OGH 5Ob75/24a

OGH5Ob75/24a8.8.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers A*, gegen die Antragsgegner 1. E*, 2. Ed*, 3. M*, 4. S*, 5. S* GmbH, *, 6. S* BaugmbH, *, alle vertreten durch Pilz & Burghofer Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen § 21 Abs 3 und 5 iVm § 20 Abs 4 und § 37 Abs 1 Z 11 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. August 2023, GZ 38 R 124/23a‑18, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 17. Februar 2023, GZ 44 Msch 10/22g‑7, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00075.24A.0808.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Bestandrecht, Wohnungseigentumsrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist zumindest seit 2010 Hauptmieter einer Wohnung in einem Haus, das die Antragsgegner mit Kaufvertrag vom 29. September 2020 von der damaligen Alleineigentümerin erworben haben. Die Hausverwaltung wurde damals und wird auch heute noch von der Drittantragsgegnerin geführt. Für das Jahr 2010 legte diese eine Betriebskostenabrechnung, nicht hingegen für die Jahre 2011 bis 2019.

[2] Der Antragsteller begehrte, die Antragsgegner zur Legung der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2011 bis 2019 zu verpflichten.

[3] Die Antragsgegner wendeten ein, es sei erst im September 2020 zum Eigentümerwechsel gekommen, für davor gelegene Perioden seien sie nicht passiv legitimiert. Überdies sei der Abrechnungsanspruch verjährt.

[4] Das Erstgericht gab dem Sachantrag statt. Es verpflichtete die Antragsgegner, die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2011 bis 2019 binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung an einer geeigneten Stelle im Haus zur Einsichtnahme durch die Hauptmieter aufzulegen und diesen in geeigneter Weise Einsicht in die Belege – bei Bedarf auf Datenträgern Einsicht in die Ausdrucke der Belege – zu gewähren sowie auf Verlangen einer Hauptmieterin oder eines Hauptmieters von der Abrechnung und/oder den Belegen auf ihre bzw seine Kosten Abschriften (Ablichtungen, weitere Ausdrucke) anfertigen zu lassen. Bei Nichteinhaltung des Auftrags wurde – je Jahresabrechnung – eine Ordnungsstrafe von 250 EUR angedroht. Das Erstgericht bejahte die Passivlegitimation der Antragsgegner und ging von einer dreißigjährigen Verjährungsfrist für den Rechnungslegungsanspruch aus.

[5] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

[6] Zur Passivlegitimation verwies es darauf, dass im MRG grundsätzlich der Mieter seine Ansprüche gegen den jeweils aktuellen Vermieter geltend zu machen habe. Da die (richtig) Drittantragsgegnerin selbst bereits die Verwaltung während der hier gegenständlichen Abrechnungsperioden inne gehabt habe, sei der Umstand der nicht gelegten Abrechnungen bekannt gewesen und gebe es mangels Verwalterwechsels auch keine faktischen Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung oder Belegsuche.

[7] Zur Verjährung vertrat das Rekursgericht die Auffassung, dass Rechnungslegungsverpflichtungen mangels Sonderbestimmung grundsätzlich nach 30 Jahren verjähren. Zwar unterwerfe die jüngere Rechtsprechung die Verjährung von Rückforderungansprüchen auf bereicherungsrechtlicher Grundlage dann einer dreijährigen Verjährungsfrist, wenn diese auch für die Hauptleistung gelte. Über den Beginn der Verjährungsfrist sage dies aber nichts. Da die Vorschreibung und Bezahlung laufender Betriebskosten nicht bloße Akontierung, sondern selbständige Verpflichtung sei, sei es erforderlich, eine Rechnung zu legen, aus der ein Saldo resultiere. § 21 Abs 3 MRG sehe vor, dass die Fälligkeit des Saldos erst mit dem auf die Rechnungslegung folgenden übernächsten Monat eintrete. Vor einer Rechnungslegung könne die Verjährung des Saldos somit gar nicht eintreten. Das Argument der Rekurswerber, nach mehr als drei Jahren sei ein Saldo jedenfalls verjährt, gehe daher ins Leere. Auch der Normzweck des § 21 Abs 3 MRG spreche dafür, die Verletzung der Rechnungslegungspflicht durch deren Aufrechterhaltung zu sanktionieren.

[8] Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Rechnungslegungspflicht des § 21 MRG der dreijährigen oder dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliege; in der Literatur seien Argumente für die Anwendung einer kurzen Verjährungsfrist geäußert worden.

[9] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner, in dem sie die Abänderung im Sinne einer Abweisung des Sachantrags, hilfsweise Abweisung nur für die Jahre 2011 bis 2017, in eventu die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen anstreben.

[10] Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.

[12] 1. Primär bestreiten die Antragsgegner unverändert ihre Passivlegitimation mit dem Argument, die Fälligkeit der Verpflichtung zur Legung der Abrechnung sei gemäß § 21 Abs 3 MRG am 30. 6. des folgenden Kalenderjahres eingetreten. Aus der Entscheidung 3 Ob 249/04w gehe hervor, dass es auf das Eigentum (die Vermieterstellung) im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abrechnung und nur hilfsweise der tatsächlichen Legung der Abrechnung ankomme.

[13] 1.1. Die Vorinstanzen gingen wie auch die Rechtsmittelwerber übereinstimmend davon aus, dass hier eine Betriebskostenpauschalverrechnung vereinbart wurde. Bei Betriebskostenpauschalraten, die gemäß § 21 Abs 3 MRG vorgeschrieben werden und deren Höhe von den im tatsächlichen Vorschreibungsjahr dem Vermieter entstehenden Betriebskosten unabhängig ist, handelt es sich nach der Rechtsprechung (RS0070107) nicht um die (echte) Akontierung auflaufender Betriebskosten, sondern um selbständige gesetzliche Mietzinsbestandteile, die als solche ohne Rücksicht auf die spätere Abrechnung geschuldet werden, solange die Voraussetzungen des § 21 Abs 3 MRG für die Jahrespauschalverrechnung erfüllt sind. Die Unabhängigkeit der Pauschalraten von der tatsächlichen Höhe der im Jahr der Pauschalvorschreibung aufgelaufenen Betriebskosten geht so weit, dass Schuldner der Pauschalraten die Mieter der betreffenden Mietgegenstände im Zeitpunkt der Vorschreibung der Pauschalraten sind, wogegen Schuldner (bei einem Betriebskosten‑Passivsaldo) oder Gläubiger (bei einem Betriebskostenüberschuss) des sich im Fall der Pauschalvorschreibung aus der nach § 21 Abs 3 MRG spätestens zum 30. 6. des Folgejahres vom Vermieter zu erstellenden Abrechnung ergebenden Fehlbetrags bzw Überschusses diejenigen Personen sind, die zu diesem maßgeblichen Stichtag Mieter dieser Mietgegenstände sind (RS0070097; RS0070107).

[14] 1.2. Bereits zu 5 Ob 196/97b sprach der Fachsenat aus, dass die Vorlage der Abrechnung durch jeden Mieter im Sinn des § 20 Abs 4 MRG im außerstreitigen Verfahren nach §§ 37 ff MRG ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Vermieter erzwungen werden kann, was auch im Fall eines Betriebskostenüberschusses für die Rückforderung durch den Mieter gilt. Ein Antrag auf Überprüfung einer Betriebskostenabrechnung für noch nicht abgerechnete Perioden ist daher im Fall eines Eigentümerwechsels gegen den neuen (Allein‑)Eigentümer zu richten und nicht gegen frühere (Mit‑)Eigentümer, in deren Eigentümerschaft zwar die Abrechnungsperiode fällt, die aber keinen Einfluss darauf haben, welche Positionen der Abrechnende in die Betriebskostenabrechnung aufnimmt und die von zahlungsmäßigen Auswirkungen der Abrechnung im Verhältnis zu den Mietern nicht betroffen sind. Auch allfällige interne Regressansprüche zwischen neuen und alten Eigentümern sind für die Beantwortung der Frage, gegen wen der Mieter seinen Überprüfungsantrag zu richten hat, bedeutungslos (RS0107962). Demgemäß hat die Abrechnung und die Rückzahlung des Betriebskostenüberschusses an den/die Mieter bei einem Vermieterwechsel derjenige zu erbringen, der in diesem Zeitpunkt Vermieter ist, und nicht der vormalige Vermieter (5 Ob 163/01h; 3 Ob 249/04w). Diese Auffassung wird auch von der Lehre geteilt (Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 21 MRG Rz 59; Ressler in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht TK4 § 21 MRG Rz 57; Kulhanek in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht TK4 § 37 MRG Rz 137).

[15] 1.3. Soweit die Revisionsrekurswerber aus der Entscheidung 3 Ob 249/04w Abweichendes ableiten wollen, übersehen sie, dass diese Entscheidung auf die soeben dargestellte höchstgerichtliche Rechtsprechung sehr wohl Bezug nahm, allerdings (nur) im Verhältnis zwischen dem vormaligen und dem nunmehrigen Eigentümer auf die Notwendigkeit der Auslegung des im Kaufvertrag vereinbarten Stichtags abstellte und ausdrücklich darauf hinwies, dass einerseits der Verrechnungsstichtag laut Kaufvertrag und andererseits der Stichtag für die im Gesetz vorgeschriebene Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter zu beachten sei. Der im Revisionsrekurs hervorgehobene Satz aus dieser Entscheidung bezog sich auf das Vertragsverhältnis der dortigen Prozessparteien und traf keine von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweichende Aussage zur Passivlegitimation für die Betriebskostenabrechnung im Fall eines Eigentümerwechsels im Verhältnis zu Mietern des Hauses.

[16] 1.4. Nach der Entscheidung 5 Ob 163/01h kann aber der Vermieter nicht zu einer Leistung verurteilt oder durch Ordnungsstrafen hiezu gezwungen werden, von der nach der Beurteilung des Verkehrs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie gar nicht erbracht werden kann, weil etwa die notwendige Mitwirkung eines Dritten nicht zu erreichen ist. Um einem Rechnungslegungsbegehren stattzugeben, muss eine ernstzunehmende Chance bestehen, dafür notwendige Unterlagen zu beschaffen.

[17] 1.5. Hierverneinte das Rekursgericht eine Unmöglichkeit im Hinblick auf den Umstand, dass sich an der Hausverwalterin durch die Veräußerung des Hauses nichts geändert hatte, und verwies darauf, dass die Käufer im Rahmen der Ankaufsprüfung allenfalls nicht erfüllte Rechnungslegungspflichten relevieren und Unterlagen einfordern hätten können. Diese Beurteilung des Rekursgerichts, wonach im konkreten Fall nicht von einer Unmöglichkeit der vom Antragsteller begehrten Abrechnung auszugehen sei, ziehen die Revisionsrekurswerber nicht substantiiert in Zweifel. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.

[18] 1.6. Dass die Vorinstanzen die Passivlegitimation der Antragsgegner bejahten, entspricht daher der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und ist keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

[19] 2. Zur Frage der Verjährung des Abrechnungsanspruchs meinen die Revisionsrekurswerber, die kürzere Verjährungsfrist sei hier aufgrund analog anzuwendender Sonderbestimmungen des Wohnrechts maßgeblich; eine Analogie zu § 27 Abs 3 MRG und § 34 Abs 1 WEG 2002 sei angebracht. Zu 5 Ob 276/02b habe der Oberste Gerichtshof die analoge Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG auf die Rückerstattung von Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeiträgen bejaht. Vergleichbares gelte für den Betriebskostenabrechnungsanspruch. Aus dem Umstand, dass Ansprüche aus einer Betriebskostenabrechnung nicht vor deren Legung entstehen, könne kein Schluss auf die Dauer der Verjährungsfrist gezogen werden. Dem Normzweck des § 20 Abs 3 MRG werde auch bei Annahme einer dreijährigen Verjährungsfrist ausreichend entsprochen.

Hierzu wurde erwogen:

[20] 2.1. Zutreffend verwiesen die Vorinstanzen auf den Grundsatz, dass der Anspruch auf Rechnungslegung im Allgemeinen mangels gesetzlicher Sonderbestimmung nach 30 Jahren verjährt (RS0019397; RS0109276 = 5 Ob 2063/96k [Verwalterabrechnung nach § 17 Abs 6 WEG 1975]; vgl 6 Ob 14/23m [Herausgabeanspruch des Vollmachtgebers]). Nur wenn der Abrechnungsanspruch bloß ein Nebenanspruch zu einem der kurzen Verjährungsfrist unterliegenden Hauptanspruch ist, verjährt er mit diesem; eine Rechnungslegungspflicht in Bezug auf verjährte Leistungen kann insoweit nicht mehr durchgesetzt werden (RS0028102; RS0034930).

[21] 2.2. Zur Frage der von den Revisionsrekurswerbern reklamierten analogen Anwendung der kurzen Verjährungsfrist auf den Betriebskostenabrechnungsanspruch des Hauptmieters fehlt eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung. In der Entscheidung 1 Ob 40/20v ließ der 1. Senat die Frage, ob die lange dreißigjährige oder – wie von den Vorinstanzen dort erwogen – die kurze dreijährige Frist auf den Abrechnungsanspruch anzuwenden ist, dahingestellt, weil die aus der – letztlich erfolgten – Abrechnung erwachsenen Rückforderungsansprüche betreffend die außerhalb der kurzen Verjährungsfrist liegenden Jahre ohnedies nicht verjährt waren. Dort referierte der 1. Senat aber zur „Jahrespauschalverrechnung“ nach § 21 Abs 3 MRG für Betriebskosten und öffentliche Abgaben die ständige Rechtsprechung (5 Ob 101/91; 5 Ob 2122/96m; 3 Ob 249/04w) und Lehre (Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 21 MRG Rz 47; Egglmeier‑Schmolke/Schinnagl in GeKo Wohnrecht I § 21 MRG Rz 89; Ressler in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht3 § 21 MRG Rz 56; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 § 21 MRG Rz 17 f), wonach ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel (voraus‑)bezahlter Betriebskosten nicht vor Abrechnung der in der jeweiligen Abrechnungsperiode angefallenen Betriebskosten entstehen kann. Erst mit der Abrechnung macht der Vermieter die ihm entstandenen (im Anwendungsbereich des § 21 MRG: fällig gewordenen) Betriebskosten gegenüber dem Mieter geltend (vgl RS0070049; 5 Ob 131/99x mwN; 3 Ob 249/04w). Die Betriebskostenabrechnung liefert diesem die erstmalige Grundlage für die Beurteilung, welche – nach dem Gesetz bzw (außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG) dem Vertrag – von ihm zu tragenden Bewirtschaftungskosten dem Vermieter tatsächlich entstanden und vom Mieter anteilig endgültig zu tragen sind. Erst dann kann der Mieter auch beurteilen, in welchem Umfang seine Akontozahlungen seine nun feststehende wahre Verbindlichkeit allenfalls übersteigen. Die Fälligkeit des – erst mit der Abrechnung entstandenen – Rückforderungsanspruchs tritt gemäß § 21 Abs 3 vorletzter Satz MRG (für die in dessen Anwendungsbereich fallenden Mietverhältnisse) mit dem auf die Abrechnung zweitfolgenden Zinstermin ein, weshalb vor diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnt. Dem auch dort erhobenen Einwand, der Vermieter habe bei einem an die (tatsächlich erfolgte) Betriebskostenabrechnung anknüpfenden Verjährungsbeginn zeitlich unbegrenzt Rückforderungsansprüche zu befürchten, entgegnete der 1. Senat, dass es der Vermieter selbst in der Hand hat, den Beginn der Verjährungsfrist durch Vorlage der Abrechnung auszulösen und es nicht einsichtig wäre, würde er aus der Verletzung seiner Abrechnungspflicht durch verspätete Durchführung einen verjährungsrechtlichen Vorteil erlangen. Diese Entscheidung geht somit von einem rechtlichen Interesse am Rechnungslegungsanspruch jedenfalls auch nach Ablauf von drei Jahren nach dem Rechnungslegungsstichtag aus.

[22] 2.3. Bejaht hat der Fachsenat die analoge Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 34 Abs 1 WEG zu 5 Ob 200/18z in einer mit dem hier zu beurteilenden Fall nicht vergleichbaren Konstellation. Der Senat führte aus, dass § 34 Abs 1 WEG als ausführendes Spezialrecht zu §§ 1012, 830, 837 ABGB eine sowohl hinsichtlich der Verjährungsfrist als auch der Fälligkeit von den Grundsätzen des allgemeinen Zivilrechts abweichende Regelung trifft. Demnach ist die Abrechnung innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode jedem Wohnungseigentümer an die in § 24 Abs 5 WEG bestimmte Anschrift zu übermitteln, sodann ist dem Wohnungseigentümer in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung verjährt in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist. Abrechnungsperiode ist gemäß § 34 Abs 2 WEG grundsätzlich das Kalenderjahr. Der Senat bejahte die analoge Anwendung des § 34 WEG auf den Rechnungslegungsanspruch eines Wohnungseigentümers gegen den nur faktisch verwaltenden Mit‑ und Wohnungseigentümer wegen vergleichbarer Sachlage. Er führte aus, dass die Gleichstellung des bloß faktischen mit dem förmlich bestellten Verwalter im Wohnungseigentum in der Regelung des § 837 ABGB eine entsprechende Stütze findet, weil dem auftragslos verwaltenden Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft dieselben Rechte und Pflichten zugeordnet sind wie dem bestellten Verwalter. Für die hier zu beantwortende Frage bietet diese zum Wohnungseigentumsrecht und einer speziellen Konstellation ergangene Entscheidung aber keinen wesentlichen Aufschluss.

[23] 2.4. Zu 5 Ob 276/02b bejahte der Fachsenat die analoge Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG auf die Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltenen Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeiträgen mit der Begründung, dieser Anspruch sei mit der Rückforderung unzulässig eingehobener Hauptmietzinse vergleichbar.

[24] 2.5. In der Literatur vertritt Dobler (Zur Verjährung der Rückforderung und Abrechnung von Betriebskosten im Bereich des § 1099 ABGB, immoZak 2020, 62 [63 f]) die Auffassung, gegen die lange Verjährungsfrist sprächen öffentliche Interessen und die Prozessökonomie. Lange Zeit bestehende Zustände hätten ein gewisses Indiz der Richtigkeit für sich, lange zurückliegende Sachverhalte erforderten übermäßigen Beweiserhebungsaufwand. Oftmals würden bei länger zurückliegenden Zeiträumen Unterlagen und Belege aufgrund faktischer Umstände und steuergesetzlicher Aufbewahrungsfristen nicht mehr vorhanden sein. Bei fristgerechter Wahrnehmung seiner Abrechnungspflicht könnte ein Vermieter einem Abrechnungsbegehren des Mieters mit der Behauptung ausgesetzt sein, die Rechnungslegung sei (gänzlich oder teils) formell unzureichend oder überhaupt nicht erfolgt. Kritisch sei auch die Konstellation, dass der Vermieter im Gerichtsverfahren nach Jahren die ursprüngliche Erfüllung seiner Pflicht zur Betriebskostenabrechnung zu beweisen habe. § 34 Abs 1 letzter Satz WEG und § 5 Abs 4 KlGG sowie § 27 Abs 3 MRG zeigen die in Gesetzgebung und Rechtsprechung ersichtliche Tendenz, Verjährungsfristen im Bereich des Wohnrechts generell zu begrenzen. Auch der Zweck des § 27 Abs 3 MRG, die Haftung des Vermieters für überhöht bezahlte Betriebskosten zeitlich zu beschränken, würde durch eine dreißigjährige Verjährungsfrist konterkariert. Er meint daher, gute Gründe sprächen für eine Analogie zu § 34 Abs 1 letzter Satz WEG.

[25] Sporer (Betriebskostenrückforderungsanspruch, immolex 2020, 395) schließt sich ohne weitere Argumentation diesen Ausführungen an.

[26] Trojer (Verspätete, unwirksame und unmögliche Betriebskostenabrechnungen, wobl 2023, 201 [203]), zeigt die strittige Frage der Dauer der Verjährungsfrist auf, ohne sich näher festzulegen.

[27] Egglmeier‑Schmolke/Schinnagl (in H. Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo Wohnrecht I § 20 MRG Rz 54) plädieren für die allgemeine dreißigjährige Verjährungsfrist (ebenso das LGZ Wien in MietSlg 73.316, 73.317).

[28] Prader/Mallaun (Unmöglichkeit der Leistung am Beispiel der Rechnungslegung, immolex 2008, 38) und Kothbauer (Mietrecht Österreich, Praxishandbuch [2021] 489) weisen darauf hin, dass bei Unmöglichkeit der Rechnungslegung für lang zurückliegende Zeiträume eine entsprechende Klage bzw ein entsprechender Sachantrag abzuweisen wäre.

[29] 2.6. Bei der von den Revisionsrekurswerbern im Anschluss an Dobler (aaO) erwogenen Gesetzesanalogie ist zu prüfen, ob nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung angenommen werden muss, dass der geregelte und der ungeregelte Fall in den maßgeblichen Voraussetzungen des Tatbestands übereinstimmen, sodass die vom Gesetzgeber an den geregelten Tatbestand geknüpfte Rechtsfolge auch beim ungeregelten Tatbestand eintreten soll (RS0008826). Die Analogie setzt eine planwidrige Unvollständigkeit voraus. Das Gesetz muss – gemäß seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie – ergänzungsbedürftig sein, ohne dass diese Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RS0008866). Der Umstand, dass es sich bei § 34 Abs 1 WEG und § 27 MRG um Spezialbestimmungen handelt, hindert deren analoge Anwendung nicht, wenn ihnen ein analogiefähiges, wenn auch zum allgemeinen Grundsatz „engeres“ Prinzip zugrunde liegt (RS0008937). Grundsätzlich ist die Analogie zu den die Ausnahme bildenden kurzen Verjährungsfristen mit Vorsicht zu handhaben (RS0086687 [T1, T2]).

[30] 2.7. Verjährungsbestimmungen dienen vorrangig dem Schuldnerschutz (RS0120562), aber auch öffentlichen Interessen, zumal Zustände, die lange Zeit bestehen, ein gewisses Indiz der Richtigkeit für sich haben und lange zurückliegende Sachverhalte übermäßigen Beweiserhebungsaufwand erfordern, was sowohl die Gerichte als auch die Partei mit erheblichen Kosten belastet (RS0114326). Demgemäß dient das Verjährungsrecht auch der Prozessökonomie (5 Ob 200/18z mwN). Erst mit dem WEG 2002 wurde die Verjährungsfrist in § 34 Abs 1 WEG auf drei Jahre gekürzt, wobei die Materialien auf den Vorschlag von Call verweisen (ErlRV 989 BlgNR 21. GP  73). Call bezeichnete die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB im Hinblick auf die jährliche Rechnungslegungspflicht des Hauseigentümers und des Wohnungseigentumsverwalters als „lebensfremdes Fossil in der Rechtsordnung“, das dringend beseitigt gehöre, zumal bei Anwendung der langen Verjährungsfrist Forderungen die „Lebenszeit“ einer modernen Wohnanlage nahezu überdauerten. Auch die den Unternehmer treffenden Aufbewahrungspflichten (§ 212 Abs 1 UGB und § 132 Abs 1 BAO – sieben Jahre) sprächen gegen eine derart lange Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rechnungslegung. Zu 5 Ob 200/18z wurde die Verjährungsfrist des § 34 Abs 1 WEG daher auf den bloß faktisch verwalteten Mit‑ und Wohnungseigentümer analog angewendet.

[31] 2.8. § 27 Abs 3 MRG sieht vor, dass das, was entgegen der Bestimmungen der §§ 15 bis 26 oder des § 27 Abs 1 geleistet wird, samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden kann. Der Anspruch auf Rückforderung der entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 vereinnahmten Leistungen verjährt dabei in drei Jahren; der Anspruch auf Rückforderung der entgegen den Bestimmungen des § 27 Abs 1 (verbotene Vereinbarung) vereinnahmten Leistungen hingegen in zehn Jahren. Die Verjährung des Rückforderungsanspruchs ist gehemmt, solange bei Gericht (bei der Gemeinde) ein Verfahren über die Höhe des Mietzinses anhängig ist. Die Verjährungsbestimmung sieht daher unterschiedliche Fristen je nachdem vor, ob es sich um zu Unrecht entgegen §§ 15 bis 26 MRG verrechnete Beträge oder um Leistungen aufgrund einer ungültigen und verbotenen Vereinbarung nach § 27 Abs 1 MRG handelt, und ordnet konkret eine Hemmung des Laufes der Verjährungsfrist für die Dauer der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Höhe des Mietzinses an. Ähnliches sieht die Regelung in § 5 Abs 4 KlGG in Bezug auf unzulässig eingehobene Generalpachtzinse vor. Dass die – bereits erwähnte – Entscheidung 5 Ob 276/02b die analoge Anwendung der Drei‑Jahres‑Frist in § 27 Abs 3 MRG auf den Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Erhaltungs‑ und Verbesserungsbeiträge bejahte, lässt sich aus dem Telos dieser Verjährungsbestimmung begründen; zur Verjährung des Abrechnungsanspruchs an sich nahm die Entscheidung nicht Stellung.

[32] 2.9. Nach Auffassung des erkennenden Senats fehlt es hier schon an einer planwidrigen Unvollständigkeit. Das MRG sieht eine ganze Reihe von Präklusions‑ und Verjährungsbestimmungen vor (so etwa § 9 Abs 1, § 10 Abs 4, § 12a Abs 2, § 14 Abs 2, § 16 Abs 8, § 27 Abs 3 MRG). Weder beim Anspruch auf Hauptmietzinsabrechnung nach § 20 MRG noch auf Betriebskostenabrechnung bei Jahrespauschalverrechnung nach § 21 Abs 3 MRG erwähnt das Gesetz allerdings eine Frist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MRG war § 34 Abs 1 WEG 2002, der nun eine dreijährige Verjährungsfrist anordnet, noch nicht in Kraft, vielmehr galt damals die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 17 Abs 6 WEG 1975 (vgl 5 Ob 2063/96k). Dass das MRG gemäß seiner immanenten Teleologie im Hinblick auf die Verjährung der darin vorgesehenen Rechnungslegungsansprüche ergänzungsbedürftig wäre, ist daher nicht zu erkennen. Bedenkt man den aus dem Gesetz erfließenden Zweck der Jahresabrechnung, den Mieter darüber zu informieren, wie hoch seine erst im Nachhinein ermittelbare wahre Verbindlichkeit an Betriebskosten tatsächlich ist, und ob ihm allenfalls ein Rückforderungsanspruch zusteht, der erst mit dem auf die Abrechnung zweitfolgenden Zinstermin fällig werden könnte (§ 21 Abs 3 vorletzter Satz MRG), so lässt sich auch die Notwendigkeit nach einer Gesetzesanalogie zu § 34 Abs 1 WEG, § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG (wie von Dobler erwogen), nicht schlüssig begründen. Den ins Treffen geführten, überwiegend faktischen Schwierigkeiten einer Rechnungslegung für länger zurückliegende Perioden kann ein Vermieter dadurch entgegenwirken, dass er die Rechnungslegungspflicht dem Gesetz entsprechend bis zum 30. 6. des Folgejahres erfüllt; überdies steht einem Vermieter – wie bereits erörtert – auch der Einwand der Unmöglichkeit der Rechnungslegung nach § 1447 ABGB zu. Allein aus praktischen Gründen die vom Gesetzgeber nicht vorgesehene kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 34 Abs 1 WEG analog auch auf den Anspruch auf Betriebskostenabrechnung nach § 21 MRG anzuwenden, ist daher nicht angezeigt.

2.10. Dieses Ergebnis ist wie folgt zusammenzufassen:

[33] Für den Anspruch des Hauptmieters auf Betriebskostenabrechnung im Sinn des § 21 Abs 3 zweiter Satz MRG gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist. Die analoge Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist des § 34 Abs 1 WEG, § 5 Abs 4 KlGG und § 27 Abs 3 MRG scheidet mangels planwidriger Unvollständigkeit des MRG aus.

[34] 3. Damit war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

[35] 4. Gemäß § 37 Abs 3 Z 17 MRG entspricht es der Billigkeit, dass die im Revisionsrekursverfahren erfolglosen Antragsgegner die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen haben.

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