European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00117.21Y.0324.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.040,48 EUR (darin 340,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.
[2] Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut im Sinn des § 1 BWG und schließtbei ihrer österreichweiten Tätigkeit mit Verbrauchern Kreditkartenverträge unter Verwendung ihrer „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kreditkarten“ (kurz: AGB) ab.
[3] Der Kläger begehrte, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Verwendung von und die Berufung auf insgesamt 22 beanstandete Klauseln dieser AGB idF August 2018 oder sinngleiche Klauseln zu untersagen und ihr die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstag‑Ausgabe der Kronen‑Zeitung zu erteilen. Die Klauseln verstießen gegen gesetzliche Verbote und die guten Sitten; sie seien auch nicht ausreichend transparent. Wiederholungsgefahr bestehe, weil die Beklagte die Klauseln laufend im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern verwende.
[4] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie die Ermächtigung zur Veröffentlichung des abweisenden Urteils.
[5] Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren in Bezug auf 21 Klauseln statt, setzte eine Leistungsfrist von vier Monaten fest und verpflichtete die Beklagte in diesem Umfang zur Urteilsveröffentlichung. Das weitere Unterlassungsbegehren (Klausel 4) wies es (rechtskräftig) ab.
[6] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts über das Unterlassungs- und das darauf bezogene Veröffentlichungsbegehren und gab dem Rechtsmittel der Beklagten nur dahin Folge, dass es die Leistungsfrist auf sechs Monate verlängerte. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einzelnen, für viele Verbraucher bedeutsamen Klauseln fehle.
Rechtliche Beurteilung
[7] Dagegen richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision derBeklagten, die aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt ist.
A. Allgemeines:
[8] 1. Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann gemäß § 28 Abs 1 KSchG von einem nach § 29 KSchG berechtigten Verband auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Unterlassungsgebot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist. Der Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG ist nicht auf die Kontrolle und Durchsetzung der Verbote des § 6 KSchG und des § 879 ABGB beschränkt, sondern umfasst auch die Verletzung weiterer zivilrechtlicher wie auch öffentlich-rechtlicher Vorschriften (RIS‑Justiz RS0110990 [T4]).
[9] 2.1 Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt.
[10] 2.2 Mit dieser Bestimmung wurde ein bewegliches System geschaffen, in dem einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ berücksichtigt werden können (RS0016914 T54, T61]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, hat sich am dispositiven Recht als dem Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs zu orientieren (RS0014676 [T7, T13, T43]). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die den Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0016914 [T3, T4, T32], RS0014676 [T21]).
[11] 2.3 Die Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB setzt voraus, dass die zu prüfende Vertragsbestimmung nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt. Diese Ausnahme ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben (RS0016908 [T1]). Nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung ist der Kontrolle entzogen. Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, fallen nicht unter die Ausnahme der Inhaltskontrolle (RS0016931, RS0016908 [T16]).
[12] 3.1 Die Inhaltskontrolle nach § 879 ABGB geht der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB nach (RS0037089). § 864a ABGB erfasst jene Fälle, in welchen nach Vertragsabschluss nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB oder Vertragsformblättern hervorkommen, mit denen nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen war (RS0105643). Eine grobe Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234).
[13] 3.2 Objektiv ungewöhnlich ist nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte; der Klausel muss also ein Überrumpelungseffekt innewohnen. Insbesondere dann, wenn nur ein beschränkter Adressatenkreis angesprochen wird, kommt es auf die Branchenüblichkeit und den Erwartungshorizont der angesprochenen Kreise an (RS0014646). Die Ungewöhnlichkeit eines Inhalts ist nach dem Gesetzestext objektiv zu verstehen. Die Subsumtion hat sich an der Verkehrsüblichkeit beim betreffenden Geschäftstyp zu orientieren. Ein Abstellen auf die subjektive Erkennbarkeit gerade für den anderen Teil ist daher ausgeschlossen (RS0014627).
[14] 4.1 Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist.
[15] 4.2 Dieses Transparenzgebot für Verbrauchergeschäfte soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden, ohne dass er sich zur Wehr setzt, oder er über Rechtsfolgen getäuscht oder ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird (RS0115217 [T8], RS0115219 [T9, T21, T43]). Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG soll es dem Verbraucher ermöglichen, sich aus dem Vertragsformblatt zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T6, T8, T41]). Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Aus dem Transparenzgebot kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind demnach das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12], RS0115219 [T12]). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (RS0126158).
[16] 5.1 Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG sind Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn auszulegen (RS0016590 [T14], RS0038205 [T4, T11]). Es ist von der Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist (RS0016590 [T5, T17]). Das der Klausel vom Verwender der AGB beigelegte Verständnis ist im Verbandsprozess nicht maßgeblich (RS0016590 [T23]). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ist nicht Rücksicht zu nehmen; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RS0038205 [T1]; vgl RS0128735).
[17] 5.2 Für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 28 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks maßgeblich. Zwei unabhängige Regelungen können in einem Punkt oder sogar in einem Satz der AGB enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187 [T1]). Dabei kommt auch der sprachlichen Unselbständigkeit ein gewisses Gewicht zu (RS0121187 [T11]).
[18] 6.1 Die in diesem Verfahren geltend gemachten Gesetzwidrigkeiten beziehen sich hauptsächlich auf Verstöße gegen das Zahlungsdienstegesetz 2018 (idF: ZaDiG 2018), BGBl I 2018/17, das am 1. 6. 2018 in Kraft getreten ist und das Zahlungsdienstegesetz 2009 (ZaDiG aF) abgelöst hat.
[19] 6.2 Das Zahlungsdienstegesetz legt die Bedingungen fest, zu denen Personen Zahlungsdienste gewerblich in Österreich erbringen dürfen (Zahlungsdienstleister). Es regelt die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten (§ 1 Abs 1 ZaDiG 2018). § 32 Abs 2 ZaDiG 2018 bestimmt, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Transparenz- und Informationspflichten der §§ 32 bis 54 ZaDiG 2018 abweichen, unwirksam sind. Gleiches gilt gemäß § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 für die in den §§ 55 bis 87 ZaDiG 2018 geregelten Rechte und Pflichten des Verbrauchers bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten. Vereinbarungen, die zum Nachteil eines Verbrauchers von diesen Bestimmungen abweichen, sind unwirksam. Nach § 40 Abs 1 ZaDiG 2018 sind Vertragsbestimmungen klar und verständlich abzufassen (5 Ob 15/20x). Ein Abweichen von diesen gesetzlichen Bestimmungen ist im Rahmen einer Verbandsklage aufzugreifen (§ 28a KSchG).
[20] 7.1 Voraussetzung für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird (RS0037660, RS0012064). Bei der Gefahr des Zuwiderhandelns ist zu unterscheiden, ob der zu einer bestimmten Unterlassung Verpflichtete bereits einmal zuwidergehandelt oder ob er sich bisher rechtmäßig verhalten hat. Im ersten Fall wird vermutet, dass er wieder zuwiderhandeln werde (Wiederholungsgefahr). Es ist daher Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, die die Gefahr der Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RS0037661, RS0080065, RS0079652).
[21] 7.2 Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann in einem Abmahnverfahren nach § 28 Abs 2 KSchG die Wiederholungsgefahr nur durch vollständige Unterwerfung unter den Anspruch der gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung beseitigt werden (RS0111637, RS0111640 [T20]). Der Verwender von AGB muss, will er die Wiederholungsgefahr beseitigen, nach Abmahnung eine unbedingte, uneingeschränkte und strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben (RS0111637 [T11], RS0124304 [T2]). Die Verwendung der Klauseln muss für die Zukunft geradezu ausgeschlossen sein, und zwar sowohl für neu abzuschließende Verträge als auch durch eine Berufung darauf in bereits bestehenden Verträgen (RS0111637 [T4]). Aus anderen Formen einer Unterwerfungserklärung kann sich die Beseitigung der Wiederholungsgefahr (nur) dann ergeben, wenn diese zumindest einen ähnlichen Gewissheitsgrad aufweisen. Das gilt etwa für das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs (6 Ob 131/16g); dies beseitigt im Regelfall die Wiederholungsgefahr, sofern der Kläger alles das erhält, was er durch ein seinem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können (RS0079899 [T19, T33]). Eine bloße Änderung der Geschäftsbedingungen, die zudem keine Gewähr dafür bietet, dass sich das Unternehmen nicht für bereits bestehende Verträge auf eine frühere Fassung beruft, reicht hingegen nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen (RS0111637 [T5, T8, T25], RS0111640 [T9], RS0119007 [T17], RS0124304 [T1]).
[22] B. Zu den im Revisionsverfahren strittigen Klauseln (die vorangestellte Nummerierung entspricht dabei der im Ersturteil übernommenen Bezeichnung durch die Klägerin, der Klammerausdruck hingegen der Nummerierung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kreditkarten der Beklagten):
1. Klauseln 1 und 3:
Klausel 1
„(3.3.) VbV/MCSC Transaktionen erfüllen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung.“
Klausel 3
„(6.3.) Abweichend von Punkt 6.1. ist der KI card complete nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn card complete beim Zahlungsvorgang keine starke Kundenauthentifizierung verlangt.“
[23] 1.1 Das Erstgericht gab dem auf diese Klauseln bezogenen Klagebegehren statt. Die Abkürzungen „VbV/MCSC“ seien weder selbsterklärend noch würden sie im vorangehenden Punkt 3.2. der AGB verständlich gemacht. Unklar bleibe, was mit einer „starken Kundenauthentifizierung“ gemeint sei. Erst in Klausel 3 (6.3. der AGB) finde sich eine Haftungsbestimmung, die auf „starke Kundenauthentifizierung“ Bezug nehme. Allein die räumliche Trennung der beiden Klauseln mache die Klauseln intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Auch die Tragweite der Haftung des Karteninhabers erschließe sich nicht. Die Verknüpfung der beiden Klauseln führe zu einer Beweislastverschiebung, was gegen § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 verstoße.
[24] 1.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es möge zwar zutreffen, dass der durchschnittliche Kunde der Beklagten, wenn er die Bedeutung der in Klausel 1 verwendeten Abkürzungen „VbV“ und „MCSC“ nicht kenne, die Erklärung dafür an erwartbarer Stelle zu Beginn der AGB (Punkt 1.) suchen werde und dort sowie aus Punkt 3.2. der AGB (Klausel 1) erfahre, dass es sich dabei um spezielle Sicherheitssysteme handle, die dem Karteninhaber Zahlungen und Serviceleistungen in verschlüsselten elektronischen Datennetzen ermöglichen. Der Fachbegriff „starke Kundenauthentifizierung“, der aus dem ZaDiG 2018 stamme, sei einem Karteninhaber mangels Kenntnis der Begriffsbestimmungen des ZaDiG 2018 jedoch fremd. Er werde daher allein aufgrund der Informationen aus den Punkten 1. und 3.2. der AGB nicht in der Lage sein, zu verstehen, was mit „Authentifizierung“ sowie „starke Kundenauthentifizierung“ gemeint sei; vor allem werde er nicht erkennen, dass es sich dabei um Begriffe aus dem ZaDiG 2018 handle, die dort in § 4 Z 27 und Z 28 gesetzlich definiert seien. Schon gar nicht werde ihm bewusst werden, dass die in § 4 Z 28 ZaDiG 2018 angeführten Voraussetzungen (insbesondere eine Authentifizierung unter Heranziehung von mindestens zwei Elementen der Kategorien Wissen, Besitz oder Inhärenz) erfüllt sein müssen, um von der Erfüllung des Kriteriums einer starken Kundenauthentifizierung (so Klausel 1 [3.3. der AGB]) oder dem Verlangen der Beklagten nach einer starken Kundenauthentifizierung beim Zahlungsvorgang (so Klausel 3 [6.3. der AGB]) ausgehen zu können. Klausel 1 lasse den Kunden zudem mangels Hinweises auf einen Zusammenhang mit den daran geknüpften haftungsrechtlichen Rechtsfolgen laut Klausel 3 (6.3. der AGB) darüber im Unklaren, warum erklärt werde, dass bestimmte Transaktionen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen. Beide Klauseln seien daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Darüber hinaus sei Klausel 1 bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass aufgrund der Bestätigung, dass die darin angeführten Transaktionen das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen, nicht die grundsätzlich gemäß § 66 Abs 1 ZaDiG 2018 dafür beweispflichtige Beklagte, sondern der Verbraucher, der bestreite, den Zahlungsvorgang einer VbV/MCSC‑Transaktion autorisiert zu haben, den Beweis dafür zu erbringen habe. Aufgrund der in Klausel 1 enthaltenen Tatsachenbestätigung sei daher eine Erschwerung der Beweissituation für den Konsumenten denkbar, sodass die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG verstoße.
[25] 1.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision – zusammengefasst – den Standpunkt, das Berufungsgericht sei von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 15/10x abgewichen, in der er (sachbezogen) ausgesprochen habe, dass die Verwendung von Fachbegriffen in AGB in der Natur der Sache liege und unumgänglich sei. Einem Karteninhaber sei bei gewisser Mindestkundigkeit verständlich, was mit „starke(r) Kundenauthentifizierung“ gemeint sei, zumal dieser Begriff in den Medien eingehend erläutert worden sei. Das gelte auch für die Haftungsfolgen der starken Kundenauthentifizierung. Diese Klauseln würden keine Tatsachenbestätigung begründen und könnten daher zu keiner Beweislastverschiebung führen. Die Beurteilung, ob die „VbV/MCSC‑Methode“ als starke Kundenauthentifizierung zu qualifizieren sei, sei eine Rechtsfrage, die schon ihrem Wesen nach einer Beweislast(-verschiebung) nicht zugänglich sei. Darüber hinaus sei jenes Szenario, in welchem das Berufungsgericht den Karteninhaber beweisbelastet sehe, nicht schlüssig. Das Berufungsgericht bringe die Begriffe „autorisiert“ und „authentifiziert“ durcheinander und missverstehe damit den Norminhalt des § 66 Abs 1 ZaDiG 2018.
[26] 1.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[27] 1.4.1 Zum besseren Verständnis werden auch die Punkte 1., 3.2. und 6.1. der AGB (auszugsweise) wiedergegeben:
„1. Vertragsabschluss
[…] Getrennt von der Karte erhält der Karteninhaber (KI), jeweils nur ihm bekannt gegeben, eine persönliche Identifikationsnummer (PIN), […], sowie einen Registrierungs‑Code für die Teilnahme an speziellen Sicherheitssystemen, die dem KI Zahlungen und diverse Serviceleistungen (z.B. Umsatzabfrage) in verschlüsselten elektronischen Datennetzen ermöglichen. Diese Systeme sind insbesondere Verified by Visa (VbV)/Mastercard SecureCode (MCSC).“
„3.2. Der KI weist durch Bekanntgabe der Kartendaten oder Vorlage der Karte und sofern erforderlich nach einer Verifizierung durch Unterfertigung eines Beleges oder Eingabe der PIN oder bei einer VbV/MCSC Transaktion durch Eingabe des Passwortes und der mobilen Transaktionsnummer (mobileTAN) card complete unwiderruflich an, den Rechnungsbetrag an die jeweilige Akzeptanzstelle zu bezahlen. Diese Anweisung nimmt card complete bereits jetzt an.“
„6. Haftung des Karteninhabers
6.1. Der KI haftet unter Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der card complete für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge aufgrund der Nutzung einer verlorenen oder gestohlenen als Zahlungsinstrument verwendeten Karte oder für missbräuchliche Verfügungen mit der als Zahlungsinstrument verwendeten Karte, sofern der card complete ein Schaden infolge des nicht autorisierten Zahlungsvorganges aufgrund der Nutzung eines verlorenen oder gestohlenen oder aufgrund der missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstrumentes entstanden ist: […]“
[28] 1.4.2 Die in den beanstandeten Klauseln verwendeten Fachbegriffe der „Authentifizierung“ bzw „starken Kundenauthentifizierung“ entsprechen der Terminologie des § 4 Z 27 und Z 28 ZaDiG 2018. Die vom Berufungsgericht als erläuterungsbedüftig erachteten Begriffe sind daher solche des Gesetzgebers. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 2 Ob 20/15b (Pkt 2.16.3) unter Berufung auf das Schrifttum (Bollenberger, Vertragsabschluss unter beiderseitig verdünnter Willensfreiheit, ÖBA 2016, 26 [31]) ausgesprochen, dass der Unternehmer den Gesetzgeber an Formulierungskunst nicht übertrumpfen muss. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an. Zutreffend weist das Berufungsgericht aber darauf hin, dass die Klausel 1 (3.3. der AGB) völlig offen lässt, aus welchem Grund erklärt wird, dass bestimmte Transaktionsarten (VbV/MCSC) das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllen. Allein aus dieser Klausel erschließt sich einem durchschnittlichen Verbraucher nicht, was diese Bestimmung bezweckt. Erst eine Zusammenschau mit Klausel 3 (6.3. der AGB) lässt einen haftungsrechtlichen Zusammenhang erkennen, ohne diesen ausreichend deutlich offen zulegen. Damit erweisen sich diese beiden Klauseln als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil die konkreten Rechtsfolgen für den Verbraucher verschleiert werden.
[29] 1.4.3 Nach § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 hat, wenn ein Zahlungsdienstnutzer bestreitet, einen ausgeführten Zahlungsvorgang autorisiert zu haben, oder geltend macht, dass der Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass der Zahlungsvorgang authentifiziert war. Der Nachweis der Nutzung eines Zahlungsinstruments reicht für sich allein genommen für den Nachweis der Autorisierung des Zahlungsvorgangs durch den Zahler, einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Sorgfaltspflichten gemäß § 63 ZaDiG 2018 oder eines Handelns des Zahlers in betrügerischer Absicht nicht notwendigerweise aus (§ 66 Abs 3 erster Satz ZaDiG 2018). Dem Zahlungsdienstnutzer steht es damit offen, die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs nachzuweisen, womit die Beweislast, dass ua der Zahlungsvorgang authentifiziert war, wieder auf den Zahlungsdienstleister übergeht, der dann den strikten Beweis zu erbringen hat (zur Vorgängerbestimmung des § 34 Abs 3 ZaDiG 2009: 10 Ob 5/16g [Pkt 2.3]; Haghofer in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 66 Rz 20 f). Das schließt nach § 66 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 den Nachweis mit ein, dass der Zahlungsvorgang mit Hilfe des gemäß § 48 Abs 1 Z 2 lit c leg cit im Rahmenvertrag vereinbarten Verfahrens authentifiziert worden ist und dieses Verfahren sowie die verwendeten Authentifizierungselemente den gesetzlichen Vorgaben entsprechen (Haghofer aaO § 66 Rz 12 ff).
[30] 1.4.4 Die Klausel 1 iVm der Klausel 3 ist bei kundenfeindlichster Auslegung so zu verstehen, dass die Beklagte zwar den Nachweis erbringen muss, dass das Verfahren mithilfe der VbV/MCSC‑Methode authentifiziert wurde; dass diese Methode das Kriterium einer starken Kundenauthentifizierung erfüllt (so Klausel 1 = 3.3 der AGB) stellt – bei gebotener kundenfeindlichster Auslegung – aber eine Tatsachenbehauptung dar, die die Rechtsdurchsetzung des Verbrauchers beeinträchtigen kann, weil sie ihn mit einem Beweis belastet, den er sonst nicht erbringen müsste (RS0121955). Der Karteninhaber müsste den Beweis erbringen, dass das VbV/MCSC‑Verfahren und die verwendeten Authentifizierungselemente nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die Klausel verstößt daher gegen die in § 66 Abs 1 ZaDiG 2018 aufgestellte Beweislastverteilung und ist damit unzulässig iSd § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.
2. Klausel 2:
„(5.6.) Der KI […] hat sich in angemessenen Abständen vom Fortbesitz der Karte zu überzeugen.“
[31] 2.1 Nach Ansicht des Erstgerichts setze § 63 ZaDiG 2018 den Art 69 der Richtlinie (EU) 2015/2366 um. In den ErläutRV (11 BlgNR 26. GP 17) sei festgehalten, dass eine gesetzliche Verpflichtung des Zahlungsdienstnutzers, das Zahlungsinstrument selbst vor unbefugtem Zugriff zu schützen, keine Grundlage im Text der Richtlinie habe. Damit sei der klare Wille des Gesetzgebers belegt, eine Verpflichtung, wie sie in der Klausel vorgegeben sei, nicht zuzulassen.
[32] 2.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Verpflichtung des Karteninhabers zur fortlaufenden Überprüfung, ob das Zahlungsinstrument bei ihm noch vorhanden ist, für Kreditkarten grundsätzlich innerhalb der durch § 63 ZaDiG 2018 normierten Schranken der Zumutbarkeit auch in AGB wirksam vereinbart werden könne. Jedoch sei der Begriff des „angemessenen Abstands“ intransparent, weil die Klausel für den Verbraucher keine Anhaltspunkte biete, welche zeitlichen Abstände im Regelfall als angemessen gelten, ob diese stets gleich bleiben oder ob sich die Anforderungen an die Häufigkeit der Nachschau nur nach objektiven Kriterien richten sollen oder ob dafür auch die subjektiven Umstände, insbesondere auch Fragen der Zumutbarkeit solcher Maßnahmen für den Karteninhaber entscheidend seien.
[33] 2.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision, die Auffassung, dass die verwendete Formulierung „angemessen(en) [Abständen]“ für den Karteninhaber klar und verständlich sei. Das Transparenzgebot erfordere nicht, dass dem Verbraucher jede einzelne Fallkonstellation und Rechtsfolge minutiös dargelegt werde. Es genüge, diesem einen Überblick zu geben, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe. Die beanstandete Klausel ermögliche die gebotene Beurteilung im Einzelfall.
[34] 2.4 Die Revisionist nicht berechtigt.
[35] 2.4.1 Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, dass die Formulierung in „angemessenen Abständen“ intransparent ist. Durch die Klausel wird dem Karteninhaber eine Sorgfaltspflicht auferlegt, wobei – wie das Berufungsgericht zutreffend aufzeigte – unklar bleibt, wie er diese zu erfüllen hat. Diese Klausel verstößt damit gegen das Bestimmtheitsgebot als Teil des Transparenzgebots (für viele 9 Ob 73/17a mwN). Wenn die Revisionswerberin meint, die Klausel ermögliche „die gebotene Einzelfallbeurteilung“, zeigt sie nicht auf, wie der Karteninhaber die ihm auferlegte Verpflichtung erfüllen kann.
[36] 2.4.2 In der Entscheidung zu 8 Ob 106/20a [Pkt 1.3.2] hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt, dass § 63 Abs 3 ZaDiG 2018 – anders als noch die Vorgängerbestimmung des § 36 Abs 1 und 2 ZaDiG 2009 – grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung des Zahlungsdienstnutzers mehr vorsieht, das Zahlungsinstrument selbst vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Da ein Zahlungsinstrument nur dann vorliegt, wenn es mit personalisierten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet ist (https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Justiz&GZ=5Ob15/20x&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True [Pkt 5.4.3]), kann zwar eine Verpflichtung, dass der Zahlungsdienstnutzer zum Schutz des Zahlungsinstruments verhalten ist, als bloße Konkretisierung der Pflicht nach § 63 ZaDiG 2018 gesehen werden, die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugten Zugriff zu schützen. Name, Adresse oder Nummern, die auf einer Zahlungskarte ersichtlich sind, zählen aber nicht zu den personalisierten Sicherheitsmerkmalen (5 Ob 15/20x [Pkt 5.4.3]; 9 Ob 32/18y [Pkt 3.3] je mwN). Soweit mit der angefochtenen Klausel dem Verbraucher auferlegt wird, sich vom Fortbesitz der Karte zu überzeugen und damit diese selbst sowie die daraus ersichtlichen nicht personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugtem Zugriff zu schützen, erweitert sie zum Nachteil des Verbrauchers dessen Pflichten nach § 63 ZaDiG 2018. Klausel 2 ist daher auch nach § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 unwirksam.
3. Klauseln 5a und 19:
Klausel 5a:
„(9.7.) Im Fall, dass der Kartenvertrag aus Bonitätsgründen gesperrt wird und dies auf einem Verschulden des KI beruht, ist card complete berechtigt, Sollzinsen in Rechnung zu stellen, wobei hierfür die Berechnung des Punktes 9.6. nicht zur Anwendung gelangt. Diese Zinsen werden jeweils mit jenem Tag, welcher dem Tag nach Ablauf der in der jeweiligen Umsatznachricht angegebenen Frist (Punkt 7.7.) folgt verzinst, kapitalisiert und angelastet. Diese Zinsen werden monatlich kapitalisiert, wodurch Zinseszinsen entstehen können. [...] Wird eine Sperre aus Bonitätsgründen aufgehoben, so kommt ab diesem Zeitpunkt wieder die Berechnung laut Punkt 9.6. zur Anwendung.“
Klausel 19:
„(20.) Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen:
[…]
effektiver Sollzinssatz bei monatlicher Kapitalisierung gemäß Punkt 9.7. 14,95 %“
[37] 3.1 Das Erstgericht erachtete diese Klauseln als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Es fehle an einer Definition des Begriffs „Bonitätsgründe“. Offen bleibe, welche Umstände keine ausreichende Bonität begründeten. Bei den als „Sollzinsen“ bezeichneten Zinsen handle es sich um Verzugszinsen, denen aufgrund des deutlich über den marktüblichen Zinssätzen für unbesicherte Verbraucherkredite liegenden Fixzinssatzes der Charakter einer Vertragsstrafe zukomme, die aber dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliege. Dieser Umstand werde dem Verbraucher verschleiert und mache diese Klauseln ebenfalls intransparent. Eine deutliche Überschreitung des aktuellen Zinsniveaus führe außerdem zu einer Überkompensation des Schadens der Beklagten infolge des Zahlungsverzugs und sei unangemessen. Die Klauseln seien daher auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[38] 3.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Beklagte in ihrer Berufung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, dass die Verzugszinsen iHv 14,95 % einer Vertragsstrafe gleichkämen, und die Klauseln (auch) deshalb gröblich benachteiligend seien, nicht entgegen trete, die daher auch nicht überprüft werden könne. Schon deshalb sei von der Unwirksamkeit der Klausel auszugehen. Im Übrigen seien die Klauseln auch aus den vom Erstgericht genannten Gründen intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Überdies werde dem Karteninhaber die Rechtsfolge, wonach er auch bei mehrfachem Zahlungsverzug aus Versehen mit Sollzinsen belastet werden könnte, mit dem bloßen Hinweis auf eine Kartensperre aus Bonitätsgründen verschleiert.
[39] 3.3 Die Beklagte entgegnet in ihrer Revision, das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG erfordere keine detaillierte Darstellung jeder einzelnen Rechtsfolge einer Klausel. Es genüge, dass sich der Verbraucher ein Bild darüber machen könne, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe. Zudem sei jedem Verbraucher verständlich, dass seine Bonität in Frage gestellt werde, wenn er mehrmals in Zahlungsverzug gerate, selbst wenn er rein theoretisch zahlungsfähig wäre.
[40] 3.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
[41] 3.4.1 Die Beklagte setzt sich in dritter Instanz mit den Argumenten des Berufungsgerichts, warum es die Klauseln nach § 879 Abs 3 ABGB als gröblich benachteiligend und deshalb unzulässig beurteilte, nicht auseinander und kann schon deshalb keine unrichtige rechtliche Beurteilung dieser Frage aufzeigen (vgl RS0118709). Im Übrigen ist die Argumentation der Beklagten auch nicht geeignet, Bedenken gegen die Beurteilung der Vorinstanzen hervorzurufen.
[42] 3.4.2 Verzugszinsen mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz kommt der Charakter einer Vertragsstrafe zu (9 Ob 11/18k [Klausel 6]). Vertragsstrafen unterliegen nicht nur der Inhaltskontrolle, sondern auch einer Angemessenheitskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB und sind dann gröblich benachteiligend, wenn der vorgesehene Verzugszinssatz den dem Gläubiger tatsächlich durch den Verzug entstehenden, durchschnittlichen Schaden beträchtlich übersteigt (vgl RS0016913). Da der im vorliegenden Fall in der Klausel 19, die in einem Regelungszusammenhang mit der Klausel 5a steht, vorgesehene Zinssatz von 14,95 % – wie vom Erstgericht (unbekämpft) ausgeführt – weit über dem Marktniveau liegt, führt die deutliche Überschreitung des aktuellen Zinsenniveaus zu einer Überkompensation des Schadens, der der Beklagten durch den Verzug entsteht. Die Klausel ist daher unangemessen und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[43] 3.4.3 Allgemeine Vertragsbestimmungen müssen den Verbraucher im Rahmen des Möglichen und Überschaubaren zuverlässig über seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrag informieren. Er soll möglichst durchschaubar, klar, verständlich und angepasst an die jeweilige Vertragsart so aufgeklärt werden, dass er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten und ihm auch keine unberechtigten Pflichten auferlegt werden (vgl RS0115217 [T8]). Nach Ansicht der Beklagten erlauben die angefochtenen Klauseln eine Kartensperre und in der Folge die Verrechnung der in der Klausel 19 vorgesehenen Sollzinsen auch dann, wenn der Karteninhaber mit Zahlungen trotz ausreichender wirtschaftlicher Rückzahlungsfähigkeit etwa aus Nachlässigkeit und ungeachtet seiner Zahlungswilligkeit in Verzug gerät. Diese Rechtsfolge wird ihm in der Klausel mit dem bloßen Hinweis auf eine Kartensperre aus Bonitätsgründen verschleiert. Die Klauseln sind damit auch intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
4. Klausel 5b:
„(9.7.) Einlangende Zahlungen des KI werden jeweils auf die älteste Schuld gebucht.“
[44] 4.1 Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dem Schuldner die Möglichkeit nehme, entgegen §§ 1415 und 1416 ABGB die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären, und es der Beklagten ermögliche, Zahlungen des Kunden auch entgegen dessen Widmung anrechnen zu können.
[45] 4.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Ansicht. Entscheidend sei nicht, dass durch diese Tilgungsregel die Zinsenbelastung für den Verbraucher gering gehalten werden könne, sondern dass ihm dadurch die Möglichkeit genommen werde, die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären.
[46] 4.3 Die Beklagte hält dem in ihrer Revision entgegen, dass eine Benachteiligung des Verbrauchers durch diese Klausel nicht denkbar sei, weil die älteste Forderung den Karteninhaber mit den meisten Nebenkosten belaste. Eine Anrechnung auf die älteste Forderung sei für den Kunden daher in jeder Hinsicht vorteilhaft.
[47] 4.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[48] Der Oberste Gerichtshof hatte zu 6 Ob 17/16t (Klausel 10) und 6 Ob 228/16x (Klausel 20) und 1 Ob 124/18v (Klausel 18) ähnliche Klauseln zu beurteilen und diese als gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB erkannt. Durch die Klausel 5b (9.7. der AGB der Beklagten) wird dem Schuldner die Möglichkeit genommen, die Tilgung eines bestimmten Postens zu erklären. Zwar sind §§ 1415 und 1416 ABGB dispositivesRecht; durch die Klausel wird der Beklagten aber die Möglichkeit eingeräumt, eingehende Zahlungen des Kunden auch entgegen seiner Widmung anzurechnen. Dem tritt die Beklagte auch nicht entgegen. Damit ist die Klausel – wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte – gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
5. Klausel 6:
„(10.3.) In Fällen von card complete leicht fahrlässig verursachten Schäden ist ihre Haftung auf den typischen vorhersehbaren Schaden aus der Verletzung von vertraglichen Hauptleistungspflichten beschränkt.“
[49] 5.1 Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Durch die Beschränkung der Haftung auf typisch vorhersehbare Schäden sei diese Klausel geeignet, dem Verbraucher ein unklares bzw unvollständiges Bild seiner Rechte zu vermitteln. Sie sei daher intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.
[50] 5.2 Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass diese Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG ist. Die Tragweite der Haftungsbeschränkung im Hinblick auf den unbestimmten Begriff der typisch(en) vorhersehbaren Schäden erschließe sich dem durchschnittlichen Verbraucher nicht. Der Umstand, dass die Klausel keinen generellen und uneingeschränkten Haftungsausschluss in Fällen leichten Verschuldens normiere, könne daran nichts ändern.
[51] 5.3 Nach Ansicht der Beklagten in ihrer Revisionhandle es sich bei der Wendung „typisch vorhersehbare Schäden“ um einen allgemein verständlichen Rechtsbegriff, der zumindest abstrakt auch einem Verbraucher zugänglich sein müsse. Jeder Verbraucher werde sich ein Bild machen können, was grundsätzlich darunter zu verstehen sei und welche Rechtsfolgen daraus entstünden.
[52] 5.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[53] Zu 1 Ob 124/18v hatte der Oberste Gerichtshof eine Klausel zu beurteilen (dort Klausel 10), in der die Haftung für leicht fahrlässig verursachte Schäden auf den „typisch vorhersehbaren Schaden“ begrenzt werden sollte. Der 1. Senat gelangte zum Ergebnis, die Beschränkung der Haftung auf typisch vorhersehbare Schäden sei geeignet, dem Verbraucher ein unklares bzw unvollständiges Bild seiner Rechte zu vermitteln. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die Klausel 6 ist daher als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG zu qualifizieren.
6. Klauseln 7 und 21:
Klausel 7:
„(12.2.) Besitzt eine Karte über das Vertragsende hinausgehende Gültigkeit, so hat der KI die jeweilige Karte binnen zwei Wochen nach Vertragsbeendigung an card complete zurückzustellen oder die Vernichtung der jeweiligen Karte schriftlich unterfertigt zu bestätigen. Unterlässt dies der KI schuldhaft, ist card complete berechtigt, nach ungenütztem Verstreichen der zweiwöchigen Frist gegen Verrechnung eines Manipulationsentgelts (Punkt 20.) ihn neuerlich dazu aufzufordern und/oder die Karte einzuziehen.“
Klausel 21:
„(20.) [...] Manipulationsentgelt gem. Punkt 12.2./13.6. EUR 40,-“
6.1 Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Oberste Gerichtshof habe zu 9 Ob 82/17z (Klausel 21 und 27) eine vergleichbare Regelung beurteilt und die Vereinbarung eines dort als „Sperrgebühr“ bezeichneten Entgelts für unzulässig erklärt. Mit dem in der Klausel vorgesehenen „Manipulationsentgelt“ werde in Wahrheit eine solche „Sperrgebühr“ festgelegt. Sie sei eine Vertragsstrafe, der keine adäquate Leistung der Beklagten gegenüberstehe. Die Vereinbarung einer mit 40 EUR auch überhöhten Vertragsstrafe sei jedenfalls gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
[54] 6.2 Das Berufungsgericht verwies ebenfalls auf 9 Ob 82/17z. In dieser Entscheidung habe das Höchstgericht zwei Klauseln (dort die Klauseln 21 und 27), in denen die Verrechnung einer „Sperrgebühr“ von 40 EUR für den Fall, dass der Karteninhaber die Rückstellung oder schriftliche Bestätigung der Vernichtung der Karte schuldhaft unterlasse, vorgesehen gewesen sei, mit der Begründung als unwirksam erkannt, dass die in § 35 Abs 1 ZaDiG aF vorgesehene Sperrmöglichkeit eine sonstige Nebenpflicht im Sinn des § 27 Abs 3 ZaDiG aF bilde, für die der Zahlungsdienstleister kein (gesondertes) Entgelt verrechnen dürfe. Auch die in § 62 Abs 1 ZaDiG 2018 vorgesehene Sperrmöglichkeit sei eine Schutzmaßnahme im Sinn des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018, die nicht dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 zuzuordnen sei. Dafür dürfe der Zahlungsdienstleister daher kein (gesondertes) Entgelt verrechnen. Die Klauseln seien daher wegen ihres Verstoßes gegen § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 unwirksam.
[55] 6.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, anders als die zu 9 Ob 82/17z für ungültig befundenen Klauseln sähen die hier inkriminierten Regelungen nicht die Verrechnung einer Sperrgebühr vor, sondern enthielten ein Manipulationsentgelt im Sinn eines Aufwandersatzes für ein Aufforderungsschreiben. Dieser rein administrative Aufwand könne als sonstiges Entgelt für die Erbringung von Zahlungsdiensten oder im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag gemäß § 56 Abs 4 ZaDiG 2018 frei vereinbart werden. Zudem betreffe diese Klausel keinen Fall, in dem die Sicherheit des Zahlungsmittels gefährdet sei, vielmehr verlange der Zahlungsdienstleister lediglich sein Eigentum zurück.
[56] 6.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[57] 6.4.1 § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 lautet:
„Ein Zahlungsdienstleister darf einem Zahlungsdienstnutzer für die Erfüllung der Informationspflichten oder für Berichtigungs- und Schutzmaßnahmen nach diesem Hauptstück keine Entgelte in Rechnung stellen. Nur für folgende Leistungen dürfen vom Zahlungsdienstleister Entgelte verlangt werden:
1. Mitteilung über die Ablehnung eines Zahlungsauftrages gemäß § 73 Abs. 1;
2. Widerruf eines Zahlungsauftrages nach dem Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit gemäß § 74 Abs. 3 und
3. Wiederbeschaffung eines Geldbetrages wegen einer fehlerhaften Ausführung des Zahlungsvorgangs aufgrund eines vom Zahlungsdienstnutzer fehlerhaft angegebenen Kundenidentifikators (§ 79 Abs. 2).
Entgelte gemäß Z 1 bis 3 sind nur zulässig, wenn sie zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart werden; sie müssen angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.“
[58] Nach Absatz vier dieser Bestimmung dürfen Entgelte für die Erbringung von Zahlungsdiensten oder im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag nur verrechnet werden, wenn sie vorher gemäß § 41 Abs 1 Z 3 oder § 48 Abs 1 Z 3 lit a ZaDiG 2018 wirksam vereinbart worden sind.
[59] 6.4.2 Diese Bestimmungen entsprechen weitestgehend § 27 Abs 2 und Abs 3 ZaDiG aF. Zur Rechtslage nach dem ZaDiG aF hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG aF abschließend regelt, in welchen Fällen der Zahlungsdienstleister neben den für die Zahlungsdienste vereinbarten Entgelten einen Aufwandersatz‑ bzw Kostenersatzanspruch geltend machen kann und damit eine abschließende Regelung über den Aufwandersatz getroffen wurde (siehe nur RS0128554). In der von den Vorinstanzen angesprochenen Entscheidung zu 9 Ob 82/17z wurde daher erkannt, dass die gesetzlich vorgesehene Sperrmöglichkeit eine sonstige Nebenpflicht im Sinn des § 27 Abs 3 ZaDiG aF (nunmehr § 56 Abs 1 ZaDiG 2018) bildet, diese Nebenleistung aber nicht dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG aF unterfällt, weshalb der Zahlungsdienstleister dafür kein (gesondertes) Entgelt verrechnen darf. An diesen Grundsätzen ist für die Rechtslage nach dem ZaDiG 2018 festzuhalten, zumal § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 an Stelle der Formulierung „sonstigen Nebenpflichten“ in der Vorgängerbestimmung ausdrücklich Schutzmaßnahmen nennt, unter die insbesondere die in § 62 Abs 1 ZaDiG 2018 vorgesehene Sperrmöglichkeit zu subsumieren ist. Der Zahlungsdienstleister darf für die Sperrung einer Karte kein (gesondertes) Entgelt verrechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Zahlungsdienstleister die Sperre von sich aus vornimmt.
[60] 6.4.3 Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Sperre einer Karte eine Schutzmaßnahme nach § 56 Abs 1 erster Satz ZaDiG 2018 ist, für die kein Entgelt verrechnet werden darf, meint aber, die beanstandete Klausel betreffe lediglich den Ersatz für den administrativen Aufwand, um die in ihrem Eigentum stehende Karte zurückzuerlangen. Dabei übergeht sie, dass die Klausel die Verrechnung einer Manipulationsgebühr gerade (auch) für das Einziehen der Karte vorsieht. Dass dieser Vorgang seinem Zweck nach einer Kartensperre gleichgesetzt werden kann, steht außer Zweifel. Dafür spricht schon die gängige Definition der Sperrung, die vorliegt, „wenn mit dem Zahlungsinstrument keinerlei Verfügungen mehr getroffen werden können“ (Ferner/Muri in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 62 Rz 3).
[61] 6.4.4 Dem Berufungsgericht ist damit zuzustimmen, dass die Beklagte mit den beanstandeten Klauseln unter dem Titel des Aufwandersatzes ein Entgelt für eine Schutzmaßnahme im Sinn des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 festlegt, die nicht in dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 genannt ist, und für die der Zahlungsdienstleister daher kein (gesondertes) Entgelt verrechnen darf. Die Klauseln sind daher wegen ihres Verstoßes gegen § 56 Abs 1 ZaDiG 2018 unwirksam.
7. Klausel 9:
„(17.1.) Dem KI wird bei Verwendung von Kartendaten in elektronischen Datennetzen empfohlen, sich ausschließlich verschlüsselter Systeme zu bedienen, welche das Kommunikationsprotokoll https (HyperText Transfer Protocol Secure) verwenden.“
[62] 7.1 Das Erstgericht erklärte diese Klausel für unwirksam. Mit Blick auf den Zweck allgemeiner Geschäftsbedingungen müsse der verständige Verbraucher davon ausgehen, dass die in der Klausel enthaltene Empfehlung nicht ohne Rechtsfolgen sei, sondern es sich dabei um die Verklausulierung einer Verpflichtung handle, deren Nichteinhaltung nachteilige Folgen nach sich ziehen könne. Nachdem mögliche Rechtsfolgen völlig unbestimmt seien, liege Intransparenz gemäß § 6 Abs 3 KSchG vor.
[63] 7.2 Das Berufungsgericht schloss sich der Ansicht des Erstgerichts an. Bei kundenfeindlichster Auslegung könne für den Verbraucher der Eindruck entstehen, dass diese Klausel Anforderungen an die Sorgfalt des Karteninhabers bestimme und die Missachtung der Empfehlung für den Karteninhaber haftungsrechtliche Konsequenzen habe. Zumindest bleibe dem Verbraucher, der grundsätzlich von einem vertragsregelnden Charakter der AGB‑Bestimmungen ausgehen werde, verschlossen, welche Rechtsfolgen die Beklagte an eine Missachtung der Empfehlung knüpfe, und verschleiere, dass seine Haftung bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen in § 68 ZaDiG 2018 zwingend und abschließend geregelt sei.
[64] 7.3 Die Beklagte wendet in ihrer Revision ein, dass Empfehlungen, wie sie die beanstandete Klausel enthalte, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich zulässig seien. An deren Nichteinhaltung seien auch keine Rechtsfolgen geknüpft, was schon daraus folge, dass dieser Punkt nicht in den „Katalog der Sorgfaltspflichten“ des fünften Punkts der AGB aufgenommen worden sei.
[65] 7.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[66] 7.4.1 In der schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung zu 1 Ob 124/18v erachtete der Oberste Gerichtshof unter Bezugnahme auf Vorjudikatur eine vergleichbare Klausel für intransparent. Nach der (dort Klausel 6) beurteilten Bestimmung sollten Zahlungen auf elektronischem Weg möglichst nur in verschlüsselten Systemen durchgeführt werden, in denen Daten nur mit dem Verbindungsprotokoll https [Hyper Text Transfer Protocol Secure] übertragen werden. Der 1. Senat sah in dieser Klausel nicht bloß eine Empfehlung. Bei kundenfeindlichster Auslegung führe die Formulierung „sollten möglichst nur“ für den Karteninhaber dazu, dass er eine vertragliche Sorgfaltspflicht verletze, wenn er ein nicht verschlüsseltes System für seine Zahlungsanweisung benutze, obwohl die Durchführung in einem verschlüsselten System konkret möglich gewesen wäre. Die Klausel verstoße daher gegen § 44 Abs 2 ZaDiG aF bzw gegen die Nachfolgebestimmung des § 68 ZaDiG 2018.
[67] 7.4.2 Richtig ist, dass sich die von der Beklagten verwendete Klausel von der zu 1 Ob 124/18v beurteilten Bestimmung ihrem Wortlaut nach darin unterscheidet, dass anstelle der Wortlautfolge „sollte möglichst nur“ die Formulierung „wird […] empfohlen“ gewählt wurde. Das ändert aber nichts daran, dass bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung für den Verbraucher nach wie vor der Eindruck entstehen kann, dass damit die Anforderungen an die vom Karteninhaber anzuwendende Sorgfalt bestimmt werden sollen und die Missachtung der Empfehlung für den Karteninhaber haftungsrechtliche Konsequenzen haben könnte. Entgegen der Ansicht der Beklagten wird dieser Eindruck auch nicht dadurch entkräftet, dass die inkriminierte Klausel nicht unter Punkt 5. „Sorgfaltspflichten des Karteninhabers“ sondern im 17. Abschnitt, der die Überschrift „Verwendung der Karten in elektronischen Datennetzen […]“ trägt, platziert wurde. Ein durchschnittlicher Verbraucher wird AGB‑Bestimmungen ganz allgemein verbindlichen Charakter beimessen und darin nicht bloß wohlmeinende Ratschläge vermuten. Die Überschrift „Verwendung der Karte […]“ wird ihn daher annehmen lassen, dass die nachfolgenden Regelungen konkrete Vorgaben enthalten, wie die von der Beklagten ausgegebenen Karten im elektronischen Verkehr zu handhaben sind, und damit von einer ihm auferlegten Sorgfaltspflicht ausgehen. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dem Verbraucher damit verschlossen bleibt, ob bzw welche Rechtsfolgen die Beklagte an eine Missachtung ihrer als Empfehlung formulierten Vertragsbedingung knüpft, zumal sich kein Hinweisfindet, dass seine Haftung bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen in § 68 ZaDiG 2018 abschließend geregelt ist. Die Klausel ist daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
8. Klausel 10:
„(18.1.) Eine Änderung dieser AGB wird spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung durch card complete dem KI mittels E‑Mail oder (fern‑)schriftlich in Papierform vorgeschlagen. Die Änderung bedarf der ausdrücklichen (Punkt 18.2.) oder der stillschweigenden (Punkt 18.6.) Zustimmung durch den KI.“
[68] 8.1 Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Klausel verweise auf zwei weitere Klauseln, in denen sich Weiterverweise auf jeweils drei weitere Klauseln fänden. Eine solche Regelungstechnik möge Juristen vertraut sein, der hier maßgebliche durchschnittlich verständige Verbraucher sei damit jedoch überfordert. Ihm werde sich der Regelungsinhalt nicht erschließen, was zur Intransparenz dieser Klausel nach § 6 Abs 3 KSchG führe.
[69] 8.2 Das Berufungsgericht schloss sich der Argumentation des Erstgerichts an. Es bleibe dem Karteninhaber aufgrund der mehrfachen Verweise unklar, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben. Klausel 10 könne zudem deshalb keinen Bestand haben, weil die Beklagte mit dem Weiterverweis auf die Klauseln 11 bis 16 auf unzulässige Klauseln verweise, und schon dieser Umstand zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Norm führe.
[70] 8.3 Die Revisionswerberin argumentiert, die Verknüpfung der Klauseln sei nicht komplexer als bei der vom Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 227/06w beurteilten Klausel. Im Übrigen seien die Klauseln 11–16 zulässig, wodurch kein Verweis auf unzulässige Klauseln vorliege.
[71] 8.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[72] 8.4.1 Anders als in dem zu 4 Ob 227/06w entschiedenen Fall, auf den sich die Beklagte beruft, liegt hier nicht bloß ein einfacher Verweis auf eine oder zwei weitere Klauseln vor, weil in den zunächst verwiesenen Klauseln zu 18.2. und 18.6. der AGB jeweils weiter auf die Klauseln zu 18.3., 18.4. und 18.5. der AGB verwiesen wird. Zwar sind Querverweise nicht jedenfalls unzulässig. Es wurde aber bereits wiederholt ausgesprochen, dass aufgrund solcher Verweise im Einzelfall unklar sein kann, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben (vgl RS0122040).
[73] 8.4.2 Die vorliegende Verknüpfung der Klauseln ist entgegen der Ansicht der Beklagten deutlich komplexer als in dem zu 4 Ob 227/06w entschiedenen Fall, wo aufgrund der verweisenden Bestimmung für die Kunden lediglich eine weitere Klausel zu beachten war (vgl 4 Ob 227/96w: Klausel 7.4 [Pkt 2.3b]). Auf die konkrete Situierung der verweisenden und der verwiesenen Normen im Regelwerk der Beklagten kommt es nicht an, weil es nicht nur um das Auffinden der jeweiligen Bestimmung, sondern insbesondere um das Verständnis von deren Zusammenwirken geht. Dabei ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, dass einem durchschnittlichen Verbraucher wegen der Verschachtelung eines Großteils der zu Punkt 18. der AGB enthaltenen Klauseln durch die darin aufgenommenen Querverweise nicht mehr mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennbar wird, in welchen Fällen es seiner ausdrücklichen Zustimmung zur Änderung der Geschäftsbedingungen bedarf und in welchen Fällen seine stillschweigende Zustimmung genügt und damit seine Zustimmung mangels rechtzeitigen Widerspruchs fingiert wird. Einem durchschnittlichen Verbraucher sind die genauen Rechtsfolgen der Klausel 10, die auf die anderen Klauseln direkt oder indirekt verweist, nicht ersichtlich. Die Klausel ist damit intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
[74] 8.4.3 Darüber hinaus sind „Querverweise“ jedenfalls unzulässig, wenn auf unzulässige Bestimmungen verwiesen wird (RS0122040). Bereits die Klausel 18.6. ist aber – wie noch zu zeigen sein wird – als unzulässig zu qualifizieren. Diese direkte Verweisung auf eine unzulässige Bestimmung macht auch die verweisende Bestimmung unzulässig (RS0122040). Die Klausel 18.6 verweist dann ihrerseits weiter auf die unzulässigen Klauseln 18.3., 18.4. und 18.5 (dazu im Folgenden).
9. Klausel 11a:
„(18.3.) Ist eine Änderung der AGB aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen, technischer Innovationen oder aus sonstigen sachlich gerechtfertigten (sicherheitsrelevanten) Gründen erforderlich […] bedarf es der Zustimmung durch den KI.“
[75] 9.1 Das Erstgericht erklärte diese Klausel für unwirksam. Insbesondere die Wendung „aus sonstigen sachlich gerechtfertigten (sicherheitsrelevanten) Gründen erforderlich“ erfasse nahezu jeden denkbaren Anlass. Es bleibe völlig unklar, ob der Klammerausdruck ausdehnend oder einschränkend zu verstehen sei. Der Oberste Gerichtshof habe zu einer ähnlichen Klausel (10 Ob 60/17x [dort Klausel 1]) ausgeführt, dass eine Klausel, die in Wirklichkeit eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion vorsehe, intransparent sei. Sie werde den Vorgaben an eine möglichst präzise und sachliche Determinierung nicht gerecht. Das gelte auch für die Klausel 11a.
[76] 9.2 Das Berufungsgericht setzte sich ausführlich mit der Rechtsprechung zu den Grundsätzen der Vereinbarung einer Zustimmungsfiktion auseinander. Danach sei zwar nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion unzulässig, wohl aber eine völlig uneingeschränkte. Die beanstandete Klausel sei derzu 10 Ob 60/17x (dort Klausel 1) behandelten Regelung vergleichbar und damit ebenfalls als intransparent zu qualifizieren. Sie biete durch die Bezugnahme auf „sonstige sachlich gerechtfertigte Gründe“ eine nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung. Letztlich bleibe für den Verbraucher sogar unklar, ob der Klammerausdruck „sicherheitsrelevant“ nur als Beispiel für eine sachliche Rechtfertigung angeführt sei oder ob ein sicherheitsrelevanter Grund zwingende Voraussetzung einer Änderung der AGB sein solle.
[77] 9.3 Die Beklagte wendet in ihrer Revision ein, dass die beanstandete Wortfolge „sonstigen sachlich gerechtfertigten (sicherheitsrelevanten) Gründen“, keinesfalls als völlig uneingeschränkt beurteilt werden könne. Die als unzulässig erachtete Klausel stelle den „sonstig sachlich gerechtfertigten Gründen“, die „geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und technischen Innovationen“ als gleichwertige Sachverhalte gegenüber. Bereits hieraus sei erkennbar, dass es sich um ähnlich triftige Gründe handeln müsse, wie bei den vorangehenden. Auch durch den Klammerbegriff „sicherheitsrelevanten“ sei die gegenständliche Klausel eingeschränkt und konkretisiert.
[78] 9.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
9.4.1 Exkurs:
[79] 9.4.1.1 Für die in Klausel 11a angeführten Änderungen der AGB genügt (ebenso wie für die Klauseln 11b [18.3. der AGB], 12a [18.4. der AGB], 12b [18.4. der AGB], 13 [18.4.1. der AGB], 14 [18.4.2. der AGB] und 15 [18.5. der AGB], wie sich aus dem Querverweis in Punkt 18.6. der AGB (Klausel 16) ergibt, die stillschweigende Zustimmung des Karteninhabers.
[80] 9.4.1.2 Der Oberste Gerichtshof hatte bereits wiederholt aus Anlass von gegen Banken gerichteten Verbandsklagen Zustimmungsfiktionsklauseln zu beurteilen (siehe nur 10 Ob 60/17x und die dort unter Pkt 3.3 angeführten Nachweise). Als unzulässig wurde nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion angesehen, sondern nur eine völlig uneingeschränkte (RS0128865). Intransparent ist eine solche nach der Rechtsprechung demnach dann, wenn sie Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zulässt und es nicht nur völlig unbestimmt bleibt, welche Leistungen die Bank mit fingierter Zustimmung einschränken kann, sondern auch, in welchem Umfang eine Änderung der vom Verbraucher entrichteten Entgelte vorgenommen werden kann. Eine gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB wird darin gesehen, wenn die jeweilige Klausel nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützen könnte. Dahinter steht, dass die vertragliche Zustimmungsfiktion in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinausläuft, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weswegen ihnen ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist.
[81] 9.4.1.3 Die Beklagte argumentiert in diesem Zusammenhang, dass die Zustimmungsfiktionsklauseln des hier zu beurteilenden Regelwerks nach Maßgabe des § 50 ZaDiG 2018 formuliert worden seien und diese Bestimmung keine inhaltliche Beschränkung vorsehe. Auch habe der EuGH bereits ausgesprochen, dass § 50 ZaDiG 2018 (gemeint: Art 54 der Richtlinie [EU] 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, auf der § 50 ZaDiG 2018 beruht) keine inhaltlichen Beschränkungen vorsehe, für welche Art von Vertragsbedingungen eine Zustimmungsfiktion vereinbart werden dürfe.
[82] 9.4.1.4 Der Oberste Gerichtshof judiziert dazu, dass eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht allein deshalb automatisch zulässig ist, weil sie die Formalerfordernisse (hier des § 50 Abs 1 Z 2 iVm § 48 Abs 1 Z 6 lit a ZaDiG 2018) erfüllt, sondern dass auf diesem Weg ermöglichte Vertragsänderungsklauseln zusätzlich der Kontrolle nach der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Klausel‑Richtlinie) sowie deren nationaler Umsetzung (§ 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG) unterliegen (vgl wiederum 10 Ob 60/17x und die zu Klausel 1 unter Punkt 1 ff genannten Nachweise; dagegen krit ua Bollenberger, Änderungen von Bankverträgen im Massengeschäft, ÖBA 2017, 741 [insb 744]; Schopper, Judikatur zu Zustimmungsfunktionsklauseln in AGB, VbR 2017/51, 75). Über Vorlage zu 8 Ob 24/18i hat der EUGH mit Urteil vom 11. November 2020, C‑287/19 , DenizBank, zwar ausgeführt, dass Art 52 Nr 6 Buchst a in Verbindung mit Art 54 Abs 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (PSD II oder Zahlungsdienste-Richtlinie II) dahin auszulegen ist, dass [...] er […] keine Beschränkungen hinsichtlich der Eigenschaft des Nutzers oder der Art der Vertragsbedingungen, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung [Anm: über die Modalitäten der Zustimmung] sein können, festlegt. Die Beklagte übergeht in ihrer Argumentation aber den zweiten Teil in der Antwort des EuGH, wonach die Möglichkeit der Prüfung, ob AGB‑Klauseln im Licht der Bestimmung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen missbräuchlich sind, davon jedoch unberührt bleibt, wenn es sich bei dem Nutzer um einen Verbraucher handelt.
[83] 9.4.1.5 Die vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze sind damit mit den Vorgaben der Zahlungsdienste-Richtlinie II (PSD II) vereinbar (vgl 8 Ob 105/20d). Auch im Anwendungsbereich des ZaDiG 2018 ist daher nicht jede Vertragsanpassung über eine in AGB vereinbarte Zustimmungsfiktion schlechthin zulässig, nur weil sie den Formerfordernissen entspricht. Inhaltlich völlig unbeschränkte Erklärungsfiktionsklauseln verstoßen auch in diesem Konntext gegen § 879 Abs 3 AGBG und § 6 Abs 3 KSchG und sind dann unzulässig. Daran sind auch die Klauseln 11a, 11b, 12a, 12b und 15 zu messen.
[84] 9.4.2 Klausel 11a ist mit der zu 10 Ob 60/17x (dort Klausel 1) beurteilten Regelung vergleichbar. Unter Anführung exemplarisch genannter Beispiele sollte auch dort die Änderung der AGB (der Entgeltbestimmungen) aus „allen in Betracht kommenden sachlich gerechtfertigten Umständen“ mittels einer Zustimmungsfiktion ermöglicht werden. Der 10. Senat führte aus, dass der Verweis auf „sachlich gerechtfertigte“ Umstände als intransparent anzusehen ist, wenn die Klausel selbst eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsanpassung mittels Erklärungsfiktion eröffnet.
[85] 9.4.3 Die inkriminierte Klausel ermöglicht durch ihre Bezugnahme auf „sonstige sachlich gerechtfertigte Gründe“ ebenfalls eine dem Grund nach nicht näher konkretisierte, völlig unbeschränkte (arg: „Änderung der AGB“) Vertragsänderung. Die von der Beklagten gesehene Einschränkung, weil die „sonst sachlich gerechtfertigten Gründe“ den „geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und technischen Innovationen“ als gleichwertig gegenüberstünden, ergibt sich aus dem Wortlaut keineswegs zwingend und hat daher bei kundenfeindlichster Auslegung außer Betracht zu bleiben. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass für den Verbraucher letztlich auch unklar bleibt, ob der Klammerausdruck „sicherheitsrelevant“ nur als Beispiel für eine sachliche Rechtfertigung angeführt ist oder ob ein sicherheitsrelevanter Grund zwingende Voraussetzung einer Änderung der AGB sein muss. Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit (RS0115219) muss der Verbraucher aber von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Faktoren für eine Änderung der AGB mittels Zustimmungsfiktion informiert werden. Die Klausel 11a lässt den Verbraucher sowohl über die Gründe als auch den Umfang einer möglichen Vertragsänderung über eine Zustimmungsfiktion, auf die er darüber hinaus auch erst durch den Querverweis in Klausel 16 (Pkt 18.6. der AGB) hingewiesen wird, im Unklaren und ist damit intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
10. Klausel 11b:
„(18.3.) [...] findet eine Änderung der AGB ohne die zuvor beschriebenen Umstände statt, und schränkt diese Änderung die Hauptleistungspflichten der card complete nur geringfügig ein, bedarf es der Zustimmung durch den KI.“
[86] 10.1 Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG, weil sie an die unklaren Kriterien der Klausel 11a anknüpfe.Darüber hinaus bleibe unklar, was unter geringfügigen Änderungen zu verstehen sei.
[87] 10.2 Das Berufungsgericht beurteilt die Klausel ebenfalls als intransparent. Es gelte das zu Klausel 11a angeführte. Die Klausel ermögliche jegliche Änderung der AGB mit Ausnahme einer mehr als geringfügigen Änderung der Hauptleistungspflichten der Beklagten, die demnach nicht nur die vom Verbraucher zu entrichtenden Entgelte erhöhen, sondern auch die von ihr geschuldeten Nebenleistungen unbeschränkt sowie die Hauptleistungen zumindest im geringfügigen Ausmaß abändern könnte, wobei dem Verbraucher das Durchschauen der Tragweite dieser Änderungsmöglichkeit zusätzlich dadurch erschwert werde, dass sich nicht einmal ansatzweise erkennen lasse, wo die Grenze der Geringfügigkeit gezogen werden solle.
[88] 10.3 Nach Ansicht der Beklagten in ihrer Revision ermögliche diese Klausel ausschließlich geringfügige Änderungen der Hauptleistungspflichten und sei damit nicht uneingeschränkt.
[89] 10.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[90] 10.4.1 Auch hier gilt, dass der Verbraucher mangels Querverweises auf die Klausel 16 (18.6. der AGB) über die Möglichkeit der angeführten Änderungen der AGB im Weg der stillschweigenden Zustimmung des Karteninhabers im Unklaren gelassen wird. Sie knüpft im Übrigen an die unklaren Kriterien der Klausel 11a an und ist schon deswegen unzulässig (vgl RS0122040).
[91] 10.4.2 Darüber hinaus ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, dass die Klausel 11b eine Änderung wesentlicher Pflichten der Parteien zugunsten des Verwenders der AGB – außerhalb von dessen Hauptleistungspflicht – in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß ermöglicht. Bei kundenfeindlichster Auslegung ermöglicht sie es der Beklagten, nicht nur die vom Verbraucher zu entrichtenden Entgelte zu erhöhen, sondern auch die von ihr geschuldeten Nebenleistungen unbeschränkt sowie die Hauptleistungen zumindest im geringfügigen Ausmaß abzuändern. Wo die Grenze der Geringfügigkeit gezogen werden soll, bleibt ebenfalls unklar. Die Klausel ist daher intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
11. Klausel 12a:
„(18.4.) Ist eine Änderung der AGB hinsichtlich der Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen (Punkt 20.) aufgrund einer Erhöhung um bis zu maximal 10 % des jeweils zuletzt gültigen Wertes [...] erforderlich, bedarf es der Zustimmung durch den KI.“
[92] 11.1 Das Erstgericht gab der Klage statt. Der Verbraucher nehme bei Lektüre dieser Klausel wahr, dass eine Erhöhung der Entgelte, Gebühren Kostenersätze und Zinsen von seiner Zustimmung und damit einem aktiven Tun abhängig wäre. Erst in Klausel 16 (18.6. der AGB) erfahre er, dass stattdessen eine Zustimmungsfiktion vorgesehen sei. Allein diese räumliche Trennung berge die Gefahr einer Irreführung, weshalb die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG anzusehen sei.
[93] 11.2 Das Berufungsgericht ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass der Verbraucher auch in dieser Klausel völlig im Unklaren darüber gelassen werde, welche Gründe eine Erhöhung der Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen erforderlich machen könnten, sodass sie in Anwendung der zu Klausel 11a dargestellten Rechtsprechung jedenfalls intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und schon aus diesem Grund unzulässig sei.
[94] 11.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, dass die Modalitäten, wann eine Erhöhung notwendig werde, in den nachfolgenden Klauseln 18.4.1. und 18.4.2. der AGB näher geregelt seien. Die Klauseln seien in ihrer Gesamtheit zu beurteilen.
[95] 11.4 Die Revision ist nicht berechtigt:
[96] Die Argumentation der Beklagten vermag die Begründung des Berufungsgerichts nicht zu erschüttern (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Klausel lässt offen, wann eine Änderung der Entgelte, Zinsen usw möglich ist, zumal nicht erläutert wird, was mit der Formulierung „jeweils zuletzt gültigen Wertes“ gemeint ist. Mangels Querverweis auf Klausel 16 (18.6. der AGB) wird der Verbraucher auch hier im Unklaren gelassen, dass die Zustimmung zur Entgeltänderung auch mittels Zustimmungsfiktion erfolgen kann. Darüber hinaus sind – dazu im Folgenden – die Klauseln 13 (18.4.1. der AGB) und 14 (18.4.2. der AGB) jeweils für sich genommen als unzulässig zu qualifizieren, sodass die in der Revision geforderte Gesamtbetrachtung zu keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis führt.
12. Klausel 12b:
„(18.4.) Ist eine Änderung der AGB hinsichtlich der Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen (Punkt 20.) […] auf Grund einer Verringerung oder Streichung des jeweils zuletzt gültigen Wertes erforderlich, bedarf es der Zustimmung durch den KI.“
[97] 12.1 Das Erstgericht vertrat die Ansicht, diese Klausel könnte bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung von der Beklagten dazu benützt werden, bestehende Entgeltpositionen zu streichen und stattdessen andere mittels Zustimmungsfiktion neu zu vereinbaren, und gab dem Klagebegehren auch insoweit statt. Die Klausel verwirkliche den Tatbestand des § 879 Abs 3 ABGB.
[98] 12.2 Das Berufungsgericht trat dieser Auffassung bei und gab dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge. Diese Klausel ermögliche es der Beklagten bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung, Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen nicht nur zu verringern, sondern sogar zu streichen, um sie dann im Weg der Zustimmungsfiktion neu festzusetzen. Damit räume sich die Beklagte das Recht zur Entgeltänderung in unbeschränktem Ausmaß im Weg der Zustimmungsfiktion ein, was nicht zulässig sei. Darüber hinaus bleibe in der Klausel auch völlig unklar, was unter dem jeweils zuletzt gültigen Wert gemeint sei und welche Gründe zu einer Verringerung oder Streichung dieses Werts führen könnten, sodass sich weder Inhalt noch Tragweite der Klausel für den Durchschnittsverbraucher erschließe. Die Klausel sei daher auch intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
[99] 12.3 Die Beklagte verweist in ihrer Revision auf die Ausführungen zur Klausel 12a. Nicht nachvollziehbar sei die Ansicht des Berufungsgerichts, diese Klausel ermögliche es der Beklagten, willkürlich Kostenpunkte zu streichen und nach Belieben neu festsetzen. Die Möglichkeiten der Anpassung seien in der unmittelbar folgenden Klausel geregelt.
[100] 12.4 Die Revision ist nicht berechtigt. Auch in diesem Zusammenhang geht erst aus Klausel 16 (18.6. der AGB) hervor, dass eine Einwilligung des Karteninhabers im Weg einer Zustimmungsfiktion möglich ist. Bereits dieser Umstand führt zur Intransparenz im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Im Übrigen kann auf die Begründung des Berufungsgerichts verwiesen werden. Was der „zuletzt gültige Wert“ sein soll, bleibt völlig offen und erschließt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der nächstfolgenden Klausel 13 (18.4.1. der AGB). Damit ist die Ansicht nicht zu beanstanden, dass diese Klausel der Beklagten bei der nachteiligsten Auslegung die Möglichkeit einräumt, Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen zu verringern oder zu streichen, um sie dann im Weg der Zustimmungsfiktion neu festzusetzen. Die Klausel ist demnach nicht nur intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, sondern bewirkt auch eine gröbliche Benachteiligung gemäß § 879 Abs 3 ABGB.
13. Klausel 13:
„(18.4.1.) Eine Änderung des jeweiligen Wertes kann bei Änderung von nicht im direkten Einflussbereich der card complete stehenden Faktoren, welche entweder im ursächlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Geschäftsmodell (z.B. Interbankenentgeltänderung, aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen, des für card complete anwendbaren Kollektivvertrages) zu stehen haben oder ohne ursächlichen Zusammenhang mit dem gegenständlichen Geschäftsmodell, ausschließlich durch Änderung des nachfolgenden Indexfaktors (Punkt 18.4.2.) erfolgen. ...“
[101] 13.1 Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dem Leser erschließe sich der Sinn der Klausel nicht. Die zunächst vorgenommene Differenzierung zweier aufwendig beschriebener Faktoren („im ursächlichen Zusammenhang“ und „ohne ursächlichen Zusammenhang“) werde dadurch sinnlos, dass für beide dieselbe Regelung vorgesehen sei. Damit werde dem Durchschnittsverbraucher der Regelungsinhalt verschleiert, womit Intransparenz gemäß § 6 Abs 3 KSchG vorliege. Darüber hinaus fehle es der Regelung an dem von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vorgegebenen Kriterium der sachlichen Rechtfertigung für Entgeltänderungen auf Verlangen des Unternehmers. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Zinssätzen und dem Verbraucherpreisindex erschließe sich dem Gericht nicht.
[102] 13.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagte lege in ihrem Rechtsmittel nicht dar, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dass die Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG sei, unrichtig ist. Schon deshalb sei von der Unzulässigkeit der bekämpften Klausel auszugehen. Im Übrigen treffe die Beurteilung des Erstgerichts auch zu. Die in der Klausel vorgenommene Differenzierung nach Faktoren, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell stehen, und solchen ohne einen solchen Zusammenhang, ergebe tatsächlich keinen Sinn, weil daran keine unterschiedlichen Rechtsfolgen geknüpft werden. Schon dadurch werde die Klausel ohne jede Notwendigkeit verkompliziert, was ihr Verständnis für den Durchschnittsverbraucher, der nach einem Sinn der Differenzierung suchen werde, erschwere. Zusätzlich halte die Klausel auch einer Überprüfung nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht stand.
[103] 13.3 Die Beklagte moniert in ihrer Revision, dass sie die Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt habe, indem sie die sachliche Rechtfertigung der Klausel, somit deren Transparenz erläutert habe. Ganz klar gehe zudem aus der Klausel hervor, dass bei Faktoren „ohne ursächlichen Zusammenhang“ mit dem gegenständlichen Geschäftsmodell eine Anpassung ausschließlich durch Änderung des nachfolgenden Indexfaktors zu erfolgen habe. Bei „Interbankenentgeltänderung, aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen und des für card complete anwendbaren Kollektivvertrages“ sei dies nicht der Fall.
[104] 13.4 Die Revision ist nicht berechtigt. Die Ansicht der Beklagten, dass die Klausel klar danach unterscheide, ob Faktoren „ohne ursächlichen Zusammenhang“ mit dem gegenständlichen Geschäftsmodell vorlägen, und dann eine Anpassung ausschließlich durch Änderung des nachfolgenden Indexfaktors zu erfolgen habe, bei „Interbankenentgeltänderung, [Änderungen der] aufsichtsrechtliche[n] Rahmenbedingungen und des für card complete anwendbaren Kollektivvertrages“ dies aber nicht der Fall sei, findet schon im Wortlaut keine Deckung. Danach ist für beide Fälle die selbe Rechtsfolge angeordnet. Die Vorinstanzen haben die Klausel daher zu Recht als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG qualifiziert. Deren Ansicht, dass die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstoße, tritt die Beklagte in ihrer Revision nicht mehr entgegen.
14. Klausel 14:
„(18.4.2.) Unter einer Änderung des Indexfaktors ist eine Änderung des Index der Verbraucherpreise (VPI 2015) oder des an seine Stelle tretenden Index zu verstehen. Die Anpassung daran kann durch den Vergleich der Indexwerte vom Juli des vergangenen Jahres (als Bezugsgröße dient die für den Monat Juli 2018 verlautbarte Indexzahl des VPI 2015) erfolgen. Der sich aus der Anpassung ergebende neue Wert wird kaufmännisch auf zehn Eurocent gerundet. Erfolgt jedoch bei Änderung des VPI 2015 keine Veränderung der Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen (Punkt 20.) aus welchen Gründen auch immer, so ist dadurch das Recht auf Anhebung oder Reduzierung bei Zustimmung durch den KI mit Wirkung für die Zukunft in den Folgejahren nicht verloren gegangen.“
[105] 14.1 Das Erstgericht erklärte auch diese Klausel für unzulässig. Die Klausel lege den Verbraucherpreisindex als maßgeblichen Faktor für die Anpassung „der Entgelte, Gebühren, Kostenersätze und Zinsen“ fest. Während Entgelte im weiteren Sinn durchaus an den Verbraucherpreisindex gebunden werden dürften, fehle es dafür bei Zinsen an einer sachlichen Rechtfertigung. Die Bezugnahme auf „Juli 2018“ als Basis führe demgegenüber zu keiner Benachteiligung des Kunden, liege doch dieser Zeitpunkt lediglich eineinhalb Jahre in der Vergangenheit. Eine ständige Änderung der AGB, nur um die Basis auf einen neuen Monatswert zu verschieben, verbessere die Übersichtlichkeit für den Verbraucher nicht. Der fehlende wirtschaftliche Zusammenhang zwischen VPI und Zinssatz führe zu einem Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG. Mangels Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion wirke dies gegen die gesamte Bestimmung.
[106] 14.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der von der Statistik Austria veröffentlichte Verbraucherpreisindex (VPI) sei Maßstab für die allgemeine Preisentwicklung bzw für die Inflation in Österreich. Bestimmend für seine Struktur seien der Warenkorb (Auswahl der Indexpositionen) und dessen Gewichtung (prozentueller Anteil der einzelnen Indexpositionen an den Gesamtausgaben des Durchschnittshaushalts). Die von Verbrauchern zu tragenden Kreditzinsen seien anders als etwa Gebühren für die Finanzdienstleistungen von Banken nicht Teil des repräsentativen Warenkorbs. Eine sachliche Rechtfertigung, Zinssätze an den VPI zu knüpfen, erschließe sich damit nicht. Die Klausel verstoße daher gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Durch die Bezugnahme auf die Indexzahl aus dem Juli 2018 werde zudem auf eine Preisbasis zurückgegriffen, die zeitlich unter Umständen sogar mehrere Jahre vor dem Vertragsabschluss liegen könne, sodass der Verbraucher bereits kurz nach Vertragsabschluss mit Preissteigerungen konfrontiert sein könne. Auch dafür fehlt es an einer sachlichen Rechtfertigung. Da diese Rechtsfolge verschleiert werde, sei die Klausel zudem als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG zu beurteilen.
[107] 14.3 Die Beklagte argumentiert in ihrer Revision damit, dass Verzugszinsen schadenersatzrechtlicher Natur seien und es daher geboten und sachgerecht sei, die „Indexentwicklung an den VPI zu binden“. Auch die Bindung an die Indexzahl aus dem Juli 2018 sei nicht als intransparent anzusehen. Dem Karteninhaber sei bei Vertragsabschluss klar ersichtlich wie weit der Juli 2018 zurückliege und inwiefern somit mit einer Erhöhung zu rechnen sei. Der mittlere Teil der Klausel halte zudem lediglich die Möglichkeit der Erhöhung im Folgejahr aufrecht, wenn in einem Vorjahr keine Erhöhung erfolgt sei.
[108] 14.4 Die Revision ist nicht berechtigt. Es trifft zwar grundsätzlich zu, dass Verzugszinsen nach neuerer Auffassung einen schadenersatzrechtlichen Charakter aufweisen (6 Ob 114/17h = RS0031994 [T2]). Sie stehen dann zu, wenn der Schuldner mit seiner Zahlung (objektiv) in Verzug ist und sollen den Schaden, den ein Gläubiger durch die Verzögerung der Zahlung erlitten hat, pauschal abdecken (vgl 2 Ob 217/20f). Inwieweit ein solcher Schaden von der allgemeinen Preisentwicklung bzw der Inflation abhängig sein soll, versucht die Beklagte erst gar nicht zu begründen und tritt damit der Argumentation des Berufungsgerichts, das in diesem Zusammenhang zutreffend auf die unterschiedliche Entwicklung der durch den VPI abgebildeten Inflationsrate und der Zinssätze für (Verbraucher‑)Kredite hingewiesen hat, auch gar nicht entgegen. Da eine sachliche Rechtfertigung für eine Bindung der Zinsen an den VPI auch nicht zu erkennen ist, sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass diese Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstößt. Sie ist auch intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG, weil einem durchschnittlichen Verbraucher nicht erkennbar ist, dass es aufgrund der Bezugnahmen auf die Indexzahl aus dem Jahr 2018 bereits kurz nach Vertragsschluss zu beträchtlichen Änderungen der Entgelte kommen kann.
15. Klausel 15:
„(18.5.) Eine Änderung der AGB hinsichtlich darin enthaltener Regelungen betreffend Wechselkurse, Wechselkursbildung bzw. deren Berechnung bedarf der Zustimmung durch den KI.“
[109] 15.1 Das Erstgericht erklärte dies Klausel für unwirksam, weil sie gegen § 6 Abs 3 KSchG und gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoße. Eine (unbeschränkte) Änderungsmöglichkeit der vom Verwender der AGB geschuldeten Leistungen sowie des Umfangs der vom Kunden zu entrichtenden Entgelte dürfe nicht völlig unbestimmt bleiben. Die Einschränkung der Änderungsmöglichkeit auf bestimmte Entgeltfaktoren mache die Klausel, die Änderungen aufgrund einer Zustimmungsfiktion vorsehe, noch nicht zulässig. Vielmehr seien Beschränkungen vorzusehen, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnten. Derartiges sehe die Klausel nicht einmal im Ansatz vor.
[110] 15.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ging davon aus, dass die für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion erforderlichen Parameter aus der Klausel selbst hervorgehen müssen, damit eine solche Klausel dem Transparenzgebot entsprechen könne. Allein der Umstand, dass die inkriminierte Klausel nur Änderungen der AGB‑Regelungen betreffend Wechselkurse, Wechselkursbildung bzw deren Berechnung erfasse, führe nicht zu deren Transparenz, weil die Parameter für die Entgeltänderungen aus ihr selbst nicht hervorgingen. Damit erlaube die Klausel im Ergebnis eine uneingeschränkte Änderung der AGB‑Bestimmungen betreffend Wechselkurse und sei damit in ihren Auswirkungen für den Verbraucher nicht durchschaubar. Die Klausel sei daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
[111] 15.3 Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, eine Regelung, die – wie die in Rede stehende – explizit auf Wechselkurse beschränkt sei, verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Nach § 50 Abs 2 ZaDiG 2018 könnten Änderungen der Wechselkurse unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung angewandt werden, sodass ein zweiseitiger Vertragsänderungsmechanismus dafür gar nicht erforderlich sei. Die Klausel führe damit zu einer Besserstellung für den Verbraucher und sei nicht als uneingeschränkte Änderungsmöglichkeit zu qualifizieren.
[112] 15.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
[113] 15.4.1 Auch hier gilt, dass sich dem Verbraucher erst aus Klausel 16 (18.6. der AGB) erschließt, dass eine Änderung vonPositionen mit Entgeltcharakter (Wechselkurse und deren Berechnung) auch im Weg einer Zustimmungsfiktion vorgesehen ist.
[114] 15.4.2 Nach § 50 Abs 2 ZaDiG 2018 können Änderungen der Zinssätze oder der Wechselkurse unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung angewandt werden, sofern dieses Recht im Rahmenvertrag vereinbart wurde und die Änderungen auf den gemäß § 48 Abs 1 Z 3 lit b und lit c ZaDiG 2018 vereinbarten Referenzzinssätzen oder Referenzwechselkursen beruhen.
[115] 15.4.2 Durch diese erleichterte Anpassung bei Zinssatz- und Wechselkursänderungen, die von der Grundregel – dem generellen Vertragsänderungsmechanismus nach § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 – abweicht, werden die Vorgaben des Art 54 Abs 2 der Richtlinie (EU) 2015/2366 (PSD II bzw Zahlungsdienst Richtlinie II) in nationales Recht umgesetzt. Für die solcherart besonders geregelte Frage der Wirksamkeit der Änderung von Zinssätzen oder Wechselkursen im Sinn des ZaDiG 2018 ist alleine auf die Einhaltung der in § 50 Abs 2 leg cit genannten Voraussetzungen abzustellen, wonach Zinssatz- und Wechselkursänderungen eine diesbezügliche Änderungsklausel im (Zahlungsdienste-)Rahmenvertrag, die Vereinbarung eines geeigneten Referenzwertes und den Eintritt eines den Änderungsvorgang auslösenden Umstands voraussetzen (Weilinger/Knauder in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 50 Rz 19).
[116] 15.4.3 Gegenstand des § 50 Abs 2 ZaDiG 2018 sind nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Regelung „Zinssätze“ und „Wechselkurse“, die an Referenzzinsätze oder -wechselkurse gebunden sind. Eine solche Bindung enthält die gegenständliche Klausel 15 nicht. Damit kommt die in der Grundregel des § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 vorgesehene Vorgangsweise zum Tragen, nach der bei einer Änderung der Entgelte (hier des Wechselkurses) die (ausdrückliche oder stillschweigende) Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers einzuholen ist. Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit (RS0115219) muss der Verbraucher dabei von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden, weil sonst die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben. Nur auf diese Weise kann dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden (10 Ob 60/17x [Klausel 1] mit Hinweis auf P. Csoklich/Foglar‑Deinhardstein, Die Inhaltskontrolle von Erklärungsfiktionsklauseln in Verbraucherverträgen, JBl 2013, 629 [637] und Haghofer, Stärkung des Vertragsprinzips, VbR 2013/19, 30).
[117] 15.4.4 Da die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung unklar bleiben, ist die Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
16. Klausel 16:
„(18.6.) Eine Zustimmung des KI zu einer Änderung der AGB gilt im Falle von Punkt 18.3., 18.4. und 18.5. als erteilt, wenn der KI seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens der geänderten AGB card complete angezeigt hat, vorausgesetzt card complete hat den KI darauf hingewiesen, dass die Zustimmung zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn dieser der card complete seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt der Anwendung der Änderung angezeigt hat, und dass dieser das Recht hat, den Kartenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen. Ein Widerspruch berechtigt beide Vertragsparteien zur Auflösung des Kartenvertrages aus wichtigem Grund.“
[118] 16.1 Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als nichtig nach § 879 Abs 3 ABGB, weil sie den Verbraucher grob benachteilige. Sofern die Beklagte bei aufrechtem Vertragsverhältnis mit wechselseitigen Rechten und Pflichten auf eine Abänderung des vereinbarten Gleichgewichts in Form einer AGB‑Änderung abziele, also ohne Bezug auf Ereignisse, die das konkrete, einzelne Vertragsverhältnis beträfen, schlage sie eine Vertragsänderung vor. Lehne der Verbraucher diesen Vorschlag ab, sei ihr die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu den bisherigen Konditionen nicht automatisch unzumutbar. Die Beklagte sei für diese Fälle auf ihr ordentliches Kündigungsrecht zu verweisen.
[119] 16.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Wie jedes Dauerschuldverhältnis könne auch ein Kreditkartenvertrag durch einseitige Erklärung nur dann aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliege, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lasse. Die Ablehnung des Vorschlags des Zahlungsdienstleisters auf Änderung der AGB mache die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht jedenfalls unzumutbar, weil der Kunde damit nur von einem ihm von der Rechtsordnung und insbesondere auch dem ZaDiG eingeräumten Widerspruchsrecht Gebrauch mache. Die Beklagte sei daher in einem solchen Fall auf ihr ordentliches Kündigungsrecht verwiesen. Die davon abweichende Klausel sei gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Überdies sei die Klausel bereits wegen ihres Verweises auf die für unzulässig erkannten Klauseln 11a bis 15 (Klauseln 18.3., 18.4. und 18.5. der AGB) unzulässig.
[120] 16.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, der Widerspruch des KI zur Anpassung des Vertrags begründe einen Umstand, der es ihr billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen lasse, das Vertragsverhältnis aufrecht zu halten, und bilde damit einen wichtigen Grund, es sofort aufzulösen. Anderenfalls wäre sie womöglich an einen Vertrag gebunden, der etwa aufgrund von geänderten Rahmenbedingungen ein reines Verlustgeschäft bewirken oder in seiner Form überhaupt nicht mehr zulässig sein könnte.
[121] 16.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
[122] 16.4.1 Die Klausel ist schon deshalb unzulässig, weil sie auf die für unzulässig erkannten Klauseln 11a bis 15 (18.3., 18.4. und 18.5. der AGB) verweist (RS0122040). Sie ist auch gröblich benachteiligend.
[123] 16.4.2 § 51 Abs 3 ZaDiG 2018 normiert, dass der Zahlungsdienstleister einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Rahmenvertrag, sofern im Rahmenvertrag vereinbart, unter Einhaltung einer Zweimonatsfrist in der in § 47 Abs 1 lege cit vorgesehenen Form kündigen kann. Davon bleiben die allgemeinen Regelungen über die Nichtigkeit oder Aufhebbarkeit von Verträgen oder die vorzeitige Aufhebung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund unberührt (§ 51 Abs 5 ZaDiG 2018).
[124] 16.4.3 Die Regelung des § 51 ZaDiG 2018 entspricht § 30 ZaDiG aF. Die Materialien zum ZaDiG aF (ErläutRV 207 BlgNR 24. GP 37) nennen beispielhaft wichtige Gründe, die zur vorzeitigen Vertragsaufhebung berechtigen. Solche können sich demnach aus einer wesentlichen Vertragsverletzung, aber auch im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen des österreichischen oder des Gemeinschaftsrechts ergeben. Dazu wird auf Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 2007/64/EG (Zahlungsdienste-Richtlinie I) verwiesen, der Rechtsvorschriften über Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung, Maßnahmen im Hinblick auf das Einfrieren von Geldern oder mit der Prävention und Aufklärung von Straftaten zusammenhängende Sondermaßnahmen als solche Gründe nennt.
[125] 16.4.4 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berechtigen nur solche Gründe zur vorzeitigen Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses durch einseitige Erklärung, die die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lassen (RS0027780). Als wichtige Gründe kommen insbesondere Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Vertragspartners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht, welche die Fortsetzung der vertraglichen Bindungen nicht zumutbar erscheinen lassen (1 Ob 113/08m = RS0027780 [T47] ua). Die Gründe müssen ein erhebliches Gewicht haben, weil eine solche vorzeitige Auflösung das „äußerste Notventil“ ist (9 Ob 69/11d [3.5.4] mwN).
[126] 16.4.5 Mit der Ablehnungder vom Kartenunternehmen „vorgeschlagenen“ Änderungen der AGB macht der Karteninhaber von einem ihm durch die Rechtsordnung (§ 48 Abs 1 Z 6 lit a iVm § 50 Abs 1 Z 2 lit a ZaDiG 2018) eingeräumten Widerspruchsrecht Gebrauch. Darin liegt nichts anderes als die Ablehnung eines Änderungsangebots des Kartenunternehmens und damit kein gesetz- oder vertragswidriges Verhalten. Der Widerspruch macht die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die Beklagte – jedenfalls bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit – auch nicht jedenfalls unzumutbar. Zutreffend war das Berufungsgericht daher der Auffassung, dass die Beklagte in einem solchen Fall auf ihr ordentliches Kündigungsrecht nach § 51 Abs 3 ZaDiG 2018 verwiesen ist (vgl dazu auch Weilinger/Knauder, in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 50 Rz 16). Die Klausel erfüllt damit den Tatbestand nach § 879 Abs 3 ABGB.
17. Klausel 17:
„(18.7.) Sofern die Änderungen der AGB nicht aufgrund zwingender geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen bedingt sind, ist eine Änderung der AGB gem. Punkt 18.3., 18.4. und 18.5. zwei Mal pro Kalenderjahr und ab jeder weiteren Änderung im laufenden Kalenderjahr nur mehr unter Einhaltung von Punkt 18.2. möglich.“
[127] 17.1 Das Erstgericht erkannte die Klausel für unzulässig. Zwar seien Querverweise in AGB nicht grundsätzlich verboten. Problematisch seien solche Verweise aber dann, wenn sie für den Durchschnittsverbraucher nicht mehr überblickbar seien. Die Klausel enthalte vier Querverweise, wovon drei in einer Gruppe zusammengezogen seien und einer in einen anderen Zusammenhang gestellt sei. Ein Hinweis, was in den jeweiligen Punkten geregelt sei, fehle. Am Ende bleibe ein Satz, der für nicht juristisch gebildete Leser schwer verständlich sei. All das mache die Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
[128] 17.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Schon die Unzulässigkeit der Klauseln, auf die verwiesen werde (hier die Klauseln 11a bis 15 [18.3., 18.4. und 18.5. der AGB]), führe zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung und damit der Klausel 17. Die Frage, ob die Querverweise die Klausel auch intransparent machten, könne daher dahingestellt bleiben.
[129] 17.3 Die Beklagte vertritt in der Revision – ihrer Argumentation zu den Klauseln 11a bis 15 (18.3., 18.4. und 18.5. der AGB) folgend – den Standpunkt, dass diejenigen Klauseln, auf die verwiesen werde, nicht unzulässig seien, sodass auch die hier beanstandete Klausel zulässig sei. Sie sei auch nicht intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.
[130] 17.4 Die Revision ist nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof teilt die Ansicht des Berufungsgerichts zur Unzulässigkeit der Klauseln 11a bis 15 (18.3., 18.4. und 18.5. der AGB), auf die in Klausel 17 (18.7. der AGB) verwiesen wird. Das macht auch die verweisende Norm unzulässig (RS0122040). Ob auch die vom Erstgericht angenommene Intransparenz wegen der darin enthaltenen Querverweise vorliegt, muss nicht mehr geprüft werden.
18. Klausel 20:
„(20.) […]
Mahnwesen:
Zahlungserinnerung
bis EUR 100,- unentgeltlich
über EUR 100,- EUR 5,-
über EUR 1.000,- EUR 10,-
1. und 2. Mahnung:
bis EUR 100,- EUR 20,-
über EUR 100,- EUR 25,-
über EUR 1.000,- EUR 30,-“
[131] 18.1 Das Erstgericht erkannte diese Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel regle die Forderungshöhe und sehe dabei eine Staffelung in drei Stufen vor. Ob diese ausreichend differenziert sei, könne dahingestellt bleiben, weil die vorgesehenen Entgelte jeweils am objektiven Verzug anknüpften. Sie stehe in einem direkten Zusammenhang mit Punkt 9.10. der AGB, stelle daher darauf ab, dass der Karteninhaber in Verzug gerate, und nicht, ob ihn daran ein Verschulden treffe. Eine Klausel, die bei kundenfeindlichster Auslegung den Verbraucher zur Zahlung von Schadenersatz verpflichte, auch wenn ihn am Verzug kein Verschulden treffe, sei gröblich benachteiligend.
[132] 18.2 Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Das Erstgericht habe ausdrücklich auf die Bestimmung des Punkts 9.10. der AGB Bezug genommen und zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung die Voraussetzung des „In‑Verzug‑Geratens“ kein Verschuldenserfordernis festlege und vom durchschnittlichen Verbraucher gerade im Sinn eines bloß objektiven Verzugs verstanden werde. Demgegenüber könne die Beklagte nicht nachvollziehbar darstellen, aus welcher Formulierung auf das Erfordernis eines Verschuldens am Verzug als Voraussetzung für die Einmahnung zu schließen wäre. Gegen die Rechtsansicht, dass eine Klausel, die bei kundenfeindlichster Auslegung den Verbraucher auch zur Zahlung von Schadenersatz verpflichte, wenn ihn am Verzug kein Verschulden treffe, gröblich benachteiligend sei, wende sich die Beklagte zu Recht nicht.
[133] 18.3 Die Beklagte vertritt in ihrer Revision den Standpunkt, die Wortfolge „Gerät der KI […] in Verzug“ in Punkt 9.10.der AGB deute deutlich auf subjektiven Verzug hin. Das Wort „geraten“ indiziere ein Missgeschick bzw eine Unzulänglichkeit des KI, womit sein Verschulden und somit der subjektive Verzug indiziert sei.
[134] 18.4 Die Revision ist nicht berechtigt.
18.4.1 Punkt 9.10. der AGB lautet:
„Gerät der KI mit der Begleichung des in der Umsatznachricht ausgewiesenen Saldos in Verzug, ist card complete berechtigt den ausgewiesenen Saldo einzumahnen (Zahlungserinnerung/1. und 2. Mahnung – siehe Punkt 20.), sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in Rechnung zu stellen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.“
[135] 18.4.2 Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Ansicht der Beklagten, die Wortfolge des Punkts 9.10. der AGB indiziere ein Verschulden des Karteninhabers am Verzug bei der Begleichung des in der Umsatznachricht ausgewiesenen Saldos, nicht nachvollzogen werden kann. Nach der Rechtsprechung ist eine Klausel, die bei kundenfeindlichster Auslegung den Verbraucher zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet, auch wenn ihn am Verzug kein Verschulden trifft, gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB (7 Ob 84/12x [Klausel 17] mwN). Dies trifft auch auf die zu beurteilende Klausel 18 (20. der AGB) zu, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit Punkt 9.10. der AGB steht und damit den Karteninhaber zum Schadenersatz verpflichtet, auch wenn ihm am Verzug kein Verschulden trifft. Die Klausel verstößt auch gegen § 1333 Abs 2 ABGB, weil sie für die 1. und 2. Mahnung Spesen von 20 EUR bei einem Zahlungsrückstand bis 100 EUR vorsieht und damit nicht auf das in der genannten Bestimmung geforderte angemessene Verhältnis zur betriebenen Forderung Bedacht nimmt.
C. Urteilsveröffentlichung und Gegenveröffentlichung:
1. Urteilsveröffentlichung:
[136] 1.1 Die Beklagte bekämpft mit ihrer Revision die von den Vorinstanzen erteilte Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung (nur mehr) ihrer Art nach. Das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung liege darin, dass die beteiligten Verkehrskreise als Gesamtheit das Recht haben sollen, über die rechts- und sittenwidrige Ausgestaltung bestimmter Geschäftsbedingungen aufgeklärt zu werden. Der betroffene Verkehrskreis könne weitaus besser über den Web‑Auftritt der Beklagten erreicht werden, ein Großteil der bestehenden und potentiellen Kunden besuche das Online‑Portal regelmäßig.
[137] 1.2 Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]).
[138] 1.3 Eine bloße mediale Berichterstattung wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht (2 Ob 1/09z). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, dass die Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Website des Klägers (RS0121963 [T10]) oder der Beklagten (4 Ob 117/14f) den Zweck der Urteilsveröffentlichung nicht erfüllen kann. Davon abzugehen, bietet das Rechtsmittel der Beklagten keinen Anlass, räumt sie doch selbst ein, dass mit der von ihr angestrebten Art der Information die beteiligten Verkehrskreise in ihrer Gesamtheit nicht erreicht werden könnte (arg: Großteil der Kunden). Wieso es nicht notwendig sein sollte, die Entscheidung den Lesern einer Samstags‑Ausgabe einer österreichweit vertriebenen Zeitung zur Kenntnis zu bringen, vermag die Beklagte daher nicht darzulegen.
2. Gegenveröffentlichung:
[139] Unter diesem Punkt ihrer Revision macht die Beklagte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geltend, dass sie ein Interesse habe, die Zulässigkeit ihrer AGB-Klauseln publik zu machen, und strebt die Veröffentlichung des Urteils über den Internetauftritt der Klägerin, in eventu über eines vom Gericht zu bestimmendes Medium für den Fall an, dass der Oberste Gerichtshof eine oder mehrere der in dritter Instanz noch strittigen Klauseln für rechtens erachten sollte. Da dies nicht der Fall ist, ist ihr Begehren gegenstandslos.
D. Zur Anregung eines Vorabentscheidungsverfahrens:
[140] Die Ausführungen der Beklagten zurRechtsprechung der Gerichte zum Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG geben keinen Anlass zur Vorlage der von ihr formulierten Auslegungsfragen an den Europäischen Gerichtshof, weil die Mitgliedstaaten gemäß Art 8 Richtlinie 93/13/EWG des Rats vom 5. 4. 1993 strengere Bestimmungen erlassen können, um ein höheres Schutzniveau für den Verbraucher zu gewährleisten (Mindestharmonisierung). Die Beklagte behauptet auch gar nicht, dass § 6 Abs 3 KSchG das durch Art 5 dieser Richtlinie, auf der er beruht, vorgegebene Schutzniveau unterschreiten würde, sondern kritisiert – zusammengefasst – unter Berufung auf Stimmen in der Literatur die Anwendung dieser Bestimmung in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Die Auslegung des nationalen Rechts, die sie damit zum Gegenstand einer Vorabentscheidung machen möchte, fällt aber,jedenfalls solange dadurch das durch die Richtlinie vorgegebene Mindestmaß nicht unterschritten wird,in die Kompetenz der nationalen Gerichte.
E. Kostenentscheidung:
[141] Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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