OGH 6Ob31/06m

OGH6Ob31/06m6.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Gerhard Roth, Rechtsanwalt in Murau, gegen die beklagte Partei Ingrid F*****, vertreten durch Mag. Klaus Michael Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen 29.955,74 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2005, GZ 6 R 178/05x-40, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beklagte meint, das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass sie bei Überweisung von 400.000 S an die Klägerin zu Gunsten des alten Kredits (für den die Beklagte und ihr Ehemann solidarisch hafteten) auf dem Überweisungsträger den Vermerk „Abzahlung Restschuld Ingrid F*****" angebracht und die Klägerin dem nicht widersprochen habe. Damit sei der alte Kredit getilgt worden, sodass sie daraus nicht mehr in Anspruch genommen werden könne. Ein solcher Vermerk ist von den Vorinstanzen allerdings gar nicht festgestellt worden. Im Übrigen ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass ein Kreditnehmer, ohne mit der kreditgewährenden Bank irgendeinen diesbezüglichen Kontakt gehabt zu haben, nicht durch die Überweisung lediglich eines Teils der noch aushaftenden Kreditsumme einseitig eine gänzliche Schuldbefreiung dadurch herbeiführen kann, dass er auf dem Überweisungsträger erklärt, hiermit „seine Restschuld abzuzahlen". Auch wenn die Bank auf diese Überweisung nicht reagiert, liegt - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - eine Zustimmung im Sinne des § 863 ABGB nicht vor. Ein stillschweigender Verzicht (hier auf den Rest der Kreditsumme) ist nämlich grundsätzlich nur anzunehmen, wenn besondere Umstände auf einen ernsten Rechtsfolgenwillen hinweisen (Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger [2005] § 863 ABGB Rz 7; vgl auch Rummel in Rummel³ [2000] § 863 ABGB Rz 14).

2. Der alte Kredit wurde im Zuge der Aufnahme eines neuen Kredits durch den Ehegatten der Beklagten abgedeckt, das Kreditkonto geschlossen. Daraus zieht die Beklagte den Schluss, Forderungen aus dem alten Kredit seien ihr gegenüber „ein für alle Mal" untergegangen, der alte Kredit könne nicht „wieder belebt" werden. Damit übersieht sie aber die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach weder die Fälligstellung eines aushaftenden Debetsaldos eines Kreditkontos und dessen Abdeckung durch einen anderen Kredit noch die Abdeckung eines Kreditkontos durch Umbuchung von einem neu eröffneten Kreditkonto etwas daran ändern, dass der Rechtsgrund der Forderung der Bank nach wie vor die Kreditgewährung ist (vgl 6 Ob 244/00a = RdW 2001/737; vgl auch Chr. Hirsch, ÖBA 2002, 491 [Entscheidungsbesprechung]). Aus der Abdeckung des alten Kredits und der Schließung dieses Kontos allein ist daher für die Beklagte nichts zu gewinnen. Insofern geht damit auch ihr Argument fehl, es könne kein Unterschied bestehen, ob der neue Kredit bei der bisher kreditgewährenden oder einer anderen Bank aufgenommen wurde. In letzterem Fall endete ja mit der Abdeckung des alten Kredits das Vertragsverhältnis.

3. Die Beklagte wirft dem Berufungsgericht vor, zu Unrecht lediglich eine Schuldänderung des alten Kreditverhältnisses und nicht eine Novation angenommen zu haben. Maßgeblich sei der „animus novandi" der Klägerin und des Ehemanns der Beklagten bei Gewährung des neuen Kredits. Für die Beklagte sei die Sache ohnehin „schon seit Jahren erledigt" gewesen. Auch die Vergebührung des neuen Kreditvertrags spreche für eine Novation und nicht für eine Schuldänderung. Novation ist die Umänderung des Schuldverhältnisses, die in der Änderung des Rechtsgrunds oder Hauptgegenstands einer Forderung oder von beiden besteht. Schuldänderung im Sinn des § 1379 ABGB liegt hingegen vor, wenn die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllt werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch mit Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, geändert werden (8 Ob 31/05z = JBl 2005, 722; vgl RIS-Justiz RS0032502, RS0032440, RS0032332). Der Novationswille wird nicht vermutet. Er muss dahin gehen, dass auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr zurückgegriffen werden soll (Neumayr in Koziol/Bydlinski/Bollenberger [2005] §§ 1378, 1379 ABGB Rz 3; RIS-Justiz RS0032417). Nach § 1379 Satz 3 ABGB wird die alte Verbindlichkeit im Zweifel nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann.

Das Berufungsgericht hat in Anwendung der Grundsätze dieser Rechtsprechung eine Novation und damit eine Tilgung der Schuld der Beklagten aus dem alten Kreditverhältnis verneint. Ob eine Novation vorliegt oder nicht, ist aber - vom Fall einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen - eine Frage des Einzelfalls (st Rsp, etwa 7 Ob 62/04z). Eine derartige Fehlbeurteilung kann nicht erkannt werden:

Gerade der in der außerordentlichen Revision besonders hervorgehobene „animus obligandi" fehlt nämlich zwischen den Parteien zur Gänze. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ging die Klägerin keineswegs davon aus, dass die Beklagte aus dem Kreditverhältnis entlassen werden sollte. Vielmehr war beabsichtigt, auch den neuen Kredit sowohl mit der Beklagten als auch mit ihrem Ehegatten abzuschließen. Dass die Unterschrift der Beklagten auf dem neuen Kreditvertrag offensichtlich gefälscht worden war, war der Klägerin ja nicht bekannt. Auch die Beklagte selbst wusste von der Gewährung eines neuen und der dadurch erfolgten Abdeckung des alten Kredits nichts, sodass nicht ersichtlich ist, worin ihr Novationswille gelegen sein sollte. Die unter 1. erörterte Überweisung und allenfalls daraus gezogene Schlussfolgerungen auf Seiten der Beklagten ändern daran nichts. Sie hat nichts mit der (angeblichen) Novation zu tun. Und schließlich steht nicht einmal fest, dass der Ehegatte der Beklagten diese entlasten wollte; er hat vielmehr der Klägerin den Kreditvertrag mit der gefälschten Unterschrift der Beklagten vorgelegt.

Auch die Vergebührung des neuen Kreditvertrags spricht nicht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts. Nach § 33 TP 19 Abs 4 Z 1 GebG sind Prolongationen von Kreditverträgen und nach Abs 5 Umschuldungen von Kreditverträgen auf andere Kreditgeber gebührenfrei. Beides lag hier aber nicht vor.

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