OGH 5Ob128/17k

OGH5Ob128/17k21.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Mag. N* B*, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Dr. P* D*, vertreten durch die Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, 2. Dr. M* N*, vertreten durch die Neubauer & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. Mag. S* N*, vertreten durch die Neubauer & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die weiteren Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm §§ 20 Abs 3, 34 Abs 3 WEG, über die Revisionsrekurse der Antragstellerin, des Erstantragsgegners und der Zweit‑ und Drittantragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Jänner 2017, GZ 38 R 189/16z‑115, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 7. April 2016, GZ 37 Msch 11/11z‑103, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120686

 

Spruch:

1. Die Revisionsbeantwortung der Antragstellerin wird als verspätet zurückgewiesen.

2. Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

3. Die Antragstellerin, der Erstantragsgegner und die Zweit‑ und Drittantragsgegner haben die Kosten ihrer Revisionsrekurse und die Zweit- und Drittantragsgegner auch die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung jeweils selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind mit Ausnahme des Erstantragsgegners Mit‑ und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Der Erstantragsgegner ist Verwalter dieser Liegenschaft.

Der Wohnungseigentumsvertrag vom 21. 12. 2001 enthält in seinem Punkt III.1. die Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels iSd § 19 Abs 2 WEG 1975 (bzw § 32 Abs 2 WEG 2002). Diese Vereinbarung lautet wie folgt:

Aufwendungen

Abweichend vom gesetzlichen Normschlüssel des § 19 WEG vereinbaren die Vertragsparteien hinsichtlich aller liegenschaftsbezogenen Aufwendungen (insbesondere Rücklagenbeiträge und Betriebskosten), die Aufteilung im Sinne des § 17 Mietrechtsgesetz (MRG) nach der Nutzfläche. Für Magazine, Abstellräume oder Garagen ist nicht die tatsächliche Nutzfläche zugrundezulegen, sondern eine verminderte Nutzfläche, welche in der Weise errechnet wird, dass von der tatsächlichen Nutzfläche anteilsmäßig jener Teil abzuziehen ist, welcher dem im Nutzwertgutachten vom Sachverständigen für die vorgenannten Räumlichkeiten in Abzug gebrachten Abschlag entspricht [...].“

Die Antragstellerin beantragte, dem Erstantragsgegner unter Androhung und Verhängung einer Geldstrafe im Ausmaß von zumindest 6.000 EUR aufzutragen, für die Jahre 2006 bis 2012 eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Abrechnungen hinsichtlich der Vollständigkeit und Richtigkeit nicht den Anforderungen des § 20 Abs 3 WEG entsprechen würden. Die Abrechnungen seien insbesondere deshalb mangelhaft, weil der Aufteilungsschlüssel, der diesen Abrechnungen jeweils zugrunde gelegt worden sei, dem Wohnungseigentumsvertrag widerspreche und daher falsch sei.

Der Erstantragsgegner bestritt und wandte ein, der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung verjähre in drei Jahren ab dem Ende der Abrechnungsfrist, sodass der Antrag auf Rechnungslegung bis 2007 jedenfalls verfristet sei. Die gelegten Abrechnungen würden den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Die (von den Vorinstanzen und den Parteien als 7. Verfahrensbeteiligter und 8. Verfahrensbeteiligte bezeichneten) Zweit‑ und Drittantragsgegner brachten vor, dass der von der Antragstellerin gewünschte Berechnungsschlüssel falsch sei und der Abrechnung nicht zugrunde gelegt werden könne.

Das Erstgericht trug dem Erstantragsgegner im zweiten Rechtsgang (vgl 5 Ob 30/15w) unter Androhung einer Geldstrafe von 1.000 EUR auf, binnen 6 Wochen sämtlichen Wohnungseigentümern dieser Liegenschaft eine Abrechnung über die Aufwendungen für die (nur noch verfahrensgegenständlichen) Jahre 2007 bis 2012 zu übermitteln, wobei es ausgehend von Punkt III.1. des Wohnungseigentumsvertrags die für den Aufteilungsschlüssel maßgeblichen Nutzflächen iSd § 17 MRG im Detail auflistete.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind (nur mehr) die von der Antragstellerin gerügte Höhe der angedrohten Geldstrafe und die Frage, ob die Nutzfläche des der Wohnung Top 27 als Zubehör zugeordneten Bereichs „Fitnessraum+Sauna“ bei der Abrechnung zu berücksichtigen ist. Das Erstgericht sprach aus, dass der strittige, im Kellergeschoß gelegene Fitness- und Saunabereich im Ausmaß von 61,84 m² als für den Aufteilungsschlüssel maßgebliche Nutzfläche iSd § 17 MRG zu berücksichtigen sei. Die von den Wohnungseigentümern getroffene Vereinbarung, die Aufwendungen seien iSd § 17 MRG aufzuteilen, regle seiner Formulierung nach lediglich einerseits die Frage der konkreten geometrisch‑rechnerischen Berechnung der Nutzfläche im Sinne der Bestimmungen des § 17 MRG, andererseits stelle diese vertragliche Regelung einen Verzicht auf die Verteilungsgrundlage des Mindestanteils laut Grundbuch dar. Eine Befreiung eines Wohnungseigentümers wegen Unbenutzbarkeit eines Objekts könne aus so einer Vereinbarung im Zweifel nicht geschlossen werden. Der Erstantragsgegner hätte daher den Bereich Fitnessraum/Sauna ungeachtet dessen, dass dieses Objekt nach den Feststellungen seit 2008 zufolge Feuchtigkeit und Schimmelbildung unbenutzbar gewesen sei, in der Abrechnung zu berücksichtigen gehabt. Die Höhe der angedrohten Geldstrafe erscheine angemessen, da der Erstantragsgegner die Aufteilung der Aufwendungen nicht mutwillig, sondern aufgrund einer falschen Rechtsansicht unrichtig vorgenommen habe.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der Antragstellerin, des Erstantragsgegners sowie der Zweit- und Drittantragsgegner nicht Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts insbesondere auch in dem Punkt, dass der Bereich Fitnessraum/Sauna mit 61,84 m² bei der Ermittlung des konkreten Aufteilungsschlüssels einzubeziehen ist. Dies mit der Maßgabe, dass durch die Ergänzung der Bezeichnung auf „Fitnessraum/Sauna top 27“ klarzustellen sei, dass der Bereich Fitnessraum/Sauna zur Wohnung Top Nr 27 gehöre. Das Rekursgericht begründete dies – zusammengefasst – damit, dass nach ständiger Rechtsprechung im Anwendungsbereich des § 17 MRG nur dauernd unbrauchbare Objekte als unvermietbare Objekte bei der Festsetzung des Nutzflächenschlüssels außer Betracht bleiben würden. Eine bloß vorübergehende (nur bis zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht andauernde) Unbrauchbarkeit sei für die Festsetzung des Nutzflächenschlüssels ohne Bedeutung. Wer sich auf eine dauernde Unbrauchbarkeit berufe, habe diese auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren zu behaupten und überzeugend darzutun. Die Behauptungs- und Beweislast für die dauernde Unbrauchbarkeit treffe demnach die Antragsgegner; Zweifel an der Unvermietbarkeit gingen zu deren Lasten. Das Erstgericht habe zwar festgestellt, dass hinsichtlich der im Objekt Fitnessraum/Sauna ausgebauten Flächen Unbrauchbarkeit vorliege, nicht jedoch, dass es sich dabei um eine dauernde Unbrauchbarkeit handle, die eine Berücksichtigung bei der Aufteilung ausschließe. Es seien keine Verfahrensergebnisse hervorgekommen, die eine Adaptierung der Räumlichkeiten zum ursprünglich beabsichtigten Zweck auf Dauer und endgültig ausschließen würden. Das Erstgericht habe die Fitness- und Saunaräumlichkeiten daher zutreffend im Umfang der tatsächlichen Nutzfläche in der Aufteilung belassen, zumal nicht zweifelsfrei behauptet und dargelegt worden sei, dass die festgestellte Schimmelbildung und die Beeinträchtigung durch aufsteigende Grundfeuchte technisch unbeherrschbar seien und somit eine dauernde Unbrauchbarkeit vorliege. Erst infolge baurechtlichen Entzugs der Benützungsbewilligung stehe die objektive Unvermietbarkeit (dauernde Unbrauchbarkeit) fest. Die vom Erstgericht angedrohte Geldstrafe entspreche den festgestellten Umständen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR nicht übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Diesen Zulassungsausspruch änderte das Rekursgericht gemäß § 63 Abs 3 AußStrG auf Antrag der Antragstellerin, des Erstantragsgegners und der Zweit- und Drittantragsgegner dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs zugelassen werde. Der Auslegung des Begriffes der dauernden (bzw vorübergehenden) Unbrauchbarkeit iSd § 17 MRG und der Frage der Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auch im WEG‑Bereich im Zusammenhang mit der erforderlichen Nutzwertneufestsetzung hätten (doch) eine übergeordnete Bedeutung.

Die Antragstellerin beantragt in ihrem Revisionsrekurs,diesennach Durchführung einer Revisionsverhandlung zuzulassen und den Sachbeschluss des Rekursgerichts im Sinn einer Stattgebung des Antragsbegehrens abzuändern. Hilfsweise stellt sie Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsanträge.

Der Erstantragsgegner erstattete keine Revisionsrekursbeantwortung; die Zweit- und Drittantragsgegner beantragen in der ihren, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Der Erstantragsgegner und die Zweit- und Drittantragsgegner beantragen in ihren jeweiligen Revisionsrekursen, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Objekt Fitnessraum/Sauna in der Nutzflächenabrechnung zur Gänze nicht zu berücksichtigen sei. Hilfsweise stellen auch sie Aufhebungs- und Zurückverweisungsanträge.

Die Antragstellerin beantwortete (nur) den Revisionsrekurs der Zweit‑ und Drittantragsgegner. In dieser Revisionsrekursbeantwortung beantragt sie, den Revisionsrekurs der Zweit‑ und Drittantragsgegner zurückzuweisen, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin ist als verspätet zurückzuweisen. Die Revisionsrekurse sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 71 Abs 1 AußStrG) – nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Verspätete Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin

1. Die Frist für die – nach § 68 Abs 4 Z 1 AußStrG beim Rekursgericht einzubringende – Revisionsrekursbeantwortung beträgt nach § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG vier Wochen. Der Freistellungsbeschluss des Rekursgerichts wurde der Antragstellerin am 27. 4. 2017 zugestellt. Die Frist zur Einbringung der Rechtsmittelbeantwortung endete (infolge des Donnerstags‑Feiertags 25. 5.) somit am 26. 5. 2017. Die an das Erstgericht gerichtete Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin langte zwar am 24. 5. 2017 beim unzuständigen Erstgericht ein, sie wurde aber erst am 29. 5. 2017 an das Rekursgericht weitergeleitet.

2. Auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gilt der Grundsatz, dass Rechtsmittel(beantwortungen), die – wie hier – beim unrichtigen Gericht eingebracht werden, nur dann als rechtzeitig anzusehen sind, wenn sie innerhalb der Rechtsmittel‑(beantwortungs‑)frist beim zuständigen Gericht eingelangt sind (RIS‑Justiz RS0006096, RS0041608). Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin ist nicht innerhalb der ihr zur Verfügung stehenden Frist beim zuständigen Rekursgericht eingelangt. Diese ist daher als verspätet zurückzuweisen.

II. Revisionsrekurs der Antragstellerin

1.1. Die Antragstellerin begründet die Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses mit der Behauptung, nach Auffassung der Vorinstanzen sei es dem Verwalter (im Einvernehmen mit Wohnungseigentümern) gestattet, von dem von allen Wohnungseigentümern vereinbarten abweichenden Verteilungsschlüssel abzugehen. Dies widerspreche den Grundprinzipien des § 32 WEG 2002 und der dazu ergangenen Judikatur. Danach könne von dem vereinbarten Verteilungsschlüssel nur im Wege einer neuen Vereinbarung oder durch eine gerichtliche Neufestsetzung nach § 32 Abs 5 WEG 2002 abgegangen werden. Nicht einmal eine Neufestsetzung der Nutzwerte führe automatisch zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 19 Abs 1 WEG 1975 bzw § 32 Abs 1 Satz 1 WEG 2002. Vielmehr seien die aus dem Grundbuch ersichtlichen Anteilsverhältnisse maßgeblich. Daher könne auch nicht jegliche Änderung einer subjektiv empfundenen Brauchbarkeit oder Unbrauchbarkeit sofort in eine Änderung des Aufteilungsschlüssels münden.

1.2. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin haben die Vorinstanzen dem Erstantragsgegner die Aufteilung der liegenschaftsbezogenen Aufwendungen nicht abweichend, sondern konform mit der im Wohnungseigentumsvertrag getroffenen Aufteilungsvereinbarung vorgeschrieben. Die von der Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs gerügten einzelnen Abweichungen zwischen den in der Entscheidung des Erstgerichts ausgewiesenen Nutzflächen und den Nutzflächen laut dem der Wohnungseigentumsbegründung zugrunde liegenden Nutzwertgutachten sind auf die Feststellungen des Erstgerichts zu den (nach der Auslegung der Vereinbarung durch die Vorinstanzen maßgeblichen) tatsächlichen Flächenausmaßen, die rechtliche Qualifikation ihrer Nutzflächenrelevanz und die Beurteilung der Rechtfertigung für den vereinbarten Abschlag zurückzuführen. Im Zusammenhang mit diesen Fragen zeigt die Antragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage auf. In ihrer Zulassungsbegründung beschränkt sie sich vielmehr auf die pauschale und unzutreffende Behauptung, die Auffassung der Vorinstanzen, dass für die einzelnen, von ihr bestimmt bezeichneten Objekte andere als die im Wohnungseigentumsvertrag festgestellten Nutzflächen zugrunde zu legen seien, auf unzulässiger Eigenmacht des Erstantragsgegners und bestimmter Wohnungseigentümer beruhe.

2.1. Als (weiteren) Grund für die Zulässigkeit ihres Revisonsrekurses macht die Antragstellerin geltend, dass jegliche Judikatur zur Ausmittlung der Höhe der Strafe nach § 34 Abs 3 WEG 2002 fehle.

2.2. Strukturell betrachtet entspricht das Verfahren zur Durchsetzung der Pflichten des Verwalters auf Rechnungslegung jenem der Erzwingung einer unvertretbaren Handlung nach § 354 Abs 1 EO. Bei diesem Verfahrensabschnitt handelt es sich daher nicht mehr um ein Erkenntnisverfahren, sondern bereits um ein in das wohnrechtliche Außerstreitverfahren integriertes Vollstreckungsverfahren mittels Beugestrafen (5 Ob 260/07g). Dabei ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt, dass die Verhängung einer Geldstrafe zum Zweck der Durchsetzung von Verwalterpflichten nach § 34 Abs 3 WEG 2002 keinen repressiven Strafcharakter hat, sondern nur auf eine künftige Willensbeugung des Verpflichteten abzielt (5 Ob 232/09t = RIS‑Justiz RS0117530 [T3]). Die zur zweckentsprechenden Verfolgung dieses Ziels notwendige und angemessene Höhe der Geldstrafe hängt dabei von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Deren Bemessung wirft daher in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 52 Abs 2 WEG iVm §§ 37 Abs 3 Z 16 MRG, 62 Abs 1 AußStrG auf.

III. Revisionsrekurse des Erstantragsgegners und der Zweit- und Drittantragsgegner

1.1. Sowohl der Erstantragsgegner als auch die Zweit- und Drittantragsgegner sehen – wie das Rekursgericht auch – die Zulässigkeit des Revisionsrekurses darin begründet, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung fehle, welche Umstände das Kriterium der „Dauerhaftigkeit“ einer Unbrauchbarkeit iSd § 17 MRG begründen. Es bedürfe einer höchstgerichtlichen Leitlinie zur Konkretisierung dieses unbestimmten und in der Lehre unterschiedlich interpretierten Rechtsbegriffs.

1.2. Im Wohnungseigentumsvertrag vom 21. 12. 2001 haben sämtliche Wohnungseigentümer einen abweichenden Aufteilungsschlüssel iSd § 19 Abs 2 WEG 1975 idFd 3. WÄG bzw (für das geltende Recht gemäß dem nahezu wortgleichen) § 32 Abs 2 WEG 2002 festgelegt. Die Aufteilung aller liegenschaftsbezogenen Aufwendungen hat nach dieser Aufteilungsvereinbarung „im Sinne des § 17 Mietrechtsgesetz (MRG) nach der Nutzfläche“ zu erfolgen. Nach § 17 Abs 1 MRG bestimmt sich der Anteil eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benutzten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses. Die für die Aufteilung der Bewirtschaftungskosten eines Hauses maßgebliche Nutzflächenrelevanz von Räumen hängt von deren Vermietbarkeit ab, die wiederum nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist (5 Ob 34/11b; RIS‑Justiz RS0070105; RS0069814; RS0116999). Eine nach dem objektiven Zustand der Objekte indizierte Vermietbarkeit hat der Vermieter zu widerlegen, den daher Zweifel an der Unvermietbarkeit belasten (RIS‑Justiz RS0070105 [T2], RS0069814 [T7, T10], RS0116999 [T1]). Die Frage, ob aufgrund des objektiven Zustands eines Objekts eine Eignung für Wohn- oder Geschäftszwecke gegeben ist, hängt ausschließlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und berührt daher keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RIS‑Justiz RS0070105 [T1], RS0069814 [T11]).

1.3. Durch die Regelung des § 17 MRG sollte ein möglichst stabiler, von vorübergehenden Änderungen weitgehend unbeeinflusster Verteilungsschlüssel für die Kosten des Hauses geschaffen werden. Eine bloß vorübergehende (nur bis zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht andauernde) Unbrauchbarkeit ist daher für die Festsetzung des Nutzflächenschlüssels ohne Bedeutung (RIS‑Justiz RS0069860). Das Erstgericht vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass aus der hier maßgeblichen Aufteilungsvereinbarung seiner Formulierung nach eine Befreiung eines Wohnungseigentümers wegen Unbenutzbarkeit eines Objekts nicht geschlossen werden könne. Das Rekursgericht teilt diese Rechtsansicht erkennbar nicht. Seinem Verständnis nach beziehen sich die Ausführungen des Erstgerichts zur „Irrelevanz der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten (herabgesetzt bis zur Unbenutzbarkeit)“ offensichtlich auf die bloße vorübergehende Unbenutzbarkeit. Eine dauernde Unbenutzbarkeit im Sinne der Judikatur zu § 17 MRG sei nach der Aufteilungsvereinbarung grundsätzlich sehr wohl zu berücksichtigen. Allerdings hätten die dafür behauptungs‑ und beweispflichtigen Antragsgegner eine solche dauernde Unbrauchbarkeit des Bereichs Fitnessraum/Sauna weder ausreichend dargetan, noch habe das Erstgericht festgestellt, dass eine dauernde Unbrauchbarkeit vorliege.

1.4. Die Richtigkeit der Auslegung der Aufteilungsvereinbarung durch das Rekursgericht, wonach eine dauernde Unbenutzbarkeit im Sinne der Judikatur zu § 17 MRG grundsätzlich zu berücksichtigen sei, bestreiten die Antragsgegner naturgemäß nicht; schließlich entspricht diese ihrem Verfahrensstandpunkt. Fragen der Vertragsauslegung kämen in der Regel auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, sofern – wie hier – keine auffallende Fehlbeurteilung einer Individualisierungs-vereinbarung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (5 Ob 98/17y [Aufteilungsvereinbarung iSd § 32 Abs 2 WEG 2002]; RIS‑Justiz RS0042776, RS0042936, RS0112106).

1.5. Die Antragsgegner bestreiten auch nicht, dass (nach der Rechtsprechung zu § 17 MRG und der hier zu beurteilenden Aufteilungsvereinbarung) eine bloß vorübergehende Unbrauchbarkeit noch keine Ausnahme von der Nutzflächenrelevanz bewirkt, sondern hierfür eine dauernde Unbenutzbarkeit erforderlich ist. Sie vermissen allerdings höchstgerichtliche Leitlinien zum richtigen Verständnis der „dauernden Unbrauchbarkeit“. Das Rekursgericht wies allerdings zutreffend darauf hin, dass die Antragsgegner sich im Verfahren vor dem Erstgericht auf die Dauerhaftigkeit der behaupteten und vom Erstgericht festgestellten faktischen Unbenützbarkeit gar nicht berufen haben; sie haben eine solche weder behauptet noch sonst konkret dargetan. Die dazu in den Rechtsmittelverfahren aufgestellten Behauptungen stellen daher eine im wohnrechtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung dar (§ 37 Abs 3 Z 14 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG 2002; RIS‑Justiz RS0070485, RS0070461 [T2]). Die sich erstmals in den Rechtsmitteln findenden Ausführungen zur angeblichen Unwirtschaftlichkeit und/oder rechtlichen Unmöglichkeit einer Sanierung sind daher – losgelöst von der Frage, ob die darin aufgestellten Behauptungen ausreichend spezifiziert und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen schlüssig sind – unbeachtlich. Der Oberste Gerichtshof ist auch im Außerstreitverfahren nicht dazu berufen, zu diesen hier daher bloß theoretischen Rechtsfragen Stellung zu nehmen (RIS‑Justiz RS0111271, RS0102059 [T8]).

2.1. Die Zweit‑ und Drittantragsgegner meinen, das Rekursgericht habe sich im Zusammenhang mit der von ihm verneinten Dauerhaftigkeit der Unbrauchbarkeit auf eine angebliche (positive) Feststellung des Erstgerichts gestützt, in der dieses festgehalten haben soll, dass eine dauernde Unbenutzbarkeit nicht vorliege. Dass hier lediglich eine einfache Unbenutzbarkeit vorliege, habe das Erstgericht aber weder ausdrücklich festgestellt noch seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt. Das Rekursgericht habe daher Tat- und Rechtsfragen unrichtig abgegrenzt und widersprüchliche Feststellungen getroffen, die Feststellungen des Erstgerichts aktenwidrig zusammengefasst und/oder eigenmächtig ergänzende Feststellungen getroffen. Der damit verbundene sekundäre Feststellungsmangel und/oder Verfahrensmangel werfe gleichfalls eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf.

2.2. Die Behauptung, das Rekursgericht habe sich auf eine (positive) Feststellung des Erstgerichts gestützt, wonach keine dauernde Unbenutzbarkeit vorliege, trifft nicht zu. Das Rekursgericht verwies in seiner Erledigung der Rechtsrüge lediglich darauf, dass nicht nur die Antragsgegner die dauernde Unbenutzbarkeit gar nicht behauptet haben, sondern das Erstgericht auch keine (in diesem Sinn wohl überschießende) Feststellung dazu getroffen hat. Die demnach auf einem falschen Verständnis der in ihrer Bedeutung unzweifelhaften Ausführungen des Rekursgerichts beruhende Rechts- und Verfahrensrüge der Zweit- und Drittantragsgegner geht daher von vornherein ins Leere.

3.1. Der Erstantragsgegner begründet die Zulässigkeit seines Revisionsrekurses (auch noch) damit, dass die Frage, ab welchem Zeitpunkt und nach welchen objektiven Kriterien der Verwalter unterjährig bekanntgewordene Nutzflächenänderungen zu berücksichtigen habe, in der Rechtsprechung nicht geklärt sei.

3.2. Gegenstand des Revisonsrekursverfahrens ist im Hinblick auf die Revisionsrekursanträge sowohl des Erstantragsgegners als auch der Zweit- und Drittantragsgegner nur die Frage, ob die Nutzfläche des der Wohnung Top 27 als Zubehör zugeordneten Bereiches Fitnessraum/Sauna im Kellergeschoß bei der Abrechnung zu berücksichtigen ist. Dies haben die Vorinstanzen übereinstimmend und – im Sinne obiger Ausführungen – mit nicht zu beanstandender Begründung bejaht. In diesem Zusammenhang stellen sich die vom Erstantragsgegner als erheblich angesehenen Fragen daher nicht. Es gilt auch hier, dass der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, bloß theoretisch zu einer Rechtsfrage Stellung zu nehmen (RIS‑Justiz RS0111271, RS0102059).

4.1. Die Revisionsrekurse waren daher mangels Notwendigkeit der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 52 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 16 MRG) zurückzuweisen.

4.2. Die von der Antragstellerin in ihrem Revisionsrekursantrag beantragte mündliche Verhandlung findet im Revisionsrekursverfahren nach dem Außerstreitgesetz nicht statt, weil der Oberste Gerichtshof auch hier nur über Rechtsfragen zu entscheiden hat und daher Beweisaufnahmen oder ‑ergänzungen nicht in Betracht kommen (RIS‑Justiz RS0043689 [T4, T5]).

IV. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Die Zweit‑ und Drittantragsgegner haben in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Antragstellerin nicht hingewiesen und die darauf entfallenden Kosten daher selbst zu tragen (RIS‑Justiz RS0035979, RS0035962).

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