Normen
B-VG Art139 Abs1 Z3
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
ArzneimittelG §59
ApothekenG §5
GewO 1994 §50
VfGG §62 Abs1
ApothekenbetriebsO 2005
AbgrenzungsV 2004
Fenabsatz-V
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:G8.2017
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG und Art139 Abs1 Z3 B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei, der Verfassungsgerichtshof möge
"a. eine mündliche Verhandlung durchführen;
b. das – mit seinen (zueinander in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden) Bestimmungen insgesamt ein verfassungs- und unionsrechtswidriges System von Arzneimittelabgabebeschränkungen schaffende – AMG zur Gänze sowie §5 ApG und §50 GewO 1994 aufheben; er möge weiters gemäß Art139 Abs1 B‑VG die Apothekenbetriebsordnung sowie die Abgrenzungsverordnung und die Fernabsatz‑VO zur Gänze aufheben;
c. in eventu die §§57 bis 61 AMG sowie §2, §15, §17, §57a, §62, §83, §86, §94i, §95 und §96 AMG, weiters §5 ApG und §50 GewO 1994 aufheben; er möge weiters gemäß Art139 Abs1 B‑VG den §10 Apothekenbetriebsordnung sowie die Abgrenzungsverordnung und die Fernabsatz-VO zur Gänze aufheben;
d. in eventu die §§57, 59, 59a und 60 AMG sowie §2 Abs13, §15 Abs1, §17 Abs3 Z3, §57a Abs1, §62 Abs2 Z7, §83 Abs1 Z5 und 5a, §86 Abs2, §94i Abs3, §95 Abs2, 8a und 8c und §96 Abs1 Z1 AMG, weiters §5 zweiter Satz ApG und §50 Abs2 GewO 1994 aufheben; er möge weiters gemäß Art139 B‑VG den §10 Abs2 Apothekenbetriebsordnung sowie die Abgrenzungsverordnung und die Fernabsatz‑VO zur Gänze aufheben;
e. in eventu §57 Abs1 Z2, Abs6 und 7, §59 Abs1, Abs2, Abs3, Abs9, Abs10 und Abs11, §59a Abs1, §60 AMG zur Gänze sowie §2 Abs13, §15 Abs1, §17 Abs3 Z3, §57a Abs1, §62 Abs2 Z7, §83 Abs1 Z5 und 5a, §86 Abs2, §94i Abs3, §95 Abs2, 8a und 8c, und §96 Abs1 Z1 AMG, weiters §5 zweiter Satz ApG und §50 Abs2 GewO 1994 aufheben; er möge weiters gemäß Art139 Abs1 B‑VG den §10 Abs2 Apothekenbetriebsordnung sowie die Abgrenzungsverordnung und die Fernabsatz‑VO zur Gänze aufheben;"
II. Rechtslage
1. Der Abschnitt VI des Bundesgesetzes vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), BGBl 185/1983 idF BGBl I 48/2013 sowie idF der Kundmachung BGBl II 105/2015 lautet wie folgt:
"VI. ABSCHNITT
Vertrieb
Abgabe von Arzneimitteln
§57. (1) Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur abgegeben werden an
1. öffentliche Apotheken, Anstaltsapotheken und tierärztliche Hausapotheken,
2. Drogisten oder andere Gewerbetreibende, die gemäß §59 Abs3 zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind,
3. Hersteller ausschließlich zum Zweck der Herstellung von Arzneimitteln oder soweit sie gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Handel mit Arzneimitteln befugt sind,
4. Arzneimittel-Großhändler,
5. Gebietskörperschaften
a) im Zusammenhang mit Aufgaben der Impfprophylaxe oder zur Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben der Seuchenbekämpfung,
b) zur humanitären Hilfeleistung im Zusammenhang mit einer im Ausland eingetretenen Katastrophe oder einem schweren Unglücksfall
c) zur Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung im Inland, wenn dies im Zusammenhang mit einer Katastrophe, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder einer Pandemie unbedingt erforderlich ist,
5a. Unternehmen und Organisationen, die der Aufrechterhaltung der Grundversorgung der Bevölkerung dienen und die auf der Grundlage eines zwischen dem Bund oder einem Land und einem Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgeschlossenen Vertrags über die Sicherstellung der Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung im Zusammenhang mit einer Pandemie, kriegerischen Auseinandersetzung oder terroristischen Bedrohung ihrerseits Einzelverträge zum direkten Ankauf eines Arzneimittels für den Bedarf der eigenen Mitarbeiter abgeschlossen haben,
6. Einrichtungen des Österreichischen Bundesheeres, die der Arzneimittelversorgung des Bundesheeres dienen,
6a. das Bundesministerium für Inneres, die ihm nachgeordneten Behörden und Betreuungseinrichtungen zur Notfallversorgung, Vorsorge und Betreuung von Einsätzen, sofern diese die Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen,
7. Einrichtungen, die vorläufige gerichtliche Verwahrungen beziehungsweise Anhaltungen, gerichtliche Freiheitsstrafen beziehungsweise mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende gerichtliche Maßnahmen vollziehen, sofern diese Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen
8. wissenschaftliche Institute und Untersuchungsanstalten der Gebietskörperschaften und der Universitäten und die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, sofern diese Arzneimittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, und
9. organisierte Notarztdienste, sofern es sich um Suchtmittel handelt, die diese für ihre notärztliche Tätigkeit benötigen.
(2) An Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler abgegeben werden:
1. Vollblutkonserven, Suspensionen zellulärer oder korpuskulärer Blutbestandteile, Einzelspenderzubereitungen,
2. natives menschliches oder tierisches Gewebe.
(3) Die Abs1 und 2 gelten nicht für radioaktive Arzneimittel. Diese dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler nur an Inhaber einer Bewilligung für den Umgang mit radioaktiven Stoffen gemäß dem Strahlenschutzgesetz, BGBl Nr 227/1969, abgegeben werden.
(4) Fütterungsarzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler auf Verschreibung des behandelnden Tierarztes direkt an Verbraucher abgegeben werden. Die wiederholte Abgabe auf eine Verschreibung ist unzulässig.
(5) Abs1 gilt nicht für Arzneispezialitäten gemäß §7 Abs4 und §59 Abs7a.
(6) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler dürfen Arzneimittel, deren Abgabe im Kleinverkauf nicht den Apotheken vorbehalten ist, direkt an Bandagisten, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker, Zahntechniker, Fußpfleger, Inhaber einer Berechtigung für den Huf- und Klauenbeschlag und Masseure abgegeben werden, sofern es sich dabei um Arzneimittel handelt, die diese Gewerbetreibenden für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.
(7) Vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler dürfen Dentalarzneimittel, die
1. nicht der Rezeptpflicht unterliegen und
2. ausschließlich dazu bestimmt sind, von Zahnärzten, Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Dentisten am Patienten angewendet zu werden,
direkt an diese sowie an Zahnambulatorien abgegeben werden
(8) Medizinische Gase dürfen vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe komprimierter technischer Gase berechtigt sind.
(9) Arzneimittel zur klinischen Prüfung dürfen vom Hersteller, Depositeur und Arzneimittel-Großhändler auch direkt an Krankenanstalten ohne Anstaltsapotheke und an Prüfer abgegeben werden.
(10) Rettungs- und Krankenbeförderungsdienste einer Gebietskörperschaft dürfen Arzneimittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Rettung und Krankenbeförderung benötigen, aus jenen Anstaltsapotheken beziehen, die von Krankenanstalten betrieben werden, deren Träger diese Gebietskörperschaft ist.
Sicherstellung der Versorgung
§57a. (1) Der Zulassungsinhaber oder der Inhaber einer Registrierung einer Arzneispezialität und die Arzneimittel-Großhändler und Arzneimittel-Vollgroßhändler, die diese tatsächlich in Verkehr gebrachte Arzneispezialität vertreiben, haben im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortung eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung der Arzneispezialität für die Abgabe durch Apotheken oder für sonst zur Abgabe gemäß §59 Berechtigte sicherzustellen, damit der Bedarf der Patienten im Inland gedeckt ist.
(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich des Umfangs der in Abs1 genannten Verpflichtungen und der Maßnahmen bei deren Nichterfüllung erlassen, sofern dies erforderlich ist, um die Sicherstellung der Versorgung der Patienten im Inland zu gewährleisten.
§57b. Dieser Abschnitt gilt nicht für die Abgabe von menschlichen Zellen und Gewebe zur Verwendung beim Menschen, soweit sie unter das Gewebesicherheitsgesetz, http://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2008/49 , fallen.
Abgabe von Ärztemustern
§58. (1) Zulassungsinhaber dürfen Muster von zugelassenen Arzneispezialitäten an Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten nur über deren schriftliche Anforderung, ausschließlich unentgeltlich und nach Aufbringung des deutlich lesbaren und nicht entfernbaren Hinweises 'Unverkäufliches Ärztemuster' in einer nicht größeren als der kleinsten im Handel befindlichen Packung nach Maßgabe des Abs2 abgeben. Diese Muster dürfen auch von den Empfängern nur unentgeltlich weitergegeben werden. Die Abgabe von Ärztemustern von Arzneispezialitäten, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe enthalten, ist verboten.
(2) Die Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern darf an Empfänger gemäß Abs1
1. innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach erstmaliger Abgabe der Arzneispezialität im Sinne des §57 in einer Anzahl, die zur Beurteilung des Behandlungserfolges bei höchstens zehn Patienten ausreicht, insgesamt jedoch höchstens im Ausmaß von 30 Ärztemustern einer Arzneispezialität je Empfänger, und
2. nach Ablauf des in Z1 genannten Zeitraumes pro Anforderung höchstens im Ausmaß von 2 Ärztemustern, an einen Empfänger jedoch höchstens im Ausmaß von fünf Ärztemustern einer Arzneispezialität im Jahr erfolgen.
(3) Über die Empfänger von unverkäuflichen Ärztemustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe derselben sind Nachweise zu führen und auf Verlangen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen vorzulegen. Der Bundesminister hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über Art und Form der Nachweise zu erlassen.
Abgabe im Kleinen
§59. (1) Arzneimittel dürfen nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist.
(2) Apothekeneigene Arzneispezialitäten dürfen nur durch die Apotheke abgegeben werden, in der sie ganz oder überwiegend hergestellt werden und deren Betreiber Registrierungsinhaber dieser apothekeneigenen Arzneispezialität ist.
(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen.
(4) Soweit es sich bei Arzneimitteln gemäß Abs3 um Kontaktlinsenflüssigkeiten handelt, dürfen diese auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zum Kleinhandel mit Kontaktlinsen und der Anpassung von Kontaktlinsen berechtigt sind.
(5) Arzneispezialitäten, die ausschließlich wirksame Bestandteile enthalten, die in einer Verordnung gemäß Abs3 angeführt sind, dürfen gemäß Abs3 und 4 abgegeben werden, es sei denn, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bestimmt durch Bescheid, daß diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich aufgrund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.
(6) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann über Antrag des Zulassungsinhabers durch Bescheid Arzneispezialitäten, die dem Abs5 nicht entsprechen, vom Apothekenvorbehalt ausnehmen, wenn eine Gefährdung auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikation nicht zu besorgen ist. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.
(7) Die Abs1 bis 6 gelten nicht für Arzneimittel im Sinne des §7 Abs4.
(7a) Wenn es sich um Arzneispezialitäten für Tiere, die zur äußeren Anwendung an der Haut bestimmt sind, oder um Arzneispezialitäten für Bienen handelt, kann auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder der vorgesehenen Indikationen dieser Arzneispezialitäten über Antrag des Zulassungsinhabers das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen durch Bescheid eine Abgabe außerhalb von Apotheken und Drogerien vorsehen. Ein solcher Bescheid ist zu widerrufen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.
(8) Medizinische Gase dürfen auch durch Gewerbetreibende abgegeben werden, die gemäß der Gewerbeordnung 1994 zur Abgabe von komprimierten technischen Gasen im Kleinverkauf berechtigt sind.
(9) Die Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung oder durch Fernabsatz ist verboten.
(10) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten, die im Wege des Fernabsatzes
1. innerhalb Österreichs durch öffentliche Apotheken, oder
2. nach Österreich durch Apotheken einer anderen EWR-Vertragspartei, die nach den dort geltenden Rechtsvorschriften dazu befugt sind,
abgegeben werden.
(11) Das Fernabsatzverbot gemäß Abs9 gilt nicht für Humanarzneispezialitäten, die den nationalen Rechtsvorschriften einer anderen EWR-Vertragspartei entsprechen, sofern diese dort nicht rezeptpflichtig sind, die im Wege des Fernabsatzes durch öffentliche Apotheken in das Gebiet dieser EWR-Vertragspartei abgegeben werden.
Fernabsatz
§59a. (1) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten im Wege des Fernabsatzes gemäß §59 Abs10 Z1 und Abs11 darf nur durch öffentliche Apotheken erfolgen, die die Anforderungen gemäß Abs2 und 3 erfüllen.
(2) Öffentliche Apotheken, die beabsichtigen, Humanarzneispezialitäten zum Verkauf an die Öffentlichkeit im Wege des Fernabsatzes anzubieten, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen unter Angabe des Namens des Betreibers und der Anschrift, des Datums des Beginns der Tätigkeit und der Adresse der zu diesem Zweck genutzten Webseiten einschließlich aller Angaben zu deren Identifizierung anzuzeigen. Änderungen dieser Angaben sind unverzüglich anzuzeigen.
(3) Die Webseiten gemäß Abs2 müssen mindestens
1. die Adresse und sonstige Kontaktdaten des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen aufweisen,
2. auf jeder Seite der Webseite, die sich auf das Angebot des Verkaufs von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz bezieht, das gemeinsame Logo nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG , das eine Verbindung zur Liste gemäß Abs4 Z3 beinhalten muss, gut sichtbar anzeigen, und
3. eine Verbindung zum Internetportal des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß §27 Abs4 haben.
(4) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat über das Internetportal gemäß §27 Abs4 mindestens folgende Angaben zur Verfügung zu stellen:
1. Angaben zu den auf das Angebot an die Öffentlichkeit zum Verkauf von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz anzuwendenden Rechtsvorschriften,
2. Angaben über den Zweck des gemeinsamen Logos nach Art85c Abs3 der Richtlinie 2001/83/EG ,
3. eine Liste der öffentlichen Apotheken gemäß Abs1 sowie die Adressen ihrer Webseiten,
4. Informationen über die Gefahren für die Gesundheit und das Leben von Menschen durch Humanarzneispezialitäten, die illegal im Wege des Fernabsatzes an die Öffentlichkeit abgegeben werden, und
5. eine in regelmäßigen Abständen aktualisierte Übersicht über die EWR-Vertragsparteien, in denen für die Abgabe von Arzneimitteln durch Fernabsatz den österreichischen Vorschriften vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
(5) Humanarzneispezialitäten, die durch Fernabsatz abgegeben werden, dürfen nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet werden, und sind
1. so zu verpacken, transportieren und auszuliefern, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nicht beeinträchtigt wird, und
2. nachweislich der Person auszufolgen, die vom Auftraggeber der Bestellung der jeweiligen öffentlichen Apotheke mitgeteilt wurde.
(6) Im Rahmen des Bestellvorgangs hat eine Beratung auch über allfällige Wechselwirkungen zu erfolgen, wobei nach Maßgabe der technischen Verfügbarkeit auch die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012, http://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2012/48 , zu nutzen ist. Der Bundesminister für Gesundheit hat durch Verordnung nähere Regelungen zu treffen, um ab der technischen Verfügbarkeit auch den Bezug von Arzneimitteln im Wege des Fernabsatzes in die e-Medikation gemäß §16a Gesundheitstelematikgesetz 2012 einzubeziehen.
(7) Der Bundesminister für Gesundheit hat unter Bedachtnahme auf die Arzneimittelsicherheit durch Verordnung nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anforderungen an die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und an deren Versendung, insbesondere über den Bestellvorgang, die Verpackung, den Transport, die Lagerung, die Lieferung, die Abholung, die Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und das Erfordernis eines Qualitätssicherungssystems zu erlassen.
Abgrenzungskommission
§60. (1) Zur Beratung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie in Fragen der Abgrenzung der Verkaufsrechte im Sinne des §59 ist beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz eine Kommission (Abgrenzungskommission) einzurichten.
(2) Der Abgrenzungskommission haben als Mitglieder anzugehören:
1. der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakologie,
2. der Vorstand eines österreichischen Universitätsinstitutes für Pharmakognosie,
3. zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich,
4. ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer,
5. ein Vertreter der Österreichischen Ärztekammer,
6. ein Vertreter der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs,
7. ein Vertreter der Bundesarbeitskammer,
8. ein Vertreter des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und
9. ein fachkundiger Bediensteter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit.
(3) Die Mitglieder der Abgrenzungskommission sind vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Abs2 Z3 bis 8 genannten Vertreter steht den betreffenden Institutionen das Vorschlagsrecht zu.
(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz hat für die in Abs3 genannte Zeit einen Bediensteten seines Ministeriums mit dem Vorsitz in der Abgrenzungskommission zu betrauen.
(5) Für jedes Mitglied der Abgrenzungskommission sowie für den Vorsitzenden ist ein Stellvertreter zu bestellen.
(6) Alle Mitglieder sowie der Vorsitzende und ihre Stellvertreter haben beschließende Stimme. Stellvertreter haben ein solches Stimmrecht nur bei Verhinderung jener Personen, die sie vertreten.
(7) Die Beratungen der Abgrenzungskommission sind nach einer vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erlassenden Geschäftsordnung zu führen.
(8) Die Tätigkeit in der Abgrenzungskommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Abgrenzungskommission oder deren Stellvertretern nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955 zu ersetzen.
Abgabe in Handelspackungen
§61. (1) Arzneispezialitäten dürfen nur in den vom Hersteller oder Depositeur vorgesehenen Handelspackungen abgegeben werden. Hievon sind ausgenommen:
1. die Abgabe auf Grund besonderer Anordnung durch den Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt,
2. die Abgabe in Anstaltsapotheken für den Bedarf der von ihr zu versorgenden Krankenanstalt,
3. die Abgabe von Fütterungsarzneimitteln bei Losebelieferung,
4. die Abgabe von medizinischen Gasen, und
5. die Abgabe durch Apotheken nach Neuverblisterung auf Grund besonderer Anordnung durch den Arzt oder im Auftrag des Patienten.
(2) Bei der Abgabe nach Abs1 Z1 ist vorzusorgen, daß jederzeit Art und Menge der Arzneispezialität festgestellt werden können.
(3) Bei der Abgabe nach Abs1 Z3 und 4 ist dem Verbraucher oder Anwender ein Begleitpapier zu übergeben, das den Text der Kennzeichnung (§§17 und 17a) und der Gebrauchsinformation (§§16 und 16a) enthalten muss."
2. §5 des Gesetzes vom 18. Dezember 1906, betreffend die Regelung des Apothekenwesens (Apothekengesetz, im Folgenden: ApG), RGBl. 5/1907, zuletzt geändert durch BGB. I 75/2008, lautet:
"Ausbildung, Prüfung und Tätigkeitsbereiche der Apotheker
§5. Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend hat die Ausbildung, die Verwendung während der Ausbildung und die Prüfung für den Apothekerberuf (§3a Abs1), die den Apothekern vorbehaltenen Tätigkeiten in Apotheken sowie nähere Bestimmungen über die für den Erhalt der Berechtigung zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke oder die für deren Wiedererlangung erforderliche Dienstzeit (§3 Abs6) nach Anhören der Österreichischen Apothekerkammer durch Verordnung zu regeln. Den Apothekern als pharmazeutischen Fachkräften vorbehaltene Tätigkeiten in Apotheken sind insbesondere die Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, die Abgabe von den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln, die Beratungs- und Informationstätigkeit über Arzneimittel sowie die Überprüfung von Arzneimittelvorräten in Krankenanstalten."
3. §50 Abs2 der Gewerbeordnung (GewO 1994), BGBl 194/1994, zuletzt geändert durch BGBl I 85/2012, lautet:
"d) Gewerbliche Tätigkeiten außerhalb von Betriebsstätten
§50. (1) […]
(2) Der Versandhandel mit Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen (ausgenommen Kontaktlinsen), Waffen und Munition sowie pyrotechnischen Artikeln an Letztverbraucher ist unzulässig. Dieses Verbot gilt auch für den Absatz von aus eigener Erzeugung stammenden Waren oder von zugekauften Waren in der Art des Versandhandels an Letztverbraucher.
(3) – (4) […]"
4. Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz (Fernabsatz-Verordnung), BGBl II 105/2015, lautet:
"Auf Grund der §§59a Abs7, 62a und 94i Abs3 des Arzneimittelgesetzes, BGBl Nr 185/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 162/2013, und des §6a Abs1 Z9 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBl I Nr 63/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 189/2013, wird verordnet:
Geltungsbereich
§1. (1) Diese Verordnung findet Anwendung auf öffentliche Apotheken (im Folgenden: Apotheken), die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben.
(2) Apotheken haben bei der Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz die Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005, BGBl II Nr 65/2005, in der jeweils geltenden Fassung, zu erfüllen, soweit in dieser Verordnung nicht abweichendes bestimmt ist.
Begriffsbestimmungen
§2. Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:
1. Fernabsatz: Abschluss eines Vertrages unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel;
2. Fernkommunikationsmittel: Kommunikationsmittel, die zum Abschluss eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien verwendet werden können, insbesondere Drucksachen mit oder ohne Anschrift, Kataloge, Pressewerbungen mit Bestellschein, vorgefertigte Standardbriefe, Ferngespräche mit Personen oder Automaten als Gesprächspartner, Hörfunk, Telefon, Telekopie, Teleshopping sowie öffentlich zugängliche elektronische Medien, die eine individuelle Kommunikation ermöglichen, wie etwa das Internet oder die elektronische Post;
3. Pharmazeutische Qualitätssicherung: die Gesamtheit aller vorgesehenen Maßnahmen, die getroffen werden, um sicherzustellen, dass Arzneispezialitäten die für die vorgesehene Verwendung erforderliche Qualität aufweisen;
4. Qualitätsrisikomanagement: ein systematischer Prozess zur Bewertung, Kontrolle, Kommunikation und Überwachung von Risiken, die die Qualität der Arzneispezialitäten beeinflussen können.
Allgemeine Anforderungen
§3. (1) Apotheken dürfen innerhalb Österreichs nur in Österreich zugelassene oder registrierte nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben.
(2) Die Abgabe gemäß Abs1 hat im Wege der Versendung der Humanarzneispezialitäten aus den Apothekenbetriebsräumen zu erfolgen.
(3) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz und alle damit in Zusammenhang stehenden Vorgänge haben gleichbleibend nach Qualitätsstandards gemäß dem Stand von Wissenschaft und Technik zu erfolgen.
(4) Die Abgabe von Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz hat unter der Verantwortung der Apothekenleiterin/des Apothekenleiters zu erfolgen; insbesondere hat sie/er sicherzustellen, dass
1. die Humanarzneispezialität nur in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge versendet wird und es keine Mindestbestellmenge gibt,
2. der Kundin/dem Kunden eine Bestätigung über den Eingang der Bestellung und bei deren Annahme eine Bestätigung darüber übermittelt wird,
3. die Humanarzneispezialität ab Bestätigung der Annahme der Bestellung gegenüber der Kundin/dem Kunden ohne unnötigen Aufschub versendet wird, sofern nichts anderes vereinbart wurde,
4. die Kundin/der Kunde in geeigneter Weise davon in Kenntnis gesetzt wird, wenn erkennbar ist, dass die Versendung der Humanarzneispezialität nicht gemäß Z3 erfolgen kann,
5. die Humanarzneispezialität entsprechend den Angaben der Kundin/des Kunden versendet wird, sofern nicht §5 Abs7 zutrifft,
6. die Sendung an die Kundin/den Kunden oder an eine von dieser/diesem der Apotheke mitgeteilten Person ausgefolgt wird, wobei diese Mitteilung eine namentlich benannte natürliche Person oder einen benannten Kreis von natürlichen Personen beinhalten kann,
7. die Sendung nur gegen eine Empfangsbestätigung ausgefolgt wird, und
8. die Humanarzneispezialität, die der Apotheke rückübermittelt wurde, nicht wieder in Verkehr gebracht wird.
Pharmazeutische Qualitätssicherung
§4. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss ein wirksames und funktionstüchtiges System der pharmazeutischen Qualitätssicherung entsprechend dem Umfang der durchgeführten Tätigkeit betreiben.
(2) Durch das pharmazeutische Qualitätssicherungssystem ist insbesondere sicherzustellen, dass
1. die Humanarzneispezialität zur Versendung geeignet ist,
2. die zu versendende Humanarzneispezialität so verpackt, transportiert und geliefert wird, dass ihre Qualität und Wirksamkeit nachweislich nicht beeinträchtigt wird,
3. für den Fall von bekannt gewordenen Beanstandungen diese systematisch aufgezeichnet und überprüft werden,
4. ein System zur Sendungsverfolgung besteht, und
5. eine Transportversicherung abgeschlossen wird.
(3) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss über ein Qualitätsrisikomanagement verfügen. Die Auswirkungen der Ergebnisse aus diesem Prozess, welche die Qualität der Arzneispezialitäten beeinflussen können, sind zu überwachen. Anschließend sind gegebenenfalls Korrektur- oder Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen. Im Rahmen des Qualitätsrisikomanagements müssen entsprechende Aufzeichnungen geführt und in der Apotheke aufbewahrt werden.
Bestellung, pharmazeutische Beratung
§5. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, hat auf ihrer Webseite Name, Adresse, Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse und gegebenenfalls eine Faxnummer anzugeben, damit die Kundin/der Kunde mit der Apotheke jederzeit in Kontakt treten kann.
(2) Auf der Webseite der Apotheke ist die Kundin/der Kunde darauf hinzuweisen, dass sie/er sich vor der erstmaligen Bestellung mit Name, Adresse, Geburtsdatum, Telefonnummer und – sofern vorhanden – E-Mail-Adresse zu registrieren hat.
(3) Die Kundin/der Kunde hat das Recht auf eine gemäß §6b Konsumentenschutzgesetz, BGBl Nr 140/1979, in der jeweils geltenden Fassung, entgeltfreie telefonische Beratung durch eine Apothekerin/einen Apotheker der die Humanarzneispezialität versendenden Apotheke; sie/er ist auf dieses Recht und die Zeiten seiner Inanspruchnahme auf der Webseite hinzuweisen.
(4) Die Webseite der Apotheke hat eine für die sachgerechte Anwendung der angebotenen Humanarzneispezialität erforderliche kurze und übersichtliche Information für die Kundin/den Kunden zu enthalten, insbesondere über deren Anwendungsgebiet, deren Anwendungs- und Dosierungshinweise und deren Zusammensetzung sowie über die in der Gebrauchsinformation enthaltenen Gegenanzeigen und allfälligen Wechselwirkungen. Die Webseite hat darüber hinaus einen Hinweis zu enthalten, gegebenenfalls die Apotheke zur Klärung von Fragen zur angebotenen Humanarzneispezialität zu konsultieren.
(5) Unbeschadet der Abs3, 4 und 7 hat vor Versendung einer Humanarzneispezialität eine Beratung der Kundin/des Kunden durch eine Apothekerin/einen Apotheker der versendenden Apotheke zu erfolgen, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig ist oder die Abgabe der Humanarzneispezialität eine Beratung erforderlich macht.
(6) Sofern im Rahmen des Bestellvorgangs eine telefonische Beratung oder eine Beratung der Kundin/des Kunden durch E-Mail erfolgt ist, ist dies zu dokumentieren.
(7) Die Bestellung ist von einer Apothekerin/einem Apotheker insbesondere im Hinblick auf die eindeutige Identifizierung der Humanarzneispezialität zu prüfen. Bei allfälligen Unklarheiten oder Bedenken ist die Kundin/der Kunde zu kontaktieren; sofern diesbezüglich keine Abklärung möglich ist, ist eine Versendung nicht zulässig.
Qualitätskontrolle
§6. (1) Vor Versendung der bestellten Humanarzneispezialität hat unter Aufsicht einer Apothekerin/eines Apothekers der versendenden Apotheke eine abschließende Kontrolle zu erfolgen, insbesondere ob die Lieferung mit der Bestellung übereinstimmt.
(2) Die Apothekerin/der Apotheker gemäß Abs1 hat die Humanarzneispezialität zur Versendung freizugeben; dies ist zu dokumentieren.
Transport und Lieferung
§7. (1) Sofern die Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, mit dem Transport und der Lieferung der zu versendenden Humanarzneispezialität ein Logistikunternehmen beauftragt, hat sie sich zu vergewissern, dass dieses im Hinblick auf seine zu verrichtende Tätigkeit über die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung sowie über ein System zur Sendungsverfolgung verfügt.
(2) Über die Beauftragung gemäß Abs1 muss ein schriftlicher Vertrag zwischen der versendenden Apotheke als Auftraggeberin und dem Logistikunternehmen als Auftragnehmer bestehen, der in der Apotheke im Original oder in Form einer Kopie ständig aufliegen muss und auf Verlangen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen vorzulegen ist. In einem solchen Vertrag müssen die Verantwortlichkeiten jeder Seite klar festgelegt werden.
(3) Die versendende Apotheke hat dem beauftragten Logistikunternehmen die für die ordnungsgemäße Beförderung und Lieferung der Sendung notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
§8. (1) Humanarzneispezialitäten, die versendet werden, sind so zu transportieren, dass
1. die Kennzeichnung nicht verloren geht,
2. sie weder andere Erzeugnisse oder Materialien kontaminieren oder durch diese kontaminiert werden,
3. ausreichende Vorkehrungen gegen Auslaufen, Beschädigung und Diebstahl bestehen,
4. sie weder in unvertretbarem Maße Hitze, Kälte, Licht, Feuchtigkeit oder einem anderen schädlichen Einfluss noch mikrobiellem Befall oder Ungeziefer ausgesetzt sind,
5. sie beim Be- und Entladen vor Witterungseinflüssen geschützt sind, und
6. sie sicher vor Zugriff durch Unbefugte sind.
(2) Die Transportverpackung ist zu qualifizieren, der Transportprozess, insbesondere die Transportdauer und Transporttemperatur, ist auf Grundlage des Qualitätsrisikomanagements zu validieren.
(3) Die Transportverpackung darf keinen Hinweis darauf enthalten, dass es sich bei den versendeten Produkten um Humanarzneispezialitäten handelt. Transportverpackungen sind so zu wählen, dass es leicht zu überprüfen ist, ob die Verpackung unberechtigt geöffnet oder sonst beschädigt wurde oder ob eine Entnahme oder Beschädigung des Packungsinhalts erfolgt ist.
§9. (1) Die versendende Apotheke hat jeder Lieferung einer Humanarzneispezialität neben ihrer Informations- und Bestätigungspflicht nach §7 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz – FAGG, BGBl I Nr 33/2014, Unterlagen beizufügen, aus denen mindestens folgende Angaben zu entnehmen sind:
1. Name, Adresse, Telefonnummer, eine E-Mail-Adresse und gegebenenfalls eine Faxnummer der Apotheke,
2. Datum der Versendung,
3. Name und pharmazeutische Form der Humanarzneispezialität,
4. gelieferte Menge,
5. Name und Adresse der Kundin/des Kunden und gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6, der die Sendung ausgefolgt werden soll,
6. gegebenenfalls Name und Adresse des mit der Beförderung und Lieferung beauftragten Logistikunternehmens, und
7. Hinweis, gegebenenfalls die Apotheke zur Klärung von Fragen zu konsultieren.
(2) Die Sendung ist der Kundin/dem Kunden oder gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6 gegen eine Empfangsbestätigung auszufolgen.
Dokumentation
§10. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, muss über ein ihrem Tätigkeitsbereich entsprechendes Dokumentationssystem einschließlich einem System zur Erstellung, Überarbeitung und Genehmigung von Dokumenten verfügen.
(2) Unbeschadet der in den §§4 Abs3, 5 Abs6 und 6 Abs2 vorgesehenen Dokumentationspflichten sind über jede im Fernabsatz abgegebene Humanarzneispezialität Aufzeichnungen zu führen, die folgende Mindestangaben zu enthalten haben:
1. das Datum der Versendung,
2. Name und pharmazeutische Form der Humanarzneispezialität,
3. die abgegebene Menge,
4. Name und Adresse der Kundin/des Kunden und gegebenenfalls einer Person gemäß §3 Abs4 Z6, der die Sendung ausgefolgt wurde,
5. Datum der Ausfolgung oder gegebenenfalls ein Vermerk, sofern die Sendung endgültig nicht ausgefolgt werden konnte, und
6. gegebenenfalls Name und Adresse des mit der Beförderung und Lieferung beauftragten Logistikunternehmens.
(3) Sofern die Aufzeichnungen mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung geführt werden, müssen die Aufzeichnungen gemäß den Bestimmungen des Signaturgesetzes, BGBl I Nr 190/1999, in der jeweils geltenden Fassung, digital signiert sein. Die mit solchen Systemen gespeicherten Daten müssen während ihrer Aufbewahrungsfrist jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen auf dessen Verlangen vorgelegt werden.
(4) Alle Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre ab der letzten datierten Unterschrift aufzubewahren.
Verschwiegenheit
§11. (1) Jede Apotheke, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgibt, hat Datensicherheitsmaßnahmen gemäß §§14 ff Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr 165/1999, in der jeweils geltenden Fassung, zu ergreifen.
(2) Alle Personen, die mit dem Fernabsatz von Humanarzneispezialitäten oder damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten betraut sind, haben personenbezogene Daten, die ihnen ausschließlich auf Grund ihrer diesbezüglichen Tätigkeit anvertraut wurden oder zugänglich gemacht worden sind, unbeschadet sonstiger bestehender Verschwiegenheitspflichten, sowohl während als auch nach Ende ihrer Tätigkeit geheim zu halten, soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht.
Überwachung
§12. (1) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat Apotheken, die Humanarzneispezialitäten durch Fernabsatz abgeben, periodisch, wenigstens jedoch einmal in fünf Jahren, hinsichtlich der Einhaltung der Verpflichtungen dieser Verordnung zu überprüfen.
(2) Die Häufigkeit hat sich an den Ergebnissen der bisherigen Überprüfungen zu orientieren. Bei Verdacht des Verstoßes gegen Bestimmungen dieser Verordnung, durch die eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen zu besorgen ist, ist umgehend eine Überprüfung vorzunehmen.
(3) Überprüfungen sind, außer bei Gefahr im Verzug oder wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Wirksamkeit der Amtshandlung dadurch beeinträchtigt würde, vorher anzukündigen. Die Überprüfungen sind, außer bei Gefahr im Verzug, während der Betriebszeiten durchzuführen.
(4) Über jede Überprüfung ist eine Niederschrift gemäß §§14f AVG aufzunehmen, deren Inhalt vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen der Apothekenleiterin/dem Apothekenleiter zur Kenntnis zu bringen ist.
(5) Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass den Anforderungen dieser Verordnung nicht entsprochen wird, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen der Apothekenleiterin/dem Apothekenleiter nach Einholung deren/dessen Stellungnahme die Behebung der festgestellten Mängel mit Bescheid anzuordnen. Wird dem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Maßnahmen zu verfügen, die die Abgabe von Arzneispezialitäten durch Fernabsatz hindern oder beschränken.
Veröffentlichung und Inkrafttreten gemäß §94i Abs3 Arzneimittelgesetz
§13. (1) Die Durchführungsverordnung (EU) Nr 699/2014 über die Gestaltung des gemeinsamen Logos zur Identifizierung von Personen, die der Öffentlichkeit Arzneimittel zum Verkauf im Fernabsatz anbieten, und über die technischen, elektronischen und kryptografischen Anforderungen zur Überprüfung der Echtheit desselben, ABl. Nr L 184 vom 25.06.2014 S. 5, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr L 297 vom 15.10.2014 S.41, wurde am 25.06.2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
(2) Gemäß §94i Abs3 Arzneimittelgesetz treten die §§59 Abs10 Z1 und 59a Abs1 bis 4 des Arzneimittelgesetzes, BGBl Nr 185/1983, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 48/2013, am 25. Juni 2015 in Kraft.
Inkrafttreten
§14. Diese Verordnung tritt mit 25. Juni 2015 in Kraft."
5. §10 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über den Betrieb von Apotheken und ärztlichen und tierärztlichen Hausapotheken (Apothekenbetriebsordnung 2005 – ABO 2005), BGBl II 65/2005 idF BGBl II 474/2010, lautet:
"Information und Beratung
§10. (1) Der Apotheker/die Apothekerin hat Kunden/Kundinnen, Ärzte/Ärztinnen, Zahnärzte/Zahnärztinnen, Tierärzte/Tierärztinnen und andere Anwender/Anwenderinnen zu informieren und zu beraten, wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit notwendig ist, die Abgabe des Arzneimittels eine Beratung erforderlich macht oder eine Beratung verlangt wird.
(2) Die Möglichkeit der unmittelbaren persönlichen Beratung und Information durch einen Apotheker/eine Apothekerin muss bei jeder Arzneimittelabgabe gegeben sein. Dies gilt auch für die Abgabe im Rahmen apothekeneigener Zustelleinrichtungen.
(3) Während der Betriebs- und Bereitschaftsdienstzeiten sind über den Telefondienst nach §1a vermittelte telefonische Anfragen zu Arzneimitteln, insbesondere auch von blinden oder sehbehinderten Personen, zu beantworten, sofern dies ohne Störung des ordnungsgemäßen Apothekenbetriebs möglich ist."
6. Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Abgabe und Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel im Kleinverkauf (Abgrenzungsverordnung 2004), BGBl II 122/2004 idF http://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/II/2014/150 , lautet:
"Präambel/Promulgationsklausel
Auf Grund des §5 des Arzneimittelgesetzes, BGBl Nr 185/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 12/2003, wird durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und auf Grund des §59 Abs3 des Arzneimittelgesetzes durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit verordnet:
Abgabe von Arzneimitteln
§1. (1) Die in der Anlage angeführten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen dürfen, sofern diese gemäß §1 Abs1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind und ihre Abgabe nicht gemäß Abs2 beschränkt ist, im Kleinverkauf nur abgegeben werden
1. in Apotheken,
2. durch Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Drogisten gemäß §104 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 48/2003 und die Kundmachung BGBl I Nr 109/2003, berechtigt sind, oder
3. durch Gewerbetreibende, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß §116 Abs1 Z1 der Gewerbeordnung 1994 oder zur Sterilisierung und Imprägnierung von Verbandmaterial mit Arzneimitteln gemäß §116 Abs1 Z3 der Gewerbeordnung 1994 berechtigt sind.
(2) Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, bei denen in der Anlage die Abgabe auf 'Nur als Bestandteil von Arzneispezialitäten' beschränkt ist, dürfen, sofern diese gemäß §1 Abs1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind, im Kleinverkauf nur in Apotheken abgegeben werden, es sei denn, es handelt sich um Bestandteile von Arzneispezialitäten (§6).
§2. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen im Sinne des §1 müssen der Spezifikation gemäß Anlage entsprechen. Die allgemeinen Anforderungen an Arzneimittel im Sinne der §§3 und 4 des Arzneimittelgesetzes bleiben davon unberührt.
§3. Sofern es sich bei Arzneimitteln im Sinne des §1 Abs1 um solche pflanzlicher Herkunft handelt, dürfen diese durch die im §1 Abs1 Z2 und 3 genannten Gewerbetreibenden im Kleinverkauf nur
1. als Ganzdroge,
2. in grob geschnittenem Zustand oder
3. in einem in der Anlage beschriebenen Zustand
abgegeben werden.
§4. (1) Arzneimittel im Sinne des §1 Abs1 dürfen im Kleinverkauf nur abgegeben werden, wenn sie durch folgende Angaben gekennzeichnet sind:
1. die deutsche Bezeichnung gemäß Anlage,
2. Name oder Firma und Sitz der abgebenden Apotheke oder des abgebenden Gewerbetreibenden,
3. Datum der Abgabe,
4. abgegebene Menge und
5. die in der Anlage für den jeweiligen Stoff oder die Zubereitung aus Stoffen vorgesehene Kennzeichnung.
Sofern im Abs2 nicht anderes bestimmt ist, darf die Kennzeichnung darüber hinaus keine Angaben enthalten, die sich auf die Eigenschaften, die Wirksamkeit und die Anwendungsgebiete des Arzneimittels beziehen.
(2) Der Apotheker ist berechtigt, auf Grund ärztlicher Anordnung oder in begründeten Einzelfällen, die er nach dem Stand der pharmazeutischen Wissenschaft individuell beurteilt hat, Ergänzungen der Kennzeichnung vorzunehmen. Die Verwendung vorformulierter Texte, wie Aufkleber oder Vordrucke, ist verboten.
(3) Die Abs1 und 2 gelten nicht für zugelassene Arzneispezialitäten.
§5. Der Betrieb eines Gewerbetreibenden im Sinne des §1 Abs1 Z2 und 3 muss, sofern dieser Arzneimittel im Kleinverkauf abgibt, technisch und apparativ sowie im Hinblick auf die erforderliche Fachliteratur so ausgestattet sein, dass die gemäß §5 Abs3 des Arzneibuchgesetzes, BGBl Nr 195/1980 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 33/2002, vorgeschriebenen Prüfungen im Betrieb durchgeführt werden können.
Bestandteile von Arzneispezialitäten
§6. Arzneispezialitäten, die ausschließlich in der Anlage angeführte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen als wirksame Bestandteile enthalten, dürfen auch von Gewerbetreibenden gemäß §1 Abs1 Z2 und 3 abgegeben werden, es sei denn, die/der für Angelegenheiten des Gesundheitswesens zuständige Bundesministerin/Bundesminister bestimmt durch Bescheid, dass diese wegen einer Gefährdungsmöglichkeit, die sich auf Grund der besonderen Zusammensetzung oder einer bestimmten Indikation ergibt, im Kleinverkauf den Apotheken vorbehalten ist.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§7. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Mai 2004 in Kraft.
(2) Die Abgrenzungsverordnung, BGBl Nr 568/1995, tritt mit Ablauf des 30. April 2004 außer Kraft.
(3) Arzneimittel, die nach §1 Abs1 abgegeben werden, dürfen bis zum Ablauf des 30. April 2005 noch eine Kennzeichnung gemäß der Abgrenzungsverordnung BGBl Nr 568/1995 aufweisen.
Anlage […]"
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.1. Der Antrag richtet sich im Wesentlichen gegen die Abgabebeschränkungen für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel, insbesondere gegen das Verbot der Abgabe außerhalb von Apotheken (Apothekenvorbehalt) und des Fernabsatzes dieser Arzneimittel. Schon jetzt vertreibe die antragstellende Partei die vom Apothekenvorbehalt ausgenommenen Arzneimittel und möchte in Zukunft alle nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel in ihr Sortiment aufnehmen. Die angefochtenen Bestimmungen stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang, da sie ein System schaffen würden, das der antragstellenden Partei die Abgabe nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel in ihren Drogeriemärkten verbiete.
1.2. Die angefochtenen Bestimmungen würden die antragstellende Partei aktuell und unmittelbar in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art6 StGG) und Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B‑VG) verletzen. Ebenso seien diese Bestimmungen unionsrechtswidrig (Verstoß gegen die Berufsfreiheit gemäß Art15 Abs1 GRC sowie der unternehmerischen Freiheit gemäß Art16 GRC); der grenzüberschreitende Bezug liege vor, da die antragstellende Partei ein Teil eines unionsweit tätig werdenden Konzerns sei). Es handle sich nicht bloß um wirtschaftliche Reflexwirkungen, sondern um ein zielgerichtetes Abgabeverbot. Es bestehe auch kein anderer zumutbarer Weg zur Bekämpfung der Normen. Zudem regt die antragstellende Partei an, der Verfassungsgerichtshof möge die Frage, ob der Apothekenvorbehalt für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel bzw. das Verbot des Fernabsatzes mit dem Unionsrecht (Art15, 16 und 20 GRC sowie der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art28 ff. AEUV) vereinbar sei, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorlegen.
1.3. Zuvorderst richte sich das Aufhebungsbegehren gegen §59 Abs1 AMG, da in diesem das Abgabemonopol sowohl für rezeptpflichtige als auch für nicht rezeptpflichtige Arzneimittel normiert werde. Die Verordnungsermächtigung in §59 Abs3 leg.cit. sowie die auf Basis dieser Ermächtigung erlassene Abgrenzungsverordnung werden angefochten, da diese zu eng gezogen seien. Das Fernabsatzverbot in §59 Abs9 leg.cit. und die damit zusammenhängenden Bestimmungen in Abs10 und 11 sowie die Fernabsatz-Verordnung werden angefochten, da die antragstellende Partei die gleichen Rechte wie Apotheken in Hinblick auf nicht rezeptpflichtige Arzneimittel begehre. §5 des Apothekengesetzes iVm §59 Abs9 AMG werde bekämpft, da dadurch verhindert werde, dass Arzneimittel durch andere Personen als Apotheker und woanders als in Apotheken abgegeben werden. In Zusammenhang mit §10 Abs2 Apothekenbetriebsordnung werde verhindert, dass die antragstellende Partei über Arzneimittel informieren und beraten dürfe. §57 Abs1 Z2 AMG verhindere, dass Drogisten von Herstellern mit Arzneimitteln beliefert werden, und sichere das Apothekenmonopol von der Großhandelsseite ab und werde deswegen ebenfalls angefochten. Zudem bekämpft die antragstellende Partei auch den Apothekenvorbehalt im Fernabsatz in §59a Abs1 AMG, da die antragstellende Partei auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel im Fernabsatz abgeben möchte. §50 Abs2 GewO 1994 werde angefochten, da der Fernabsatz mit Arzneimitteln weiterhin verboten wäre, wenn §59 Abs9 AMG als lex specialis aufgehoben werden würde. Zudem begehrt die antragstellende Partei die Aufhebung zahlreicher weiterer behauptetermaßen in einem untrennbaren Zusammenhang stehender Normen.
2.1. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und dem Antrag auch inhaltlich entgegentritt. In ihrer Äußerung beantragt die Bundesregierung der Verfassungsgerichtshof möge den Antrag der antragstellenden Partei als unzulässig zurückweisen, in eventu aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art140 Abs5 B‑VG eine Frist von einem Jahr für das Außerkrafttreten bestimmen.
2.2. Zu den Prozessvoraussetzungen bringt die Bundesregierung zusammengefasst das Folgende vor:
Die Prozessvoraussetzungen seien nicht gegeben, da der Haupt- sowie die Eventualanträge sich mit pauschalen Vorbringen gegen zahlreiche Bestimmungen von drei verschiedenen Bundesgesetzen wenden, ohne jedoch konkret darzulegen, warum die angefochtenen Bestimmungen im Einzelnen gegen die im Antrag genannten Verfassungsbestimmungen verstoßen würden (etwa enthalte der Hauptantrag keine Bedenken gegen zahlreiche Abschnitte des AMG oder zu §50 GewO 1994). Zudem sei der Anfechtungsumfang nicht richtig abgegrenzt und viel zu weit gefasst. Schon der Hauptantrag umfasse ein ganzes Bundesgesetz sowie zwei Paragraphen mit insgesamt 16 Absätzen; der am engsten gefasste Eventualantrag (lite) umfasse 26 Gliederungseinheiten. Diese seien pauschal angefochten worden und nicht einzelne Wortfolgen. Es könne nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, bei einer solchen Menge von angefochtenen Bestimmungen hinsichtlich jeder einzelnen Gliederungseinheit zu beurteilen, welche Teile zu prüfen und aufzuheben wären. Keinesfalls sei etwa die Aufhebung des §5 ApG zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit erforderlich, da sich aus §59 AMG ergebe, was "unter den Apotheken vorbehaltenen Arzneimitteln" zu verstehen sei. Bei einer Aufhebung sämtlicher mit dem Antrag angefochtener Bestimmungen würde weit mehr aus dem Rechtsbestand entfernt werden als zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit erforderlich wäre. Zudem seien auch Verordnungsermächtigungen angefochten, nicht aber auch die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen. Die Anregung der antragstellenden Partei, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten, sei zudem nicht einmal im Ansatz begründet. Ungeachtet dessen sei die Abgabebeschränkung mit der Warenverkehrsfreiheit vereinbar.
3. Auf die Äußerung der Bundesregierung erstattete die antragstellende Partei eine Replik, in der sie dem Vorbringen der Bundesregierung entgegentritt.
IV. Erwägungen
1. Der Antrag ist unzulässig:
1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit bzw. Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz bzw. die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz bzw. die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit bzw. ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 und Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).
1.2. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG muss ein Gesetzesprüfungsantrag das Begehren enthalten, das – nach Auffassung des Antragstellers verfassungswidrige – Gesetz seinem gesamten Inhalt oder in bestimmten Stellen aufzuheben. Um das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG zu erfüllen, muss – wie der Verfassungsgerichtshof in vielen Beschlüssen (zB VfSlg 11.888/1988, 12.062/1989, 12.263/1990, 14.040/1995, 14.634/1996) entschieden hat – die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (VfSlg 12.062/1989, 12.487/1990, 14.040/1995, 16.340/2001, 17.570/2005, zuletzt etwa VfGH 13.10.2016, G330/2015; 14.6.2017, G36/2017).
1.3. Zur Darlegung von Bedenken gegen bestimmte Stellen des Gesetzes iSd §62 Abs1 VfGG reicht es nicht aus, pauschal "auf die … dargestellten verfassungsrechtliche Bedenken" hinzuweisen (VfGH 2.3.2015, G140/2014, G159/2014). Wenn – wie im vorliegenden Fall – mehrere Bedenken vorgetragen werden und verschiedene Gesetze bzw. Gesetzesstellen sowie Verordnungen bekämpft werden, ist es auch Sache des Antragstellers, die jeweiligen Bedenken den verschiedenen Aufhebungsbegehren zuzuordnen (vgl. VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua.).
1.4. Vor allem im Hinblick auf die Bindung des Verfassungsgerichtshofes an den Umfang der Anfechtung und an die vorgetragenen Bedenken der antragstellenden Partei kann es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes sein, anstelle der antragstellenden Partei diese Zuordnung selbst vorzunehmen, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen anstelle der antragstellenden Partei anhand eigener Überlegungen zu präzisieren (vgl. VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004 mwN).
2. Die Zuordnung der Bedenken zu den angefochtenen Bestimmungen fehlt dem vorliegenden Antrag durchgehend:
2.1. Im Anschluss an Darlegungen, welche rechtliche Wirkung jede der angefochtenen Bestimmungen für die antragstellende Partei hat, und nach Ausführungen zum Schutzbereich der als verletzt geltend gemachten Grundrechte finden sich in den Ausführungen zu den geltend gemachten Bedenken so gut wie keine Normzitate. Es ist zwar erkennbar, dass der Antrag gegen das System des Apothekenvorbehaltes und das Verbot des Fernabsatzes zielt, allerdings richtet er sich ‑ ebenso erkennbar ‑ nicht insgesamt gegen dieses System, zumal die antragstellende Partei selbst gar nicht anstrebt, etwa im selben Umfang im Arzneiwarenhandel tätig werden zu dürfen wie Apotheken; sie wendet sich vielmehr erkennbar gegen die ihrer Auffassung nach zu eng gefassten Ausnahmen von diesem System.
2.2. Es ist evident, dass sich daher die vorgetragenen Bedenken nicht gegen alle angefochtenen Rechtsvorschriften in gleicher Weise richten. Einem solchen Antrag muss mit hinreichender Deutlichkeit entnehmbar sein, zu welcher Verfassungsnorm die zur Aufhebung beantragte Norm in Widerspruch stehen soll und welche Gründe jeweils für die Aufhebung der betreffenden Norm sprechen (vgl. VfSlg 14.802/1997, 17.752/2006; VfGH 10.12.2014, G57/2013 zuletzt etwa VfGH 13.10.2016, G330/2015; 14.6.2017, G36/2017).
2.3. Eine derartige Zuordnung lässt der Antrag jedoch vermissen: Von den angefochtenen Bestimmungen im Duktus der Bedenken ausdrücklich erwähnt wird nur §59 Abs1 AMG, allerdings lediglich im Zusammenhang mit einer Wiedergabe von Inhalten der Gesetzesmaterialien, sowie §59 Abs3 AMG im Zusammenhang mit der Rüge der "Legaldefinition".
2.4. Derartige Zuordnungen fehlen auch in den Ausführungen zur "Verhältnismäßigkeit", in denen bloß ganz am Rande §3 Abs4 Z1 der Fernabsatz-Verordnung erwähnt wird. Auf Seite 20 des Antrages wird dem Apothekenvorbehalt des §59 Abs1 AMG – den allein zulässigen Bereich der behaupteten unmittelbaren Eingriffe in die Rechte der antragstellenden Partei freilich verlassend – eine "Ungleichbehandlung der Pharmazeuten" vorgeworfen und danach generell eine "Ungleichbehandlung gleicher Standorte" als "sachlich nicht gerechtfertigt" bezeichnet, ohne zum Ausdruck zu bringen, welche Norm eine solche "Ungleichbehandlung von Standorten" statuiert oder bewirkt. Auch die Argumente, mit denen auf Seite 21 des Antrages Verstöße gegen das Sachlichkeitsgebot behauptet werden, lassen Gesetzeszitate und damit eine Zuordnung der Bedenken zu konkreten Gesetzesbestimmungen vermissen.
2.5. Dies trifft auch für die Anfechtung der "Apothekern als pharmazeutischen Fachkräften vorbehaltene Tätigkeiten in Apotheken" regelnden Bestimmung des §5 ApG zu, weil auch dieser Bestimmung im vorliegenden Antrag weder konkrete Bedenken zugeordnet werden, noch dargetan wird, inwiefern diese Bestimmung in die Rechtssphäre der antragstellenden Partei, die gerade keine Apotheke betreibt und daher auch nicht Normadressatin des §5 ApG ist, eingreift. Es besteht auch kein erkennbarer Zusammenhang zwischen den Bestimmungen über den Apothekenvorbehalt bei der Arzneimitteldistribution und der Regelung der Berufsbefugnisse von Apothekern. Ein solcher Zusammenhang wird auch durch die geltend gemachten Bedenken nicht hergestellt.
3. Da es die antragstellende Partei unterlassen hat, die notwendige Zuordnung der Bedenken zu den angefochtenen Bestimmungen sowohl im Haupt- als auch in den Eventualanträgen im Einzelnen vorzunehmen, erweist sich der Antrag – schon aus diesem Grund – insgesamt als unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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