Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben. Der angefochtene Sachbeschluss wird dahin abgeändert, dass er als
Teilsachbeschluss
wie folgt zu lauten hat:
Das Begehren der Antragstellerin, festzustellen, dass die Anhebung des Hauptmietzinses auf den nach § 16 Abs 1 MRG angemessenen Hauptmietzins gegenüber der Antragsgegnerin im Zeitraum 1. 6. 2003 bis 1. 12. 2003 zulässig ist, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist seit 27. 5. 2003 Eigentümerin des Hauses ***** in *****, die Antragsgegnerin Mieterin der Geschäftslokale Top Nr 42, 24, 167, des Ecklokals sowie der Top Nr 3 in diesem Haus.
Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin war die D*****Aktiengesellschaft. Am 20. 9. 2001 wurde die Umwandlung der D*****Aktiengesellschaft in die D*****GmbH beschlossen. Mit Notariatsakt vom gleichen Tag wurden die D*****GmbH als übertragende Gesellschaft und die S***** Gesellschaft m.b.H. als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Vor der Verschmelzung waren an der D*****GmbH die Gesellschafter Manfred H***** mit 2,75 %, Dr. Manfred H***** mit 2,75 % und die S***** & Co GmbH mit 94,5 % beteiligt. Die S***** Gesellschaft m.b.H. verfügte vor der Verschmelzung über ein Stammkapital von 8.000.000 ATS, das auf die Gesellschafter M*****Aktiengesellschaft (77,5 %) sowie die St***** Gesellschaft m.b.H. (22,5 %) aufgeteilt war. Die Verschmelzung erfolgte durch Übertragung des gesamten Vermögens der D*****-GmbH auf die S***** Gesellschaft m.b.H., sohin mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Liquidation und unter Inanspruchnahme der Begünstigung des Art I UmgrStG.
Seit der Verschmelzung und Abtretung der Gesellschaftsanteile sind folgende Gesellschafter am Stammkapital der übernehmenden Gesellschaft beteiligt:
die M*****Aktiengesellschaft mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 1.529.000 ATS entspricht,
die St***** Gesellschaft m.b.H. mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 1.529.000 ATS entspricht,
Manfred H***** mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 33.000 ATS entspricht,
Dr. Manfred H***** mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 33.000 ATS entspricht und
die S***** H***** & Co GmbH mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von 1.139.000 ATS entspricht.
Als Stichtag für die Verschmelzung wurde der 31. 12. 2000 vereinbart. Die Verschmelzung wurde am 12. 12. 2001 ins Firmenbuch eingetragen.
Durch diese gesellschaftsrechtlichen Vorgänge hat die unternehmenstragende Mietergesellschaft in der Person der M*****Aktiengesellschaft, die früher über keinerlei Gesellschaftsanteile verfügte und damit auch keinen gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluss auf die Geschicke der Mietergesellschaft nehmen konnte, einen neuen Mehrheitsgesellschafter erhalten. Die Aktien der M*****Aktiengesellschaft werden zur Gänze von Manfred H***** sen und Dr. Manfred H***** gehalten. Es sind daher vor und nach der Verschmelzung dieselben natürlichen Personen, die entscheidende wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke der Mietergesellschaft haben.
Seit 1. 12. 2003 bezahlt die Antragsgegnerin den im Verfahren 45 Msch 25/05w des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien als angemessen festgestellten Hauptmietzins von 3.556 EUR netto monatlich.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt die Antragstellerin, gestützt auf den oben wiedergegebenen Verschmelzungsvorgang im Jahr 2001 und unter Bezugnahme auf die Entscheidung 5 Ob 161/04v des Obersten Gerichtshofs, die Zulässigkeit der Anhebung des vereinbarten Hauptmietzinses für den Zeitraum 1. 6. 2003 bis 1. 12. 2003 auf den angemessenen Hauptmietzins festzustellen. Durch die gesellschaftsrechtlichen Änderungen im Jahr 2001 sei ein Machtwechsel erfolgt, der sie zur Anhebung auf den angemessenen Hauptmietzins berechtige. Eine ordnungsgemäße Anzeige der gesellschaftsrechtlichen Änderung sei niemals erfolgt, weshalb ihr Begehren auf Anhebung auch nicht präkludiert sei.
Die Antragsgegnerin hielt dem entgegen, eine ordnungsgemäße Mitteilung erstattet zu haben. Überdies sei durch die Verschmelzung kein Tatbestand iSd § 12a Abs 3 MRG verwirklicht worden.
Überdies begehrte die Antragstellerin, die Beklagte zur Zahlung eines Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten und dem angemessenen Hauptmietzins im Zeitraum 1. 6. 2003 bis 1. 12. 2003 zu verpflichten, sowie festzustellen, dass eine weitere Anhebung auf den per 1. 10. 2005 angemessenen Hauptmietzins berechtigt sei, weil durch Verschmelzung der Mieterin mit der B***** GmbH zu diesem Zeitpunkt ein weiterer Machtwechsel bewirkt worden sei, und die Beklagte zur Zahlung eines Differenzbetrags zwischen 3.556 EUR und dem per 1. 10. 2005 angemessenen Hauptmietzins ab 1. 10. 2005 zu verpflichten.
Mit Zwischensachbeschluss stellte das Erstgericht fest, dass das Anhebungsbegehren der Antragstellerin infolge Verschmelzung vom 20. 9. 2001 zu Recht bestehe, dass das Anhebungsbegehren bezüglich des Verschmelzungsvertrags vom 22. 9. 2005 jedoch nicht zu Recht bestehe.
Das Erstgericht legte über den oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch zu Grunde, dass der Vermieterin durch die Mieterin keine Anzeige bezüglich der ersten Verschmelzung vom 20. 9. 2001 erstattet wurde.
In rechtlicher Hinsicht folgte das Erstgericht der Entscheidung 5 Ob 161/04v (wobl 2005/37). Infolge des identen Verschmelzungsvorgangs in derselben Mietergesellschaft, allerdings einen anderen Vermieter und ein anderes Mietobjekt betreffend, war in dieser Entscheidung die Verwirklichung des Tatbestands der Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG und daher das Recht zur Hauptmietzinsanhebung bejaht worden.
Die Negativfeststellung im Zwischensachbeschluss hinsichtlich eines Anhebungsrechts aufgrund eines Verschmelzungsvertrags vom 22. 9. 2005 blieb unbekämpft.
Gegen die Bejahung der Zulässigkeit der Mietzinsanhebung im Zwischensachbeschluss erhob die Antragsgegnerin Rekurs, dem das Rekursgericht nicht Folge gab und aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs in Hinblick auf die Entscheidung 5 Ob 161/14v nicht zulässig sei.
Der idente Sachverhalt sei vom Höchstgericht in der Entscheidung 5 Ob 161/04v bereits beurteilt und als Mietzinsanhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG gewertet worden. In dieser Entscheidung sei auch der Einwand der Antragsgegnerin verworfen worden, dass es maßgeblich sei, dass vor und nach dem Umgründungsvorgang dieselben natürlichen Personen an den betroffenen Gesellschaften mehrheitlich beteiligt gewesen seien. Das Rekursgericht schloss sich dieser Ansicht an.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen dahin, dass festgestellt werde, dass das Anhebungsbegehren der Antragstellerin nicht zu Recht bestehe.
Die Antragstellerin hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und darin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig. Er ist im Sinne des Begehrens auf Abweisung des gegenständlichen Teils des verfahrenseinleitenden Antrags auch berechtigt.
Zunächst trifft zu, dass exakt jener Umgründungs- und Verschmelzungsvorgang betreffend die ursprüngliche Mieterin D*****-Aktiengesellschaft in die D*****-GmbH und die Verschmelzung Letzterer als übertragender Gesellschaft mit der S***** Gesellschaft m.b.H. als übernehmender Gesellschaft, beide Rechtsvorgänge vom 20. 9. 2001, Gegenstand der Entscheidung 5 Ob 161/04v waren und damals aufgrund der auch hier festgestellten gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG als verwirklicht angesehen und die Zulässigkeit einer Hauptmietzinsanhebung infolgedessen bejaht wurde. Der Anhebungstatbestand sei schon dadurch verwirklicht, dass die unternehmenstragende Mietergesellschaft in der Person einer Aktiengesellschaft, die früher über keinerlei Gesellschaftsanteile der Mietergesellschaft verfügte und damit keinen gesellschaftsrechtlich fundierten Einfluss auf die Geschicke der Mietergesellschaft nehmen konnte, einen neuen Mehrheitsgesellschafter erhalten hatte. Dem Umstand, dass sich die Aktien mehrheitlich im Besitz jener natürlichen Personen befanden, die schon früher maßgebenden Einfluss auf die Mietergesellschaft ausübten, wurde dabei wegen der gesetzlichen Konstruktion der Entscheidungsbefugnisse innerhalb einer Aktiengesellschaft kein entscheidender Stellenwert zuerkannt.
Diese inzwischen vielfach veröffentlichte (wobl 2005/37 = ecolex 2005, 700 = RdW 2005, 17 = GesRz 2005, 47 = MietSlg 56.280) Entscheidung wurde von der Lehre kritisiert (vgl Schauer ecolex 2005, 26; Vonkilch in Anm zu wobl 2005/37; Thloß RdW 2006, 683).
Der erkennende Senat hatte schon davor in 5 Ob 262/02v die Veräußerung einer Anteilsmehrheit jedenfalls als Änderung iSd § 12a Abs 3 MRG beurteilt, welche Entscheidung in der Lehre ebenfalls auf Kritik gestoßen ist (vgl Schauer aaO; Vonkilch in GesRZ 2004, 121; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 42 zu § 12a MRG).
In der Folge lehnten mehrere Senate des Obersten Gerichtshofs die Entscheidungen 5 Ob 161/04y und 5 Ob 262/02v ausdrücklich ab (vgl 6 Ob 88/06v = wobl 2007/12 [zust Vonkilch] = immolex 2007/3 [Pfiel]; 1 Ob 180/07p; 6 Ob 15/07k; 3 Ob 78/07b).
Auch der erkennende Senat hat zuletzt in den Entscheidungen 5 Ob 170/05v und 5 Ob 127/08z die Ansicht vertreten, dass kein Machtwechsel vorliege, wenn auf oberster gesellschaftsrechtlicher Ebene der den entscheidenden Einfluss ausübende Gesellschafter gleich bleibe. Es bedürfe der rechtlichen und wirtschaftlichen Änderungen, um den Machtwechsel zu bewirken; eine bloß rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht verbunden ist, führe nicht zur Mietzinsanhebung.
Es trifft zu, wie die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs ausführt, dass in der jüngeren als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einschließlich auch der zitierten Entscheidungen des erkennenden Senats, nunmehr übereinstimmend die Ansicht vertreten wird, dass ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse den Machtwechsel zwar indiziert, die konkreten Auswirkungen aber jeweils im Einzelfall zu prüfen sind. Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, weil am Ende eines Verschmelzungsvorgangs unveränderte Machtverhältnisse stehen, ist kein Anhebungsrecht bewirkt.
Weil auch im vorliegenden Fall dieselben natürlichen Personen mehrheitlich an der ursprünglichen Mietergesellschaft und nun über die Mehrheitsgesellschafterin M*****-Aktiengesellschaft, deren Aktien allein von ihnen gehalten werden, an der neuen Mietergesellschaft beteiligt sind, ist nunmehr im Sinne der neueren, einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Änderung der Einflussmöglichkeiten innerhalb der Mietergesellschaft iSd § 12a Abs 3 MRG und damit ein Anhebungsrecht der Antragstellerin zu verneinen.
Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin erweist sich somit als berechtigt.
Weil ein abweisender Zwischensachbeschluss rechtlich undenkbar ist (vgl Rechberger in Rechberger ZPO³ Rz 6 zu § 393 ZPO; Deixler/Hübner in Fasching² Rz 4 zu § 393 ZPO mwN), was auch im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG gilt (vgl 5 Ob 192/00x; Rechberger in Rechberger AußStrG Rz 3 Vor § 36 unter Hinweis auf Fucik/Kloiber AußStrG Rz 3 zu § 36), war mit Fassung eines Teilsachbeschlusses im antragsabweisenden Sinn vorzugehen.
Die Kostenentscheidung war dem Erstgericht vorzubehalten, das über noch offene Teile des Entscheidungsbegehrens abzusprechen haben wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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