OGH 5Ob119/24x

OGH5Ob119/24x3.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. V*, und 2. C*, vertreten durch die Dr. Martin Schober Rechtsanwalts GmbH in Wiener Neustadt, gegen die beklagten Parteien 1. S*, vertreten durch die Summereder Pichler Wächter Rechtsanwälte GmbH in Leonding, 2. Univ.-Prof. Dr. P*, vertreten durch Dr. Johannes Honsig‑Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, 3. D*, 4. C*, und 5. A *, vertreten durch Mag. Daniel Schöpf, Mag. Christian Maurer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufhebung des Miteigentums (Streitwert: 278.845,68 EUR) über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. Mai 2024, GZ 3 R 47/24p-91, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00119.24X.0903.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Parteien sind zu unterschiedlichen Anteilen (nach Einantwortung teils außerbücherliche) Miteigentümer einer Seeliegenschaft mit einem mehrstöckigen Wohngebäude und einem Garagenobjekt. Über einen Steg gelangt man von der Liegenschaft zu einem Bootshaus, das im See als Superädifikat errichtet ist.

[2] Die Kläger begehrten die Aufhebung der Gemeinschaft des Miteigentums durch Zivilteilung, weil eine Naturalteilung unmöglich bzw untunlich sei, hilfsweise strebten sie eine Realteilung der Liegenschaft an. Teilungshindernisse lägen nicht vor.

[3] Das Erstgericht wies das auf Zivilteilung gerichtete Hauptbegehren ab und gab dem auf Realteilung gerichteten Eventualbegehren insofern statt, als es aussprach, die Gemeinschaft des Eigentums der beiden Kläger und der fünf Beklagten sei durch Realteilung hinsichtlich des Hälfteanteils der Erstbeklagten und hinsichtlich der verbleibenden Hälfte der Liegenschaft durch gerichtliche Zivilteilung aufzuheben.

[4] Das dagegen von den Klägern angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz ab und sprach aus, dass die Gemeinschaft des Miteigentums durch gerichtliche Feilbietung (Zivilteilung) aufzuheben sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Erstbeklagten, die darin jedoch keine erhebliche Rechtsfrage anspricht:

[6] 1. Nach § 843 ABGB ist die Naturalteilung die Regel und die Zivilteilung die Ausnahme. Die Zivilteilung kommt daher nur dann in Betracht, wenn eine Naturalteilung weder möglich noch tunlich ist.

[7] 1.1. Die Realteilung ist möglich, wenn die Sache ohne wesentliche Wertminderung geteilt werden kann und rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen (RS0110440; RS0013230 [T1] ua); sie ist tunlich, wenn eine Sache ohne Notwendigkeit eines unverhältnismäßig großen Wertausgleichs in Teile zerlegt werden kann, sodass der Wert des Ganzen in den Teilen erhalten bleibt (RS0013831; RS0013852 ua). Nur geringfügige Wertunterschiede können in Geld ausgeglichen werden (RS0013856; RS0013854). Bei der Realteilung muss die gemeinsame Sache daher nicht nur in annähernd gleichwertige, sondern auch gleichartige Teile zerlegt werden können, die entsprechend den bisherigen Anteilen auch annähernd gleich beschaffen sind, ohne dass ein unverhältnismäßiger Wertausgleich notwendig wird (RS0013831 [T10] = RS0013856 [T11]).

[8] 1.2. Nach den Feststellungen ist eine Teilung der Liegenschaften und Zuweisung von Grundstücke an die Miteigentümer, die ihren jeweiligen ideellen (teils außerbücherlichen) Miteigentumsanteilen entsprechen, nicht möglich.

[9] 2. In der Rechtsprechung ist auch die teilweise Aufhebung der Gemeinschaft durch Realteilung anerkannt, sofern dadurch keine wirtschaftliche Einheit zerstört wird. Dabei besteht die Möglichkeit, dass nicht real geteilte Objekte entweder der Zivilteilung unterworfen werden oder gemeinschaftlich bleiben. Das Nebeneinander von Real- und Zivilteilung ist daher grundsätzlich möglich (5 Ob 89/99w; 5 Ob 12/09i; 5 Ob 100/16s; 5 Ob 151/22z). Dabei handelt es sich jedoch ebenfalls um einen Anwendungsfall der Realteilung (RS0013240 [T4]), der nur in Betracht kommt, wenn er tunlich und möglich im oben dargestellten Sinn ist. Eine im Einzelfall (dazu RS0013852 [T12]) allenfalls aufzugreifende grobe Überschreitung des dem Berufungsgericht bei der Beurteilung dieser Frage eingeräumten Ermessensspielraums und damit eine erhebliche Rechtsfrage liegt entgegen der Ansicht der Erstbeklagten nicht vor:

[10] 2.1. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, die das Erstgericht zum Inhalt seiner Feststellungen machte, wäre eine Zerlegung der Liegenschaft in zwei annähernd gleiche Teile technisch zwar möglich, sodass die Erstbeklagte eine ihrem Hälfteanteil entsprechende Liegenschaft erhielte. Die vom Sachverständigen dazu vorgeschlagenen Varianten setzen aber entweder die Begründung von Wohnungseigentum oder den Abriss der auf der Liegenschaft vorhandenen Gebäude voraus.

[11] 2.2. Die Variante unter Begründung von Wohnungseigentum zielt auf die Schaffung von jeweils zwei Wohnungseigentumsobjekten im Haus und der Garage ab. Damit würden letztlich zwei annähernd gleich große Einheiten geschaffen; Flächenunterschiede könnten – so der Sachverständige – durch Zuschläge ausgeglichen werden. Der Erstbeklagten käme aufgrund ihres Hälfteanteils danach je eines der im Haus und dem Garagengebäude geschaffenen Wohnungseigentumsobjekte zu. Inwieweit bei dieser Variante die Zuweisung von Mindestanteilen an die übrigen Parteien (auch unter Begründung von Eigentümerpartnerschaften – die Zweit- bis Fünftbeklagten haben die Begründung von [neuen] Miteigentumsgemeinschaften an Teilen der Liegenschaft aber ohnedies ausdrücklich abgelehnt), die auch nur annähernd ihren ideellen Anteilen entsprechen, tunlich oder (rechtlich) möglich sein soll, ist nicht zu erkennen. Die Erstbeklagte verfolgt diesen Ansatz in ihrem Rechtsmittel erkennbar aber ohnedies nicht weiter.

[12] 2.3. Die zweite vom Sachverständigen als technisch mögliche Lösung vorgeschlagene Form, sieht den Abriss aller auf der Liegenschaft vorhandenen Gebäude und die Verlegung des Bootshauses samt Steg vom Rand der Liegenschaft in dessen Mitte vor, wo nach seiner Vorstellung die künftige Grenze verlaufen soll. Allein mit dem Abbruch der Gebäude sind Kosten von 141.600 EUR verbunden. Dennoch, so die Erstbeklagte in ihrem Rechtsmittel, sei die Realteilung angesichts des Verkehrswerts der Liegenschaft tunlich. Eine erhebliche Rechtsfrage kann sie damit jedoch nicht aufzeigen.

[13] Nach der Rechtsprechung können zwar selbst nicht unerhebliche Kosten, die mit deren Durchführung verbunden sind, eine Naturalteilung nicht hindern, wenn sie die auf Realteilung dringende Partei übernimmt (RS0013855 [T2]). Abgesehen davon, dass sich weder im Sachverhalt noch im Rechtsmittel Anhaltspunkte dafür finden, dass die Erstbeklagte zur alleinigen Tragung dieser Kosten bereit wäre, geht es hier aber nicht um solche Kosten, die zur Durchführung der realen Teilung erforderlich sind, sondern um Aufwendungen, die die gemeinschaftliche Sache noch vor ihrer Teilung grundlegend verändern sollen, sodass nicht mehr die der Klage zugrunde gelegte bebaute Liegenschaft der Teilung unterworfen werden soll. Dazu hat der Fachsenat aber bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei der Beurteilung der Möglichkeit einer Realteilung von der objektiven gegenwärtigen Beschaffenheit der Gesamtliegenschaft auszugehen ist (RS0015827). Fiktive Sachverhalte haben demgegenüber außer Betracht zu bleiben(vgl 5 Ob 167/22b mwN). Diese Grundsätze kommen auch dann zum Tragen, wenn zunächst die Beschaffenheit der Liegenschaft durch Abriss der Gebäude verändert werden muss, um erst dadurch eine Teilbarkeit der dann unbebauten Liegenschaft zu ermöglichen. Damit ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung den Ist-Zustand der Liegenschaft zugrunde legte und zum Ergebnis gelangte, dass die von der Erstbeklagten angestrebte Teilung durch Zuweisung der Hälfte der Liegenschaft an sie und Aufhebung der Gemeinschaft der übrigen Miteigentümer am verbleibenden Teil durch gerichtliche Feilbietung insgesamt weder tunlich noch möglich ist.

[14] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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