Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 24. 3. 1970 schloss die Stadt Wien als Grundeigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG B***** mit dem Grundstück ***** (damals im Umfang von 1.304 m²) mit dem Beklagten einen Generalpachtvertrag im Sinne des Kleingartengesetzes ab. Dieser Generalpachtvertrag wurde am 14. 11. 1986 geändert, weil das Grundstück ***** nach einer Zuschreibung nunmehr ein Ausmaß von 1.700 m² aufwies. Entsprechend § 10 KlGG hatte der Beklagte diverse Unterpachtverträge über Kleingärten abgeschlossen. Im Jahr 2000 wurde das Grundstück ***** von der EZ ***** ab- und der neu gebildeten EZ ***** zugeschrieben.
Am 28. 11. 2001 schloss der Beklagte als Generalpächter mit der Klägerin als Unterpächterin einen Unterpachtvertrag betreffend die Parzelle 9, Gruppe 1, des Kleingartenvereins B***** auf dem Grundstück ***** ab. Diesem Vertrag wurde ein Verrechnungsausmaß von 234 m² Gartenfläche und 25 m² anteiliger Gemeinschaftsfläche zu Grunde gelegt. In Punkt 5.4. des Vertrags wurde geregelt, dass der Unterpächterin im Falle der Auflösung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz auf Grundlage und nach Maßgabe des § 16 Abs 1 KlGG zustehe.
In der Folge parzellierte die Stadt Wien die ihr gehörende Liegenschaft, wobei das Grundstück ***** in die neuen Teilgrundstücke ***** bis ***** geteilt wurde. Der von der Klägerin benutzte Kleingarten mit der neuen Grundstücksbezeichnung „*****“ wurde nunmehr der EZ ***** zugeschrieben und hatte ein Flächenausmaß von 243 m². Mit Kaufvertrag vom 22. 6. 2004 kaufte die Klägerin von der Stadt Wien die letztgenannte Liegenschaft, spezielle Vereinbarungen mit dem Beklagten wurden weder behauptet noch festgestellt. Die Klägerin verzichtete aber auch nicht auf die Unterbestandrechte. Nach Einverleibung ihres Eigentums im Jahr 2005 ließ die Klägerin in der Zeit von Juli 2006 bis September 2007 auf dem Grundstück ein Kleingartenwohnhaus errichten. Seit Erwerb der Liegenschaft durch die Klägerin entrichtete die Beklagte den anteiligen Generalpachtzins nicht mehr an die Stadt Wien, sondern an die Klägerin. Diese erklärte in der Folge zum 31. 3. 2008 die Aufkündigung des Unterpachtvertrags. Sie stellte den Kleingarten am 11. 4. 2008 an die Beklagte zurück. Die Liegenschaft mit dem darauf errichteten Wohnhaus steht derzeit leer.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin gemäß § 16 KlGG in Verbindung mit Punkt 5.4. des Unterpachtvertrags den Betrag von 304.037,20 EUR als Entschädigung für die von ihr getragenen Aufschließungskosten, die Kosten für Baupläne, Errichtung des Bauwerks samt Außenanlagen, für Bauüberwachung und Baubetreuung, für eine Einbauküche samt Geräten sowie den Kelleraushub. Gemäß § 16 KlGG könne sie als ehemalige Unterpächterin bei Beendigung des Unterpachtverhältnisses vom Generalpächter den Ersatz für die von ihr gemachten Aufwendungen beanspruchen. Der Ersatz gebühre nach dem gegenwärtigen Wert, der auch geltend gemacht werde. Die Beklagte ziehe als Generalpächterin bei gleichbleibendem jährlichem Pachtzins, den sie an die Klägerin entrichte, weiterhin den Nutzen aus dem Objekt. Insbesondere stehe es ihr offen, im Falle der folgenden Unterverpachtung gemäß § 11 Abs 5 KlGG Ersatz für die von der Klägerin gemachten Aufwendungen zu begehren.
Der beklagte Zentralverband beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. § 16 Abs 1 KlGG treffe lediglich dafür Vorsorge, dass ein Unterpächter, der Aufwendungen für Objekte getragen habe, die ins Eigentum des Grundeigentümers übergegangen seien, nicht die von ihm geschaffenen Sachwerte ersatzlos verliere, während das Grundstück eine Werterhöhung erfahren habe. Der Beklagte habe der Klägerin als Unterpächterin die Errichtung eines Kleingartenwohnhauses, welches baubehördlich bewilligt worden sei, nicht verwehren können. Die Klägerin habe dieses Objekt aber bereits als Eigentümerin errichtet, sodass § 16 Abs 1 KlGG nicht anwendbar sei. Da der beklagte Verein der Klägerin nicht zur Entschädigung nach § 16 Abs 1 KlGG verpflichtet sei, könne er die Werterhöhung des Grundstücks auch nicht gemäß § 11 Abs 5 KlGG auf einen weiteren Unterpächter überwälzen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das von der Klägerin bereits nach Erwerb ihres Eigentums an der Liegenschaft errichtete Kleingartenwohnhaus befinde sich ebenfalls in ihrem Eigentum. Schon aufgrund der Regelung des § 1 Abs 3 KlGG, wonach die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - nicht für Kleingärten auf Eigengrund gelten, komme die Anwendung des § 16 Abs 1 KlGG nicht in Frage. Die Klägerin habe sich aufgrund ihrer Eigenkündigung freiwillig in die vorliegende Situation begeben, es sei ihr von Anfang an klar gewesen, dass sie eine mit einem Pachtrecht belastete Liegenschaft gekauft habe.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Es liege ein atypischer, vom Kleingartengesetz nicht geregelter Fall vor, nämlich dass der Unterpächter zum Grundeigentümer und damit zum Generalverpächter werde, dabei aber die Nutzungsrechte an seinem Eigentum aus dem mit dem Generalpächter bestehenden und bei Erwerb des Eigentums am Grund nicht beendeten Unterpachtvertrag abzuleiten vermag. Der Zweck des § 16 Abs 1 KlGG bestehe darin, einem aus dem Vertragsverhältnis scheidenden Unterpächter Ersatz für seine Aufwendungen zu ermöglichen und so eine Bereicherung des Generalpächters zu vermeiden. Dieser Gesetzeszweck werde jedoch dann nicht erfüllt, wenn der scheidende Unterpächter gleichzeitig Grundeigentümer und Eigentümer der Baulichkeit sei. Durch die von ihr selbst erklärte Auflösung sei die Klägerin nicht in ihrem Eigentum beschränkt worden. Würde man aber der Klägerin die Kosten für die Errichtung des Bauwerks gemäß § 16 Abs 1 KlGG ersetzen, so wäre sie als Grundeigentümerin bereichert. Punkt 5.4. des Unterpachtvertrags enthalte keine eigene, über § 16 Abs 1 KlGG hinausgehende oder selbständige Entschädigungsregelung, sondern sei nur als Hinweis darauf zu verstehen, dass bei Auflösung des Pachtvertrags nach Maßgabe und im Umfang des § 16 Abs 1 KlGG ein Ersatzanspruch bestehen solle. Keineswegs sei damit aber eine vom Gesetz losgelöste eigene Aufwandsersatzverpflichtung vereinbart worden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei Personalunion von Eigentums- und Unterpachtrecht im Falle der Auflösung des Unterpachtvertrags auch dem Eigentümer Aufwandersatz gemäß § 16 Abs 1 KlGG zukomme.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist im Umfang des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass die Klägerin mit dem Eigentumserwerb (im Jahr 2005) hinsichtlich der von ihr benützten Parzelle einerseits - als Eigentümerin - in die Stellung der Verpächterin zum beklagten Generalpächter eintrat und andererseits - bis zu der von ihr erklärten Aufkündigung - dessen Subpächterin verblieb. Dies war rechtlich auch möglich, weil nach § 1093 2. Halbsatz ABGB der Eigentümer seine eigene Sache in Bestand nehmen kann, nämlich von jemandem, dem er den Gebrauch der Sache - zB als Mieter - überlassen hat (RIS-Justiz RS0020419 unter Berufung auf Klang in Klang V2, 35; Iro in KBB2 §§ 1092 - 1094 ABGB Rz 6).
Gemäß § 16 Abs 1 KlGG kann der Unterpächter bei Beendigung des Unterpachtvertrags vom Generalpächter den Ersatz für die von ihm gemachten Aufwendungen beanspruchen, die zur kleingärtnerischen Nutzung notwendig oder nützlich sind, insbesondere für Obstbäume, Sträucher und sonstige Kulturen; für Bauwerke jedoch nur, wenn sie den Bauvorschriften entsprechend errichtet worden sind. Der Ersatz gebührt nach dem gegenwärtigen Werte, insofern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt. Die bauordnungsgemäße Errichtung und die Zustimmung des Beklagten zur Bauführung sind unstrittig.
Die Vorinstanzen folgten der Auffassung des Beklagten, dass sich die Klägerin deshalb nicht auf § 16 Abs 1 KlGG berufen könne, weil sie Kleingärtnerin auf Eigengrund sei und daher gemäß § 1 Abs 3 KlGG die Bestimmungen des KlGG, so auch dessen § 16, nicht anzuwenden seien.
§ 1 Abs 3 KlGG lautet: „Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten, soweit darin nichts anderes bestimmt wird, nicht für Kleingärten auf Eigengrund.“ Nach den Materialien (ErläutRV 472 BlgNR 8. GP 7 f) ist diese Ausnahme darin begründet, „dass für Kleingärten auf Eigengrund die für Pachtverhältnisse geltenden Schutzbestimmungen nicht in Frage kommen können, doch im Gesetz mit Rücksicht auf die Wechselbeziehungen zwischen Eigengründen und gepachteten Kleingärten gewisse Bestimmungen auch für die Kleingärten auf Eigengrund (§ 3 Abs 1 und § 15 Abs 3) getroffen werden mussten.“
Mit den letztgenannten Regelungen soll verhindert werden, dass nicht nur Pächter, sondern auch Eigentümer von Kleingärten im selben Bundesland einen weiteren Kleingarten pachten. Überdies sieht § 18 KlGG wiederum eine sinngemäße Anwendung der Pachtschutzbestimmungen für den Fall vor, dass der Eigentümer nicht, wie es das KlGG sonst als die Regel betrachtet, eine größere, in mehrere Kleingärten teilbare Liegenschaft in Generalpacht, sondern direkt an Kleingärtner in Einzelpacht vergibt.
Wie bereits dargestellt, ist die Konstellation, dass der Grundeigentümer einerseits Verpächter und andererseits Unterpächter des dritten (General-)Pächters ist, möglich und vom Gesetz (§ 1093 ABGB) geregelt. Es ist nicht zu erkennen, weshalb in einem derartigen Fall kein Bedürfnis für den Unterpächter betreffende Schutzbestimmungen bestünde. Diese könnten nur dann als entbehrlich angesehen werden, wenn der Grundeigentümer durch ein Pachtverhältnis nicht belasteter Inhaber eines in § 1 Abs 1 KlGG nur durch die Größe und die Nutzungsart definierten Kleingartens ist, der nach der ausdrücklichen Anordnung dieser Gesetzesstelle in oder außerhalb einer Kleingartenanlage liegen kann. § 1 Abs 3 KlGG stellt somit lediglich klar, dass der auf Eigengrund wirtschaftende Kleingärtner, der vertraglich nicht an einen Generalpächter gebunden ist, über die Bestimmungen der §§ 3 Abs 1, 15 Abs 3 und 18 leg cit hinaus vom Gesetz nicht betroffen ist.
Auch ist die Befürchtung einer Bereicherung der Klägerin als Eigentümerin nicht zu teilen. Errichtet nämlich ein „normaler“ Unterpächter - mit den erforderlichen Zustimmungen des Eigentümers bzw des Generalpächters - ein Bauwerk im Kleingarten, wächst dieses der Liegenschaft zu (vgl insbesondere Punkt 5.3. letzter Satz des Unterpachtvertrags ./C). Auch in diesem Fall müsste nach Ansicht der Vorinstanzen der Eigentümer „bereichert“ sein. Tatsächlich kann er aber für die Dauer der Geltung des Generalpachtvertrags aus seinem „nackten“ Eigentum - mit Ausnahme des Bezugs der gesetzlich limitierten Generalpacht - keinen Nutzen ziehen und es kommt ihm auch die durch die Errichtung eines Bauwerks bewirkte Werterhöhung nicht unmittelbar zugute (§ 5 Abs 2 2. Halbsatz KlGG). Soferne aber bei Auflösung des Generalpachtvertrags noch durch Aufwendungen des Generalpächters bzw der Subpächter geschaffene Werte vorhanden sind, muss der Eigentümer diese gemäß § 9 Abs 1 KlGG dem Generalpächter ersetzen. Damit ist eine Bereicherung ausgeschlossen. Die Situation, dass die Klägerin nun auch Eigentümerin geworden ist, kann nicht anders beurteilt werden. Ihr Eigentum war durch die weiter bestehenden Rechte des Generalpächters beschränkt, ein Benützungsrecht konnte sie nur aus ihrem Unterpachtvertrag ableiten. Es ist nun kein gesetzlicher Grund erkennbar, warum die Klägerin nach Kündigung des Unterpachtvertrags schlechter gestellt sein sollte als ein „normaler“ Unterpächter, der seine Pachtrechte aufgibt und für seine Aufwendungen Ersatz nach § 16 Abs 1 KlGG begehren kann. Durch die Aufkündigung war die Klägerin ihrer eigenen Nutzungsmöglichkeiten verlustig geworden, die durch die Bauführung herbeigeführte Steigerung der Nutzungsmöglichkeiten konnte ab diesem Zeitpunkt nur einem allfälligen Nach-Unterpächter unmittelbar zugute kommen. Daraus ist aber zu folgern, dass auch die Klägerin, die zur Zeit der Bauführung noch Unterpächterin war, in den Genuss eines Ersatzes nach § 16 Abs 1 KlGG kommen muss. Diese Entschädigung ist vom beklagten Generalpächter, der der Bauführung zugestimmt hat, zu leisten. Dieser kann diesen Aufwand gemäß § 11 Abs 5 KlGG auf einen neuen Unterpächter überwälzen. Alternativ steht ihm aber auch die Möglichkeit einer - nicht an besondere Gründe gebundenen - Aufkündigung des Generalpachtvertrags nach § 6 KlGG offen. In diesem Fall würde dann die Klägerin als Eigentümerin gemäß § 9 Abs 1 KlGG ersatzpflichtig.
Da die Vorinstanzen - ausgehend von ihrer vom Revisionsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung - keine Feststellungen zum Wert des errichteten Bauwerks (im Kündigungszeitpunkt) getroffen haben, erweist sich das Verfahren als mangelhaft. Im fortgesetzten Verfahren werden diese Feststellungen nachzutragen sein.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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