OGH 2Ob21/94

OGH2Ob21/9424.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz S*****,***** vertreten durch Dr.Wolfgang Berger ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ferdinand W*****, *****2.) R***** AG,*****beide vertreten durch Dr.Johannes Schriefl, Dr.Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 121.340,83 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 17.Mai 1993, GZ 14 R 31/93-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26.November 1992, GZ 22 Cg 712/92-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte von den Beklagten Zahlung von S 121.340,83 und brachte vor, seit 1.1.1988 sei Josef Z***** bei ihm als Angestellter mit einem monatlichen Bruttogehalt von S 28.000 (vierzehnmal jährlich) beschäftigt. Am 23.5.1989 habe der Erstbeklagte mit seinem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten LKW Josef Z***** als Fußgänger verletzt. Der Erstbeklagte sei alkoholisiert und nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen. Er sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Gemäß § 8 AngG sei der Kläger verpflichtet gewesen, Josef Z***** während seiner durch den Unfall verursachten Dienstunfähigkeit einschließlich der Dienstgeberbeiträge (Lohnnebenkosten) bis August 1989 insgesamt S 121.340,83 zu bezahlen (davon ua Bruttogehalt S 61.994,12, aliquote Sonderzahlungen S 10.178, Urlaubsentschädigung S 28.128,20). Gemäß § 1325 ABGB habe der Schädiger im Falle der Körperverletzung dem Verletzten den entgangenen Verdienst zu ersetzen. Infolge der Vorschrift des § 8 AngG habe Josef Z***** selbst keinen Verdienstentgang erlitten. Dadurch sei wirtschaftlich jener Schaden, der ohne diese Vorschrift bei Josef Z***** eingetreten wäre, auf den Kläger verlagert worden. Bei einem solchen Fall der Schadensüberwälzung habe der Schädiger dem Kläger die durch die Entgeltfortzahlung entstandenen Schäden zu ersetzen, was auch von der herrschenden Lehre verlangt werde. Die überwiegende Rechtsprechung lehne zwar den Anspruch unter dem Gesichtspunkt des mittelbaren Schadens ab, doch habe der Oberste Gerichtshof anerkannt, daß der geschädigte Dienstnehmer seinen Ersatzanspruch dem Dienstgeber zedieren könne, sodaß der durch die Lohnfortzahlung wirtschaftlich beim Dienstgeber eingetretene Schaden auf diese Weise ersetzt werden könne. Der Oberste Gerichtshof anerkenne auch, daß mittelbare Schäden bei bloßer Schadensverlagerung zu ersetzen seien, weil der verantwortliche Schädiger durch die Schadensverlagerung nicht entlastet werden solle, soferne er dem Schaden "näher steht" als der am Schadenseintritt unbeteiligte Dritte. Dieser Grundsatz treffe auch im vorliegenden Fall zu. Der Kläger sei zwar zur Geltendmachung dieses auf ihn verlagerten Schadens aktiv legitimiert, doch habe ihm überdies Josef Z***** alle Forderungen aus dem Verdienstentgang abgetreten.

Die Beklagten wendeten ein, Josef Z***** treffe am Unfall ein mindestens 50 %iges Mitverschulden, weil er durch bloßes Innehalten im Zuge der Überquerung der Fahrbahn den Unfall hätte vermeiden können. Bei dem vom Kläger geltend gemachten Schaden handle es sich um einen Drittschaden, der nicht ersatzfähig sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme ab und erwog in rechtlicher Hinsicht, nur der unmittelbar Geschädigte habe gegen den Schädiger Schadenersatzansprüche. Der Kläger als Dienstgeber des Verletzten sei vom Schutzzweck der verletzten Norm nicht erfaßt, er sei daher mittelbar Geschädigter und als solcher nicht schadenersatzberechtigt. Da der Verletzte gemäß § 8 AngG Anspruch auf Weiterzahlung seines Entgeltes gehabt habe, sei ihm aus dem Titel des Verdienstentganges kein Schaden entstanden. Er habe daher keine Schadenersatzansprüche abtreten können. Ein Verdienstentgangsanspruch hätte nur dann abgetreten werden können, wenn der Dienstgeber nicht zur Weiterzahlung der Bezüge verpflichtet gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Nach einhelliger Judikatur und Lehre seien diejenigen Schäden, die nicht den durch die verletzte Rechtsnorm unmittelbar Geschützten träfen, vom Schädiger nicht zu ersetzen, sofern das Gesetz dies nicht besonders anordne. Lediglich bei einer Schadensverlagerung solle das Institut der Schadensliquidierung einen Ausgleich in jenen Fällen ermöglichen, in denen die Rechtsposition und das geschützte Interesse auseinanderfallen, weil eine Schadens- oder Gefahrenverlagerung vorliege. Der Schaden trete dann nicht beim Verletzten, sondern auf Grund besonderer Rechtsverhältnisse zwischen diesem und einem Dritten beim Dritten ein. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung habe jedoch im Falle einer gesetzlich angeordneten Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit eines Dienstnehmers infolge einer von einem Dritten schuldhaft herbeigeführten Verletzung einhellig ausgesprochen, daß kein solcher Fall der Schadensverlagerung vorliege. Der Dienstgeber sei durch die gesetzliche Anordnung des § 8 AngG bei einer Dienstunfähigkeit seines Dienstnehmers nach einem Verkehrsunfall nicht durch die Fortzahlung des Entgeltes geschädigt - dieses müßte er auch ohne Unfall weiterbezahlen - sondern durch den Entfall der Arbeitskraft bzw der Arbeitsergebnisse des Dienstnehmers, was somit einen - mittelbaren - Schaden des Dienstgebers herbeiführen könne. Dieser Schaden müsse aber nicht eintreten, zB wenn andere Mitarbeiter die Leistungen des Dienstunfähigen erbrächten oder seine Arbeitskraft insgesamt zum Betriebsergebnis des Dienstgebers nichts beitrage. Es werde daher nicht der Verdienstentgang des verletzten Dienstnehmers in gleicher Weise auf den Dienstgeber verlagert, sondern es entstehe diesem mittelbar allenfalls ein eigener Schaden. Damit unterscheide sich ein derartiger Fall von den Fällen der Entscheidungen JBl 1992, 325 und ZVR 1992/154. Ein solcher mittelbarer Schaden bzw Drittschaden sei aber nicht zu ersetzen.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil zu der hier relevanten Frage eine einheitliche höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Unterinstanzen zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs. 1 ZPO); sie ist auch berechtigt.

Der Kläger macht geltend, es liege ein Fall der Schadensüberwälzung vor. Die Lohnfortzahlung, die der Dienstgeber auf Grund des § 8 AngG dem im Krankenstand befindlichen Dienstnehmer zu leisten habe, sei eine typische Folge der Beschädigung des Dienstnehmers. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes führe aber dazu, daß es für den Umfang des vom Schädiger zu leistenden Ersatzes darauf ankomme, ob der sich rechtswidrig verhaltende Lenker einen Angestellten oder etwa einen selbständig Erwerbstätigen am Körper beschädige. Im zweiten Fall habe er sehr wohl den Verdienstentgang zu ersetzen; im ersten Fall hingegen hätte der Dienstgeber das Entgelt weiterhin zu bezahlen. In Wahrheit werde jedoch durch die gesetzlich vorgesehene Lohnfortzahlung der Schaden bloß zu Lasten des Arbeitgebers verlagert, weil er keine Gegenleistung des im Krankenstand befindlichen Dienstnehmers erhalte. Die zuletzt zur Drittschadensliquidation veröffentlichten Entscheidungen JBl 1992, 325 und ZVR 1992/154 seien der einhelligen Lehre gefolgt. Daß § 8 AngG nicht die Entlastung des schuldhaft handelnden Schädigers bezwecke, ergebe sich aus anderen Vorschriften, die den gleichen Sachverhalt regelten, jedoch eine Zession (Legalzession) der Ansprüche des geschädigten Dienstnehmers an den Dritten, der den Nachteil tatsächlich zu tragen habe, vorsähen. Hier sei unter anderem auch auf § 10 Abs. 1 EFZG sowie die in EvBl 1976/19 zitierte Bestimmung des § 51 Abs. 1 nöDP hinzuweisen. Ein sachlich gerechtfertigter Unterschied zwischen diesen Vorschriften und der Entgeltfortzahlung durch den Dienstgeber nach § 8 AngG sei nicht zu erblicken. Da § 8 AngG keinesfalls einen Ausschluß der Drittschadensliquidation normiere, würden sowohl die Grundsätze des Rechtsinstituts der Drittschadensliquidation als auch die Rechtsähnlichkeit mit den in den angeführten Vorschriften geregelten Sachverhalten gebieten, die Möglichkeit der Geltendmachung des "Drittschadens" auch im vorliegenden Fall anzuerkennen. Ob man dem Dienstgeber nun einen eigenen Anspruch zugestehe oder ob man dem geschädigten Dienstnehmer (auf Grund abstrakter Schadensberechnung) den Schadenersatzanspruch belasse, könne im hier zu entscheidenden Fall keinen Unterschied machen. Der Verletzte habe nämlich alle Ansprüche aus Verdienstentgang an den Kläger abgetreten, soweit dieser den Verdienstentgang in Entsprechung des AngG abgegolten habe. Der Schadenersatzanspruch umfasse den dem Geschädigten entgangenen Verdienst einschließlich Lohnnebenkosten.

Hiezu wurde erwogen:

Mit der Frage des Schadenersatzes in den sogenannten Lohnfortzahlungsfällen - der Dienstnehmer wird vom Schädiger verletzt und dadurch arbeitsunfähig; der Dienstgeber muß kraft gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen (hier gemäß § 8 AngG) den Lohn weiterzahlen - haben sich Lehre und Rechtsprechung vielfach auseinandergesetzt.

Steininger, JBl 1959, 469 (mit Hinweisen auf die ältere Lehre), der an Wilburg, JherJB 82, 80 f anknüpft, Koziol, Haftpflichtrecht I2 278 ff, Huber, JBl 1987, 625, Apathy, EKHG, § 13 Rz 27 und Reischauer in Rummel II2, § 1295 ABGB Rz 29, nehmen bloße Schadensverlagerung an und verweisen auf den Zweck der Lohnfortzahlungspflicht, die nicht den Schädiger, sondern den Dienstnehmer begünstigen soll (vgl auch Mayrhofer, Schuldrecht I 329; Eckmann, ÖJZ 1986, 613). Nach der von Koziol (280) vorgenommenen Wertung stehe der verantwortliche Schädiger dem Schaden näher als der Dritte, den kein Vorwurf bezüglich des Schadenseintrittes treffe. Der Schadenersatzanspruch sei dem Verletzten zu belassen, die Zuwendung des Dritten sei nicht auf den Schaden anzurechnen (285). Zu ersetzen sei der dem Dienstnehmer gebührende Lohn, nicht der Schaden, der dem Dienstgeber durch die Betriebsstörung infolge der Verletzung des Dienstnehmers entstanden sei (287). Für den Forderungsübergang wollen Steininger, Koziol (289) und Huber § 1358 ABGB unmittelbar anwenden, weil der den Lohn weiterzahlende Dienstgeber formell eine eigene, materiell aber eine fremde Schuld bezahle. Reischauer will (unter anderem) § 1358 ABGB analog anwenden (so hilfsweise auch Koziol 290). Zumindest soll nach Koziol (290) und Reischauer eine rechtsgeschäftliche Zession möglich sein.

Selb, ZfRV 1964, 205, Welser ÖJZ 1975, 37, FN 54 und 58, und Schuhmacher, ÖJZ 1976, 487, verlangen für die Überleitung des Ersatzanspruches vom Dienstnehmer auf den Dienstgeber die Vornahme einer Zession.

Kramer, ZAS 1970, 208, gibt dem Dienstgeber gegen den Verletzer einen unmittelbaren Schadenersatzanspruch. Der Schutzbereich der Norm habe sich auf den Vermögensschaden des lohnfortzahlenden Dienstgebers verlagert. Die Höhe des Anspruchs bemesse sich, sofern der Berechnung gemäß § 1332 ABGB ein objektiver Maßstab zugrunde gelegt werde, nach der jeweiligen Lohnhöhe, sofern der Dienstgeber aber nach § 1331 ABGB bei grobem Verschulden des Verletzers eine konkrete Schadensberechnung anstellen wolle, nach der aus dem Ausfall des verletzten Dienstnehmers resultierenden Verminderung des Unternehmergewinns bzw nach den Kosten für die zwecks Vermeidung des Gewinnentgangs vorgenommene Einstellung einer Ersatzkraft.

Harrer, GesRZ 1985, 135, ist der Ansicht, daß bei den Lohnfortzahlungsfällen in Wahrheit keine bloße Schadensverlagerung vorliegt. Der Schaden des Arbeitgebers decke sich nicht mit dem weitergezahlten Gehalt. Er könne (viel) größer, aber auch kleiner sein, etwa dann, wenn Mitarbeiter Aufgaben des verletzten Kollegen übernommen hätten. In Schwimann, Vorbemerkungen zu den §§ 1293 ff ABGB Rz 24, enthält sich Harrer einer eigenen Stellungnahme.

Koziol-Welser I9 463 referieren zu den Lohnfortzahlungsfällen bloß die Rechtsprechung.

Die Judikatur hat folgende Entwicklung genommen:

In ArbSlg 6168 hat der Oberste Gerichtshof einen Schadenersatzanspruch des Dienstgebers anerkannt. Es handle sich beim gegenständlichen Schaden um keine Seitenwirkung des Schadens des Dienstnehmers, vielmehr trete der Schaden erst beim Dienstgeber ein. Die Sache sei nicht anders als dann, wenn der Geschädigte deshalb keinen Schaden erleide, weil der Schaden durch eine Versicherung gedeckt sei, die gemäß § 67 VersVG Regreßansprüche habe. Der Dienstgeber könne den Anspruch gegen den Schädiger entsprechend dem Grundgedanken der §§ 1042, 1358 und 896 ABGB erheben (vgl auch ZBl 1937/213, worin dem Dienstgeber eines verletzten Dienstnehmers gemäß § 1042 ABGB Ersatz von auf Grund vertraglicher Verpflichtung bezahlter Heilungskosten zugesprochen wurde).

In JBl 1956, 124 wurde hingegen ein Schadenersatzanspruch des Dienstgebers unter Hinweis auf den Schutzzweck der Norm verneint. Wollte man jeden Schädiger auch zum Ersatz des mittelbaren Schadens verhalten, käme man zu einer uferlosen, wirtschaftlich unerträglichen Schadenshaftung. Eine solche könne auch nicht auf dem Umwege des § 1042 ABGB herbeigeführt werden.

In RZ 1958, 169, JBl 1959, 319 I und II, und ZVR 1960/126 wurde an dieser Argumentation festgehalten. Die Entscheidung ArbSlg 6168 wurde ausdrücklich abgelehnt. In den beiden letztgenannten Entscheidungen dieser Linie wurde auch eine Legalzession nicht in Betracht gezogen, weil Sondernormen nicht ausdehnend auszulegen seien.

Nach EvBl 1961/381 hat sich der Dienstnehmer die Lohnfortzahlung nach § 8 AngG als Vorteil anrechnen zu lassen. Soweit er einen solchen Anspruch habe, habe er keinen Verdienstentgang und liege kein Schaden vor.

In JBl 1978, 209 wurde ausgesprochen, daß bei Lohnfortzahlung der unmittelbar geschädigte Dienstnehmer keinen Schaden habe, weil er den Lohn erhalte, während der Dienstgeber, der den Schaden tatsächlich trage, nur mittelbar geschädigt sei. Nicht anders verhalte es sich bei dem durch den Ausfall des unmittelbar geschädigten Dienstnehmers bewirkten Verdienstentgang des Dienstgebers; auch hier sei der Dienstgeber nur mittelbar Geschädigter. Der mittelbar Geschädigte könne aber, sofern nicht das Gesetz selbst Ausnahmen enthalte, nicht Schadenersatz verlangen.

Zu Lohnfortzahlungen nach deutschem Recht hat der Oberste Gerichtshof mehrfach dargelegt, daß eine Abtretung der Ansprüche des an der Arbeit verhinderten Dienstnehmers an den Dienstgeber zu erfolgen habe. Der Dienstgeber erwerbe dabei keinen Anspruch aus eigenem Recht, sondern nur vom Dienstnehmer abgeleitete Rechte (SZ 43/70;

VersR 1986, 1032; JBl 1988, 40; vgl auch EvBl 1976/19; ZVR 1982/73;

IPRE 104). Die Annahme, damit werde vom Obersten Gerichtshof eine Zessionsmöglichkeit allgemein bejaht (Koziol aaO 283; Koziol-Welser I9 463; vgl Huber JBl 1987, 615), vernachlässigt den von den Beklagten in der Revisionsbeantwortung und von Reischauer aaO § 1295 Rz 29, § 1312 Rz 12, erkannten rechtlichen Auslandsbezug.

Schließlich wurde in SZ 61/178 ausgeführt, daß der Oberste Gerichtshof bisher einen Ersatzanspruch des Dienstgebers gegenüber dem Schädiger für den an den Dienstnehmer weitergezahlten Lohn abgelehnt habe. Auf die Frage einer Schadensverlagerung bei Lohnfortzahlung müsse aber nicht eingegangen werden, weil hier nicht der Ersatz eines fortgezahlten Gehaltes begehrt werde; diesbezüglich wäre eine vertragliche Abtretung des Schadenersatzanspruches möglich gewesen.

Was das Drittschadensproblem im allgemeinen anlangt, so steht grundsätzlich nach ständiger Rechtsprechung nur dem unmittelbar Geschädigten ein Schadenersatzanspruch zu, für einen Drittschaden haftet der Schädiger nicht. In Fällen bloßer Schadensverlagerung ist der Schädiger allerdings auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Ersatz verpflichtet. Ist der Schaden also eine typische Folge, die die übertretene Norm verhindern wollte, hat ihn aber auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder rechtsgeschäftlicher Regelung ausnahmsweise wirtschaftlich ein Dritter zu tragen, dann ist der Schädiger verpflichtet, diesem Ersatz zu leisten (ZVR 1992/154 mwN).

In einer Reihe von Fallgruppen wurde eine solche Schadensverlagerung anerkannt, so im Zusammenhang mit mittelbarer Stellvertretung, Obhutspflichten, Übergang der Preisgefahr und vertraglichen Schadenstragungsregelungen (vgl die Nachweise bei Koziol-Welser I9 463; Reischauer aaO § 1295 Rz 27).

In jüngerer Zeit hat der erkennende Senat in SZ 64/87 = JBl 1992, 325 bloße Schadensverlagerung im Fall von Personalaufwand des Bundes angenommen, der durch die notwendige Verkehrsregelung mit Handzeichen nach unfallsbedingtem Ausfall einer Verkehrssignalanlage entstanden ist. Es handle sich um einen typischen Folgeschaden, der vom Schutzzweck der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung umfaßt sei. Diesen in der Regel beim Eigentümer der Anlage eintretenden Schaden habe kraft besonderer öffentlich-rechtlicher Regelung nicht das Land, sondern der Bund tragen müssen. Durch die infolge eines besonderen Rechtsverhältnisses ausgelöste Schadensverlagerung allein solle der verantwortliche Schädiger dann nicht entlastet werden, wenn er dem Schaden "näher stehe" als der am Schadenseintritt unbeteiligte Dritte. In ZVR 1992/154 = JBl 1993, 43 hat der erkennende Senat den Anspruch des Leasingnehmers auf Ersatz von Mietwagenkosten bejaht. Bei solchen Kosten handle es sich um eine typische Folge der Beschädigung eines Kraftfahrzeuges, die im allgemeinen dessen Eigentümer treffe. Auf Grund des Leasingvertrages habe sie der Leasingnehmer zu tragen, sodaß ein Fall der Schadensüberwälzung vorliege.

Anknüpfend an diese seine jüngere, schon vom Rechtsmittelwerber zitierte Rechtsprechung ist der erkennende Senat der Auffassung, daß es auch im vorliegenden Lohnfortzahlungsfall zu einer bloßen Schadensverlagerung gekommen ist. Wird ein Verkehrsteilnehmer bei einem Verkehrsunfall verletzt, so ist es eine typische, vom Schutzzweck der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung umfaßte Folge seiner hiedurch verursachten Arbeitsunfähigkeit, daß er einen Verdienstentgang erleidet. Ist der Verletzte Dienstnehmer und ist sein Dienstgeber gesetzlich (§ 8 AngG) zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wird der Schaden auf den Dienstgeber überwälzt. Wie in der Lehre immer wieder betont wurde, haben die Lohnfortzahlungsvorschriften nicht den Zweck, den Schädiger zu entlasten, sie sollen vielmehr den Dienstnehmer vor sozialen Härten schützen. Die Ersatzpflicht des Schädigers wird durch die Lohnfortzahlung daher nicht ausgeschlossen. Da der Schädiger den auf den Dienstgeber überwälzten Schaden des Dienstnehmers zu ersetzen hat und nicht etwa den - bei konkreter Berechnung unter Umständen weit höheren - eigenen Schaden des Dienstgebers aus dem Ausfall der Arbeitskraft, besteht die Gefahr einer von der älteren Rechtsprechung befürchteten unübersehbaren Ausweitung der Ersatzpflicht nicht.

Was die Überleitung des Anspruches des Dienstnehmers auf den Dienstgeber betrifft, so pflichtet der erkennende Senat jenem Teil der Lehre bei, der eine Legalzession annimmt. § 10 EFZG (Übergang von Schadenersatzansprüchen auf die Krankenversicherungsträger) ist im vorliegenden Fall freilich nicht heranzuziehen (§ 1 Abs. 2 Z 1 EFZG). Das Angestelltengesetz sieht eine Legalzession bei Lohnfortzahlung nicht vor. § 1358 ABGB ist zwar nicht unmittelbar anzuwenden, weil der Dienstgeber jedenfalls formell eine eigene Schuld bezahlt; ausgehend von der oben vorgenommenen Wertung ist aber eine Regelungslücke anzunehmen, die in Analogie zu § 1358 ABGB, § 67 VersVG geschlossen werden kann. Dies bedeutet, daß der Ersatzanspruch gegen den Schädiger mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber übergeht. Einer rechtsgeschäftlichen Zession, wie sie ein anderer Teil der Lehre für notwendig hält und wie sie der Rechtsmittelwerber vorsichtsweise zusätzlich geltend macht, bedarf es nicht.

Der Höhe nach hat der Dienstgeber Anspruch auf Ersatz nicht nur des Bruttolohns, sondern auch der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Der Dienstgeber zahlt diese Beiträge zwar kraft eigener Verpflichtung. Sie werden aber im Interesse des Arbeitnehmers erbracht, damit er in den Genuß der entsprechenden Leistungen kommen kann. Damit gehören sie in weiterem Sinne zu seinem Erwerb (vgl SZ 43/70; BGHZ 43, 378; Reischauer aaO § 1295 Rz 29; aM Steininger JBl 1959, 475).

Da die Vorinstanzen auf Grund einer anderen Rechtsmeinung die erforderlichen Feststellungen über Grund und Höhe des Anspruches nicht getroffen haben, waren ihre Entscheidungen aufzuheben und war die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte