OGH 5Ob178/08z

OGH5Ob178/08z9.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marion A*****, vertreten durch Dr. Roswitha Ortner, Rechtsanwältin in Villach, gegen die beklagte Partei Josef W*****, vertreten durch Dr. Janko Tischler jun., Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Räumung und Übergabe (Streitwert 2.500 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 8. Mai 2008, GZ 2 R 93/08s-30, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der Beklagte behauptet das Vorliegen eines Mangels des Berufungsverfahrens. Das Berufungsgericht habe ihm - zu Unrecht - vorgeworfen, er habe sich bei seiner Argumentation zur vermeintlich vorliegenden Verkürzung über die Hälfte von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt entfernt.

1.2. Der vom Beklagten als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemachte Standpunkt des Berufungsgerichts bezieht sich darauf, dass nach dessen Ansicht von der Klägerin zur Tilgung von Schulden des Beklagten aufgewendete Geldbeträge „auf den Kaufpreis angerechnet" werden sollten. Diese Annahme des Berufungsgerichts basiert auf einer ausdrücklichen Feststellung des Erstgerichts (Ersturteil S. 5; s auch 2.2.), die der Beklagte in der Rechtsrüge seiner Berufung nicht konkret berücksichtigte und sich insoweit tatsächlich von den erstgerichtlichen Feststellungen entfernte. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.1. Der Beklagte meint, er sei beim Verkauf seiner Liegenschaft über die Hälfte verkürzt worden. Der im Kaufvertrag vereinbarte und daher (insbesondere für die grundbücherliche sowie steuerliche Vertragsabwicklung) allein maßgebliche Kaufpreis habe 84.000 EUR betragen und dem stehe ein Liegenschaftswert von 189.700 EUR gegenüber.

2.2. Der Beklagte negiert bei seiner Argumentation - wie schon im Berufungsverfahren (s 1.2.) - die ausdrückliche Feststellung des Erstgerichts (Ersturteil S. 5), die lautet:

„Es war zwischen den Parteien besprochen und war der Beklagte einverstanden, dass diese für ihn von der Klägerin getätigten Schuldenrückzahlungen auf den Kaufpreis angerechnet werden. Im Vertragstext selbst scheint dies allerdings nicht auf."

Diese Feststellung haben die Vorinstanzen - vertretbar - dahin gewertet, dass die von der Klägerin zur Tilgung von Schulden des Beklagten aufgewendeten Zahlungen von 26.547,87 EUR als Teil des kaufvertraglichen Entgelts gelten sollten. Damit stehen Leistungen der Klägerin von 110.547,87 EUR (= 84.000 EUR + 26.547,87 EUR) einem (im Verfahren gutachterlich ermittelten) Wert der Liegenschaft von

189.700 EUR gegenüber, womit keine Verkürzung über die Hälfte vorliegt (vgl dazu auch RIS-Justiz RS0024084). Dass die außerhalb des Kaufvertrags vereinbarte Berücksichtigung weiterer Zahlungen der Klägerin allenfalls zu Problemen bei der grundbücherlichen und/oder steuerlichen Abwicklung des Kaufvertrags führen könnten, ändert an der Plausibilität der Einschätzung der Vorinstanzen nichts und begründet insbesondere keine Fehlbeurteilung, die zum Aufgreifen dieser Rechtsfrage führen müsste (vgl dazu RIS-Justiz RS0108169).

3. Zu den notwendigen Voraussetzungen für die Annahme eines Wuchergeschäfts liegt bereits umfangreiche Judikatur des Obersten Gerichtshof vor (vgl RIS-Justiz RS0016864; RS0016861; RS0016885; RS0016878; RS0016888; RS0016781; RS0016912; RS0016947; RS0104128), die keiner Verbreiterung bedarf. Ob diese Voraussetzungen - wie der Beklagte meint - in casu vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl 1 Ob 193/02t). Hier hat die Klägerin zusätzlich zum vertraglich vereinbarten Kaufpreis von 84.000 EUR weitere 26.547,87 EUR an Schulden des Beklagten getilgt, insgesamt also 110.547,87 EUR geleistet, die als Gegenleistung für eine Liegenschaft gelten sollten (s 2.2.), für die eine damals vorgelegene „Bankschätzung" einen Wert von 109.200 EUR auswies. Wenn die Vorinstanzen unter diesen Umständen der Klägerin kein ausbeuterisches Verhalten unterstellten, dann liegt darin jedenfalls keine unvertretbare Lösung dieser Rechtsfrage im vorliegenden Einzelfall.

4. Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin betreffend das geltend gemachte Räumungs- und Übergabebegehren mit der Begründung, es fehle eine (ausdrückliche) Feststellung über deren grundbücherliche (Mit-)Eigentümereigenschaft. Eine solche - ausdrückliche - Feststellung war allerdings nicht erforderlich, weil der Beklagte im Zusammenhang mit seinem Zwischenantrag auf Feststellung selbst darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin grundbüchliche (Mit-)Eigentümerin der Liegenschaft sei (S. 2 in ON 5), dieser Umstand folglich unstrittig war (zur Klagslegitimation des Miteigentümers vgl RIS-Justiz RS0013417).

Der Beklagte macht demnach insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend; seine außerordentliche Revision ist somit unzulässig und zurückzuweisen.

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