Spruch:
Die Nebenintervention wird zurückgewiesen.
Der Nebenintervenient hat der beklagten Partei die mit 1.358,46 EUR (darin 226,41 EUR USt) bestimmten Kosten der Äußerung vom 5. Juli 2011 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II. zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.034,90 EUR (darin enthalten 339,15 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrt - der rechnerischen Höhe nach unstrittige - 79.357,24 EUR sA von der Beklagten als ihrer ehemaligen Sachwalterin. Die Beklagte habe schuldhaft verabsäumt, einen Antrag auf Invaliditätspension samt Ausgleichszulage zu stellen. Hätte die Beklagte für die Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt, wäre der Klägerin ab 1. August 1998 bis zum 30. September 2007 eine Invaliditätspension (samt Ausgleichszulage) in der Höhe des Klagebegehrens ausgezahlt worden. Tatsächlich sei der Klägerin erst aufgrund eines Antrags ihrer nunmehrigen Sachwalterin ab 1. Oktober 2007 eine Invaliditätspension zuerkannt worden. Trotz der Heimunterbringung wäre der Klägerin ein „höchstpersönlicher“ Pensionsanspruch zugestanden. Die Klägerin hafte im Übrigen dem Sozialhilfeträger für die Rückzahlung der erhaltenen Sozialhilfe.
Die Beklagte wendet - soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich - ein, dass die Klägerin nicht aktiv legitimiert sei. Der Pensionsanspruch sei schon im Zeitpunkt seiner Entstehung unabhängig von der Antragstellung im Wege der Legalzession des § 324 ASVG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Der Klägerin sei kein Schaden entstanden.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte (rechtskräftig) zur Zahlung von 15.871,45 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 63.485,79 EUR sA ab. Es stellte fest, dass die am 24. April 1928 geborene Klägerin unter einer schizophrenen Geistesstörung leidet. Sie hat in den Jahren 1942 bis 1949 insgesamt 78 Beitragsmonate zur österreichischen Pensionsversicherung erworben. Jedenfalls seit 2. Februar 1995 befindet sie sich in Heimpflege. Die Beklagte, die mit Beschluss vom 24. September 1992 rechtskräftig zur Sachwalterin der Klägerin für alle Angelegenheiten bestellt worden war, unterließ die Stellung eines Pensionsantrags. Erst nach Enthebung der Beklagten beantragte die nunmehrige Sachwalterin die Gewährung einer Invaliditätspension samt Ausgleichszulage, die der Klägerin beginnend mit 1. Oktober 2007 bescheidmäßig zuerkannt wurde.
Das Erstgericht bejahte ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten der Beklagten, die daher der Klägerin für den durch die Unterlassung der Antragstellung bei der Pensionsversicherung verursachten Schaden hafte. Die pensionsberechtigte Klägerin, die unstrittig im Zeitraum der versäumten Pensionsleistungen Sozialhilfe bezogen habe und in einem Pflegeheim betreut worden sei, sei jedoch nur im Umfang von 20 % der entgangenen Pensionsleistungen geschädigt, weil der darüber hinausgehende Pensionsanteil nicht ihr, sondern dem Sozialhilfeträger (Land *****) aufgrund der Legalzession des § 324 Abs 3 ASVG zugestanden wäre.
Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung des Mehrbegehrens erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Unter Berufung auf die Entscheidung 4 Ob 26/10t (JBl 2010, 643) ging das Berufungsgericht davon aus, dass gemäß § 28 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG - LGBl 1973/11 idgF) für die Ersatzansprüche gegen die Träger der Sozialversicherung die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden seien. Nach sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen gehe ein Pensionsanspruch, sofern der Berechtigte auf Kosten des Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einem Heim untergebracht sei, bis zu 80 % auf das jeweilige Land über. Unstrittig sei, dass die Heimkosten jedenfalls höher als die Invaliditätspension gewesen seien. Damit wäre aber bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten mit Entstehen des Pensionsanspruchs 80 % der Pension dem Land ***** zugestanden, nur 20 % wären der Klägerin selbst zugekommen. Zwar sei dadurch, dass der Pensionsanspruch als solcher nicht entstanden sei, auch keine Legalzession iSd § 324 Abs 3 ASVG eingetreten. Das ändere jedoch nichts daran, dass nach dem hypothetischen Kausalverlauf der Klägerin nur 20 % der Pension entgangen sei. Grundsätzlich sei auch die Klägerin zum Ersatz der für sie aufgewendeten Kosten unter den im WSHG genannten Bedingungen verpflichtet. Wie weit ein derartiger (nicht verjährter) Ersatzanspruch bestehe, sei jedoch von der Klägerin nicht konkretisiert worden. Die bloß theoretische Möglichkeit eines solchen Ersatzanspruchs begründe noch keinen bezifferbaren Schadenersatzanspruch gegenüber der Beklagten.
Die Berufungsentscheidung wurde den Parteienvertretern am 3. Februar 2011 zugestellt. In ihrer am 3. März 2011 erhobenen außerordentlichen Revision verweist die Berufung auf eine mit der Entscheidung 4 Ob 26/10t in Widerspruch stehende Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien (12 R 176/09d). In letzterer Entscheidung werde zutreffend damit argumentiert, dass die Legalzessionsnorm des § 27 WSHG gerade voraussetze, dass der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger trotz der Drittleistung weiter bestehe.
Mit Beschluss des Senats vom 11. Mai 2011 (zugestellt am 16. Mai 2011) wurde der beklagten Partei die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt.
In ihrer Revisionsbeantwortung vom 1. Juni 2011 beantragt die beklagte Partei, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Mit an den Obersten Gerichtshof gerichtetem Schriftsatz vom 22. Juni 2011, den Parteienvertretern samt Beilagen gemäß § 112 ZPO direkt zugestellt, erklärte der F***** (zuständiger Sozialhilfeträger) seinen Beitritt als streitgenössischer Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin. Er brachte zusammengefasst vor, dass die Klägerin zur Geltendmachung des gesamten Pensionsschadens aktiv legitimiert gewesen sei. § 324 Abs 3 ASVG sehe nur eine Legalzession von (im Anlassfall 80 %) Pensionsansprüchen, nicht aber von Schadenersatzansprüchen vor. Für diese sei vielmehr § 27 WSHG einschlägig. Die dort für die Wirksamkeit der Zession vorausgesetzte Anzeige sei erst mit Schreiben des Nebenintervenienten vom 14. März 2011 an den Vertreter der Beklagten erfolgt. Mit diesem Schreiben sei der Anspruch der Klägerin auf den Nebenintervenienten übergegangen, der als Einzelrechtsnachfolger der Klägerin und somit als streitgenössischer Nebenintervenient ein rechtliches Interesse an deren Obsiegen habe.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 5. Juli 2011 die Nebenintervention und das im Beitrittschriftsatz erstattete Vorbringen zurückzuweisen. Der Nebenintervenient müsse den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in welcher er sich zur Zeit seines Beitritts befinde. Im konkreten Fall könne der Nebenintervenient nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zum Revisionsverfahren nichts mehr beitragen. Sein Vorbringen sei unbeachtlich. Durch eine Nebenintervention könne nicht der Ablauf der Rechtsmittelfristen unterlaufen werden. Für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens in erster Instanz im zweiten Rechtsgang wäre es Aufgabe des Erstgerichts, über die Zulässigkeit der Nebenintervention zu entscheiden. Schadenersatzansprüche des Nebenintervenienten seien jedenfalls verjährt. Im Übrigen sei die Legalzession gemäß § 324 Abs 3 ASVG bereits vor Klageerhebung erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Nebenintervention
1. Funktionelle Zuständigkeit
1.1 Wird - zur Zulässigkeit s 2. - der Beitritt erst im Rechtsmittelverfahren erklärt, stellt sich die Frage, welches Gericht zuständig ist, die nach neuerer Auffassung gebotene amtswegige Prüfung bestimmter Interventionsvoraussetzungen (vgl dazu Schubert in Fasching/Konecny² § 18 Rz 4 mwN; 6 Ob 201/09s; RIS-Justiz RS0111787) vorzunehmen bzw über den von einer Partei gestellten Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention zu entscheiden.
1.2 Das Gesetz selbst stellt seine Regelungen erkennbar auf das erstinstanzliche Verfahren ab (1 Ob 264/72 JBl 1973, 421 [König]), enthält aber zu der hier maßgeblichen Frage keine ausdrückliche Aussage.
1.3 Nach herrschender Auffassung (Deixler-Hübner, Die Nebenintervention im Zivilprozeß [1993] 120; Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 7; Fucik in Rechberger³ § 18 ZPO Rz 2; 5 Ob 2087/96i wobl 1997/117 [Deixler-Hübner]; 1 Ob 58/02i; s auch 1 Ob 264/72 JBl 1973, 421 [König] unter ausdrücklicher Ablehnung der ggt E 1 Ob 344/28 SZ 10/180) hat über den Zurückweisungsantrag das Gericht zu entscheiden, bei dem das Verfahren anhängig ist und der Beitritt erklärt wurde. Diesem Gericht obliegt damit auch die Schlüssigkeitsprüfung des behaupteten Interventionsinteresses.
1.4 Dem steht § 509 Abs 2 ZPO nicht entgegen. Aus dieser Bestimmung ist nicht der Umkehrschluss zu ziehen, dass es dem Obersten Gerichtshof verwehrt wäre, eine mündliche Verhandlung über einen von einer Partei gestellten Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention anzuberaumen. So wurde bereits über den Wortlaut des § 509 Abs 2 ZPO hinaus die Möglichkeit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung auf Rekurse gegen in zweiter Instanz ergangene Beschlüsse auf Urteilsaufhebung nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erweitert (vgl dazu Zechner, Mündliche Revisionsverhandlung, Jahrbuch Zivilverfahrensrecht 2009, 211 [227] mH auf 2 Ob 258/05p).
1.5 Da im Anlassfall der Beitritt nach Erhebung der außerordentlichen Revision und deren Vorlage an den Obersten Gerichtshof erklärt wurde, ist somit der Oberste Gerichtshof für die Prüfung der Beitrittsvoraussetzungen zuständig.
2. Zur Zulässigkeit der Nebenintervention im Revisionsstadium
2.1 Gemäß § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Verfahrens bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Sie wird mit Zustellung des Beitrittsschriftsatzes rechtswirksam (2 Ob 257/03p; 5 Ob 245/10f mwN).
2.2 Aus diesem Wortlaut leiten die Rechtsprechung und die herrschende Lehre ab, dass der Beitritt auch erst im Revisionsverfahren erklärt werden kann (Deixler-Hübner, Nebenintervention, 39; Fucik in Rechberger³ § 18 ZPO Rz 2; Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 1 und 3; 7 Ob 526, 527/57 RZ 1958, 59; 5 Ob 2087/96i wobl 1997/117 [Deixler-Hübner]; 5 Ob 245/10f mwN; Fasching LB² Rz 395; aA Petschek/Stagel, Der österreichische Zivilprozess [1963], 307).
2.3 Es bedarf zunächst einer Auseinandersetzung damit, ob dem Nebenintervenienten die Berufungsentscheidung - mit der Konsequenz der Eröffnung einer eigenen Revisionsfrist - zuzustellen ist.
2.3.1 Unzweifelhaft ist, dass die Erhebung einer Revision, wenn der Beitritt erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem für die Hauptpartei die Rechtsmittelfrist bereits ungenützt verstrichen ist, nicht mehr möglich ist: Zwar sind dem Nebenintervenienten seit der Entscheidung des verstärkten Senats 1 Ob 145/02h (SZ 2002/168) Ausfertigungen der Entscheidung wie der Hauptpartei zuzustellen (RIS-Justiz RS0117093), wobei für ihn die Rechtsmittelfrist, auch wenn er erst im Rechtsmittelverfahren beitrat, mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung beginnt (RIS-Justiz RS0122182). In der Entscheidung des verstärkten Senats wurde allerdings ausdrücklich betont, dass dieser Grundsatz nur gilt, wenn zum Zeitpunkt des Beitritts die Rechtsmittelfrist für jene Partei, auf deren Seite der Nebenintervenient beitrat, noch nicht abgelaufen ist (s auch 2 Ob 174/06m).
2.3.2 Ist hingegen die der Hauptpartei eröffnete Rechtsmittelfrist im Beitrittszeitpunkt bereits verstrichen, muss der Nebenintervenient die dadurch bestimmte Verfahrenslage hinnehmen. Das ergibt sich aus § 19 Abs 1 ZPO, wonach der Nebenintervenient den Rechtsstreit in der Lage annehmen muss, in welcher sich derselbe zur Zeit seines Beitritts befindet.
2.3.3 Die Aussage, dass nach Ablauf der der Hauptpartei offenstehenden Rechtsmittelfrist vom Nebenintervenienten abgegebene Erklärungen im Rechtsmittelverfahren unbeachtlich sind, es sei denn, die Hauptpartei habe selbst rechtzeitig ein Rechtsmittel ergriffen (Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 3), ist nicht dahin zu verstehen, dass ein erst nach Ablauf der Rechtsmittelfristen für die Hauptpartei erklärter Beitritt, wenn die Hauptpartei selbst rechtzeitig ein Rechtsmittel erhob, zur Verpflichtung der Zustellung der von der Hauptpartei angefochtenen Entscheidung an den Nebenintervenienten und damit zur Auslösung einer ihm eröffneten Rechtsmittelfrist führt. Die gegenteilige Beurteilung würde mit dem dargestellten Grundsatz des § 19 Abs 2 ZPO in Widerspruch stehen. Ein Dritter, der ein Interventionsinteresse glaubhaft machen kann, könnte andernfalls nicht nur unterlassene Ausführungen der Hauptpartei in deren Rechtsmittel nachträglich - bis zur Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sanieren (vgl zum vergleichbaren Fall der Nachholung bereits präkludierten Vorbringens durch den Nebenintervenienten Wahle, Die Weiterentwicklung des neuen Zivilprozeßkommentars, JBl 1961, 450 [452]), sondern bis zum Zeitpunkt der Entscheidung, allenfalls etwa noch nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit Beweiswiederholung oder Beweisergänzung, wenn dort die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten wurde, seinen Beitritt erklären und - nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung an ihn - selbst ein Rechtsmittel ergreifen.
2.3.4 Auch der der Entscheidung 6 Ob 582/95, 583/95 (SZ 68/225) zugrundeliegende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass der Nebenintervenient seinen Beitritt innerhalb der der Hauptpartei offenstehenden und von ihr auch ausgenützten Berufungsfrist erklärte (ebenso 2 Ob 257/03p und 2 Ob 174/06m). Die in der zitierten Entscheidung des verstärkten Senats enthaltene Aussage, dass der Nebenintervenient, wenn die der Hauptpartei eröffnete Rechtsmittelfrist im Beitrittszeitpunkt bereits abgelaufen ist, die dadurch bestimmte Verfahrenslage hinzunehmen hat, ist ebenfalls in diesem Sinn zu verstehen: Der Hinweis auf eine für die Seite, auf die er beitrat, nicht mehr anfechtbare Entscheidung gibt lediglich ein Beispiel dafür, inwiefern der Nebenintervenient den Rechtsstreit iSd § 19 Abs 1 ZPO anzunehmen hat, lässt aber nicht den Schluss zu, dass für den Nebenintervenienten bei einem erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist der Hauptpartei erklärten Beitritt durch Zustellung einer Ausfertigung der von der Hauptpartei angefochtenen Entscheidung eine neue Rechtsmittelfrist ausgelöst würde.
2.3.5 Tritt der Nebenintervenient erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei dem Verfahren bei, kann er somit selbst dann kein eigenes Rechtsmittel mehr erheben, wenn die Hauptpartei ihrerseits rechtzeitig ein Rechtsmittel erhoben hat.
2.4 Damit stellt sich aber im Anlassfall die Frage, ob die Nebenintervention nicht im Hinblick darauf unzulässig ist, dass dem Nebenintervenienten kein Einfluss auf den Verfahrensablauf des Revisionsverfahrens zukommt:
2.4.1 Der Oberste Gerichtshof entscheidet nach der Grundregel des § 509 Abs 1 ZPO über die Revision in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung. Eine mündliche Revisionsverhandlung ist nur im - hier nicht vorliegenden - seltenen Fall geboten, dass es im Dienste des Rechtsschutzes für die Parteien geboten erscheint, deren kontradiktorisch vorgetragene Standpunkte anzuhören (Beispiele dazu bei Zechner, Mündliche Revisionsverhandlung 220 ff).
2.4.2 Berücksichtigt man, dass der Beitritt keinem Selbstzweck, sondern dazu dient, dass der Nebenintervenient bei rechtlichem Interesse am Obsiegen einer Partei als „Streithelfer“ Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen, Beweise anbieten und alle sonstigen Prozesshandlungen mit Wirksamkeit für die Hauptpartei vornehmen kann (§ 19 Abs 1 Satz 2 ZPO), ist ein Beitritt, der dem Beitretenden zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung seiner Zulässigkeit (Zeitpunkt der Beschlussfassung - 7 Ob 526/57 RZ 1958, 59; RIS-Justiz RS0035441; Deixler-Hübner, Nebenintervention, 121; aA Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 10, der auf die Beitrittserklärung abstellt) keinen Einfluss auf den Verfahrensgang ermöglicht, als unzulässig zu qualifizieren.
2.4.3 Im Anlassfall kann aus den zu 2.4.1 dargelegten Gründen bereits jetzt abschließend beurteilt werden, dass der Nebenintervenient auf den Ablauf des Revisionsverfahrens keinen Einfluss mehr nehmen kann.
2.4.4 Die Auffassung, ein Beitritt könne auch noch im Revisionsstadium nach Ablauf der Revisionsfrist durch einen unmittelbar an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsatz erfolgen, weil die Möglichkeit eines Aufhebungsbeschlusses in der Hauptsache bestehe (Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 1), lässt außer Acht, dass die Interventionszulässigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zu beurteilen ist. Die Möglichkeit, dass das Revisionsgericht in der Hauptsache einen Aufhebungsbeschluss fällt, begründet kein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten an einem Beitritt zum Revisionsverfahren, sondern allenfalls ein rechtliches Interesse, dem fortgesetzten erstinstanzlichen Verfahren beizutreten. Ein zuvor ergangener Zurückweisungsbeschluss in Ansehung des Beitritts im Revisionsverfahren würde wegen der insofern geänderten Sachlage keine Bindungswirkung entfalten (Deixler-Hübner, Nebenintervention 133 f). Über einen entsprechenden - neuerlichen - Beitritt hätte dann das Erstgericht zu entscheiden.
2.4.5 Insofern unterscheidet sich ein Beitritt im Revisionsverfahren nach Ablauf der für die Hauptpartei laufenden Revisionsfrist von jenem im Berufungsverfahren nach Ablauf der Berufungsfrist: Da nämlich könnten dem Nebenintervenienten etwa Beteiligungsbefugnisse an einer gegebenenfalls abgehaltenen Berufungsverhandlung mit Beweiswiederholung bzw -ergänzung zukommen (1 Ob 145/02h). Ein wirksamer Beitritt im Berufungsverfahren nach Ablauf der Berufungsfrist löst überdies zwar nicht die Verpflichtung zur Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl 2.3.2), aber die Verpflichtung aus, dem Nebenintervenienten die Berufungsentscheidung zuzustellen, gegen die er gegebenenfalls ein Rechtsmittel innerhalb der ihm ab Zustellung eröffneten Rechtsmittelfrist ergreifen kann. Der Sinn eines Beitritts im Revisionsstadium nach Ablauf der der Hauptpartei offenstehenden Rechtsmittelfrist könnte hingegen lediglich darin gesehen werden, dass dem Nebenintervenienten ein allenfalls ergehender Aufhebungsbeschluss zuzustellen wäre, den er allerdings trotz wirksamen Beitritts wegen Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Revisionsgerichts nicht bekämpfen könnte. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er bloß aus diesem Grund das Revisionsverfahren mit einem Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Nebenintervention, die überhaupt nur für den Fall eines fortgesetzten Verfahrens vor dem Erstgericht Bedeutung gewinnen könnte, belasten wollte.
2.4.6 Daraus folgt, dass die Nebeninterveniention schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen ist, weil der Nebenintervenient im konkreten Fall auf den Verfahrensgang des Revisionsverfahrens keinerlei Einfluss nehmen kann und die Revisionsentscheidung auch nicht die Notwendigkeit fristgebundener Prozesshandlungen (Ergreifen eines Rechtsmittels) bedingen kann. Diesem Ergebnis steht auch der nicht nur nach seinem Wortlaut auszulegende § 18 Abs 1 ZPO, wonach der Beitritt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits erfolgen kann, nicht entgegen: Aus dem Umstand, dass das Revisionsverfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist, lässt sich noch nicht zwingend eine immer gegebene Zulässigkeit eines im Revisionsstadium nach Ablauf der Revisionsfrist erklärten Beitritts als Nebenintervenient ableiten.
3. Die Prüfung der grundsätzlichen Zulässigkeit der Nebenintervention ist nach neuerer Auffassung amtswegig vorzunehmen (6 Ob 201/09s mwN; Schubert in Fasching/Konecny² § 18 ZPO Rz 6; s auch 1.1). Da somit die Zurückweisung des Nebenintervenienten von Amts wegen und nicht erst über den Zurückweisungsantrag der Beklagten zu erfolgen hatte, bedurfte es keiner Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht über den Zurückweisungsantrag der Parteien. Der Nebenintervenient hat der Beklagten die Kosten ihrer Äußerung zu ersetzen (Fucik in Rechberger³ § 18 ZPO Rz 3 mwN).
II. Zur Revisionsentscheidung
Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil es einer Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von § 324 Abs 3 ASVG zu landesgesetzlichen Sozialhilfegesetzen (im Anlassfall: § 27 f WSHG) bedarf.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
1. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Beklagte als ehemalige Sachwalterin dem Grunde nach für einen der Klägerin entstandenen Pensionsschaden in Ansehung des Zeitraums vom 1. August 1998 bis 30. September 2007 wegen Unterlassung der Antragstellung auf Gewährung einer Invaliditätspension haftet. Auch den in erster Instanz noch erhobenen „Mitverschuldenseinwand“ hielt die Beklagte nicht aufrecht. Ebenso unstrittig ist die rechnerische Höhe des gesamten Pensionsschadens.
2. Gesetzliche Grundlagen
Für die Entscheidung der Rechtssache sind folgende Bestimmungen maßgeblich:
2.1 § 324 Abs 3 ASGV lautet:
Wird ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe.....in einem Alters/(Siechen)heim oder Fürsorgeerziehungsheim, einer Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke oder einer ähnlichen Einrichtung.....verpflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH.....auf den Träger der Sozialhilfe über. ...
2.2 § 27 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG-LGBl 1973/11 in der maßgeblichen Fassung) bestimmt:
Hat der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfes gegen einen Dritten, so gehen diese Ansprüche auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den nach § 34 zuständigen Sozialhilfeträger über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Ersatzansprüche nach den Bestimmungen des Zivilrechts bleiben davon unberührt.
2.3 § 28 WSHG legt fest:
Für die Ersatzansprüche gegen die Träger der Sozialversicherung gelten die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die Beziehungen der Versicherungsträger zu den Sozialhilfeträgern einschließlich der darauf Bezug nehmenden Verfahrensvorschriften.
3. Auf eine unmittelbare Anwendung des § 324 Abs 3 ASVG kann die Beklagte ihren Einwand der mangelnden Aktivlegitimation, bezogen auf die im Revisionsverfahren allein strittigen 80 % des durch die unterlassene Pensionsantragstellung verursachten Pensionsentgangs, nicht gründen:
3.1 Das Verhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Sozialversicherungsträger ist aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht nach den jeweiligen Landessozialhilfegesetzen zu beurteilen. Vielmehr sind die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, inbesondere die §§ 323 ff ASVG, maßgebend (Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG, § 324 Anm 9a). So sieht auch das hier anzuwendende WSHG in seinem § 28 ausdrücklich vor, dass für die Ersatzansprüche gegen die Träger der Sozialversicherung die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die Beziehungen der Versicherungsträger zu den Sozialhilfeträgern einschließlich der darauf Bezug nehmenden Verfahrensvorschriften gelten.
3.2 Während § 324 Abs 1 ASVG dem Träger der Sozialhilfe, der einen Hilfsbedürftigen für eine Zeit unterstützt hat, für die dieser einen Anspruch auf eine Versicherungsleistung nach dem ASVG hat, einen selbständigen Ersatzanspruch gegen den Versicherungsträger einräumt (Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG, § 324 Anm 1; 3 Ob 248/05z SZ 2006/42), regelt § 324 Abs 3 ASVG den Fall einer Legalzession. Danach geht, wenn ein Renten-(Pensions-)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in bestimmten, näher bezeichneten Einrichtungen untergebracht ist, für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Rente bzw Pension einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge (also der jeweils zeitlich kongruente Anspruch - vgl 3 Ob 24/97v SZ 70/78 mwN) bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 % dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe über.
3.3 Unstrittig ist, dass die Klägerin jedenfalls seit 2. Februar 1995 auf Kosten des zuständigen Sozialhilfeträgers in einem Pflegeheim der in § 324 Abs 3 ASVG bezeichneten Art untergebracht ist, wobei die dafür aufgewendeten Kosten im klagegegenständlichen Zeitraum höher waren als 80 % der Pensionsleistungen (samt Ausgleichszulage), die der Klägerin ab 1. August 1998 gewährt worden wären, hätte die Beklagte einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt. Ebenso unstrittig ist, dass die Klägerin keine Unterhaltspflichten treffen und daher die in § 324 Abs 3 ASVG vorgesehenen Abschläge von dem von der Legalzession betroffenen Pensionsanspruch keine Anwendung finden.
3.4 Der Anspruchsübergang nach § 324 Abs 3 ASVG ist zwar an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft, bedarf also insbesondere keiner Anzeige. Allerdings setzt er voraus, dass der dem Pflegezeitraum zeitlich kongruente Pensionsanspruch auch angefallen ist, weil in der Pensionsversicherung - selbst wenn den Versicherten kein Verschulden an der unterlassenen Antragstellung trifft - das Antragsprinzip gilt (RIS-Justiz RS0112515; RS0085841). Die Entstehung des Anspruchs auf Invaliditätspension zum Stichtag gemäß § 85 ASVG - das Leistungsverhältnis - ist Grundlage für die Gewährung der Leistung. Soweit eine Leistung für einen bestimmten Zeitraum gebührt, wie etwa eine Pension, bedarf es noch der Festlegung, ab welchem Zeitpunkt die Leistung zusteht. Das Gesetz bezeichnet diesen Zeitpunkt als Anfall der Leistung (§ 86 ASVG). Eine Invaliditätspension fällt mit der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn dieser Zeitpunkt auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einen Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG). Wird der Antrag erst nach Ablauf eines Monats nach Erfüllung der Voraussetzungen gestellt, so fällt die Pension mit dem Stichtag, das heißt mit dem folgenden Monatsersten ab Antragstellung (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG iVm § 223 Abs 2 ASVG) an (10 ObS 30/02p SZ 2002/84; 10 ObS 12/09a).
3.5 Mangels Pensionsantragstellung bestand für die den geltend gemachten Schadenersatzansprüchen zeitlich kongruenten Perioden keine Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers. Ein Übergang von Pensionsansprüchen iSd § 324 Abs 3 ASVG erfolgte daher nicht.
4. Schaden der Klägerin
4.1 In der mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Entscheidung 4 Ob 26/10t (dort: Waisenpension) hat der Oberste Gerichtshof wie folgt argumentiert: Gemäß § 27 WSHG gingen, wenn der Empfänger der Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten habe, diese Ansprüche auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den zuständigen Sozialhilfeträger über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet habe. Eine Waisenpension falle ebenso wie ein Unterhaltsanspruch als Anspruch zur Deckung des Lebensbedarfs unter § 27 WSHG. Folge der Legalzession sei ein Wechsel der Rechtszuständigkeit: Die Forderung gehe mit der schriftlichen Anzeige in das Vermögen des zuständigen Sozialhilfeträgers über. Unter Berücksichtigung des hypothetischen Kausalverlaufs hätte die Beklagte gemäß § 32 WSHG den Sozialversicherungsträger unverzüglich vom Antrag auf Waisenpension und deren Bezug verständigen müssen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sei davon auszugehen, dass der Sozialhilfeträger nach Verständigung die zum gesetzlichen Forderungsübergang führende schriftliche Anzeige erstattet hätte. In diesem Fall wäre der Forderungsübergang (schon) mit tatsächlichem Bezug der Waisenpension eingetreten. Der Klägerin sei daher nur ein Schaden in Höhe des ihr nach Forderungsübergang verbleibenden Anteils von 20 % der Waisenpension entstanden.
4.2 Nun gilt allerdings § 27 WSHG wegen der ausdrücklichen Anordnung in § 28 WSHG iVm § 324 Abs 3 ASVG nicht für Pensionsansprüche des Hilfeempfängers (vgl 2.3 und 3.1). Überdies setzt § 27 WSHG, der bestimmt, dass Rechtsansprüche, die der Empfänger der Hilfe zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten hat, auf die Dauer der Hilfeleistung bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den zuständigen Sozialhilfeträger übergehen, eine schriftliche Anzeige des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Dritten voraus. Anders als im ASVG wird somit die Legalzesssion erst mit Einlangen der entsprechenden Anzeige beim Dritten bewirkt (vgl dazu Mayr, Verhältnis von Verjährungsbestimmungen im Landesrecht zu jenen im allgemeinen Zivilrecht des Bundes, ÖJZ 2011/80, 756 [759]; RIS-Justiz RS0072884).
4.3 Folgt man der Auffassung, dass der Klägerin im Umfang von 80 % der entgangenen Pension kein Schaden entstand, weil ihre Bedürfnisse vom Sozialhilfeträger gedeckt wurden, ergebe sich als Konsequenz, dass der Schädiger endgültig nur 20 % des Schadens zu ersetzen hätte. Der Sozialhilfeträger selbst könnte nämlich nach dieser Betrachtungsweise auch keinen Schadenersatzanspruch geltend machen, wenn dem Pensionsberechtigten selbst kein Schaden entstanden ist: Der Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gegen Dritte leitet sich direkt vom ursprünglichen Anspruch des Hilfeempfängers ab. An der rechtlichen Natur der übertragenen Forderung ändert sich nichts (Mayr, ÖJZ 2011, 759). Der Übergang eines Schadenersatzanspruchs setzt voraus, dass der aus der Unterlassung der Pensionsantragstellung resultierende Schadenersatzanspruch zunächst beim Pensionsberechtigten selbst entstanden ist (ein nicht entstandener Anspruch kann auch nicht im Weg einer Legalzession übergehen). Der Sozialhilfeträger selbst hätte nur einen - grundsätzlich nicht ersatzfähigen (RIS-Justiz RS0059107; 2 Ob 190/09v) - mittelbaren Schaden, der in der Weiterversorgung der Klägerin ausschließlich auf seine Kosten läge. Diese Konsequenz würde jedoch eine - unbillige - Entlastung der Schädigerin (Beklagten) auf Kosten des Sozialhilfeträgers bewirken.
4.4 Es liegt somit ein Fall bloßer Schadensverlagerung vor, der dann angenommen wird, wenn sich der Schaden des Geschädigten infolge eines (rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen) „Transfers“ deckungsgleich bei einem Dritten realisiert (Harrer in Schwimann³ VI Vor §§ 1293 ff ABGB Rz 33): Der Anspruch auf Invaliditätspension an sich wäre zwar (und steht nun) der Klägerin zugestanden. Insoweit ihr aber - wie im Anlassfall - für die zeitlich kongruenten Perioden Sozialhilfeleistungen in einem über die Pensionsansprüche hinausgehenden Ausmaß tatsächlich gewährt wurden, wären 80 % der konkreten Leistungsansprüche für kongruente Perioden gemäß § 324 Abs 3 ASVG ex lege und ohne Anzeige auf den Sozialhilfeträger als Legalzessionar übergegangen. Der durch die unterlassene Pensionsantragstellung verursachte Schaden stellt daher - wie die Entscheidung 4 Ob 26/10t unter Berufung auf den „hypothetischen Kausalverlauf“ im Ergebnis zutreffend ausführt - bei einer Differenzrechnung in diesem Umfang keinen subjektiven Schaden der Klägerin dar. Bei rechtmäßigem Alternativverhalten der beklagten Sachwalterin, also bei rechtzeitiger Antragstellung, wäre zwar der Klägerin die Pension zuerkannt worden, der Anspruch wäre aber im Wege der Legalzession zeitgleich zum Entstehungszeitpunkt auf den Sozialhilfeträger übergegangen. Tatsächlich geschädigt ist vielmehr nur der Sozialhilfeträger, weil durch die Unterlassung der Pensionsantragstellung die Legalzession gemäß § 324 Abs 3 ASVG vereitelt wurde.
4.5 Nach herrschender Auffassung in Lehre und Rechtsprechung wird der Dritte in Fällen bloßer Schadensverlagerung nicht von seiner Ersatzpflicht befreit. Von einer - nicht gewünschten - unübersehbaren Ausdehnung der Schadenersatzpflicht kann dann keine Rede sein, wenn kein Schaden in die Betrachtung einbezogen wird, der nicht ohnedies normalerweise beim unmittelbar Geschädigten eintritt und daher zu ersetzen wäre (8 Ob 118/04t SZ 2005/18; Koziol, Haftpflichtrecht I³ Rz 13/12 f; Reischauer in Rummel³ § 1295 ABGB Rz 27 ff je mwN).
4.6 Daraus folgt, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, dass sie wegen der dargestellten Schadensüberwälzung von ihrer Ersatzpflicht befreit sei. Damit stellt sich die Frage der Klagelegitimation.
5. Legitimation der Klägerin
5.1 Durchaus strittig ist in Lehre und Rechtsprechung, ob in den Fällen der Schadensüberwälzung dem Verletzten oder dem Dritten oder aber beiden der Anspruch gegen den Schädiger zusteht (s die Darstellung des Meinungsstands bei Apathy, Drittschadensliquidation, JBl 2009, 69 [76 ff]; s auch Lukas, Drittschäden, anzurechnende Vorteile und unechte Gesamtschulden, 1. Teil, JBl 1996, 481 [488 ff]). Die Frage stellt sich jedoch dann nicht, wenn der Anspruch im Wege einer rechtsgeschäftlichen Abtretung oder einer Legalzession auf den Dritten überging.
5.2 Zu erwägen ist zunächst, ob - wie in der Revision vertreten - § 27 WSHG anwendbar ist.
5.2.1 Grundsätzlich unterliegen zwar auch Schadenersatzansprüche nach der Rechtsprechung des OGH dem § 27 WSHG (RIS-Justiz RS0072876 zu den vergleichbaren Bestimmungen des SbgSHG und des KrntSHG). § 27 WSHG hat den im Subsidiaritätsprinzip der Sozialhilfe (Mayr, ÖJZ 2011, 758) begründeten Zweck, dass Ansprüche des Hilfeempfängers gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfs dienen, der die Leistung der Sozialhilfe erforderlich macht, übergehen. Besonders bedeutsam ist dieser Grundsatz bei Schadenersatzansprüchen des Hilfeempfängers gegen einen Dritten. Nur wenn das schädigende Ereignis zu einem Bedarf geführt hat, der durch Leistungen der Sozialhilfe abgedeckt wurde, hat der Sozialhilfeträger Ersatzforderungen gegen den Schädiger, etwa wegen eines durch einen Unfall verursachten Verdienstentgangs, soweit unter Berücksichtigung anderer Legalzessionsnormen, die ex lege und unabhängig von einer Anzeige übergehen, ein Schadenersatzanspruch verbleibt (2 Ob 69/06v SZ 2006/69 zum Verhältnis von § 332 ASVG zu landesgesetzlichen Sozialhilfevorschriften; Mayr, ÖJZ 2011, 759).
5.2.2 Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den bisher in der Rechtsprechung zu den Sozialhilfegesetzen der Länder behandelten Fällen dadurch, dass nicht das schädigende Ereignis (Unterlassung der Pensionsantragstellung) den Sozialhilfebedarf der Klägerin auslöste. Dieser bestand vielmehr bereits zum Schädigungszeitpunkt und wäre durch rechtzeitige Pensionsantragstellung nur gemindert worden.
5.2.3 Eine Anwendung des § 27 WSHG wäre jedenfalls nur bei teleologischer Reduktion der Bestimmung möglich, weil der dort vorgesehene gänzliche Übergang des Ersatzanspruchs gegen den Dritten (die Beklagte) dem Sozialhilfeträger mehr (100 % des Pensionsschadens) gewähren würde als die Legalzession nach § 324 Abs 3 ASVG, die durch die unterlassene Pensionsantragstellung vereitelt wurde.
5.2.4 Dass § 27 WSHG nicht zwangsläufig auf alle Ersatzansprüche des Empfängers gegen Dritte anzuwenden ist, ergibt sich im Übrigen auch aus dem letzten Satz dieser Bestimmung, wonach Ersatzansprüche nach den Bestimmungen des Zivilrechts unberührt bleiben.
5.3 In den sogenannten Lohnfortzahlungsfällen lässt die Rechtsprechung den Ersatzanspruch gegen den Schädiger in Analogie zu § 1358 ABGB, § 67 VersVG mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber übergehen (2 Ob 21/94 JBl 1996, 684; 2 Ob 323/97g; 8 Ob 118/04t mwN; ebenso in der Lehre Koziol, Haftpflichtrecht I³ 13/22; Reischauer in Rummel³ § 1295 ABGB Rz 29; Karner in KBB³ § 1295 Rz 17, weitere Nachweise bei Apathy, JBl 2009, 72 f). Eine Analogie zu § 1358 ABGB wurde ferner für den Übergang des Schadenersatzanspruchs eines bei der Geburt geschädigten Kindes auf seinen unterhaltspflichtigen Vater bejaht (1 Ob 2201/96z SZ 70/84; s auch RIS-Justiz RS0108085).
5.4 Zu prüfen ist, ob sich die zu 5.3 dargestellte Linie der Rechtsprechung auf den Anlassfall übertragen lässt. Erkennbar ist jedenfalls eine Tendenz, die Klagelegitimation dem tatsächlich geschädigten Dritten zu gewähren (ausführlich dazu Apathy, JBl 2009, 73 ff mH). Vergleichbar ist die in der Rechtsprechung bejahte Aktivlegitimation des nach dem Gesetz unterhaltspflichtigen Vaters. Auch der Sozialhilfeträger erfüllt gesetzlich Leistungspflichten zur Deckung der Lebensbedürfnisse.
5.5 Wesentlich ist hier, dass der Gesetzgeber in Ansehung der Pensionsansprüche des Empfängers der Sozialhilfe den Weg einer an keine weiteren Voraussetzungen (insbesondere Anzeige) geknüpften Legalzession gewählt hat. Das führt ua dazu, dass ein Gläubiger bei Pfändung des Pensionsanspruchs nach der Legalzession nur mehr auf den vom Forderungsübergang nicht erfassten Teil der Pension greifen kann (Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG § 324 Anm 11). Ferner wird der Sozialhilfeträger unmittelbar mit Entstehen des zeitlich kongruenten Leistungsanspruchs Legalzessionar und damit verfügungsberechtigt. Das Risiko, dass der Empfänger der Hilfe den von der Legalzession erfassten Pensionsteil vor Anzeige des Anspruchsübergangs verbraucht und das Risiko einer allfälligen Insolvenz des Empfängers treffen damit nicht den Sozialhilfeträger.
5.6 Ordnet aber der Gesetzgeber in Ansehung der Pensionsansprüche des Empfängers der Sozialhilfe eine an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte, ex lege eintretende Legalzession an, ist diese Anordnung wegen derselben Interessenlage analog auch für zeitlich kongruente Schadenersatzansprüche wegen Vereitlung eines sonst von § 324 Abs 3 ASVG erfassten Pensionsanspruchs heranzuziehen: Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schadenersatzanspruch mit jenem Anspruch, der ohne schädigendes Ereignis unmittelbar auf den Sozialhilfeträger übergegangen wäre, völlig deckungsgleich, also eine Art „stellvertretendes commodum“ ist. Beließe man in diesem Fall den Schadenersatzanspruch zunächst dem Empfänger und ließe ihn nur mit Anzeige des Sozialhilfeträgers gemäß § 27 WSHG übergehen, wäre der Sozialhilfeträger jenen Gefahren (vgl 5.5) ausgesetzt, die den Gesetzgeber erkennbar bewogen haben, die an keine weitere Voraussetzungen geknüpfte Legalzession des § 324 ASVG anzuordnen.
6. Wenn der Schädiger nach Schadenersatzrecht den Geschädigten so zu stellen hat, wie dieser bei pflichtgemäßem Handeln stünde und der Geschädigte wegen der Besonderheit des sofortigen Übergangs von 80 % des Pensionsanspruchs auf den Sozialhilfeträger selbst keinen Schaden erleidet und sich dieser im angeführten Ausmaß nur bei letzterem verwirklicht, ist die Frage der Klagelegitimation in Fortführung der Judikatur zu den Fällen der Lohnfortzahlung, insbesondere aber des unterhaltspflichtigen Vaters in Ansehung der Heilungskosten des geschädigten Kindes (SZ 70/84), dahin zu beantworten, dass nur der Sozialhilfeträger zur Klage legitimiert ist. Der Schadenersatz ist Surrogat für die entgangene Pension, über die die Klägerin im Ausmaß von 80 % nie hätte verfügen können. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist die Aktivlegitimation der Klägerin in analoger Anwendung der Zessionsbestimmung des § 324 Abs 3 ASVG zu verneinen.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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