OGH 1Ob179/73 (RS0049482)

OGH1Ob179/7331.10.1973

Rechtssatz

Wenn widerstreitende Interessen abzuwägen sind, hat dies das Vorstandsmitglied mit pflichtgemäßem Ermessen in eigener Verantwortung vorzunehmen. Hält es sich im Rahmen dieses Ermessens, missbraucht es also das Ermessen nicht durch einseitige Bevorzugung einer der zu berücksichtigenden Interesse, so ist die gebotene Sorgfaltspflicht gewahrt.

Normen

AktG §84
GmbHG §25 Abs1
GmbHG §33 Abs1
PSG §27 Abs2

1 Ob 179/73OGH31.10.1973

Veröff: SZ 46/113 = EvBl 1974/83 S 182 = NZ 1974,190 = Arb 9185

1 Ob 144/01kOGH26.02.2002

Beisatz: Diese Grundsätze lassen sich zwanglos auf die Aufsichtsratsmitglieder übertragen, allerdings sind in Anlehnung an § 70 AktG auch die Interessen der Öffentlichkeit, der Arbeitnehmer und der Gläubiger in die Entscheidung, was dem Unternehmenswohl dient, einzubeziehen. (T1)<br/>Veröff: SZ 2002/26

8 Ob 262/02sOGH22.05.2003

Vgl auch; Beis wie T1

7 Ob 58/08tOGH11.06.2008

Vgl auch; Beisatz: Unternehmerische Entscheidungen der Aufsichtsratsmitglieder haben sich - unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre und der Arbeitnehmer und des öffentlichen Interesses - primär am Unternehmenswohl zu orientieren. (T2)

6 Ob 160/15wOGH23.02.2016

Vgl; Beisatz: Unter der im anglo‑amerikanischen Rechtsbereich herausgebildeten „Business Judgement Rule“ wird ‑ vereinfacht ausgedrückt ‑ der Grundsatz verstanden, dass ein Manager, der das Wagnis einer unternehmerischen Entscheidung eingeht, nicht dafür haften soll, wenn sich seine Entscheidung zwar als Irrtum herausstellt und Schaden daraus resultiert, er aber bestrebt war, auf einer informierten Grundlage und frei von Interessenkonflikten das Beste für das Unternehmen zu bewirken. (T3)<br/>Beisatz: Bei der Privatstiftung kann die Business Judgement Rule sowohl bei der Frage der Haftung als auch bei der Abberufung von Organmitgliedern wegen grober Pflichtverletzung herangezogen werden. Haftung und Abberufung haben aber unterschiedliche Zielrichtungen und Voraussetzungen. (T4)<br/>Beisatz: Dem Stiftungsvorstand kommt im Rahmen seiner Geschäftsführungs‑ und Vertretungsfunktion bei Ausübung seiner (unternehmerischen) Entscheidungen ein Ermessensspielraum zu, wenn er auf Grundlage ausreichender Information das seiner Ansicht nach Beste für die Privatstiftung erreichen will und sich nicht von sachfremden Interessen leiten lässt. Er schuldet deshalb nicht einen bestimmten Erfolg, sondern nur eine branchen‑, größen‑ und situationsadäquate Bemühung und hat die Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters einzuhalten. (T5); Veröff: SZ 2016/19

6 Ob 198/15hOGH30.08.2016

Auch; Beisatz: Die Abwägungsentscheidung darf nicht durch sachfremde – etwa eigene – Interessen beeinflusst werden. (T6)

6 Ob 58/20bOGH15.09.2020

Beis wie T1; Beis wie T2; Beisatz: Bei den zustimmungspflichtigen Geschäften des § 95 AktG hat der Aufsichtsrat insbesondere die Auswirkungen auf die künftige Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft und die Veränderung der Risikoposition durch das Geschäft als Kriterien heranzuziehen. Die Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Gründe des Vorstands kritisch zu prüfen und sich hierzu umfassend informieren zu lassen und sich auf dieser Basis eine Meinung darüber zu bilden, ob die geplante Maßnahme dem Wohl des Unternehmens entspricht; dabei ist zu prüfen, ob die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft liegt, den durch die Satzung und die allgemeine Geschäftspolitik des Unternehmens gezogenen Rahmen einhält, und ob der Vorstand nach Überzeugung des Aufsichtsrats die Chancen und Risken der geplanten Maßnahme zutreffend abgewogen hat. Ist die Lage der Gesellschaft angespannt oder bestehen sonstige risikoträchtige Besonderheiten, so muss der Aufsichtsrat seine Überwachungstätigkeit entsprechend intensivieren. (T7)

Dokumentnummer

JJR_19731031_OGH0002_0010OB00179_7300000_007

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