OGH 5Ob192/00x

OGH5Ob192/00x27.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Helga P*****, vertreten durch Dr. Johannes Reich-Rohrwig, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Christian Kuhn, Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12a MRG, infolge der Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 17. März 2000, GZ 7 R 378/99i-18, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 26. Juli 1999, GZ 2 Msch 15/98d-14, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben und der angefochtene Sachbeschluss dahin abgeändert, dass er insgesamt zu lauten hat:

"Das Begehren der Antragstellerin, festzustellen, dass sie zur Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a Abs 3 MRG für das in *****, ***** gelegene Bestandobjekt berechtigt sei, wird abgewiesen".

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im Spruch genannten Liegenschaft.

Am 9. 7. 1980/7. 7. 1980 wurde mit der B***** Aktiengesellschaft ein Hauptmietvertrag betreffend zwei am ***** gelegene Hallen samt einer zwischen diesen und den ***** gelegenen Freifläche abgeschlossen. Als monatlicher Hauptmietzins wurden S 12.500 zuzüglich USt und Betriebskosten, welche der Mieterin direkt vorgeschrieben wurden, vereinbart. Gemäß Punkt IV des Vertrages war der Mietzins wertgesichert. Punkt V des Mietvertrags lautet:

Da die Parteien dieses Vertrages den Mietzins frei und ohne Rücksichtnahme auf öffentlich-rechtliche Mietzinsregelungen vereinbart haben, kommen die Parteien dieses Vertrages überein, dass auch in Zukunft öffentlich-rechtliche Mietzinsregelungen auf das vorliegende Mietverhältnis nicht anzuwenden sind, sondern eine Änderung des Mietzinses nur aufgrund der vorstehenden Wertsicherungsklausel erfolgen kann.

Gemäß Punkt VI war die Mieterin berechtigt, die beiden zum Mietobjekt gehörenden Hallen auf ihre Kosten um- und ausbauen zu lassen, wobei ihr auch freigestellt wurde, die kleinere der beiden Hallen ganz oder teilweise abreißen zu lassen und als Parkplatz einzurichten. Dasselbe Recht wurde ihr auch bezüglich eines Vorbaus zwischen den Hallen und dem ***** eingeräumt.

Der Bestandgeber verzichtete dabei auf die Wiederherstellung des bestehenden Zustandes.

Unter Punkt XI des Vertrages wurde die Mieterin berechtigt, ihre Rechte und Pflichten aus diesem Mietvertrag auf ein anderes Unternehmen der Holding der Unternehmungen des Herrn K***** W*****, B***** AG zu übertragen und das Mietobjekt ganz oder teilweise unterzuvermieten.

Die Antragsgegnerin betreibt auf der Liegenschaft einen Supermarkt.

Im Zeitpunkt der Vermietung an die Antragsgegnerin befanden sich zwei Hallen auf der Liegenschaft. Wann die etwas kleinere Halle 2 errichtet worden war, steht nicht fest. Die größere Halle 3 wurde 1958 aufgrund einer Baubewilligung vom 28. 10. 1958 neu errichtet. Sie wurde an die bestehen gebliebene Südwand der Halle 2 angebaut, die nun die Nordwand der Halle 3 darstellt. Halle 3 wird als Verkaufsraum samt Geschäfts-, Büro- und Sozialraum genützt.

Für die Errichtung der Halle 3 hatte der Bestandgeber einen Kredit aus dem ERP-Fonds in Anspruch genommen.

Im Jahr 1980 hat die Antragsgegnerin mit der bereits im Mietvertrag erteilten Zustimmung der Antragstellerin die Westwand und das Dach von Halle 2 entfernt und einen Parkplatz errichtet. Die Ostwand der Halle 2 blieb als Einfriedung erhalten. An die Nordwand der Halle 2 schließt die Halle 1b an. Das Mietobjekt weist insgesamt 700 m**2 Geschäftsfläche und 17 Parkplätze auf.

Die Antragsgegnerin ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Firma "J***** Gesellschaft mbH". Diese wiederum ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der B***** AG. Sämtliche Aktien an der B***** AG wurden im Juli 1996 an die R***** Beteiligungsgesellschaft mbH verkauft, am 27. 8. 1996 wurde der Verkauf durch die Genehmigung der EU-Kommission rechtswirksam. Durch die Veräußerung sämtlicher Aktien der B***** AG an die R***** sind sämtliche rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit auf die Mutter- und Großmuttergesellschaft der Antragsgegnerin, sohin auch auf die Antragsgegnerin als deren 100 %ige Konzernuntergesellschaft auf die R***** übergegangen.

Als die Antragstellerin durch die Medien von der gesellschaftsrechtlichen Transaktion der Antragsgegnerin erfuhr, forderte sie diese mit Schreiben vom 26. 8. 1996 auf, ab 1. 7. 1996 einen angemessenen monatlichen Hauptmietzins von S 64.696 inklusive USt zu bezahlen, da nach ihrer Auffassung durch den Machtwechsel die Voraussetzungen für die Anhebung des Mietzinses gegeben seien. Dies wurde vom Rechtsvertreter der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. 9. 1996 abgelehnt. Ein Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG sei nicht verwirklicht, im Übrigen stehe Punkt V des Mietvertrages einer Erhöhung entgegen.

Nachdem die Antragstellerin durch Medienberichte Kenntnis von der Entscheidung des OGH vom 27. 1. 1998, 5 Ob 7/98k erlangte, wonach durch den von der EU genehmigten Verkauf sämtlicher Aktien an der B***** an R***** ein Tatbestand im Sinn des § 12a Abs 3 MRG eingetreten sei, begehrte sie mit Schreiben vom 11. 5. 1998 neuerlich einen nach § 12a Abs 3 MRG angehobenen Hauptmietzins von S 150.000 zuzüglich Betriebskosten und USt. Dies wurde von der Antragsgegnerin abgelehnt.

Die Antragstellerin begehrte in ihrem Antrag vom 13. 5. 1998 festzustellen, dass der zulässig nach § 12a Abs 3 MRG angehobene monatliche Hauptmietzins von S 150.000 ab 1. 9. 1996 zulässig sei.

Die Antragsgegnerin bestritt dieses Begehren dem Grunde und der Höhe nach und beantragte Abweisung des Antrags.

Die Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG komme nicht zur Anwendung, weil das gegenständliche Mietobjekt erst nach dem 30. 6. 1953 ohne öffentliche Förderungsmittel errichtet worden sei (§ 1 Abs 4 Z 1 MRG).

Im Weiteren schließe Punkt V des zwischen den Parteien geltenden Bestandvertrages eine Mietzinserhöhung aus. Weiters sei die sechsmonatige Präklusivfrist für das Erhöhungsbegehren verstrichen.

Die Antragstellerin hielt dem entgegen, vom Anhebungstatbestand keine verlässliche Kenntnis erhalten zu haben. Eine Anzeige durch die Antragsgegnerin sei bis heute nicht erfolgt. Ihr Begehren sei daher nicht verfristet.

Mit Punkt V des Bestandvertrages sollte nur eine Mietzinserhöhung im Sinne des § 7 MG ausgeschlossen werden. Ein Verzicht auf Rechte, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht bestanden hätten, sei gemäß § 937 ABGB nicht möglich.

Zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG brachte die Antragstellerin vor, dass durch den Anbau der Halle 3 unter Verwendung der bestehenden Südwand einer bereits bestehenden Halle keine Neuerrichtung eines ganzen Gebäudes im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorgenommen worden sei, sondern es sich rechtlich nur um einen Umbau bzw einen Zubau gehandelt habe.

Im erstinstanzlichen Verfahren beantragten beide Parteien einen Zwischenantrag auf Feststellung dahin, dass das Erhöhungsbegehren dem Grunde nach gerechtfertigt sei (Antragstellerin) bzw dass dieses Recht dem Grunde nach nicht bestehe (Antragsgegnerin).

Mit einem als "Zwischensachbeschluss" bezeichneten Sachbeschluss wies das Erstgericht das Begehren, die Wirksamkeit der mit 1. 9. 1996 vorgenommenen Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a MRG festzustellen, ab.

Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen gelangte das Erstgericht zur Nichtanwendbarkeit der Bestimmung des § 12a MRG infolge Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG. Ein Kredit des ERP-Fonds sei nicht als "öffentliche Mittel" im Sinn dieser Gesetzesstelle zu qualifizieren (5 Ob 184/98i). Maßgeblich sei die Neuerrichtung des Gebäudes, das den Mietgegenstand beherberge, nicht die Neuschaffung einzelner Objekte. Eine solche Neuerrichtung schließe die Weiterverwendung bestehender Räume aus. Bei Weiterverwendung von Mauern gelte, dass die Baumaßnahme im Ergebnis dennoch als Neuerrichtung anzusehen sei. Dies könne nur durch wertenden Vergleich mit der Neuerrichtung eines Gebäudes ohne Weiterverwendung von Teilen eines bestehenden Gebäudes erfolgen. Im vorliegenden Fall sei der Parkplatz samt Mauern der ehemaligen Halle 2 als vermietbarer Raum eines vormals vorhandenen Gebäudes in den bestehenden Gebäudekomplex integriert worden, wobei die erhalten gebliebenen Teile im Vergleich zum Neubau des Parkplatzes wirtschaftlich nicht ins Gewicht fielen. Im Ergebnis liege daher eine Neuerrichtung des gesamten Gebäudekomplexes nach dem 30. 6. 1953 vor.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge. Es bestätigte den angefochtenen Sachbeschluss hinsichtlich der Abweisung des Antrags betreffend die Halle 3 als Teilsachbeschluss. Im Weiteren änderte es den Sachbeschluss in einen Zwischensachbeschluss des Inhalts ab, dass das Anhebungsbegehren gemäß § 12a MRG hinsichtlich der Halle 2 dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Die Entscheidung über die Höhe des zulässigen Anhebungsbegehrens behielt es der Endentscheidung vor.

Ausgehend von den maßgeblichen Feststellungen seien Gegenstand des Mietvertrages die - früher errichtete - Halle 2 und die erst 1958 errichtete Halle 3 gewesen. Auf nachträgliche Änderungen, nämlich den Abriss der Halle 2 und Errichtung eines Parkplatzes komme es daher ebensowenig an, wie auf die Frage einer Wiederherstellungspflicht.

Unbeschadet der Verwendung der südlichen Außenwand der Halle 2 als Nordwand der Halle 3 stelle die Halle 3 einen selbständigen Baukörper dar. Es handle sich daher nicht nur um einen Umbau der Halle 2 oder eine innere Ausgestaltung dieser Halle. Auszugehen sei von einer Neuerrichtung der Halle 3. Bezüglich dieser Halle sei daher der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG verwirklicht. Das treffe jedoch nicht auf die Halle 2 zu. Würden mit einheitlichem Vertrag dem Zinsschutz unterliegende Objekte zusammen mit solchen vermietet, die keinen Mietzinsbeschränkungen unterlägen, sei eine geteilte Betrachtung angebracht. Dabei berief sich das Rekursgericht auf Würth/Zingher20 Rz 5 zu § 1 MRG.

Während bezüglich der Halle 3 bereits endgültig feststehe, dass ein Erhöhungsbegehren nach § 12a MRG nicht gerechtfertigt sei, werde das Erstgericht im weiteren Verfahren hinsichtlich des Objekts Halle 2 die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses im Sinn des § 12a Abs 2 MRG zu ermitteln haben.

Eine analoge Anwendung des § 12a MRG auf Geschäftsraummieten, hinsichtlich derer der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vorliege, wurde vom Rekursgericht mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass der behauptete Wertungswiderspruch innerhalb des MRG nicht vorliege.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Behandlung von Mietobjekten nach § 12a MRG vorliege, wenn hinsichtlich eines Teils des Objekts § 12a MRG nicht anwendbar sei. Im Besonderen liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu vor, wie ein Teil eines Objekts in diesem Fall zu behandeln sei, der nach Abschluss des Mietvertrages in einen Parkplatz umgewandelt worden sei.

Gegen diesen Zwischensachbeschluss und Teilsachbeschluss richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Teilsachbeschluss dahin abzuändern, dass die Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a MRG dem Grunde nach auch für das Objekt Halle 3 als zulässig festgestellt werden möge.

Die Antragsgegnerin beantragt, den angefochtenen Zwischensachbeschluss dahin abzuändern, dass der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederhergestellt werde.

Beide Parteien beantragen jeweils, dem Revisionsrekurs des Gegners nicht Folge zu geben.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist nicht berechtigt.

Hingegen ist das Rechtsmittel der Antragsgegnerin im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen "Zwischensachbeschlusses" als Sachbeschluss gerechtfertigt. Zu den Entscheidungen der Vorinstanzen ist zunächst klarzustellen, dass es sich bei der erstgerichtlichen Entscheidung ungeachtet der Bezeichnung als "Zwischensachbeschluss" um einen Sachbeschluss handelt, mit dem das Begehren der Antragstellerin zur Gänze abgewiesen wurde. Ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs kann nur bei Bejahung des Anspruchsgrunds gefällt werden. Wird festgestellt, dass der Anspruch dem Grunde nach nicht zu Recht besteht, ist das Klagebegehren mit Endurteil abzuweisen (SZ 52/73; Rechberger Rz 5 zu § 393 ZPO**2). Dasselbe gilt für einen nach § 37 Abs 3 Z 13 MRG über Zwischenantrag zu fällenden Zwischensachbeschluss.

Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz gliedert sich in einen Teilsachbeschluss, insoweit der erstgerichtliche Sachbeschluss teilweise, nämlich betreffend die Halle 3 bestätigt wurde. Im Übrigen um einen (Teil)Zwischensachbeschluss, womit das Anhebungsbegehren betreffend die Halle 2 dem Grunde nach für zulässig erkannt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG:

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass eindeutig auf die Neuerrichtung eines Gebäudes, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abzustellen ist, nicht jedoch auf die Neuerrichtung bloß des Mietgegenstandes selbst und dass der Anbau eines neuen Gebäudes an ein bestehen gebliebenes Gebäude nicht einmal dann schadet, wenn sich Altbau und Neubau auf einem Grundbuchskörper befinden und Verbindungen, etwa durch Zwischentrakte, gemeinsame Abwasserleitungen etc zwischen ihnen bestehen (WoBl 1999, 13/1; WoBl 1999, 13/2; immolex 1999, 7/2; 5 Ob 134/99p; RS0069293). In WoBl 1999/2, 13 wurde darüber hinaus klargestellt, dass weder die Weiterverwendung von Mauern noch die geringfügige Einbeziehung alter Gebäudeteile, denen unter dem Aspekt der Vermietbarkeit keine selbständige Bedeutung zukommt, die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG ausschließen (vgl auch RS0109940).

Beim "Zubau" der Halle, in der sich ua das Geschäftslokal der Antragsgegnerin befindet, handelt es sich also um ein frei finanziertes Gebäude mit unstrittig nach dem 30. 6. 1953 erteilter Baubewilligung und nicht um die Neuerrichtung eines einzelnen Mietobjektes (vgl auch RS0069289).

Im Weiteren ergibt sich daraus Folgendes:

Werden Räume, die den zinsrechtlichen Vorschriften des MRG unterliegen, mit solchen, die diesen nicht unterliegen, in einem Vertrag zu einem einheitlichen Mietzins vermietet und besteht weder ein krasses Missverhältnis zwischen dem Gebrauchswert der mieterschutzfreien und der mietergeschützten Räume noch ein solches zwischen den bei getrennter Vermietung der beiden Raumgruppen erzielbaren Mietzinsen zueinander, so hat dies zur Folge, dass die Mietzinsvereinbarung in Ansehung des gesamten Mietgegenstandes von den besonderen Zinsbildungsvorschriften des MRG ausgenommen ist. Dies gilt nur nicht bei Vorliegen eines Missverhältnisses und der zu vermutenden Absicht der Umgehung der Zinsbildungsvorschriften des MRG (5 Ob 85/93). Im Fall eines krassen Missverhältnisses des Gebrauchswerts der hinsichtlich der Mietzinsbildung unterschiedlich zu behandelnden Räumen oder der bei getrennter Vermietung der Räumlichkeiten erzielbaren Mietzinse zueinander liegt die Absicht der Umgehung des Mieterschutzes vor, weshalb als Folge davon das gesamte einheitlich gemietete Objekt unter die Zinsbildungsvorschriften des MRG fällt (5 Ob 324/98b).

Da es sich bei der Vorschrift des § 12a Abs 2 MRG um eine Mietzinsanhebungsvorschrift handelt, hat dasselbe wie für sonstige Zinsbildungsvorschriften zu gelten. Werden mehrere Objekte miteinander zu einem einheitlichen Mietzins vermietet und liegt kein krasses Missverhältnis des Gebrauchswerts hinsichtlich der Mietzinsbildung unterschiedlich zu behandelnder Räume vor, so hat dies zur Folge, dass eine Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 2 MRG dann nicht in Betracht kommt, wenn ein (nicht ungleichwertiger) Teil des Objekts den Zinsbildungsvorschriften des MRG infolge Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht unterliegt.

Auf den konkreten Fall angewendet bedeutet dies, dass eine Anhebung des Hauptmietzinses für den von der Antragsgegnerin gemieteten Bestandgegenstand infolge eines Sachverhalts, der § 12a Abs 3 MRG zu unterstellen ist, zur Gänze nicht in Betracht kommt.

Zur analogen Anwendung des § 12a MRG im Fall eines Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG:

Einigkeit besteht in Lehre und Rechtsprechung über den Ausschluss der unmittelbaren Anwendung des § 12a MRG infolge der Formulierung des § 1 Abs 4 MRG. Demnach gelten für Mietgegenstände, welche in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, die §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49 MRG. Daraus folgt, dass § 12a MRG, den § 1 Abs 4 MRG nicht erwähnt, auf Geschäftsräumlichkeiten, die § 1 Abs 4 MRG unterliegen, nicht anzuwenden ist (vgl zur Vorgängerbestimmung des § 12 Abs 3 MRG:

ecolex 1991, 455; Würth in Rummel Rz 1 zu § 12 MRG; Fenyves in Hdb 300, FN 138; 319; Schauer, Die Unternehmensübertragung nach § 12 Abs 3 MRG in JBl 1985, 258; Ostheim, Unternehmensveräußerung und Mietzinserhöhung in JBl 1993, 77 f [81 FN 23]; Würth, Einige Fragen des Mietrechtsübergangs nach § 12 Abs 3 MRG in ImmZ 1988, 235 f). Das gesteht im Übrigen auch Kletecka (Die Analogie zu § 12a MRG im Teilanwendungsbereich des § 1 Abs 4 Z 1 und Z 3 MRG, ecolex 2001, 33) zu. Er argumentiert folgend Novotny (Einfluss von Änderungen im Gesellschaftsverhältnis auf die Geschäftsraummiete, GesRZ 1986, 20) und Gabler (Einzelfragen zu § 12 Abs 3 MRG, ImmZ 1986, 305) vor allem mit der Notwendigkeit der Vermeidung "gespaltener Mietverhältnisse" mit einer Gesetzeslücke, die durch Analogie zu schließen wäre. Weil nach herrschender Ansicht bei Fortführung des Unternehmens der Kündigungsgrund der gänzlichen Weitergabe des § 30 Abs 2 Z 4 MRG nicht vorliege (vgl ecolex 1991, 455; EWR I/30/16 f; EWR I/30/41; vgl auch Würth aaO), bestehe für den Unternehmenserwerber die Möglichkeit, zu den bisherigen, meist sehr günstigen Bedingungen die Geschäftsräumlichkeiten zu nützen. Während im Bereich der Anwendbarkeit des § 12a MRG der Gesetzgeber eine rechtlich saubere Lösung vorgenommen habe, und dem Vermieter hier die Möglichkeit der Mietzinsanhebung zugestanden habe, fehle eine solche Möglichkeit bei Mietgegenständen im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 und 3 MRG, bei denen dieselbe Situation vorliege. Auch werde dem Vermieter durch das gespaltene Mietverhältnis der Unternehmenserwerber "aufgezwungen".

§ 1 Abs 4 Z 1 MRG liege auch die Wertung zugrunde, die Errichtung von Objekten aus eigenen Mitteln zu begünstigen. Lehnte man die Analogie ab, würde die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel dem Vermieter eine Erhöhungsmöglichkeit eröffnen, nicht jedoch demjenigen, der das Gebäude aus eigenen Mitteln errichtet habe. Dies wäre genauso als Wertungswidrigkeit zu beurteilen, wie der Umstand, dass sich der Vermieter durch die Einhebung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags die Anhebungsoption eröffnen könnte (vgl auch Gabler aaO).

Dass die Regelung des § 1 Abs 4 MRG lückenhaft sei, habe die Rechtsprechung bereits in Zusammenhang mit § 2 Abs 1 und 2 MRG anerkannt (WoBl 1988/15; WoBl 1991/60; Würth/Zingher Wohnrecht20 Rz 1 zu § 2 MRG).

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Voraussetzung für eine Analogie ist eine Regelungslücke, d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. Eine solche Gesetzeslücke liegt dann vor, wenn die ratio legis in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung einer gesetzlichen Norm auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall fordert. Das gilt nur dann nicht, wenn der Gesetzgeber für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht angeordnet hat (F. Bydlinski in Rummel ABGB**2 Rz 2 zu § 7 ABGB). Daher fehlt es dort auch an der Möglichkeit ergänzender Rechtsfindung.

Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob Gründe dafür vorliegen, davon auszugehen, der Gesetzgeber habe die Anwendung des § 12a MRG für den Bereich der Fälle des § 1 Abs 4 Z 1 MRG bewusst nicht angeordnet oder aber, die "ursprüngliche" Gesetzeslücke beruhe auf einem Anschauungsfehler des Gesetzgebers, der sich die regelungsbedürftigen Sachverhalte nicht umfassend genug vorgestellt hat. Diesfalls kann nämlich auch eine taxativ gedachte Aufzählung insofern lückenhaft sein (EvBl 1997/9; F. Bydlinski aaO).

Mit dem Argument, der Oberste Gerichtshof habe bereits in berichtigender Auslegung des § 1 Abs 4 MRG eine analoge Anwendung der Bestimmungen des § 2 Abs 1 und 2 MRG bejaht, ist für die Revisionsrekurswerberin nichts zu gewinnen. Dies wurde damit argumentiert, dass § 2 Abs 1 und 2 MRG zum allgemeinen Teil der Bestimmungen des Gesetzes zu zählen sei und bei richtiger Systematik vor den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 MRG zu setzen sei (WoBl 1991/60). Deshalb gelte § 2 Abs 1 (und 2) MRG für alle Mietverhältnisse, die wenigstens zum Teil den Bestimmungen des MRG unterliegen (MietSlg 39.220/45: § 2 Abs 1 MRG).

Davon kann bei der Bestimmung des § 12a MRG keine Rede sein, dass sie zu allgemeinen Teilen des Gesetzes gehöre und bei richtiger Systematik den Ausnahmebestimmungen voranzustellen sei. § 12a Abs 1 und 3 MRG bestimmen für den Fall der Veräußerung eines im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens bzw für den Fall einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft die Zulässigkeit der Anhebung auf den angemessenen Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG iVm § 12a Abs 2 MRG. Damit wird einerseits die Zielsetzung verfolgt, gespaltene Mietverhältnisse zu verhindern (§ 12a Abs 1 MRG), andererseits soll die Ausnützung eines günstigen Bestandrechts zugunsten einer wesentlich veränderter Gesellschaft vermieden werden (§ 12a Abs 3 MRG). In beiden Fällen wird eine Anhebung auf den angemessenen Hauptmietzins, der ansonsten nur bei Neuvermietungen erzielbar wäre, angestrebt. Insofern stellt die hier in Frage stehende Regelung eine besondere Mietzinsbildungsvorschrift dar. Die ratio des § 1 Abs 4 MRG ist aber konkret eine Ausschaltung der Zinsbildungsvorschriften des MRG für die dort in Abs 1 bis 3 genannten Objekte, zugunsten und zu Lasten des Mieters.

In Anbetracht der Kündigungsbeschränkungen des § 30 Abs 2 Z 5 MRG - des Eintrittsrechts naher Angehöriger im Todesfall -, die keinen Kündigungstatbestand herstellt, musste in § 1 Abs 4 auch § 14 MRG für anwendbar erklärt werden. Als Folge davon musste aber auch § 46 MRG im Anwendungsbereich des § 1 Abs 4 MRG genannt werden, der ua die Folgen eines Mietrechtseintritts nach § 14 Abs 2 und 3 MRG regelt. § 46 MRG ermöglicht ja nicht den Eintritt von Angehörigen in den Mietvertrag, sondern setzt einen solchen voraus (Würth in ImmZ 1988, 236). Andernfalls wäre bei Objekten nach § 1 Abs 4 MRG zwar ein Mietrechtseintritt bei Wohnungen im Todesfall zulässig, jedoch ohne die ansonsten mögliche Mietzinsanhebung im Sinn des § 46 Abs 2 MRG, was zweifellos eine Ungleichbehandlung nach sich ziehen würde. Unabhängig davon, ob bei Anwendbarkeit des § 46 MRG auch das mit § 14 in unlösbarem Zusammenhang stehende "antizipierte" Eintrittsrecht des § 12 Abs 1 und 2 MRG durchschlagen muss (vgl Ostheim, aaO FN 23), verbietet es sich demnach, unter Hinweis auf § 46 im Bereich des § 1 Abs 4 MRG ein Redaktionsversehen anzunehmen und die analoge Anwendung des § 12 Abs 3 (nunmehr § 12a) MRG im Bereich des § 1 Abs 4 Z 1 und 3 zu fordern (Ostheim, aaO unter Ablehnung von Gabler, aaO und Novotny, aaO).

Für jene Fälle, in denen der Vermieter für eine Geschäftsraummiete in einem Objekt nach § 1 Abs 4 MRG nicht einmal Mietzins in Höhe des Erhaltungsbeitrages einnehmen kann, hat § 45 Abs 5 MRG die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags mit der Wirkung vorgesehen, dass für die Mietgegenstände des Hauses ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des ersten Hauptstücks des MRG, also auch jene des § 12a MRG, gelten.

Zusammenfassend ergibt sich also, dass der Gesetzgeber für Neubauten im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG bewusst die Geltung der Bestimmung des § 12a MRG nicht angeordnet hat, sondern mit Ausnahme der Vorschrift über den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nur ausnahmsweise eine Mietzinsvorschrift, nämlich die des § 46 MRG für Wohnungen im Eintrittsfall für anwendbar erklärte. Damit ist das geschlossene System, für diese Objekte nur die den Kündigungsschutz (und damit zusammenhängende Bestimmungen) in Wirksamkeit zu setzen, verwirklicht. Der Bestandgeber ist in der Frage der Höhe des zu vereinbarenden Mietzinses in den dort genannten Fällen nicht beschränkt, woraus mit Recht seine volle Dispositionsfähigkeit beim Eingehen von Mietzinsvereinbarungen geschlossen werden kann. Dass mit besonderen Vorschriften des MRG die Verhinderung und Sanierung gespaltener Mietverhältnisse bewirkt wird, macht deshalb noch keinen tragenden Gedanken des Bestandrechts daraus. Objekte, die dem MRG nicht unterliegen, sondern ausschließlich den bestandrechtlichen Vorschriften des ABGB sowie Untermietverhältnisse sind davon auch nicht tangiert. Durch die Anordnung des § 1 Abs 4 MRG bleiben - mit Ausnahme des Kündigungsschutzes - eben die Regelungen des ABGB anzuwenden.

Im vorliegenden Fall trägt das Argument überdies deshalb nicht, weil ohnedies kein Fall eines gespaltenen Mietverhältnisses verwirklicht wäre.

Eine analoge Anwendung einzelner Bestimmungen des MRG, die nicht den Kündigungsschutz betreffen, etwa jener des § 12a MRG, ist daher nicht möglich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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