VfGH E878/2015 ua

VfGHE878/2015 ua23.9.2016

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Versagung eines Einreisetitels für eine afghanische Familie wegen Unterlassens der Ermittlungstätigkeit zur Frage des Bestehens eines Familienverhältnisses zur in Österreich subsidiär schutzberechtigten Bezugsperson

Normen

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §35
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §35

 

Spruch:

I. Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 3.270,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Afghanistans. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Am 25. September 2013 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich und ihre drei minderjährigen Kinder bei der Österreichischen Botschaft Islamabad in Pakistan Anträge auf Erteilung von Visa zur Einreise nach Österreich gemäß §35 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl I 100 idF BGBl I 122/2009. Begründend führten sie aus, ihr (im Jahr 1996 geborener) Sohn und Bruder, ***** ******** *****, sei seit dem Jahr 2011 im Bundesgebiet aufhältig und wolle nun im Rahmen des Familienverfahrens nach §35 AsylG 2005 seine Familie nach Österreich holen. ***** ******** ***** ist afghanischer Staatsangehöriger und in Österreich seit Juli 2012 als subsidiär Schutzberechtigter befristet aufenthaltsberechtigt.

2. Mit Bescheiden vom 7. April 2014 verweigerte die Österreichische Botschaft Islamabad – nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 4. April 2014 – die Erteilung der Einreisetitel mit der Begründung, die Gewährung desselben Schutzes wie die in Österreich aufhältige Bezugsperson sei nicht wahrscheinlich. Es würden gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und im Sinne des §35 Abs5 AsylG 2005 relevanten Familienverhältnisses vorliegen, weil die Identität des subsidiär Schutzberechtigten auf Grund fehlender unbedenklicher Identitätsdokumente noch immer nicht feststehe. Das behauptete Familienverhältnis könne keineswegs als erwiesen angesehen werden.

3. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde brachten die Beschwerdeführer u.a. vor, dass die Argumentation des Bundesamtes, wonach gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen eines Familienverhältnisses vorliegen würden, nicht nachvollzogen werden könne. Der subsidiär schutzberechtigte Angehörige habe bereits im Rahmen seiner Erstbefragung am 19. Dezember 2011 vor dem Bundesasylamt sämtliche Familienmitglieder wahrheitsgemäß angegeben. Zudem würde eine DNA-Analyse zweifelsfrei belegen, dass es sich bei den Beschwerdeführern um die Familienmitglieder des subsidiär Schutzberechtigten handle. Auch sei den Beschwerdeführern im Verfahren keine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden, wodurch ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Schließlich sei die in §11 Abs4 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I 100 idF BGBl I 68/2013, normierte Begründungspflicht verletzt worden.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. Mai 2014 wies die Österreichische Botschaft Islamabad die Beschwerde gemäß §14 Abs1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl I 33/2013, ab. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien österreichische Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach §35 AsylG 2005 hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten an die Mitteilung des Bundesamtes gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes komme daher nicht in Betracht. Auch die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit habe daran nichts geändert. Im Hinblick auf die gerügte Verletzung des Parteiengehörs sei nicht zu erkennen, inwieweit dieser Wesentlichkeit zukomme.

5. Am 2. Juni 2014 wurde bei der Österreichischen Botschaft Islamabad ein Vorlageantrag gemäß §15 VwGVG eingebracht, der dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres vom 10. Juli 2014 übermittelt wurde.

6. Mit Entscheidung vom 9. März 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß §35 AsylG 2005 als unbegründet ab. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt:

"Betreffend das Beschwerdevorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht nur die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der ÖB Islamabad, sondern auch die Wahrscheinlichkeit der Gewährung desselben Schutzes wie die Bezugsperson zu überprüfen, ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach §35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden sind. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von subsidiärem Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Asylantrages zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; 19.06.2008, 2007/21/0423).

§35 AsylG ist auch für das erkennende Gericht mit jenem normativen Inhalt, welcher durch die Rechtsprechung der Höchstgerichte klargestellt wurde, anzuwenden. In der Beschwerde wird vorgebracht, durch die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ändere sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichtes. Darauf ist jedoch im Sinne der Beschwerde-vorentscheidung zu erwidern, dass eine solche Bindung Folge der Entscheidungsbefugnis in der Sache selbst und diese hinsichtlich des Bundesverwaltungsgerichtes durch Art130 Abs4 B‑VG verfassungsrechtlich abgesichert ist.

Vor diesem Hintergrund ist auf die Beschwerdeausführungen hinsichtlich inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides in Bezug auf das behauptete Bestehen eines Familienverhältnisses der Antragsteller zur in Österreich aufhältigen Bezugsperson nicht näher einzugehen.

Sofern in der Beschwerde weiters geltend gemacht wird, das Recht der Antragsteller auf Parteiengehör sei verletzt worden, da ihnen keine Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme eingeräumt worden sei, ist zunächst festzuhalten, dass dies tatsächlich einen von der ÖB Islamabad zu vertretenden Verfahrensmangel darstellt. Nach der Judikatur des VwGH tritt jedoch eine Sanierung der Verletzung des Rechts auf Parteiengehör ein, wenn in der Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid Stellung genommen werden konnte und davon auch Gebrauch gemacht wurde. Da im vorliegenden Fall eine ausführliche Beschwerde erstattet wurde, kann der Mangel des Nichtgewährens der Abgabe einer Stellungnahme als geheilt angesehen werden.

Darüber hinaus kann nicht erkannt werden, inwiefern die ÖB Islamabad ihre in §11 Abs4 FPG verankerte Begründungspflicht verletzt hat, stellt doch der VwGH allein darauf ab, dass es einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht einmal auf die Mitteilung des Bundesamtes Bezug genommen wird (17.10.2013, 2013/21/0152; 12.09.2013, 2013/21/0113; 13.12.2012, 2012/21/0211). Im angefochtenen Bescheid wird jedoch sehr wohl auf die negative Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abgestellt, weshalb der diesbezügliche Beschwerdeeinwand ins Leere geht."

7. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

8. Mit Schreiben vom 6. November 2015 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass sich die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten seit dem 2. Juli 2015 beim Verwaltungsgerichtshof befänden. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §2 Abs1 Z22 AsylG 2005, BGBl I 100 idF BGBl I 144/2013, lautete:

"§2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat;"

2. §35 AsylG 2005, BGBl I 100 idF BGBl I 68/2013, lautete samt Überschrift:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß §34 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. (2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs1 und Abs2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art8 Abs2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß §11 Abs5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß §17 Abs1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

3. §11 FPG, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 68/2013, lautete samt Überschrift:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in

Visaangelegenheiten

§11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§39a AVG). §10 Abs1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des §22 Abs3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können die Erteilung eines Visums selbst beantragen. Die Ausstellung bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters; diese ist vom Antragsteller nachzuweisen."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001)oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

2. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

4. In seiner Entscheidungsbegründung führt das Bundesverwaltungsgericht weitestgehend formelhaft aus, dass hinsichtlich der Frage der Wahrscheinlichkeit der Gewährung desselben Schutzes wie die in Rede stehende Bezugsperson gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die österreichischen Vertretungsbehörden eine Bindung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes bestehe; die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose durch die Botschaft nach negativer Mitteilung des Bundesamtes komme daher nicht in Betracht. Auch die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit führe zu keinem anderen Ergebnis, weil "eine solche Bindung Folge der Entscheidungsbefugnis in der Sache selbst und diese hinsichtlich des Bundesverwaltungsgerichtes durch Art130 Abs4 B‑VG verfassungsrechtlich abgesichert" sei. Vor diesem Hintergrund sei auf die Beschwerdeausführungen hinsichtlich inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides in Bezug auf das behauptete Bestehen eines Familienverhältnisses der Antragsteller zur in Österreich aufhältigen Bezugsperson nicht näher einzugehen.

5. Das Bundesverwaltungsgericht, das – entgegen seiner diesbezüglichen Rechtsansicht – nicht an die Feststellungen des Bundesamtes bzw. der Österreichischen Botschaft Islamabad gebunden ist, hat jegliche Ermittlungstätigkeit zum wesentlichen Punkt der Frage des Bestehens eines Familienverhältnisses unterlassen, das diesbezügliche Parteienvorbringen gänzlich ignoriert und damit bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung Willkür geübt (vgl. VfGH 6.6.2014, B369/2013; 18.2.2016, E1526/2015).

IV. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführer sind somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

2. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 545,– enthalten.

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