VfGH G197/2016, V32/2016

VfGHG197/2016, V32/201625.11.2016

Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung von Bestimmungen des ArzneimittelG betreffend den Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel wegen zu eng gefassten Anfechtungsumfanges sowie der Verordnung über Geschäftsbezeichnung und Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe mangels Darlegung von Bedenken im Einzelnen

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art139 Abs1 Z3
ArzneimittelG §57, §59, §59a
V des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25.03.1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981
VfGG §57 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art139 Abs1 Z3
ArzneimittelG §57, §59, §59a
V des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25.03.1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981
VfGG §57 Abs1

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antragsvorbringen

1. In ihrem auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG und Art139 Abs1 Z3 B‑VG gestützten Antrag bringt die antragstellende Partei vor, dass sie über eine Gewerbeberechtigung für den Handel mit ärztlichen Apparaten, Instrumenten und Einrichtungsgegenstände (gemäß §94 Z33 GewO 1994) sowie über eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe der Drogisten (gemäß §94 Z14 GewO 1994) verfüge und derzeit mit über 600 Filialen in Österreich im Einzelhandel für kosmetische Erzeugnisse und Körperpflegemittel, Parfümeriewaren, Medizinprodukten, Wundversorgung, Tier- und Babynahrung, Kleintextilien, Fotohandel sowie den Handel mit ärztlichen Apparaten und Instrumenten sowie Produkten im Drogeriebereich tätig sei. Die antragstellende Partei beabsichtige in Zukunft ihr Sortiment auf alle nicht der Rezeptpflicht unterliegenden Arzneimittel auszudehen.

1.1. Dem stünden die im Antrag genannten Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes – AMG, BGBl 185/1983 idF BGBl I 48/2013 (§59 Abs1, 3, 5, 6 und 9 AMG, §59a Abs1 leg.cit.), sowie §2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981), insbesondere der in §59 Abs1 AMG normierte Apothekenvorbehalt entgegen. Diese Bestimmungen würden der antragstellenden Partei verbieten, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel in ihren Drogeriefilialen abzugeben. Dieses Verbot sei strafbewehrt: Wer Arzneimittel rechtswidrig abgibt, sei gemäß §83 Abs1 Z5 AMG mit Geldstrafe bis zu € 7.500,–, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu € 14.000,– zu bestrafen, wobei bereits der Versuch strafbar ist (§83 Abs2 AMG).

1.2. Die inkriminierten Bestimmungen würden die antragstellende Partei in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art6 StGG) und Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B‑VG) verletzen; sie seien überdies unionsrechtswidrig. Dabei handle es sich nicht bloß um wirtschaftliche Reflexwirkungen, sondern um ein zielgerichtetes rechtliches Abgabeverbot: Da die antragstellende Partei keine Apotheke betreibe, dürfe sie rezeptpflichtige Arzneimittel nicht abgeben. Die antragstellende Partei sei durch die in Rede stehenden Bestimmungen des AMG auch unmittelbar betroffen. Der Umweg über den ordentlichen Rechtsweg sei ebenfalls nicht zumutbar. Einem Normunterworfenen sei es nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch nicht zumutbar, ein Strafverfahren zu provozieren und in diesem die Verfassungswidrigkeit der übertretenen Norm einzuwenden.

2. Der Schriftsatz der antragstellenden Partei enthält sodann eine ausführliche Begründung der Bedenken, in denen das öffentliche Interesse an den und die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelungen des AMG in Zweifel gezogen wird und eine durch die angegriffene Vertriebsbeschränkung bewirkte verfassungswidrige Ungleichbehandlung bei der Abgabe nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel außerhalb von Apotheken (auch im Wege der Selbstbedienung; so wie auch im erlaubten Fernabsatz durch Apotheken) sowie eine verfassungswidrige Gleichbehandlung zwischen rezeptpflichtigen und rezeptfreien Arzneimitteln geltend gemacht wird. Die mögliche sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung im Hinblick auf eine potenzielle Gefährdung der Gesundheit von Arzneimittelkonsumenten und der wirtschaftlichen Existenz von Apotheken wird bestritten.

3. Hinsichtlich der angefochtenen Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, verweist die antragstellende Partei darauf, dass die von ihr zu den Bestimmungen des AMG dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken auf Grund des im Wesentlichen gleichen Inhaltes und den damit verbundenen Beschränkungen auch für die in Rede stehende Verordnung gelten würden.

4. Abschließend stellt die antragstellende Partei die im Spruch wiedergegebenen Anträge.

II. Rechtslage

1. Der Vertrieb von Arzneimitteln ist in Abschnitt VI des Arzneimittelgesetzes (AMG) geregelt. Die vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens in Betracht zu ziehenden §§59 und 59a AMG, BGBl 185/1983 idF BGBl I 48/2013, lauten (wobei die angefochtenen Bestimmungen und Wortfolgen hervorgehoben sind):

"Abgabe im Kleinen

§59. (1) Arzneimittel dürfen nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

(2) Apothekeneigene Arzneispezialitäten dürfen nur durch die Apotheke abgegeben werden, in der sie ganz oder überwiegend hergestellt werden und deren Betreiber Registrierungsinhaber dieser apothekeneigenen Arzneispezialität ist.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen.

(4) Soweit es sich bei Arzneimitteln gemäß Abs3 um Kontaktlinsenflüssigkeiten handelt, dürfen diese auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Kleinhandel mit Kontaktlinsen und der Anpassung von Kontaktlinsen berechtigt sind.

(5) Arzneispezialitäten, die ausschließlich wirksame Bestandteile enthalten, die in einer Verordnung gemäß Abs3 angeführt sind, dürfen gemäß Abs3 und 4 abgegeben werden, es sei denn, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bestimmt durch Bescheid, daß diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich aufgrund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.

(6) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann über Antrag des Zulassungsinhabers durch Bescheid Arzneispezialitäten, die dem Abs5 nicht entsprechen, vom Apothekenvorbehalt ausnehmen, wenn eine Gefährdung auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikation nicht zu besorgen ist. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

(7) Die Abs1 bis 6 gelten nicht für Arzneimittel im Sinne des §7 Abs4.

(7a) Wenn es sich um Arzneispezialitäten für Tiere, die zur äußeren Anwendung an der Haut bestimmt sind, oder um Arzneispezialitäten für Bienen handelt, kann auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikationen dieser Arzneispezialitäten über Antrag des Zulassungsinhabers das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen durch Bescheid eine Abgabe außerhalb von Apotheken und Drogerien vorsehen. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

(8) Medizinische Gase dürfen auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe von komprimierten technischen Gasen im Kleinverkauf berechtigt sind.

(9) Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz ist verboten.

(10) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten, die im Wege des Fernabsatzes

1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder

2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind,

abgegeben werden.

(11) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für Humanarzneispezialitäten, die den nationalen Rechtsvorschriften einer anderen EWR-Vertragspartei entsprechen, sofern diese dort nicht rezeptpflichtig sind, die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden."

"Fernabsatz

§59a. (1) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten im Wege des Fernabsatzes gemäß §59 Abs10 Z1 und Abs11 darf nur durch öffentliche Apotheken erfolgen, die die Anforderungen gemäß Abs2 und 3 erfüllen.

(2) Öffentliche Apotheken, die beabsichtigen, Humanarzneispezialitäten zum Verkauf an die Öffentlichkeit im Wege des Fernabsatzes anzubieten, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen unter Angabe des Namens des Betreibers und der Anschrift, des Datums des Beginns der Tätigkeit und der Adresse der zu diesem Zweck genutzten Webseiten einschließlich aller Angaben zu deren Identifizierung anzuzeigen. Änderungen dieser Angaben sind unverzüglich anzuzeigen.

(3) Die Webseiten gemäß Abs2 müssen mindestens

1. die Adresse und sonstige Kontaktdaten des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen aufweisen,

2. auf jeder Seite der Webseite, die sich auf das Angebot des Verkaufs von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz bezieht, das gemeinsame Logo nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG, das eine Verbindung zur Liste gemäß Abs4 Z3 beinhalten muss, gut sichtbar anzeigen, und

3. eine Verbindung zum Internetportal des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß §27 Abs4 haben.

(4) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat über das Internetportal gemäß §27 Abs4 mindestens folgende Angaben zur Verfügung zu stellen:

1. Angaben zu den auf das Angebot an die Öffentlichkeit zum Verkauf von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz anzuwendenden Rechtsvorschriften,

2. Angaben über den Zweck des gemeinsamen Logos nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG,

3. eine Liste der öffentlichen Apotheken gemäß Abs1 sowie die Adressen ihrer Webseiten,

4. Informationen über die Gefahren für die Gesundheit und das Leben von Menschen durch Humanarzneispezialitäten, die illegal im Wege des Fernabsatzes an die Öffentlichkeit abgegeben werden, und

5. eine in regelmäßigen Abständen aktualisierte Übersicht über die EWR-Vertragsparteien, in denen für die Abgabe von Arzneimitteln durch Fernabsatz den österreichischen Vorschriften vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.

(5) Humanarzneispezialitäten, die durch Fernabsatz abgegeben werden, dürfen nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet werden, und sind

1. so zu verpacken, transportieren und auszuliefern, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird, und

2. nachweislich der Person auszufolgen, die vom Auftraggeber der Bestellung der jeweiligen öffentlichen Apotheke mitgeteilt wurde.

(6) Im Rahmen des Bestellvorgangs hat eine Beratung auch über allfällige Wechselwirkungen zu erfolgen, wobei nach Maßgabe der technischen Verfügbarkeit auch die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012, BGBl I Nr 48/2012, zu nutzen ist. Der Bundesminister für Gesundheit hat durch Verordnung nähere Regelungen zu treffen, um ab der technischen Verfügbarkeit auch den Bezug von Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes in die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012 einzubeziehen.

(7) Der Bundesminister für Gesundheit hat unter Bedachtnahme auf die Arzneimittelsicherheit durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anforderungen an die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und an deren Versendung, insbesondere über den Bestellvorgang, die Verpackung, den Transport, die Lagerung, die Lieferung, die Abholung, die Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und das Erfordernis eines Qualitätssicherungssystems zu erlassen."

2. Die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, lautet auszugsweise (wobei die angefochtene Bestimmung und die angefochtenen Wortfolgen hervorgehoben sind):

"Auf Grund des §67 und des §69 Abs1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, wird verordnet:

§1. (1) Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession für das Drogistengewerbe (§223 GewO 1973) berechtigt sind, dürfen bei der Ausübung dieses Gewerbes die Worte 'Drogerie', 'Drogist', 'Drogenhandlung' oder ähnliche Worte nur dann in der äußeren Geschäftsbezeichnung verwenden, wenn sie in der der Ausübung des Drogistengewerbes dienenden Betriebsstätte die im §223 Abs1 GewO 1973 genannten Waren (Gifte, zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen Körper bestimmte Präparate, sterilisierte Verbandmaterialien, zur arzneilichen Verwendung bestimmte Stoffe und Präparate, sofern deren Abgabe an Letztverbraucher auch außerhalb von Apotheken durch bundesrechtliche Vorschriften gestattet ist) feilhalten.

(2) Gewerbetreibende, die zur Ausübung einer Konzession für das Drogistengewerbe berechtigt sind und nicht die im Abs1 angeführten Waren feilhalten, haben als Hinweis auf den Gegenstand des Gewerbes in der äußeren Geschäftsbezeichnung Worte zu verwenden, die der tatsächlichen Gewerbeausübung im Rahmen des §223 Abs2 und 3 GewO 1973 entsprechen.

§2. Die Abgabe der gemäß §1 Abs1 feilzuhaltenden Waren im Wege der Selbstbedienung durch Kunden ist verboten. Diese Waren sind derart zu verwahren, daß eine Abgabe dieser Waren ausschließlich im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer Person, die die persönliche und fachliche Eignung im Sinne des §225 GewO 1973 besitzt, erfolgen kann.

§3. […]".

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG:

1.1. Der Antrag ist nicht zulässig:

1.2. Der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, muss begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen (§62 Abs1 VfGG). (Individual-)Anträge nach Art140 B‑VG, die nicht begehren, das – nach Auffassung des Antragstellers verfassungs-widrige – Gesetz seinem "ganzen Inhalt" nach oder in "bestimmte[n]" Stellen aufzuheben (§62 Abs1 Satz 1 VfGG), oder die keine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der aufzuhebenden Norm sprechenden Bedenken "im einzelnen" enthalten (§62 Abs1 Satz 2 VfGG), sind nach der ständigen Recht-sprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht verbesserungsfähig und als unzu-lässig zurückzuweisen (VfSlg 14.860/1997 mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur). Ein Gesetzesprüfungsantrag ist ferner nur dann zulässig, wenn für den Fall einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm im beantragten Umfang die behauptete Verfassungswidrigkeit beseitigt würde (vgl. etwa VfSlg 19.178/2010 uva.). Das Fehlen eines entsprechenden Aufhebungs-begehrens ist kein bloßes Formgebrechen iSd §18 VfGG, sondern ein inhaltlicher, keiner Verbesserung zugänglicher Mangel (zuletzt VfGH 2.7.2015, G227/2015 mwH).

1.3. Das Regelungssystem des Arzneimittelrechts, von dem die antragstellende Partei nach ihrem Vorbringen meint, dass es sie in verfassungswidriger Weise in ihrer Erwerbstätigkeit beschränkt, greift auf zweifache Weise in den Arznei-mittelhandel ein, nämlich einerseits durch Verbote bei der Belieferung des Kleinhandels durch den Großhandel und andererseits durch korrespondierende Verbote bei der Abgabe an Konsumenten durch den Kleinhandel:

1.3.1. Es wird Herstellern und Vertreibern von Arzneimitteln verboten, Arznei-mittel an andere "Verteiler" abzugeben als die in §57 AMG genannten. §57 Abs1 Z2 AMG erlaubt insbesondere eine solche Abgabe an Drogisten, wie die antragstellende Partei, nur unter der Voraussetzung, dass sie gemäß §59 Abs3 AMG zur Abgabe von Heilmitteln befugt wären, dh. dass sie nur mit jenen Arzneimitteln beliefert werden dürfen, die gemäß §59 Abs3 AMG durch Verordnung zur Abgabe an Drogisten und andere Gewerbetreibende zugelassen sind. Alle anderen Arzneimittel dürfen an Drogisten und andere Gewerbetreibende nicht abgegeben werden.

1.3.2. Es wird in §59 Abs1 AMG darüber hinaus angeordnet, dass andere Arzneimittel als jene, von denen dies in den §§57 und 58 bzw. in der Verordnung gemäß §59 Abs3 AMG zugelassen wird, im Kleinverkauf nur durch Apotheken abgegeben werden dürfen.

1.3.3. Beide Verbote gemeinsam stellen sicher, dass Arzneimittel nur auf den vom Gesetz zugelassenen Vertriebswegen (und daher auch nicht durch die antragstellende Partei in dem von ihr angestrebten Umfang im Kleinverkauf) gehandelt werden dürfen. Das erste verhindert die Belieferung der antragstellenden Partei durch den Großhandel und das zweite sichert das erste Verbot auch für den Fall ab, dass Arzneimittel verbotenerweise oder auf andere Weise als durch den inländischen Großhandel in die Verfügungsmacht des Kleinhandels gelangen würden.

1.3.4. Im Antrag wird von der antragstellenden Partei nur die Aufhebung des §59 Abs1, 3, 5, 6 und 9 AMG bzw. in mehreren Eventualanträgen bestimmte Wortfolgen dieser Bestimmung sowie §59a Abs1 AMG zur Gänze, beantragt, hingegen nicht auch die Aufhebung des §57 AMG (zumindest) im Umfang von dessen Abs1 Z2, obwohl diese Bestimmung – wie sich aus vorstehenden Ausführungen ergibt – ausschließt, dass die antragstellende Partei gegebenenfalls in dem erforderlichen Umfang mit Arzneimitteln beliefert werden könnte, sodass diese Bestimmung vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken (zumindest) mit §59 Abs1 und 3 AMG in einem untrennbaren Zusammenhang steht (vgl. VfGH 10.10.2016, G49/2016).

1.4. Die Anfechtung der Verordnungsermächtigung des §59 Abs3 AMG ist überdies unzulässig, da nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts-hofes durch eine derartige Verordnungsermächtigung die Rechtsstellung eines Normunterworfenen unmittelbar nicht beeinträchtigt werden kann, weil sie erst über die Erlassung der – im vorliegenden Antrag aber nicht angefochtenen – Verordnung für die Normunterworfenen wirksam wird (vgl. VfSlg 11.730/1988, 13.318/1992, 15.316/1998 sowie zuletzt VfGH 19.11.2015, G586/2015).

1.5. Die zu eng gefasste bzw. die fehlende (Mit-)Anfechtung der nach §59 Abs3 AMG von der Bundesministerin für Gesundheit erlassenen Verordnung (BGBl II 122/2004 idF BGBl II 150/2014 – Abgrenzungsverordnung 2004) lässt es daher vor dem Hintergrund der vorgetragenen Bedenken nicht zu, für den Fall des Zutreffens des Bedenkens die jeweilige Verfassungswidrigkeit durch Aufhebung der von den Bedenken erfassten Bestimmungen zu beseitigen. Der Antrag ist daher schon aus diesen Gründen unzulässig. Es kann daher offen bleiben, ob der Antrag im Übrigen alle Prozessvoraussetzungen eines Individualantrages erfüllen würde, insbesondere, ob die Fassung der angefochtenen Bestimmungen im Hinblick auf §94i Abs3 AMG im Schriftsatz ausreichend deutlich bezeichnet wurde.

1.6. Der Antrag auf Gesetzesprüfung ist daher zurückzuweisen.

2. Zur Zulässigkeit des Antrages gemäß Art139 Abs1 Z1 Z3 B‑VG:

2.1. Auch dieser Antrag ist nicht zulässig.

2.2. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).

2.3. Der Antrag hat weiters die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt entschieden hat, führt das Fehlen der Darlegungen der gegen die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung sprechenden Bedenken zur Zurückweisung des Antrages, ohne dass ein Mängelbehebungsauftrag zu ergehen hat (vgl. VfSlg 8308/1978, 9716/1983).

2.4. Die antragstellende Partei verweist hinsichtlich ihrer Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. März 1981 über die äußere Geschäftsbezeichnung und über Ausübungsvorschriften für das Drogistengewerbe, BGBl 177/1981, darauf, dass die von ihr zu den Bestimmungen des AMG dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken "auf Grund des im Wesentlichen gleichen Inhaltes und den damit verbundenen Beschränkungen" auch für die in Rede stehende Verordnung gelten würden.

2.4.1. Damit bringt die antragstellende Partei jedoch keine konkreten, der angefochtenen Norm zuordenbare Bedenken iSd §57 Abs1 VfGG vor. Denn der erste Satz des §2 der angefochtenen Verordnung sieht vor, dass die Abgabe der gemäß §1 Abs1 leg.cit. feilzuhaltenden Waren (Gifte, zur diagnostischen Verwendung ohne Berührung mit dem menschlichen Körper bestimmte Präparate, sterilisierte Verbandsmaterialien, usw.) im Wege der Selbstbedienung durch Kunden verboten ist. Der zweiten Satz der Bestimmung ordnet an, dass eine Abgabe dieser Waren ausschließlich im Rahmen eines Verkaufsgespräches mit einer Person, die die persönliche und fachliche Eignung iSd §225 GewO 1973 besitzt, erfolgen kann.

2.4.2. Damit hat die angefochtene Verordnung aber einen völlig anderen Regelungsinhalt als die angefochtenen Bestimmungen des AMG, sodass sich die Bedenken, die von der antragstellenden Partei gegen Bestimmungen des AMG vorgetragen wurden, auf die angefochtene Verordnung nicht beziehen lassen. Die zum AMG dargelegten Bedenken können somit nicht ohne Weiteres pauschal auf die Verordnung übertragen werden.

2.4.3. Es kann daher auch auf sich beruhen, ob der solcherart pauschale Verweis auf an anderer Stelle und gegen andere Bestimmungen vorgetragene Bedenken ansonsten den gesetzlichen Anforderungen, die Bedenken gegen die jeweilige angefochtene Vorschrift im Einzelnen darzulegen, gerecht werden würde.

2.5. Der Antrag auf Verordnungsprüfung ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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