OGH 4Ob115/13k

OGH4Ob115/13k20.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, *****, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert zuletzt 18.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. April 2013, GZ 2 R 63/13v‑22, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 7. Jänner 2013, GZ 10 Cg 118/11z‑17, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30. Jänner 2013, GZ 10 Cg 118/11z‑18, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.119,24 EUR (darin 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte bewarb ab dem Jahr 2007 unter der Bezeichnung a*****Kombi ein Paket von Internet-, Mobiltelefon- und Festnetztelefondienstleistungen zu einem monatlichen Grundentgelt von 19,90 EUR, wobei sie gleichzeitig ankündigte, dass dieser Preis auf die Dauer der Vertragslaufzeit oder ein Leben lang gelten würde. Seit dem Frühjahr 2011 verrechnet die Beklagte ihren Vertragspartnern, die dieses Paket gewählt haben, eine zusätzliche jährliche Internetservicepauschale von brutto 15 EUR mit der Begründung, dass die Kunden dafür eine Erhöhung des Mailspace pro Mailbox auf 50 MB sowie der Online‑Festplatte auf 1 GB erhielten und der Pauschalbetrag für die nicht ordnungsgemäße Retournierung des (A)DSL‑Equipments von 100 EUR entfalle. Den von der Beklagten geschlossenen Verträgen liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde, die den folgenden Artikel enthalten:

3. Änderungen und Ergänzungen des Vertrags

(1) Änderungen dieser AGB sowie der für die gegenständlichen Leistungen maßgeblichen Leistungsbeschreibungen und Entgeltbestimmungen werden frühestens zwei Monate nach ihrer Kundmachung in geeigneter Weise gemäß Punkt 2 Abs. 1 dieser AGB seitens der T***** wirksam. Werden durch eine Änderung die Kunden ausschließlich begünstigt, so können die betreffenden Regelungen durch die T***** bereits ab Kundmachung der Änderung angewendet werden. Die T***** wird gemäß § 25 Abs. 3 TKG 2003 dem Kunden mindestens 1 Monat vor Inkrafttreten der Änderungen den wesentlichen Inhalt der nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen in geeigneter Form mitteilen.

(2) Hinsichtlich Änderungen und Ergänzungen des Vertrags durch Individualabreden gilt Punkt 1.4. dieser AGB sinngemäß.

(3) Die T***** ist berechtigt, bei Änderung des gesetzlich vorgeschriebenen Umsatzsteuersatzes ihre Entgelte mit Wirksamkeit der Änderung entsprechend anzupassen.

(4) Änderungen der Vertragsinhalte, die nicht ausschließlich begünstigend sind, berechtigen den Kunden, bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung, den Vertrag kostenlos zu kündigen. Die Mitteilung gemäß § 25 Abs. 3 TKG 2003 über den wesentlichen Inhalt der Änderung wird einen Hinweis auf das kostenlose Kündigungsrecht und die Kündigungsfrist enthalten. Bei Anpassungen von Entgelten insbesondere gemäß einem vereinbarten Index ist eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen.

Die Klägerin, deren Aktivlegitimation unstrittig auf § 14 Abs 1 UWG beruht, brachte im Wesentlichen vor, der Internetservicepauschale stünden keine werthaltigen Leistungen der Beklagten gegenüber. Die Beklagte verletze durch die Verrechnung dieses zusätzlichen Entgelts die mit ihren Kunden geschlossenen Verträge, in denen sie auf derartige Preiserhöhungen verzichtet habe. Sie handle daher unlauter iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Die Klägerin erhob deshalb zuletzt das Begehren, die Beklagte sei schuldig,

1. im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in Verträgen, die sie mit dem Versprechen eines gleichbleibenden Grundentgelts auf die Vertragsdauer beworben und/oder in denen sie ein gleichbleibendes Grundentgelt auf die Vertragsdauer vereinbart hat, während derartiger aufrechter Vertragsverhältnisse weitere fixe, regelmäßig wiederkehrende Entgelte zu verrechnen, insbesondere für von ihren Vertragspartnern nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen, etwa eine jährliche Internet Service Pauschale von 15 EUR beispielsweise für die Erweiterung des Mailspace und der Online Festplatte;

2. (in eventu zum Begehren in Punkt 1.) im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in ihrer Werbung den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie böte Tarife mit einem auf die Vertragsdauer gleichbleibenden Grundentgelt an, wenn sie tatsächlich während der aufrechten Vertragsverhältnisse weitere fixe, regelmäßig wiederkehrende Entgelte, insbesondere für von ihren Vertragspartnern nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen, etwa eine jährliche Internet Service Pauschale von 15 EUR beispielsweise für die Erweiterung des Mailspace und der Online Festplatte einfordert;

3. (in eventu zum Begehren in Punkt 1.) im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in ihrer Werbung den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie sichere bezüglich der aktuellen fixen Vertragsentgelte, insbesondere dem Grundentgelt, zu, von der Abänderungsmöglichkeit des § 25 TKG während des aufrechten Vertrages keinen Gebrauch zu machen, insbesondere mit Werbeaussagen wie Grundentgelt von 19,90 EUR ein Leben lang und/oder Grundentgelt von 19,90 EUR auf die Dauer des Vertragsverhältnisses, wenn sie tatsächlich während der aufrechten Vertragsverhältnisse weitere fixe, regelmäßig wiederkehrende Entgelte für von ihren Vertragspartnern, insbesondere für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen, etwa eine jährliche Internet Service Pauschale von 15 EUR für die Erweiterung der Mailspace und der Online Festplatte, einfordert;

die Klägerin werde ermächtigt,

4. den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung einmal binnen 6 Monaten ab Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils im redaktionellen Teil einer Samstagsausgabe der Kronen Zeitung, österreichweite Ausgabe, in Fettdruckumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten in Normallettern, das heißt in der Schriftgröße redaktioneller Beiträge, auf Kosten der beklagten Partei zu veröffentlichen;

5. den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsgebots und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung einmal binnen 3 Monaten ab Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils auf ihrer Homepage unter der Internetadresse www.a *****, oder sollte sie ihre Internetadresse ändern, auf ihrer Homepage unter der dann aktuellen Internetadresse, für die Dauer von 30 Tagen in Fettdruckumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten sowohl was Schriftgröße und -farbe als auch Zeilenabstände und Farbe des Hintergrundes anbelangt, deutlich lesbar zu veröffentlichen, wobei die Veröffentlichung auf der Startseite unübersehbar anzukündigen ist und über einen Link direkt aufrufbar sein muss.

Die Beklagte beantragte die Abweisung dieser Begehren und wendete im Wesentlichen ein, unter Berücksichtigung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen, die explizit auf § 25 Abs 3 TKG verwiesen, habe sie mit ihren Kunden kein unabänderbares Entgelt von 19,90 EUR vereinbart. Die Beklagte sei daher zur Einführung der Internetservicepauschale befugt gewesen, weshalb ihr kein Vertragsbruch zur Last falle, der das Hauptbegehren rechtfertigen könnte. In Bezug auf beide Eventualbegehren sei die Wiederholungsgefahr weggefallen, weil sie entsprechende vollstreckbare Teilvergleiche angeboten habe, deren Abschluss die Klägerin abgelehnt habe.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Hauptbegehren beziehe sich im Gegensatz zu den Eventualbegehren nicht auf die Werbepraxis, sondern vorwiegend auf die Vertragspraxis der Beklagten im Zusammenhang mit dem inkriminierten Kombi-Tarif. Davon seien insbesondere bestehende Verträge der Beklagten mit ihren Kunden betroffen. Diesbezüglich sei auch für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung zwischen der Werbe- und Vertragspraxis der Beklagten zu differenzieren. Ein derartiges Begehren, welches unmittelbar in bestehende Verträge eingreife und diese korrigieren solle, sei wettbewerbsrechtlich nicht zu erreichen. Wenn bei bestehenden Verträgen weitere Entgelte verlangt würden, obwohl man ein gleichbleibendes Grundentgelt beworben habe, sei dies nicht im Rahmen des Wettbewerbsrechts zu ahnden. Ob die Einhebung einer allenfalls nicht vereinbarten Pauschale für Internetservice oä gegenüber dem Vertragspartner zulässig sei, müsse nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen beurteilt werden. Ein Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch sei nur dann verwirklicht, wenn besondere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände vorlägen. Hinsichtlich der beiden Eventualbegehren habe die Beklagte den Abschluss von Unterlassungsvergleichen im Sinne der klägerischen Begehren sowie anteilige Kostentragung angeboten, was die Klägerin jedoch ausgeschlagen habe. Die Wiederholungsgefahr sei dadurch zu Lasten der Klägerin weggefallen.

Das Berufungsgericht gab der Klage im Hauptbegehren und den beiden annexen Veröffentlichungsbegehren statt. Die Werbeaussagen der Klägerin, wonach das Grundentgelt von 19,90 EUR auf die Dauer der Vertragslaufzeit bzw ein Leben lang gelte, könnten unter Berücksichtigung ihres objektiven Erklärungswerts nur so verstanden werden, dass die Klägerin damit auf Preiserhöhungen während der gesamten Laufzeit des Vertragsverhältnisses verzichte, zumal keine andere sinnvolle Bedeutung dieser Äußerungen erkennbar sei. Dass diese öffentlichen Ankündigungen in die Vertragsauslegung einzubeziehen seien, ziehe die Beklagte zutreffend nicht in Zweifel. Aus § 25 Abs 3 TKG und dem darauf Bezug nehmenden Art 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen lasse sich für den gegenteiligen Standpunkt der Beklagten nichts gewinnen, weil ihr darin nicht das Recht eingeräumt werde, Preiserhöhungen wie die in casu von der Klägerin beanstandete unter allen Umständen ‑ also auch ungeachtet abweichender Vereinbarungen im Einzelfall ‑ vorzunehmen. Dass der Internetservicepauschale keine werthaltigen Leistungen der Beklagten gegenüberstünden, habe sie im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 267 Abs 1 ZPO zugestanden, indem sie das entsprechende detaillierte, durch Urkunden untermauerte Vorbringen der Klägerin nicht bestritten habe und diese Wertlosigkeit in weiterer Folge auch dem zum ersten Eventualbegehren angebotenen Teilvergleich zugrunde gelegt habe. Die Beklagte verletze daher durch die Verrechnung der Internetservicepauschale all jene Verträge, in denen sie auf solche Preiserhöhungen verzichtet habe. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UWG iVm § 1 Abs 3 Z 1 und § 1a Abs 1 UWG gelte eine Geschäftspraktik als aggressiv und damit unlauter, wenn sie geeignet sei, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung oder unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Als „geschäftliche Entscheidung“ sei gemäß § 1 Abs 4 Z 7 UWG auch jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber einzustufen, ob, wie und unter welchen Bedingungen er eine Zahlung insgesamt oder teilweise leisten wolle. Der Beklagten falle daher eine unlautere Nötigung und unzulässige Beeinflussung jener Vertragspartner zur Last, denen sie eine Internetservicepauschale von 15 EUR verrechne, obwohl derartige Preiserhöhungen vorher für die gesamte Vertragslaufzeit abbedungen worden seien. Dass diese unlautere Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG geeignet sei, den Wettbewerb zum Nachteil von Konkurrenten nicht nur unerheblich zu beeinflussen, liege auf der Hand, zumal die Einnahme der Internetservicepauschale eine Stärkung der Eigenkapitalbasis und damit Verbesserung der wirtschaftlichen Position der Beklagten bewirke.

Die Revision ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, ob ein Unternehmer unlauter iSd § 1 Abs 1 Z 1 UWG iVm § 1 Abs 3 Z 1 UWG und § 1a UWG handle, wenn er für seine im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen von seinem Vertragspartner (Verbraucher) ein höheres als das ursprünglich vereinbarte Entgelt fordere, obwohl derartige Preiserhöhungen vertraglich ausgeschlossen worden seien.

Die Beklagte macht in ihrer Revision darüber hinaus das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage geltend, ob und unter welchen Voraussetzungen die Verrechnung eines Entgelts in Vertragsverhältnissen, die dem gesetzlichen Änderungsrecht nach § 25 Abs 3 TKG unterliegen, unlauter sei. Die Werbeankündigungen der Beklagten stellten keinen Verzicht auf das gesetzliche Leistungsänderungsrecht gemäß § 25 Abs 3 TKG 2003 dar. Ein solcher sei nicht zu vermuten, zumal nach der Rechtsprechung Verzichtserklärungen einschränkend auszulegen seien. Trotz der Aussage auf die Dauer der Vertragslaufzeit hätte der redliche Erklärungsempfänger aufgrund des Hinweises auf § 25 TKG in den AGB der Beklagten das Angebot nicht so verstehen dürfen, dass die Beklagte zugesichert hätte, in der Zukunft unter gar keinen Umständen eine Veränderung oder Erweiterung der angebotenen Leistungen oder des insgesamt zur Verrechnung gelangenden Entgelts in Einklang mit den Bestimmungen des § 25 TKG vorzunehmen. Ein solches Verständnis läge schon aufgrund der rasanten technischen Entwicklung und des schnelllebigen Telekommunikationsmarktes fern. Das Verhalten der Beklagten sei auch nicht aggressiv, weil sie die Vertragspartner nicht durch Druck oder sonstigen unangemessenen, unsachlichen Einfluss beeinträchtigt habe. Es fehlte auch an Tatsachenfeststellungen, die den rechtlichen Schluss auf eine unzulässige Beeinflussung, Belästigung oder gar Nötigung zulassen würden. Hinzu komme, dass nach der Rechtsprechung eine Vertragsverletzung insbesondere dann nicht als Verstoß gegen § 1 UWG gewertet werden könne, wenn sich die Vertragswidrigkeit des Handelns erst aus einer bestimmten Auslegung des Vertrags ergebe und dieser allenfalls auch anders gedeutet werden könnte. Die Einführung der Internet-service-pauschale sei auch nicht dazu geeignet gewesen, der Beklagten im Wettbewerb mit anderen Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen, weil sie dadurch ihren Kunden die Gelegenheit zur außerordentlichen Kündigung gegeben habe und sich gegenüber ihren Mitbewerbern in Nachteil gesetzt habe. Im Übrigen habe die Beklagte der Behauptung der Klägerin betreffend die fehlende Werthaltigkeit ihrer Zusatzleistungen widersprochen. So sei der E-Mail-Account @a***** nicht mit jenem eines bekannten Gratisanbieters zu vergleichen.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Wenn die Beklagte ihren Kunden trotz Werbung und in der Folge vertraglicher Zusage eines gleichbleibenden Grundentgelts während der Vertragslaufzeit ihres Kombi-Pakets von Internet-, Mobiltelefon- und Festnetztelefondienstleistungen weitere fixe Entgelte für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen verrechnet, wie etwa eine Internet-service-pauschale, liegt darin zunächst eine Irreführung iSv § 2 UWG. Diese wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Diesbezüglich haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen, der rechtswirksam wurde. Auch über die Eventual‑Unterlassungsbegehren hat die Beklagte in erster Instanz den Abschluss von vollstreckbaren Vergleichen angeboten.

2. Zu prüfen ist jedoch, ob die Vorgangsweise der Beklagten auch als aggressive Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG iVm § 1 Abs 3 Z 1 UWG und § 1a Abs 1 UWG ‑ wie vom Berufungsgericht angenommen ‑ zu beurteilen ist.

2.1. Die Beklagte bot das Kombinationspaket in ihrer Werbung, die den Verträgen mit ihren Kunden zugrunde lag, um ein monatliches Grundentgelt von 19,90 EUR auf die Dauer der Vertragslaufzeit an. Dennoch erhöhte sie während der Laufzeiten der Verträge einseitig das Grundentgelt um eine Internet-service-pauschale von jährlich 15 EUR. Auch wenn diese Erhöhung von der Beklagten nicht als solche tituliert, sondern mit der Einführung einer Internet-service-pauschale (für nicht bestellte und wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen) „bemäntelt“ wurde, ändert dies nichts daran, dass es sich im Ergebnis um eine Erhöhung des Grundentgelts handelte. Die ‑ an sich richtige ‑ Behauptung der Beklagten, sie habe ja das monatliche Aktions‑Grundentgelt gar nicht erhöht, ist daher irrelevant.

2.2. Wenn sich die Beklagte auf § 25 TKG beruft, so übersieht sie, dass diese Bestimmung nichts über die Zulässigkeit von Vertragsänderungen im Einzelfall aussagt, sondern nur allgemein unter anderem die Vorgangsweise bei Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen der Betreiber von Kommunikationsnetzen regelt. Im vorliegenden Fall geht es einzig darum, ob die ‑ den jeweiligen Kundenverträgen zugrundeliegenden ‑ Werbeankündigungen der Beklagten so zu verstehen sind, dass das Grundentgelt auf die Dauer der Vertragslaufzeit garantiert wird. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Werbeankündigung … kommt … auf die Dauer der Vertragslaufzeit ein monatliches Grundentgelt in der Höhe von € 19,90 (inkl. USt) zur Verrechnung … ist dies gewiss zu bejahen. Einer anderen Deutung ist diese Aussage nicht zugänglich. Somit kommt § 25 TKG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

3. Gemäß § 1a Abs 1 UWG gilt eine Geschäftspraktik als aggressiv, wenn sie geeignet ist, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

3.1. Der Senat hat kürzlich die Zusendung von SMS an Telefoniekunden mit der Mitteilung einer (Mehrkosten verursachenden) Vertragsänderung, welche nur durch rechtzeitige Absendung einer Abbestellungs‑Meldung abgewendet werden kann, unter anderem als unzulässige Beeinflussung im Sinn von § 1a UWG qualifiziert, weil dem Kunden eine Vertragsänderung aufgedrängt wird, die zu einem Gebührenzuschlag für eine nicht bestellte Leistung führt (4 Ob 27/13v).

3.2. Der vorliegende Fall ist damit vergleichbar. Auch hier liegt das Aufdrängen einer nicht bestellten Leistung, wie etwa der Erweiterung des Mailspace oder die Einrichtung einer Online Festplatte, in Verbindung mit einer Entgelterhöhung vor. Die beanstandete Vorgangsweise der Beklagten ‑ Erhöhung des Grundentgelts trotz der Zusage seiner betraglich unveränderten Beibehaltung ‑ stellt daher auch hier (nicht nur eine Vertragsverletzung, sondern auch) eine aggressive Geschäftspraktik im Sinn von § 1a UWG dar, wie noch näher zu begründen ist:

3.3. Der Teilnehmer hat zwar gemäß § 25 Abs 3 TKG die Möglichkeit, den Vertrag bei Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen vorzeitig zu kündigen, jedoch ist eine derartige Kündigung von Internet‑, Mobiltelefon‑ und Festnetztelefonieleistungen in der Regel mit Mühen und Unannehmlichkeiten wie der zeitweiligen Unterbrechung der Internetverbindung bzw dem allfälligen Verlust der bisherigen Telefonnummer und im Fall des Abschlusses mit einem alternativen Anbieter mit der Notwendigkeit einer Neuinstallation der technischen Anwendungsmöglichkeiten verbunden. Der Teilnehmer wird daher im Zweifel von einer Vertragskündigung Abstand nehmen. Er wird daher genötigt bzw durch die Ausnutzung der Machtposition der Beklagten (Verfügung über Telefon- und Internetverbindung) dahingehend beeinflusst, am Vertrag festzuhalten. Diese wettbewerbliche Nötigung bzw unzulässige Beeinflussung durch die Ausnutzung einer Machtposition ist als aggressive Geschäftspraktik im Sinn von § 1a UWG zu qualifizieren (vgl dazu Burgstaller in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1a Rz 75, 116).

4. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin im Sinne ihres Hauptbegehrens besteht daher ‑ wie schon vom Berufungsgericht richtig erkannt ‑ zu Recht; der Revision der Beklagten ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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