Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aus der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung des erkennenden Senats vom 6. Juni 2013, 6 Ob 163/12g, ersichtlich, mit der das damals angefochtene Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 11. Juli 2012, GZ 2 R 106/12v‑60, teilweise aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde, worauf verwiesen wird.
Das Berufungsgericht wies hierauf mit Teilurteil vom 16. Juli 2013 das sich auf die Verwendung bestimmter Klauseln aus den AGB der Beklagten aus dem Jahr 2005 beziehende Feststellungsbegehren (Spruchpunkt B. 1. a) in 6 Ob 163/12g) ab. Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.
Hingegen hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil vom 5. April 2012 hinsichtlich des Begehrens,
1) mit Wirkung zwischen dem jeweiligen Kläger und der Beklagten festzustellen, die beklagte Partei sei nicht berechtigt, ein über die bestehenden Entgelte hinausgehendes Entgelt für Wasserbereitstellung und Messleistung einzuheben (Spruchpunkt B. 1. b) in 6 Ob 163/12g), und
2) die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, die Wasserversorgung der klagenden Parteien einzuschränken und eine Blende in die Wasserversorgungsanlage der klagenden Parteien einzubauen (Spruchpunkt B. 2. in 6 Ob 163/12g),
auf und verwies insoweit die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht holte die ihm vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 163/12g aufgetragene Behandlung der Rüge von Verfahrensmängeln sowie der Beweisrüge in der Berufung der Kläger nach und kam dabei zu folgendem Ergebnis:
Die Verfahrensrüge sei berechtigt, soweit sie sich auf die vom Erstgericht unterlassene Einvernahme der Vizebürgermeisterin der Stadt Klagenfurt, Dr. M***** M*****, und des früheren Bürgermeisters Dipl.‑Kfm. H***** S***** beziehe. Diese Zeugen seien zum Beweis dafür beantragt worden, dass die Stadt Klagenfurt der Beklagten ständig Geld abgezogen habe, wobei nunmehr der Abgang mit Wassergebührenerhöhungen abgedeckt werden solle, weiters dass im Zuge der Gründung und Auflösung Aqua‑Sist Geld aus Wassergebühren sinnlos vernichtet worden sei, und zu den hohen Verwaltungskosten und Pensionsansprüchen, die zu Lasten der Wassergebührenzahler gingen. Die Zulässigkeit einer Änderungskündigung der Wasserlieferungsverträge zwischen den Streitteilen durch die Beklagte (Kündigung der bestehenden Verträge verknüpft mit dem Anbot zum Abschluss neuer Verträge mit höheren Wasserpreisen) könne auch davon abhängen, ob die Gründe für die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung der bestehenden Verträge in der Sphäre der Beklagten lägen, sodass die Einvernahme leitender Organe des Alleinaktionärs der Beklagten (derzeitige Vizebürgermeisterin und früherer Bürgermeister der Stadt Klagenfurt) zumindest abstrakt geeignet erscheine, ein für die Beklagte (gemeint wohl: für die Kläger) günstigeres Verfahrensergebnis herbeizuführen.
Die sich auf die erstgerichtliche Feststellung
„Aufgrund der Überprüfung des Rechenwerkes 2010 kann nicht festgestellt werden, dass die beklagte Partei Gelder aus dem Bereich 'Wasser' zweckwidrig für andere Bereiche verwendet hat; aus den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass Kosten aus anderen Bereichen entgegen dem organisatorisch normierten Aufteilungsschlüssel zugeordnet wurden; eine Quersubventionierung ist den Unterlagen nicht zu entnehmen; die Wasserschutzrücklage wurde nicht zweckwidrig verwendet; der Geschäftsfall 'Aqua-Sist' hat keine Auswirkung auf die Wassergebühr; die Pensionisten aus dem Bereich 'Energie' haben keine Auswirkung auf den Bereich 'Wasser'; die Zuordnung der Verwaltungsaufwendungen nach Prozenten ist ein gängiges und nachvollziehbares Verfahren, die vorgenommene Zuordnung ist plausibel.“
beziehende Beweisrüge sei nicht berechtigt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Kläger hätten aufgrund der konkreten Androhung einer Änderungskündigung durch die Beklagte ein Feststellungsinteresse im Sinn des § 228 ZPO. Als dem Kontrahierungszwang unterliegende monopolistische Wasserversorgerin dürfe die Beklagte den Klägern die zur Befriedigung ihres Wasserbedarfs nötige Wasserversorgung und den sie vorbereitenden Vertragsabschluss ohne sachlich gerechtfertigte Gründe nicht verweigern, wenn die Kläger willens und in der Lage seien, das Wasser zu gewöhnlichen Bedingungen zu erwerben (4 Ob 134/12b). Der Monopolist könne Wasserbezugsverträge aufkündigen, wenn die Aufrechterhaltung der Verträge für ihn unzumutbar werde (1 Ob 143/10a; RIS-Justiz RS0027780). Die Änderungskündigung eines Dauerschuldverhältnisses komme insbesondere dann in Betracht, wenn die wirtschaftliche Existenz eines Vertragspartners durch die Aufrechterhaltung des Dauerschuldverhältnisses gefährdet wäre (RIS-Justiz RS0069880). Ein Unternehmer der Daseinsvorsorge müsse daher die Wasserversorgung nicht aufgrund der Altverträge fortsetzen, wenn er sein Unternehmen aufgrund nicht mehr kostendeckender Entgeltvereinbarungen in Altverträgen nur noch defizitär führen könne. Die Beklagte müsse daher nicht in Insolvenz verfallen, um unwirtschaftlich gewordene Dauerschuldverhältnisse, die zu einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung geführt hätten, auflösen zu können (1 Ob 143/10a); andererseits schließe aber die Privatwirtschaft ein spekulatives Element mit ein, dessen Folgen insbesondere dann nicht auf die Vertragspartner überwälzt werden dürften (sondern vom Unternehmer selbst zu tragen seien), wenn der wirtschaftliche Misserfolg auf unternehmerische Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen zurückzuführen sei (6 Ob 59/00w; vgl 1 Ob 143/10a).
Die bisherigen erstgerichtlichen Feststellungen reichten zur Beurteilung dieser Fragen nicht aus. Feststellungen seien zu treffen, ob und inwieweit das Unternehmen der Beklagten aufgrund ungünstiger Altverträge und/oder aufgrund unternehmerischer Fehlentscheidungen defizitär wirtschafte und ob (gegebenenfalls aus welchen Gründen) das Aufrechterhalten des Betriebs zu den derzeitigen Bedingungen wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen sei. Davon hänge ab, ob die angedrohte Änderungskündigung berechtigt sei.
Zum Unterlassungsbegehren führte das Berufungsgericht aus, die Stadt Klagenfurt ‑ und nicht die Beklagte ‑ sei gemäß § 5 Abs 1 K-GWVG verpflichtet, den Klägern den Erfordernissen der Gesundheit entsprechendes Trink- und Nutzwasser nach Maßgabe der Wasserspende und der Leistungsfähigkeit der Gemeinde-Wasserversorgungsanlage zu liefern. Aus den Absätzen 2 bis 4 des § 5 K-GWVG ergebe sich, unter welchen Voraussetzungen der Bürgermeister mittels Bescheid oder Verordnung ‑ also in hoheitlichen Vollzugsformen ‑ den Wasserverbrauch von Wasserbeziehern einschränken dürfe; für einen Privatwirtschaftsvorbehalt fänden sich diesbezüglich im K-GWVG keine Anhaltspunkte. Um den Parteien Gelegenheit zu geben, ein Vorbringen zu erstatten, ob, gegebenenfalls auf welcher privatrechtlichen Grundlage und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte berechtigt sei, die Wasserversorgung der Kläger gegen deren Willen, insbesondere mittels technischer Vorrichtungen („Blende“), zu beschränken, sei das erstinstanzliche Verfahren ergänzungsbedürftig. Im Hinblick auf die Formulierungen der Urteilsbegehren seien auch konkrete Urteilsfeststellungen erforderlich, ob die angestrebte Entgelterhöhung auch ein „Entgelt für Messleistung“ umfasse und ob die Beklagte die Einschränkung der Wasserversorgung der Kläger durch Einbau von Blenden in deren Wasserversorgungsanlagen angedroht habe.
Das Berufungsgericht ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss zu, weil abgesehen von der Entscheidung 1 Ob 143/10a die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein aus einer Gebietskörperschaft privatrechtlich ausgegliederter monopolistischer Wasserversorger zur Änderungskündigung berechtigt sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Zutreffend sind die berufungsgerichtlichen Ausführungen, wonach die Beklagte als Monopolistin dem Kontrahierungszwang unterliegt (vgl RIS-Justiz RS0030805; RS0016606) und Wasserbezugsverträge grundsätzlich aus den vom Berufungsgericht (unter Zitierung der einschlägigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung) genannten Gründen aus wichtigem Grund mittels außerordentlicher Änderungskündigung beenden kann (vgl zum deutschen Recht BGHZ 24, 148). Dies schließt ein, dass der Monopolist im Zuge einer solchen berechtigten Änderungskündigung bereit sein muss, mit den betroffenen Kunden neue Verträge mit angemessenen Bedingungen abzuschließen, die dem Monopolisten einen kostendeckenden Betrieb ermöglichen.
2.1. Das Berufungsgericht hat weiters, gestützt auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 59/00w und 1 Ob 143/10a ausgeführt, die Folgen des spekulativen Elements der Privatwirtschaft dürften vom Monopolisten nicht auf die Vertragspartner überwälzt werden, wenn der wirtschaftliche Misserfolg auf unternehmerische Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen zurückzuführen sei.
2.2. Hier ist jedoch zu differenzieren:
2.2.1. Für diese Aussage führt die Entscheidung 1 Ob 143/10a, die ‑ wie hier ‑ einen monopolistischen Wasserversorger betraf, die Entscheidung 6 Ob 59/00w (RIS‑Justiz RS0027780 [T30]) als Beleg an. Diese Entscheidung wiederum beruft sich dafür auf 1 Ob 340/98a, diese zitiert dafür 7 Ob 541/81 JBl 1982, 142.
2.2.2. In den beiden zuletzt zitierten Entscheidungen wurde ausgeführt:
„Wer sich in einem Staat mit freier Marktwirtschaft am Konkurrenzkampf beteiligt, kann die bei Vertragsabschluss noch nicht voll abschätzbaren Auswirkungen dieses Konkurrenzkampfs auch nicht erfolgreich zum Anlass einer vorzeitigen Vertragsauflösung nehmen, schließt doch die Beteiligung am Geschäftsleben unter solchen Umständen ein gewisses spekulatives Moment mit ein, dessen Folgen nicht auf den Vertragspartner abgewälzt werden können.“
2.2.3. Die Entscheidungen 7 Ob 541/81, 1 Ob 340/98a und 6 Ob 59/00w hatten durchwegs Sachverhalte zum Gegenstand, in denen keine Monopolisten mit Kontrahierungszwang beteiligt waren. Für solche Unternehmen trifft es zu, dass sie in einem Konkurrenzkampf in einem Staat mit freier Marktwirtschaft stehen. Folgerichtig kann niemand ein Dauerschuldverhältnis etwa deshalb aus wichtigem Grund außerordentlich aufkündigen und in der Folge ein höheres Entgelt verlangen, weil er wegen vermeidbarer Kalkulationsfehler mit den vereinbarten Entgelten für seine Leistung nicht kostendeckend wirtschaften kann (vgl 1 Ob 524/85; RIS-Justiz RS0018885; RS0018811). Umgekehrt tragen in solchen Fällen beide Vertragsteile das Risiko, dass ein solcher Unternehmer, der auf Dauer nicht kostendeckend wirtschaftet, in Insolvenz verfällt. Dies ist für den in Insolvenz Geratenen die Folge seines unternehmerischen Risikos. Für seinen Vertragspartner ist diese Insolvenz zumutbar, weil er sich den insolvent Gewordenen seinerzeit als Vertragspartner auf dem freien Markt aussuchen konnte und ausgesucht hat und dem Wegfall des Vertragspartners wegen dessen Insolvenz dadurch begegnen kann, dass er sich für die nachgefragte Leistung auf dem freien Markt einen anderen Lieferanten sucht.
2.2.4. Im Fall 1 Ob 143/10a und im vorliegenden Fall können diese Erwägungen aber nicht zum Tragen kommen: Hier handelt es sich gerade nicht um Unternehmen, die in einem Konkurrenzkampf in einem Staat mit freier Marktwirtschaft stehen; vielmehr haben Monopolisten (hier: Wasserversorger) eben keine Konkurrenten und sind wegen des ihnen auferlegten Kontrahierungszwangs insoweit nicht in der „freien“ Marktwirtschaft, weil sie bei der Wahl ihrer Vertragspartner nicht frei sind. Ein Monopolist muss daher ‑ wie schon ausgeführt ‑ anders als „auf dem freien Markt“ wegen nicht kostendeckender Entgelte nicht an den bestehenden Verträgen festhalten und warten, bis er insolvent wird. Eine solche Insolvenz würde nämlich einerseits die Erfüllung der hier der Gemeinde gesetzlich auferlegten Pflicht, Wasser zu liefern (§ 5 Abs 1 K-GWVG), gefährden, andererseits könnten die Wasserkunden bei insolvenzbedingter Beendigung der Versorgungsleistung zumindest kurzfristig nicht auf einen alternativen Anbieter ausweichen.
2.2.5. Daraus folgt, dass ‑ anders als in der „freien Marktwirtschaft“ ‑ auch vorwerfbare, weil vorhersehbare Fehleinschätzungen (Kalkulationsfehler), die dazu führen, dass für einen kostendeckenden Betrieb zu geringe Entgelte angesetzt wurden, zu einer Änderungskündigung durch den Monopolisten berechtigen, wenn andernfalls die Insolvenz droht. Insoweit sind nämlich die Abnehmer des Monopolisten nicht negativ betroffen: Hätte der Monopolist gleich richtig kalkuliert, so hätte er sofort ‑ zu Recht ‑ ein höheres Entgelt verlangen können; die Kunden hätten dann schon früher das höhere, kostendeckende Entgelt bezahlen müssen.
2.2.6. Bei unternehmerischen Fehlentschei-dungen, die zu einem wirtschaftlichen Misserfolg und zur Insolvenzgefahr beim Monopolisten führen, kommt es für die Frage, ob dies kostenmäßig auf die Kunden im Weg der Änderungskündigung überwälzt werden kann, darauf an, ob im Vorhinein, also im Zeitpunkt der Entscheidung, die Fehlerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung erkennbar war. Trifft dies zu, rechtfertigt es keine Änderungskündigung. War hingegen im Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung deren Fehlerhaftigkeit auch unter dem an Vertretungsorgane von Unternehmensträgern anzulegenden Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB (vgl für den vorliegenden Fall einer Aktiengesellschaft auch § 84 AktG; RIS-Justiz RS0116167; RS0116174 [T2]; RS0049368) nicht erkennbar, so darf der Monopolist selbst dann, wenn sich nachträglich diese unternehmerische Entscheidung als ungünstig herausgestellt hat, die negativen Folgen einer solchen Entscheidung auf die Kunden überwälzen (zur dann nicht vorliegenden Haftung von Vorstandsmitgliedern vgl RIS-Justiz RS0110282; RS0049482; RS0049459; RS0049458). Dabei ist freilich zu beachten, dass ein Monopolist, der im Gesetz gegründete Versorgungspflichten (hier gemäß § 5 Abs 1 K-GWVG für die Gemeinde) wahrnimmt, bei (stets mit einem gewissen Risiko verbundenen) unternehmerischen Entscheidungen tendenziell wohl weniger Risiko eingehen darf als ein nicht monopolistischer Unternehmer auf dem „freien Markt“.
2.2.7. Sofern der wirtschaftliche Misserfolg eines Monopolisten aus dem Äquivalenzprinzip widersprechenden, womöglich gesetzwidrigen Maßnahmen resultiert, kann dies freilich im Sinn der zitierten Rechtsprechung nicht auf die Kunden überwälzt werden.
Im vorliegenden Verfahren haben die Kläger in diesem Sinn ua ins Spiel gebracht, die Stadt Klagenfurt habe der Beklagten ständig Geld abgezogen (vgl § 52 AktG), im Zuge der Gründung und Auflösung von „Aqua‑Sist“ sei Geld sinnlos „vernichtet“ worden, die Beklagte habe anlässlich der Ausgliederung der Stadtwerke im Jahr 2000 im Wesentlichen alle Pensionsansprüche der Mitarbeiter der Stadtwerke übernommen.
Sollte ein Monopolist durch derartige Umstände in finanzielle Nöte kommen, ist vielmehr an die Pflicht dessen, der Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge ausgelagert hat, zur ausreichenden finanziellen Dotierung zur Abwendung einer Insolvenz des Monopolisten zu denken (vgl 6 Ob 313/03b SZ 2004/63 [Salzburger Tourismusverbände] = GesRZ 2004, 379 [Harrer] = RWZ 2004, 366 [Wenger] = GeS 2005, 19 [Fantur] = ÖZW 2005, 21 [Artmann]; Artmann, ÖZW 2005, 26 [Anm zu 6 Ob 313/03b], Punkt 5 mwN in FN 14). Dies wäre im vorliegenden Fall die Stadt Klagenfurt als alleiniger Aktionär der Beklagten. Da die Fragen, ob und in welchem Ausmaß eine solche Nachschusspflicht besteht, im vorliegenden Fall nicht entscheidungswesentlich sind, müssen sie hier nicht vertieft werden.
3. Die von der Rekurswerberin weiters aufgeworfenen Fragen, ob bzw wann ein Monopolist ein Dauerschuldverhältnis ordentlich kündigen kann, sind hier schon deshalb nicht klärungsbedürftig, weil schon das Berufungsgericht grundsätzlich zutreffend unter den dargestellten und von der Beklagten behaupteten Voraus-setzungen das außerordentliche (Änderungs-)Kündigungsrecht der Beklagten als Monopolistin bejaht hat.
Graf, Der Monopolist, sein Kündigungsrecht und der Kontrahierungszwang. Überlegungen aus Anlass der Entscheidung 1 Ob 143/10a, JBl 2011, 148, der sich ausführlich ua mit der Frage des ordentlichen Kündigungsrechts eines Monopolisten befasst hat, hält am Ende seiner Untersuchung fest:
„Letztlich wird der Ausschluss der ordentlichen Kündigung freilich folgenlos bleiben, weil der OGH die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung zutreffend bereits an das Faktum der durch die Altverträge bedingten defizitären Betriebsführung knüpft. Auch diese außerordentliche Kündigung ist wiederum ‑ der Monopolstellung des Wasserversorgers wegen ‑ eine Änderungskündigung: Sie gibt dem Versorger die Möglichkeit, einen angemessenen Preis für das von ihm gelieferte Wasser zu fordern.“
4.1. Die Rekurswerberin wirft dem Berufungsgericht vor, es habe bei Stattgebung der Verfahrensrüge (unterlassene Einvernahme zweier Zeugen) übersehen, dass die Zeugen zu Beweisthemen bzw Feststellungen geführt worden seien, zu denen die Beweisrügen als unberechtigt erkannt worden seien. Aufgrund dieser Feststellungen sei das (noch streitgegenständliche) Feststellungsbegehren spruchreif.
4.2. Zutreffend an diesem Vorwurf ist, dass die Beweisthemen, zu denen die beiden Zeugen von den Klägern beantragt wurden, und die (oben wörtlich zitierten) erstgerichtlichen Feststellungen, zu denen das Berufungsgericht die Beweisrüge als unberechtigt erkannt hat, zumindest teilweise deckungsgleich sind (etwa der Geschäftsfall „Aqua-Sist“).
4.3. Die Prüfung, ob zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind, ist ein Akt der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043414). Wenn daher das Berufungsgericht die Verfahrensmängelrüge der Kläger zur vom Erstgericht unterlassenen Einvernahme von zwei Zeugen (zu durchaus entscheidungsrelevanten Umständen) für berechtigt erachtet hat, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten.
4.4. Daraus folgt aber notwendig, dass trotz einer vom Berufungsgericht behandelten und für unberechtigt erachteten Beweisrüge eine Bindung an Feststellungen, zu denen das Beweisverfahren noch ergänzt werden muss, auch für den Obersten Gerichtshof nicht gegeben sein kann. Insoweit hätte das Berufungsgericht trotz dem (hier in 6 Ob 163/12g) vom Obersten Gerichtshof dem Berufungsgericht erteilten Auftrag, die unterlassene Behandlung der Verfahrensmängelrüge und der Beweisrüge der Berufung nachzuholen, die Beweisrüge nicht behandeln müssen. Denn eine von der zweiten Instanz nachprüfbare und nachzuprüfende Beweiswürdigung liegt erst dann vor, wenn das Beweisverfahren zu den betreffenden Feststellungen vollständig und mangelfrei durchgeführt wurde. Dies ist hier aber nicht der Fall.
5.1. Auch zum Unterlassungsbegehren (Einschränkung der Wasserversorgung der Kläger) meint die Rekurswerberin, es liege Spruchreife vor: Da bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Beklagten das Kündigungsrecht zustehe, sei sie im Sinne der (in 6 Ob 163/12g nachzulesenden) zutreffenden Rechtsmeinung des Erstgerichts bei einem vertragslosen Zustand berechtigt, die Grundversorgung der Kläger einzuschränken.
5.2. Dem kann nicht gefolgt werden, weil wegen des noch zu ergänzenden Beweisverfahrens (vgl Punkt 4.) und der vom Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragenen weiteren Feststellungen (welchem Auftrag der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten kann: RIS-Justiz RS0042179) derzeit die Berechtigung der Beklagten zur Änderungskündigung nicht beurteilt werden kann.
5.3. Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zum Unterlassungsbegehren nicht: Die sich aus § 5 Abs 2 bis 4 K-GWVG ergebenden Verpflichtungen des Bürgermeisters, bei durch äußere Umstände (Witterung, tektonische Einflüsse) verursachtem Wassermangel in hoheitlichen Vollzugsformen (Bescheid, Verordnung) entsprechende Vorkehrungen zum eingeschränkten Wasserverbrauch durch die Wasserbezieher zu treffen, erfassen die vorliegende Frage der Berechtigung des Unterlassungsbegehrens nicht. Hier geht es nicht um die Einschränkung wegen Wassermangels, sondern um die Beendigung der Wasserversorgung, wenn aufgrund von vom Monopolisten den Wasserkunden angebotenen, von diesen aber verweigerten Abschlüssen von Wasserbezugsverträgen zu angemessenen (gewöhnlichen) Bedingungen ein vertragsloser Zustand herrscht. Dass bei einem deshalb vertragslosen Zustand kein Wasser geliefert wird, ist unbedenklich (vgl 4 Ob 222/10s; 4 Ob 134/12b jeweils mwN; RIS-Justiz RS0106571; RS0117542; RS0016762 [T1]).
6. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)