OGH 4Ob103/24m

OGH4Ob103/24m22.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. * GmbH, *, und 2. * AG, *, Deutschland, beide vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 33.950 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR) über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Parteien (Revisionsinteresse je 17.072 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. April 2024, GZ 1 R 22/24x‑54, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0040OB00103.24M.1022.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

I. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

II. Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird abgeändert, sodass es – unter Einschluss des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils – insgesamt lautet:

1. Die Klagsforderung besteht gegenüber der zweitbeklagten Partei mit 17.072 EUR zu Recht.

2. Die Gegenforderung der zweitbeklagten Partei besteht nicht zu Recht.

3. Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 17.072 EUR Zug-um-Zug gegen Rückgabe des VW Passat Alltrack Sky TDI 4 Motion BMT DSG, FahrgestellNr *, samt 4 % Zinsen pa seit 2. 10. 2018 zu zahlen.

4. Das Mehrbegehren, die zweitbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 16.878 EUR zu zahlen, sowie das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.

5. Die Klagebegehren

- auszusprechen, dass der zwischen der *, und der erstbeklagten Partei abgeschlossene Kaufvertrag vom 15. 7. 2014 über den Ankauf des VW Passat Alltrack Sky TDI 4 Motion BMT DSG, FahrgestellNr *, um 48.500 EUR ex tunc aufgehoben sei;

- die erstbeklagte Partei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei für schuldig zu erkennen, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 33.950 EUR samt 4 % Zinsen pa aus 48.500 EUR seit 25. 9. 2014 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des KFZ zu zahlen;

- in eventu die erstbeklagte Partei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei für schuldig zu erkennen, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 15.000 EUR samt 4 % Zinsen pa [sic] zu zahlen;

- in eventu mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei festzustellen, dass die erstbeklagte Partei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei für jeden Schaden hafte, welcher der klagenden Partei aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung entstehe;

werden abgewiesen.

6. Das Klagebegehren, es werde mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und den beklagten Parteien festgestellt, dass die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für jeden Schaden haften, der der klagenden Partei aus Rückforderungen der Finanzbehörde aufgrund des KFZ, VW Passat Alltrack Sky TDI 4 Motion BMT DSG, FahrgestellNr *, entsteht, wird abgewiesen.“

III.1 Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 15.325,02 EUR (darin 2.061,12 EUR an USt und 2.958,30 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

III.2 Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.464 EUR (darin 561,52 EUR an USt und 2.094,88 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Das Berufungsgericht hob den zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und der erstbeklagten KFZ‑Händlerin im Jahr 2014 geschlossenen Kaufvertrag über einen VW Passat auf und erkannte letztere zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Fahrzeugherstellerin für schuldig, dem Kläger den Kaufpreis – abzüglich eines Benützungsentgelts – Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten. Zur Frage des Vorliegens eines Mangels bzw Schadens orientierte es sich an mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung für Dieselmotoren des Typs EA189, die mit einer „Umschaltlogik“ und damit einer unzulässigen Abschalteinrichtung iSd Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 der VO 715/2007/EG ausgeliefert wurden (vgl 10 Ob 2/23a vom 21. 2. 2023 [Händler] und vom 25. 4. 2023 [Hersteller] uvm).

[2] In dritter Instanz ist nur mehr die Schlüssigkeit der Klagebegehren bzw die Aktivlegitimation des Klägers strittig, weil es sich um ein Leasingfahrzeug gehandelt hat.

[3] Gemäß den Feststellungen suchte sich der Kläger das Fahrzeug nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen aus und schloss namens einer KG, an der er als Komplementär beteiligt war, am 15. 7. 2014 einen Kaufvertrag mit der erstbeklagten KFZ‑Händlerin über einen Neuwagen mit einem Liefertermin im Herbst (wobei der Kaufvertrag unstrittig die KG als Käuferin ausweist und auch sonst keine Hinweise auf ein Leasing enthält). „In weiterer Folge“ (nach dem Revisionsvorbringen mit Finanzierungszusage vom 20. 8. 2014) trat eine (nicht konzernverbundene) Leasinggesellschaft, die den Kaufpreis finanzierte, in den Kaufvertrag ein. Die Erstzulassung erfolgte am 24. 9. 2014, Eigentümerin wurde die Leasinggeberin.

[4] Im August 2018 endete der Leasingvertrag, und die KG hatte die Möglichkeit, das Fahrzeug zum Restwert zu erwerben, an die Leasinggeberin zurückzugeben oder einen neuen Leasingvertrag abzuschließen. Die KG kaufte das Fahrzeug von der Leasinggeberin und verkaufte es dem Kläger weiter, dem sie auch sämtliche Ansprüche und Gestaltungsrechte gegen die hier Beklagten abtrat. Eine Abtretung von Ansprüchen der Leasinggeberin an die KG bzw den Kläger konnte ebensowenig festgestellt werden wie der Inhalt des Leasingvertrags oder sonstiger Vereinbarungen mit der Leasinggeberin.

[5] Der Kläger, der sich in seiner Klage vom 4. 9. 2018 zunächst pauschal auf Abtretungen stützte, brachte sodann vor, dass der Leasingvertrag im Zeitpunkt der Abtretung an ihn bereits beendet gewesen sei, sodass die KG auch sämtliche Gestaltungsrechte aus dem ursprünglichen Kaufvertrag habe abtreten können. Im Übrigen habe die KG zunächst den Kaufvertrag geschlossen und erst nachfolgend die Leasingvereinbarung zur Finanzierung des Kaufpreises, sodass der Schaden bei ihr eingetreten sei. Damals sei bereits festgestanden, dass sie das Fahrzeug nach Vertragsende erwerben werde und damit den – überhöhten – Kaufpreis zur Gänze tragen müsse. Ein (Folge‑)Schaden, der zusätzlich durch die Finanzierung entstanden sei, werde ausdrücklich nicht geltend gemacht.

[6] Die Beklagten wandten ein, dass die KG nur Leasingnehmerin gewesen sei und der Kläger mangels Abtretung von der Leasinggeberin, die in den Kaufvertrag eingetreten sei, weder eine Aufhebung und bereicherungsrechtliche Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags verlangen könne, noch daraus einen Schadenersatz wegen eines allfällig überhöhten Kaufpreises ableiten könne. Dafür wäre erforderlich, dass die KG Eigentum erworben hätte. Ihr stünden daher nur Ansprüche aus dem Leasingvertrag sowie aus dem Ankauf im Jahr 2018 zu. Damals sei dem Kläger die Betroffenheit des Fahrzeugs vom Abgasskandal aber bereits bekannt gewesen und der Ankauf zum Restwert sei wirtschaftlich günstig gewesen.

[7] Das Erstgericht hatte im ersten Rechtsgang noch die Ansicht vertreten, dass der Kläger nur deliktische Ansprüche geltend machen könne, weil die Leasinggeberin in den ursprünglichen Kaufvertrag im Sinne einer Vertragsübernahme eingetreten sei und keine Rückabtretung von vertraglichen Ansprüchen festgestellt habe werden können. Aufgrund der überbundenen Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach ein Leasingnehmer beim selbständigen Finanzierungsleasing bei positiver Vertragsverletzung des Händlers oder Herstellers, die sich ausschließlich in seinem Vermögen auswirke, einen Ersatzanspruch gegen diese habe, hob das Erstgericht im zweiten Rechtsgang den ursprünglichen Kaufvertrag zwischen der KG und der erstbeklagten Händlerin gemäß § 932 ABGB auf und verpflichtete sie bereicherungsrechtlich zum Ersatz des Kaufpreises (abzüglich eines Benützungsentgelts). Gegen die Zweitbeklagte wies das Erstgericht die Klage neuerlich ab.

[8] Das Berufungsgericht ließ auch die zweitbeklagte Herstellerin haften, weil schon die „Umschaltlogik“ ein Verschulden begründe, und ergänzte im zweiten Rechtsgang zur Leasingfrage, dass sich der Kläger auch auf überhöhte Leasingraten gestützt habe. Die Revision ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.

[9] Gegen diese Entscheidung erhoben beide Beklagten (gemeinsam) eine außerordentliche Revision, mit der sie eine Abänderung in eine Klagsabweisung, hilfsweise eine Aufhebung zur Verfahrensergänzung begehren.

[10] Der Kläger beantragt in seiner vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision nicht zuzulassen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und hinsichtlich der Erstbeklagten auch berechtigt.

[12] 1. Der Oberste Gerichtshof bejahte bereits mehrfach die Schlüssigkeit von Schadenersatzbegehren bzw die Aktivlegitimation eines Leasingnehmers, wenn der Kaufvertrag nicht ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs für den Abschluss eines Finanzierungsleasingvertrags diente, sondern zunächst ein zivilrechtlich voll wirksamer Kaufvertrag zwischen dem Händler und dem späteren Leasingnehmer geschlossen wurde und erst in der Folge zur Finanzierung des Kaufpreises ein Leasingvertrag zustande kam (vgl 8 Ob 22/22a; 8 Ob 109/23x; 6 Ob 23/24m; 10 Ob 13/24w; 4 Ob 69/24m; 9 Ob 58/23d). Schließt der Kläger einen zivilrechtlich voll wirksamen Kaufvertrag – was insbesondere durch eine von ihm an den Händler geleistete Anzahlung zum Ausdruck kommt – und erst nachträglich einen Leasingvertrag, wird angenommen, dass der Kauf- und der Leasingvertrag keine vertragliche Einheit bilden. In diesem Fall erleidet der Kläger (schon) durch den Abschluss des Kaufvertrags respektive den überteuerten Kauf einen Schaden in seinem Vermögen. Ob er das Fahrzeug von Anfang an leasen wollte oder er es von der Leasinggeberin später zurückkauft, wirkt sich darauf nicht aus (10 Ob 7/24p).

[13] 2. Auch wenn hier keine Anzahlung geleistet wurde, schloss die KG nach den Feststellungen doch am 15. 7. 2014 in eigenem Namen einen eigenständigen und wirksamen Kaufvertrag mit der erstbeklagten Händlerin und erst später mit einer dritten Leasinggesellschaft einen Leasingvertrag zur Finanzierung des daraus geschuldeten Kaufpreises. Im Sinne der Vorinstanzen und der zitierten Judikatur ist daher von einem Schadenseintritt bei der KG auszugehen sowie einer wirksamen Abtretung daraus abgeleiteter Ansprüche an den Kläger. Ob das Fahrzeug beim Ankauf im Jahr 2018 konkret dem Willen des Klägers entsprach, ist entgegen den Revisionsausführungen für den bereits im Jahr 2014 eingetretenen Schaden nicht relevant.

[14] 3. Die zu Punkt 1. zitierte Rechtsprechung bezieht sich auf Schadenersatzansprüche, wie sie auch hier gegen die zweitbeklagte Fahrzeugherstellerin geltend gemacht werden. Dass nicht der Ersatz eines Minderwerts verlangt wird (s dazu RS0134498) schadet nicht. Der Kläger, der insoweit von der KG abgetretene Rechte geltend machen kann, hat wegen der Verletzung der VO 715/2007/EG primär Anspruch auf Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung; da dies auch hier nicht (ordnungsgemäß) erfolgte, kann er Ersatz in Form einer Erstattung des Kaufpreises gegen Übergabe des mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs (Zug-um-Zug-Abwicklung) verlangen (vgl 10 Ob 2/23a vom 25. 4. 2023 [Rz 33 ff]).

[15] 4. Da das Begehren gegenüber der zweitbeklagten Fahrzeugherstellerin sohin schlüssig und berechtigt ist und der Kläger insoweit aktivlegitimiert, ist deren Revision nicht Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichts in diesem Punkt zu bestätigen. Das Benutzungsentgelt und die Zinsen sind in dritter Instanz nicht mehr strittig.

[16] 5. Im Verhältnis zur erstbeklagten Händlerin stützt der Kläger sein Begehren hingegen auf eine gewährleistungsrechtliche Wandlung des ursprünglichen Kaufvertrags. Nach dem Vorbringen der Beklagten sowie den Feststellungen des Erstgerichts kam es allerdings zu einem Vertragseintritt im Sinne einer Vertragsübernahme durch die Leasinggeberin, die auch Eigentum am Fahrzeug erwarb. Eine Abtretung von Ansprüchen aus dem ursprünglichen Kaufvertrag konnte nicht festgestellt werden. Weiters lässt sich aus dem klägerischen Vorbringen und den Feststellungen nicht ableiten, warum der KG nach Beendigung des Leasingvertrags und Ankauf des Leasingobjekts wieder Gewährleistungsrechte aus dem ursprünglichen Kaufvertrag zustünden, dessen Vertragspartnerin sie ja nicht mehr war. Die vom Kläger ins Treffen geführte Beilage ./OO enthält lediglich ein Kaufanbot der KG an die Leasinggeberin, aber keine Rechteeinräumung odgl.

[17] Daher ist der Revision beizupflichten, dass der Kläger in Bezug auf gewährleistungsrechtliche (und irrtumsrechtliche) Ansprüche aus dem ursprünglichen Kaufvertrag nicht aktivlegitimiert ist bzw sein Anspruch auf Aufhebung des Kaufvertrags vom 15. 7. 2014 unschlüssig (vgl 5 Ob 118/23y). Die auf Vertragsaufhebung ex tunc und bereicherungsrechtliche Rückabwicklung, in eventu Preisminderung gestützten Begehren sind daher abzuweisen. Da die Beklagten stets darauf hingewiesen haben, liegt auch keine Überraschungsentscheidung vor (vgl RS0122365).

[18] 6. Für eine auf Schadenersatz abgeleitete Pflicht zur Naturalrestitution, in eventu auf Ersatz des Minderwerts, fehlt es schon an einem Verschulden der erstbeklagten Händlerin, für das eventualiter erhobene Feststellungsbegehren überdies am Feststellungsinteresse. Schließlich wäre ihr nicht einmal ein arglistiges Verhalten der Herstellerin zuzurechnen, weil sich nach der Rechtsprechung Vertragshändler beim Verkauf eines Fahrzeugs nicht der Herstellerin bedienen (9 Ob 21/22m [Rz 30 ff]).

[19] Überhöhte Leasingraten wurden in erster Instanz nicht geltend gemacht und könnten die konkreten Begehren auch nicht stützen. Ebensowenig rechtfertigt die in der Revisionsbeantwortung ins Treffen geführte Schadensverlagerung das Vertragsaufhebungsbegehren gegenüber der Händlerin.

[20] Im Ergebnis ist daher der Revision der erstbeklagten Händlerin Folge zu geben und die Klage ihr gegenüber abzuweisen.

[21] Das Feststellungshauptbegehren betreffend „Rückforderungen der Finanzbehörde“ wurde bereits vom Erstgericht gegenüber beiden Beklagten abgewiesen, was vom Kläger in der Berufung nicht bekämpft wurde.

[22] 7. Auf den in der Revision weiters aufrecht erhaltenen Einwand der Verletzung der Mängelrügeobliegenheit nach § 377 UGB muss daher nicht mehr eingegangen werden. Auf deliktische Schadenersatzansprüche wegen einer (behauptetermaßen noch dazu vorsätzlichen) Verletzung der VO 715/2007/EG gegen die nicht vertraglich verbundene Zweitbeklagte ist diese Bestimmung von Vornherein nicht anwendbar.

[23] III. Infolge der Abänderung war eine neue Kostenentscheidung zu treffen.

[24] III.1 Gegenüber der erstbeklagten Händlerin, die schließlich eine gänzliche Klagsabweisung erreichen konnte, beruht diese auf §§ 41, 50 ZPO, gegenüber der zweitbeklagten Herstellerin, die teilweise haftet, im erstinstanzlichen Verfahren auf § 43 Abs 1 ZPO und im Rechtsmittelverfahren auf §§ 41, 50 ZPO.

[25] Dabei gilt, dass ein Kläger, der mehrere Personen mit der Behauptung ihrer Solidarhaftung in Anspruch nimmt, aber zumindest gegenüber einer unterliegt, vom unterlegenen Beklagten vollen Kostenersatz ohne Streitgenossenzuschlag erhält. Ist der obsiegende Beklagte durch denselben Anwalt vertreten wie der unterliegende, so gebührt ihm nach herrschender Ansicht die anteilige Kopfquote der Gesamtkosten einschließlich Streitgenossenzuschlag, weil anzunehmen ist, dass der gemeinsame Vertreter nach Kopfteilen entlohnt wird (vgl Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.357 mwN).

III.2 Zum Kostenersatzanspruch der Erstbeklagten:

[26] Mit seinen Einwendungen iSd § 54 Abs 1a ZPO kann der Kläger auf die Erwägungen des Erstgerichts verwiesen werden.

[27] Die Mitteilung vom 31. 1. 2019, wonach ein stellig zu machender Zeuge verhindert sei, aber ein anderer zur Verfügung stünde, resultierte keineswegs allein aus der Sphäre der Beklagten und war für die Verhandlungsvorbereitung wesentlich. Hingegen ist zutreffend, dass der Protokollberichtigungsantrag vom 2. 9. 2019 keine sinnstörenden Fehler zum Inhalt hatte und daher nicht notwendig iSd § 41 ZPO war. Ein Kostenersatz für die Kosteneinwendungen im ersten Rechtsgang ist schon durch § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO ausgeschlossen. Das ergänzende schriftliche Vorbringen vom 2. 11. 2023, das auch verlesen wurde, war dafür schon im Hinblick auf die mehrjährige Unterbrechung des Verfahrens für die Vorbereitung der Verhandlung im zweiten Rechtsgang zweckmäßig und ist daher zu honorieren.

[28] Für das erstinstanzliche Verfahren (einschließlich der Berufungsbeantwortung im ersten Rechtsgang) stehen der Erstbeklagten daher gesamt 10.532,65 EUR zu (darin 1.605,44 EUR an USt und 900 EUR an Barauslagen).

[29] Weiters erhältdie Erstbeklagte Kostenersatz für ihre Rechtsmittel, den sie auf Basis von 17.072 EUR verzeichnete, sohin 3.177,22 EUR für die (nur von ihr erhobene) Berufung (darin 326,37 EUR an USt und 1.219 EUR an Pauschalgebühren) und 1.615,15 EUR an anteiligen Revisionskosten (darin 129,31 EUR an USt und 839,30 EUR an Pauschalgebühren).

III.3 Zum Kostenersatzanspruch im Verhältnis zur Zweitbeklagten:

[30] Den Vorinstanzen ist zu folgen, dass es im erstinstanzlichen Verfahren zu einer Kostenaufhebung gemäß § 43 Abs 1 ZPO kommt. Der Kläger hat daher gegenüber der Zweitbeklagten Anspruch auf 47,5 % seiner privilegierten Barauslagen, allerdings ohne Streitgenossenzuschlag; das sind 2.567,38 EUR. Die Zweitbeklagte erhält 52,5 % ihres Hälfteanteils an den Barauslagen, das sind 472,50 EUR, die zu saldieren waren.

[31] Mit seiner Berufung gegen die Zweitbeklagte obsiegte der Kläger zur Gänze, sodass ihm – ausgehend von der von ihm herangezogenen Bemessungsgrundlage von 16.878 EUR – im Sinne des Berufungsgerichts 1.958,22 EUR zuzusprechen waren (darin 326,37 EUR an USt; Pauschalgebühren fielen im zweiten Rechtsgang nicht an, ein Streitgenossenzuschlag steht nicht zu, und die ERV‑Kosten betrugen gemäß § 23a RATG lediglich 2,60 EUR).

[32] Für die verbundene Revisionsbeantwortung erhält der Kläger ebenfalls vollen Kostenersatz ohne Streitgenossenzuschlag, sohin 1.410,90 EUR (darin 235,15 EUR an USt).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte