Spruch:
I. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
II. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im klagsabweisenden Ausspruch über das Entfernungsbegehren [Punkt 1. des erstinstanzlichen Urteilsspruchs] dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
„1. Die beklagte Partei ist gegenüber der klagenden Partei schuldig, die auf den im einen Bestandteil des Urteils bildenden Stadtplan (Beilage ./D) eingezeichneten 443 Lichtmasten im Stadtgebiet von W***** N***** (S*****gasse, B***** Straße [L 151], P***** Straße [B 26], F*****gürtel, G***** Straße [B 54], N***** Straße [B 53], G***** Straße [B 17], N***** Straße [B 17], W***** Straße [B 17], F***** Gasse [B 21], S*****straße, P***** Straße [B 60], N*****straße, A***** Brücke, L*****gasse, U*****gasse [B 53], M***** T*****-Ring [B 26], R*****gasse, M*****gasse, B*****ring, Z*****gasse, B***** Straße, Z*****gürtel, B*****ring, K*****gasse, H*****straße, F***** P*****-Ring) angebrachten Werbetafeln binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu entfernen.“
III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Verfahrenskosten aller drei Instanzen 16.894,82 EUR (darin 1.923,44 EUR USt und 5.354,20 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte GmbH betreibt eine Werbeagentur. Mit Bescheid vom 9. 2. 1995 wurde ihrer Rechtsvorgängerin gemäß § 2 Abs 1 NÖ Gebrauchsabgabegesetz 1973 (kurz: NÖ GebrauchsabgG) die Gebrauchserlaubnis für das Anbringen von Hinweistafeln im Stadtgebiet W***** N***** erteilt und die Gebrauchsabgabe festgesetzt. Mit Vereinbarung vom 26. 1./31. 3. 1998 wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten von der klagenden Stadt die Bewilligung der Benützung von Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen der Stadt zu Werbezwecken erteilt. In dieser Vereinbarung ist festgehalten, dass die Bewilligung beginnend mit 1. 1. 1998 auf die Dauer von drei Jahren erteilt wird. Weiters wird ua vereinbart: „Die Bewilligung wird jeweils um 1 Jahr verlängert, falls nicht ein Monat vor Ablauf dem Bewilligungswerber nachweislich mitgeteilt wird, dass einer Verlängerung der Bewilligung nicht zugestimmt wird. Als Anerkennungszins für die Erteilung der Benützungsbewilligung ist ein Betrag von (ATS) 1.500.000,- - ... pro Jahr zu entrichten. Hinzu kommen noch die Ankündigungsabgabe und die Umsatzsteuer in der jeweils geltenden Höhe. Der Anerkennungszins ist in 4 gleichen Jahresraten, quartalsweise, ... unaufgefordert zu entrichten. Andere Abgaben und Steuern, wie nach dem NÖ Gebrauchsabgabegesetz, sind gesondert zu entrichten.“ Mit Bescheid vom 20. 8. 2002 erteilte der Magistrat der Stadt W***** N***** gemäß § 82 StVO der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Bewilligung zur Anbringung von 528 Werbetafeln in bestimmten Straßenzügen im Stadtgebiet der Klägerin.
Die Klägerin hat nur mit der Beklagten eine Vereinbarung über die Lichtmastenwerbung abgeschlossen. Sie könnte derartige Verträge über die übrigen Lichtmasten in ihrem Stadtgebiet auch mit anderen Vertragsparteien abschließen. Die im Entfernungsbegehren der Klägerin umschriebenen 443 Lichtmasten betreffen ca 10 % ihrer Lichtmasten.
Ab dem dritten Quartal 2006 wurde der jährliche „Anerkennungszins“ nach dem Verbraucherpreisindex auf 149.100 EUR inklusive USt erhöht. Die Beklagte leistete das vereinbarte Entgelt bis zum letzten Quartal 2008. Seit Jänner 2009 zahlt sie das vereinbarte, valorisierte Entgelt nicht mehr.
In der Sitzung vom 29. 10. 2008 beschloss der Gemeinderat der Klägerin die Kündigung der Vereinbarung. Mit Schreiben vom 6. 11. 2008 „kündigte“ sie gegenüber der Beklagten die Vereinbarung über die Benützung der Lichtmasten auf öffentlichem Grund mit Wirksamkeit 31. 12. 2008 auf. Eine „Ausschreibepflicht“ der Vergabe war kein Grund für die Nichtverlängerung.
In weiterer Folge richtete die Klägerin an Kunden der Beklagten Schreiben, in denen sie diese aufforderte, die ab 1. 1. 2009 zu leistenden Entgelte an sie (und nicht an die Beklagte) zu zahlen.
Mit Bescheid vom 23. 12. 2008 widerrief der Magistrat der Klägerin die mit Bescheid vom 9. 2. 1995 erteilte Gebrauchserlaubnis und die damit verbundene Festsetzung der Gebrauchsabgabe. Mit Bescheid vom selben Tag widerrief der Magistrat der Klägerin auch die Bewilligung gemäß § 82 StVO. Dagegen erhob die Beklagte jeweils Berufung; die Berufungsverfahren sind noch anhängig.
Der Geschäftsführer der Beklagten ist jeweils von einer Verlängerung der Vereinbarung mit der Klägerin ausgegangen. Die Beklagte bietet die Lichtmastenwerbung auch in weiteren (kleineren) Orten in Niederösterreich und im Burgenland sowie auch andere Dienstleistungen an. Aus der Lichtmastenwerbung in W***** N***** bezieht sie einen erheblichen Teil ihrer Einkünfte.
Die Klägerin begehrte zuletzt von der Beklagten die Entfernung der auf 443 Lichtmasten angebrachten Werbetafeln sowie die Zahlung von 223.650 EUR sA. Sie sei Eigentümerin der Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen in W***** N*****. Sie habe die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung über die Benützungsbewilligung für die Lichtmasten, der ein Beschluss in ihrer Gemeinderatssitzung vorausgegangen sei, mit Wirkung 31. 12. 2008 aufgekündigt. Seit 1. 1. 2009 nutze die Beklagte die Lichtmasten titellos. Die aufgekündigte Vereinbarung mit der Beklagten vom 26. 1. 1998 betreffe nicht den Kernbereich der Straßenverwaltung. Es handle sich um einen Gestattungsvertrag. Eine Monopolstellung liege nicht vor. Für die Aufkündigung bedürfe es keines wichtigen Grundes, zudem habe sie die Vereinbarung lösen müssen, um eine Neuordnung des Sondernutzungsregimes zu ermöglichen, das den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Erwerbsfreiheit entspreche. Die Beklagte habe ab dem vierten Quartal 2008 keine Zahlungen geleistet. Das Entfernungsbegehren werde auch auf qualifizierten Zahlungsverzug der Beklagten gestützt. Aufgrund der titellosen Nutzung sei die Beklagte jedenfalls verpflichtet, ein Benützungsentgelt zu zahlen. Dieses sei gleich hoch wie das Entgelt aus der Vereinbarung.
Die Beklagte stellte die Höhe des begehrten Entgelts außer Streit, bestritt jedoch den Anspruch dem Grunde nach. Die Berechtigung der Klägerin, bei Einräumung des über den Gemeingebrauch hinausgehenden Gebrauchs öffentlicher Verkehrsflächen sowohl bescheidmäßig als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Gebrauchsabgabe nach dem NÖ GebrauchsabgG erlassenen Tarif vorzuschreiben und als Privatrechtsträgerin für eine von ihr als öffentlich-rechtliche Körperschaft eingeräumte Bewilligung nach dem NÖ Straßengesetz (kurz: NÖ StrG) ein Benützungsentgelt zu verlangen, sei zweifelhaft. Das NÖ StrG sei die lex generalis. Für die Benützung der Lichtmasten zu Werbezwecken sei nicht die Vereinbarung vom 26. 1. 1998 maßgeblich, sondern insbesondere der Bescheid der Klägerin nach dem NÖ GebrauchsabgG. Gebietskörperschaften dürften ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Monopolstellung ihre Privatautonomie ausschließlich nach sachlichen Kriterien ausüben. Wenn die Klägerin Gestattungsverträge nach Belieben abschließen, aber auch wieder kündigen könne, bedeute dies, dass sie im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung behördliche Bewilligungen unterlaufen könne. Dies zeige die Verfassungswidrigkeit von § 18 Abs 1 iVm Abs 3 NÖ StrG auf. Die Klägerin habe Monopolstellung, was die Verwendung der Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen anlange. Die Gebrauchsabgabe nach dem NÖ GebrauchsabgG sei von der Beklagten bezahlt worden. Die Zahlung sei von der Klägerin zurückgewiesen worden, worauf die Beklagte diese Beträge gerichtlich hinterlegt habe. Die Kündigung durch die Klägerin wäre nur aus sachlichen Gründen zulässig; solche lägen nicht vor. Soweit § 18 NÖ StrG eine zivilrechtliche Vereinbarung neben einer behördlichen Gebrauchserlaubnis und einer Gebrauchsabgabe vorsehe, sei diese Bestimmung verfassungswidrig. Weiters wendete die Beklagte aufrechnungsweise diverse Gegenforderungen ein.
Das Erstgericht wies das Entfernungsbegehren ab (Punkt 1.), sprach aus, dass das Zahlungsbegehren mit 207.817,45 EUR zu Recht (Punkt 2.) und die Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden (Punkt 3.), und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 207.817,45 EUR sA an die Klägerin (Punkt 4.). Das Mehrbegehren wies es (unbekämpft) rechtskräftig ab. Rechtlich führte es aus, die Klägerin habe in Bezug auf die Lichtmasten und die damit verbundenen Werbezwecke Monopolstellung. Niemand außer ihr könne über die in W***** N***** auf öffentlichem Gut befindlichen Lichtmasten verfügen. Der Monopolist müsse, wenn ihm ein Vertragsabschluss zumutbar sei, einen guten (sachlichen) Grund für die Verweigerung eines Vertragsabschlusses oder dessen Beendigung haben. Eine Ungleichbehandlung von unbefristeten Verträgen, die widerrufen würden, und befristeten, die nicht verlängert würden, sei nicht gerechtfertigt. Die wirtschaftliche Existenz der Beklagten sei von der Vereinbarung abhängig, weil sie einen erheblichen Teil ihrer Einkünfte aus der Lichtmastenwerbung beziehe. Zweifellos habe die Beklagte das Entgelt für die Nutzung der Lichtmasten zu leisten. Der Auflösungsgrund, wonach die Beklagte seit dem letzten Quartal 2008 das Nutzungsentgelt nicht leiste, überzeuge nicht als wichtiger Grund für die Nichtverlängerung der Vereinbarung. Zum Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses sei der Betrag für das vierte Quartal 2008 noch nicht fällig gewesen. Dessen Aushaftung habe daher für die Nichtverlängerung nicht ursächlich sein können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin nicht rechtskonform verhalten habe, indem sie die Vereinbarung vom 26. 1. 1998 ohne sachlichen Grund nicht verlängert und zusätzlich die Kunden der Beklagten angeschrieben habe, dass diese Zahlungen nicht an die Beklagte, sondern an die Klägerin leisten sollten. Aufgrund dieser Vorgangsweise hätten Kunden der Beklagten Beträge gerichtlich hinterlegt. Die Klägerin habe die Beklagte an der Einnahme der von ihren Kunden zu leistenden Entgelte gehindert, habe diese sogar für sich selbst in Anspruch nehmen wollen und könne diesen Umstand nicht als Aufhebungsgrund heranziehen. Zwar sei die Beklagte zur Zahlung der vereinbarungsgemäß geltend gemachten Beträge zu verurteilen, das Entfernungsbegehren sei aber abzuweisen. Die geltend gemachten Gegenforderungen der Beklagten seien nicht berechtigt. Insbesondere scheide der nicht bezifferte Schadenersatzanspruch als Gegenforderung aus.
Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung beider Parteien das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache. Zutreffend habe das Erstgericht die Monopolstellung der Klägerin bejaht, sodass es eines sachlichen Grundes für die Beendigung der Vertragsbeziehung bedürfe. Ein solcher sei nicht festgestellt. Die Erklärung der Klägerin, es habe der Auflösung bedurft, um eine neue Ordnung des Sondernutzungsregimes zu ermöglichen, das den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Erwerbsfreiheit entspreche, überzeuge nicht. Nur etwa 10 % der Lichtmasten der Klägerin seien betroffen, sodass noch Platz für weitere Werbewillige bestehe. Die Klägerin habe ihr Entfernungsbegehren auch ausdrücklich auf qualifizierten Zahlungsverzug gestützt. Der Gemeinderat als entscheidungsbefugtes Organ der Klägerin sei im Rahmen seiner Beschlussfassung nicht davon ausgegangen, dass es eines wichtigen Grundes für die Kündigung der Vereinbarung bedürfe. Qualifizierter Zahlungsverzug sei „zum Zeitpunkt“ nicht vorgelegen. Ein weiterer Beschluss des Gemeinderats sei nicht behauptet worden.
Da § 18 NÖ StrG eine Entscheidung durch die Gerichte über die vertragliche Vereinbarung in keiner Weise ausschließe, liege auch die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs vor.
Sondernutzungen am öffentlichen Gut, die nach Art und Ausmaß über den Gemeingebrauch hinausgingen, beruhten regelmäßig auf privatrechtlicher Basis, sofern das Nutzungsrecht am öffentlichen Gut nicht insgesamt öffentlich-rechtlich ausgestaltet sei (RIS-Justiz RS0009802). Hier gehe es nicht um Sondernutzungen, die zu Bundesstraßen gehörten. Der Verfassungsgerichtshof (VfSlg 16.104) habe klargestellt, dass behördliche Genehmigungen der Bundesstraßenbehörden einerseits und privatrechtliche Zustimmungen der Bundesstraßenverwaltung kumulativ erforderlich sein können. Das kumulative Erfordernis von behördlichen und privatwirtschaftlichen Erlaubnissen sei nicht aus verfassungsrechtlichen oder rechtslogischen Gründen von vornherein ausgeschlossen, sondern aufgrund „rechtsinhaltlicher“ Interpretation zu ermitteln. Das Regime des Bundesstraßenrechts und das (Bewilligungserfordernis nach) Gebrauchsabgaberecht schlössen einander aus kompetenzrechtlichen Gründen aus. Ein solcher Ausschluss sei jedoch im Verhältnis zwischen Landesstraßenrecht und Gebrauchsabgaberecht nicht gegeben. Auf dem Boden des NÖ GebrauchsabgG werde im Gefolge von VfSlg 16.104 ein Anwendungsraum für zivilrechtliche Rechtsverhältnisse zwischen der Gebietskörperschaft und dem Rechtsunterworfenen anerkannt. Es begegne keinen kompetenzrechtlichen Bedenken, wenn parallel (kumulativ) zu einem Gebrauchsabgaberegime ein landesstraßenrechtliches Rechtsregime wie hier § 18 NÖ StrG zur Anwendung gelange. Da die Verwaltung stets an die Gesetze gebunden sei, wirke der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz in aller Regel zweistufig, nämlich primär als Sachlichkeitsgebot für den Gesetzgeber und nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben als Willkürverbot für die Vollziehung. Da eine Gebietskörperschaft auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung nur im öffentlichen Interesse handle und ihre vertragliche Disposition nur auf sachlich gerechtfertigte Gründe stützen dürfe, begegne § 18 NÖ StrG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Zuspruch des Zahlungsbegehrens, dessen Höhe außer Streit stehe, sei unabhängig davon, ob dieser Anspruch aus Vertrag oder titelloser Benützung erfolge, nicht zu beanstanden. Das kumulative Erfordernis von behördlichen und privatwirtschaftlichen Erlaubnissen sei nicht ausgeschlossen und unter Berücksichtigung des Sachlichkeitsgebots und des Willkürverbots unbedenklich.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands auch hinsichtlich des Entfernungsbegehrens 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision im Hinblick auf die Anwendung von § 18 NÖ StrG zu.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin gegen die Abweisung ihres Entfernungsbegehrens erhobene Revision ist zulässig und berechtigt. Die Revision der Beklagten, die sich gegen die Stattgebung des Zahlungsbegehrens richtet, ist ebenfalls zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Zur Revision der Beklagten:
Die Beklagte bekämpft die Stattgebung des Zahlungsbegehrens nur damit, dass § 18 NÖ Straßengesetz 1999, LGBl 8500-0, idF der 2. Novelle LGBl 8500-2 (kurz: NÖ StrG), verfassungswidrig sei. Die Sondernutzung der Werbetafeln sei sowohl einem hoheitlichen Regime (nach dem NÖ GebrauchsabgG) als auch einem zivilrechtlichen (Vereinbarung auf der Grundlage von § 18 NÖ StrG) unterworfen. Es erscheine unsachlich und damit dem Gleichheitssatz widersprechend, dass eine Gebietskörperschaft ein bestimmtes Verhalten mit Bescheid zu genehmigen sowie dafür eine Abgabe vorzuschreiben habe und dasselbe Verhalten zusätzlich mit einer zivilrechtlichen Vereinbarung gegen Entgelt zu gestatten habe. Die Klägerin werde einmal als Hoheitsträger und einmal als Privatrechtsträger tätig. Was sie als Hoheitsträger auf dem Boden des Legalitätsprinzips zu genehmigen habe, könne sie durch Verweigerung einer privatrechtlichen Zustimmung oder durch Gestaltung von Vertragsbedingungen erheblich erschweren oder verhindern. Bedenken bestünden auch aufgrund des Nebeneinanders von hoheitlicher Abgabe und zivilrechtlichem Entgelt. Das NÖ GebrauchsabgG sehe in § 9 eine Gebrauchsabgabe gemäß § 8 Abs 5 F-VG vor. Das Höchstmaß der Abgabe sei im gesetzlich festgelegten Tarif normiert. Wenn der Landesgesetzgeber neben einer Abgabe gemäß § 8 Abs 5 F-VG zusätzlich eine Verpflichtung zur Entrichtung eines zivilrechtlich zu vereinbarenden Entgelts normiere, entziehe er sich damit im Ergebnis der Bindung des § 8 Abs 5 F-VG. Zwar dürfe die Gemeinde als Hoheitsträger nur eine Abgabe im landesgesetzlich bestimmten Höchstausmaß festsetzen, sie werde aber gleichzeitig ermächtigt, neben dieser Abgabe ein frei zu vereinbarendes zivilrechtliches Entgelt festzusetzen, welches hier ein „Mehrhundertfaches“ im Verhältnis zur Gebrauchsabgabe betrage. Auch deshalb sei § 18 Abs 3 NÖ StrG unsachlich und verfassungswidrig. Zudem sei das NÖ GebrauchsabgG eine lex specialis im Verhältnis zum NÖ StrG. § 18 NÖ StrG könne sich nur auf solche Nutzungen beziehen, die nicht Tatbestände des NÖ GebrauchsabgG erfassten und damit der Vorschreibung von Gebühren nach dessen Tarif unterlägen. Die auf Grundlage von § 18 Abs 3 NÖ StrG getroffene privatrechtliche Vereinbarung sei daher rechtlich ungültig, sodass das Zahlungsbegehren der Klägerin dem Grunde nach nicht bestehe.
Die Klägerin verwies demgegenüber darauf, dass die Vereinbarung auf Grundlage des § 18 NÖ StrG lediglich die Vermietung von Lichtmasten zum Inhalt habe, während sich die Gebrauchserlaubnis nach § 1 NÖ GebrauchsabgG nur auf die Anbringung von Werbetafeln im dort genannten Luftraum beziehe. Es bestehe daher keine Parallelität der Regelungsinhalte. Das kumulative Erfordernis von behördlichen und privatwirtschaftlichen Erlaubnissen sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht von vornherein ausgeschlossen.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
Nach § 1 Abs 1 NÖ Gebrauchsabgabegesetz 1973, LGBl 3700-0 (Wiederverlautbarung), in der nunmehrigen Fassung der 6. Novelle LGBl 3700-7 (kurz: NÖ GebrauchsabgG), ist für den über die widmungsmäßigen Zwecke hinausgehenden Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraums vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken. Eine Gebrauchserlaubnis nach dieser Gesetzesstelle ist jedoch nicht für jedwede derartige Sondernutzung von öffentlichem Grund in der Gemeinde erforderlich. Gemäß § 1 Abs 2 NÖ GebrauchsabgG gehen vielmehr nur die im angeschlossenen Tarif dieses Gesetzes angegebenen Arten des Gebrauchs von öffentlichem Grund in der Gemeinde über die widmungsmäßigen Zwecke im Sinne dieses Gesetzes hinaus. Das heißt, dass eine Gebrauchserlaubnis nach dem NÖ GebrauchsabgG nur für die in dem Gesetz angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauchs von öffentlichem Grund in der Gemeinde zu erwirken ist (VwGH 2001/05/0043 = VwSlg 15.835 A/2002).
Die eine Bewilligungspflicht nach dem NÖ GebrauchsabgG auslösende Sondernutzung des Gebrauchs von öffentlichem Grund in der Gemeinde über die widmungsgemäßen Zwecke hinaus ist nicht identisch mit der Sondernutzung nach § 18 NÖ StrG für jede über den Gemeingebrauch hinausgehende Benützung von öffentlichen Straßen (siehe § 4 Z 3 NÖ StrG), welche der Zustimmung der Straßenverwaltung (§ 4 Z 7 NÖ StrG) bedarf. Die Klägerin hat daher zutreffend, ausgehend davon, dass der von der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten beanspruchte öffentliche Grund auch eine Straße im Sinn des NÖ (Landes-)StrG betrifft, neben der Gebrauchserlaubnis in der 1998 abgeschlossenen Vereinbarung eine Benützungsbewilligung nach dem damals gültigen § 5 NÖ Landesstraßengesetz, LGBl 8500-3, erteilt. Diese Regelung findet sich nunmehr, etwas abweichend formuliert, in § 18 NÖ StrG. Bei Dauertatbeständen wie Dauerrechtsverhältnissen ist im Fall einer Gesetzesänderung der in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Rechtslage reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, wenn - wie hier - für den Übergang nicht etwas anderes vorgesehen ist (1 Ob 544/89 = SZ 62/34 ua; RIS-Justiz RS0008732). § 18 Abs 1 NÖ StrG fordert ebenfalls die Zustimmung der Straßenverwaltung zur Benützung einer öffentlichen Straße außerhalb des Rahmens ihrer Widmung als Akt der Wirtschaftsverwaltung, das heißt als zivilrechtlichen Vertrag (VwGH 2001/05/0043; Hauer/Zaussinger, Nieder- österreichisches Baurecht7 [2006] § 18 NÖ StG 1999 Anm 5). Dass die Kumulierung von verwaltungsbehördlicher Bewilligung (Gebrauchserlaubnis) und privatrechtlicher Vereinbarung (Sondernutzung) vom Landesgesetzgeber gewollt ist, zeigt sich auch durch den mit 1. 1. 2011 in Kraft getretenen § 1a NÖ GebrauchsabgG, in dem ausdrücklich festgehalten wird, dass dadurch § 18 des NÖ StrG nicht berührt wird. Dadurch wird klargestellt, dass mit § 1a NÖ GebrauchsabgG dem § 18 des NÖ StrG in Bezug auf Gemeindestraßen materiell nicht derogiert wird (Antrag Ltg.-591/A-1/39-2010 [Zu Art.I, Zu Z.4]).
Die Regelungsgegenstände der 1995 erteilten Gebrauchserlaubnis und der Vereinbarung aus dem Jahr 1998 sind auch nach deren Inhalt unterschiedlich. Mit Bescheid vom 9. 2. 1995 wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Gebrauchserlaubnis für das Anbringen von Hinweistafeln im Stadtgebiet W***** N***** erteilt und die Gebrauchsabgabe festgesetzt. Mit der Vereinbarung erteilte die Klägerin der Rechtsvorgängerin der Beklagten demgegenüber die Bewilligung für die Benützung von Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen der Stadt W***** N***** gegen Zahlung eines „Anerkennungszinses“. Diese Vereinbarung betrifft nicht den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis und die hiefür festgesetzte Gebrauchsabgabe. Mit der durch den Bescheid vom 20. 8. 2002 vom Magistrat der Klägerin der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß § 82 StVO erteilten (straßenpolizeilichen) Bewilligung zur Anbringung von Werbetafeln in bestimmten Straßenzügen im Stadtgebiet wurde wiederum ein - von den dem Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde zu Grunde liegenden Rechtsverhältnissen - verschiedenes Rechtsverhältnis geschaffen (VwGH 2001/05/0043 unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH KI-2/99 ua = VfSlg 16.104).
Soweit die Beklagte mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs G 77/84 (= VfSlg 10.357) argumentiert, ist darauf hinzuweisen, dass die dort zu lösende Rechtsfrage mit der hier zu beurteilenden nicht vergleichbar ist. Der von der Beklagten argumentierte Fall, dass die Klägerin im Rahmen ihres privatwirtschaftlichen Verhaltens Nutzungen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen, erheblich erschweren oder verhindern könnte, die der Beklagten auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bereits eingeräumt worden seien, liegt hier nicht vor. Die Klägerin bewilligte in einem Nebeneinander von hoheitlicher und zivilrechtlicher Gestattung der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten die Anbringung von Hinweistafeln sowie die Benützung von Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen und versagte ihr diese auch annähernd zeitgleich Ende 2008 durch den Widerruf der Bescheide und die „Kündigung“ der Vereinbarung. Verfassungsrechtliche Bedenken infolge Verstoßes gegen den Gleichheitssatz bestehen in diesem Zusammenhang nicht.
Nach § 9 Abs 1 NÖ GebrauchsabgG werden die Gemeinden gemäß § 8 Abs 5 des F-VG ermächtigt, für den über den widmungsmäßigen Zweck hinausgehenden Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde (§ 1 Abs 1) durch Verordnung des Gemeinderats eine Gebrauchsabgabe zu erheben. Nach § 8 Abs 5 F-VG kann die Landesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen. Die wesentlichen Merkmale einer Abgabe nach dieser Bestimmung sind der Besteuerungsgegenstand, die Bemessungsgrundlage, die Regelung der Steuerschuldnerschaft und - kraft ausdrücklicher Nennung - insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß (Ruppe, § 8 F-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Bundesverfassungsrecht Rz 35 [2000]). Gegenstand der Gebrauchsabgabe ist das Anbringen von Hinweistafeln im Stadtgebiet W***** N*****, während der „Anerkennungszins“ nach der Vereinbarung die Benützung von Lichtmasten auf öffentlichen Verkehrsflächen der Klägerin zu Werbezwecken betrifft. Da der Tatbestand der Gebrauchsabgabe nicht die Benützung von Lichtmasten zu Werbezwecken umfasst, für die gemäß § 18 Abs 3 NÖ StrG ein „Anerkennungszins“ vereinbart wurde, könnte durch diese Bestimmung § 8 Abs 5 F-VG nicht unterlaufen werden.
Wie bereits dargelegt wurde, ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten im hier zu beurteilenden Fall auch nicht das NÖ GebrauchsabgG eine lex specialis im Verhältnis zum NÖ StrG. Vielmehr sollen Nutzungen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen, nur zulässig sein, wenn sie besonders - auf privatrechtlicher (§ 18 NÖ StrG) und auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Gebrauchserlaubnis nach dem NÖ GebrauchsabgG) - eingeräumt werden (so auch Hauer/Zaussinger aaO).
Die Beklagte erhebt gegen das begehrte Entgelt weder dem Grunde noch der Höhe nach weitere Einwände. Da die auf der (nunmehrigen) Grundlage von § 18 Abs 3 NÖ StrG getroffene Entgeltvereinbarung rechtswirksam zustande kam, gegen diese Norm keine Bedenken aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit bestehen und die Beklagte die Lichtmasten unstrittig weiterhin nützt, wurde dem Zahlungsbegehren zu Recht stattgegeben.
Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
II. Zur Revision der Klägerin:
Ein Kontrahierungszwang besteht überall dort, wo faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität ihm die Möglichkeit der „Fremdbestimmung“ über andere gibt, also insbesondere bei Innehabung einer Monopolstellung. Der Straßenverwaltung kommt eine solche Monopolstellung zu. Der Monopolist muss, wenn ihm ein Vertragsabschluss zumutbar ist, einen guten (sachlichen) Grund für die Verweigerung eines Vertragsabschlusses haben (RIS-Justiz RS0016745). Der Kontrahierungszwang besteht nicht nur für lebenswichtige Güter wie beispielsweise auf dem Gebiet der Stromversorgung, er wurde auch schon für den Fall eines Gestattungsvertrags über die Aufstellung eines Warenständers auf öffentlichem Gut bejaht. Der Kontrahierungszwang der Gemeinde lässt sich aus dem für Gebietskörperschaften geltenden Gebot der Gleichbehandlung ableiten (6 Ob 191/05i; 7 Ob 287/05i = ecolex 2006/126 [Wilhelm]). Unabhängig davon, ob für die Klägerin infolge allfälligen Kontrahierungszwangs ein sachlicher Grund zur Beendigung der Vereinbarung mit der Beklagten zum 31. 12. 2008 gegeben war, kann das jedenfalls vorliegende Dauerschuldverhältnis wie jedes durch einseitige Erklärung aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt (RIS-Justiz RS0027780).
Beide Parteien gehen davon aus, dass die Vereinbarung ein „Gestattungsvertrag“ ist. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen liegt aber ein ausreichend wichtiger Grund zur Auflösung des Dauerschuldverhältnisses im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz vor, selbst wenn dieses nicht am 31. 12. 2008 beendet worden wäre. Die Beklagte bezahlte seit Jänner 2009 das vereinbarte, der Höhe nach unstrittige Entgelt nicht mehr. Die Klägerin stützte das Entfernungsbegehren auch auf diesen qualifizierten Entgeltrückstand. Der Beschluss über die Kündigung der Vereinbarung in der Gemeinderatssitzung der Klägerin vom 29. 10. 2008 deckt auch die außerordentliche Kündigung, die die Klägerin darauf stützte, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum jegliche Zahlung verweigert (vgl § 867 ABGB). Der Beschluss des Gemeinderats enthält nach den Feststellungen keine Einschränkung des Kündigungsrechts. Zwar hat die Klägerin Kunden der Beklagten in Schreiben aufgefordert, die ab 1. 1. 2009 zu leistenden Entgelte nicht mehr an die Beklagte, sondern an sie zu zahlen, jedoch konnte die Beklagte allfällige daraus resultierende Schadenersatzforderungen nicht konkretisieren. Ihre diesbezügliche Gegenforderung bezifferte sie nicht, sodass schon das Erstgericht die Aufrechnung mit einem solchen Schadenersatzanspruch ablehnte. Das von der Beklagten angestrebte Recht, den der vertraglichen Vereinbarung zu Grunde gelegten „Anerkennungszins“ nicht mehr zu zahlen, sondern nur noch die Gebrauchsabgabe, und unter Hinweis auf den Kontrahierungszwang der Klägerin die Lichtmasten zu Werbezwecken weiter zu benützen, liefe darauf hinaus, dem Vertragspartner entgegen den vertraglichen Bedingungen nachträglich einseitig eigene Preisvorstellungen aufzwingen zu dürfen. Auch ein Monopolist darf sich gegen eine derartige Vorgangsweise mit den von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligten Maßnahmen (außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund) wehren (vgl 1 Ob 88/12s).
Auch wenn man in der entgeltlichen Sondernutzung der Lichtmasten auf den öffentlichen Verkehrsflächen zu Werbezwecken eine Gebrauchsüberlassung im Sinn des § 1090 ABGB erblicken wollte, lägen die Voraussetzungen für die Vertragsaufhebung wegen Rückständen mit dem „Anerkennungszins“ gemäß § 1118 zweiter Fall ABGB vor. Nach der Rechtsprechung ist in einem bereits eingeleiteten Räumungsverfahren (hier: Begehren auf Entfernung) bei weiteren Mietzinsrückständen die erforderliche Mahnung und Aufhebungserklärung bereits in der Fortführung des Verfahrens enthalten (RIS-Justiz RS0021212 [T1], RS0021229 [T8], RS0020952 [T10]), weil auch im Zuge des Prozesses aufgelaufene Rückstände das auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsbegehren rechtfertigen können (RIS-Justiz RS0020952). Allerdings können im Verfahren aufgelaufene Rückstände des „Anerkennungszinses“ ein zum Zeitpunkt der Klagszustellung nicht berechtigtes Räumungsbegehren nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens qualifiziert im Sinn des § 1118 zweiter Fall ABGB waren (RIS-Justiz RS0021072 [T5]). Die Klägerin stützte im Schriftsatz vom 17. 6. 2011 ihr Entfernungsbegehren auf den Rückstand ab Jänner 2009 und erklärte hilfsweise die Auflösung der Vereinbarung. Eine Gleichschrift wurde der Beklagten gemäß § 112 ZPO direkt zugestellt. Da dann, wenn die Auflösungserklärung in der Räumungsklage abgegeben wird, die Auflösung des Bestandverhältnisses mit der Zustellung der Klage eintritt (RIS-Justiz RS0105354 [T5]), muss Gleiches auch mit dem Zugang einer später vorgenommenen Klagsausdehnung (oder die Berufung auf den qualifizierten Zahlungsverzug) gelten, geht es doch hier lediglich um die materielle Wirkung der Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB (6 Ob 50/10m). Die Beklagte zahlte den Rückstand nicht. Nächster Zinstermin wäre nach der Vereinbarung der 30. 6. 2011 gewesen. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz am 6. 9. 2011 bestand daher ein „qualifizierter“ Rückstand des „Anerkennungszinses“, der die Klägerin zur vorzeitigen Auflösung der Vereinbarung berechtigte.
Dem Entfernungsbegehren der Klägerin kommt daher Berechtigung zu, ohne dass darauf eingegangen werden müsste, ob sie zur Beendigung der Vereinbarung schon zum 31. 12. 2008 berechtigt gewesen wäre.
Der Revision der Klägerin ist daher Folge zu geben und die Entscheidung der Vorinstanzen über das Entfernungsbegehren sind im Sinn einer Klagsstattgebung abzuändern.
III. Die Kostenentscheidung gründet sich im erstinstanzlichen Verfahren auf § 43 Abs 1 und 2 erster Fall ZPO und im Rechtsmittelverfahren auf § 41 und § 50 ZPO.
Im (längeren) ersten Verfahrensabschnitt des erstinstanzlichen Verfahrens (bis zur Zurückziehung ihres Begehrens auf Zustimmung zur Ausfolgung gerichtlich hinterlegter Beträge von 92.711,42 EUR) obsiegte die Klägerin bei einem Gesamtstreitwert von 233.650 EUR mit 60 %, sodass ihr gemäß § 43 Abs 1 ZPO 20 % ihres Verdiensts und 60 % der Pauschalgebühr zuzusprechen sind. Im zweiten Verfahrensabschnitt des erstinstanzlichen Verfahrens (Verhandlung am 6. 9. 2011) drang die Klägerin mit 93 % durch. Ihr steht in diesem Verfahrensabschnitt gemäß § 43 Abs 2 erster Fall ZPO ihr Verdienst in voller Höhe auf Basis ihres Obsiegens mit dem Entfernungs- und Zahlungsbegehren (Streitwert: 217.817,45 EUR sA) zu.
Gemäß § 23 Abs 3 iVm Abs 9 RATG sind für die - letztlich erfolgreiche - Berufung der Klägerin nur ein Einheitssatz von 180 % (Entfernung bewertet mit 10.000 EUR) und für ihre Berufungsbeantwortung lediglich ein Einheitssatz von 150 % sowie der Tarifansatz entsprechend der Bemessungsgrundlage von 207.817,45 EUR sA berechtigt.
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