Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die von ihr auf dem öffentlichen Weggrundstück 1203/4 (EZ 50000 Grundbuch Arnoldstein) errichteten Anlagen nächst der B 83, und zwar Zufahrt zur Tankstelle, Standort eines Kessels und einer Zapfsäule, Pumpeninsel, eine weitere Zapfsäule eines Ventilschachtes sowie die Unterführung mit zwei Saugleitungen und einer Elektrozuleitung zur Zapfsäule auf der verlängerten Pumpeninsel bei der Tankstelle N*** in Arnoldstein sofort zu entfernen und sich jeder weiteren derartigen Nutzung oder Benützung des Grundstückes 1203/4 KG Arnoldstein im Ausmaß von etwa 100 m2 zu enthalten, abgewiesen wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.606,60 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 1.100,60 Umsatzsteuer und S 3.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Marktgemeinde ist Eigentümerin des Grundstückes 1203/4 KG Arnoldstein, das in der Natur eine Gemeindestraße mit der Bezeichnung "Nußallee" darstellt und von Norden kommend in die Bundesstraße B 83 einmündet.
Der Bürgermeister der klagenden Partei bewilligte der beklagten Partei auf deren Antrag mit Bescheid vom 28.Jänner 1958 die Sonderbenützung einer Teilfläche des Grundstückes 1203/4 im Ausmaß von etwa 100 m2 "als Zufahrt zur Tankstelle und als Standort von einem Kessel und einer Zapfsäule" und erweiterte diese Bewilligung mit Bescheid vom 16.November 1960 zur Verlängerung des bestehenden Pumpenkessels um 80 cm, zur Herstellung einer Zapfsäule und eines Ventilschachtes sowie für die Unterführung mit zwei Saugleitungen und eine elektrische Zuleitung zur Zapfsäule auf der zu verlängernden Pumpeninsel. In beiden Bescheiden war festgelegt, daß die erteilte Bewilligung zur Sonderbenützung gemäß § 54 Abs 3 (Kärntner) StraßenG (LGBl 1955/24) entschädigungslos widerrufen werden würde, wenn dies im Falle einer baulichen Umgestaltung der Straße oder aus Rücksichten des Verkehrs erforderlich werden sollte. Mit Bescheid vom 28.Oktober 1987 widerrief der Bürgermeister der klagenden Gemeinde die der beklagten Partei erteilten Sonderbenützungsrechte am Straßengrund. Der von der beklagten Partei dagegen erhobenen Berufung gab der Gemeindevorstand der klagenden Partei nicht Folge. Dagegen erhob die beklagte Partei Vorstellung an die Kärntner Landesregierung, die bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht erledigt war. Im verwaltungsbehördlichen Rechtsmittelverfahren stellte sich die beklagte Partei auf den Standpunkt, daß seit der Novellierung des Kärntner Straßengesetzes im Jahre 1977 u.a. auch die Gemeindestraßen nicht mehr im Rahmen der Hoheits-, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinden zu verwalten seien. Daher sei die klagende Gemeinde nicht berechtigt, die Sonderbenützung durch Hoheitsakt (Bescheid) zu widerrufen. Mit Schreiben vom 8.Jänner 1988 widerrief der Bürgermeister der klagenden Gemeinde die der beklagten Partei mit den erwähnten Bescheiden erteilte Sonderbenützung ohne jede Angabe von Gründen und forderte die beklagte Partei auf, die Sonderbenützung des Straßengrundes einzustellen und die von ihr errichteten Anlagen bis 31. März 1988 zu entfernen. Mit Schreiben vom 28.Jänner 1988 teilte die beklagte Partei der klagenden Partei mit, daß sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten werde.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Entfernung der in der Klage näher beschriebenen Anlagen und die Unterlassung jeder weiteren derartigen Nutzung oder Benützung dieses Grundstückes. Sie sei zu diesem Begehren berechtigt, weil sie die bewilligte Sonderbenützung wirksam widerrufen habe. Sie werde u.a. auch die Nußallee neu gestalten, um den Verkehr in diesem Bereich besser und zweckmäßiger bewältigen zu können. Aus diesen Gründen sei auch die Entfernung der Anlagen, deren Errichtung der beklagten Partei mit den Bescheiden bewilligt worden sei, notwendig. Die beklagte Partei wendete ein, die mit Bescheid bewilligte Sonderbenützung könne von der klagenden Partei nur mit Bescheid im Rahmen der Hoheitsverwaltung widerrufen werden. Bei Bejahung eines privatrechtlichen Benützungsverhältnisses wäre dieses außerdem als Bestandverhältnis zu beurteilen, das den mietrechtlichen Kündigungsbeschränkungen unterliege. Überdies wäre auch der Widerruf unzulässig, weil keine Änderung der Verkehrsverhältnisse eingetreten sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest:
Der Gemeinderat der klagenden Partei habe den Ausbau des Gemeindeplatzes und der Nußallee beschlossen; Beweggründe für dessen Beschluß seien einerseits die Neuherstellung der Bushaltestelle, die Änderung der Südfassade des Amtsgebäudes und die Herstellung eines überdachten Stiegenaufganges bei der Volksschule sowie andererseits die Neuerrichtung der Eisenbahnbrücke über der Nußallee gewesen. Infolge des Brückenbaus sei die Gewichtsbeschränkung auf 3,5 t weggefallen, so daß der Schwerverkehr nach Arnoldstein-Nord durch die Nußallee umgeleitet werde; beim Abbiegen von der Bundesstraße B 83 in die Nußallee bzw. in der Gegenrichtung müßten jedoch LKW-Züge auch die Gegenfahrbahn in Anspruch nehmen. Durch die Schaffung eines zusätzlichen Fahrstreifens im Bereich der Kreuzung würde das Überfahren der Fahrbahnmitte beim Abbiegen solcher Schwerfahrzeuge vermieden. Die klagende Partei habe mit diesen Umbauarbeiten bereits begonnen. Die Arbeiten hätten bis September 1988 abgeschlossen sein müssen, weil der klagenden Gemeinde sonst bereitgestellte Förderungsmittel entgangen wären. Die Umbauarbeiten seien "aus Rücksichten des öffentlichen Verkehrs sowie der Verkehrssicherheit" erforderlich. Von den Umbauarbeiten auf dem Gemeindeplatz sei auch die Nußallee im Bereich der Tankstelle betroffen. Die Umbaumaßnahmen würden von den von der beklagten Partei im Rahmen der Sonderbenützung betriebenen Anlagen auf dem Wegegrundstück "gehindert". Seit dem von der klagenden Partei erklärten Widerruf der Sonderbenützung habe diese die seinerzeit in den Bescheiden vom 28.Jänner 1958 und 16.November 1960 festgelegten jährlichen Entschädigungsbeträge von S 500,-- bzw. S 430,-- nicht mehr angenommen.
In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, zwischen den Streitteilen liege kein Vertragsverhältnis vor. Der beklagten Partei seien die Sonderbenützungsrechte mit Bescheid eingeräumt worden. Auf Grund der geänderten Gesetzeslage sei die Sonderbenützung nicht mehr mittels Bescheides, sondern durch eine Erklärung des Bürgermeisters zu widerrufen. Die Voraussetzungen für den Widerruf seien zu bejahen, weil die klagende Partei den Gemeindeplatz umbaue und die Straße auch im Bereich der Tankstelle von den Umbaumaßnahmen betroffen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision nicht zulässig sei. Es verneinte die behaupteten Verfahrensmängel, hielt die Erledigung der Beweisrüge für entbehrlich und führte zur Rechtsrüge aus, die Klage sei nach Inhalt und Begehren als Eigentumsfreiheitsklage im Sinne des § 523 ABGB zu beurteilen. Die klagende Partei habe nur zu beweisen, daß sie Eigentümerin des Grundstückes sei und die beklagte Partei dieses benütze; beides werde nicht bestritten. Sache der beklagten Partei sei der Nachweis ihres Rechtes zur Benützung des Grundstückes. Hiefür habe diese vorerst die Bescheide vom 28. Jänner 1958 und 16.November 1960 für sich. Zufolge der bei Erlassung der Bescheide maßgeblichen Fassung des Kärntner Straßengesetzes seien Sonderbenützungsrechte an öffentlicher Straße mit Bescheid als Akt der Hoheitsverwaltung einzuräumen gewesen. Seit der Novellierung der darauf bezughabenden Bestimmungen dieses Gesetzes im Jahre 1977 sei die Benützung öffentlicher Straßen zu einem anderen als ihrem bestimmungsgemäßen Zweck nicht mehr mit Bescheid der Straßenbehörde zu bewilligen, sondern es sei hiefür nur mehr die Zustimmung der Straßenverwaltung notwendig gewesen. Mit der am 1.Jänner 1984 in Kraft getretenen Novelle vom 2.März 1984 sei § 55 des 1978 wiederverlautbarten Kärntner Straßengesetzes dahin abgeändert worden, daß eine Sonderbenützung des Straßengrundes nur auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Straßenverwaltung erfolgen könne. Mangels anderslautenden Übergangsrechtes sei diese Gesetzesbestimmung auch auf den Widerruf einer schon früher mittels Bescheides eingeräumten Sonderbenützung anzuwenden, so daß auch die mit Bescheid als hoheitsrechtlichem Akt eingeräumten Sonderbenützungsrechte nicht mehr mittels Bescheides, sondern durch Erklärung des Bürgermeisters im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zu widerrufen seien. Daher sei nicht der mit Bescheid des Bürgermeisters der klagenden Gemeinde vom 28. Oktober 1987 verfügte, sondern der mit Schreiben der klagenden Partei vom 8.Jänner 1988 erklärte Widerruf der Sonderbenützungsbewilligung maßgebend. Die Berechtigung zum Widerruf und dessen Wirksamkeit richteten sich nach jener Bestimmung, nach der die Bewilligung von Sonderbenützungen von Straßengrund entschädigungslos widerrufen werden könne, wenn diese im Falle einer baulichen Umgestaltung der Straße oder aus Rücksichten des Verkehrs erforderlich werden sollte. Für den Widerruf reiche demnach bereits eine bauliche Umgestaltung der Straße hin. Daß eine solche vorgenommen werden solle, sei unbestritten und stehe im übrigen auch unbedenklich fest. Davon sei auch die von der beklagten Partei benützte Teilfläche betroffen. Daß die geplanten Umbaumaßnahmen lediglich schikanös, also allein um der beklagten Partei Schaden zuzufügen, vorgenommen würden, habe die beklagte Partei nicht behauptet. Der Widerruf sei somit wirksam erklärt worden, so daß die beklagte Partei das Grundstück der klagenden Partei titellos benütze und deren Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren gerechtfertigt erscheine. Es liege auch kein den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes oder des Mietengesetzes unterworfener Bestandvertrag vor. Das Mietrechtsgesetz selbst betreffe nur noch die Raummiete. Selbständig gemietete, Geschäftszwecken dienende Grundstücke seien vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen. Nach § 49 Abs 1 MRG gälten allerdings für Mietverträge, die vom Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes ausgenommen, auf die aber vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes die Kündigungsbeschränkungen des § 19 MG anzuwenden gewesen seien, die §§ 19 bis 23 MG bis 31. Dezember 1988 weiter. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch kein Bestandverhältnis. Wenn auch die entgeltliche Gebrauchsüberlassung im Zweifel einen Bestandvertrag darstelle, rechtfertigten doch besondere Umstände die Zuordnung einer Vereinbarung, auf welche die allgemeinen Merkmale des Bestandvertrages zutreffen, zu einer anderen Vertragstype oder gar wegen der gesetzlichen Vertragsfreiheit zu keiner der im Gesetz normierten Vertragstypen. Im vorliegenden Fall sei der beklagten Partei das Sonderbenützungsrecht von Straßengrund nicht durch eine privatrechtliche Vereinbarung, sondern mittels hoheitsrechtlichen Aktes eingeräumt worden, so daß schon deshalb die Annahme eines Bestandvertrages nicht in Frage komme. Aus dem Schutzbereich des Mietrechtsgesetzes oder des Mietengesetzes schieden alle Gebrauchsüberlassungen aus, die nicht auf einem Mietvertrag, sondern auf einem anderen Rechtstitel beruhten. Da die beklagte Partei die fragliche Grundstücksfläche infolge begründeten Widerrufs der Sonderbenützung durch die klagende Partei titellos benütze, habe das Erstgericht dem Klagebegehren zutreffend stattgegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der beklagten Partei erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob der Widerruf eines mit Bescheid eingeräumten Sondernutzungsrechtes von Straßengrund durch eine als privatrechtliche Willensäußerung zu beurteilende Erklärung des Bürgermeisters zu erfolgen habe, wenn die Bewilligung und der Widerruf solcher Sondernutzungsrechte nach einer Gesetzesänderung der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde zugewiesen wurden und die Novelle kein Übergangsrecht enthält, soweit überblickbar, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; die Revision ist - im Ergebnis - auch berechtigt.
Da die rechtmäßig erteilte Bewilligung der Sonderbenützungsrechte der beklagten Partei durch Bescheide des Bürgermeisters der klagenden Gemeinde außer Zweifel steht, reduziert sich der Rechtsstreit auf die Frage, ob die Sonderbenützungsrechte der beklagten Partei wirksam widerrufen und damit aufgehoben sind und die beklagte Partei deshalb den Straßengrund der klagenden Partei ohne zureichenden Rechtstitel über den jedermann zustehenden Gemeingebrauch hinaus benützt. Da sich die klagende Partei auf die Aufhebung der rechtmäßig begründeten Sonderbenützung beruft, hat sie darzutun, daß die Straßenverwaltung die Sonderbenützung rechtmäßig widerrufen hat.
Zur Lösung dieser Rechtsfrage bedarf es vorerst einer Darstellung der maßgeblichen Rechtslage. Gemäß § 54 Abs 1 Kärntner StraßenG (vom 7.Juli 1955, LGBl Nr 24 - im folgenden kurz Krnt StG 1955 bzw. 1971) bedurfte jede Benützung der öffentlichen Straßen zu einem anderen als ihrem bestimmungsgemäßen Zweck durch Einrichtungen unter, auf oder über dem Straßengrund (Sonderbenützung) der schriftlichen Bewilligung der Straßenbehörde, von welcher über Verlangen der Straßenverwaltung die Bewilligung bei Zutreffen dort näher umschriebener Voraussetzungen auch entschädigungslos zu widerrufen war (Abs 3). Straßenbehörde war gemäß § 56 Abs 1 Krnt StG 1971 bei Gemeindestraßen der Bürgermeister, wogegen die Straßenverwaltung die mit der Sorge für die Herstellung und Erhaltung der öffentlichen Straßen betraute Körperschaft - somit bei Gemeindestraßen die Gemeinde - war (§ 61 Abs 1 Krnt StG 1971). Da die Bewilligung der Sonderbenützung und deren Widerruf von der Straßenbehörde und nicht vom Eigentümer des Straßengrundes (Straßenverwaltung) auszusprechen war, kann es, obwohl der Begriff der Bewilligung keine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden Verwaltungsbereiche der Gebietskörperschaft zuläßt und im Zweifel darüber, ob ein bestimmter Verwaltungsakt im Bereich der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung zu ergehen hat, dieser Akt letzterer zuzurechnen ist (Loebenstein-Kaniak, AHG2 78 mwN; vgl. auch die Nachweise aus der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes bei Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 27 f) doch nicht zweifelhaft sein, daß nach der bei der Einräumung der Sonderbenützungsrechte der beklagten Partei geltenden Rechtslage (d.i. 1958 bzw. 1960) die Bewilligung der Sonderbenützung (bzw. deren Widerruf) von der Straßenbehörde mit Bescheid als Akt der Hoheitsverwaltung auszusprechen war (vgl. insbesondere das Übergangsrecht im Gesetz von 2.März 1984, LGBl Nr 26, welches noch weiter unten erörtert werden wird). Von dieser Auffassung sind im übrigen auch die Streitteile und die Vorinstanzen ausgegangen.
Durch das Gesetz vom 25.Februar 1977, LGBl Nr 33 (im folgenden kurz Nov. 1977), wurden insbesondere auch die Bestimmungen über die Einräumung und den Widerruf von Sonderbenützungsrechten geändert. Gemäß § 55 Abs 1 Krnt StG 1971 in der Fassung durch die erwähnte Novelle bedurfte jede Sonderbenützung nunmehr der Zustimmung der in dem - von der Nov. 1977 im übrigen nicht
berührten § 61 Krnt StG 1971 näher bezeichneten Straßenverwaltung, welche die Zustimmung gemäß § 55 Abs 3 Krnt StG 1971 in der neuen Fassung bei Zutreffen der dort - gegenüber der bisherigen Rechtslage inhaltlich unverändert gebliebenen - Voraussetzungen auch zu widerrufen hatte. Damit sollte die Begründung von Sonderbenützungsrechten und deren Widerruf an die Bestimmung des § 28 Abs 1 BStG 1971 angeglichen werden (vgl. Erläuterungen zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Straßengesetz 1971 geändert wird, Zl. Verf-154/4/1976 des Amtes der Kärntner Landesregierung, S. 6). Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes hatten bereits zu § 21 Abs 1 BStG 1948 ausgesprochen (VfSlg 3183/1957 = JBl 1958, 119; VWGH, ZVR 1987/228), daß die danach zu erteilende Bewilligung (im Bundesstraßengesetz 1971 zur Klarstellung in "Zustimmung" geändert - vgl. RV 242 BlgNr 12.GP 30) von Sondernutzungen an Bundesstraßen keinen behördlichen Bescheid, sondern einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes darstelle (so auch der Oberste Gerichtshof SZ 38/95 ua). Durch die Nov. 1977 wurden demnach die Begründung von Sonderbenützungen an öffentlichen Straße in Kärnten ebenso wie deren Widerruf aus der Hoheitsverwaltung ausgegliedert und der Privatwirtschaftsverwaltung (des Landes Kärnten bzw.) der Gemeinden in Kärnten zugewiesen. Die Nov. 1977 enthält keinerlei Übergangsrecht; sie ist am Tag nach ihrer Kundmachung, somit am 26.Mai 1977 in Kraft getreten. Mit Kundmachung der Kärntner Landesregierung vom 23.November 1977, LGBl Nr 33, wurde das Straßengesetz 1971 in der Fassung durch die Nov. 1977 als Kärntner Straßengesetz 1978 wiederverlautbart.
Mit Gesetz vom 2.März 1984, LGBl Nr 26 (im folgenden kurz Nov. 1984), wurde die Begründung von Sonderbenützungen von Straßengrund durch die Neufassung des § 55 StG 1978 erneut einer Änderung unterzogen. Das neue Recht ist gemäß Art II der Nov. 1984 auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Nov. 1984 auf Grund eines Bescheides oder einer Zustimmung der Straßenverwaltung ausgeübte Sonderbenützungen von Straßengrund solange nicht anzuwenden, als sie entsprechend dem Bescheid oder der Zustimmung weiter ausgeübt werden. Auf solche Sonderbenützungen sind also die allgemeinen übergangsrechtlichen Grundsätze anzuwenden. Aus den Bestimmungen des BundesVerfassungsgesetzes über die Gesetzeserzeugung ergibt sich die Vorstellung eines Systems abänderbarer Normen, was zur Folge hat, daß eine Rechtsnorm grundsätzlich (nur) so lange gilt, bis sie infolge eines Konfliktes mit einer späteren Norm aufgehoben wird (Derogation; Walter-Mayer, Grundriß des österr.
Bundesverfassungsrechts6 Rz 496; VfSlg 2976/1956). Bei Dauertatbeständen wie Dauerrechtsverhältnissen ist im Falle einer Gesetzesveränderung der in den zeitlichen Geltungsbereich der neuen Rechtslage reichende Teil des Dauertatbestandes nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, wenn - wie in der Nov. 1977 - für den Übergang nicht etwas anderes vorgesehen ist (F. Bydlinski in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 5; Koziol-Welser8 I 33 mwN in FN 81; Antoniolli-Koja, aaO 202 mwN aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Selbst wenn aber ein Widerspruch (Konflikt) zwischen zwei Rechtsvorschriften angenommen werden müßte, so gilt doch die Regel, daß dann - im allgemeinen - die spätere Rechtsvorschrift gilt (WalterMayer aaO; Walter, Österr. Bundesverfassungsrecht 326). Daraus folgt, daß die durch Bescheid im Sinne des § 54 Abs 1 StG 1955 bzw. 1971 begründeten Dauerrechtsverhältnisse ab Inkrafttreten der Nov. 1977 (am 26.Mai 1977) nur nach dem neuen Recht - also vom Eigentümer des Straßengrundes durch Widerrufserklärung der Straßenverwaltung (§ 55 Abs 3 i.d.F. der Nov. 1977) - beendet werden können. Im übrigen entbehrte der Widerruf durch Bescheid der Straßenbehörde auch jedweder gesetzlichen Grundlage (Art. 18 Abs 1 B-VG). Die Bestimmung des § 54 Abs 3 StG 1971 i.d.F. vor der Nov. 1977, die den Widerruf als solchen Hoheitsakt vorsah, ist durch die genannte Novelle ohne entsprechende Übergangsregelung beseitigt worden, so daß ein solcher Bescheid auf die erwähnte Gesetzesstelle nicht mehr gestützt werden könnte.
Diese Änderung der Gesetzeslage begegnet entgegen der Ansicht der Revisionswerberin jedenfalls dann keinen verfassungsgesetzlichen Bedenken, wenn die Rechtsstellung der am bisher öffentlich-rechtlich gestalteten Rechtsverhältnis beteiligten Rechtssubjekte - wie hier, da die Widerrufsgründe gleichgeblieben sind - inhaltlich nicht verschlechtert wurde und ihnen das neue Recht nunmehr sogar Rechtsschutz durch die Gerichte und damit auch auf der Sachverhaltsebene angedeihen läßt. Soweit die beklagte Partei zur Dartuung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen eine solche Lösung das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 5630/1967 ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, daß der Verfassungsgerichtshof dort in der im § 47 Abs 1 PStG, GBIÖ. 1938/287, vorgesehenen Zuständigkeitsordnung zwischen Standesbeamten und Bezirksgericht am Sitz des Gerichtshofes erster Instanz einen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des Art. 94 B-VG deshalb erblickt hat, weil der Standesbeamte dem Gericht danach weisungsunterworfen gewesen, jedenfalls aber das Gericht Hoheitsakte des Verwaltungsorgans abzuändern berufen gewesen sei. Im vorliegenden Fall wurde dem Gericht durch das Novellenrecht hingegen keine bescheidändernde Kompetenz übertragen; nur die Auflösung des durch Bescheid begründeten Dauerrechtsverhältnisses ist ab nun dem Privatrecht unterstellt, wenn neue, im Gesetz umschriebene Umstände auftreten, die die Beendigung des Rechtsverhältnisses erforderlich machen. Das Gericht hat im Streitfall lediglich zu prüfen, ob sich die Widerrufserklärung der Straßenverwaltung auf einen der im Gesetz umschriebenen Gründe stützen kann. Von einer verfahrensrechtlichen Verflechtung von Straßenbehörde und Gericht zu einer Organisationseinheit, deren Vermeidung sich der Grundsatz der Trennung der beiden Vollzugsbereiche gemäß Art. 94 B-VG zum Ziel setzt, kann keine Rede sein.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß durch Bescheid begründete Sonderbenützungen am Straßengrund als Dauerrechtsverhältnisse vom Inkrafttreten der Nov. 1977 am 26. Mai 1977 an nur mehr mittels Erklärung durch die Straßenverwaltung aus den im Straßengesetz 1971 aufgezählten Gründen widerrufen werden können. Solche Erklärungen sind Willensäußerungen, deren Voraussetzungen und Wirkungen nach dem durch das Kärntner Straßenrecht als lex specialis modifizierten Privatrecht zu beurteilen sind.
Auch den Ausführungen der beklagten Partei zur Beurteilung des nunmehr privatrechtlich gestalteten Rechtsverhältnisses zwischen Eigentümer des Straßengrundes und Sonderbenützungsberechtigtem kann nicht beigepflichtet werden. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung (z.B. MietSlg 38.118/24 u.a.), daß auch die entgeltliche Gebrauchsüberlassung aus besonderen Gründen die Annahme eines anderen Vertragstypus oder überhaupt eines Innominatkontraktes rechtfertigt. Dies trifft auf die Einräumung privatrechtlich gestalteter Sonderbenützungsrechte von Straßengrund zu, weil es sich bei den zum Gebrauch überlassenen Grundflächen um öffentliches Gut (§§ 287 f ABGB) handelt, das zwar im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht, aber dem bestimmungsgemäßen unmittelbaren Gebrauch durch jedermann (Gemeingebrauch) dient (vgl. auch § 2 Krnt StG 1978). Sonderbenützungen, die - wie im vorliegenden Fall - nach Art und Ausmaß über den Gemeingebrauch hinausgehen bzw. den gleichartigen Gebrauch durch andere entweder einschränken oder überhaupt ausschließen, bedürfen deshalb entweder (wie nach § 54 Abs 1 Krnt StG 1971 idF. vor der Nov. 1977) behördlichen Bewilligung oder (wie seit der Nov. 1977) privatrechtlichen Gestattung (vgl. Spielbüchler in Rummel, ABGB, § 287 Rz 5 mwN aus der Rechtsprechung). Die Sonderbenützung ist demnach nicht schlechthin Gebrauchsüberlassung im Sinn des § 1090 ABGB, sondern die Gestattung, das öffentliche Gut unter Ausschluß des Gemeingebrauchs zu benützen. Die Erfordernisse des Gemeingebrauchs, vor allem Verkehrsrücksichten, rechtfertigen deshalb eine vom Bestandvertrag abweichende Ausgestaltung dieser Benützungsgestattung. Nach Lehre und Rechtsprechung (SZ 44/138; ZVR 1967/177 ua; vgl. auch SZ 52/62; Krzizek, Das öffentliche Wegerecht, 70; Spielbüchler aaO) ist die Zustimmung zur Sonderbenützung von öffentlichem Gut in Form eines Gestattungsvertrages zu erteilen, der in bestimmten Belangen, insbesondere in bezug auf die Beendigungsgründe des damit begründeten Dauerrechtsverhältnisses, seine besondere Ausgestaltung durch das Straßenrecht erfährt (vgl. Krzizek aaO). Die Besonderheit der Regelung ergibt sich schon daraus, daß der Eigentümer des öffentlichen Gutes dem Kontrahierungszwang unterworfen ist, was es beim Bestandrecht derzeit jedenfalls nicht gibt (SZ 44/138). Selbst ein Bestandrecht erführe jedoch immer noch seine besondere Ausgestaltung durch § 28 BStG 1971 bzw. das Landesstraßenrecht (im vorliegenden Fall durch § 55 Krnt StG in der jeweils maßgeblichen Fassung). Zur Erlassung von Bestimmungen über die Zurücknahme bzw. Änderung der Gebrauchsgestattung als Ergänzung bzw. Modifizierung des bürgerlichen Rechtes wären auch die Länder kraft des besonderen Regelungsgegenstandes auf Grund des Art. 15 Abs 9 B-VG ermächtigt (Krzizek aaO).
Gemäß § 55 Abs 3 Krnt StG 1978 hat die Straßenverwaltung die Zustimmung (zur Sonderbenützung) zu widerrufen, wenn die Änderung oder gänzliche Entfernung der Einrichtungen des Sonderbenützungsberechtigten unter, auf oder über dem Straßengrund wegen der baulichen Umgestaltung der Straße oder aus Rücksichten des Verkehrs notwendig wird. Nicht jedwede bauliche Umgestaltung der Straße rechtfertigt also den Widerruf der Sonderbenützung. Befindet sich die klagende Partei durch die Übertragung der Straßenverwaltung den Anrainern und allen sonstigen Sondernutzungsinteressenten gegenüber in Monopolstellung und kann sie deshalb selbst die Bewilligung einer Sonderbenützung nur aus einem sachlichen (also wichtigen) Grund verweigern (SZ 44/138 ua), so muß umso mehr ein wichtiger Grund vorliegen, wenn es um den Widerruf solcher Rechte, besonders wenn es um die wirtschaftliche Existenz des Sonderbenützungsberechtigten oder doch um die Vernichtung beträchtlicher Vermögenswerte, geht. Das Gesetz bringt dies auch klar zum Ausdruck. Die Straßenverwaltung ist zum Widerruf von Sonderbenützungen im Sinne des § 55 Abs 3 Krnt StG 1978 nicht schon berechtigt, wenn sie die Umgestaltung der Straße - aus welchen Gründen immer - vorhat; sie hat vielmehr im Streitfall darzutun, daß das Vorhaben notwendig ist, also ohne Beseitigung oder Änderung der Einrichtungen technisch nicht möglich oder jedenfalls wirtschaftlich untragbar wäre. Darüber hinaus kann dem Gesetzgeber aber auch nicht die Absicht unterstellt werden, die Straßenverwaltung durch die Fassung der - inhaltlich nie geänderten - Widerrufsgründe den Sonderbenützungsberechtigten gegenüber zu schrankenloser Willkür zu ermächtigen. Jedenfalls dann, wenn durch die Erteilung von Sonderbenützungen kostenaufwendige Investitionen ausgelöst wurden oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Sonderbenützungsberechtigten auf dem Spiel steht, kann § 55 Krnt StG 1978 (i.d.F. vor der Nov. 1984) nur dahin verstanden werden, daß wirklich notwendige, also unvermeidbare bauliche Umgestaltungen der Straße, die ohne Beseitigung der Anlagen technisch nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht tragbar wären, bzw. gleichermaßen gerechtfertigte Verkehrsrücksichten der Straßenverwaltung die Befugnis zum - noch dazu entschädigungslosen - Widerruf der Sonderbenützung einräumen. Es ist demnach eine Interessenabwägung vorzunehmen. Nur wenn dem Grundeigentümer aus der Aufrechterhaltung der Sonderbenützung ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Sondernutzungsberechtigten aus dem erklärten Widerruf, ist dieser für berechtigt zu erkennen.
Die klagende Partei hat im Verfahren erster Instanz (ON 1, S 3 - der Widerrufserklärung des Bürgermeisters der klagenden Gemeinde vom 8.Jänner 1988 sind Widerrufsgründe überhaupt nicht zu entnehmen) vorgebracht, sie werde u.a. die Nußallee neu gestalten, um den Verkehr besser und zweckmäßiger in diesem Bereich bewältigen zu können. Deshalb sei die Entfernung der Tankstellenanlagen der beklagten Partei notwendig. Die vom Gesetz geforderte Notwendigkeit wird also nicht selbständig behauptet und begründet, sondern allein daraus abgeleitet, daß nach der Entfernung der Anlagen der beklagten Partei der Verkehr in diesem Bereich besser und zweckmäßiger bewältigt werden könnte. Ein solcher Vorteil ist aber noch keine Notwendigkeit im dargestellten Sinn.
Es fehlt dann aber schon an den für die Stattgebung des Klagebegehrens notwendigen Behauptungen der klagenden Partei. Insbesondere hat sie nicht einmal behauptet, daß die von ihr geplanten Umbauarbeiten, derentwegen sie die Sonderbenützung durch die beklagte Partei widerrufen hat, unvermeidbare (wirklich notwendige) bauliche Umgestaltungen der Straße sind. Fehlt es aber schon an solchen, sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebenden, für die Stützung des Entfernungs- und Unterlassungsbegehrens erforderlichen Behauptungen, so ist das Klagebegehren, ohne daß das Verfahren noch zu ergänzen wäre, in Stattgebung der Revision abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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