European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:010OBS00165.16M.0124.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Der 1966 geborene Kläger bezog nach einer Angiomoperation mit nachfolgender Hirnblutung im Jahr 1983 zunächst einen Hilflosenzuschuss. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass der Kläger gemäß den § 38 Abs 1, § 39 Abs 1 BPGG seit 1. 7. 1993 Pflegegeld der Stufe 2 nach dem BPGG bezieht. Strittig ist im Revisionsverfahren nur mehr, ob mit Ablauf des Monats Februar 2016 eine Herabsetzung des Pflegegeldes auf die Stufe 1 gerechtfertigt ist (Standpunkt der Beklagten) oder ob Pflegegeld der Stufe 2 weiterhin zu gewähren ist (Standpunkt des Klägers).
Im Juli 1993 bestand beim Kläger ein Zustand nach operierter Angiomblutung mit Hemiplegie rechts, spastisch, beginnender Gonarthrose rechts mit endlagiger Bewegungseinschränkung sowie Zirkumduktion beim Gang des rechten Beines. Der Kläger benötigte 1993 teilweise Hilfe bei der täglichen Körperpflege, er konnte einfache Mahlzeiten nicht selbständig zubereiten, er brauchte Hilfe bei der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, bei der Pflege der Leib‑ und Bettwäsche und benötigte Begleitung außer Haus.
An welchen Einschränkungen der Kläger vor dem 30. 7. 1993 gelitten hat und welche Form von Hilfe und Betreuung er damals brauchte, ist nicht feststellbar (der 30. 7. 1993 ist das Datum eines von der beklagten Partei eingeholten Pflegegeldgutachtens).
Der Kläger leidet an einer spastischen Hemiparese rechts mit Betonung der rechten oberen Extremität nach einer intrazerebralen Blutung 1983. Weiters leidet er an einer Gehbeeinträchtigung bei Schwäche und Muskelverschmächtigung des rechten Beines sowie an Epilepsie, die medikamentös behandelt wird. Aufgrund der anti‑epileptischen Medikation gab es in letzter Zeit keine Anfälle.
Der Kläger bewohnt gemeinsam mit seiner Freundin eine ebenerdig gelegene Mietwohnung. Bis zur Haustüre sind einige Stufen zu überwinden. Die nächste Bushaltestelle ist etwa 200 m entfernt. Der Kläger braucht in der Regel keine Begleitung außerhalb des Hauses. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar. Der Kläger fährt selbst mit seinem PKW, er besitzt den Führerschein seit etwa 1990. Kleinere Einkäufe von Gegenständen des persönlichen Bedarfs kann der Kläger mit seinem Wagen selbst erledigen. Die selbständige gründliche Wohnungsreinigung ist ihm nicht mehr möglich. Bei der Reinigung und Pflege von größeren Wäschestücken bzw beim Beziehen des Bettes ist fremde Hilfe erforderlich. Fremde Hilfe für das Beheizen seiner Wohnräume benötigt der Kläger nicht.
Der Kläger kann sich in der Regel selbständig an‑ und auskleiden. Im Fall einer gelegentlich bestehenden Beeinträchtigung beim Bücken zum Boden ist dem Kläger die Verwendung einer Strumpf‑Anziehhilfe bzw eines Zangeninstruments zum Anziehen einer Hose mit der linken Hand möglich. Den orthopädischen Schuh kann der Kläger mittels Zippverschlusses selbst schließen. Der Kläger benötigt keine fremde Hilfe bei der Einnahme von Medikamenten. Die Fortbewegung des Klägers ist erschwert und verlangsamt, er kann sich jedoch mit einer Unterarmgehhilfe innerhalb und außerhalb des Wohnbereichs in der Regel selbständig fortbewegen. Der Kläger braucht bei der gründlichen Körperreinigung fremde Hilfe, die tägliche Körperreinigung kann er selbständig, gegebenenfalls sitzend beim Waschbecken, durchführen. Über mehr als die Hälfte des Monats ist der Kläger auch unter Verwendung von Hilfsmitteln nicht in der Lage, regelmäßig einfach gekochte Mahlzeiten aus Frischprodukten für sich selbst zuzubereiten. Es ist ihm lediglich möglich, vorbereitete Mahlzeiten aufzuwärmen. Die Nahrungsaufnahme erfolgt selbständig, ebenso die Entscheidung und Realisierung der Ausscheidung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. 1. 2016 wurde dem Kläger das Pflegegeld mit Ablauf des Monats Februar 2016 entzogen.
Der Kläger begehrt mit seiner dagegen erhobenen Klage die Weitergewährung des Pflegegeldes der Stufe 2 über den 29. 2. 2016 hinaus. Seit der Zuerkennung des Pflegegeldes habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, sein Pflege‑ und Betreuungsbedarf habe sich nicht wesentlich geändert.
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass beim Kläger kein den Bezug von Pflegegeld rechtfertigender Pflegeaufwand mehr vorliege, sodass das Pflegegeld gemäß § 9 Abs 4 BPGG zu entziehen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Im Umfang der Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 1 über den Ablauf des Monats Februar 2016 hinaus erwuchs seine Entscheidung unangefochten in Rechtskraft.
Zwar habe der Pflegebedarf des Klägers im Jahr 1993 monatlich 80 Stunden betragen, während im Entziehungszeitpunkt nur mehr ein Pflegebedarf von 54 Stunden bestehe. Der Zustand des Klägers sei jedoch im Wesentlichen unverändert, sodass keine für eine Entziehung oder Neubemessung erforderliche wesentliche Veränderung des Zustandsbildes des Klägers im Sinn einer Verbesserung eingetreten sei. Den Nachweis der wesentlichen Änderung des Zustandsbildes des Klägers könne die Beklagte mangels Vorliegens des „ursprünglichsten Gewährungsgutachtens“ nicht erbringen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es dem Kläger ab 1. 3. 2016 Pflegegeld der Stufe 1 nach dem BPGG in Höhe von monatlich 157,30 EUR zuerkannte. Hingegen wies es das Mehrbegehren auf Weitergewährung von Pflegegeld der Stufe 2 nach dem BPGG über den 29. 2. 2016 hinaus ab.
Auch die Entziehung oder die Herabsetzung eines gemäß §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG übergeleiteten Pflegegeldes sei nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 4 BPGG zulässig. Die objektive Beweislast dafür, dass eine rechtlich relevante Besserung des bei Gewährung der Leistung bestehenden Zustands eingetreten sei, treffe den Versicherungsträger.
Stellte man für den erforderlichen Vergleich auf den Zeitpunkt der Zuerkennung des Hilflosenzuschusses im Jahr 1983 ab, so wäre der Beklagten dieser Beweis nicht gelungen. Denn für diesen Zeitpunkt habe das Erstgericht nicht feststellen können, an welchen Einschränkungen der Kläger damals gelitten und welche Form von Hilfe und Betreuung er damals gebraucht habe.
In einem Fall wie dem vorliegenden sei jedoch maßgeblich, ob eine wesentliche Veränderung im Zustandsbild des Pflegegeldwerbers und in dessen Folge eine wesentliche Verminderung seines Pflegebedarfs gegenüber dem Zustandsbild vom 1. 7. 1993, dem Tag der gesetzlichen Gewährung von Pflegegeld, eingetreten sei. Dies sei hier der Fall, weil sich das Zustandsbild des Klägers verbessert habe und infolge dessen sein Pflegebedarf nur mehr 54 Stunden pro Monat betrage. Anders als 1993 sei der Kläger in der Lage, die tägliche Körperreinigung selbst durchzuführen und benötige nur mehr bei der gründlichen Körperreinigung fremde Hilfe. Er könne sich nunmehr ohne Begleitung außer Haus bewegen und kleinere Einkäufe durchführen. Das Pflegegeld sei daher – entsprechend dem Berufungsantrag der Beklagten – auf die Stufe 1 nach dem BPGG herabzusetzen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage fehle, ob bei der Entziehung oder Neubemessung eines im Weg der Überleitung nach § 38 Abs 1 BPGG gewährten Pflegegeldes auf eine Veränderung des Pflegebedarfs gegenüber den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Überleitung per 1. 7. 1993 oder aber auf den Zeitpunkt der Zuerkennung des Hilflosenzuschusses abzustellen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die – von der Beklagten nicht beantwortete – Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung der Klage anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Der Revisionswerber wendet sich im Wesentlichen mit vier Argumenten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts:
a) Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei auch nach einer Gewährung von Pflegegeld gemäß § 38 Abs 1 BPGG bei anschließender Herabsetzung oder Entziehung des Pflegegeldes zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 9 BPGG vorliegen.
b) Für den hier gemäß § 9 Abs 4 BPGG vorzunehmenden Vergleich sei, wie sich insbesondere aus der Entscheidung 10 ObS 453/97h, SSV‑NF 12/41, ergebe, nicht auf den 1. 7. 1993, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gewährung des Hilflosenzuschusses (hier: vermutlich 1983) abzustellen.
c) Da nicht feststehe, an welchen Einschränkungen der Kläger vor dem 30. 7. 1993 gelitten und welche Form von Betreuung und Hilfe er gebraucht habe, sei der Beklagten auch bezogen auf den 1. 7. 1993 der Beweis einer wesentlichen Veränderung als Voraussetzung für die Herabsetzung des Pflegegeldes nicht gelungen.
d) Selbst wenn man auf den 1. 7. 1993 als Vergleichszeitpunkt abstellen wollte, ergebe sich aus den Feststellungen, dass sich der Zustand des Klägers nicht verändert habe, sodass auch aus diesem Grund eine Herabsetzung des Pflegegeldes nicht berechtigt sei.
2.1 Ob ein rechtskräftig zuerkanntes Pflegegeld zu entziehen oder – wie hier – neu zu bemessen ist, richtet sich ausschließlich nach § 9 Abs 4 BPGG (RIS‑Justiz RS0061709). Danach ist Voraussetzung für die Neubemessung des Pflegegeldes, dass eine für dessen Höhe wesentliche Veränderung des Zustandsbildes des Pflegebedürftigen und in dessen Folge eine Änderung im Umfang des Pflegebedarfs vorliegt, die die Gewährung einer anderen Pflegegeldstufe erforderlich macht.
2.2 Ausgehend von den Tatsachengrundlagen ist zu beurteilen, ob sich die objektiven Grundlagen für die seinerzeitige Leistungszuerkennung so wesentlich geändert haben, dass sich eine Veränderung mit Anspruch auf eine andere Pflegegeldstufe ergeben hat. Es genügt dabei nicht nur, den körperlichen Zustand zum Zeitpunkt der Gewährung zu jenen im Zeitpunkt der Neubemessung des Pflegegeldes in Beziehung zu setzen. Es sind auch die Änderungen im Pflegebedarf, der für die Höhe der Pflegegeldstufe maßgeblich ist, zueinander in Beziehung zu setzen, um daraus ableiten zu können, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist (RIS‑Justiz RS0123144). Daher bedarf es im sozialgerichtlichen Verfahren – unabhängig von den im Zuerkennungsverfahren allenfalls getroffenen Feststellungen – neuerlich der Feststellung der im Zuerkennungszeitpunkt wesentlichen Tatsachen (zuletzt ausführlich 10 ObS 59/15x mwH; Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 3 Rz 276).
2.3 Diese Grundsätze für die Entziehung oder Herabsetzung des Pflegegeldes finden auch für das gemäß §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG übergeleitete Pflegegeld Anwendung (10 ObS 93/95, SSV‑NF 9/52 ua; RIS‑Justiz RS0061689).
2.4 Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht diese Rechtsprechung bei seiner Entscheidung beachtet und zutreffend § 9 Abs 4 BPGG angewandt.
3.1 Nach bereits gefestigter Rechtsprechung ergibt sich aus den Übergangsbestimmungen der §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG, dass ab 1. 7. 1993 anstelle des Hilflosenzuschusses (§ 105a ASVG idF BGBl 1978/684) ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 als rechtskräftig zuerkannt gilt. Eine Person, der – wie dem Kläger – zum 30. 6. 1993 ein Hilflosenzuschuss zuerkannt war, ist daher so zu behandeln, als wäre ihr aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung iSd § 4 Abs 1 BPGG mit Bescheid oder Urteil ab 1. 7. 1993 Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 zuerkannt worden (10 ObS 93/95; 10 ObS 2418/96b; RIS‑Justiz RS0061704; RS0061678).
3.2 Gleichzeitig gelten gemäß § 39 Abs 1 BPGG die bisherigen pflegebezogenen Geldleistungen – wie der Hilflosenzuschuss – mit 30. 6. 1993 als rechtskräftig eingestellt: Es gibt daher in diesen Fällen keinen vor dem 1. 7. 1993 liegenden „letzten Gewährungsakt“ mehr, der als Grundlage für den gemäß § 9 Abs 4 BPGG vorzunehmenden Vergleich dienen könnte.
3.3 Die gemäß §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG übergeleiteten Ansprüche sind vielmehr grundsätzlich – mit hier nicht relevanten Ausnahmen – nach neuem Recht zu behandeln ( Gruber/Pallinger , BPGG [1994] § 38 Rz 3; Pfeil , BPGG [1996] 281 f). Mit der Leistung des Pflegegeldes ab 1. 7. 1993 wurden nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch die übrigen Bestimmungen des BPGG anwendbar (ErläutRV 776 BlgNR 18. GP 31), daher auch – wie vom Revisionswerber gefordert – § 9 Abs 4 BPGG (§ 9 Abs 2 BPGG idF BGBl 1993/110). Nach dieser Bestimmung ist aber nicht die Entziehung oder Herabsetzung eines (bereits rechtskräftig eingestellten!) Anspruchs auf Hilflosenzuschuss zu prüfen, sondern lediglich die Entziehung oder Herabsetzung des – erstmals mit 1. 7. 1993 gewährten – Pflegegeldes.
3.4 In Übereinstimmung damit führte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 278/98z, SSV‑NF 12/114, aus, dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen für den seinerzeit gewährten Hilflosenzuschuss für die Frage, ob ein infolge der Überleitungsbestimmungen der §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG gewährtes Pflegegeld zu entziehen oder herabzusetzen ist, nicht ankommt. In der Entscheidung 10 ObS 453/97h, SSV‑NF 12/41 wies der Oberste Gerichtshof auf die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen des Pflegegeldes und des Hilflosenzuschusses hin, der keinen Stundenkatalog erforderlicher Pflege‑ und Hilfseinrichtungen kannte, sondern auf den ständigen Bedarf nach Wartung und Hilfe abstellte.
3.5 Aus der Entscheidung 10 ObS 453/97h ergibt sich nicht, dass für den vorzunehmenden Vergleich auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Zuerkennung des Hilflosenzuschusses abzustellen wäre. Darin führte der Oberste Gerichtshof lediglich aus, dass nur eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen einen Eingriff in die Rechtskraft der „(Vor‑)Entscheidung“ – im Sinn einer Entziehung oder Herabsetzung des Pflegegeldes gemäß § 9 Abs 4 BPGG – rechtfertigen könne. Anders als in den Vorentscheidungen 10 ObS 93/95 und 10 ObS 2148/96b fehlte es jedoch in dieser Entscheidung gerade an einer solchen wesentlichen Änderung. Damit steht diese Entscheidung in einer Linie mit der ständigen Rechtsprechung, wonach die Rechtskraft der Gewährungsentscheidung der Entziehung oder Herabsetzung des Pflegegeldes entgegensteht, wenn die objektiven Grundlagen für eine Leistungszuerkennung keine wesentliche Änderung erfahren haben (RIS‑Justiz RS0106704). Der Umstand allein, dass der Pflegebedarf des damaligen Klägers lediglich 64 Stunden im Monat betrug, genügte daher nicht für eine Herabsetzung des Pflegegeldes. Dass mit dem Begriff der „Vorentscheidung“ aber nicht jene über den Hilflosenzuschuss gemeint war, ergibt sich schon aus dem dargestellten Hinweis auf dessen ganz verschiedenen Voraussetzungen und aus dem Verweis auf die Entscheidung 10 ObS 93/95, wonach die bisherigen Bezieher eines Hilflosenzuschusses bei Überleitung so zu behandeln sind, als hätten sie mit Urteil oder Bescheid Pflegegeld der Stufe 2 ab 1. 7. 1993 zuerkannt erhalten.
3.6 Zusammengefasst kommt es daher für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die – hier allein zu beurteilende – Herabsetzung eines gemäß §§ 38 Abs 1, 39 Abs 1 BPGG übergeleiteten Anspruchs auf Pflegegeld gemäß § 9 Abs 4 BPGG vorliegen, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der (erstmaligen) gesetzlichen Zuerkennung des Pflegegeldes mit 1. 7. 1993 an.
4.1 Mit der – im Wesentlichen medizinisch und gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen begründeten – Behauptung, der Zustand des Klägers habe sich seit 1993 nicht verändert, weicht der Revisionswerber von den Feststellungen in unzulässiger Weise ab. Denn es kommt bei der Beurteilung des körperlichen Zustands in diesem Zusammenhang nicht (allein) auf die Feststellung medizinischer Leiden und Diagnosen an, sondern – abgesehen von Fällen der Mindesteinstufung gemäß § 4a BPGG – auf die durch körperliche, geistige oder psychische Behinderungen oder Sinnesbehinderungen erforderlich werdenden ständigen Betreuungs‑ und Hilfsleistungen für eine pflegebedürftige Person (vgl § 4 Abs 1 BPGG). Das so festzustellende Zustandsbild und seine Veränderungen, bezogen auf die Zeitpunkte der Gewährung und Herabsetzung des Pflegegeldes, bilden die Grundlage für die Einschätzung der dadurch bewirkten Veränderung des (rechtlich zu beurteilenden) Pflegebedarfs. Diesen Voraussetzungen genügen im vorliegenden Fall die Feststellungen des Erstgerichts, das den körperlichen Zustand des Klägers zum Zeitpunkt der Gewährung des übergeleiteten Pflegegeldes im Juli 1993 in Beziehung zu jenem im Zeitpunkt der Herabsetzung im Februar 2016 gesetzt und zueinander ebenso in Beziehung gebracht hat wie die dadurch bewirkten Änderungen des Pflegebedarfs des Klägers.
4.2 Die Behauptung des Revisionswerbers, das Erstgericht habe keine Feststellungen über seinen körperlichen Zustand vor dem 30. 7. 1993 (Datum eines von der Beklagten erstellten Pflegegeldgutachtens) getroffen, trifft nicht zu. Denn das Erstgericht hat – wie oben wiedergegeben – den körperlichen Zustand des Klägers unbekämpft für „Juli 1993“ bzw „1993“ und daher auch für den 1. 7. 1993 festgestellt. Davon ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen. Die vom Revisionswerber zitierte scheinbar abweichende Negativfeststellung des Erstgerichts bezieht sich nämlich – wie dies aus den gesamten Entscheidungsgründen des Erstgerichts hervorgeht – lediglich auf den Umstand, dass das Erstgericht keine Feststellungen für den Zustand des Klägers im Zeitpunkt der (vermutlichen) Gewährung des Hilflosenzuschusses im Jahr 1983 treffen konnte. Auf diesen kommt es jedoch wie ausgeführt nicht an. Der Kläger hat auch gar nicht behauptet, dass zwischen dem hier maßgeblichen 1. 7. 1993 und dem 30. 7. 1993 ein (wesentlicher) Unterschied in seinem Zustandsbild bestanden hätte.
4.3 Ausgehend davon ist das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich das Zustandsbild des Klägers – ungeachtet der aufrecht bei ihm bestehenden Grunderkrankung sowie der später hinzugekommenen Epilepsie – seit 1993 wesentlich verändert hat, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Entziehung wesentlich weniger Betreuungs‑ und Hilfsleistungen im Vergleich zum Zeitpunkt der (hier gesetzlichen) Gewährung benötigt und infolgedessen keinen Pflegebedarf der Stufe 2 mehr hat. Darin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch erheblich von dem zu 10 ObS 453/97h entschiedenen.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage (RIS‑Justiz RS0085829 [T1]).
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