OGH 2Ob210/13s

OGH2Ob210/13s2.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. E. Solé als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** Z*****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei J***** F*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufhebung eines Kaufvertrags (Streitinteresse: 500.000 EUR) und Löschung (Streitinteresse: 5.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. August 2013, GZ 6 R 98/13v‑22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 4. März 2013, GZ 7 Cg 74/10h‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

1. Das angefochtene Urteil wird im nachstehenden Umfang als Teilurteil bestätigt:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, in die Löschung der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, einzuwilligen, wird abgewiesen.“

Die Entscheidung über die auf dieses Teilbegehren entfallenden Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

2. Im Übrigen, soweit die klagende Partei die Aufhebung des zwischen ihr und der beklagten Partei abgeschlossenen „Kaufvertrags“ vom 22. 8./12. 9. 2007 über die genannte Liegenschaft zum Kaufpreis von 500.000 EUR begehrt, wird das angefochtene Urteil aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die hierauf entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer der aus dem Grundstück Nr 568/1 bestehenden Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs ***** samt dem darauf errichteten Gebäude, in dem sich fünf Wohnungen und ein Geschäftslokal befinden. Eine dieser Wohnungen wird vom Kläger, eine weitere von dessen Sohn bewohnt. In dem Geschäftslokal wurde eine Gaststätte betrieben.

In den Jahren 1999/2000 drohte die gerichtliche Zwangsversteigerung der Liegenschaft. In diesem Exekutionsverfahren wurde der Schätzwert ohne Zubehör mit 18,1 Mio S (1.315.378 EUR) ermittelt. Die Versteigerung war für den 18. 9. 2000 anberaumt. Der Beklagte, der von dem Versteigerungstermin erfahren hatte, suchte wenige Tage vor diesem Termin den Kläger auf und bot ihm an, die Liegenschaft zu kaufen. Nachdem er zunächst abgelehnt hatte, erschien der Kläger gemeinsam mit seinem Sohn bereits ein oder zwei Tage später, am 13. 9. 2000, beim Beklagten, wo die Situation besprochen wurde. Dabei schilderte der Kläger, dass er bei der S***** Sparkasse etwa 12 Mio S (872.074 EUR) Schulden habe. 2,5 Mio S (181.682 EUR) müssten sofort gezahlt werden, um die drohende Versteigerung abzuwenden. Der Beklagte bot an, diesen Betrag sofort zu zahlen, die Liegenschaft gegen Übernahme der Schulden von maximal 12 Mio S (872.074 EUR) zu erwerben und dem Kläger und seiner Familie ein lebenslängliches Wohn- und Nutzungsrecht an der Liegenschaft einzuräumen. Im Sinne dieses Angebots kamen die Streitteile überein, dass der Beklagte die Liegenschaft durch Übernahme der Verbindlichkeiten bei der S***** Sparkasse in der Gesamthöhe von 12 Mio S (872.074 EUR) vom Kläger kauft. Diesem wurde die Nutzung des Objekts auf Lebenszeit eingeräumt.

Der Beklagte verfasste noch am selben Tag ein als „Vorverkaufsvertrag ‑ 13. 9. 2000“ bezeichnetes Schriftstück mit folgendem Inhalt:

Kaufobjekt:

Grundstück Nr. 568/1 mit der gesamten Baufläche von 2535 qm mitsamt bestehenden Gebäuden inklusive Inventar

Hiermit tritt Hr. J***** Z***** das beschriebene Kaufobjekt an Hrn. F***** ab. Hr. F***** übernimmt die Schulden von Hrn. Z***** bei der S***** Sparkasse ***** in der Gesamthöhe von ATS 12 Millionen. Hr. F***** verpflichtet sich am 14. 9. 00 den Betrag von ATS 2,5 Millionen an die S***** Sparkasse zu überweisen, um die Zwangsversteigerung des Objekts einzustellen. Dieser Betrag von ATS 2,5 Millionen wird von den o.g. ATS 12 Millionen abgezogen.

Hr. J***** Z***** erklärt sich mit diesem Vertrag einverstanden:

1. Abtretung des gesamten Grundstücks und Gebäuden samt Inventar an Hrn. J***** F*****.

2. Hr. F***** übernimmt die Schulden von Hrn. Z***** in der Gesamthöhe von maximal ATS 12 Millionen.

Hr. Z***** erklärt sich weiters damit einverstanden, den folgenden notarischen Kaufvertrag über das Objekt unter gleichen Bedingungen zu unterzeichnen. Weiters bestätigt Hr. J***** Z*****, dass keine weiteren Schulden das Objekt belasten bzw dass keine sonstigen Forderungen an Hrn. J***** F***** gestellt werden können.

Ein Verkauf des Objekts an andere Personen oder Firmen außer an Hrn. J***** F***** ist hiermit nicht mehr möglich. Hr. Z***** bestätigt, dass die S***** Sparkasse allein mit der Belastung im Grundbuch eingetragen ist.

Hiermit verpflichtet sich Hr. J***** F*****, dem Hrn. J***** Z***** ein Wohnrecht [an] der bisher benützten Wohnung von Hrn. J***** Z***** auf Lebzeiten unentgeltlich einzuräumen. Die Betriebs- und Erhaltungskosten der benützten Räume gehen jedoch zu Lasten Hrn. J***** Z*****.

Der Kläger unterfertigte am 14. 9. 2000 diesen „Vorvertrag“ und übersandte ihn per Telefax an die Volksbank S*****, die über Anweisung des Beklagten noch am selben Tag 2,5 Mio S (181.682 EUR) an die S***** Sparkasse überwies. Dadurch konnte die Versteigerung verhindert werden.

In der Folge sagte der Beklagte über Ersuchen des Klägers und seines Sohnes weitere finanzielle Unterstützungen zu. Im Zeitraum zwischen Dezember 2000 und August 2001 zahlte er dem Kläger in mehreren Teilbeträgen 1 Mio S (72.673 EUR).

Im Jahr 2001 veranlasste der Kläger eine Umschuldung von der S***** Sparkasse auf die B*****. Zum Stichtag im August 2001 beliefen sich die Kreditverbindlichkeiten des Klägers bei der S***** Sparkasse auf 8,7 Mio S (632.254 EUR). Er nahm bei der B***** einen Fremdwährungskredit über 9,5 Mio S (690.392 EUR) auf, für den sein Sohn die solidarische Mithaftung übernahm. Dieser Kredit wurde durch zwei Pfandrechte in den Höchstbeträgen von 690.000 EUR und 210.000 EUR besichert, die unter C-LNR 16 und 17 im Grundbuch einverleibt sind. Außerdem wurden verschiedene „Ansparformen“ verpfändet. Der Beklagte war von dieser Umschuldung zwar informiert aber „nicht näher“ daran beteiligt.

Im September 2006 wandte sich der Beklagte an einen Rechtsanwalt, dem er erklärte, dass er die Liegenschaft des Klägers kaufen wolle. Er habe dafür bereits erhebliche Beträge bezahlt. Die Liegenschaft sei mit Hypotheken belastet, die der Kläger nicht abdecken könne. Dieser solle aber berechtigt sein, das Gebäude bis zu seinem Ableben zu benützen. Der Kläger solle auch als grundbücherlicher Eigentümer aufscheinen, jedoch solle die rechtliche Position des Beklagten sichergestellt sein. Der Kläger solle die Liegenschaft nicht mehr weiter belasten können. Konkrete Zahlen (Beträge) wurden dem Rechtsanwalt nicht genannt.

Im Zuge der weiteren Verhandlungen verweigerte der Kläger die Übermittlung seiner Bankunterlagen, sodass der Rechtsanwalt die Höhe der Kreditverbindlichkeiten nicht kannte. Um dennoch den Vorstellungen des Beklagten zu entsprechen, sah er nur die Möglichkeit, die längerfristige Sicherstellung des Beklagten mittels einer Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG zu erreichen. Der Rechtsanwalt schlug daher vor, einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag zu errichten und dafür die Liegenschaft parifizieren zu lassen. Er beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Nutzwertgutachtens, auf dessen Grundlage der Rechtsanwalt den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag errichtete. Der Vertrag wurde vom Kläger am 22. 8. 2007 und vom Beklagten am 12. 9. 2007 bei einem Notar unterschrieben. Der Vertragstext lautete in seinen wesentlichen Bestimmungen wie folgt:

I.

J***** Z***** ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB *****, bestehend aus dem Grundstück 568/1 samt der darauf errichteten Baulichkeit *****.

Dieser Vertrag basiert auf einem Nutzwertgutachten des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen L***** E***** vom 22. 8. 2007.

Die Vertragsteile sind übereingekommen, an der Liegenschaft Wohnungseigentum zu begründen, sodass dem Miteigentümer J***** Z***** letztlich 8/1888-stel Anteile zukommen. Zur Herstellung dieses Grundbuchsstandes verkauft und übergibt J***** Z***** an J***** F***** 1880/1888-stel Anteile und kauft und übernimmt J***** F***** die genannten Anteile, sodass er nunmehr über 1880/1888-stel Anteile verfügt. J***** F***** verpflichtet sich, bei Rechtskraft dieses Vertrages den Kaufpreis von EUR 500.000 an J***** Z***** wie folgt zu bezahlen:

a) durch Übernahme der den Pfandrechten C-LNr 16 und C-LNR 17 für B***** AG zugrunde liegenden Darlehen zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft dieses Vertrages, wobei der Verkäufer sich verpflichtet, die eingeräumten Kredite im vertraglichen Umfang zurückzubezahlen und nicht, auch nicht teilweise wieder auszunutzen;

b) Zahlung des Restbetrages durch Verrechnung von Forderungen des Käufers gegen den Verkäufer aus einem bestehenden Verrechnungsverhältnis.

J***** Z***** fällt der Stellplatz im Freien Nr 32 zu, während J***** F***** die Wohnungseigentumseinheiten Top 33 (Wohnung und Geschäftslokal), Pkw-Garage Top 34 sowie die Stellplätze im Freien Top 1 bis 31 zufallen.

Die Übergabe bzw Übernahme der kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteile erfolgt binnen Wochenfrist nach Eintritt der Rechtskraft dieses Vertrages.

Mit dem Tag der tatsächlich erfolgten Übergabe bzw Übernahme der Anteile gehen einerseits die mit dem Besitz der kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteile verbundenen Nutzen und Vorteile wie andererseits Last, Gefahr und Zufall vom Verkäufer auf den Käufer über.

Dieser Tag gilt auch als Verrechnungsstichtag für alle mit dem Besitz und Eigentum dieser Liegenschaftsanteile verbundenen öffentlichen Abgaben und Steuern.

[…]

III.

Im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 räumen sich die Vertragsparteien Wohnungseigentumsrecht, das ist das Recht, eine selbständige Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen, ausdrücklich ein.

IV.

J***** Z***** […] erteilt hiermit seine ausdrückliche Einwilligung, dass aufgrund dieses Vertrages ob seines Alleineigentums an der Liegenschaft […] hinsichtlich von 1880/1888-stel Anteilen das Eigentumsrecht für J***** F***** […] einverleibt werde.

V.

Die Vertragsparteien sind sohin Eigentümer nachstehender Anteile:

a) J***** Z***** […] 8/1888-stel Anteile

b) J***** F***** […] 1880/1888-stel Anteile

VI.

Die Vertragsparteien geben hiermit ihre ausdrückliche Einwilligung, dass ob der Liegenschaft […] bei den nachstehenden Anteilen das Wohnungseigentum an den Wohnungen wie folgt einverleibt werde:

[…]

VII.

Der Verkäufer verpflichtet sich, die kaufgegenständliche Liegenschaft frei von allen bücherlichen und außerbücherlichen Lasten und frei von Bestandrechten zu übergeben und den Käufer diesbezüglich schad- und klaglos zu halten, […]

XI.

Die Vertragsteile vereinbaren und räumen einander Wohnungseigentum […] dergestalt ein, dass [...]

Die Vertragspartner als Miteigentümer der Liegenschaft erklären, die Bestellung des Wohnungseigentumsrechtes hiermit ausdrücklich und wechselseitig bindend anzunehmen.

[…]

XIII.

Sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen beiderseits auf Erben und Rechtsnachfolger über. Für den Fall der Weiterveräußerung bzw Weitergabe verpflichten sich die Vertragsteile, alle in diesem Vertrag übernommenen Verpflichtungen an ihre Rechtsnachfolger zu überbinden.

[…]

XIX.

Der Vertrag ist aufschiebend bedingt durch das Ableben des Verkäufers.

Das in Punkt Ib des Vertrags erwähnte „bestehende Verrechnungsverhältnis“ bezog sich auf jene Beträge, die der Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit bereits hatte zukommen lassen, ohne dass allerdings dem Vertragsverfasser diese Beträge zur Kenntnis gebracht wurden. Aufgewertet auf den Zeitpunkt des nunmehrigen Vertragsabschlusses hätten die an den Kläger gezahlten 3,5 Mio S (254.355 EUR) 289.106 EUR betragen.

Der Kläger unterfertigte auch eine schriftliche „Einräumungserklärung“, womit er die ausdrückliche Zustimmung zur Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 erteilte. Mit gerichtlichem Beschluss vom 18. 9. 2007 wurde die Eintragung der Anmerkung im Grundbuch zugunsten des Beklagten bewilligt.

Im Jänner 2009 beauftragte der Kläger den schon mit dem Nutzwertgutachten befassten Sachverständigen mit der Ermittlung des Verkehrswerts der Liegenschaft. Der Sachverständige errechnete in seinem Gutachten vom 20. 1. 2009 den Verkehrswert einschließlich Inventar mit 1.519.000 EUR.

Mit der am 8. 4. 2010 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, 1. den zwischen ihm und dem Beklagten über die EZ ***** des Grundbuchs ***** zum Kaufpreis von 500.000 EUR abgeschlossenen Kaufvertrag vom 22. 8./12. 9. 2007 aufzuheben und 2. den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an der besagten Liegenschaft zu verpflichten.

Er brachte vor, der im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vereinbarte Kaufpreis von 500.000 EUR liege ca bei einem Drittel des mit rund 1.519.000 EUR ermittelten Verkehrswerts der Liegenschaft, jedenfalls aber weit unter der Hälfte des wahren Werts. Nach der getroffenen Vereinbarung müsse der Kläger die Kredite bis zu seinem Lebensende selbst zurückzahlen, wobei die Zahlungen auf den dann fiktiven Kaufpreis von 500.000 EUR angerechnet werden würden. Welcher Restbetrag vom Beklagten dann noch bezahlt werden müsse, sei völlig unbestimmt. Mittlerweile habe der Kläger die seinerzeitige Kreditschuld von 12 Mio S (872.074 EUR) auf 7,8 Mio S (566.848 EUR) reduziert. Davon seien noch die Werte der Tilgungsträger abzuziehen. Der Kläger hätte, wären ihm die vom Beklagten durchdachten Folgen bewusst gewesen, das Geschäft nicht abgeschlossen. Der Kläger stütze sein Begehren auf laesio enormis und Irrtum, hilfsweise auch auf Wucher und Sittenwidrigkeit. Sollte eine Auslegung der Kaufpreisklausel keine Willensübereinstimmung ergeben, werde auch Dissens geltend gemacht.

Der Beklagte bestritt und wandte ein, mit dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag sei lediglich die schon im Jahr 2000 getroffene Vereinbarung umgesetzt worden, deren Grundlage das im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholte Schätzgutachten gewesen sei. Der Beklagte habe nach der Möglichkeit einer Sicherstellung seiner Rechtsposition gesucht. Der vereinbarte Kaufpreis unterschreite keineswegs den Wert der Liegenschaft, ob dieser nun auf das Jahr 2000 oder das Jahr 2007 zu beziehen sei. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag aufschiebend bedingt sei und der Kläger die Liegenschaft weiterhin nutze. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, dass der Kläger mit den Einnahmen aus der Vermietung der restlichen Wohnungen die bestehenden Kreditverbindlichkeiten abtrage. Zum Zeitpunkt des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags hätten nach den Angaben des Klägers noch 500.000 EUR unberichtigt ausgehaftet. Aus diesem Grund sei dieser Betrag in den Vertrag aufgenommen worden. Eine Anfechtung wegen laesio enormis sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Vertrag Elemente des Glücksvertrags und des Hoffnungskaufs in sich berge. Zur Irrtumsanfechtung liege kein substantiiertes Vorbringen des Klägers vor, die Anspruchsgrundlage Dissens sei verjährt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen, von denen die in Kursivschrift hervorgehobenen in der Berufung des Klägers bekämpft worden sind:

Im Zusammenhang mit der Vereinbarung des Jahres 2000:

Nach der ersten Vereinbarung zwischen den Streitteilen war vorgesehen, dass der Kläger nur seine Wohnung in diesem Gebäude samt einem Abstellplatz auf Lebenszeit benützen dürfe, der Rest des Gebäudes sollte dem Beklagten zustehen. Nachdem der „Vorvertrag“ vom 13. 9. 2000 abgeschlossen worden war, äußerte der Sohn des Klägers den Wunsch, das Gasthaus in diesem Gebäude weiterzuführen. Ursprünglicher Gedanke des Beklagten war es, das Geschäftslokal selbst zu vermieten. Der Beklagte war nun damit einverstanden, dass die Familie des Klägers das gesamte Gebäude mietet. Der Mietzins sollte direkt auf das Bankkonto des Klägers bei der S***** Sparkasse gehen zur Verringerung der Verbindlichkeiten. Mit dieser Vorgangsweise waren sowohl der Kläger als auch sein Sohn einverstanden. Aufgrund dieser Vereinbarung ging der Beklagte davon aus, dass der Kläger den vereinbarten Mietzins statt an ihn als Vermieter direkt an seine Bank bezahle, um die Gesamtverbindlichkeit zu verringern, was schlussendlich dem Beklagten zugute gekommen wäre, weil sich beim Ableben des Klägers die Schulden bei der Bank entsprechend verringert hätten.

Im Zusammenhang mit der Vereinbarung des Jahres 2007:

Unabhängig vom Wortlaut des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags war es übereinstimmender Wille der vertragsschließenden Parteien, dass der Kaufpreis für die Liegenschaft, die erst nach dem Ableben des Klägers auf den Beklagten übergehen sollte, sich zusammensetzen sollte aus den bereits geleisteten Zahlungen und dem weiteren Betrag von 500.000 EUR, den der Beklagte nach dem Ableben des Klägers bezahlen sollte und mit dem die dann noch offenen Verbindlichkeiten bei der B***** abgedeckt werden sollten. Ein zu verwertender Überschuss sollte an die Erben des Klägers gehen.

Der Sohn des Klägers, der den elterlichen Gastbetrieb bereits übernommen hatte, erlitt am 12. 7. 2008 einen schweren Verkehrsunfall. Ab September 2009 wurde das Geschäftslokal deshalb verpachtet. So lange der Sohn das Lokal geführt hatte, bezahlte er den mit dem Beklagten vereinbarten Mietzins auf ein Verrechnungskonto der B*****, wovon mit einem Teil die Kreditzinsen abgedeckt wurden, während ein Teil „auf Tilgungsträger ging“. Genaue Zahlen können nicht festgestellt werden. Darüber hinaus vermieteten der Kläger bzw sein Sohn auch einige Wohnungen in dem Haus. Durch die Bezahlung der Zinsen änderte sich am Kredit bei der B***** im Wesentlichen nichts, angespart wurde auf Tilgungsträger. Am 22. 11. 2010 betrug die Verbindlichkeit des Klägers bei der B***** 646.613 EUR.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, dass zwischen den Streitteilen bereits im September 2000 durch Einigung über Kaufpreis und Kaufgegenstand ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Im Hinblick auf das Schätzgutachten (Verkehrswert 18,1 Mio S) und den vereinbarten Kaufpreis (12 Mio S) sowie ein nicht näher bewertetes Wohnrecht des Klägers könne für diesen Vertrag von einer laesio enormis keine Rede sein. Der streitgegenständliche Vertrag aus dem Jahr 2007 könne nicht gänzlich losgelöst von dem Vertrag aus dem Jahr 2000 beurteilt werden, da die vom Beklagten bis zum Jahr 2007 erbrachten Leistungen bewertet werden müssten. Diese beliefen sich im September 2007 ‑ aufgewertet nach dem geltenden Index ‑ auf 289.106,26 EUR. Dazu sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte dem Kläger seit dem Jahr 2000 über sieben Jahre lang die Nutzung der Gesamtliegenschaft überlassen habe. Ohne dass eine konkrete Bewertung des Wohn- und Nutzungsrechts erforderlich sei, könne gesagt werden, dass dieser Geldwert gemeinsam mit den aufgewerteten Zahlungen und dem bei Ableben des Klägers noch zu zahlenden Betrag deutlich die Hälfte des vom Kläger nunmehr behaupteten Verkehrswerts von 1.519.000 EUR übersteige. Der angefochtene Vertrag weise überdies, vergleichbar einem Leibrentenvertrag, Elemente eines Glücksvertrags auf, weshalb die Anfechtung wegen laesio enormis gemäß § 1268 ABGB ausgeschlossen sei.

Die Rückzahlung des Kredits sei zwar über den Kläger erfolgt, wirtschaftlich gesehen aber mit Mitteln des Beklagten. Nach der ursprünglichen Vereinbarung habe der Beklagte ja Anspruch auf Zahlung eines Mietzinses für das überlassene Objekt gehabt, wobei dieser Mietzins zur Abdeckung des Kredits verwendet worden sei. Unabhängig vom Wortlaut des Kauf- und Wohnungseigentums-vertrags 2007 habe sich der vereinbarte Kaufpreis einerseits aus den bereits erbrachten Leistungen des Klägers, andererseits aus dem bei Ableben des Klägers zu zahlenden Betrag von 500.000 EUR zusammengesetzt. Sollte der Kredit bis dahin abbezahlt sein, wäre der Beklagte unabhängig davon zur Zahlung der 500.000 EUR verpflichtet. Unter den gegebenen Umständen könne auch von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Klägers keine Rede sein.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht ließ die Beweisrüge des Klägers unerledigt und erörterte rechtlich, zur Qualifizierung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags als Glücksvertrag müsse nicht abschließend Stellung genommen werden, weil die Geltendmachung der laesio enormis aus anderen Gründen unzulässig sei:

Grundsätzlich seien die Werte der Leistungen für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festzustellen. Davon abweichend habe der Oberste Gerichtshof in den Fällen einer Option aber nicht auf den Optionsvertrag, sondern auf den Zeitpunkt der Ausübung der Option abgestellt (4 Ob 159/01p; 1 Ob 67/03i). Dieser Rechtsprechung liege die Erwägung zugrunde, dass zwischen Optionsvertrag und Optionsausübung ein langer Zeitraum liegen könne. Der Gesetzeszweck, die objektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung in einem gewissen Rahmen zu gewährleisten, verlange, dass man für die Bewertung nicht auf den Abschluss des Optionsvertrags abstelle, in welchem noch völlig ungewiss sei, ob und wann ein Leistungsaustausch erfolgen werde, sondern auf den Zeitpunkt der Optionsausübung, mit welcher Erklärung die in ihrem Wert zu beurteilenden wechselseitigen Vertragspflichten des angestrebten Hauptvertrags ja überhaupt erst entstünden. Erst dann sei eine sichere Beurteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Geschäfts möglich, also die Prüfung, ob die Parteien für ihre eigene Leistung eine annähernd gleichwertige Gegenleistung erhalten hätten.

Das Berufungsgericht halte es für sachgerecht, auch im gegenständlichen Fall die objektiven Werte der gegenseitigen Leistungen erst für den Zeitpunkt festzustellen, in dem das Recht des Beklagten beginne. Der Vertrag enthalte entgegen dem Wortlaut seines Punkts XIX zwar keine aufschiebende Bedingung sondern eine Befristung. Wie in den Optionsfällen sei aber auch hier völlig ungewiss, wann das Vertragsverhältnis beginnen werde. Aufgrund des Lebensalters des 1935 geborenen Klägers sei es durchaus möglich, dass zwischen Vertragsabschluss und Leistungsaustausch ein langer Zeitraum liegen könne. Die Vertragsparteien hätten zudem (abweichend von den zitierten Entscheidungen) keine Werterhaltung vereinbart; weder habe sich der Beklagte zur Wertsicherung des Kaufpreises, noch der Kläger zur Erhaltung der Liegenschaft in einem bestimmten Zustand verpflichtet. Da erst mit dem Ableben des Klägers die Werte der gegenseitigen Leistungen sicher feststellbar sein werden, erachte das Berufungsgericht für die Beurteilung des Vorliegens einer Verkürzung über die Hälfte das Verhältnis zwischen Sachwert und Entgelt im Zeitpunkt des Ablebens des Klägers für maßgeblich. Die Anfechtung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags wegen laesio enormis sei daher verfrüht erfolgt.

Zur Irrtumsanfechtung habe der Kläger trotz des Einwands des Beklagten kein Tatsachenvorbringen erstattet.

Dissens liege nicht vor. Die Streitteile hätten äußerlich übereinstimmende, ausreichend bestimmte und verständliche Vertragserklärungen abgegeben, sodass die Annahme dem Antrag entspreche. Soweit keine die Vertragsanfechtung rechtfertigenden Umstände vorlägen, sei dem Kläger die Berufung darauf, dass sein Wille in Wahrheit anders gewesen sei, nicht gestattet.

Schließlich verneinte das Berufungsgericht auch die hilfsweise geltend gemachten Anspruchsgrundlagen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers:

Die Streitteile hätten im September 2000 Einigung über Kaufobjekt und Kaufpreis erzielt. Dass sie sich vor Einigung über Nebenpunkte nicht binden hätten wollen, sei nicht hervorgekommen. Vielmehr habe der Beklagte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vertrag einen Teil des Kaufpreises geleistet, um die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu erreichen. Diese Teilzahlung indiziere, dass sich die Streitteile vor der Einigung über alle Einzelheiten aus dem Vertrag binden hätten wollen. Die Bezeichnung als „Vorverkaufsvertrag“ entspreche nicht dem von den Streitteilen gewollten Vertragsinhalt. Der Kläger wäre daher nur verpflichtet gewesen, einen dem Inhalt des Vereinbarten entsprechenden schriftlichen Vertrag in verbücherungsfähiger Form zu unterfertigen, habe er sich doch bereit erklärt, den „folgenden notarischen Kaufvertrag“ über das Objekt unter den gleichen Bedingungen zu unterzeichnen. Im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags 2007 sei das Zwangsversteigerungsverfahren bereits lange eingestellt gewesen. Welche Zwangslage den Kläger dazu veranlasst haben sollte, diesen den Vertrag vom 13. 9. 2000 abändernden Vertrag zu unterzeichnen, sei nicht zu erkennen. Unerfahrenheit iSd § 879 Abs 2 Z 4 ABGB habe der Kläger nicht behauptet und sei auch nicht hervorgekommen.

Schließlich lägen auch keine sonstigen, eine Sittenwidrigkeit des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags begründenden Umstände vor. Der Kaufvertrag vom 13. 9. 2000 sei dahin abgeändert worden, dass der Kläger nunmehr bis an sein Lebensende Eigentümer der Liegenschaft bleibe. Der Kläger sei dadurch in der Lage, die Liegenschaft samt Wohnungen und Geschäftslokal als Eigentümer zu nutzen. Überlasse aber der Beklagte dem Kläger das Eigentum an der Liegenschaft auf Lebenszeit und verzichte er damit auch auf die Erträgnisse, so lasse sich der Umstand, dass sich der Kläger gegenüber dem Beklagten zur Kreditrückzahlung verpflichtet habe, nicht als die Nichtigkeit des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags begründendes sittenwidriges Element qualifizieren. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass auch bei Aufrechterhaltung des Kaufvertrags vom 13. 9. 2000 der gesamte Kaufpreis von 12 Mio S zur Tilgung der damals aushaftenden Schulden des Klägers hätte verwendet werden müssen. Dass die Kreditrückzahlungsraten aus den Liegenschaftserträgnissen nicht finanzierbar wären, habe der Kläger nicht behauptet. Selbst wenn auch auf die Situation der Erben des Klägers Bedacht genommen werden müsste, wäre der Vertrag nicht sittenwidrig. Den Erben stehe es frei, sich der Erbschaft zu entschlagen oder ihre Haftung durch Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung bis zum Wert der Verlassenschaft einzuschränken. Sollten nach dem Ableben des Klägers noch pfandrechtlich sichergestellte Verbindlichkeiten aushaften, hafte der Beklagte den Pfandgläubigern gegenüber als Liegenschaftseigentümer.

Seinen Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass es einer Verbreiterung der höchstgerichtlichen Judikatur zu der Frage bedürfe, ob die in den Entscheidungen 4 Ob 159/01p und 1 Ob 67/03i für die Optionsausübung dargestellten Erwägungen auch auf andere Fälle übertragbar seien, in denen erst in Zukunft eine sichere Beurteilung der Werte von Leistung und Gegenleistung möglich sei.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur laesio enormis abgewichen ist. Sie ist auch teilweise im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Der Kläger macht geltend, dass die Rechtsprechung zur laesio enormis bei Optionsverträgen auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei. Während dem zur Option Berechtigten ein Gestaltungsrecht zustehe, dessen Ausübung die vertraglichen Rechte und Pflichten erst begründe, liege hier bereits eine abschließende Willenseinigung der Parteien vor. Das Berufungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung abgewichen, wonach auf den Zeitpunkt der Erfüllung nicht abzustellen sei. Maßgeblich sei vielmehr das Verhältnis der beiderseitigen Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Um dieses beurteilen zu können, hätte es der Erledigung der Beweisrüge bedurft. Davor sei auch eine abschließende Beurteilung der Irrtumsanfechtung und des geltend gemachten Dissenses nicht möglich.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

I. Zur Vertragslage:

1. Auch beim Liegenschaftskauf ist der Kaufvertrag grundsätzlich schon dann perfekt, also für beide Vertragsteile voll verbindlich, wenn über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis Einigung besteht (2 Ob 131/13y mwN; RIS‑Justiz RS0019951). Von den Parteien wird zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen, dass mit der Vereinbarung vom 13. 9. 2000 bereits ein gültiger Kaufvertrag über den Erwerb der Liegenschaft durch den Beklagten zustande gekommen ist. Ist doch nach ständiger Rechtsprechung bei Konsensualverträgen, so auch beim Liegenschaftskauf, im Zweifel nicht anzunehmen, die Parteien hätten lediglich einen Vorvertrag iSd § 936 ABGB geschlossen und damit den umständlicheren Weg des neuerlichen Vertragsabschlusses gewählt (2 Ob 33/05z; 3 Ob 58/10s; RIS-Justiz RS0017974). Dem steht die Bezeichnung der schriftlichen Zusammenfassung des mündlich Vereinbarten als „Vorverkaufsvertrag“ ebenso wenig entgegen, wie der Umstand, dass ein ‑ für die Verbücherung notwendiger ‑ „notarischer Kaufvertrag“ in Aussicht genommen wurde (vgl 3 Ob 58/10s mwN). Wurde nämlich die endgültige Errichtung einer Vertragsurkunde in einverleibungsfähiger Form einem späteren Zeitpunkt vorbehalten, tritt die Wirksamkeit des Vertrags nicht erst mit der Einhaltung dieser Form ein. Der Vertrag gilt vielmehr als Punktation (§ 885 ABGB), die bereits einen unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung gewährt (2 Ob 131/13y mwN; RIS-Justiz RS0017166, RS0108821). Dass die Streitteile den Vertragsschluss von der Einigung über weitere Vertragspunkte abhängig machen wollten (vgl RIS-Justiz RS0013973), geht aus den Feststellungen nicht hervor.

Demnach hat der Beklagte am 13. 9. 2000 vom Kläger dessen Liegenschaft gekauft. Als Gegenleistung wurde vereinbart, dass der Beklagte die Kreditschulden des Klägers in Höhe von 12 Mio S (872.074 EUR) übernimmt (Erfüllungsübernahme iSd § 1404 ABGB; vgl 1 Ob 2342/96k; auch 5 Ob 178/08z; Neumayr in KBB4 § 1404 Rz 2). In der Folge wurde dieser Liegenschaftskaufvertrag allerdings nicht verbüchert, vom Beklagten durch Erbringung von Vorleistungen aber dennoch teilweise erfüllt. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

2. Zum Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 22. 8./12. 9. 2007 ist vorweg festzuhalten, dass der Vertragstext als zwischen den Parteien unstrittig anzusehen ist. Es ist prozessual unbedenklich, unstrittiges Parteivorbringen ‑ und dazu gehört auch der Inhalt einer in ihrer Richtigkeit nicht bestrittenen Urkunde ‑ ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO). Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht, weshalb zum besseren Verständnis dieser Entscheidung der wesentliche Inhalt der erwähnten Vertragsurkunde ausführlicher wiedergegeben werden konnte, als dies im Urteil des Erstgerichts geschehen ist (vgl 2 Ob 173/12y mwN).

Mit diesem Vertrag vereinbarten die Streitteile die Begründung von Wohnungseigentum, wobei dem Kläger 8/1888 Miteigentumsanteile verbleiben und dem Beklagten 1880/1888 Miteigentumsanteile übertragen werden sollen. Die Wirksamkeit („Rechtskraft“) des Vertrags ist mit dem Tod des Klägers terminisiert. Dem Beklagten, der die Rechtsstellung eines Wohnungseigentumsbewerbers erlangte (§ 2 Abs 6 WEG 2002), wurde somit vertraglich ein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb der Miteigentumsanteile und die Begründung von Wohnungseigentum eingeräumt, das mit dem Tod des Klägers zum Vollrecht werden soll (vgl 1 Ob 2342/96k [Übergabsvertrag auf den Todesfall]). Im Grundbuch wurde die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums angemerkt (§ 40 Abs 2 WEG). Als Gegenleistung des Beklagten wurde laut Vertragsurkunde ein Kaufpreis von 500.000 EUR vereinbart. Es liegt ein entgeltliches Geschäft auf den Todesfall vor, gegen dessen Zulässigkeit aufgrund der herrschenden Vertragsfreiheit keine Bedenken bestehen (vgl SZ 22/2; 7 Ob 514/94; RIS-Justiz RS0019095; Bollenberger in KBB4 § 956 Rz 7).

Die Gegenleistung soll nach dem Inhalt der Vertragsurkunde abermals im Wege der Erfüllungsübernahme erbracht werden, wobei ein verbleibender „Restbetrag“ durch Verrechnung von Forderungen des Käufers gegen den Verkäufer aus einem „bestehenden Verrechnungsverhältnis“ gezahlt werden soll. Nach einer weiteren ‑ unbekämpft gebliebenen ‑ Feststellung soll sich das erwähnte Verrechnungsverhältnis auf die vom Beklagten an den Kläger bereits in der Vergangenheit erbrachten Leistungen beziehen. Die „Forderungen des Käufers“ sind demnach offenbar als bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche aus dem ersten Vertragsverhältnis zu verstehen. Das würde bedeuten, dass diese Ansprüche mit einem allfälligen „Restbetrag“ zu verrechnen wären, der offene „Restbetrag“ sich also entsprechend vermindern soll.

Dieses Verständnis von der in die Vertragsurkunde aufgenommenen Zahlungsvereinbarung ist jedoch mit der ‑ bekämpften ‑ Feststellung über einen abweichenden gemeinsamen Parteiwillen nicht zu vereinbaren, wonach der Kaufpreis sich aus den bereits geleisteten Zahlungen und dem weiteren Betrag von 500.000 EUR „zusammensetzen“, sich also um die früher geleisteten Beträge erhöhen soll. Wie noch zu zeigen ist, wird die Erledigung der gegen diese Feststellung gerichteten, bisher nicht behandelten Beweisrüge des Klägers durch das Berufungsgericht unerlässlich sein.

3. Die Vorinstanzen haben zwar einen gewissen Zusammenhang der beiden Verträge gesehen, sich aber mit deren Verhältnis zueinander nicht näher befasst. Insbesondere blieb ungeprüft, ob der Fall einer Novation (§ 1376 ABGB) oder einer bloßen Schuldänderung (§ 1379 ABGB) gegeben ist.

3.1 Novation ist die Umänderung des Schuldverhältnisses, die in der Änderung des Rechtsgrunds oder des Hauptgegenstands einer Forderung besteht (RIS‑Justiz RS0032502). Eine Änderung des Rechtsgrundes liegt vor, wenn der Entstehungsgrund des Anspruchs geändert wird (7 Ob 19/89; 1 Ob 2342/96k mwN; RIS-Justiz RS0032440). Hauptgegenstand ist der primäre Leistungsinhalt. Eine Änderung des Hauptgegenstandes tritt ein, wenn ein wesentlich anderer an seine Stelle tritt. Es muss eine „artliche“ Verschiedenheit sein, eine bloß „maßliche“ genügt nicht. Eine bloße Vermehrung oder Verminderung ist nicht „Verwechslung“ iSd § 1376 ABGB (7 Ob 19/89 mwN).

Zur Novation gehört die Absicht der Parteien, durch die Konstituierung einer neuen Verbindlichkeit die alte zu tilgen (der animus novandi). Sonst bestehen beide Verträge nebeneinander. Diese Absicht muss zwar nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch aus den Umständen hervorleuchten. Doch wird sie im Zweifel nicht vermutet, sondern die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, solange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann (1 Ob 2342/96k; RIS‑Justiz RS0032303, RS0032417). Der Wille der Parteien muss erweislich dahin gehen, dass auf das alte Vertragsverhältnis nicht mehr zurückgegriffen werden soll (1 Ob 2342/96k; 6 Ob 31/06m; RIS-Justiz RS0032330).

Obwohl durch die Novation eine neue Verbindlichkeit entsteht, sind das alte und das neue Schuldverhältnis voneinander nicht völlig unabhängig. Die Novation setzt voraus, dass das ursprüngliche Schuldverhältnis wirksam war. Andererseits erlischt die alte Schuld nur, wenn die neue Verbindlichkeit gültig zustande gekommen ist. Fällt diese etwa durch Anfechtung weg, lebt das alte Rechtsverhältnis wieder auf und ist so zu behandeln, als ob es niemals untergegangen wäre (1 Ob 2342/96k mwN; RIS‑Justiz RS0032325, RS0032445; Neumayr aaO §§ 1376‑1377 Rz 2).

3.2 Schuldänderung liegt hingegen vor, wenn die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllt werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch mit Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder den Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, geändert werden (6 Ob 31/06m mwN; vgl RIS‑Justiz RS0032332). Schuldänderungen lassen also das ursprüngliche Schuldverhältnis fortbestehen, auch wenn es, eben weil es geändert ist, in manchen Beziehungen als neues zu behandeln ist. Es gilt die gesetzliche Fiktion der Nichtveränderung der Schuld mit den gleichen Folgen, als wäre die alte Verbindlichkeit nicht untergegangen (7 Ob 19/89 mwN). Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist, ob das ursprüngliche Rechtsverhältnis trotz der Änderungen noch als das alte angesehen werden kann (Neumayr aaO §§ 1378-1379 Rz 3).

3.3 Im vorliegenden Fall liegt Novation und nicht bloß Schuldänderung vor. Zwar könnten weder die Änderung des Kaufpreises (RIS‑Justiz RS0032385), noch die Verminderung des Kaufgegenstands oder die Beifügung einer Befristung (RIS‑Justiz RS0032332; zur zeitlichen Verlegung der Übergabe vgl 5 Ob 235/13i; ggt 1 Ob 2342/96k) für sich allein eine Novation bewirken. Durch die ‑ wenngleich mit dem Tod des Klägers terminisierte ‑ Veräußerung von Miteigentumsanteilen und die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum wurde aber der Hauptgegenstand des Kaufvertrags entscheidend verändert. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das mit Miteigentumsanteilen untrennbar verbundene Wohnungseigentum im Verhältnis zum schlichten Miteigentum ein rechtliches Aliud darstellt (6 Ob 162/98m; 5 Ob 15/10g mwN; RIS-Justiz RS0041056, auch RS0110336). Im Sinne der zur Novation ergangenen Rechtsprechung liegt im Vergleich zum ursprünglichen Kaufgegenstand daher nicht bloß eine „maßliche“, sondern eine „artliche“ Änderung vor.

Die Änderung des Hauptgegenstands wurde bereits mit dem Abschluss des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags ‑ und nicht erst mit dessen Wirksamkeit ‑ vorgenommen; an sie wurden neue, mit dem ersten Vertrag unvereinbare Rechtsfolgen geknüpft. Das bedeutet, dass die wechselseitigen Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 13. 9. 2000 mit Abschluss des Neuerungsvertrags erloschen sind. Nur wenn der Kläger mit seinem auf die Aufhebung des (gemeint wohl:) Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags vom 22. 8./12. 9. 2007 gerichteten Klagebegehren durchdringen sollte, würde der ursprüngliche Vertrag wieder aufleben.

II. Zur Anfechtung wegen laesio enormis:

1. Der Beklagte steht in seiner Revisionsbeantwortung weiterhin auf dem Standpunkt, es liege ein ‑ die Anfechtung wegen laesio enormis ausschließender ‑ Vertrag mit Elementen eines Glücksvertrags vor. Trage er doch als Käufer das Risiko minderer oder gar nicht vorhandener Quantität oder Qualität. Das aleatorische Element sieht der Beklagte darin, dass der Vertrag unter der „Bedingung“ des Ablebens des Klägers stehe und ihm ein bestimmter Zustand der Liegenschaft nicht zugesagt oder zugesichert worden sei.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern:

1.1 Glücksgeschäfte können gemäß § 1268 ABGB nicht wegen laesio enormis angefochten werden, weil Risiken für den Glücksvertrag charakteristisch sind und von den Parteien bewusst übernommen werden. Die Geltendmachung einer laesio enormis unterliegt jedoch dann nicht der im § 1268 ABGB normierten Beschränkung, wenn das aleatorische Element beim betreffenden Vertrag eine untergeordnete Rolle spielt oder sogar gänzlich in den Hintergrund tritt (4 Ob 135/07t mwN; vgl RIS-Justiz RS0018925). Ob dies zutrifft, ist nach der Gesamtleistung zu beurteilen (1 Ob 2342/96k mwN; 9 Ob 134/00x). Gemeinsames Tatbestandsmerkmal aller Glücksverträge ist die Hoffnung auf einen noch ungewissen Vorteil, wobei nicht die Höhe und das Ausmaß des Vorteils, sondern sein Eintritt ungewiss sein muss (4 Ob 135/07t mwN). Das Wesen eines aleatorischen synallagmatischen Vertrags besteht darin, dass von vornherein nicht gesagt werden kann, ob sich der Vertrag im Endergebnis ‑ betrachtet man ihn für sich alleine ‑ für den einen oder für den anderen Teil vorteilhaft auswirken wird (4 Ob 135/07t mwN).

1.2 In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werden etwa Leibrenten-, Ausgedinge- und auf die Lebenszeit des Bezugsberechtigten abstellende Unterhaltsverträge, aber auch sonstige Übergabsverträge mit der Verpflichtung des Übernehmers zur Erbringung von Geld- oder Naturalleistungen auf Lebenszeit des Übergebers oder eines Dritten als Glücksverträge qualifiziert (vgl 9 Ob 134/00x; RIS-Justiz RS0018825).

Mit diesen vorwiegend Versorgungszwecken dienenden Vertragstypen ist entgegen der Meinung des Erstgerichts, das eine Parallele zur Leibrente sah, der hier zu beurteilende Vertrag nicht vergleichbar, der von beiden Seiten erst nach dem Tod des Klägers erfüllt werden soll. Bis dahin bleibt der Kläger Eigentümer der Liegenschaft, Vorleistungen des Beklagten zur Versorgung des Klägers sind nicht vorgesehen. Weder der Kaufgegenstand noch der in der Vertragsurkunde genannte Kaufpreis von 500.000 EUR sind davon abhängig, ob der Kläger früher oder später stirbt. Aus der mit dem Tod des Klägers terminisierten Wirksamkeit des Vertrags allein kann aber das Vorliegen eines Glücksgeschäfts (iwS) nicht abgeleitet werden. Auch der vom Beklagten hervorgehobene Umstand eines dann ungewissen Zustands der Liegenschaft birgt kein aleatorisches Element in sich, das die Qualifikation als Glücksgeschäft rechtfertigen könnte. Es geht dabei vielmehr nur um die nach Gewährleistungsrecht zu lösende Frage, ob der Zustand im Zeitpunkt der Erfüllung dem vertraglich geschuldeten Zustand entsprícht. Fehlt es an einer besonderen Abrede, sind die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften Vertragsinhalt (vgl P. Bydlinski in KBB4 § 922 Rz 8 f). Die Voraussetzungen eines Hoffnungskaufs (§ 1276 ABGB), auf den der Beklagte mit dem Hinweis auf das von ihm zu tragende Quantitäts- und Qualitätsrisiko offenbar abzielt, liegen nicht vor (vgl Karner in KBB4 §§ 1275‑1276 Rz3; eingehend Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ §§ 1275, 1276 Rz 10 ff).

1.3 Sonstige Gesichtspunkte zum Vorliegen eines Glücksgeschäfts werden vom Beklagten nicht mehr ins Treffen geführt. Der für Glücksverträge normierte Anfechtungsausschluss (§ 1268 ABGB) kommt daher hier nicht zum Tragen.

2. Bei der Anfechtung eines zweiseitig verbindlichen Vertrags wegen laesio enormis ist nach der ausdrücklichen Anordnung des § 934 dritter Satz ABGB das Missverhältnis des Werts nach dem Zeitpunkt des geschlossenen Geschäfts zu bestimmen (8 Ob 148/09m; 4 Ob 44/11s; 7 Ob 59/14y; RIS-Justiz RS0018871; P. Bydlinski aaO § 934 Rz 1). Das Missverhältnis muss sich allein aus dem Vertragsinhalt, genauer aus dem Vergleich der vertraglich vereinbarten Leistungen ergeben (vgl 4 Ob 147/01y; P. Bydlinski, Die Stellung der laesio enormis im Vertragsrecht, JBl 1983, 410 [416 f]). Die Anfechtung kann auch dann schon vorgenommen werden, wenn noch keine Leistungen erbracht worden sind (P. Bydlinski in KBB4 § 934 Rz 3, ders in JBl 1983, 417). Auf künftige Wertentwicklungen ist hingegen nicht Bedacht zu nehmen. Es geht vielmehr um die Möglichkeit, eine vorweg vereinbarte Inäquivalenz der Leistungswerte zu bekämpfen und nicht darum, dass sich angesichts eines späteren Leistungsaustausches in Zukunft Inäquivalenzen der Leistungswerte entwickeln (Krejci in FS Koziol [2010], Optionsausübung und laesio enormis insbesondere bei gesellschaftsvertraglichen Aufgriffsrechten, 215 [227]).

Auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB für die Geltendmachung der Anfechtung beginnt mit dem Vertragsabschluss zu laufen (RIS-Justiz RS0018798, RS0019052 [T1]) und zwar ‑ wie der Oberste Gerichtshof jüngst klarstellte ‑ selbst dann, wenn das Rechtsgeschäft unter der aufschiebenden Bedingung einer noch fehlenden behördlichen Bewilligung abgeschlossen wurde, sodass es erst mit dem Bedingungseintritt wirksam wird (9 Ob 4/13y).

3. Bei Optionsrechten stellte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 159/01p ‑ in Abkehr von der Vorjudikatur (2 Ob 17/97g) ‑ allerdings auf den Ausübungs- und nicht auf den Einräumungszeitpunkt ab. Die objektiven Werte der beiderseitigen Leistungen wurden einander erst für den Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts gegenübergestellt. Tragende Begründung für diese Sichtweise war die Erwägung, dass es sich beim Vertragsschluss aufgrund einer Option in Wahrheit um einen zweiaktigen Vorgang handle, der mit einem Offert und der nachfolgenden Annahmeerklärung vergleichbar sei. Der Optionsgeber sei aus dem Optionsvertrag noch zu keiner Leistung verpflichtet. Erst mit der Ausübung des Optionsrechts (eines Gestaltungsrechts) erlange das von den Parteien im Optionsvertrag zunächst bloß in Aussicht genommene Rechtsgeschäft volle Wirksamkeit, löse wechselseitige Leistungspflichten aus und könne damit als „abgeschlossen“ iSd § 934 dritter Satz ABGB gelten. Diesem Ansatz folgte auch die Entscheidung 1 Ob 67/03i (vgl auch RIS-Justiz RS0107619 [T2, T3, T4], RS0115632, RS0115633; ferner die kritischen Analysen dieser Rechtsprechung von Winner, Wert und Preis im Zivilrecht [2008], 183 ff und von Krejci aaO 222 ff).

4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der vorliegende Sachverhalt mit den „Optionsfällen“ jedoch nichts gemein. Die vertragliche Willenseinigung über Leistung und Gegenleistung ist abgeschlossen, die Parteien sind an ihre Vertragserklärungen gebunden. Es ist nicht einmal ‑ wie bei einer aufschiebenden Bedingung ‑ ungewiss, ob der Vertrag jemals Wirksamkeit erlangen wird. Dass zwischen Vertragsabschluss und Eintritt der Wirksamkeit (mit dem Tod des Klägers) ein langer Zeitraum verstreichen könnte, ändert nichts an der Maßgeblichkeit des Vertragsabschlusses. Andernfalls wäre bei der Anfechtung wegen laesio enormis stets auf einen vereinbarten späteren Erfüllungszeitpunkt abzustellen, was aber der Regelung des § 934 dritter Satz ABGB klar widerspräche (idS auch Krejci aaO 227 f).

Der Anfechtungsgrund der laesio enormis wurde somit keineswegs verfrüht geltend gemacht, wie das Berufungsgericht annahm. Maßgeblich für die Beurteilung des Wertverhältnisses der vereinbarten Leistungen ist auch hier der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, das ist, weil es auf den Neuerungsvertrag ankommt, der 12. 9. 2007.

5. Eine Feststellung über den gemeinen Wert der dem Beklagten vertraglich zugesicherten Leistung liegt bisher nicht vor. Die Feststellungen über den im Zwangsversteigerungsverfahren der Jahre 1999/2000 (ohne Zubehör) mit 1.315.378 EUR und den im Gutachten vom 20. 1. 2009 (einschließlich Inventar) mit 1.519.000 EUR ermittelten Verkehrswert der Liegenschaft, von dem auch der Kläger ausging, geben darüber keinen Aufschluss. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen mit einem Feststellungsmangel behaftet.

Was den vereinbarten Kaufpreis anlangt, so wurde dieser in der Vertragsurkunde mit 500.000 EUR festgelegt. Wenn es aber ‑ wie das Erstgericht feststellte ‑ unabhängig vom Wortlaut der Vertragsurkunde tatsächlich übereinstimmender Wille der Streitteile war, dass sich der Kaufpreis aus den 500.000 EUR und den „bereits geleisteten Zahlungen“ zusammensetzen soll, würde dies einen höheren (bestimmbaren) Kaufpreis ergeben. Unter den „geleisteten Zahlungen“ sind offenkundig jene zu verstehen, die der Beklagte in Erfüllung des ersten Vertrags erbrachte. Dabei wäre zu bedenken, dass diese „Zahlungen“ nicht nur die in den Jahren 2000 und 2001 insgesamt geleisteten 3,5 Mio S (254.355 EUR) umfassen könnten. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hatte nämlich „die Familie des Klägers“ das „gesamte Gebäude“ gemietet und es sollte der Mietzins „direkt auf das Bankkonto des Klägers bei der S***** Sparkasse gehen zur Verringerung der Verbindlichkeiten“. Eine solche Vereinbarung kann dahin gedeutet werden, dass der dem Beklagten geschuldete Mietzins in Höhe der Kreditraten direkt an den Kreditgeber floss. Ihrer Zulässigkeit stünde im Übrigen nicht entgegen, dass der Kläger als Alleineigentümer der Liegenschaft Mieter der eigenen Sache geworden wäre (§ 1093 zweiter Halbsatz ABGB; vgl 9 Ob 95/09z; RIS-Justiz RS0020419). Im Ergebnis würde es sich um „Zahlungen“ des Beklagten handeln, die demnach bei der Bestimmung des Kaufpreises ebenfalls zu berücksichtigen wären.

6. Allerdings blieb die gegen die soeben erwähnten Feststellungen gerichtete Beweisrüge des Klägers aufgrund der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht zur „verfrühten“ Geltendmachung der laesio enormis im Berufungsverfahren unerledigt. Dies muss zur Aufhebung (zunächst nur) des angefochtenen Berufungsurteils zum Zweck der Klärung des Werts der vom Beklagten vertraglich geschuldeten Leistung führen. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht die Beweisrüge des Klägers zu behandeln und unter Berücksichtigung der vorstehenden rechtlichen Erwägungen auch zu beurteilen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es nach der dann maßgeblichen Tatsachengrundlage noch weiterer Verfahrensergänzungen bedarf.

III. Zu den weiteren Anfechtungsgründen:

1. Die Revisionsausführungen zur Irrtumsanfechtung und zum behaupteten Dissens haben jeweils den ungeklärten Inhalt der Kaufpreisabrede zum Gegenstand und bemängeln, dass die diesbezügliche Beweisrüge unerledigt blieb. Eine abschließende Beurteilung dieser Anfechtungsgründe sei daher nicht möglich.

Insoweit genügt daher vorerst der Hinweis, dass dem Berufungsgericht schon aus den zum Anfechtungsgrund der laesio enormis erörterten Gründen ein entsprechender Ergänzungsauftrag zu erteilen ist.

2. Auf den Anfechtungsgrund der Sittenwidrigkeit ist derzeit nicht einzugehen, weil sich der Kläger darauf nur hilfsweise berufen hat. Dasselbe gilt für den Tatbestand des Wuchers, auf den er in der Revision aber ohnedies nicht mehr zurückkommt.

IV. Zum Begehren auf Einwilligung in eine Löschung:

1. Gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 ist auf Antrag des Wohnungseigentumsbewerbers oder des Wohnungseigentumsorganisators die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch anzumerken (Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum). Die Anmerkung bekundet nur die Tatsache, dass diese Zusage einer bestimmten Person hinsichtlich eines bestimmten Wohnungseigentumsobjekts erteilt wurde. Rechtsfolgen ergeben sich daraus erst und nur dann, wenn der angemerkte Berechtigte auch tatsächlich in der Folge den erforderlichen Mindestanteil erwirbt und Wohnungseigentum begründet wird. Die Anmerkung allein bewirkt nicht den grundbücherlichen Erwerb oder die Umänderung eines dinglichen Rechts iSd § 26 Abs 2 GBG (5 Ob 233/09i mwN; RIS-Justiz RS0118477). Kommt ‑ wie dies auch mit der vorliegenden Klage angestrebt wird ‑ ein Erwerb des Mindestanteils durch den Begünstigten nicht zustande, wird die Anmerkung gegenstandslos, sodass sie nach den Bestimmungen der §§ 131 ff GBG bei entsprechendem Nachweis auf Antrag oder amtswegig gelöscht werden kann. (5 Ob 233/09i mwN).

2. Von diesen Prämissen ausgehend hat der Oberste Gerichtshof in der nun schon mehrfach zitierten Entscheidung 5 Ob 233/09i = wobl 2011/8, 18 [Bittner] ausgeführt, dass die Beseitigung der Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 mangels Verletzung eines dinglichen Rechts des Liegenschaftseigentümers nicht mit Löschungsklage (§§ 61 ff GBG) geltend gemacht werden kann. Mit eben dieser Begründung wurde auch das ‑ wie hier ‑ auf Zustimmung in die Löschung der Anmerkung gerichtete Eventualbegehren abgewiesen, zumal eine Einwilligung des Beklagten iSd § 40 Abs 5 WEG nicht vorgelegen ist. Der 5. Senat betonte, dass der Liegenschaftseigentümer durch eine eingetragene, aber (zB infolge Vertragsrücktritts) gegenstandslos gewordene Anmerkung nicht an einem neuerlichen Verkauf gehindert werde. Es erübrigte sich daher im Anlassfall, auf die Umstände des dort behaupteten Vertragsrücktritts näher einzugehen.

3. Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, ist im hier zu beurteilenden Fall das „Löschungsbegehren“ im Sinne einer Abweisung spruchreif, weil es auf die Berechtigung des Begehrens auf Vertragsaufhebung nicht ankommt. Wäre dieses erfolgreich, läge dennoch keine Verletzung eines dinglichen Rechts des Klägers vor.

V. Ergebnis:

Im Umfang der Entscheidung über das „Löschungsbegehren“ kann das angefochtene Urteil als Teilurteil bestätigt werden. Im Übrigen ist es aus den in Punkt II. dargelegten Erwägungen aufzuheben und dem Berufungsgericht ist die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 und 4 ZPO.

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