Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Auf das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis ist die DO.A anwendbar. Die Klägerin ist in die Gehaltsgruppe D I der DO.A eingestuft.
Zu 8 Cga 190/02x des Erstgerichtes begehrte die Klägerin die Feststellung, dass in ihrem Dienstverhältnis „die Einreihung gemäß Gehaltsgruppe E, Dienstklasse II (Punkt 3.1.) DO.A anzusetzen" sei. Ferner begehrte sie die sich aus der von ihr gewünschten Einstufung ergebende Gehaltsdifferenz für die Zeit von Juli 1999 bis 30. 6. 2002 von EUR 20.416,83.
Das Erstgericht hatte diesem Klagebegehren stattgegeben. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung ab, dass der Klägerin die geforderte Einstufung nicht zustehe. Die gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revision hat der Oberste Gerichtshof zu 9 ObA 134/03a zurückgewiesen.
Mit der vorliegenden Klage erhob die Klägerin abermals ein mit dem im Vorprozess erhobenen Begehren im Wesentlichen identes Feststellungsbegehren. Ferner begehrte sie die aus der von ihr gewünschten Einstufung resultierende Gehaltsdifferenz für die Zeit von Oktober 2001 bis einschließlich September 2004 in der Höhe von EUR 22.141,01.
Es ist unstrittig, dass sich Tätigkeit und Funktion der Klägerin seit der ersten Entscheidung nicht geändert haben (S 103 in ON 10); die Klägerin brachte allerdings vor, dass „der rechtserzeugende Sachverhalt wesentlich erweitert" sei, weil das Klagebegehren nun auch auf die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gestützt werde. Die Einstufungspraxis der Beklagten stimme mit der Rechtsauffassung der im Vorprozess entscheidenden Gerichte nicht überein, sodass die Entscheidung im Vorprozess letztlich auf eine eindeutige Diskriminierung der Klägerin hinauslaufe.
Auch im Vorprozess hat sich die Klägerin unter Hinweis auf die Einstufung „vieler Mitarbeiter" auf die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen. Ihr nunmehr erhobenes Vorbringen geht aber über das im Vorprozess erstattete (und dort als nicht berechtigt erachtete) Vorbringen hinaus. Das im vorliegenden Verfahren erhobene Feststellungsbegehren und das Zahlungsbegehren im Umfang von EUR 5.567,01 sA - dies ist jener Teil des Zahlungsbegehrens, der bereits Gegenstand des Vorprozesses war - wurden bereits rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 18. 4. 2005 hat das Erstgericht das verbleibende Zahlungsbegehren abgewiesen. Es erachtete sich inhaltlich durch die rechtskräftige Vorentscheidung gebunden. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt habe sich seit dem Vorverfahren nicht geändert. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.
Die Rechtsprechung bejahe die Bindung an präjudizielle Zivilentscheidungen ua dann, wenn der im Vorprozess als Hauptfrage entschiedene Anspruch nunmehr eine Vorfrage bilde. Für das Ausmaß der Bindung seien sowohl der Spruch der Entscheidung als auch die diesen individualisierenden tragenden Entscheidungsgründe maßgeblich, was auch für anspruchsabweisende Entscheidungen gelte, bei denen die Bindung auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen Sachverhalt beschränkt bleibe. Diese Bindungswirkung hindere nicht die Urteilsfällung, schließe jedoch die neuerlich Prüfung des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs bei der Entscheidung über ein neues, begrifflich aber unmittelbar mit dem Inhalt der rechtskräftigen Vorentscheidung zusammenhängendes Klagebegehren aus. Entscheidend sei, dass die Lösung der Vorfrage selbst zum Urteilsgegenstand werde, was etwa durch eine Entscheidung über einen Zwischenantrag auf Feststellung, aber auch - wie hier - durch die Entscheidung über ein Feststellungsbegehren der Fall sei. Wenngleich das noch offene Klagebegehren nur mehr auf die Leistung von Entgeltdifferenzen für Zeiträume gerichtet sei, die vom Vorverfahren nicht betroffen gewesen seien, sei die Frage der Einreihung der Klägerin daher auf Grund der im Vorprozess erfolgten Entscheidung über das Feststellungsbegehren, das in eine unbestimmte Zukunft gerichtet gewesen sei, rechtskräftig entschieden.
Dass die Klägerin ihr nunmehriges Klagebegehren auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stütze, ändere daran nichts. Durch die Bindungswirkung werde - schon im Vorprozess mögliches - neues Vorbringen zu einem nicht geänderten Sachverhalt ausgeschlossen. Überdies sei das Vorbringen nicht neu, sondern - wenn auch nicht ausreichend - im Vorverfahren erstattet worden.
Die Bindungswirkung der rechtskräftigen Abweisung des Feststellungsbegehrens im Vorprozess stehe daher einer neuerlichen Prüfung der Ansprüche der Klägerin entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Es ist daher aufzugreifen, dass die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt. Es ist nicht mehr strittig, dass im Bereich des noch offenen Klagebegehrens, das einen noch nicht entschiedenen Zeitraum betrifft, die Einmaligkeitswirkung der Vorentscheidung keine Rolle spielen kann. Zurecht hat aber das Berufungsgericht die Bindungswirkung der Entscheidung des Vorprozesses bejaht:
Die Rechtsprechung geht von einer Bindungswirkung an die Vorentscheidung aus, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher Qualifikation) gegeben sind, aber anstelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs bedeutet (stRsp; RIS-Justiz RS0041572; zuletzt etwa 4 Ob 110/04m; 4 Ob 163/05g). Präjudizialität ist auch dann gegeben, wenn die beiden Begehren deshalb miteinander unvereinbar sind, weil durch die Vorentscheidung die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das neue Begehren verneint wurden. War im früheren Verfahren ein bestimmtes Rechtsverhältnis als Hauptfrage als Ganzes Entscheidungsgegenstand, dann sind aus diesem Rechtsverhältnis ohne Sachverhaltsänderung abgeleitete Folgerungen durch die Bindungswirkung ausgeschlossen (1 Ob 576/92; 1 Ob 536/94; 6 Ob 2155/96x). Dies gilt - im Rahmen der maßgebenden Abweisungsgründe - auch für klageabweisende Entscheidungen (RIS-Justiz RS0041454; für die Abweisung von Feststellungsbegehren jüngst 1 Ob 82/05y; 6 Ob 43/00t).
Hier wurde mit der Abweisung des Feststellungsbegehrens der Klägerin im Vorprozess als Hauptfrage über die Frage der Einstufung entschieden, wobei - nach den für die Ermittlung der Tragweite der Urteilssprüche maßgebenden und deshalb von der materiellen Rechtskraftwirkung erfassten Entscheidungsgründen (1 Ob 82/05y; SZ 70/60 uva) - die Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrten Einstufung verneint wurden. Dieser Entscheidung kommt daher in nunmehrigen Verfahren für die Entscheidung über das abermals mit der Forderung nach höherer Einstufung begründete Zahlungsbegehren bindende Wirkung zu, zumal eine Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts gar nicht behauptet wurde.
All das wird von der Revisionswerberin in Wahrheit nicht in Frage gestellt. Sie stützt sich vielmehr mit umfangreichen Ausführungen auf den Umstand, dass sie nunmehr - detaillierter als im Vorprozess - den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht habe und dass ihr aus der Tatsache, dass ihr insofern im Vorprozess ein „Formulierungsfehler" unterlaufen sei, kein Nachteil erwachsen dürfe. Dieser Einwand verkennt aber die Auswirkungen der Bindungs- und Präklusionswirkung der Vorentscheidung: Danach wird die Entscheidungsgrundlage mit dem Stand bei Schluss der mündlichen Verhandlung fixiert. Dadurch wird der zugrunde gelegte Stoff abgegrenzt und bisher bekanntes und mögliches Sach- und Beweisvorbringen, das unterlassen wurde, für die Zukunft ausgeschlossen (8 ObA 36/03g; WoBl 2001, 27; JBl 2001, 188; WoBl 2002, 271). Selbst wenn die Klägerin daher im Vorprozess den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz überhaupt nicht geltend gemacht hätte, würde dies - zumal sie eine wie immer geartete Sachverhaltsänderung nicht geltend macht und auch nicht behauptet, die maßgebenden Tatsachen früher nicht gekannt zu haben - an der Bindungswirkung der Vorentscheidung für das nunmehrige Verfahren nichts ändern.
Die angefochtene Entscheidung steht daher auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung. Eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage zeigt die Klägerin nicht auf.
Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962; zuletzt etwa 9 ObA 268/00b; 9 ObA 108/02a).
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