OGH 6Ob2155/96x

OGH6Ob2155/96x5.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Kriftner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Willibald K*****, vertreten durch Dr.Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Herausgabe (Streitwert 500.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.März 1996, GZ 6 R 238/95-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17. August 1995, GZ 1 Cg 6/95p-32, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Gesellschaft mbH, deren alleinzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin die - rechtskräftig (hg 6 Ob 1650, 1651/95; AZ 3 C 85/91 des Bezirksgerichtes Linz) - geschiedene Gattin des Beklagten ist, betreibt ua eine Kraftfahrstreckenlinie und das Mietwagengewerbe mit Pkw und Omnibussen. Das Stammkapital der klagenden Partei wird zur Gänze von der K***** Gesellschaft mbH gehalten, die als Holding selbst keine gewerbliche Tätigkeit ausübt und an der der Beklagte mit 25 % sowie seine Gattin mit 75 % beteiligt sind. Da sich die Zusammenarbeit der Ehegatten, die beide im Unternehmen der klagenden Partei tätig waren, als nicht mehr durchführbar erwies, planten sie, das Unternehmen aufzuteilen und dazu als weitere Gesellschaft die Willibald K***** Gesellschaft mbH unter Inanspruchnahme der Steuervorteile des "UmgründungsG" zu gründen.

Im Scheidungsverfahren schlossen der Beklagte und seine Gattin nach Vergleichsgesprächen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.Mai 1993 (3 C 85/91-29 des Bezirksgerichtes Linz, Beilage 6) folgendes Übereinkommen:

"Über Vorschlag vom BV kommen die Parteien dahingehend überein, daß

1.) die Ehe im Einvernehmen gemäß § 55a EheG geschieden wird,

2.) dem gemäß § 55a Abs 2 EheG abzuschließenden Vergleich die hiermit vorgelegte Vereinbarung II.) zugrundegelegt wird,

3.) ... (Beklagter) aus der... (Holding) ausscheidet und

wirtschaftlich gesehen die Liegenschaften der Gesellschaften erhält.

Es handelt sich dabei um das Betriebsgebäude samt Garage sowie die

Liegenschaft in ... . Damit sind alle Ansprüche des ... (Beklagter)

aus seiner Beteiligung an dem Unternehmen beglichen, die Formulierung des diesbezüglichen Vertrages hat einvernehmlich so zu erfolgen, daß sie für beide Teile möglichst steuerschonend gestaltet wird. Die ... (klagende Partei) hat die Liegenschaft bis längstens 31.Juli 1993 zu räumen, umgekehrt hat ... (Beklagter) alle jene Gegenstände, die er aufgrund der seinerzeit geführten Besprechung in Benützung hat, Zug um Zug bei Räumung zurückzustellen.

4.) In sämtlichen anhängigen Verfahren tritt in der Folge Ruhen ein, die vertragliche Durchführung hat binnen vier Wochen ab heute zu erfolgen, die Parteien werden das Gericht über den Vertragsabschluß informieren, so daß sodann die einvernehmliche Scheidung durchgeführt werden kann.

5.) Ein Benützungsentgelt wird für die Benützung der Liegenschaft oder der Autobusse oder sonstiger Einrichtungen weder wechselseitig begehrt noch von der ... (klagenden Partei) gegenüber ... (Beklagter) geltend gemacht werden."

In diesem Umfang wird eine Generalklausel vereinbart."

Die oben genannte Vereinbarung II war dem Vehandlungsprotokoll beigeschlossen und enthielt Regelungen über die Obsorge für den ehelichen Sohn, Unterhalt, Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens ua. Zu der binnen Monatsfrist vorgesehenen vertraglichen Ausgestaltung kam es nicht. Am 24.August 1983 bei Gericht einlangend äußerte sich die Gattin des Beklagten dahin, daß der ins Auge gefaßte Vergleichsabschluß nicht zustandegekommen sei, und beantragte möglichst umgehend die Anberaumung einer Tagsatzung, was im Scheidungsverfahren als Rückziehung des einvernehmlichen Scheidungsantrages beurteilt wurde.

Der Oberste Gerichtshof beurteilte im Verfahren AZ C 436/93 des

Bezirksgerichtes Neufelden, in dem die hier beklagte als gefährdete

Partei von der hier klagenden als Gegnerin der gefährdeten Partei die

Erwirkung eines Veräußerungsverbotes angestrebt hatte, in seiner

Entscheidung vom 6.Mai 1994, GZ 8 Ob 521/94, womit die

erstgerichtliche einstweilige Verfügung wiederhergestellt wurde, das

auch hier relevante Übereinkommen rechtlich wie folgt: "Die

Vereinbarung vom 6.Mai 1993 ... wurde, wie die Gegnerin der

gefährdeten Partei selbst zugesteht, von ... (Gattin des Beklagten)

auch als Geschäftsführerin der ... (klagenden Partei) namens dieser

abgeschlossen und ist daher auch für letztere grundsätzlich

verbindlich. Nach dem klaren Wortlaut dieser Vereinbarung haben sich

die beiden Gesellschafter dahin geeinigt, daß ... (Beklagter) aus der

Gesellschaft ausscheidet und das Betriebsgebäude samt Garage sowie

den Grund in ... (= die hier verfahrensgegenständliche Liegenschaft

...) erhält. Die durch ... (Gattin des Beklagten) als

Geschäftsführerin vertretene Gesellschaft hat sich in diesem zwischen

den Gesellschaftern geschlossenen Vertrag demgemäß auch ihrerseits

ausdrücklich verpflichtet, die Liegenschaft bis längstens 31.Juli

1993 zu räumen. Solcherart hat der Gesellschafter ... (Beklagter)

aber jedenfalls einen vertraglichen Anspruch darauf, daß ihm diese Liegenschaft im Rahmen des zu errichtenden, sein Ausscheiden aus der Gesellschaft betreffenden, auch eine einvernehmliche, für beide Gesellschafter möglichst steuerschonende Formulierung enthaltenden, Vertrags diese Liegenschaft - in welcher rechtlichen Konstruktion auch immer - zukommt. Die durch ... (Gattin des Beklagten) als Geschäftsführerin vertretene, in den Vertrag vom 6.Mai 1993 eingebundene Gesellschaft ist daher verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Durchsetzung dieses Vertragsanspruchs des ... (Beklagten) hindert. ...."

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten zuletzt (Klageeinschränkung ON 31 AS 191) die Herausgabe dreier Kleinbusse sowie des Typenscheins eines derselben, weil im Vorgriff auf eine zu erwartende Einigung über die Aufteilung des Unternehmens - nach dem Vereinbarungsentwurf sollten die Fahrzeuge ins Eigentum der zu gründenden Gesellschaft mbH übergehen - die Fahrzeuge dem Beklagten nur prekaristisch und nur bis zum Ende der Verhandlungen übergeben worden seien. Er habe diese Vertragsgespräche beendet und verweigere nach Scheitern der Vertragsverhandlungen die Herausgabe der von ihm titellos benützten drei Kleinbusse, die weiterhin im Eigentum der klagenden Partei stünden. Am 6.Mai 1993 sei kein rechtswirksames Übereinkommen geschlossen, sondern in Vergleichsgesprächen nur ein gangbarer Weg zum Abschluß eines Vergleiches aufgezeigt worden, der aber in der Folge nicht zustandegekommen sei, weil der Beklagte die besprochene Vorgangsweise nicht eingehalten habe. Sollte am 6.Mai 1993 tatsächlich eine Vereinbarung geschlossen worden sein, so beinhalte diese die Verpflichtung des Beklagten, die in der Klage bezeichneten Fahrnisse bis 31.Juli 1993 an die klagende Partei herauszugeben; dieser Verpflichtung sei der Beklagte aber nicht nachgekommen.

Beim Schriftstück vom 12.Februar 1992 Beilage II handle es sich um keine Vereinbarung, sondern eine Bestätigung für die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, welche einen Nachweis verlangt habe, daß der Beklagte bzw die neu zu gründende Gesellschaft mbH über die Möglichkeit verfüge, Schulbusfahrten durchzuführen. Da die Grundsatzvereinbarung die Übereignung von Fahrzeugen an die neu zu gründende Gesellschaft mbH und die Durchführung der Schulbusfahrten durch diese Gesellschaft vorgesehen habe, seien der Ausstellung einer solchen Bestätigung keine Bedenken entgegengestanden. Mit Schreiben vom 12.März 1992 Beilage K habe der damalige Beklagtenvertreter mitgeteilt, daß die Gesamtvereinbarung nicht zustandekomme, weshalb die Bestätigung vom 12.Februar 1992 gegenstandslos geworden sei.

Der Beklagte wendete ein, einen gültigen Rechtstitel zu haben. Denn am 12.Februar 1992 sei es zwischen ihm und der von seiner Gattin vertretenen klagenden Partei zu einer bindenden Vereinbarung gekommen, wonach ihm die Kleinbusse endgültig überlassen worden seien. In der Folge habe sich seine Gattin treuwidrig geweigert, die getroffene Vereinbarung in handelsrechtlich erforderlicher Form für das Firmenbuch zu unterfertigen. Die ohne Beiziehung dritter Personen, insbesondere der Rechtsanwälte, zustandegekommene und vom Scheitern einer Generalbereinigung unberührt gebliebene Vereinbarung vom 12.Februar 1992 sei unabhängig von einer Gesamtlösung erfolgt und unangefochten aufrecht. Der klagenden Partei fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil im Scheidungsverfahren am 6.Mai 1993 Ruhen des Verfahrens vereinbart worden sei. Der Beklagte habe die Papiere und Schlüssel der Kleinbusse am 1.August 1993 bei der Gemeinde St.M***** mit dem Antrag hinterlegt, sie an die klagende Partei auszufolgen, wenn diese ihrer Räumungsverpflichtung nachgekommen sei. Da die klagende Partei ihrer Räumungsverpflichtung nicht nachgekommen sei, habe der Beklagte die Kleinbusse zurückbehalten. Im übrigen habe die klagende Partei im Zuge der bereits getroffenen Vereinbarung neue unannehmbare Bedingungen gestellt, die der Beklagten nicht habe akzeptieren können.

Das Erstgericht wies im ersten Rechtsgang das Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung ab, es läge auf Grund der Vereinbarung vom 12.Februar 1992 weder ein Prekarium vor, zumal dieser Vereinbarung die Möglichkeit eines jederzeitigen Widerrufes nicht zu entnehmen sei, weil die Benützung der Fahrzeuge dem Beklagten bis zur Aufteilung des klägerischen Unternehmens eingeräumt worden sei. Der Herausgabeanspruch der klagenden Paertei sei auch nicht wegen allfälliger Änderung der Geschäftsgrundlage berechtigt. Denn der Endzweck, eine Einigung über die steuerschonendste Variante der grundsätzlich vereinbarten Aufteilung des Unternehmens sei noch nicht endgültig unerreichbar geworden, gehe doch aus dem Übereinkommen vom 6.Mai 1993 eindeutig die Absicht der Streitteile hervor, das Endziel der Vereinbarung zu realisieren. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf. Es bedürfe noch der Vernehmung zweier Zeugen, ob dem Beklagten die Fahrzeuge gegen jederzeitigen Widerruf bis zum Ende der Verhandlungen übergeben worden seien sowie, ob die Verhandlungen im Sinn der Ende 1991/Anfang 1992 vorgesehenen Vereinbarung letztlich - endgültig - gescheitert seien.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Beklagte ergänzend vor, es sei am 6. Mai 1993 zwischen den Streitteilen zu einer vergleichsweisen Bereinigung mit Generalklausel gekommen, hinsichtlich aller zum damaligen Zeitpunkt anhängigen Prozesse, somit auch für den gegenständlichen, sei Ruhen vereinbart worden. Der eingeklagte materiellrechtliche Anspruch bestehe daher nicht mehr. Darüber hinaus erhob der Beklagte den Einwand der entschiedenen Rechtssache, weil durch den Vergleich im Scheidungsverfahren auch der Klageanspruch erledigt worden sei. Die Klageführung sei schikanös, weil die klagende Partei beharrlich die auch vom Obersten Gerichtshof zu AZ 8 Ob 521/95 bestätigte Gültigkeit des Vergleiches vom 6.Mai 1993 ignoriere, der Klageanspruch sei im Hinblick auf den Vergleich vom 6. Mai 1993 nicht fällig. Die Vereinbarung vom 6.Mai 1993 sei von der Geschäftsführerin der klagenden Partei wirksam für diese abgeschlossen worden. Der klagenden Partei fehle das Rechtsschutzinteresse, weil sie und nicht der Beklagte bei Erfüllung des Übereinkommens in Verzug sei.

Die klagende Partei replizierte, nicht Verfahrenspartei des Scheidungsverfahrens gewesen zu sein. Die dort abgegebene Absichtserklärung, eine vergleichsweise Regelung herbeizuführen, entfalte daher selbst bei Wirksamkeit des im Streitverhandlungsprotokoll vom 6.Mai 1993 enthaltenen "Übereinkommens" und der beabsichtigten Ruhensvereinbarung für die klagende Partei keine Wirkung. Die Wirksamkeit des genannten Übereinkommens sei zudem durch das Zustandekommen einer einvernehmlichen Scheidung bedingt gewesen. Zwischenzeitig sei die Ehe jedoch aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden worden. Eine Ruhensvereinbarung liege daher nicht vor. Das Rechtsschutzinteresse der klagenden Partei sei schon deshalb gegeben, weil der Beklagte entgegen der von ihm als wirksam angesehenen Vereinbarung die Kleinbusse bis heute nicht herausgegeben habe. Die einstweilige Verfügung im Verfahren AZ C 436/93 des Bezirksgerichtes Neufelden sei zwischenzeitig rechtskräftig aufgehoben worden.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das (eingeschränkte) Klagebegehren neuerlich ab und ging unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Entscheidung 8 Ob 521/94 von der Rechtswirksamkeit des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 aus. Endzweck desselben sei eine Generalbereinigung sämtlicher Streitigkeiten zwischen dem Beklagten und seiner Gattin einerseits und zwischen den Streitparteien des vorliegenden Verfahrens andererseits gewesen. Nach dem Endzweck habe nach Realisierung des vertraglichen Anspruches des Beklagten ewiges Ruhen sämtlicher anhängiger Verfahren, darunter auch des gegenständlichen, eintreten sollen, bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nur einfaches Ruhen. Eine Fortsetzung des ruhenden Verfahrens habe nur für den Fall der Unmöglichkeit der Durchsetzung des vertraglichen Anspruches des Beklagten aufgrund des damit verbundenen entgültigen Scheiterns des angestrebten Generalbereinigung zulässig sein sollen. Die Wirksamkeit dieses Übereinkommens sei auch nicht etwa durch das Zustandekommen einer einvernehmlichen Scheidung bedingt gewesen, treffe doch diese Bedingung nur für den Punkt II. des Übereinkommen zu. Zwischenzeitig sei die Ehe des Beklagten und seiner Gattin geschieden worden. Zudem habe der Beklagte beim Landesgericht Linz zu AZ 1 Cg 212/95 die hier klagende Partei wegen Zuhaltung des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 belangt und eventualiter begehrt, die klagende Partei habe der Ausfolgung des Kaufpreises von 1,001.070 S aus dem Kaufvertrag vom 22.Oktober 1993 zuzustimmen. Die Weiterführung des vorliegenden Verfahrens im derzeitigen Stadium widerspreche dem Gesamtinhalt des Übereinkommens vom 6.Mai 1993, nämlich dem dort zum Ausdruck gebrachten Endzweck einer Generalbereinigung. Dieses Übereinkommen entfalte so weit materiellrechtliche Wirkung, daß dem Klageanspruch mangels Fälligkeit das Rechtsschutzinteresse abzusprechen sei, auch wenn mangels gemeinsamer Anzeige der Ruhensvereinbarung keine unmittelbare prozessuale Wirkung eingetreten sei.

Das Berufungsgericht hob im zweiten Rechtsgang das Ersturteil neuerlich auf, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 50.000 S übersteige, und erachtete den ordentlichen Rekurs an den Obersten Gerichtshof wegen Abweichens von der zu AZ 8 Ob 521/94 vertretenen Rechtsauffassung als zulässig. Rechtlich vertrat die zweite Instanz im wesentlichen die Auffassung, aus Punkt 4. des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 gehe hervor, es könne kein Ruhen eintreten, wenn es zu keiner steuerschonenden Vertragsgestaltung komme. Die Wirksamkeit des gesamten Übereinkommens sei durch das Zustandekommen einer einvernehmlichen Scheidung bedingt gewesen; mangels Bedingungseintritts liege kein Vergleich vor, der einer gerichtlichen Verfolgung des klägerischen Herausgabebegehrens entgegenstehe. Eine Bindung an die höchstgerichtliche Entscheidung 8 Ob 521/94 bestehe nicht. Die vom Erstgericht vorgenommene Auslegung der Ruhensvereinbarung (einfaches Ruhen bis zur Erfüllung der Ansprüche des Beklagten aus Punkt 3) des Übereinkommens, danach ewiges Ruhen) finde in der Textierung keine Deckung. Tatsächlich sollte nach der binnen vier Wochen zu erfolgenden vertraglichen Durchführung Ruhen eintreten, erwiesenermaßen sei es zu der binnen Monatsfrist vorgesehenen vertraglichen Ausgestaltung nicht gekommen, sodaß eine Ruhensvereinbarung als solche nicht existiere. Das Erstgericht hätte daher iSd berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses vom 7.Juli 1994 im ersten Rechtsgang vorzugehen gehabt. Im vorliegenden Verfahren sei mangels Ruhensanzeige beider Parteien Ruhen des Verfahrens nicht eingetreten. Das Übereinkommen vom 6.Mai 1993 sei auch nicht so auszulegen, daß dem Klagebegehren der Anspruch auf Rechtsschutzgewährung (derzeit - so das Erstgericht) nicht mehr zukomme. Aus der klaren Formulierung von Punkt 4. des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 gehe hervor, daß in sämtlichen anhängigen Verfahren in der Folge Ruhen eintrete. Da es nicht zu der im Punkt 3. vorgesehenen steuerschonenden vertraglichen Übertragung der Liegenschaft ... an den Beklagten gekommen sei, womit alle seine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche an der Holding beglichen sein sollten, sei die materiellrechtliche Wirkungen entfaltende Voraussetzung für eine außergerichtliche Ruhensvereinbarung nicht eingetreten. Die Wirksamkeit des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 sei durch das Zustandekommen einer einvernehmlichen Scheidung (§ 55a EheG) bedingt gewesen. Mangels Bedingungseintritts liege über den vorliegenden Herausgabeanspruch kein der weiteren gerichtlichen Verfolgung entgegenstehender Vergleich vor (in diesem Sinn SZ 40/115). Eine Bindung an die vom Obersten Gerichtshof zu 8 Ob 521/94 vertretene Auffassung, daß das Übereinkommen vom 6.Mai 1993 verbindlich ist, bestehe nicht. Die Gültigkeit des Übereinkommens sei nicht Gegenstand des Vorprozesses gewesen, sondern bloß Vorfrage für die Hauptfrage, ob der Sicherungsantrag der gefährdeten und hier beklagten Partei berechtigt sei, der dortigen Gegnerin der gefährdeten und hier klagenden Partei die Veräußerung einer Liegenschaft zu untersagen sei, die nach dem Übereinkommen vom 6.Mai 1993 dem Beklagten zukommen sollte. Die höchstgerichtlichen Ausführungen über die Verbindlichkeit des Übereinkommens wären daher selbst dann nicht bindend, wenn sie Inhalt eines Urteiles gewesen wären. Sie seien aber bloß Inhalt einer Provisorialentscheidung gewesen und daher unabhängig davon, ob die einstweilige Verfügung noch aufrecht sei, für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren geeignete Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die klagende Partei die Fahrzeuge dem Beklagten lediglich prekaristisch übergeben oder unabhängig von einer endgültigen Auseinandersetzung endgültig überlassen habe, somit iSd berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses im ersten Rechtsgang vorzugehen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs; § 519 ZPO) des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Eine Bindung an die in einer anderen Rechtssache ergangene Provisorialentscheidung besteht nicht: Nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre erwächst die in einer rechtskräftigen Entscheidung enthaltene Beurteilung von Vorfragen nicht in Rechtskraft (1 Ob 536/94 = ecolex 1994, 624; RZ 1990/109; EFSlg

55.153 uva; Fasching III 712 und Lehrbuch2 Rz 1520). Die materielle Rechtskraft wirkt grundsätzlich nur bei - hier fehlender - Identität des Anspruches, der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhaltes. Eine Rechtskraftwirkung könnte nur dadurch erreicht werden, daß diese Vorfrage zum Gegenstand eines Zwischenfeststellungsantrages gemacht wurde (1 Ob 536/94; EFSlg 55.153; 1 Ob 667/90). Wird in einem zweiten Verfahren die für die Entscheidung im ersten bloß als Vorfrage beurteilte Rechtsfrage zur Hauptfrage, ist ohne Rücksicht auf die im ersten Verfahren vorgenommene Beurteilung neuerlich (nunmehr mit Rechtskraftwirkung) darüber abzusprechen (1 Ob 536/94; EFSlg 55.153; 1 Ob 667/90).

Richtig ist allerdings, daß dann, wenn ein späteres

Rechtsfolgebegehren mit einem früheren rechtskräftig entschiedenen

deshalb unvereinbar ist, weil durch die Vorentscheidung die

anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das neue Begehren verneint

wurden, ein Sonderfall der Präjudizialität kraft Bindungswirkung

vorliegt (SZ 68/103 = JBl 1996, 463 [Deixler-Hübner]; 1 Ob 536/94; RZ

1989/96 mit einer Reihe von Fallgruppen aus der Rspr; RIS-Justiz

RS0041157; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1517 mit weiteren Beispielen). Ein

solcher Sonderfall besteht dann, wenn ein im Gesetz begründeter

Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht und dieser

inhaltliche Zusammenhang so eng ist, daß die Gebote der

Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende

Beantwortung derselben, in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten (SZ 68/103; RZ 1989/96; SZ 55/72 uva). Die Voraussetzung für diesen Sonderfall der Präjudizialität kraft Bindungswirkung bei Parteienidentität, wenngleich in unterschiedlicher Parteirollenverteilung in beiden Verfahren (SZ 68/103; ecolex 1994, 624; 1 Ob 517/95 ua; RIS-Justiz RS0041157) ist hier nicht gegeben. Denn abgesehen davon, daß eines der beiden Verfahren nur ein Sicherungsverfahren war, bestand in diesem der Sicherungsanspruch der dort gefährdeten und hier beklagten Partei unabhängig davon, ob das Übereinkommen vom 6.Mai 1993 bedingt war oder nicht. An seine im Provisorialverfahren geäußerte Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof im übrigen auch ohne Änderung der Sachlage selbst unter den - hier im übrigen fehlenden - Voraussetzungen des § 511 Abs 1 ZPO im Hauptverfahren mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmung nicht gebunden (4 Ob 168/89 = ecolex 1990, 282; JBl 1977, 156 ua; Kodek in Rechberger, § 511 ZPO Rz 1; Fasching IV 368).

b) Der Beklagte kann - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte - auch nicht die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 8 Ob 521/94 (veröffentlicht in JBl 1995, 260 = SZ 67/83 mit dem Rechtsatz, der gerichtliche Vergleich ersetze den auch für die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteiles erforderlichen Notariatsakt) inhaltlich mit Erfolg für seinen Standpunkt ins Treffen führen. Nach herrschender Auffassung ist der Scheidungsfolgenvergleich nicht nur Scheidungsvoraussetzung und allenfalls Exekutionstitel, sondern auch privatrechtlicher Vertrag, der die Ehegatten auch ohne Einhaltung der im § 55a Abs 2 EheG geforderten Form an die Vereinbarung privatrechtlich bindet (Schwimann in Schwimann, § 55a EheG Rz 12 mwN). Die Besonderheit des Scheidungsfolgenvergleiches liegt aber darin, daß er als solcher für den Fall der Ehescheidung geschlossen wird und daher durch diese bedingt ist (1 Ob 518/96 = JBl 1996, 600; ÖA 1983, 21 = EFSlg 37.403;

5 Ob 514/88; Pichler in Rummel2, § 55a EheG Rz 10 mwN; Schwimann aaO

§ 55a EheG Rz 12); mit Unwirksamwerden oder bei Nichtzustandekommen

der einvernehmlichen Scheidung - ein Fall ist etwa die

Antragsrücknahme nach § 224 AußStrG - verliert deshalb auch der

Scheidungsfolgenvergleich seine Wirksamkeit (Schwimann aaO § 55a EheG

Rz 12 unter Hinweis auf ÖA 1983, 21). Im vorliegenden Fall haben die

Parteien einen aus zwei Teilen - der "hiermit vorgelegten"

Vereinbarung II und den im gerichtlichen Protokoll selbst

niedergelegten Regelungen - bestehenden Scheidungsfolgenvergleich

gemäß § 55a Abs 2 EheG abgeschlossen, der auch

gesellschaftsrechtliche Regelungen über die Aufteilung der

gemeinsamen Unternehmen enthielt. Die im Übereinkommen vom 6.Mai 1993

enthaltenen Regelungen bilden ihrem Inhalt und Zusammenhang nach eine

einheitliche Vereinbarung, deren einzelne Punkte voneinander nicht

getrennt werden können, da jeder Vertragsteil damit rechnen konnte

und mußte, daß den Verbindlichkeiten, die er in den einzelnen Punkten

übernahm, die Rechte gegenüberstehen, die ihm in anderen Punkten

eingeräumt wurden (vgl 5 Ob 526/88, insoweit nicht veröffentlicht in

EFSlg XXV.Band). Damit war die in Aussicht genommene einvernehmliche

Scheidung der Ehe der Gesellschafter auch für die hier zu beurteilenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen aufschiebende Bedingung und bloß nicht zum Vertragsinhalt erhobenes Motiv, zumal der Beklagte solches nicht einmal behauptet. Dem Übereinkommen vom 6. Mai 1993 kam daher ungeachtet der postulierten Generalklausel mangels Bedingungseintritts die Wirkung einer Generalbereinigung nicht zu. Einer Irrtumsanfechtung, wie der Rekurswerber vermeint, bedarf es nicht.

Ein inhaltlicher Widerspruch zur Vorentscheidung SZ 67/83 besteht nicht, ging es doch dort bei Beurteilung des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 nur um die Frage der Anspruchsbescheinigung des nunmehrigen Beklagten im Sicherungsverfahren. Auch ein unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossener Vertrag bindet aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die Vertragspartner und kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden (JBl 1994, 414 mwN ua; Heller-Berger-Stix, EO4 2616). Die generelle Wirksamkeit des Übereinkommens vom 6.Mai 1993 war hingegen im Vorverfahren nicht zu beurteilen.

Daß die prozessuale Wirksamkeit einer Ruhensvereinbarung erst mit der hier fehlenden Anzeige an das Gericht eintritt, hat der erkennende Senat bereits in dieser Rechtssache in seiner nicht veröffentlichten Entscheidung 6 Ob 1540/95 ausgesprochen. Eine Vereinbarung, das Verfahren nicht mehr fortzusetzen ("ewiges Ruhen"; vgl dazu Gitschthaler in Rechberger, § 170 ZPO Rz 8), besteht angesichts des fehlenden Bedingungseintritts nicht, kam es doch weder zur einverständlichen Scheidung noch zur Effektuierung des Übereinkommens. Das Rechtsschutzinteresse der klagenden Partei an der Herausgabe der nach ihrem Vorbringen in ihrem Eigentum stehenden Kleinbusse und eines Typenscheins besteht. Schikanöse Rechtsausübung durch die klagende Partei würde zumindest voraussetzen, daß zwischen den von ihr verfolgten und den beeinträchtigten Interessen des Beklagten ein krasses Mißverhältnis besteht (Koziol/Welser, Grundriß10 I 472 f mwN in FN 178). Davon kann hier keine Rede sein.

Dem Rekurs ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei beteiligte sich nicht am Rechtsmittelverfahren.

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