG können mit Verordnung zahlenmäßige Kontingente für ErntehelferInnen und Saisonarbeitskräfte festgelegt werden. Diese Beschäftigungsbewilligungen sind grundsätzlich für Erntearbeit auf maximal sechs Wochen und für Saisonarbeit auf maximal sechs Monate zu begrenzen.
Für Asylwerberinnen und Asylwerber kann eine Beschäftigungsbewilligung erst erteilt werden, wenn sie seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§12 oder 13 AsylG 2005 verfügen (§4 Abs1 Z1 AuslBG). Nachdem Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte und ErntehelferInnen nach §5 AuslBG bloß befristet vergeben werden, dürfte für Beschäftigungsbewilligungen zB als Lehrlinge oder außerhalb von Saison- und Erntearbeiten für Asylwerberinnen und Asylwerber eine einhellige Befürwortung des Regionalbeirates erforderlich sein.
3.3.3. Während §4 AuslBG somit – vorläufig betrachtet – lediglich vorschreibt, dass der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für seit drei Monaten zugelassene Asylwerberinnen und Asylwerber (abgesehen von den Voraussetzungen nach §4 Abs1 bzw Abs2 AuslBG) der Regionalbeirat einhellig zuzustimmen hat oder der Ausländer bloß gemäß §5 AuslBG befristet beschäftigt werden soll, schränken dies die Erlässe dahingehend ein, dass Bewilligungen ausschließlich im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 AuslBG zu erteilen sind.
Damit scheinen die Erlässe verbindlich festzulegen, dass alle Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber, die nicht auf eine befristete Beschäftigung im Rahmen der Saisonarbeit oder als ErntehelferIn abzielen, – entgegen dem Wort-laut des Gesetzes – abgewiesen werden müssen. Diese Abweisungen sollen – so der Erlass vom 12. September 2018, GZ BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018 – auf die nichteinhellige Zustimmung des Regionalbeirates (§4 Abs3 Z1 AuslBG) und/oder entgegenstehende wichtige öffentliche Interessen (§4 Abs1 AuslBG) gestützt werden. Das dürfte somit auch für jegliche Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für Lehrstellen von Asylwerberinnen und Asylwerbern gelten (vgl Peyrl, Neuregelung der Möglichkeit zur Beendigung einer Lehre von AsylwerberInnen nach negativem Abschluss des Asylverfahrens, DRdA-infas 2020, 121 [121]). Damit scheinen die Erlässe die weitere, neben befristeten Beschäftigungsbewilligungen nach §5 AuslBG bestehende Möglichkeit gänzlich zu verdrängen, Beschäftigungsbewilligungen auch für andere Tätigkeitsbereiche mit Zustimmung des Regionalbeirates zu erteilen (vgl §4 Abs3 Z1 AuslBG). Mit anderen Worten: Die Erlässe ordnen wohl anstatt der gesetzlich festgelegten alternativen Bewilligungsvoraussetzungen (arg. 'oder' in §4 Abs3 AuslBG) der Befürwortung des Regionalbeirates einerseits und der befristeten Beschäftigung nach §5 AuslBG andererseits deren kumulative Erfüllung an.
Mit diesen Erlässen scheint der Bundesminister somit eine Anordnung zu treffen, die über eine bloße Information hinausgeht (vgl VfSlg 18.068/2007, 18.495/2008, 20.293/2018).
3.3.4. Weiters geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass die in Prüfung gezogenen Erlässe auch die Rechtssphäre der Betroffenen verbindlich gestalten: Der eine Beschäftigungsbewilligung beantragende Arbeitgeber hat bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß §4 Abs1 bis 7 AuslBG einen Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung (vgl Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz², 2018, §4 Rz 2; Kind, aaO, Rz 1). Der Erlass scheint dies für Asylwerberinnen und Asylwerber auf Ernte- und Saisonarbeit einzuschränken, obwohl nach §4 AuslBG auch Beschäftigungsbewilligungen in anderen, darüber hinausgehenden Tätigkeitsbereichen erteilt werden können (vgl Ammer, Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende aus menschenrechtlicher Perspektive, juridikum 2013, 28 [29]; Brandt, Unselbstständige Beschäftigung von Asylwerbern, migralex 2017, 78 [80]; Peyrl, Zuwanderung und Zugang zum Arbeitsmarkt von Drittstaatsangehörigen in Österreich, 2018, 305; Pöschl, Migration und Mobilität, 19. ÖJT Band I/1, 145 f.). Auf Grund der nach §5 AuslBG bloß befristet zu erteilenden Beschäftigungsbewilligungen – für die eine einhellige Befürwortung des Regionalbeirates nicht erforderlich ist (vgl §4 Abs3 Z5 AuslBG) – könnte damit zB auch eine Beschäftigungsbewilligung für eine Lehrstelle nach §4 Abs2 AuslBG etwa sogar in Mangelberufen trotz Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen und damit auch dann, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt und keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen, de facto ausgeschlossen sein.
3.3.5. Die Erlässe dürften durch die Verbreitung und Anwendung durch Behörden und in der Gerichtsbarkeit auch ein solches Maß an Publizität erreicht haben, dass sie Eingang in die Rechtsordnung gefunden haben.
3.3.6. Die in Rede stehenden Erlässe dürften somit die allgemeine Rechtslage gestalten und erwecken den Eindruck, dass ihnen eine materielle Außenwirkung zukommen soll.
4. Der Verfassungsgerichtshof hält die in Prüfung gezogenen (Teile der) Erlässe daher vorderhand für Rechtsverordnungen.
5. Die vorläufig als Rechtsverordnungen gewerteten, in Rede stehenden (Teile der) Erlässe vom 12. September 2018, GZBMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, und vom 11. Mai 2004, GZ 435.006/6-II/7/04, scheinen nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden zu sein:
Als solche wären sie, weil sie von einer/m Bundesminister/in erlassen wurden, gemäß §4 Abs1 Z2 BGBlG im Bundesgesetzblatt II zu verlautbaren gewesen. Da diese Publikation unterblieben ist, wären die in Rede stehenden Erlässe mangels gehöriger Kundmachung als gesetzwidrig zu qualifizieren (vgl VfSlg 17.806/2006, 19.590/2011)." (Ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
5. Der Bundesminister für Arbeit hat die Bezug habenden Akten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der dem Prüfungsbeschluss Folgendes entgegengehalten wird:
"Zur Präjudizialität
Nach Ansicht des BMA sind die in Prüfung gezogenen Erlässe aus folgenden Erwägungen weder für das BVwG noch für den VfGH präjudiziell:
Nach der Judikatur des VfGH ist eine Bestimmung präjudiziell, wenn sie von der belangten Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides in denkmöglicher Weise - wenn auch vielleicht zu Unrecht - angewendet wurde oder wenn die belangte Behörde diese anzuwenden verpflichtet war und darum auch vom VfGH bei der Entscheidung über die gegen den Bescheid erhobenen, auf Art144 Abs1 B‑VG gestützten, Beschwerde anzuwenden hätte (zB VfSlg 14078/1995). Dies gilt sinngemäß auch für Erkenntnisse, die von einem Verwaltungsgericht erlassen wurden.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 22.9.2017, Zl E503/2016, festgestellt, dass die Bestimmung des §4 Abs1 iVm Abs3 Z.1 AuslBG einer Konstellation vergleichbar ist, in der die Behörde erster Instanz als Voraussetzung für eine dem Antrag stattgebende Entscheidung der Zustimmung einer anderen Behörde bedarf, die im Allgemeinen einer einheitlichen Handhabung des Gesetzes dient. Daher habe das BVwG auch die Rechtmäßigkeit der Äußerung des Regionalbeirates zu prüfen, weil dieses Zustimmungserfordernis auf den erstinstanzlichen Verfahrensabschnitt beschränkt sei und – im Sinne des Rechtsstaatsprinzips verfassungskonform interpretiert – nicht auch für die Rechtsmittelbehörde gelte.
Das BVwG stellte in seinem dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Erkenntnis vom 18.6.2020, Zl W209 2226041-1/8E, fest, dass der Regionalbeirat seinen Beschluss vom 16.9.2019, mit dem er die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet hat, auf den Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12.9.2018, GZ BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, gestützt hat, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004, GZ 435.006/6-II/7/2004, zu prüfen und zu erledigen sind.
Begründend führte das BVwG weiter aus, dass im Hinblick auf das oben erwähnte Erkenntnis des VfGH, Zl E 503/2016 die Rechtmäßigkeit der Äußerung des Regionalbeirates in dem vom AMS durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren zu prüfen sei. Dabei sei §4 Abs3 AuslBG, der die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf bestimmte (in den Ziffern 6, 7 und 9 bis 14 beschriebene) Fälle einschränke, in denen eine Beschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen oder integrationspolitischen Gründen geboten ist, als Maßstab heranzuziehen. Im verfahrensgegenständlichen Fall bestünden an der Beschäftigung des Ausländers (auf Grund der ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Position und der daher nicht fortgeschrittenen Integration iSd §1 Z1 Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV), BGBl 278/1995, idF BGBl II 206/2011) weder integrationspolitische Interessen, noch seien arbeitsmarktpolitische Gründe (wegen der bereits negativen erstinstanzlichen Asylentscheidung und der daher nicht zu erwartenden längerfristigen Abdeckung der offenen Lehrstelle) ersichtlich, welche die Bewilligungserteilung als geboten erscheinen ließe. Die auf die nichteinhellige Befürwortung des Regionalbeirats gestützte Abweisung des Antrags auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung sei somit zu Recht erfolgt.
Das BVwG hat somit offensichtlich nur die Bestimmung des §4 Abs3 AuslBG mit Ausnahme dessen Z1 angewendet, nicht aber die in Prüfung gezogenen Erlässe. Diese wurden im Erkenntnis des BVwG zwar erwähnt, waren jedoch nicht Gegenstand der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Äußerung des Regionalbeirates.
Auch eine Verpflichtung des BVwG zur Anwendung der Erlässe, auf die sich der Regionalbeirat gestützt hatte, konnte nach Ansicht des BMA nicht bestehen, da eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Äußerung des Regionalbeirates durch das BVwG nach den Vorgaben des Erkenntnisses des VfGH, Zl E503/2016 zu erfolgen hatte. Das BVwG hat dementsprechend auch nur geprüft, ob die Versagung einer einem Asylwerber für drei Jahre zu erteilenden Beschäftigungsbewilligung für ein Lehrverhältnis – ungeachtet des §4 Abs3 Z1 AuslBG - durch die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes rechtlich gedeckt ist.
Die in Prüfung gezogenen Erlassbestimmungen können aber nach Ansicht des BMA auch nicht Voraussetzung für die Entscheidung des VfGH in anhängigen Beschwerdeverfahren sein, da dieser nur jene gesetzlichen Bestimmungen, die dem Erkenntnis des BVwG zugrunde lagen, bei seiner Prüfung anzuwenden hat.
Zu den Erlässen
Der Bundesminister für Arbeit verkennt nicht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur der Inhalt des Verwaltungsaktes für die Qualität als Verordnung maßgebend (z.B VfSlg 13632/1993) und daher weder der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung noch die Art der Verlautbarung und auch nicht die Intention der Behörde entscheidend ist (z. B VfSlg 12574/1990).
Dennoch bestehen gegen die vorläufigen Annahmen im Beschluss des VfGH folgende Bedenken:
Gemäß §4 Abs1 bis 3 AuslBG darf einem Arbeitgeber eine Beschäftigungsbewilligung selbst bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen der Abs1 und 2 nur dann erteilt werden, wenn eine der im Abs3 taxativ aufgezählten Voraussetzungen erfüllt ist.
Für Asylwerber, die gemäß des §4 Abs1 Z1 AuslBG seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§12 oder 13 AsylG 2005 verfügen, kommen dabei grundsätzlich nur zwei Tatbestände des §4 Abs3 AuslBG in Betracht: Jener der Z1 ('wenn der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet') und jener der Z5 ('wenn der Ausländer gemäß §5 befristet beschäftigt werden soll'). Somit schränkt bereits das Gesetz die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für Asylwerber außerhalb des Saisonbereichs einzig auf den Fall einer einhelligen Befürwortung des Regionalbeirats ein.
Wie auch vom BVwG ausgeführt, schränken demgegenüber die Ziffern 6, 7 und 9 bis 14 des §4 Abs3 AuslBG die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf jene Fälle ein, in denen eine Beschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen oder integrationspolitischen Gründen geboten ist.
Die beanstandeten Erlässe sind daher nach Auffassung des BMA lediglich präzisierende Anweisungen an das AMS, unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten der im Regionalbeirat vertretene Leiter der regionalen Geschäftsstelle im Rahmen der gebotenen Prüfung der Arbeitsmarktlage sowie der öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für einen Asylwerber im jeweiligen Einzelfall befürworten kann.
In diesem Sinne ist auch die Anweisung im Erlass vom 12.9.2018 zu verstehen, wonach 'angesichts der aktuellen Arbeitsmarktentwicklung und insbesondere der großen Zahl vorgemerkter inländischer und ausländischer Jugendlicher mit Daueraufenthaltsrecht' der Vorgängererlass vom 18.9.2015, GZ BMASK-435.006/009-VI/B/7/2015 mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurde und damit die bis dahin verfolgte arbeitsmarktpolitische Zielsetzung, nämlich 'jugendlichen Asylwerbern während des Asylverfahrens die Möglichkeit zu bieten, berufliche Qualifikationen zu erwerben, die den Berufseinstieg nach einem positiven Asylbescheid erleichtern – und im Fall eines negativen Ausgangs des Asylverfahrens – für ihr weiteres berufliches Fortkommen im Herkunftsland verwertbar sind', aufgegeben wurde. In diesem Zusammenhang ist auf den Beschluss des Ministerrates 27/21 vom 12.9.2018 hinzuweisen, wo unter dem Titel 'Joboffensive der Bundesregierung: Fachkräftebedarf sichern' unter anderem die arbeitsmarktpolitische Zielvorgabe getroffen wurde, Asylwerbern keinen Zugang zur Lehre zu geben, solange es keinen positiven Asylbescheid gibt.
Nach Ansicht des BMA kann auch der Erlass des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11.5.2004, GZ 435.006/6-II/7/04, wonach Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 AuslBG zu erteilen sind, nicht so zu verstehen sein, dass er dem AMS einen eigenständigen Ablehnungsgrund für Asylwerber vorgibt. Vielmehr beschreibt dieser Erlass hinsichtlich der Beschäftigung von Asylwerbern wieder nur jene arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Zielsetzungen, die 'im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und deren nur vorläufiges Aufenthaltsrecht' im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf wichtige öffentliche Interessen vom Leiter der regionalen Geschäftsstellen im Regionalbeirat zu berücksichtigen sind. Der Erlass bewirkt damit nur, dass die nach §4 Abs3 Z1 AuslBG erforderliche Zustimmung des Regionalbeirats (vgl oben angeführtes Erk. des VfGH E503/2016) vom Leiter der regionalen Geschäftsstelle des AMS im Sinne der arbeitsmarktpolitischen Vorgaben der Bundesregierung ausgeübt wird. Insofern wird im Erlass lediglich angeordnet, wie §4 Abs.3 - ohne inhaltliche Änderung - anzuwenden ist.
Hinsichtlich der gesetzlichen Einbindung des Regionalbeirats wäre zudem auch das Erkenntnis des VfGH vom 12.10.1990, G146/90; V211/90, zu beachten, in dem die dem §4 Abs3 Z1 AuslBG im Wesentlichen gleichende frühere Bestimmung des §4 Abs6 lita (in der Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl Nr 450/1990) als nicht verfassungswidrig beurteilt und dazu ausgeführt wird:
Nun ergibt sich aber aus der systematischen Stellung der lit.a des §4 Abs6 zwischen dem Hinweis des vorhergehenden Eingangssatzes auf die allgemeinen Voraussetzungen des Abs1 und den in den nachfolgenden Bestimmungen genannten besonders wichtigen Gründen, öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen und dem in lit.d verwiesenen Ausnahmefall, daß die einhellige Befürwortung des Ausschusses bloß - aber eben doch - die Bejahung des Vorliegens dieser allgemeinen Voraussetzungen zum Inhalt hat. Es genügt also im Falle der Kontingentüberschreitung das Urteil der Behörde nicht. Nur wenn auch der Verwaltungsausschuß einhellig zum Ergebnis kommt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung des Ausländers zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen, darf die Beschäftigungsbewilligung ohne weiters erteilt werden. Ist der Verwaltungsausschuß nicht einhellig der Meinung des Landesarbeitsamtes, darf die Behörde nur dann das festgesetzte Kontingent überziehen, wenn (über die von ihm angenommene Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen hinaus) ein besonders wichtiger Grund im Sinn der lit.b oder einer der in den litt. c oder d genannten Fälle vorliegt.
Nach Ansicht des BMA ist daher auch das Befürwortungsrecht des Regionalbeirats verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass dieser die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in den Fällen, in denen keine der Voraussetzungen der Ziffern 5 bis 7 und 9 bis 14 des §4 Abs3 AuslBG vorliegt, gar nicht einhellig befürworten kann, wenn entweder die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung des Ausländers nicht zulässt oder wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen entgegenstehen.
Die in Prüfung gezogenen Erlässe sind daher insgesamt nichts anderes als Auslegungsbehelfe zur Beurteilung der öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen für die Ausübung der Befugnisse des Regionalbeirats gemäß der Bestimmung des §4 Abs3 Z1 iVm Abs1 AuslbG. Über diese gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten sind aus diesen Erlässen nicht abzuleiten, sodass sie insofern auch keinen neuen normativen Inhalt haben.
Unter dieser verfassungskonformen Sichtweise wird die allgemeine Rechtslage im §4 Abs1 bis 3 AuslBG entgegen der vorläufigen Annahme des VfGH mit den in Prüfung gezogenen Erlässen nicht gestaltet.
Ebenso wenig wird die Rechtssphäre der Betroffenen aus folgenden Gründen gestaltet:
Wie bereits ausgeführt, verlangt §Abs3 Z1 iVm Abs1 AuslbG nicht bloß die Berücksichtigung wichtiger öffentlicher Interessen, sondern vielmehr die Berechtigung und Verpflichtung des Regionalbeirats zur Prüfung, ob derartige Interessen der Beschäftigung eines Ausländers entgegenstehen.
Ein Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung nach dem AuslBG kann demnach nicht bestehen, wenn dieses Recht von der Zustimmung des Regionalbeirats abhängt, der dabei zu beurteilen hat, ob der Beschäftigung eines konkreten Ausländers wichtige öffentliche Interessen entgegenstehen. Die Rechtssphäre der Betroffenen ist daher bereits durch das Erfordernis der Zustimmung des Regionalbeirats gemäß §4 Abs3 Z1 iVm Abs1 AslbG eingeschränkt und wird auch durch die in Prüfung gezogenen Erlässe nur im Rahmen dieser Bestimmungen gestaltet.
Nicht zuletzt wird noch darauf hingewiesen, dass gemäß §58 des Bundesgesetzes über das Arbeitsmarktservice (Arbeitsmarktservicegesetz – AMSG) das AMS, soweit es behördliche Aufgaben zu erfüllen hat, dem Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit unterliegt und Weisungen im behördlichen Verfahren, wie eben auch im Verfahren nach dem AuslBG, an den Vorstand des AMS Österreich, von diesem an den Landesgeschäftsführer und von diesem an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle zu ergehen haben. Letzterer ist wiederum gemäß §20 Abs2 AMSG Vorsitzender des in der regionalen Geschäftsstelle des AMS eingerichteten Regionalbeirats.
Die an den Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich gerichteten Erlässe können sich daher auf §58 AMSG stützen und sind nach Ansicht des BMA im Hinblick auf die Bestimmung des §4 Abs3 Z1 AuslBG im Ergebnis generelle Weisungen an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle und somit bloße Verwaltungsverordungen.
Das BMA vertritt daher zusammenfassend die Auffassung, dass die in Prüfung gezogenen Erlässe keine Rechtsverordnungen sind, die im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren gewesen wären, und gemäß §58 AMSG gesetzmäßig erlassen wurden." (Ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
6. Die im Anlassfall beschwerdeführende Partei hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich im Wesentlichen der im Prüfungsbeschluss dargelegten Ansicht des Verfassungsgerichtshofes anschließt.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG), BGBl 218/1975, idF BGBl I 54/2021 lauten wie folgt:
"Abschnitt II
Beschäftigungsbewilligung
Voraussetzungen
§4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß §54 Abs1 Z2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß §46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß §1 Abs2 lita vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,
6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§2 Abs2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,
7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des §6 Abs2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,
8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt,
9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,
es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist,
10. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländern eine nicht ortsübliche Unterkunft zur Verfügung gestellt hat und
11. der Arbeitgeber im Fall der Beschäftigung eines Ausländers gemäß §5 bestätigt, dass dem Ausländer für die beabsichtigte Dauer der Beschäftigung eine ortsübliche Unterkunft zur Verfügung stehen wird und, sofern die Unterkunft vom oder über den Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, die Miete nicht automatisch vom Lohn abgezogen wird.
(2) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen ausländischen Lehrling zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulässt (Arbeitsmarktprüfung), keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen und die Voraussetzungen des Abs1 Z1 bis 9 vorliegen.
(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder
5. der Ausländer gemäß §5 befristet beschäftigt werden soll oder
6. der Ausländer über eine Aufenthaltsbewilligung als Schüler (§63 NAG) oder Student (§64 Abs1 und 4 NAG) verfügt oder Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels 'Student' eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist und im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen einen Teil des Studiums in einer inländischen Hochschuleinrichtung absolviert oder
7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§18) oder
9. der Ausländer gemäß §57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder
10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 AÜG bzw §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß §16a AÜG bzw §40a Abs6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des §16 Abs4 Z1 bis 3 AÜG bzw §40a Abs2 Z1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder
11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völker-rechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder
12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl Nr 609, hat oder
13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder
14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs4 angehört.
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und – sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt – den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.
(5) Bei Vorliegen einer Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß §16 Abs4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes oder gemäß §40a Abs2 des Landarbeitsgesetzes 1984 entfallen die Arbeitsmarktprüfung nach Abs1 und die Anhörung des Regionalbeirates.
(6) Bei der Beschäftigung eines Gesellschafters gemäß §2 Abs4 gilt Abs1 Z2 nur dann als erfüllt, wenn die Beschäftigung die Lohn- und Arbeitsbedingungen inländischer Arbeitnehmer nicht gefährdet. Eine Gefährdung ist anzunehmen, wenn die Einkünfte des Gesellschafters, beginnend mit der Aufnahme seiner Tätigkeit, unter dem ortsüblichen Entgelt inländischer Arbeitnehmer liegen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
(7) Die Arbeitsmarktprüfung gemäß Abs1 und 2 entfällt bei
2. Schülern und Studenten (Abs3 Z6) für eine Beschäftigung, die 20 Wochenstunden nicht überschreitet,
3. Studienabsolventen (§12b Z2),
4. Fachkräften hinsichtlich einer Beschäftigung in einem in der Fachkräfteverordnung (§13) festgelegten Mangelberuf,
5. Ausländern, die besonderen Schutz genießen (Abs3 Z9) und
6. registrierten befristet beschäftigten Ausländern (§5 Abs7).
Prüfung der Arbeitsmarktlage
§4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§4 Abs1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.
(2) Die Prüfung gemäß Abs1 entfällt, wenn dem Arbeitgeber eine Sicherungsbescheinigung für den beantragten Ausländer ausgestellt wurde.
(3) Bei der Zulassung von Ehegatten und minderjährigen Kindern von Ausländern gemäß §18a zu einer Beschäftigung ist die Prüfung gemäß Abs1 auf die Verfügbarkeit von Inländern und EWR-Bürgern zu beschränken.
Saisonarbeitskräfte und ErntehelferInnen
§5. (1) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann im Falle eines vorübergehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs, der weder aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial noch mit EWR-BürgerInnen, SchweizerInnen und gemäß Abs7 registrierten AusländerInnen abgedeckt werden kann, durch Verordnung zahlenmäßige Kontingente
1. für eine zeitlich befristete Zulassung ausländischer Saisonarbeitskräfte in einem bestimmten Wirtschaftszweig, in einer bestimmten Berufsgruppe oder Region oder
2. für die kurzfristige Zulassung ausländischer ErntehelferInnen
festlegen. Er hat dabei die allgemeine Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes, insbesondere im betreffenden Teilarbeitsmarkt, zu berücksichtigen und darf die gemäß §13 Abs4 Z1 NAG festgelegte Höchstzahl für befristet beschäftigte Fremde im Jahresdurchschnitt nicht überschreiten. Zeitlich begrenzte Überschreitungen sind zulässig.
(2) Die Länder und die Interessenvertretungen der ArbeitgeberInnen und der ArbeitnehmerInnen auf Landesebene sind vor der Festlegung von Kontingenten gemäß Abs1 anzuhören.
(3) Im Rahmen von Kontingenten gemäß Abs1 Z1 werden Saisonarbeitskräfte mittels Beschäftigungsbewilligungen (§4) für eine befristete Saisonbeschäftigung zugelassen. Die zulässige Höchstdauer der Beschäftigungsbewilligungen wird in der jeweiligen Verordnung geregelt, darf jedoch die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten dürfen für ein und dieselbe Saisonarbeitskraft Beschäftigungsbewilligungen für eine Gesamt-dauer von längstens neun Monaten erteilt oder verlängert werden.
(4) Für Saisonarbeitskräfte, die bereits in den vergangenen drei Jahren im Rahmen von Kontingenten für den Wirtschaftszweig Land- und Forst-wirtschaft beschäftigt waren, dürfen neuerliche Beschäftigungsbewilligungen in diesem Wirtschaftszweig für eine Gesamtdauer von bis zu neun Monaten erteilt oder verlängert werden.
(5) Im Rahmen von Kontingenten gemäß Abs1 Z2 werden ErntehelferInnen mittels Beschäftigungsbewilligungen (§4) für eine kurzfristige, einen Zeitraum von sechs Wochen nicht überschreitende, Beschäftigung zugelassen.
(6) Im Rahmen von Kontingenten gemäß Abs3 bis 5 erteilte oder verlängerte Beschäftigungsbewilligungen binden für ihre jeweilige Geltungsdauer einen Kontingentplatz. Nach Ablauf der Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligung kann der Kontingentplatz mit einer neuen Beschäftigungsbewilligung belegt werden. Für Saisonarbeitskräfte, die bereits im Rahmen eines Kontingents bewilligt beschäftigt sind, dürfen weitere Beschäftigungsbewilligungen bis zur zulässigen Höchstdauer nach Maßgabe der Abs3 bis 5 ungeachtet eines freien Kontingentplatzes erteilt werden. Saisonarbeitskräfte, die bereits zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind oder mindestens einmal in den vorangegangenen fünf Jahren als Saisonarbeitskraft oder ErntehelferIn im Rahmen eines Kontingents gemäß Abs1 Z1 oder 2 beschäftigt waren, sind bevorzugt zu bewilligen.
(7) Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte, die in den Kalenderjahren 2006 bis 2010 im selben Wirtschaftszweig jeweils mindestens vier Monate im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 Abs1 Z1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 135/2009 befristet beschäftigt waren und sich bis 30. April 2012 bei den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice für eine weitere Beschäftigung in diesem Wirtschaftszweig registrieren haben lassen, können außerhalb von Kontingenten gemäß Abs1 Z1 nach Maßgabe des Abs3 erteilt werden und sind nicht auf Kontingente anzurechnen. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt (§4 Abs7 Z6).
(8) Die Prüfung des Aufenthaltsrechts gemäß §4 Abs1 Z1 und das Verfahren gemäß §11 entfallen, wenn die Beschäftigungsbewilligung im Rahmen von Kontingenten gemäß Abs1 Z1 oder Z2 beantragt wurde und die Saisonarbeits-kraft oder der/die ErntehelferIn der Visumpflicht gemäß §24 Abs1 Z3 FPG unterliegt. Die Aufnahme der Beschäftigung ist jedoch erst nach Erteilung eines Visums nach Maßgabe des §24 Abs1 Z3 FPG erlaubt.
(9) Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen für AusländerInnen, die über ein Visum C mit mehrjähriger Gültigkeitsdauer verfügen, der örtlich zuständigen Landespolizeidirektion vor der Entscheidung zur Kenntnis zu bringen (§24 Abs5 FPG)."
2. §§20, 21 und 58 des Bundesgesetzes über das Arbeitsmarktservice (Arbeitsmarktservicegesetz – AMSG), BGBl 313/1994, §24 AMSG, BGBl 313/1994, idF BGBl I 71/2013 und §59 AMSG, BGBl 313/1994, idF BGBl I 139/1997 lauten:
"2. ABSCHNITT
Regionalbeirat
Zusammensetzung und Mitgliedschaft
§20. (1) Bei jeder regionalen Organisation ist ein Beirat einzurichten (Regionalbeirat).
(2) Der Beirat besteht aus dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle als Vorsitzendem und vier weiteren Mitgliedern. Diese weiteren Mitglieder bestellt das Landesdirektorium auf Vorschlag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft des jeweiligen Bundeslandes, der Vereinigung österreichischer Industrieller, der Kammer für Arbeiter und Angestellte des jeweiligen Bundeslandes und des österreichischen Gewerkschaftsbundes. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen, der das Mitglied zu vertreten hat, wenn es an der Ausübung seiner Funktion verhindert ist.
(3) Die Funktionsperiode der vier weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates beträgt sechs Jahre; die Wiederbestellung ist zulässig.
(4) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) können jederzeit gegenüber dem Landesdirektorium den Rücktritt erklären. Der Rücktritt wird mit der schriftlichen Erklärung gegenüber dem Landesdirektorium wirksam. Die Mitgliedschaft (stellvertretende Mitgliedschaft) erlischt, wenn das Mitglied stellvertretende Mitglied) Mitglied des Vorstandes, Landesgeschäftsführer (Stellvertreter des Landesgeschäftsführers), Mitglied des Verwaltungsrates oder eines Landesdirektoriums oder das weitere Mitglied (stellvertretende Mitglied) Bediensteter des Arbeitsmarktservice wird.
(5) Das Landesdirektorium hat die Bestellung eines von ihm bestellten Mitgliedes (stellvertretenden Mitgliedes) des Beirates zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere bei grober Pflichtverletzung oder dauernder Unfähigkeit zur Ausübung der Funktion vor.
(6) Scheidet ein Mitglied (stellvertretendes Mitglied) vor Ablauf der Zeit, für die es bestellt ist, aus, so ist für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied (stellvertretendes Mitglied) zu bestellen.
Aufgaben und Verfahren
§21. (1) Der Beirat hat in Umsetzung der Richtlinien der Bundes- und der Landesorganisation die Grundsätze der Arbeitsmarktpolitik für den Bereich der regionalen Geschäftsstelle festzulegen. In seinen Aufgabenbereich fallen folgende Angelegenheiten:
1. Vorschlag zur Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik auf regionaler Ebene gegenüber der Landesorganisation,
2. Anhörung vor der Bestellung des Leiters der regionalen Geschäftsstelle,
3. Beschluß über Berichte zur Arbeitsmarktpolitik der regionalen Organisation,
4. Genehmigung der regionalen Präliminarien,
5. Genehmigung kurz- und mittelfristiger Arbeitsprogramme und
6. Mitwirkung in sonstigen Angelegenheiten, in denen dies gesetzlich vorgesehen ist.
(2) Der Beirat wird von seinem Vorsitzenden (Stellvertreter) einberufen. Er ist jedenfalls unverzüglich einzuberufen, wenn dies der Landesgeschäftsführer, das Landesdirektorium oder mindestens zwei Mitglieder des Beirates unter Angabe von Gründen verlangen.
(3) Der Beirat ist bei Anwesenheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlußfähig. Die Geschäftsordnung kann für die Beschlußfassung in wichtigen Angelegenheiten ein höheres Anwesenheitsquorum vorsehen.
(4) Der Beirat faßt, sofern in diesem Bundesgesetz oder in der Geschäftsordnung nicht anderes bestimmt ist, seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(5) Der Beirat kann insbesondere zur Vorbereitung seiner Verhandlungen und Beschlüsse sowie zur Überwachung der ordnungsgemäßen Erfüllung der dem Arbeitsmarktservice im Bereich der regionalen Organisation obliegenden Aufgaben Ausschüsse einsetzen. Einem Ausschuß können auch Personen angehören, die nicht Mitglieder (stellvertretende Mitglieder) des Beirates sind.
(6) Der Beirat oder ein Mitglied des Beirates kann vom Leiter der regionalen Geschäftsstelle Auskünfte und Berichte zu allen Fragen der Tätigkeit des Arbeitsmarktservice der Regionalorganisation verlangen.
(7) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates (§20 Abs2) und seiner Ausschüsse haben, sofern auf Grund sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen nicht anderes bestimmt ist, für die Teilnahme an den Sitzungen des Beirates und seiner Ausschüsse Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie auf Entschädigung für Zeitversäumnis entsprechend den für Schöffen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 und auf ein angemessenes Sitzungsgeld, das vom Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festgesetzt wird.
(8) Die weiteren Mitglieder (stellvertretenden Mitglieder) des Beirates und die Ausschußmitglieder sind zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet. Sie haften, unbeschadet der Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes, für jeden Schaden, der dem Arbeitsmarktservice oder dem Bund aus der Vernachlässigung ihrer Pflichten erwächst.
5. HAUPTSTÜCK
Gemeinsame Vorschriften
Behördliche Aufgaben
§24. (1) Für die Besorgung behördlicher Aufgaben des Arbeitsmarktservice hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung Zuständigkeitssprengel festzulegen.
(2) Soweit der regionalen Geschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle.
(3) Soweit der Landesgeschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, obliegt diese dem Landesgeschäftsführer.
6. TEIL
Aufsicht
1. HAUPTSTÜCK
Aufgaben des Bundesministers für Arbeit und Soziales
Aufgaben im behördlichen Verfahren
§58. (1) Soweit das Arbeitsmarktservice behördliche Aufgaben zu erfüllen hat, unterliegt es dem Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit und Soziales.
(2) Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales im behördlichen Verfahren ergehen an den Vorstand, von diesem an den Landesgeschäftsführer und von diesem an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle.
Aufgaben im nichtbehördlichen Bereich
§59. (1) Soweit das Arbeitsmarktservice nichthoheitliche Aufgaben erfüllt, untersteht es der Aufsicht des Bundesministers für Arbeit und Soziales.
(2) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat dem Arbeitsmarktservice für die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik allgemeine Zielvorgaben zu geben. Soweit darin Grundsätze über den Einsatz finanzieller Leistungen gemäß dem 2. Teil, 3. Hauptstück enthalten sind, bedürfen diese des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Finanzen. Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat für die erforderlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Festlegung allgemeiner Zielvorgaben der Arbeitsmarktpolitik sowie für die Bekanntmachung der Schwerpunkte der allgemeinen Zielvorgaben in der Öffentlichkeit zu sorgen.
(3) Bei Ausübung der Aufsicht ist die Gesetzmäßigkeit und die Einhaltung der nach diesem Gesetz ergangenen Vorschriften (Zielvorgaben, Verordnungen,
Richtlinien) einschließlich der Ausrichtung der Tätigkeiten und Leistungen des Arbeitsmarktservice auf die im Rahmen der Vollbeschäftigungspolitik der Bundesregierung zu verfolgende aktive Arbeitsmarktpolitik (§29) zu prüfen.
(4) Zur Prüfung gemäß Abs3 gehört auch die Beobachtung und Bewertung der Tätigkeiten und Leistungen des Arbeitsmarktservice hinsichtlich ihrer arbeitsmarktpolitischen Effizienz.
(5) In Ausübung der Aufsicht hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales bei Beschlüssen der Organe des Arbeitsmarktservice (§3), die im Widerspruch zur gesetzmäßigen Führung der Geschäfte stehen, den Verwaltungsrat unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, unverzüglich auf eine gesetzeskonforme Vorgangsweise hinzuwirken. Nach Ablauf dieser Frist geht die Kompetenz zur Vollziehung der entsprechenden Angelegenheit, ungeachtet der sich sonst aus dem Gesetz ergebenden Zuständigkeiten, auf den Verwaltungsrat über. Der Vollzug der Beschlüsse ist während dieser Frist ausgesetzt. Wenn während dieser Frist keine gesetzeskonforme Maßnahme durch das Arbeitsmarktservice gesetzt wird, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales die gesetzwidrigen Beschlüsse aufzuheben.
(6) Nehmen Organe des Arbeitsmarktservice oder Mitglieder dieser Organe ihre in diesem Bundesgesetz festgelegten Pflichten nicht wahr, hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales den Verwaltungsrat aufzufordern, innerhalb einer kurzen, angemessenen Frist für die Setzung der unterlassenen Handlungen zu sorgen. Kommt der Verwaltungsrat diesem Verlangen innerhalb dieser Frist nicht nach, so hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales die unterlassenen Hand-lungen durchzuführen. Die Setzung der Nachfrist kann bei Gefahr im Verzug entfallen.
(7) Das Arbeitsmarktservice ist verpflichtet, dem Bundesminister für Arbeit und Soziales auf Verlangen alle für die Wahrnehmung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu geben und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. (8) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann sich bei Ausübung der Aufsicht erforderlichenfalls geeigneter externer Einrichtungen bedienen. Er hat auf Anregungen des Bundesministers für Finanzen betreffend die Aufsichtsführung Bedacht zu nehmen. Dadurch dürfen schutzwürdige Interessen Dritter im Sinne des §1 Abs1 des Datenschutzgesetzes nicht verletzt werden."
3. Der – an den Vorstand des AMS adressierte – Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, lautet (der in Prüfung gezogene Teil ist hervorgehoben):
"Beschäftigung von Asylwerberinnen und Asylwerbern; Erlass
Angesichts der aktuellen Arbeitsmarktentwicklung und insbesondere der großen Zahl vorgemerkter inländischer und ausländischer Jugendlicher mit Daueraufenthaltsrecht wird der Erlass vom 18.9.2015, GZ BMASK-435.006/009-VI/B/7/2015 mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Die durch diesen Erlass ersetzten Erlässe vom 14. Juni 2012, GZ BMASK-435.006/0005-VI/AMR/7/2012, und vom 18. März 2013, GZ BMASK-435.006/0005-VI/B/7/2013, treten nicht wieder in Kraft.
Auf Grund der bisherigen Erlasslage erteilte Beschäftigungsbewilligungen für Lehrlinge im laufenden Asylverfahren bleiben bis zum Ablauf ihrer jeweiligen Geltungsdauer gültig.
Alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber sind ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11.05.2004 GZ 435.006/6-II/7/2004 zu prüfen und zu erledigen. Anträge, die gemäß diesem Erlass nicht positiv erledigt werden können, sind gestützt auf eine nicht einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat (§4 Abs3 Z1 AuslBG) und/oder entgegenstehende wichtige öffentliche Interessen (Sicherstellung eines geordneten Asylwesens) gemäß §4 Abs1 AuslBG abzulehnen.
Der Erlass vom 25.01.2017, GZ BMASK-435.006/0012-VI/B/7/2016 (Ferial- und Berufspraktika und Volontariate), sowie der Erlass vom 9.11.2016, GZ BMASK-435.006/0011-VI/B/7/2016 (gemeinnützige Tätigkeiten) bleiben unberührt."
4. Der – an den Vorstand des AMS adressierte – Erlass des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, lautet (der in Prüfung gezogene Teil ist hervorgehoben):
"EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz, BGBl I Nr 28/2004;
Durchführungserlass
A. Allgemeines
Mit den im EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz vorgesehenen Änderungen bzw Übergangsbestimmungen im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) und im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) wird das im Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag) festgelegte Übergangsarrangement zur Arbeitnehmerfreizügigkeit und zur Dienstleistungsfreiheit umgesetzt. Die Übergangsbestimmungen treten mit 1. Mai 2004 in Kraft und sind vorerst unbefristet. Sie können daher erforderlichenfalls für die maximale Dauer der Übergangsfrist (sieben Jahre) angewendet werden. Das Übergangsarrangement hat folgende wesentliche Inhalte:
• Staatsangehörige der neuen EU-Mitgliedstaaten (im Folgenden: neue EU‑Bürger) haben ab dem Beitritt volle Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit und benötigen daher keinen Aufenthaltstitel mehr, um sich – zu welchem Zweck auch immer – vorübergehend oder auf Dauer in Österreich aufzuhalten. Sie unterliegen auch nicht mehr dem Quotenregime des Fremdengesetzes 1997 – FrG (keine Anrechnung auf Schlüsselkraft-, Familiennachzugs- oder sonstige in der Niederlassungsverordnung festgelegte Niederlassungsquoten).
• Neue EU-Bürger sind jedoch für die Dauer der Anwendung des Übergangsarrangements nicht vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen und können auch weiterhin nur nach den Regeln des AuslBG neu zu einer Beschäftigung in Österreich zugelassen werden.
• Auch die Betriebsentsendung neuer EU-Bürger unterliegt in den geschützten Dienstleistungssektoren weiterhin den Regeln des §18 AuslBG; in den liberalisierten Sektoren gelten die Regeln für die EU-Entsendebestätigung.
• Neue EU-Bürger, deren Ehegatten und Kinder erwerben unter bestimmten Voraussetzungen (einjährige durchgehende Zulassung, gemeinsamer Wohnsitz) das Recht auf freien Zugang zum Arbeitsmarkt.
• Neue EU-Bürger sind bei der Zulassung zum Arbeitsmarkt gegenüber Drittstaatsangehörigen generell zu bevorzugen (sog Gemeinschaftspräferenz).
• Neue EU-Bürger dürfen hinsichtlich ihrer Rechte auf Zugang zum Arbeitsmarkt nicht schlechter gestellt werden als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages (sog Stand-Still-Klausel).
• Neue EU-Bürger werden wie Drittstaatsangehörige auf die Bundeshöchstzahl, die Landeshöchstzahlen und auf Kontingente gemäß §5 AuslBG angerechnet.
• Ausländische Arbeitskräfte einschließlich neuer EU-Bürger, die aufgrund von Saisonkontingenten gemäß §5 AuslBG nur für die Dauer einer Saisonbeschäftigung befristet zum Arbeitsmarkt zugelassen werden, stehen nach Beendigung dieser Beschäftigung dem Arbeitsmarkt nicht weiter zur Verfügung.
Die Ausnahme neuer EU-Bürger vom FrG-Quotenregime hat insbesondere zur Folge, dass für sie Beschäftigungsbewilligungen im erschwerten Zulassungsverfahren (§4 Abs6) bis zum Erreichen der 8 %-Bundeshöchstzahl für jegliche Beschäftigung erteilt werden dürfen, wenn die offene Stelle nicht aus dem Potential der zur Vermittlung vorgemerkten Arbeitskräfte besetzt werden kann, alle besonderen Voraussetzungen für die Erteilung (§4 Abs3) vorliegen und der Regionalbeirat die Bewilligung einhellig befürwortet. Insofern erhält das qualifizierte Mitwirkungsrecht der Sozialpartner im Verfahren zur Zulassung neuer EU-Bürger einen besonders hohen Stellenwert.
Nach Überschreitung der Bundeshöchstzahl (BHZ) dürfen für neue EU-Bürger Beschäftigungsbewilligungen nur mehr erteilt werden, wenn sie einer in der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV) aufgezählten Personengruppe zugerechnet werden können.
B. Zu den einzelnen Änderungen bzw Übergangsbestimmungen im AuslBG
Für die Auslegung der einzelnen Bestimmungen sind primär die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (s Anlage) heranzuziehen, die hier nicht wiederholt werden. Darüber hinaus ist Folgendes zu beachten:
Neue EU-Bürger sind Staatsangehörige folgender Staaten (§32a Abs1): Estland, Tschechien, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und Zypern.
Für Staatsangehörige der Republik Malta und Zypern gilt das Übergangsarrangement nicht. Sie sind ab dem Beitritt (1. Mai 2004) alten EU‑Bürgern gleichgestellt und vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen.
Neue EU‑Bürger, die Ehegatten oder Kinder eines österreichischen Staatsbürgers oder eines Bürgers aus den alten EWR‑Mitgliedstaaten sind, sind ebenfalls vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen.
Zu §4 Abs3 Z7 (aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen)
Neue EU-Bürger
Im Anwendungsbereich des Fremdengesetzes herrscht Gleichbehandlung zwischen 'neuen' und 'alten' Unionsbürgern und EWR-Bürgern. Für neue EU‑Bürger sind daher ab dem Beitritt die im §46 FrG vorgesehenen Sonderbestimmungen (Begünstigungen) für EWR‑Bürger anzuwenden. Sie genießen Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit und erfüllen damit ohne weitere Prüfung jedenfalls die Voraussetzung des §4 Abs3 Z7. Die Beantragung oder Ausstellung eines (deklaratorischen) Aufenthaltstitels ist nicht mehr vorgesehen. Beschäftigungsbewilligungen können bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen ohne Vorschaltung einer Sicherungsbescheinigung erteilt werden.
Da auch Grenzgänger und Pendler (§2 Abs7 und 8) künftig keinen Aufenthaltstitel mehr erhalten, muss deren Grenzgänger- bzw Pendlereigenschaft, sofern diese für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung Voraussetzung ist (§1 Z4 und 8 BHZÜV bzw auf Grund eines Abkommens gemäß §1 Abs5), durch einen Wohnsitz im Nachbarstaat nachgewiesen werden.
Mit dem Wegfall der aufenthaltsrechtlichen Einschränkungen sind neue EU-Bürger, die in Österreich studieren, hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Beschäftigung nicht mehr eingeschränkt. Für sie können daher Beschäftigungsbewilligungen auch außerhalb von Saisonkontingenten ohne Beachtung der Geringfügigkeitsgrenze erteilt werden. Das Erfordernis der einhelligen Befürwortung des Regionalbeirates bleibt jedoch - sofern es sich nicht um eine Beschäftigung im Rahmen eines Saisonkontingents handelt (hier ist der maximale Zeitpunkt von drei Monaten zu beachten) - im erschwerten Zulassungsverfahren bestehen.
Saisonvignette
Da neue EU-Bürger auch im Falle einer befristeten Beschäftigung auf Grund von Kontingenten gemäß §5 keinen Aufenthaltstitel mehr benötigen, sind Beschäftigungsbewilligungen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Wochen künftig nicht mehr im Reisedokument des neuen EU-Bürgers ersichtlich zu machen, sondern ausschließlich in Bescheidform zu erteilen.
Drittstaatsangehörige
Für Drittstaatsangehörige (§2 Abs9) darf eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn diese über einen im §4 Abs3 Z7 nunmehr taxativ aufgezählten Aufenthaltstitel verfügen:
– Niederlassungsbewilligung (NB), gleichgültig zu welchem Zweck;
Einzige Ausnahme: NB zum Zweck 'Privat'; auf Grund dieses Aufenthaltstitels darf keine BB erteilt werden.
Nur bei jenen Ausländern, die als nachgezogene Kinder von bereits niedergelassenen Ausländern über eine NB zum Zweck 'Privat - quotenfrei' verfügen und vorher im Besitz einer quotenpflichtigen NB zum Zweck Familiennachzug waren, können die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden.
– Aufenthaltserlaubnis zu folgenden Zwecken:
Ausbildung (§7 Abs4 Z1 FrG): Diesen Aufenthaltstitel erhalten Ausländer zum Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung), sofern der Besuch eines Universitätslehrgangs nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient;
Rotationskraft (§7 Abs4 Z2 FrG): Diesen Aufenthaltstitel erhalten Ausländer, die unselbständig erwerbstätig sind und ihr Arbeitsvertrag mit ihrem internationalen tätigen Dienstgeber sie entweder als
o leitende Angestellte mit maßgeblichen Führungsaufgaben oder
o der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter (Führungskräftenachwuchs) zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung oder
o Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen
ausweist und Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht, für die Dauer ihrer Beschäftigung.
Rotationskräfte können sowohl als betriebsentsandte (§18) als auch in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber (Konzernunternehmen) mit Betriebssitz im Bundesgebiet stehende Arbeitskräfte (§1 Z9 BHZÜV) beschäftigt werden.
Befristete Beschäftigung (§12 Abs2 FrG): Diesen Aufenthaltstitel erhalten Arbeitskräfte, die im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 AuslBG (Saisoniers) beschäftigt werden. Saisoniers, die nicht zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, können nur im Wege einer Sicherungsbescheinigung angeworben werden und erst nach Erteilung des o.a. Aufenthaltstitels eine Beschäftigungsbewilligung erhalten.
Betriebsentsandter (§12 Abs2 FrG): Diesen Aufenthaltstitel erhalten Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, für die Dauer der Beschäftigung.
Aufenthalt aus humanitären Gründen (§10 Abs4 FrG): Dieser Aufenthaltstitel kann Ausländern trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (insb. Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung, etc.) aus humanitären Gründen von Amts wegen erteilt werden. Sie können nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung erhalten (§19 Abs2 Z6 FrG).
Kurzfristig Kunstausübende unselbständig (§12 Abs2 FrG): Dieser Aufenthaltstitel kann von der Berufsvertretungsbehörde (Botschaft, Konsulat) nach Vorliegen einer Sicherungsbescheinigung oder Beschäftigungsbewilligung mit einer Gültigkeitsdauer von höchstens sechs Monaten erteilt werden.
– befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß §15 AsylG:
Diesen Aufenthaltstitel erhalten jene Asylwerber, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und für die mit Bescheid der Asylbehörde festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig ist (Non-refoulement-Schutz).
– vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß §19 AsylG:
Diesen Aufenthaltstitel erhalten Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens (Aufenthaltsberechtigungskarte). Dabei ist zu beachten, dass während der ersten drei Monate ab Einbringung des Asylantrages oder nach Einstellung des Asylverfahrens die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht vorliegen und damit de facto ein Beschäftigungsverbot besteht.
Informationen über den Stand und die Dauer des Asylverfahrens sind in Zweifelsfällen von der zuständigen Asylbehörde einzuholen.
Für §19-Asylwerber sind im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und deren nur vorläufiges Aufenthaltsrecht, das auf Grund der künftig wesentlich rascher abgeschlossenen Asylverfahren in der Regel nur von kurzer Dauer sein wird, Beschäftigungsbewilligungen auch nach der dreimonatigen Wartefrist nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 zu erteilen.
Exkurs: EQUAL-Projekte
Aus gegebenem Anlass wird außerdem klargestellt, dass Tätigkeiten von Asylwerbern (und auch von anderen drittstaatsangehörigen Ausländern) im Rahmen von EQUAL-Projekten weder aufgrund §1 Abs.2 litj noch aufgrund eines anderen Ausnahmetatbestandes von vornherein vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind.
Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass kurzfristige Praktika im Rahmen solcher Projekte keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG (§2 Abs2) sind und demnach ohne Beschäftigungsbewilligung ausgeübt werden dürfen, wenn sie Bestandteil einer Berufsorientierungs- bzw Qualifizierungsmaßnahme sind und sich in Art und Umfang lediglich als kurzfristiges Training on the Job innerhalb der Schulungsmaßnahme beurteilen lassen.
Da es sich bei Tätigkeiten im Rahmen von EQUAL-Projekten somit von vornherein um keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG handeln darf, kann damit auch keine Arbeitserlaubnis erworben werden.
– Aufenthaltsrecht auf Grund einer Verordnung gemäß §29 FrG (Kriegsvertriebene):
Derzeit besteht keine derartige Verordnung.
– Lichtbildausweis gemäß §84 FrG:
Diesen erhalten Personen, die in Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages oder auf Grund des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationalen Organisationen, BGBl Nr 677/1977, Privilegien und Immunitäten genießen, zum Zwecke der Legitimation. Im Ausweis sind Identität, Staatsangehörigkeit und Funktion des Inhabers ersichtlich.
Für die Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung ist – wie bisher – in allen Fällen der Nachweis eines Aufenthaltstitels nicht erforderlich.
Zu §§4b Abs1 zweiter Satz und 5 Abs3 (Gemeinschaftspräferenz)
Für die Arbeitsmarktprüfung vor Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sind EWR-Bürger – und damit auch neue EU-Bürger – ausdrücklich als bevorzugte Gruppe unter den für die Besetzung einer offenen Stelle verfügbaren Ausländern genannt. Dessen unbeschadet werden aber angesichts des hohen Standes vorgemerkter Arbeitsloser in erster Linie Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung – unabhängig von deren Staatsangehörigkeit – als Ersatzkräfte in Betracht kommen. Erst wenn die Vermittlung aus diesem Personenkreis ergebnislos ist bzw von vornherein unmöglich erscheint, werden auch alle sonstige vorgemerkten Personen als Ersatzkräfte anzubieten sein, wobei jedoch neue EU-Bürger gegenüber gleichrangig vorgemerkten Drittstaatsangehörigen jedenfalls zu bevorzugen sind (siehe dazu die Bundesrichtlinie 'Zusammenarbeit des Service für Unternehmen mit dem Service für Ausländerbeschäftigung' des Arbeitsmarktservice Österreich vom 1. Mai 2004).
Im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 sind Anträge für neue EU-Bürger jedenfalls bevorzugt zu bewilligen (§5 Abs3).
Zu §28 Abs1 Z6 (Strafbestimmung)
Der Arbeitgeber ist bei Beschäftigung von neuen EU-Bürgern bzw deren Ehegatten und Kindern, die zwar das Freizügigkeitsrecht erworben, jedoch keine Bestätigung gemäß §32a Abs4 darüber haben, strafbar. Hierbei handelt es sich lediglich um die Verletzung einer Ordnungsvorschrift, die mit einer entsprechend geringen Geldstrafe (bis zu 500 Euro) belegt ist.
Neue EU-Bürger, die kein Freizügigkeitsrecht haben, dürfen hingegen weiterhin nur auf Grund einer sonstigen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigung oder Bestätigung nach dem AuslBG (bzw auf Grund eines Niederlassungsnachweises) beschäftigt werden. Das Nichtvorliegen einer solchen Berechtigung ist als echte illegale Beschäftigung gemäß §28 Abs1 Z1 bis 5 zu bestrafen. Strafbar ist lediglich der Arbeitgeber.
Neuen EU-Bürgern, die bei einer illegalen Beschäftigung betreten werden, drohen auch keine fremdenrechtlichen Konsequenzen mehr (näheres dazu beil. Rundschreiben des BMI betr. Auswirkungen der EU‑Erweiterung auf das fremdenpolizeiliche Verfahren, GZ 31.360/288-II/3/04). Dessen unbeschadet ist aber eine wiederholte illegale Beschäftigung, von der das Arbeitsmarktservice Kenntnis erlangt, im Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung weiterhin als Ablehnungsgrund heranzuziehen (§4 Abs3 Z10).
Um Kontrollen zu erleichtern, ist dem neuen EU‑Bürger eine Ausfertigung der Freizügigkeitsbestätigung (siehe dazu weiter unten) für den Arbeitgeber auszufolgen. Diese ist mit dem Hinweis zu versehen, dass sie dem neuen EU‑Bürger bei Beendigung der Beschäftigung (für den nächsten Arbeitgeber) zu retournieren ist. Die Nichteinhaltung der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Ausfertigung der Bestätigung im Betrieb zur Einsichtnahme bereit zu halten (§32a Abs4), steht nicht unter Strafsanktion.
Zu §32a Abs1 bis 5 (Erwerb der Arbeitnehmerfreizügigkeit)
Neue EU-Bürger sowie deren Ehegatten und Kinder sind nicht vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen und können grundsätzlich nur nach den Regeln des AuslBG zu einer Beschäftigung zugelassen werden.
Neue EU-Bürger erwerben jedoch Arbeitnehmerfreizügigkeit, wenn sie
– am Tag des Beitritts oder danach rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen mindestens zwölf Monate zum regulären Arbeitsmarkt zugelassen waren:
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit entsteht unmittelbar auf Grund des Beitrittsvertrages, ist jedoch vom Arbeitsmarktservice verpflichtend schriftlich zu bestätigen. Dabei ist zu prüfen, ob der neue EU-Bürger seit dem 1. Mai 2004 im Bundesgebiet legal beschäftigt und unmittelbar vor dieser Beschäftigung ununterbrochen zwölf Monate zum regulären Arbeitsmarkt zugelassen war.
Sind beide Voraussetzungen einmal gegeben, ist die Freizügigkeit erworben und geht nur mehr bei freiwilligem Verlassen des Arbeitsmarktes wieder verloren (siehe dazu weiter unten). Die Bestätigung kann demnach auch zu einem späteren Zeitpunkt eingeholt werden.
Der Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis, eines Befreiungsscheines oder eines Niederlassungsnachweises bzw die Ausnahme auf Grund §1 Abs2 litl gilt – unabhängig von einer tatsächlichen Beschäftigung – als Zulassung zum regulären Arbeitsmarkt.
Beschäftigungsbewilligungen hingegen erlöschen bei vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses automatisch. Ein nicht ausgeschöpfter Bewilligungszeitraum gilt daher nicht als Zulassung. Auch die automatische 'Verlängerung' einer Beschäftigungsbewilligung bis zur Entscheidung über einen rechtzeitig eingebrachten Verlängerungsantrag (§7 Abs7) soll primär dem Rechtsschutz dienen und lediglich die Erlaubtheit der Beschäftigung sicherstellen. Das vorläufige Weiterbeschäftigungsrecht gilt daher nicht als Zulassung. Dies ist insbesondere bei Saisonbewilligung zu beachten.
Eine vorübergehende Beschäftigung als Betriebsentsandter zur Erbringung von Dienstleistungen oder eine Beschäftigung als Au-pair-Kraft, Ferialpraktikant oder Volontär gilt ebenso wie eine auf Grund einer bestimmten Tätigkeit vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommene Beschäftigung (zB Seelsorger) nicht als Zulassung zum regulären Arbeitsmarkt und führt daher nicht zum Erwerb der Freizügigkeit (vgl dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage im Anhang). Eine Beschäftigungsbewilligung für eine Rotationsarbeitkraft gilt hingegen als Zulassung zum regulären Arbeitsmarkt, sofern die Rotationsarbeitskraft in einem Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber mit Betriebssitz im Bundesgebiet steht.
oder
– die Voraussetzungen für einen Befreiungsschein (§15) erfüllen:
(siehe dazu insbesondere den ho. Erlass vom 29. November 2002, Zl 435.006/18-II/7/02). Neue EU-Bürger, die im Besitz eines aufrechten Befreiungsscheines sind, müssen die Voraussetzungen hiefür nicht neuerlich nachweisen. Ihnen ist die Freizügigkeitsbestätigung ohne weitere Prüfung auszustellen. Die gemäß §15 Abs1 Z3 geforderte Niederlassungsbewilligung ist durch die Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit als gegeben anzunehmen.
oder
– seit fünf Jahren im Bundesgebiet dauernd niedergelassen sind und über ein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügen:
Hier ist ausschlaggebend, dass der neue EU-Bürger aktuell – also auch im Zeitpunkt der Ausstellung der EU-Freizügigkeitsbestätigung – einer erlaubten selbständigen bzw unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Zu den Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit werden (analog zu den Auslegungsrichtlinien des Bundesministeriums für Inneres für den Erwerb eines Niederlassungsnachweises) aber auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Kinderbetreuungsgeld und andere Versicherungsleistungen (insbesondere Pensionen und Renten) zu zählen sein.
Der Nachweis der geforderten fünfjährigen Niederlassung ist für den Zeitraum nach dem Beitritt mittels Meldezettel (Meldebestätigung) zu erbringen. Für Zeiten vor dem Beitritt wird eine Niederlassungsbewilligung (ein Niederlassungsnachweis) vorgelegt werden müssen.
Arbeitnehmerfreizügigkeit erwerben – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – ferner Ehegatten und Kinder (im Sinne des §1 Abs2 litl) eines neuen EU-Bürgers mit Freizügigkeitsrecht (Bezugsperson), wenn sie mit diesem
– am 1. Mai 2004 oder
– – sofern sie erst nach dem 1. Mai 2004 nachziehen – mindestens 18 Monate einen gemeinsamen Wohnsitz im Bundesgebiet haben. Ab dem 1. Mai 2006 erwerben sie dieses Recht sofort.
Der gemeinsame Wohnsitz ist durch Vorlage von Meldezetteln (‑bestätigungen) nachzuweisen. Der Nachweis eines gemeinsamen Wohnsitzes am 1. Mai ist zusätzlich durch Vorlage einer Niederlassungsbewilligung (bzw eines Niederlassungsnachweises) zu erbringen.
Die Bezugsperson selbst muss wohl die Voraussetzungen für die Freizügigkeit erfüllen, aber nicht notwendigerweise im Besitz einer EU‑Freizügigkeitsbestätigung sein. Ergibt die materielle Prüfung, dass sie Arbeitnehmerfreizügigkeit hat, ist ihr aber nahe zu legen, sich diese ebenfalls bestätigen zu lassen.
Ausstellung der Freizügigkeitsbestätigung
Das Gesetz sieht keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung vor. Analog zur Ausstellung von anderen persönlichen Berechtigungen (Aufenthaltserlaubnis und Befreiungsschein) wird jedoch die regionale Geschäftsstelle des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthalts des neuen EU-Bürgers für die Ausstellung primär zuständig sein. Ansuchen, die bei einer anderen Geschäftsstelle eingereicht werden, sind ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Geschäftsstelle zur Bearbeitung weiterzuleiten. Ist die Bestätigung für die Arbeitsaufnahme dringend erforderlich, ist das Ansuchen direkt zu erledigen.
Bundeseinheitliche Vordrucke für Ansuchen bzw Bestätigungen gemäß §32a Abs4 (Muster im Anhang) werden den Geschäftsstellen von der Bundesgeschäftsstelle zur Verfügung gestellt.
Die Arbeitsaufnahme ist, sofern keine andere Berechtigung bzw Bestätigung nach dem AuslBG bzw kein Niederlassungsnachweis vorliegt, nur mit dieser Bestätigung zulässig. Sie muss vor der Arbeitsaufnahme beim Arbeitsmarktservice eingeholt werden (s Strafbestimmung des §28 Abs1 Z6).
Liegen die materiellen Voraussetzungen für die Ausstellung der Bestätigung nicht vor, ist das Ansuchen bescheidmäßig abzuweisen. Dagegen kann der neue EU-Bürger Berufung an die zuständige Landesgeschäftsstelle erheben. Es gelten die allgemeinen Bestimmungen des AVG über den Rechtsschutz (§§63 ff.)
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit geht bei freiwilligem Verlassen des österreichischen Arbeitsmarktes, d.h. bei Ausreise aus dem Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grunde wieder verloren. Das wird bei einer dauerhaften Abmeldung von der österreichischen Wohnadresse der Fall sein.
Anrechnung auf Höchstzahlen und Kontingente
Alle rechtmäßig beschäftigten und arbeitslos gemeldeten neuen EU-Bürger sowie deren Ehegatten und Kinder werden auf die Ausländerhöchstzahlen (BHZ und LHZ) angerechnet.
Ebenso belasten Kontingentbewilligungen (§5) für neue EU-Bürger das jeweilige Kontingent.
Zu §32a Abs6 und 7 (Dienstleistungsfreiheit)
Geschützte Dienstleistungssektoren
Die Betriebsentsendung von Arbeitskräften in jenen Dienstleistungssektoren, für die Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zulässig sind, unterliegt dem Übergangsarrangement. Es handelt sich dabei um folgende Sektoren:
– Gärtnerische Dienstleistungen gemäß europäischem NACE- Code 01.41;
– Be- und Verarbeitung von Natursteinen a.n.g. (anderweitig nicht genannt) gemäß europäischem NACE- Code 26.7;
– Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen gemäß europäischem NACE- Code 28.11;
– Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige gemäß europäischen NACE- Codes 45.1 bis 4 und die im Anhang zur Richtlinie 96/71/EG aufgeführten Tätigkeiten;
– Schutzdienste gemäß europäischem NACE- Code 74.60;
– Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln gemäß europäischem NACE- Code 74.70;
– Hauskrankenpflege gemäß europäischem NACE- Code 85.14;
– Sozialwesen a.n.g. (anderweitig nicht genannt) gemäß europäischem NACE- Code 85.32.
Die einzelnen von den o.a. NACE-Codes erfassten Bereiche sind dem beiliegenden Auszug aus der Ö-NACE zu entnehmen.
In den genannten Dienstleistungssektoren ist die Beschäftigung neuer EU-Bürger bzw Drittstaatsangehöriger, die von Unternehmen mit Betriebssitz in einem neuen EU-Mitgliedstaat (ausgenommen Malta und Zypern) zur Erbringung von Dienstleistungen nach Österreich entsandt werden, weiterhin nur auf Grund einer Entsendebewilligung (§18 Abs1 bis 11) zulässig.
Dabei ist die im Inland tatsächlich erbrachte Dienstleistung und nicht etwa der vom Unternehmen angegebene NACE-Code für die Zuordnung maßgeblich. Bei Entsendefällen, wo Abgrenzungsprobleme auftreten oder voneinander nicht trennbare Dienstleistungen erbracht werden, soll die überwiegende Dienstleistung den Ausschlag für die Zuordnung geben.
Für die Erteilung einer Entsendebewilligung ist die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des §4 Abs1 zu prüfen (§18 Abs8). Die Prüfung kann unterbleiben, wenn feststeht, dass die Arbeitsleistungen von Inländern nicht erbracht werden können. Kann der Antragsteller dies nicht überzeugend darlegen, ist die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes durch eine Gegenüberstellung der im konkreten Fachbereich (NACE-Wirtschaftsklassen) Vorgemerkten mit den entsprechenden offen gemeldeten Stellen zu prüfen und der Antrag abzulehnen, wenn die Zahl der Vorgemerkten die Zahl der gemeldeten offenen Stellen übersteigt.
Wie bei der Beschäftigungsbewilligung muss das Bruttoentgelt, das der Betriebsentsandte für die in Österreich geleistete Arbeit erhält, den für österreichische Arbeitnehmer geltenden Kollektivvertrags- oder Mindestlohntarifregelungen entsprechen. Ist das nicht der Fall, ist die Entsendebewilligung abzulehnen.
Der Regionalbeirat ist vor Erteilung einer Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung gemäß §18 anzuhören (§20 Abs2).
Verbot der Erteilung von Entsendebewilligungen im Baubereich
Werden neue EU-Bürger bzw Drittstaatsangehörige in einem der in §18 Abs11 genannten Bereiche betriebsentsandt, muss vom inländischen Auftraggeber vor der Beschäftigungsaufnahme eine Beschäftigungsbewilligung eingeholt werden, auch wenn die Arbeiten kürzer als vier Monate dauern. Die dort genannten Wirtschaftsklassen decken sich – mit Ausnahme der Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal – mit den im Beitrittsvertrag angeführten Dienstleistungssektoren (Vorbereitende Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, Ausbau- und Bauhilfsgewerbe). Die Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal ist zwar als solche nicht von der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit erfasst. Soweit jedoch das mit den Baumaschinen bzw -geräten zur Verfügung gestellte Personal – über das Aufstellen bzw die Wartung etc. der Maschinen bzw Geräte hinaus – zu Arbeiten in den o.a. Dienstleistungssektoren eingesetzt wird, ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Auf die notwendige Prüfung der Arbeitsmarktlage gemäß §18 Abs8 (im Baubereich) wird hingewiesen.
Soweit die Systematik der Wirtschaftstätigkeiten (ÖNACE) in den Unterklassen 'Bautischlerei' und 'Bauschlosserei' zwischen 'fremd- und selbstbezogenen' Waren unterscheidet, ist diese Unterscheidung bei der Beurteilung, ob eine Beschäftigungsbewilligung oder eine andere Form der Berechtigung vorgesehen ist, zu beachten. In diesem Sinne wäre der Einbau bzw die Montage von fremdbezogenen Bauteilen, also von solchen, die nicht auch von dem mit der Montage beauftragen Unternehmen erzeugt wurden, beschäftigungsbewilligungspflichtig. Eine bloße EU‑Entsendebestätigung dagegen würde genügen, wenn die Montage nur als Nebenleistung zur Gruppe 'Herstellung von Möbeln' (36.1) angesehen werden kann, also von Arbeitskräften des Herstellerbetriebes durchgeführt wird. Dementsprechend wäre für Bauschlosserarbeiten (45.42-02), die sich auf fremd-bezogene Teile beziehen, eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich, für selbst-bezogene eine Entsendebewilligung, wenn die Arbeiten mit der Gruppe 28.11 (Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen) in Verbindung stehen.
Gleiches gilt für die Montage bzw Errichtung von fremdbezogenen Stahlkonstruktionen (45.25.00) und für die Rundfunk- und Fernesehantennenmontage von nicht selbst hergestellten Geräten (45.31.02), die demnach dem Baubereich zuzuordnen und daher ebenfalls beschäftigungsbewilligungspflichtig ist.
Liberalisierte Dienstsleistungssektoren
In den liberalisierten Sektoren (alle nicht o.a. Dienstleistungssektoren) ist für die Entsendung aus neuen Mitgliedstaaten eine EU‑Entsendebestätigung erforderlich (§18 Abs12 bis 16, §7b AVRAG).
Für die Entsendung neuer EU‑Bürger durch Unternehmen mit Sitz in einem alten Mitgliedstaat ist in allen Dienstleistungssektoren ebenfalls eine EU‑Entsendebestätigung erforderlich (§32a Abs7).
Gemäß §18 Abs13 Z1 ist die EU-Entsendebestätigung ua nur auszustellen, wenn der Ausländer über die entsprechende Bewilligung des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt. Diese Bestimmung wird sinngemäß dahingehend auszulegen sein, dass auch ein betriebsensandter neuer EU‑Bürger eine entsprechende Bewilligung des Entsendestaates haben muss (zB polnischer Betriebsentsandter muss über Arbeitsberechtigung bzw Freizügigkeitsbestätigung in Deutschland verfügen), soweit dies dort erforderlich ist. Ist im Entsendestaat keine Beschäftigungsberechtigung erforderlich (zB Irland), ist nur zu prüfen, ob der neue EU-Bürger im Entsendestaat in einem ordnungsgemäßen unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Entsendebetrieb steht (zB durch Vorlage eines Nachweises der Meldung zur Sozialversicherung im Entsendestaat).
Die Entlohnung für die in Österreich verrichtete Tätigkeit muss den geltenden lohn- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen (Vergleich der Bruttozahlung), insbesondere den §§7 ff AVRAG sowie den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften entsprechen. Dies ist bei Anzeige bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nachzuweisen.
Für einen entsandten Arbeitnehmer, der bei Montagearbeiten und Reparaturen im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb oder für die Inbetriebnahme solcher Anlagen und Maschinen nötigen Arbeiten, die von inländischen Arbeitnehmern nicht erbracht werden können, eingesetzt wird, entfällt die Prüfung der Lohn- und Arbeitsbedingungen, sofern diese Arbeiten insgesamt nicht länger als drei Monate dauern (§7b Abs2 AVRAG). Auch in diesen Fällen ist aber ein Nachweis über die Anmeldung der entsandten Arbeitskraft zur Sozialversicherung im Entsendestaat zu erbringen.
Liegt eine der o.a. Voraussetzungen nicht vor, ist die Ausstellung der EU‑Entsendebestätigung bescheidmäßig zu versagen.
Antragsteller sind darauf hinzuweisen, dass der Entsendebetrieb die Beschäftigung unter Angabe der Entlohnung spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden hat (§7b Abs3 AVRAG).
Arbeitskräfteüberlassung
Gemäß §16a des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) ist für Überlassungen neuer EU-Bürger durch Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedsstaat des EWR, so auch in den neuen Mitgliedsstaaten, keine von der Gewerbebehörde auszustellende Bewilligung gemäß §16 Abs4 AÜG zur grenzüberschreitenden Überlassung mehr erforderlich. Überlassungen neuer EU-Bürger, gleich, ob sie durch Unternehmen mit Sitz in einem alten oder neuen Mitgliedsstaat erfolgt, unterliegen jedoch weiterhin dem AuslBG mit der Maßgabe, dass die im §4 Abs3 Z8 genannte Voraussetzung des Vorliegens einer Bewilligung gemäß §16 Abs4 entfällt. Damit ist allerdings nicht der im §4 Abs9 vorgesehene Entfall der Prüfung der Voraussetzungen nach §4 Abs1 und 6 verbunden. Auf die Arbeitsmarktprüfung sind die materiellen Voraussetzungen des §16 Abs4 AÜG auch im Verfahren nach dem AuslBG anzuwenden.
Wegfall der Fahrerbescheinigung
Neue EU-Bürger, die im Bereich des grenzüberschreitenden Güterverkehrs als Lastkraftfahrer nach Österreich entsandt werden, benötigen hiefür keine Fahrerbescheinigung mehr. Abgesehen von den Fällen des §18 Abs2 (Ein-, Aus- und Durchfahrt) ist für die Fahrer vor deren Einsatz im Bundesgebiet aber eine EU-Entsendebestätigung einzuholen (liberalisierter Dienstleistungssektor). Dies gilt insbesondere für Kabotagefahrten (Be- und Abladen innerhalb des Bundesgebietes), auch wenn hiefür keine güterbeförderungsrechtliche Bewilligung mehr erforderlich ist (zB Slowenien). Auch bei den vom §18 Abs2 erfassten Tätigkeiten wird der Nachweis, dass der Fahrer in einem ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnis zum Entsendebetrieb steht, mittels Bestätigung über die Anmeldung zur Sozialversicherung im Entsendestaat zu erbringen sein. Einige EU‑Mitgliedstaaten haben angekündigt, auch für neue EU-Bürger weiterhin Fahrerbescheinigungen auszustellen. In diesem Fall kann der Nachweis eines ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnisses mittels Fahrerbescheinigung erbracht werden.
Personenverkehr
Auch im grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Straße kommt §18 Abs2 für Kabotagefahrten nicht in Betracht. Kabotage ist sowohl im Bereich Gelegenheitsverkehr als auch im Bereich des Kraftfahrlinienverkehrs als Personentransport ausschließlich innerhalb des Bundesgebietes zu verstehen. D.h., selbst wenn die innerstaatliche Beförderung im Rahmen einer grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie erfolgt, zB eine Kraftfahrlinie von Wien – St. Pölten – Graz – Zagreb, ist eine Beförderung zwischen Wien und St. Pölten oder Graz als Kabotage zu verstehen. Auch hier wird bei den vom §18 Abs2 erfassten Tätigkeiten (zB Transit, grenzüberschreitender Personentransport ohne Kabotage) das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnisses zum Entsendebetrieb mittels Anmeldebestätigung zur Sozialversicherung im Entsendestaat nachzuweisen sein.
Zu §32a Abs8 (Schlüsselkräfte)
Nachdem Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten ab dem Beitritt generell keine Niederlassungsbewilligung mehr erhalten, ist auch das Verfahren gemäß §12 nicht mehr anwendbar. Schlüsselkräfte aus den neuen Mitgliedstaaten erhalten daher bei Vorliegen aller Voraussetzungen künftig wieder eine Beschäftigungsbewilligung (ohne Vorschaltung einer Sicherungsbescheinigung). Im Bescheid ist neben der Tätigkeit die Bezeichnung 'Schlüsselkraft' anzuführen.
Zu §32a Abs9 (Weitergeltung bereits bestehender Berechtigungen)
Neue EU-Bürger mit freiem Zugang zum Arbeitsmarkt, die über eine sonstige Berechtigung zur Arbeitsaufnahme (Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein, Niederlassungsnachweis) verfügen, müssen keine EU‑Freizügigkeitsbestätigung gemäß §32a Abs4 einholen, wenn die ihnen erteilte Berechtigung ohnehin die bestehende bzw in Aussicht genommene Beschäftigung zulässt.
EU-Schweiz-Personenfreizügigkeitsabkommen
Zu Art1 Z6 (§32 Abs9):
Die im EU-Schweiz-Personenfreizügigkeitsabkommen vorgesehene Übergangsfrist für die Arbeitnehmerfreizügigkeit von Schweizerbürgern endet am 31. Mai 2004. Schweizer und ihre Familienangehörigen – gleich welcher Staatsangehörigkeit – unterliegen daher ab 1. Juni 2004 nicht mehr dem Geltungsbereich des AuslBG.
Unternehmen mit Betriebssitz in der Schweiz sind ab diesem Zeitpunkt Unternehmen mit Betriebssitz in einem alten EU‑Mitgliedstaat gleichgestellt und benötigen für die Entsendung von Drittstaatsangehörigen oder neuen EU‑Bürgern in allen Dienstleistungssektoren lediglich eine EU‑Entsendebestätigung.
C. Geltungsbeginn
Dieser Erlass ist ab 1. Mai 2004 anzuwenden.
Die Bundesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Österreich wird ersucht, die Landesgeschäftsstellen hievon in Kenntnis zu setzen.
D. Zu den Änderungen im AlVG
Siehe beiliegende Durchführungsweisung." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
1.1. Die vorläufigen Annahmen, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung die zu prüfenden Teile des Erlasses der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, und des Erlasses des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, als Verordnungen anzuwenden hätte, haben sich als zutreffend erwiesen:
1.2. Der Bundesminister für Arbeit wendet sich im Rahmen seiner Ausführungen zu den Prozessvoraussetzungen gegen die Präjudizialiät der in Prüfung gezogenen Teile der Erlässe und meint, das Bundesverwaltungsgericht habe offensichtlich nur §4 Abs3 AuslBG mit Ausnahme der Z1 angewendet, nicht aber die in Prüfung gezogenen Erlässe.
1.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht:
1.3.1. Das AMS Oberwart hat mit Bescheid vom 25. September 2019 den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung mit der Begründung abgewiesen, dass "[g]emäß Erlass v. 12.09.2018 des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz […] Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für AsylwerberInnen gem. §4 Abs1 bzw Abs2 – aufgrund Sicherstellung eines geordneten Asylwesens bzw gem. §4 Abs3 Ziffer 1 – keine einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat, abzulehnen [sind]." Der Beirat der regionalen Geschäftsstelle habe dem Antrag nicht einhellig zugestimmt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung seien daher nicht gegeben gewesen.
1.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht legt seinen Feststellungen sodann zugrunde, dass der Regionalbeirat des AMS Oberwart die Befürwortung zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gestützt auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, abgelehnt habe, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge auf Beschäftigungsbewilligung für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, zu prüfen und zu erledigen seien.
1.3.3. Im Rahmen der Beweiswürdigung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich die Gründe für die nicht einhellige Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat aus der Stellungnahme des AMS Oberwart, die es anlässlich der Beschwerdevorlage abgegeben habe, ergeben würden. Im Rahmen der Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht führte das AMS Oberwart aus, dass die Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, weil im Regionalbeirat keine einhellige Zustimmung nach §4 Abs3 Z1 AuslBG zustande gekommen sei. Die Nichteinhelligkeit stütze sich auf den Erlass der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, demzufolge alle bereits anhängigen und neu eingebrachten Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber ausschließlich nach Maßgabe des Erlasses vom 11. Mai 2004 zu prüfen und zu erledigen seien. In Hinblick auf die Sicherstellung eines geordneten Asylwesens könnten Anträge, die sich nicht auf eine Beschäftigung im Rahmen eines Kontingentes gemäß §5 AuslBG beziehen würden, entsprechend diesem Erlass nicht positiv erledigt werden.
1.3.4. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die auf das Nichtvorliegen einer einhelligen Befürwortung zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Regionalbeirat gestützte Abweisung des Antrages durch das AMS Oberwart zu Recht erfolgt sei.
1.4. Entgegen der Ansicht des Bundesministers für Arbeit hat das Bundesverwaltungsgericht das Nichtvorliegen der Voraussetzung nach §4 Abs3 Z1 AuslBG anhand des – auf den in Prüfung gezogenen Erlässen basierenden – Bescheides, der Bescheidbeschwerde und der Ausführungen des AMS Oberwart im Rahmen der Beschwerdevorlage überprüft. Dabei waren die in Prüfung gezogenen Teile der Erlässe jedenfalls anzuwenden.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Auffassung, dass auch der Verfassungsgerichtshof die Erlässe bei seiner Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden hätte.
1.5. Dass die übrigen Prozessvoraussetzungen im Verordnungsprüfungsverfahren vorliegen, wurde nicht bestritten. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist also insgesamt zulässig.
2. In der Sache
2.1. Die im Prüfungsbeschluss vertretene Annahme, dass die in Prüfung gezogenen näher bezeichneten Absätze der Erlässe Verordnungsqualität aufweisen und sohin nicht gehörig kundgemacht wurden, hat sich als zutreffend erwiesen:
2.2. Der Bundesminister für Arbeit wendet ein, dass bereits das Gesetz die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen auf die einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat einschränke und dass die Erlässe bloß für das AMS hinsichtlich der zu berücksichtigenden arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Zielsetzungen und der Anwendung des §4 Abs3 AuslBG präzisierend seien. Die Erlässe würden somit bloß Auslegungsbehelfe darstellen, die keinen normativen Inhalt hätten. Ebenso wenig werde die Rechtssphäre der Betroffenen gestaltet. Ein Rechtsanspruch könne nicht bestehen, wenn dieses Recht von der Zustimmung des Regionalbeirates abhänge, der beurteile, ob der Beschäftigung wichtige öffentliche Interessen entgegenstehen würden. Die an den Vorstand des AMS gerichteten Erlässe könnten sich auf §58 AMSG stützen, seien im Ergebnis generelle Weisungen an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle und somit bloße Verwaltungsverordnungen.
2.3. Die Erlässe richten sich an den Vorstand des AMS. Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle hat die Entscheidung über Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach §4 AuslBG zu treffen und einen Bescheid darüber zu erlassen (vgl §20 AuslBG, §24 Abs2 AMSG). Soweit der Bundesminister für Arbeit in seiner Äußerung behauptet, dass es sich bei den Erlässen lediglich um generelle Weisungen an den Leiter der regionalen Geschäftsstelle handle, ist ihm zu entgegnen, dass für die Qualität als Verordnung nicht der formelle Adressatenkreis, sondern der Inhalt des Verwaltungsaktes maßgeblich ist (vgl zB VfSlg 8649/1979, 11.472/1987, 13.632/1993, 17.806/2006, 18.495/2008).
2.3.1. Der imperative Charakter der Erlässe ergibt sich zunächst daraus, dass die in Prüfung gezogenen Erlässe auch als Rechtsquelle gegenüber den Verfahrensparteien angeführt werden und – entgegen der Ansicht des Bundesministers für Arbeit – die Rechtssphäre der Betroffenen verbindlich gestalten (vgl zB VfSlg 17.806/2006, 18.495/2008): Der eine Beschäftigungsbewilligung beantragende Arbeitgeber hat bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß §4 Abs1 bis 7 AuslBG einen Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung (vgl Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz², 2018, §4 Rz 2; Kind, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2018, §4 Rz 1). Die vom Arbeitgeber zu beantragende Bewilligungserteilung für Asylwerberinnen und Asylwerber wird von den Erlässen auf Saisonarbeit und befristete Tätigkeiten als Erntehelferinnen und Erntehelfer eingeschränkt, obwohl nach §4 AuslBG auch Beschäftigungsbewilligungen in anderen, darüber hinausgehenden Tätigkeitsbereichen grundsätzlich zu erteilen wären (vgl Ammer, Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende aus menschenrechtlicher Perspektive, juridikum 2013, 28 [29]; Brandt, Unselbstständige Beschäftigung von Asylwerbern, migraLex 2017, 78 [80]; Peyrl, Zuwanderung und Zugang zum Arbeitsmarkt von Drittstaatsangehörigen in Österreich, 2018, 305; Pöschl, Migration und Mobilität, 19. ÖJT Band I/1, 145 f.). Damit wird die Rechtssphäre einer allgemein bestimmten Vielzahl von Personen neu gestaltet (vgl VfSlg 17.806/2006 mwN). So ist etwa eine Beschäftigungsbewilligung für eine Lehrstelle nach §4 Abs2 AuslBG sogar in Mangelberufen trotz Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen und damit auch dann, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zulassen würde und keine wichtigen Gründe hinsichtlich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes entgegenstehen würden, ausgeschlossen.
2.3.2. Während also gemäß §4 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassene Asylwerberinnen und Asylwerber (abgesehen von den Voraussetzungen nach §4 Abs1 bzw 2 AuslBG) entweder bei einhelliger Zustimmung des Regionalbeirates oder für eine befristete Beschäftigung nach §5 AuslBG möglich ist, schränken dies die Erlässe ausdrücklich dahingehend ein, dass Bewilligungen "nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 [AuslBG] zu erteilen" sind.
Damit legen die Erlässe verbindlich fest (arg "sind […] nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 zu erteilen"), dass alle Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber, die nicht auf eine befristete Beschäftigung im Rahmen der Saisonarbeit oder als Erntehelferinnen und Erntehelfer gemäß §5 AuslBG abzielen, – entgegen dem Wortlaut des Gesetzes – abgewiesen werden müssen. Entgegen der Auffassung des Bundesministers für Arbeit verbleibt wegen der in den Erlässen getroffenen Anordnungen für die gesetzlich vorgesehene einhellige Befürwortung durch den Regionalbeirat sohin kein Raum, da nach den Erlässen uneingeschränkt alle Anträge für Asylwerberinnen und Asylwerber, die auf keine befristete Beschäftigung nach §5 AuslBG abzielen, abzuweisen sind und es damit zu gar keiner Beurteilung gemäß §4 Abs3 Z1 AuslBG mehr kommt, ob zB arbeitsmarkt- oder integrationspolitische Gründe für oder gegen eine Beschäftigung sprechen (vgl VfSlg 12.506/1990). Damit nehmen sie eine neue Gestaltung der Rechtslage vor (vgl VfSlg 17.806/2006, 18.495/2008).
2.4. Zudem haben die Erlässe durch die Verbreitung und Anwendung durch Behörden und in der Gerichtsbarkeit auch ein solches Maß an Publizität erreicht, dass sie Eingang in die Rechtsordnung gefunden haben. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner dem Prüfungsbeschluss zugrunde gelegten Rechtsauffassung, dass es sich bei diesen Teilen der Erlässe um Rechtsverordnungen handelt.
2.5. Diese Verordnungen hätten gemäß §4 Abs1 Z2 BGBlG im Bundesgesetzblatt II verlautbart werden müssen. Eine derartige Kundmachung ist jedoch nicht erfolgt. Die Verordnungen erweisen sich daher als gesetzwidrig.
IV. Ergebnis
1. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich somit als zutreffend erwiesen, weshalb die in Prüfung gezogenen, als Verordnungen zu qualifizierenden Teile des Erlasses der (ehemaligen) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. September 2018, BMASGK-435.006/0013-VI/B/7/2018, soweit damit Beschäftigungsbewilligungen nach dem Erlass vom 11. Mai 2004 abzulehnen sind, und des Erlasses des (ehemaligen) Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Mai 2004, 435.006/6-II/7/04, soweit damit Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerberinnen und Asylwerber nur im Rahmen von Kontingenten gemäß §5 AuslBG zu erteilen sind, als gesetzwidrig aufzuheben sind.
2. Die Verpflichtung des Bundesministers für Arbeit zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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