European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00167.17B.0228.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen die wie folgt bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen:
a) der erstbeklagten Partei und der Nebenintervenientin H***** BV 2.414,81 EUR (darin 402,47 EUR USt),
b) der zweitbeklagten Partei 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) und
c) den Nebenintervenienten Dr. H***** E***** und Mag. C***** W***** 2.417,58 EUR (darin 402,93 EUR USt).
Entscheidungsgründe:
Die im Firmenbuch eingetragene Klägerin wird seit 4. 11. 2013 vom gerichtlich bestellten Notgeschäftsführer Rechtsanwalt Dr. M***** B***** selbständig vertreten.
Nach dem Stand des Firmenbuchs sind Gesellschafter der Klägerin die erste Nebenintervenientin mit einer Stammeinlage von 425.000 S und der Zweitbeklagte mit einer Stammeinlage von 75.000 S.
Am 3. 2. 2015 kam es in den Kanzleiräumlichkeiten der Erstbeklagtenvertreterin in Gegenwart des zweiten Nebenintervenienten, der damals Notariatssubstitut des dritten Nebenintervenienten war, und in Gegenwart zweier Aktzeugen sowie eines Dolmetschers für die englische Sprache zur Unterfertigung einer vorbereiteten Privaturkunde mit dem Titel „Auseinandersetzungsvereinbarung“.
Vertragsparteien dieser Auseinandersetzungs-vereinbarung sind der Erstbeklagte, die erste Nebenintervenientin, der Zweitbeklagte, die M***** Holding GmbH und die B***** Anstalt.
Am 3. 2. 2015 waren in den Kanzleiräumlichkeiten noch anwesend:
Dr. V***** T***** für die erste Nebenintervenientin,
Rechtsanwalt Dr. P***** H***** als Vertreter des Zweitbeklagten,
der Zweitbeklagte für sich selbst und die M***** Holding GmbH,
der Erstbeklagte und O***** C*****,
P***** F***** als Vertreter der B***** Anstalt und
Dr. G***** M*****, Mitarbeiterin des Rechtsvertreters des Erstbeklagten.
Die Auseinandersetzungsvereinbarung wurde vom dritten Nebenintervenienten laut vorgelesen und gleichzeitig vom Dolmetscher in die englische Sprache übersetzt. Gleichzeitig las der Erstbeklagte auch den englischen Text der Auseinandersetzungsvereinbarung mit.
Im Anschluss daran wurde die Auseinandersetzungsvereinbarung von den Parteien genehmigt und unterzeichnet. Danach unterfertigten die beiden Aktzeugen, aber nur den Notariatsmantel, nicht jedoch die Privaturkunde (vorbereitete Auseinandersetzungs‑ vereinbarung).
Im Anschluss an die notarielle Unterfertigung am 3. 2. 2015 nahm der dritte Nebenintervenient die Urkunde mit sich in das Notariat Dr. E*****, wo sie geschäftsmäßig aufgearbeitet, von ihm unterzeichnet, besiegelt und gebunden wurde. Schließlich erfolgte der Versand der Ausfertigungen an die Parteien.
Mit Schreiben vom 14. 4. 2015 informierte die B***** Anstalt den Rechtsvertreter des Erstbeklagten und der ersten Nebenintervenientin darüber, dass der Notariatsakt vom 3. 2. 2015 nichtig sei. Diesem Schreiben war angeschlossen ein Schreiben an den dritten Nebenintervenienten vom 14. 4. 2015, in welchem erklärt wurde, weshalb der Notariatsakt nicht förmlich zustande gekommen sei. Gleichzeitig wurde der dritte Nebenintervenient aufgefordert, die Parteien des Notariatsakts umgehend noch einmal zum förmlichen Abschluss einer Auseinandersetzungsvereinbarung samt angeschlossener Forderungsabtretung aufzufordern.
Zu einer Wiederholung der notariellen Unterfertigung der Auseinandersetzungsvereinbarung kam es nicht, weil der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte zum vereinbarten Termin nicht erschienen waren.
Am 21. 4. 2015 unterfertigten die beiden Aktzeugen die Auseinandersetzungsvereinbarung vom 3. 2. 2015, GZ *****, auf S 31 links unten nachträglich. Der dritte Nebenintervenient als Substitut für den zweiten Nebenintervenienten verfasste den Notariatsakt GZ ***** über den Geschehensablauf.
Der Abtretungspreis laut Auseinandersetzungsvereinbarung wurde bis zum 15. 4. 2015 und auch danach nicht auf das Treuhandkonto überwiesen.
Mit Schreiben vom 25. 6. 2015 forderte der Rechtsvertreter des Erstbeklagten den Notgeschäftsführer der Klägerin unter Hinweis auf den Notariaktsakt vom 3. 2. 2015 und den Notariatsakt vom 21. 4. 2015 auf, den Gesellschafterwechsel vom Zweitbeklagten auf den Erstbeklagten unverzüglich zum Firmenbuch anzumelden.
Der Notgeschäftsführer wies im Schreiben vom 6. 7. 2015 den Rechtsvertreter des Erstbeklagten darauf hin, dass ihm die Rechtsvertretung des Zweitbeklagten für den Fall der Überreichung eines Firmenbuchgesuchs zur Eintragung des Abtretungsvertrags mit einer Unterlassungsklage bzw einer einstweiligen Verfügung gedroht habe.
Mit Schreiben vom 7. 7. 2015 wiederholte der Rechtsvertreter des Erstbeklagten die Aufforderung vom 25. 6. 2015 unter Androhung der Verständigung des Firmenbuchgerichts und allenfalls geltend zu machender Schadenersatzansprüche.
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Notariatsakts vom 3. 2. 2015. Sie brachte vor, zwischen dem Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten sei es zu Streitigkeiten darüber gekommen, ob der Notariatsakt vom 3. 2. 2015 rechtswirksam zustande gekommen sei, weil die beigezogenen Aktzeugen nicht auf der zu solennisierenden Privaturkunde unterschrieben haben. Nach Auffassung der Klägerin sei aus diesem Grund ein Solennitätsverlust eingetreten. Die Klägerin habe ein evidentes Feststellungsinteresse an der Klärung der Gesellschafterstruktur, die untrennbar mit der Wirksamkeit bzw Unwirksamkeit des Notariatsakts vom 3. 2. 2015 verbunden sei.
Der Erstbeklagte und die auf seiner Seite beigetretene erste Nebenintervenientin beantragten die Abweisung des Hauptbegehrens und die Stattgebung des ersten Eventualbegehrens. Die erste Nebenintervenientin stimmte überdies als Mehrheitsgesellschafterin der Klagsführung ausdrücklich zu. Der Notariatsakt sei gültig, weil die beiden Aktzeugen während der gesamten Verlesung sowohl des Notariatsakts als auch der Privaturkunde und bei deren Unterzeichnung anwesend gewesen seien. Der zweite und der dritte Nebenintervenient schlossen sich diesem Standpunkt an.
Der Zweitbeklagte bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin. Die Klagsführung hätte eines genehmigenden Beschlusses der Gesellschafter bedurft, weil diese durch den Unternehmensgegenstand der Klägerin nicht gedeckt sei. Zudem mangle es an einem Feststellungsinteresse der Klägerin.
Das Erstgericht gab nach Verwerfung einer Unzuständigkeitseinrede dem Hauptbegehren statt. Abgesehen vom Fall des § 35 GmbHG sei keine Genehmigung der Gesellschafter oder des Firmenbuchgerichts zur Klagsführung vorgesehen. Die klagende Partei habe auch ein Feststellungsinteresse, weil eine Unsicherheit darüber bestehe, wer aktuell ihre Gesellschafter seien. Der Notariaktsakt sei wegen der fehlenden Unterschrift der Aktzeugen unwirksam.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren einschließlich der beiden Eventualbegehren abwies. Die Klägerin habe kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit bzw Rechtswirksamkeit der notariellen Auseinandersetzungsvereinbarung, an der sie nicht beteiligt sei. Zudem sei das Klagebegehren schon wegen mangelnder Aktivlegitimation und unterbliebener Einbeziehung materieller Streitgenossen auf Beklagtenseite abzuweisen. Damit erübrige sich eine Prüfung, ob der Notariatsakt rechtswirksam sei.
Die ordentliche Revision sei wegen der Einzelfallbezogenheit des Sachverhalts nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Die Revision der klagenden Partei ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1.1. Die Revision macht zunächst geltend, das Berufungsurteil sei nichtig, weil es durch die gänzliche Klagsabweisung in die Teilrechtskraft des Ersturteils eingegriffen habe. Der Zweitbeklagte habe gegen das stattgebende Ersturteil nicht Berufung erhoben. Das Berufungsgericht war jedoch der Ansicht, die beiden Beklagten bildeten hier eine einheitliche Streitpartei iSd § 14 ZPO.
1.2. Dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen kann nicht gefolgt werden. Eine einheitliche Streitpartei (notwendige Streitgenossenschaft) ist dann gegeben, wenn die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer Einheitlichkeit der Entscheidung führen muss (RIS‑Justiz RS0035496). Eine notwendige Streitgenossenschaft, deren Wesen darin besteht, dass der Klagsanspruch nach der Natur des Rechtsverhältnisses oder nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift nur von allen an einem Rechtsverhältnis Beteiligten oder gegen sie erhoben werden kann, liegt im Zweifel nur vor, wenn wegen Nichterfassung aller Teilhaber die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch verschiedene Entscheidungen entsteht, was nach den Umständen des besonderen Falles zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0035479).
1.3. Eine einheitliche Streitpartei ist immer dann anzunehmen, wenn sich die Wirkung des zu fällenden Urteils auf sämtliche Streitgenossen erstreckt (RIS‑Justiz RS0035479 [T9]). Ob die Wirkung des Urteils sich auf sämtliche Streitgenossen erstrecken muss, richtet sich nach der besonderen Gestaltung des Rechtsverhältnisses, sohin nach dem materiellen bürgerlichen Recht (RIS‑Justiz RS0035468 [T7]). Bei obligatorischen Rechten hat die Beteiligung mehrerer Parteien zwar nicht in jedem Fall eine notwendige Streitgenossenschaft zur Folge; sie ist aber auch bei schuldrechtlichen Verhältnissen nicht ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0035479 [T12]).
1.4. Umgekehrt liegt eine einheitliche Streitpartei iSd § 14 ZPO dann nicht vor, wenn trotz Gemeinsamkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts keine rechtliche Notwendigkeit zu einer in jedem Falle einheitlichen Entscheidung gegeben ist, abweichende Entscheidungen also nicht zu unlösbaren Verwicklungen führen (RIS‑Justiz RS0035473).
1.5. Allgemein gilt, dass im Rechtsstreit um die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft bilden (RIS‑Justiz RS0083003). Im Gesellschaftsrecht müssen Klagen aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen Gesellschaftern immer sämtliche Gesellschafter erfassen (RIS‑Justiz RS0022165; ausführlich 6 Ob 258/08x). In der Entscheidung 6 Ob 258/08x (ErwGr 3.2 und 3.3) hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass ein enger Zusammenhang im Gesellschaftsrecht etwa dann angenommen wird, wenn die Gesellschafterstellung, das Ausmaß der Beteiligung, die Geltung einer Vertragsbestimmung oder die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses strittig ist; die Gesellschafter bilden dann sowohl auf Klags‑ als auch auf Beklagtenseite jeweils eine einheitliche Streitpartei. Nur die Beteiligung aller Gesellschafter an einem Verfahren könne verhindern, dass inhaltlich voneinander abweichende Entscheidungen ergehen, die jeweils inter partes binden und so zu einer faktisch nicht mehr bewältigbaren Spaltung des Gesellschaftsverhältnisses (einem „hinkenden“ Gesellschaftsvertrag) führen.
1.6. Ausgehend von dieser Judikatur ist es im hier vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, dass es zu unauflösbaren Verwicklungen führen würde, wenn der Notariatsakt nur gegenüber dem Zweitbeklagten unwirksam wäre. Hätte das Berufungsgericht der Berufung nur im Verhältnis zum Erstbeklagten Folge gegeben, dann würde dies nämlich bedeuten, dass im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Zweitbeklagtem dieser aufgrund der vom Erstgericht festgestellten Unwirksamkeit des Notariatsakts noch Gesellschafter wäre, im Verhältnis zum Erstbeklagten hingegen eine solche Feststellung nicht getroffen wäre. Dann wäre aber fraglich, ob ein Übergang der Gesellschaftsanteile stattgefunden hat, weil ja gerade der Erstbeklagte die Anteile vom Zweitbeklagten erwerben sollte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt grundlegend von dem Fall, dass zwei Gesellschafter jeweils unabhängig voneinander ihre Anteile übertragen.
1.7. Für die Richtigkeit der Lösung des Berufungsgerichts spricht zusätzlich auch die von diesem bereits zitierte Bestimmung in Punkt V.1.10. des Vertrags, wonach dieser insgesamt wegfällt, wenn das Grundkonzept der Vereinbarung, nämlich die Wirksamkeit des Anteilskaufs verbunden mit dem Forderungskauf nicht erfüllbar ist. Diese Regelung zeigt, dass die Vertragsparteien eine Nichtigkeit des Vertrags im Verhältnis bloß zu einzelnen Parteien hier nicht gewollt haben.
1.8. Da die Wirkung der einheitlichen Streitpartei darin besteht, dass Prozesshandlungen eines der Streitgenossen auch für alle anderen gelten (RIS‑Justiz RS0075148), wirkte hier die Berufung des Erstbeklagten auch zugunsten des Zweitbeklagten, sodass entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung keine Nichtigkeit des Berufungsurteils durch Eingriff in eine Teilrechtskraft des Ersturteils vorliegt.
1.9. Dass bei einer einheitlichen Streitpartei einer der Beklagten allein nicht in der Lage ist, ein Klagebegehren anzuerkennen, hat das Berufungsgericht bereits ausgeführt (RIS‑Justiz RS0035701). Auch eines ausdrücklichen Vorbringens in Richtung einer einheitlichen Streitpartei bedurfte es nicht, weil das Wesen der einheitlichen Streitpartei darin liegt, dass die Entscheidung gegen alle Beteiligten „zwangsläufig“ gleich lauten muss (vgl 4 Ob 553/91).
1.10. Dass die vorliegende Klagsführung keiner Genehmigung durch die Gesellschafter der Klägerin bedarf, hat bereits das Erstgericht zutreffend ausgeführt, sieht doch das GmbH-Recht außerhalb des Falls des § 35 GmbHG keine derartige Genehmigungspflicht vor. Die Erhebung einer Feststellungsklage zur Klärung strittiger Rechtsverhältnisse bedarf auch keiner Grundlage im Unternehmensgegenstand (§ 4 Abs 1 Z 2 GmbHG) der Klägerin; dabei handelt es sich um ein bloßes Hilfsgeschäft, das jedenfalls von der Umschreibung der Haupttätigkeit mitumfasst ist (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 4 Rz 7 mwN). Im Übrigen hat die erste Nebenintervenientin ausdrücklich erklärt, der Klagsführung zuzustimmen.
2.1. Das Schwergewicht der Revisions-ausführungen liegt auf der Frage des (vom Berufungsgericht verneinten) rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung. Die Revision macht im Wesentlichen geltend, die Gesellschaft habe ein rechtliches Interesse an der Klärung, wer ihre Gesellschafter seien, zumal an den Notgeschäftsführer divergierende Ansprüche herangetragen worden seien.
2.2. Zwischen den Parteien ist nicht mehr strittig, dass insoweit österreichisches Recht anwendbar ist. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist nämlich jedenfalls nach österreichischem Verfahrensrecht zu beurteilen, auch wenn sich das Rechtsverhältnis selbst nach ausländischem materiellen Recht richtet (Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO5 § 228 ZPO Rz 1; RIS‑Justiz RS0116287; RS0076618). Im Übrigen richtet sich die Frage nach der Mitgliedschaft zu einer Verbandsperson nach dem Gesellschaftsstatut (vgl Art 1 Abs 2 lit d Rom II‑VO), sohin hier jedenfalls nach österreichischem Recht (vgl RIS‑Justiz RS0077060).
2.3. Bei Personengesellschaften kann nach der Rechtsprechung in einem Rechtsstreit um die Mitgliedschaft eines Gesellschafters zu einer Personengesellschaft die Gesellschaft als solche nicht als Partei auftreten, weil ein solcher Rechtsstreit bloß das Innenverhältnis der Gesellschafter betrifft. In einem solchen Rechtsstreit müssen alle Gesellschafter entweder als Kläger oder Beklagte auftreten, sodass eine von der Gesellschaft gegen eine natürliche Person erhobene Klage auf Feststellung, dass diese nicht mehr Gesellschafter ist, abzuweisen ist (RIS‑Justiz RS0035155). Für Streitigkeiten über die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses wie beispielsweise die Feststellung, wonach die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst ist, sind nur die Gesellschafter, nicht aber auch die Gesellschaft selbst sachlich legitimiert (RIS‑Justiz RS0035155 [T3]).
2.4. Wenn ein Abtretungsvertrag über GmbH‑Anteile unwirksam ist, dann ist diese Unwirksamkeit– etwa aufgrund einer sittenwidrigen Vereinbarung gemäß § 879 ABGB – mit einer Klage auf Feststellung (§ 228 ZPO) geltend zu machen (vgl RIS‑Justiz RS0039034). Wenn etwa der abtretende Gesellschafter geltend macht, sein Vertragspartner habe den GmbH-Anteil nicht wirksam erworben, dann kann er gegen diesen mit Feststellungsklage vorgehen (zB 10 Ob 40/99a). Allerdings trat in keiner der zu dem zitierten Rechtssatz verzeichneten Entscheidungen die Gesellschaft selbst als Klägerin auf.
2.5. In der österreichischen Literatur haben sich Kalss/Eckert, Zivilprozessrechtliche und schiedsrechtliche Fragen um die Übertragung von GmbH‑Anteilen, RdW 2007/148, mit der Frage der prozessualen Klärung der strittigen Gesellschafterstellung auseinandergesetzt. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, zweckmäßiger sei eine Prozessführung durch die Gesellschafter anstatt der Gesellschaft; bei Streitigkeiten über den Mitgliederbestand sei eine Prozessführung durch die Gesellschaft zwar nicht als von vornherein ausgeschlossen anzusehen, sie setze aber ein besonderes Feststellungsinteresse der Gesellschaft voraus, das über jenes der Gesellschafter hinausgehe.
3.1. In Deutschland gilt nach § 16 Abs 1 dGmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 dGmbHG) eingetragen ist. § 40 Abs 1 dGmbHG legt weiters fest, dass die Geschäftsführer unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen haben. Die Änderung der Liste durch die Geschäftsführer erfolgt auf Mitteilung und Nachweis.
3.2. Nach Heidinger (in Münchener Kommentar zum GmbHG² § 40 Rz 103 und 121) kann, wenn die Gesellschafterstellung unklar ist, ein Nachweis mittels Feststellungsurteil in einem Prätendentenstreit erfolgen (ebenso Seibt in Scholz, GmbHG11 § 40 Rz 39). Mit dieser Formulierung ist – entgegen dem Verständnis, das die Revision dieser Stelle beilegt – nicht ein Prozess der Gesellschaft gegen die Gesellschafter gemeint. Vielmehr zeigt die Bezugnahme auf Noack (in FS Hüffer 734), dass Heidinger davon ausgeht, dieser Prozess müsse zwischen den beiden Prätendenten geführt werden. Noack führt an der zitierten Stelle nämlich aus, soweit die Veränderung zwischen den Beteiligten (zB Parteien des Veräußerungsgeschäfts) strittig sei, müsse diese Frage erst „unter ihnen“ geklärt werden, wobei der Prätendentenstreit ein „normaler Feststellungsprozess“ sei; mit dem danach ergehenden Urteil sei der von § 40 Abs 1 Satz 2 dGmbHG verlangte „Nachweis“ „gegenüber dem Geschäftsführer“ zu erbringen. Diese Formulierung spricht aber dafür, dass die Gesellschafter untereinander einen Prozess zu führen haben und der obsiegende Gesellschafter dann das Urteil als Nachweis seiner Gesellschafterstellung iSd § 40 Abs 1 Satz 2 GmbHG gegenüber der Gesellschaft verwenden kann. Für dieses Verständnis spricht auch, dass Noack an anderer Stelle (in Baumbach/Hueck, GmbHG21 § 40 Rz 20) davon ausgeht, ein Prätendentenstreit könne nicht auf dem Rücken des Geschäftsführers ausgetragen werden, vielmehr sei die Frage unter den Parteien des Veräußerungsgeschäfts zu klären, etwa durch Klage auf Zustimmung zu der Mitteilung oder (etwa bei mehreren Beteiligten) durch Feststellungsklage.
3.3. Bei Lieder (in Michalski/Heidinger/Leible/ J. Schmidt, GmbHG³ § 13 Rz 222) wird die Auffassung, eine GmbH könne eine Klage auf Feststellung erheben, dass eine bestimmte Person ein Gesellschafter sei, ausdrücklich abgelehnt.
3.4. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Köln zu AZ 18 U 101/03 offenbar ein rechtliches Interesse einer GmbH an der Feststellung anerkannt, dass die im Anlassfall Erstbeklagten noch ihre Gesellschafter sind und die zu Zweitbeklagten nicht Gesellschafter sind. Diese Entscheidung erging jedoch noch vor Einführung der heutigen Fassung des § 16 Abs 1 dGmbHG durch das MoMiG, das am 1. 11. 2008 in Kraft trat. Erst seit dieser Novellierung enthält § 16 Abs 1 dGmbHG eine Bezugnahme auf die Eintragung des Gesellschafters in der Gesellschafterliste im Handelsregister (vgl Heidinger in Münchener Kommentar zum GmbHG² § 16 Rz 5).
3.5. Auch Pentz (in Rowedder/Schmidt-Leithoff,GmbHG5 § 13 Rz 135)erwägt, die Gesellschaft könne Feststellungsklage erheben, wobei das Feststellungsinteresse jedenfalls wegen der gegebenenfalls notwendigen Einladungen zu Gesellschafterversammlungen, der Versendung von Jahresabschlüssen oder sonstigen Mitteilungen, der Zulassung zur Gesellschafterversammlung, der Auszahlung des Gewinnanteils etc vorliegen werde.
3.6. Nach Altmeppen (in Roth/Altmeppen, GmbHG8 § 16 Rz 48) dient die Anordnung des § 16 Abs 1 dGmbHG dazu, der Gesellschaft einen Streit darüber zu ersparen, wer ihr Gesellschafter sei: Diese ergebe sich gerade aus der Eintragung. Solange die Person eingetragen sei bzw nicht feststehe, dass sie gelöscht werden müsse, könne sich die Gesellschaft auf die Legitimationswirkung der Eintragung berufen und einen Streit darüber den Beteiligten überlassen.
3.6. Bei Bitter (in Scholz, GmbHG11 § 13 Rz 54) wird erwogen, für eine Klage der Gesellschaft gegen einen Dritten auf Feststellung, dass dieser nicht Mitglied der GmbH sei, könne „von Fall zu Fall“ ein rechtliches Interesse vorliegen; bei Raiser (in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG § 14 Rz 123) wird offenbar nur die umgekehrte Konstellation einer Klage eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft behandelt.
4.1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es der Klägerin insbesondere deshalb am rechtlichen Interesse, weil sie durch § 78 Abs 1 GmbHG geschützt sei. Nach dieser Bestimmung gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter, der im Firmenbuch als solcher aufscheint.
4.2. Bei § 78 Abs 1 GmbHG handelt es sich um eine Schutzvorschrift zu Gunsten der Gesellschaft, die eines äußeren Merkmals bedarf, um sicher zu wissen, wer ihr gegenüber als Gesellschafter und als zur Ausübung der damit verbundenen Rechte Berechtigter gilt (RIS‑Justiz RS0060058). Mit der Einführung des Firmenbuchs wurde der bis dahin in § 78 Abs 1 GmbHG enthaltene Verweis auf das „Anteilsbuch“ durch einen Verweis auf die Eintragung im Firmenbuch ersetzt. Dies änderte aber am Inhalt der Bestimmung nichts, die somit auf denselben Zielsetzungen wie die alte Fassung beruht (vgl RIS‑Justiz RS0060058 [T4]).
4.3. Die Eintragung im Firmenbuch wirkt nur deklarativ und bezieht sich somit nur auf das Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (RIS‑Justiz RS0059827; RS0060058 [T4]). Außerhalb der Gesellschaft vollzieht sich die Übertragung der Gesellschafterrechte, die mit dem Geschäftsanteil verbunden sind, bei Einhaltung der Formvorschrift des § 76 GmbHG durchaus rechtswirksam unabhängig von der Eintragung im Anteilbuch bzw Firmenbuch (RIS‑Justiz RS0059827).
4.4. Die Gesellschaft ist aber berechtigt, auch noch bevor der neue Gesellschafter ins Firmenbuch eingetragen ist, nach der tatsächlichen Rechtslage zu handeln und dem neuen Gesellschafter sein Stimmrecht in der Generalversammlung zu gewähren (RIS‑Justiz RS0112377). Solange jedoch die Gesellschaftereigenschaft des Erwerbers nicht zweifelsfrei feststeht, also strittig ist, trifft die Gesellschaft keine Rechtspflicht, dem Erwerber die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung zu ermöglichen. In einem solchen Verhalten ist weder die Verletzung einer Treuepflicht noch eine schikanöse Rechtsausübung zu erblicken (RIS‑Justiz RS0112377 [T2]). Ein noch nicht im Firmenbuch eingetragener Neugesellschafter hat somit keinen durchsetzbaren Anspruch darauf, an einer Generalversammlung seiner Gesellschaft teilzunehmen (OLG Wien 28 R 135/07i NZ 2008, G 55).
4.5. Der Gesellschafter, der einen Anteil erworben hat, hat damit auch Anspruch auf Eintragung im Firmenbuch bzw früher im Anteilsbuch (RIS‑Justiz RS0059812). Verweigert der Geschäftsführer die Eintragung, dann steht es der Person, die behauptet, Gesellschafter geworden zu sein, frei, ihren diesbezüglichen Anspruch im Prozessweg gegen die Gesellschaft mit Leistungsklage durchzusetzen (RIS‑Justiz RS0059812 [T1]). Die Passivlegitimation der Gesellschaft für Klagen zur Durchsetzung der Eintragung eines Gesellschafters wird aus § 78 GmbHG abgeleitet: Wenngleich die Anmeldepflicht den Geschäftsführer trifft, ist doch Pflichtensubjekt in erster Linie die Gesellschaft (6 Ob 64/06i). Daneben kommen auch Ansprüche auf Schadenersatz in Betracht, wenn die unverzügliche Anmeldung des Gesellschafterwechsels zum Firmenbuch unterblieben ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 78 Rz 5).
4.6. Ähnliches wird auch zur bereits erwähnten Parallelbestimmung des § 16 Abs 1 dGmbHG vertreten: Demnach kann die materielle Gesellschafterposition und die Frage, wer im Verhältnis zur Gesellschaft zur Ausübung von Gesellschafterrechten befugt ist, auseinanderfallen (Heidinger in Münchener Kommentar zum GmbHG § 16 Rz 2 ff); Hauptziel des § 16 Abs 1 dGmbHG ist der Schutz der Gesellschaft (Heidinger in Münchener Kommentar zum GmbHG § 16 Rz 13). Die Gesellschafterliste soll eine „unwiderlegliche Vermutung“ der materiellen Berechtigung des Eingetragenen gegenüber der GmbH bewirken; der Eintretende hat einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Einreichung der aktualisierten Liste zum Handelsregister (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG8 § 16 Rz 5; siehe auch Wicke in Wicke, GmbHG³ § 16 Rz 3 f).
5.1. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung an, wonach die Gesellschaft grundsätzlich durch § 78 Abs 1 GmbHG ausreichend geschützt ist, sodass diese in der Regel kein rechtliches Interesse hat, mit Feststellungsklage gegen den Alt- und den möglichen Neugesellschafter vorzugehen. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin davon überzeugt ist, dass der Notariatsakt unwirksam ist, dann ist er durch die dargestellte Judikatur insofern geschützt, als er zunächst die Anmeldung des Gesellschafterwechsels zum Firmenbuch nicht vornimmt. Wenn der Erstbeklagte dies nicht akzeptieren möchte, weil er von der Gültigkeit des Notariatsakts überzeugt ist, dann kann er gegen die Klägerin mit Leistungsklage vorgehen (6 Ob 64/06i ErwGr 1). Solange im Firmenbuch weiterhin nicht der Erstbeklagte, sondern der Zweitbeklagte als Gesellschafter aufscheint, entspricht es der Rechtslage, wenn die Klägerin den Zweitbeklagten und nicht den Erstbeklagten als Gesellschafter behandelt (§ 78 Abs 1 GmbHG; RIS‑Justiz RS0112377 [T2]). Wie dieses Ergebnis – wie die Revisionswerberin vermeint – verfassungswidrig sein soll, ist nicht ersichtlich, zumal § 78 Abs 1 GmbHG gerade dem Schutz der GmbH dient.
5.2. Dies gilt jedoch nur im Regelfall. Zutreffend wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass in Ausnahmefällen der Gesellschaft im Einzelfall dennoch ein entsprechendes rechtliches Interesse zukommen kann (vgl Kalss/Eckert, RdW 2007/148; ähnlich auch Bitter in Scholz, GmbHG11 § 13 Rz 54, nach dem „von Fall zu Fall“ ein rechtliches Interesse bestehen könne).
5.3. Im vorliegenden Fall hat der Streit um die Gesellschafterstellung bereits zu einer Lähmung der internen Willensbildung der Gesellschaft geführt, aus welchem Grund auch bereits ein Notgeschäftsführer bestellt wurde. Zudem wurde nach dem unwidersprochenen Klagsvorbringen (§ 267 ZPO) der Notgeschäftsführer einerseits vom Erstbeklagten bedrängt, die Anmeldung des Gesellschafterwechsels zum Firmenbuch vorzunehmen, andererseits wurde ihm vom Zweitbeklagten für diesen Fall mit der Erhebung einer Unterlassungsklage und einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gedroht. Bei dieser Sachlage ist der Gesellschaft und dem sie derzeit vertretenden Notgeschäftsführer ein schutzwürdiges Interesse an der Klärung der Gesellschafterstellung der Beklagten nicht abzusprechen.
6.1. Daraus ist für den Rechtsstandpunkt der klagenden Partei jedoch nichts zu gewinnen: Das Begehren der Klägerin ist nämlich nicht auf Feststellung der Gesellschaftereigenschaft der Beklagten, sondern auf Feststellung der Unwirksamkeit des Notariatsakts gerichtet. Dazu gilt aber in ständiger Rechtsprechung, dass im Rechtsstreit um die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags sämtliche Vertragspartner eine notwendige Streitgenossenschaft bilden, sodass in einem solchen Fall alle Vertragspartner auf der Beklagtenseite Parteistellung einnehmen müssen (RIS‑Justiz RS0083003). Dass einzelne der Beteiligten des Vertrags dem Verfahren als Nebenintervenienten beigetreten sind, reicht nicht aus.
6.2. Ein Interesse an der Feststellungsklage ist zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (RIS‑Justiz RS0038908 [T5]). Das rechtliche Interesse ist dann zu verneinen, wenn die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils die Beseitigung der Unsicherheit über das Rechtsverhältnis nicht garantieren kann (RIS‑Justiz RS0014654 [T5]).
6.3. Wenn der Feststellungsklage im vorliegenden Fall stattgegeben würde, dann könnte sich die Rechtskraft des Urteils nicht auch auf die am Verfahren nicht beteiligten weiteren Vertragsparteien erstrecken. In einem solchen Fall fehlt dann aber das für jedes Feststellungsbegehren erforderliche rechtliche Interesse (vgl 7 Ob 378/98h, 3 Ob 34/11p). Insofern ist auch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach das Klagebegehren hier schon deshalb abzuweisen sei, weil nicht alle Vertragsparteien mitgeklagt worden seien, nicht zu beanstanden, weil bei Nichterfassung aller Vertragspartner unlösbare Verwicklungen durch divergierende Entscheidungen entstehen könnten (vgl RIS‑Justiz RS0035479), insbesondere aufgrund der Vereinbarung in Punkt V.1.10. des Vertrags, wonach dieser insgesamt wegfällt, wenn das Grundkonzept der Vereinbarung, nämlich die Wirksamkeit des Anteilskaufs verbunden mit dem Forderungskauf nicht erfüllbar ist.
6.4. Soweit sich die Revision darauf stützt, das Feststellungsinteresse ergebe sich auch daraus, dass die erstbeklagte Partei und die erste Nebenintervenientin die „Aktivklagslegitimation anerkannt“ hätten, ist dem entgegenzuhalten, dass das Feststellungsinteresse der Parteiendisposition entzogen ist; es kann also weder anerkannt, noch zugestanden, noch außer Streit gestellt und auch kein Gegenstand des Vergleichs sein (RIS‑Justiz RS0039123 [T13]).
7.1. Lediglich der Vollständigkeit halber ist jedoch darauf zu verweisen, dass entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung kein Verstoß gegen § 76 Abs 2 GmbHG vorliegt. Nach dieser Bestimmung bedarf es zur Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden eines Notariatsakts.
7.2. Im vorliegenden Fall sollte dazu eine bereits vorliegende Privaturkunde in die notwendige Form des Notariatsakts gebracht werden. In diesem Zusammenhang sieht § 54 NO vor, dass wenn eine bereits errichtete Privaturkunde notariell bekräftigt werden soll, hierüber ein Notariatsakt aufzunehmen ist. Diese sogenannte Solennisierung einer Privaturkunde ersetzt die Errichtung eines Notariatsakts (RIS‑Justiz RS0070805).
7.3. Nach § 54 NO muss die Privaturkunde dem Notar vorgelegt, von ihm geprüft und wenn der Aufnahme des Akts kein Hindernis entgegensteht, von ihm und den etwa zuzuziehenden Aktszeugen unterzeichnet werden. Zeugen sind gemäß § 56 Abs 1 NO unter anderem dann beizuziehen, wenn eine Partei der Sprache, in welcher der Akt aufgenommen wird, nicht kundig ist. Ein Notariatsakt, der unter Außerachtlassung dieser Förmlichkeiten und Vorsichten aufgenommen worden ist, hat nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde (§ 66 NO).
7.4. Bereits der Wortlaut des Gesetzes verlangt daher unzweifelhaft die Unterschrift der Zeugen auf der Privaturkunde selbst. Im vorliegenden Fall wurde die Privaturkunde auch von den Zeugen unterfertigt, allerdings erst etwa zweieinhalb Monate nach der Unterschriftsleistung durch die Parteien, offenbar weil erst nach dem ersten Unterzeichnungstermin auffiel, dass die Unterschriften der Zeugen auf der Urkunde vergessen wurden.
7.5. Daraus ergibt sich aber noch nicht die Unwirksamkeit des Notariatsakts: Bei Errichtung eines Notariatsakts müssen die (darin als erschienen angeführten) Parteien gleichzeitig anwesend sein; die Parteien müssen auch noch bei ihrer eigenen Unterfertigung gemeinsam anwesend sein, aber nicht mehr bei der Unterfertigung der Urkunde durch die mitwirkenden Zeugen und den Notar (Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 52 NO Rz 19 und § 68 Rz 13). Wenn bloß der Notar auf einer Urkunde zu unterschreiben vergessen hat, dann kann er dieses so lange nachholen, als er die Urkunde noch in seiner Verfügungsgewalt hat und sie noch nicht (etwa durch Erteilung einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift) nach außen in Erscheinung getreten ist (Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 68 NO Rz 17).
7.6. Zwar spricht die Formulierung des § 68 NO dafür, dass grundsätzlich der Notar erst nach den Zeugen unterschreibt (Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 47 NO Rz 7); die Verletzung dieser Reihenfolge führt aber noch nicht zum Solennitätsverlust iSd § 66 NO, weil diese Bestimmung nur auf die in den §§ 54 bis 65 NO gebotenen Förmlichkeiten und nicht auch auf § 68 NO verweist. So hat der VwGH im Anschluss an P. Bydlinski (Notariatsakt und Notariatshaftung, NZ 1991, 236) ausgesprochen, dass gemäß § 66 NO ein Notariatsakt bei bestimmten Formmängeln nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde habe; bei Verstoß gegen diese Normen liege somit kein formgültiger Vertrag vor, wenn das Gesetz (zB § 76 Abs 2 GmbHG) einen Notariatsakt fordert. § 66 NO erfasse jedoch bloß Verstöße gegen §§ 54 bis 65, § 68 NO die Unterlassungen von bestimmten Förmlichkeiten. Durch die nachträgliche Setzung der Unterschrift der Parteien auf den Notariatsakt würden diese Bestimmungen nicht verletzt (vgl VwGH 92/16/0102; siehe auch Wagner/Knechtel, Notariatsaktsordnung6 § 68 NO E 6). Diese Ausführungen lassen sich auf den hier vorliegenden Fall, dass die Unterschrift der Zeugen nachgetragen wurde, übertragen.
7.7. Für diese Auslegung spricht auch, dass der Zweck der Beiziehung der Zeugen darin liegt, später Beweis über den Beurkundungsvorgang führen zu können. Dieser Zweck wird aber bei einer bloßen Nachholung der Unterschrift der Zeugen nicht beeinträchtigt (vgl Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 § 56 NO Rz 1). Aus diesem Grund kann auch aus dem Prinzip der „unitas actus“ (vgl Wagner/Knechtel, Notariatsaktsordnung6 § 52 Rz 20) nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Auch die Erwägungen zur „gemeinsamen Ausübung“ von Stifterrechten in der Entscheidung 6 Ob 122/16h (ErwGr 1.2), wonach diese „gemeinsame Ausübung“ iSd § 3 PSG jedenfalls in einem „engen zeitlichen Zusammenhang“ von „maximal einigen Tagen“ erfolgen muss, lässt sich in Hinblick auf den dargelegten Zweck der Beiziehung von Solennitätszeugen nicht auf die vorliegende Konstellation übertragen.
8. Im Ergebnis erweist sich sohin das Urteil des Berufungsgerichts als zutreffend, sodass der unbegründeten Revision ein Erfolg zu versagen war.
9. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Da der Erstbeklagte und die erste Nebenintervenientin sowie der zweite und der dritte Nebenintervenient jeweils von einem Rechtsanwalt vertreten werden und ihnen nur die Klägerin gegenübersteht, erhöht sich deren Entlohnung um 10 % (§ 15 lit a RATG). Dem Zweitbeklagten steht nur die Klägerin gegenüber; sein Rechtsanwalt vertritt in der Rechtsache keine weitere Person. Ein Streitgenossenzuschlag steht demnach nicht zu (§ 15 RATG).
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