OGH 9Ob14/17z

OGH9Ob14/17z24.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20–22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Mathias Görg, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 34.900 EUR), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 27.275 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. November 2016, GZ 1 R 69/16y‑12, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Februar 2016, GZ 39 Cg 83/14w‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0090OB00014.17Z.0524.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

I. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie – einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Aussprüche – insgesamt lautet:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in den von ihr mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen die Verwendung der nachstehenden, in ihrem Änderungsschreiben vom 12. September 2014 enthaltenen Klauseln zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen:

(2) Zum Stichtag (19. Oktober 2014) bestehende Guthaben können mit den NewSix‑Tarifen wie gewohnt bis zum 19. Oktober 2017 genutzt werden;

(3) Kündigungsfrist … 12 Wochen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt der von der beklagten Partei mit Verbrauchern geschlossenen Verträge geworden sind, nämlich:

(1) SixBack Bonus: für jede volle Minute eines eingehenden Gesprächs aus einem anderen österreichischen Mobilnetz gibt es 6 Cent Gesprächsguthaben! Keine Barablöse oder Auszahlung möglich.

und

(4) Wertsicherung:

Fixe monatliche Entgelte (z. B. Grundgebühr, Mindestumsatz) sind ab sofort wertgesichert.

Eine Änderung des (Kalender-) Jahresdurchschnitts des Verbraucherpreisindex ('Jahres-VPI') der Statistik Austria wirkt sich auf das monatliche Grundentgelt folgendermaßen aus:

•  ***** ist berechtigt, Entgelte für das folgende Kalenderjahr entsprechend der Steigerung des Jahres-VPI zu erhöhen.

•  ***** ist verpflichtet, Senkungen des Jahres-VPI weiterzugeben und die Entgelte entsprechend der Senkung zu reduzieren.

• Kunden werden über solche Änderungen in schriftlicher Form (zB über Rechnungsaufdruck) im Vormonat der Änderung informiert.

• Anpassungen der Entgelte erfolgen im Jahr nach der Änderung der Indexbasis, frühestens in dem auf den Vertragsabschluss folgenden Jahr.

• Entgelterhöhung: 1. April bis 31. Dezember, Entgeltreduktion: immer am 1. April.

wird abgewiesen.

3. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils einmal österreichweit im redaktionellen Teil einer Samstagsausgabe der „Neue Kronenzeitung“ auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern zu veröffentlichen.

II. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 353,50 EUR bestimmten Kosten (anteilige Barauslagen) des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 814,61 EUR (darin 135,77 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 586,79 EUR (darin 97,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 362,66 EUR und 454 EUR bestimmten Kosten des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens (je anteilige Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein zur Unterlassungsklage gemäß § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband. Die Beklagte ist ein österreichweit agierendes Telekommunikations-unternehmen. Sie schließt mit Verbrauchern Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen ab, die in den Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG) fallen.

Im Rahmen einer Presseaussendung vom 4. Juli 2007 stellte die Beklagte ihre damals neue Tarifstruktur „SixBack“ vor, die Kunden dieses Tarifs die Möglichkeit gab, durch Anrufe aus fremden Netzen 6 Cent pro Minute als Gesprächsguthaben zu erwerben. Die Presseaussendung erklärte dazu: „Das Guthaben gilt übrigens ein ganzes *****Leben lang und verfällt nicht!“ Im Servicevertrag zu diesem Tarif ist die Klausel „Keine Barablöse oder Auszahlung möglich“ in Bezug auf das vom Kunden erworbene Gesprächsguthaben enthalten.

Am 12. September 2014 versandte die Beklagte ein Änderungsschreiben an betroffene Kunden, in dem diese von der Einstellung des Tarifs „SixBack 150“ (= ein Pakettarif des „SixBack“) ab dem 20. Oktober 2014 informiert wurden. Sie sollten „automatisch“ auf einen neuen Tarif („NewSix 150“) umgestellt werden, der in Zukunft keine Möglichkeit mehr vorsah, durch Anrufe aus anderen Mobilfunknetzen Gesprächsguthaben zu erwerben. Bestehende Gesprächsguthaben müssten Kunden bis zum 19. Oktober 2017 aufbrauchen. In diesem Änderungsschreiben informierte die Beklagte ihre Kunden über die Möglichkeit einer Sonderkündigung gemäß § 25 Abs 3 TKG; gleichzeitig erklärte sie eine Verlängerung der Kündigungsfrist von acht Wochen auf nunmehr 12 Wochen.

Die Klägerin begehrte, die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der nachstehenden Klauseln im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu verpflichten, sowie zur Unterlassung der Berufung auf diese Klauseln, soweit sie bereits Vertragsinhalt geworden seien. Außerdem stellte sie ein Urteilsveröffentlichungsbegehren.

Die beanstandeten Klauseln (soweit im Revisionsverfahren noch gegenständlich) lauten:

Servicevertrag:

(1) SixBack Bonus: für jede volle Minute eines eingehenden Gesprächs aus einem anderen österreichischen Mobilnetz gibt es 6 Cent Gesprächsguthaben! Keine Barablöse oder Auszahlung möglich.

Änderungsschreiben vom 12. September 2014:

(2) Zum Stichtag (19. 10. 2014) bestehende Guthaben können mit den NewSix‑Tarifen wie gewohnt bis zum 19. 10. 2017 genutzt werden.

(3) Kündigungsfrist … 12 Wochen “.

Zu diesen Klauseln brachte die Klägerin zusammengefasst vor, die SixBack Bonus-Klausel schließe eine Barablöse oder Auszahlung erworbener Gesprächsguthaben aus, jedoch sei unklar, ob dies auch für jede Beendigung des Vertragsverhältnisses gelte. Die Klausel sei intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und verstoße auch gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die im Änderungsschreiben enthaltene nachträgliche Einführung einer Verfallsfrist von Gesprächsguthaben stelle einen ungerechtfertigten und damit unzulässigen Eingriff in einzelvertragliche Ansprüche des Kunden dar. Die Verlängerung der Kündigungsfrist widerspreche § 6 Abs 1 Z 1 KSchG und sei gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

Die Beklagte wendete ein, ein Entfall des Gesprächsguthabens sei nicht als Vertragsstrafe zu werten; eine Auszahlung des Guthabens entspreche nicht dem beabsichtigten Aufbrauchen durch Verrechnung mit Kommunikationsentgelten; die Vergünstigung sei einzigartig und der Ausschluss einer Auszahlung daher auch nicht gröblich benachteiligend. Die im Änderungsschreiben eingeräumte Möglichkeit, ein Gesprächsguthaben während dreier Jahre aufzubrauchen, bewirke sogar eine Besserstellung gegenüber dem ursprünglichen Vertrag; außerdem handle es sich nicht um einzelvertragliche Ansprüche. Die Aussage „ein ganzes *****Leben lang“ sei nicht in Form einer unmittelbaren Kundenwerbung erfolgt. Eine dreimonatige Kündigungsfrist sei üblich und werde im Schrifttum auch für zulässig erachtet.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren im Umfang der drei genannten Klauseln sowie dem Urteilsveröffentlichungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren zur Wertsicherungsklausel (unbekämpft) ab. Die Klausel zum Bonus (1) sei zumindest unklar und verstoße daher gegen § 6 Abs 3 KSchG. (2) Die Werbeaussage „ein ganzes *****Leben lang“ könne nur als „auf die Dauer der Vertragslaufzeit“ verstanden werden; die Beklagte dürfe aber nicht nachträglich in einzelvertraglich bestehende Ansprüche der Kunden eingreifen, indem sie diese bei sonstigem Verfall befriste. (3) Das Interesse der Konsumenten, nach Ablauf der Vertragsbindung möglichst schnell auf neue, eventuell günstigere Angebote auf dem Telekommunikationsmarkt reagieren zu können, werde durch eine derart lange Kündigungsfrist erheblich beeinträchtigt; auch in diesem Umfang bestehe ein Unterlassungsanspruch.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Zur beanstandeten Bonus-Klausel (1) führte es aus, der Wortlaut bedeute klar, dass eine Auszahlung in Geld ausgeschlossen sei und ein Guthaben ausschließlich durch die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen konsumiert werden könne. Daher sei zwar keine Intransparenz gegeben, allerdings schulde die Beklagte dem Kunden, der die Bedingung der Entgegennahme und Aufrechterhaltung des Gesprächs aus einem anderen Mobilfunknetz erfülle, die zugesicherte Gesprächsgutschrift und damit ein Entgelt. Bei einer fristlosen Vertragskündigung durch die Beklagte stehe dem Nachteil des Kunden, der die Möglichkeit verliere, seinen Anspruch aus der Gutschrift zu realisieren, der Vorteil der Beklagten gegenüber, die Leistungen aus der Gutschrift nicht erbringen zu müssen. Dieses auffallende Missverhältnis habe die Unzulässigkeit der Klausel nach § 879 Abs 3 ABGB zur Folge.

Zu (2) und (3) entgegnete das Berufungsgericht der Beklagten, dass die im Änderungsschreiben angekündigten Vertragsänderungen ihrem Charakter nach Allgemeine Geschäftsbedingungen seien, weshalb auch sie Gegenstand einer Unterlassungsklage sein könnten. Die Werbeaussage, in der ein bestimmtes Grundentgelt „auf die Dauer der Vertragslaufzeit“ zugesichert wurde, habe der Oberste Gerichtshof bereits in einer Entscheidung dahin ausgelegt, dass eine spätere einseitige Erhöhung des Grundentgelts durch den Betreiber unzulässig sei. Auch hier liege eine öffentliche Mitteilung vor, die den jeweiligen Kundenverträgen zugrunde zu legen sei. Eine Einschränkung der Aussage auf die Lebensdauer „eines Tarifs“ scheide schon nach dem Wortlaut aus. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Geltendmachung von Gesprächsguthaben sei daher gröblich benachteiligend und unwirksam. Auch die Unzulässigkeit der 12‑wöchigen Kündigungsfrist ergebe sich aus § 879 Abs 3 ABGB. Das Interesse des Verbrauchers an einem ungehinderten Wechsel des Mobilfunkanbieters sei vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 25d Abs 3 TKG ausdrücklich anerkannt worden. Nach dieser Bestimmung müsse der Betreiber dem Verbraucher die Beendigung von Verträgen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat ermöglichen. Wenngleich diese Bestimmung nur für neue Verträge (nach dem Inkrafttreten der TKG‑Novelle 2015) gelte, ergebe sich aus der Gegenüberstellung der beiderseitigen Interessen der Vertragsteile im Hinblick auf die Kündigungsfrist von 12 Wochen eine gröbliche Benachteiligung des Verbrauchers.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zu den Klauseln, die regelmäßig für eine größere Anzahl von Verbrauchern Bedeutung hätten, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Die Beklagte wendet sich in ihrer Revision gegen diese Entscheidung mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, dass das Klagebegehren in sämtlichen Punkten abgewiesen, hilfsweise, dass der Klage lediglich mit einer dreimonatigen Leistungsfrist für die Unterlassung der Verwendung der Klauseln stattgegeben werde.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu den hier beanstandeten Klauseln noch nicht Stellung genommen hat (RIS‑Justiz RS0121516). Sie ist auch teilweise berechtigt.

1. Zu (1):

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Beurteilung der Klausel als gröblich benachteiligend und argumentiert zusammengefasst, eine sofortige Auflösung des Vertrags sei ohne wichtigen Grund nicht zulässig und daher nicht wirksam; wenn der Vertrag aber weiterhin aufrecht sei, so verliere der Teilnehmer ohnehin sein Gesprächsguthaben nicht. Es gebe keine Verfahrensergebnisse dafür, dass der Durchschnittsverbraucher sich dessen bewusst sei, dass er durch Entgegennahme von Anrufen aus Fremdnetzen eine Leistung an die Beklagte erbringe, weshalb ein Entgeltverhältnis hier nicht in Betracht komme. Der ausdrückliche vertragliche Ausschluss der Auszahlung einer Gesprächsgutschrift stelle lediglich eine Leistungsbeschreibung dar und unterfalle deshalb § 879 Abs 3 ABGB von vornherein nicht. Das Gesprächsguthaben könne seinem Wesen nach nur durch Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen konsumiert werden; damit werde aber das eigentliche Leistungsversprechen durch die Klausel gerade nicht eingeschränkt.

Dazu wurde Folgendes erwogen:

1.1 Gemäß § 879 Abs 3 ABGB sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmungen, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligen. Nebenbestimmungen, nicht aber jene Bestimmungen, die die beiderseitigen Hauptleistungen betreffen, sind danach der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterworfen.

Die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle ist nach ständiger Rechtsprechung möglichst eng zu verstehen (RIS‑Justiz RS0016908; RS0128209; Krejci in Rummel/Lukas ABGB4 § 879 Rz 238). Unter die Ausnahme des § 879 Abs 3 ABGB fallen daher nur die in § 885 ABGB genannten „Hauptpunkte“, also diejenigen Bestandteile eines Vertrags, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag (§ 869 ABGB) zustande kommt. Nicht jede Vertragsbestimmung, die die Leistung oder das Entgelt betrifft, ist damit von der Inhaltskontrolle ausgenommen, sondern lediglich die individuelle ziffernmäßige Umschreibung der Hauptleistungen (RIS‑Justiz RS0016908 [T5]). Kontrollfähig bleiben hingegen allgemeine Umschreibungen, welche zB weitere Details der Preisberechnung betreffen (RIS‑Justiz RS0016908 [T32]; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 879 Rz 288 mwN).

1.2 Zu den Hauptleistungen der Beklagten zählt jedenfalls (auch) die ihren Kunden jeweils zur Verfügung gestellte Möglichkeit zur Kommunikation in Form von Telefonaten. Zu dieser (Haupt‑)Leistung regelt der Vertrag, welches Entgelt der Kunde pro Minute des Gesprächs (je nach Netz, dem der angerufene Teilnehmer angehört, bzw im konkreten Fall einheitlich in alle Netze) dafür zu entrichten hat.

Die Beklagte versprach ihren Kunden in der erwähnten Presseaussendung im Juli 2007 nicht nur eine Gutschrift in „Minuten“ (als Gesprächsguthaben für Telefonate), sondern allgemein die Möglichkeit, sich ein Guthaben zu erwerben, das in Geld (Cent) berechnet werden und sich danach bemessen sollte, wie oft und wie lange der jeweilige Kunde Gespräche von Teilnehmern aus anderen österreichischen Mobilfunkanbietern entgegen nimmt. Dieses Guthaben sollte im Übrigen „auf der nächsten Rechnung gutgeschrieben und […] für das riesige Angebot [...] genutzt werden“ können (ausdrücklich etwa auch für Musikvideos, Games, SMS, ua). Diese Möglichkeit für die Kunden, sich so ein Guthaben zu erwerben, war die zentrale Werbeaussage der Beklagten; daher kann – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht davon ausgegangen werden, dass dies den Kunden, die durch diese Aktion angeworben wurden, nicht bewusst gewesen wäre. Die Beklagte hat zugestanden, dass sie aus den Gesprächen mit Fremdnetzen selbst einen finanziellen Nutzen hat; ergänzender Feststellungen darüber, ob sich auch die Verbraucher-Kunden dessen bewusst waren, bedarf es nicht.

Die Klausel wurde insoweit beanstandet, als das so erworbene Guthaben dem Kunden unter keinen Umständen ausbezahlt werden soll („Keine Barablöse oder Auszahlung möglich“). Damit richtet sich das Unterlassungsbegehren aber – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – letztlich nicht gegen eine der Hauptleistungen der Vertragsparteien. Einzelheiten über die Berechnung des Entgelts (hier insbesondere nach den konsumierten Gesprächsminuten bzw den konsumierten sonstigen Leistungen) und über das Gegenrechnen von Guthaben (aus dem hier von der Beklagten gewünschten Verhalten des Kunden, Gespräche von Teilnehmern aus anderen österreichischen Mobilfunknetzen entgegen zu nehmen) gehören zu den Modalitäten der Preisberechnung.

Die vom Kunden zu erbringende Hauptleistung besteht in dem der Beklagten geschuldeten Entgelt. Die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit, sich durch die Entgegennahme von Gesprächen aus Fremdnetzen ein Guthaben zu erwerben, ist hingegen kein Teil dieser Hauptleistung, weil der Kunde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen muss. Die (Rechen‑)Positionen für erworbene Guthaben stehen allerdings, wie das Berufungsgericht bereits dargelegt hat, in einer Art von Austauschverhältnis zu den Leistungen der Beklagten, weil die Guthaben den jeweils (monatlich) vom Kunden zu zahlenden Preis für die erhaltenen (Telekommunkiations-dienst‑)Leistungen beeinflussen.

Die Klausel fällt daher – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – in den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB.

1.3 Wenn der Kunde Gespräche aus anderen österreichischen Mobilfunknetzen entgegennimmt, dann – so gesteht dies die Revision selbst zu – erhält die Beklagte als Betreiberin des angerufenen Netzes ein Zusammen-schaltungsentgelt vom Betreiber des anrufenden Netzes. Der Kunde muss hingegen weder darauf achten, dass er tatsächlich eine bestimmte Anzahl oder Dauer solcher Gespräche führt, noch entstehen ihm durch die Entgegennahme solcher Telefonate aus anderen österreichischen Fremdnetzen seinerseits Kosten. Insoweit trifft daher die ursprüngliche Argumentation der Beklagten in ihrer Klagebeantwortung zu, dass sie durch diese Form der Gewährung von Guthaben den Kunden kostenlos eine Vergünstigung von Rechnungsgutschriften gewährt, die – im Unterschied zum sogenannten „Pre-paid-Bereich“ – von einer Vorleistung des Kunden unabhängig sind. Der (geldwerte) Vorteil, der sich in einer Gutschrift auf der Rechnung des Kunden niederschlägt, wird zwar mit den erwähnten angenommenen Telefonaten verknüpft (für die auch der Beklagten ein finanzieller Nutzen von dritter Seite zukommt), dies erfolgt jedoch ohne jede vorherige „Investition“ des Kunden. Der Teilnehmer profitiert aufgrund dieser Zusage der Beklagten lediglich davon, dass ihn (zufällig) möglichst viele Teilnehmer aus anderen österreichischen Netzen (möglichst lang) anrufen. Ein so erworbenes Guthaben begrenzt die Beklagte nun durch die beanstandete Klausel von vornherein mit der Vertragslaufzeit und schließt damit – wie dies das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – transparent (ohne Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG) dessen Barauszahlung in jedem Fall aus. Damit ist für den Verbraucher-Kunden bei Abschluss des Vertrags klargestellt, dass er aus dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten als seinem Mobilfunkanbieter letztlich bei Beendigung des Vertrags insoweit (für das aus angenommenen Fremdnetz-Gesprächen erworbene Guthaben) keine Barauszahlung erhalten kann.

1.4 Die Klägerin meint, durch diesen Ausschluss entstehe dem Verbraucher-Kunden ein finanzieller Nachteil: Wenn er beispielsweise wegen einseitiger Vertragsänderung das Vertragsverhältnis auflöse, so verliere er „wohlerworbene Ansprüche finanzieller Natur“; dies widerspreche § 25 Abs 3 TKG. In Anbetracht des finanziellen Vorteils, den die Beklagte von anderen Netzbetreibern lukriere, sei es sachlich nicht gerechtfertigt, dass die Gesprächsguthaben der Kunden mit der Vertragsauflösung erlöschen sollten.

Die Bestimmung des § 25 Abs 3 TKG wird in der Rechtsprechung grundsätzlich als gesetzliche Ermächtigung zu einer einseitigen Vertragsänderung verstanden, wobei das kostenlose außerordentliche Kündigungsrecht den Ausgleich dafür darstellt (2 Ob 20/15b mwN). Hier stellt sich allerdings (nur) die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob der von vornherein erklärte Ausschluss einer Barauszahlung dieser speziellen Guthaben mit diesem „kostenlosen Kündigungsrecht“ im Widerspruch steht.

Der Verbraucher-Kunde, der sich aufgrund einer vom Betreiber angekündigten Vertragsänderung zur Kündigung des Vertrags gemäß § 25 Abs 3 TKG entschließt, verliert letztlich (nur) ein Guthaben, das – im Unterschied zum Guthaben aus Wertgutscheinen (dazu 1 Ob 222/15a), aus einer „Kilometerbank“ (dazu 4 Ob 202/15g) oder aus Wertkarten-Ladevorgängen (dazu 9 Ob 40/06g) – nicht aus einer Vorauszahlung resultiert, sondern allein aus einer von der Beklagten gewährten besonderen Vergünstigung für ein bestimmtes Verhalten (Entgegennahme bestimmter Telefongespräche). Ein Verbraucher-Kunde, der etwa besonders viele oder besonders lang dauernde Gespräche mit Teilnehmern aus anderen österreichischen Mobilfunknetzen geführt und dadurch ein besonders hohes Guthaben erzielt hat, kann daher zwar verlangen, dass die Beklagte ihm dieses Guthaben den für ihre Leistungen verrechneten Entgelten gegenrechnet. Sofern allerdings das Vertragsverhältnis endet, bevor die gesamte Gutschrift auf diese Weise verbraucht ist, erhält er für den verbleibenden „Rest“ keine Auszahlung. Dieser Rest (ebenso wie die gesamte Gutschrift) resultiert aber, wie erwähnt, nicht aus einer finanziellen Vorleistung des Teilnehmers (oder eines Dritten für den Kunden, der zB für diesen einen „Gutschein“ erworben hätte), sondern allein aus der von der Beklagten an ein bestimmtes Verhalten dieses Teilnehmers geknüpften Vergünstigung. Ein Verstoß gegen die Kündigungsmöglichkeit nach § 25 Abs 3 TKG ist insofern nicht erkennbar, weil „Kosten“ durch die Vertragsbeendigung für den Kunden nicht entstehen. Es wird lediglich die Möglichkeit, dieses spezielle Guthaben zu verbrauchen, mit der Vertragslaufzeit beschränkt.

1.5 Auch der vom Berufungsgericht erkannte Verstoß dieser Einschränkung der Vergünstigung gegen § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht vor. Ein solcher Verstoß würde voraussetzen, dass die Bestimmung den Verbraucher-Kunden gröblich benachteiligen würde.

Bei der Beurteilung, ob eine gröbliche Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt wird, hat sich der Rechtsanwender am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RIS‑Justiz RS0014676).

Im Fall der Vertragsbeendigung könnte es, wie bereits dargestellt, tatsächlich dazu kommen, dass eine vom Kunden erworbene Gutschrift nicht mehr durch gegenzurechnende Leistungen der Beklagten aufgebraucht werden kann. Die Beklagte hätte dann zwar selbst den finanziellen Vorteil aus der Entgegennahme der Gespräche erhalten, müsste ihrerseits aber dem jeweiligen Kunden nichts mehr ausbezahlen. Die Beklagte hat jedoch ihre Zusage, diesen Vorteil (teilweise) an ihre Kunden weiterzugeben, von vornherein (und unmissverständlich) dahin eingeschränkt, dass dieser Vorteil nur zu einer Reduktion des verrechneten Leistungsentgelts (bei der monatlichen Abrechnung), nicht aber zu einer Auszahlung von Geld an den Kunden führen sollte. Eine gröbliche Benachteiligung des Kunden, der den Vertrag im Hinblick auf diese Zusage geschlossen (und von dieser Einschränkung auch Kenntnis gehabt) hat, ist nach Ansicht des Senats nicht gegeben, zumal ein Kunde, der einen Mobilfunkanbieter wegen dessen Konditionen auswählt, üblicherweise gerade nicht damit rechnet, dass er für die ihm vom Anbieter zur Verfügung gestellten Mobilfunkleistungen beim Vertragsende ohne eine entsprechende Vorauszahlung ein Entgelt ausbezahlt erhält.

In diesem Punkt war die Entscheidung der Vorinstanzen daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

2. Zu (2) und (3):

2.1 Das Berufungsgericht ist zu den beiden beanstandeten Erklärungen im Änderungsschreiben der Beklagten vom 12. September 2014, das diese an „betroffene Kunden“ richtete, von der Zulässigkeit der Unterlassungsklage gemäß § 28 KSchG ausgegangen. Die Revision wiederholt die Behauptung, es handle sich bei dem Schreiben nur um eine Wissenserklärung, die der Kontrolle nach § 28 KSchG entzogen sei; im Übrigen scheide die „künftige Verwendung“ des Änderungsschreibens von vornherein aus.

2.2 Nach der Rechtsprechung sind unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt; gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in der Vertragsurkunde selbst aufgenommen sind, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat (4 Ob 117/14f mwN; RIS‑Justiz RS0123499 [T2]).

Auch eine durch ein Schreiben oder eine Mitteilung erklärte Änderung eines bestimmten Vertragspunkts unterliegt der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 28 KSchG (4 Ob 117/14f mwN). Die Beklagte geht selbst erkennbar davon aus, dass die in ihrem Änderungsschreiben enthaltene „Mitteilung“ auch zum Inhalt der Verträge mit den betroffenen Kunden werden sollte, denn sie hat selbst die Formulierung gewählt, dass sie damit ihre (persönlich angeschriebenen) Kunden „über eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung der Vertragsbedingungen“ informiere, und erwähnt im Schreiben auch das kostenlose Kündigungsrecht aus diesem Anlass (§ 25 Abs 3 TKG).

2.3 Die Beklagte übersieht außerdem die Bestimmung des § 28a Abs 1 KSchG, die der Umsetzung der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen dient und den Anwendungsbereich der Verbandsklagen auf gesetzwidrige Geschäftspraktiken von Unternehmern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern (beschränkt auf die in § 28a Abs 1 KSchG angegebenen vertraglichen und außervertraglichen Rechtsverhältnisse) erweitert. Diese Voraussetzungen sind etwa auch dann erfüllt, wenn eine vom Unternehmer angekündigte Vorgangsweise bei der Handhabung einer Vertragsbestimmung zahlreiche Kunden eines Unternehmens betrifft (10 Ob 13/17k mwN).

An der Zulässigkeit der Unterlassungsklage gegen das von der Klägerin in zwei Punkten beanstandete Änderungsschreiben vom 12. September 2014 besteht daher kein Zweifel.

2.4.1 Die Vorinstanzen kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Beklagte von ihrer Zusage, nach der das Guthaben „ein ganzes *****Leben lang“ gilt und „nicht verfällt“, durch das Änderungsschreiben unzulässig einseitig abgehe, wobei dies gegen § 25 TKG verstoße. Die Ankündigung der Presseaussendung sei einer Werbeaussage gleichzuhalten, die den Kundenverträgen zugrunde zu legen sei; die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Guthaben bedeute eine Vertragsverletzung und einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.

In ihrer Revision wiederholt die Beklagte ihre Argumentation, es fehlten Vorbringen und Feststellungen dazu, inwieweit die erwähnte Presseaussendung überhaupt zu einer medialen Berichterstattung geführt habe und auch zum Vertragsinhalt geworden sei, was voraussetze, dass die Zusage den Verbrauchern bekannt gewesen sei.

Ein Unterlassungsanspruch nach § 28 KSchG besteht allerdings bereits dann, wenn die Verwendung von AGB oder Formblättern, die unzulässige Bedingungen als Vertragsbestandteile enthalten, droht; es ist nicht erforderlich, dass ein Rechtsgeschäft unter Verwendung der Klauseln tatsächlich abgeschlossen wurde (RIS‑Justiz RS0065718). Ein Unternehmer beruft sich außerdem schon dann auf eine Klausel, wenn sie nur Inhalt oder Kalkulationsgrundlage einer Mitteilung an den Verbraucher ist, selbst wenn es sich dabei um eine bloße Wissenserklärung handelt (8 Ob 132/15t mwN).

Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen zutreffend als im vorliegenden Fall erfüllt angesehen.

2.4.2 Die Revision beanstandet weiters, das Unterlassungsbegehren zum Änderungsschreiben und zum Guthabensverbrauch nehme auf die Zusage der Presseaussendung nicht Bezug.

Für die Beurteilung des Umfangs des Gegenstandes des Exekutionstitels ist in erster Linie der Spruch maßgebend, und eine Exekution hat sich streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten; bei Undeutlichkeit des Spruchs ist es zulässig, die Gründe zur Auslegung heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0000296).

Die vom Erstgericht in Übereinstimmung mit dem Klagebegehren ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung bezieht sich zwar auf die „NewSix-Tarife“, allerdings ist der Umfang der Verpflichtung der Beklagten nur im Zusammenhalt mit der Entscheidungsbegründung – und damit auch nur in Verbindung mit der Zusage der Dauerhaftigkeit dieses besonderen Guthabens – verständlich, weil allgemein die Möglichkeit des Verbrauchs von Guthaben innerhalb der im Schreiben genannten Frist von insgesamt drei Jahren für sich allein (und ohne Änderung der bisherigen Rechtsposition des Kunden) unbedenklich wäre. Auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Zusage im Spruch kann sich daher die Unterlassungsverpflichtung nur auf diejenigen Verträge mit Verbrauchern beziehen, in denen (auch) die Zusage der Presseaussendung gilt und daher eine Änderung zum Nachteil des jeweiligen Kunden vorliegt.

2.4.3 Die Wortfolge „ein ganzes *****Leben lang“ ist – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – nicht mehrdeutig. Sie enthält weder eine Bezugnahme auf einen bestimmten Tarif, noch auf eine besondere „Aktion“. Auch in diesem Punkt ist daher die Beurteilung der Vorinstanzen zutreffend.

In der – von den Vorinstanzen zur Begründung herangezogenen – Entscheidung 4 Ob 115/13k hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine Werbeaussage der dort beklagten Anbieterin von Internet-, Mobiltelefon- und Festnetztelefondienstleistungen gegen die Bestimmungen der §§ 1, 1a und 2 UWG verstoße, weil darin Verträge mit ihren Kunden um ein monatliches Grundentgelt „auf die Dauer der Vertragslaufzeit“ angeboten wurden, gleichzeitig jedoch (versteckt) während der Laufzeit einseitig das Grundentgelt erhöht wurde. Diese Werbeankündigungen könnten aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts nicht anders verstanden werden, als dass das Grundentgelt auf die Dauer der Vertragslaufzeit garantiert werde.

Wenngleich die vorstehende Entscheidung die Prüfung des Verhaltens eines Mitbewerbers auf Verstöße gegen Bestimmungen des UWG zum Gegenstand hatte, so ist doch die Ankündigung eines für die Dauer der Vertragslaufzeit stabilen Grundentgelts vergleichbar mit der Zusage eines – ebenfalls für die gesamte Dauer des Vertrags (und nicht nur eines bestimmten Tarifmodells) – nicht „ablaufenden“ Guthabens. Auch im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen die Formulierung daher zutreffend dahin ausgelegt, dass sie die Dauer der Vertragslaufzeit bedeutet.

2.4.4 Auf die Bestimmung des § 25 Abs 3 TKG, dessen Anwendbarkeit das Berufungsgericht für diesen beanstandeten Punkt des Änderungsschreibens verneinte, kommt die Revision nicht mehr zurück.

2.5.1 Zur Unzulässigerklärung der auf 12 Wochen verlängerten Kündigungsfrist des Verbrauchers (von zuvor acht Wochen) wendet sich die Revisionswerberin zunächst gegen die Berücksichtigung des Inhalts unstrittiger Urkunden durch das Berufungsgericht; diese Vorgangsweise ist aber nach ständiger Rechtsprechung zulässig (RIS‑Justiz RS0121557). Ein Widerspruch zur Rechtsprechung, nach der überschießende Beweisergebnisse nur dann berücksichtigt werden dürfen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes halten, besteht ebenfalls nicht: Die Argumentation des Berufungsgerichts zur Unzulässigkeit dieser Klausel gründet sich im Wesentlichen auf ein Ungleichgewicht bei der Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen der Vertragsparteien in diesem Punkt; da nach dem Inhalt des Servicevertrags eine Kündigung jeweils nur zum Ablauf eines Kalendermonats zulässig sei, könne sich die Zeitspanne bis zum Ende des Vertragsverhältnisses letztlich auf beinahe vier Monate verlängern. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren zu diesem Punkt aber bereits in ihrer Klage (auch) darauf gestützt, dass der Vertragswechsel erschwert werde, weil aus der beanstandeten Klausel selbst nach Ablauf der Mindestvertragsdauer von 24 Monaten im Regelfall eine Vorlaufzeit von (weiteren) drei bis vier Monaten resultiere, bis der Verbraucher den Anbieter wechseln könne.

2.5.2 Das Unterlassungsbegehren zur dritten Klausel richtet sich gegen die Verlängerung der – nach Ablauf der Mindestvertragsdauer geltenden – Kündigungsfrist von acht auf 12 Wochen. Auch in diesem Punkt sind – wie bereits vom Berufungsgericht dargestellt – die Interessen der Verbraucher, die auf günstigere Konditionen anderer Anbieter rasch reagieren möchten, dem Interesse der Beklagten an einer längeren Frist, innerhalb der sie auf eine Vertragsbeendigung des Kunden reagieren kann, gegenüber zu stellen.

Die Angemessenheit einer Kündigungsfrist richtet sich grundsätzlich nach der Art des Geschäfts und den von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbarten Fristen. Eine sachliche Rechtfertigung einer längeren Bindung des Verbrauchers an den Vertrag kann sich etwa aus dem Interesse des Unternehmers ergeben, aufgrund des Umfangs seiner Investitionen und des damit verbundenen wirtschaftlichen Risikos, für längere Zeit klare Verhältnisse zu schaffen (RIS‑Justiz RS0123616; RS0121007 [T10]). So wurde beispielsweise eine zweimonatige Kündigungsfrist jeweils zum Halbjahr in einem Fitnessstudio als gerechtfertigt angesehen, weil im konkreten Fall das beklagte Unternehmen nicht nur das entsprechende Trainingsgerät zur Verfügung stellte, sondern zusätzlich einen erheblichen Personalaufwand hatte, um die erforderlichen Trainereinheiten bereitstellen zu können (5 Ob 205/13b). Hingegen wurde ein den Kunden eines Fitnessstudios eingeräumter Kündigungsverzicht für die Dauer von 24 oder 26 Monaten als unzulässig beurteilt, weil der Kunde dafür lediglich den Vorteil eines niedrigeren Monatsbeitrags erhielt, damit aber ohne Möglichkeit eines vorzeitigen Auflösungsrechts aus wichtigem Grund an den Vertrag für die gesamte Dauer des vereinbarten Kündigungsverzichts gebunden sein sollte (9 Ob 96/11d).

Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte zur Zulässigkeit der Verlängerung der Kündigungsfrist von acht auf 12 Wochen zunächst nur darauf berufen, dass eine solche Frist im Mobilfunkbereich „durchaus üblich“ sei und dass die Regulierungsbehörde diese Frist nicht beanstandet habe. Auch in ihrer Berufung hat sie nur damit argumentiert, dass eine Kündigungsfrist von drei Monaten branchenüblich sei und die Teilnehmer (Verbraucher) nicht benachteilige. Erst in ihrer Revision führt sie nun (auch) einen „massiven Anstieg der Kosten der Betreiber in den letzten Jahren, speziell für den Netzausbau“ an.

Diese Argumente vermögen eine Verlängerung der Kündigungsfrist um zusätzliche vier Wochen jedoch nicht zu rechtfertigen: Wenn ein Verbraucher-Kunde auf ein – im Regelfall nur für kurze Zeit als „Aktion“ angepriesenes – Angebot eines Konkurrenzunternehmens reagieren und den Mobilfunkanbieter wechseln möchte, so hat er ein erhebliches Interesse an einer möglichst kurzen Kündigungsfrist. Muss er nämlich – wie hier vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt – im Ergebnis bis zu vier Monate hindurch weiterhin den Vertrag erfüllen, so kann er das günstige Angebot des Konkurrenzunternehmens nur dadurch nützen, dass er für diesen Zeitraum zwei Vertragsverhältnisse gleichzeitig führt. Im Vergleich zu diesem Interesse der Kunden bildet der Hinweis der Beklagten auf eine branchenübliche Dauer von drei Monaten kein überzeugendes Gegengewicht. Einen besonderen (erhöhten) Zeitaufwand für die Verarbeitung der Folgen eines Vertragswechsels der Kunden (zB wegen der Mitnahme von Rufnummern) hat sie nicht behauptet. Davon abgesehen, dass die Bezugnahme auf gesteigerte Kosten für den Netzausbau erstmals in der Revision erfolgte, sind die konkreten Auswirkungen der hier beanstandeten Verlängerung der Kündigungsfrist von acht auf 12 Wochen für die Kostendeckung der Beklagten wenig plausibel. Ein – von der Beklagten allerdings hier ebenfalls nicht behauptetes – Interesse daran, auf diese Weise einen Vertragswechsel der Verbraucher-Kunden zu Konkurrenz-unternehmen von vornherein zu erschweren (oder zu verhindern), wäre im Übrigen bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen nicht schutzwürdig.

Auch die vom Berufungsgericht zitierte Wertung des § 25d Abs 3 TKG (idF TKG‑Novelle 2015, BGBl I 134/2015; in Kraft getreten mit 26. Februar 2016) liegt auf dieser Linie. Wenngleich diese Bestimmung erst für Vertragsabschlüsse gilt, die rund eineinhalb Jahre nach dem hier zu beurteilenden Änderungsschreiben der Beklagten liegen, so weisen die Gesetzesmaterialien darauf hin, dass für Konsumenten ein Anbieterwechsel erleichtert werden soll; lange Kündigungsfristen, automatische Vertrags-verlängerungen und ungünstige Kündigungstermine seien wesentliche Wechselhindernisse und bewirkten, dass Teilnehmer – auch nach Ablauf ihrer Mindestvertragsdauer – auf aktuelle am Markt befindliche Angebote nicht zeitnahe reagieren könnten (ErlRV 845 BlgNR XXV. GP  10). Der Gesetzgeber hat deshalb für neue Verträge eine einmonatige Kündigungsfrist zu Gunsten der Verbraucher zwingend geregelt.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, nach der die hier zu beurteilende einseitige Verlängerung der Kündigungsfrist von acht auf 12 Wochen durch das Änderungsschreiben der Beklagten unzulässig sei, ist daher zutreffend.

3. Das Fehlen einer Leistungsfrist für die bereits vom Erstgericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung hat die Beklagte in ihrer Berufung nicht geltend gemacht. Auf ihren nun erstmals in der Revision erhobenen Antrag, eine dreimonatige Leistungsfrist festzusetzen, war daher nicht einzugehen (RIS‑Justiz RS0043573 [T36, T41, T43]; RS0043480 [T22]).

4. Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 43 Abs 2 ZPO. Die Klägerin war mit zwei von vier beanstandeten Klauseln (und damit zur Hälfte) erfolgreich, während die Beklagte ebenso zur Hälfte mit ihrem Antrag auf Klagsabweisung durchgedrungen ist. Das Urteilsveröffentlichungsbegehren war ebenso nur zur Hälfte erfolgreich, weil sich dieses nur auf den klagsstattgebenden Teil des Unterlassungsbegehrens bezieht. Die Klägerin hat daher Anspruch auf die Hälfte ihrer Barauslagen (Pauschalgebühren), während die sonstigen Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben sind.

Die Kostenentscheidung im Berufungs‑ und Revisionsverfahren beruht auf § 43 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Gegenstand des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens waren noch drei beanstandete Klauseln sowie das darauf bezügliche Urteilsveröffentlichungsbegehren. In diesen beiden Verfahrensabschnitten hat die Klägerin zu zwei Dritteln obsiegt, die Beklagte zu einem Drittel, sodass die Beklagte der Klägerin rund 34 % der Kosten ihrer jeweiligen Rechtsmittelbeantwortungen (814,61 EUR einschließlich 135,77 EUR USt im Berufungsverfahren und 586,79 EUR einschließlich 97,80 EUR USt im Revisionsverfahren) zu ersetzen hat (Barauslagen/Pauschalgebühren sind für die Klägerin im Rechtsmittelverfahren nicht entstanden), während die Beklagte ihrerseits Anspruch auf Ersatz eines Drittels der jeweils von ihr getragenen Pauschalgebühren (362,66 EUR für die Berufung und 454 EUR für die Revision) hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte