European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0100OB00041.23M.0416.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
2. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 303,02 EUR (darin 50,50 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Kostenrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.068,32 EUR (darin enthalten 344,72 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.654,15 EUR (darin 354,69 EUR USt und 1.526 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
BegründungundEntscheidungsgründe:
[1] Der Kläger erwarb am 27. 7. 2010 ein Neufahrzeug der Marke Audi A3 Sportback 1,6 TDI Start‑up um 25.000 EUR von der beklagten Fahrzeughändlerin. Im Fahrzeug ist ein (von der V* AG entwickelter) Dieselmotor des Typs EA189 verbaut; unstrittig unterliegt das Fahrzeug dem Anwendungsbereich der VO 715/2007/EG .
[2] Das Fahrzeug war mit einer Software (sogenannte „Umschaltlogik“) ausgeliefert worden, die bewirkte, dass (ausschließlich) am Prüfstand (NEFZ) ein spezieller, der Prüfbehörde nicht offengelegter Betriebsmodus mit einer höheren Abgasrückführungsrate zum Einsatz kam als im realen Fahrbetrieb, was am Prüfstand zu geringeren Emissionen von Stickoxiden führte. Durch das auf Veranlassung des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) am 18. 7. 2017 durchgeführte Software-Update wurde die „Umschaltlogik“ beseitigt. Allerdings ist beim Fahrzeug weiterhin ein „Thermofenster“ im Einsatz, das dazu führt, dass die volle Abgasrückführung nur in einem bestimmten Temperaturbereich erfolgt. Dass das „Thermofenster“ unter eine der Verbotsausnahmen des Art 5 Abs 2 Satz 2 VO 715/2007/EG fällt, konnte nicht festgestellt werden.
[3] Die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs beträgt 250.000 km; bei Schluss der Verhandlung erster Instanz (31. Jänner 2023) hatte der Kläger 29.500 km zurückgelegt.
[4] Mit seiner am 28. Dezember 2017 eingebrachten, unter anderem auf Gewährleistung gestützten Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Kaufvertrags sowie die Zahlung von letztlich 22.049,70 EUR sA (Kaufpreis minus 2.950,30 EUR an Benützungsentgelt) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Eventualiter begehrt er Verbesserung durch Übergabe eines mangelfreien (Neu‑)Fahrzeugs. Das Fahrzeug weise wegen des Einbaus unzulässiger Abschalteinrichtungen Sach- und Rechtsmängel auf, woran das von der Beklagten durchgeführte Software-Update nichts geändert habe.
[5] Die Beklagtewandte (soweit noch relevant) ein, dass kein Mangel vorliege, weil das Fahrzeug in Abstimmung mit dem KBA überarbeitet worden sei und mittlerweile keine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn der VO 715/2007/EG mehr aufweise. Selbst wenn das „Thermofenster“ als Mangel zu qualifizieren sein sollte, wären darauf gestützte Ansprüche auf Gewährleistung lange verfristet, weil es bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs im Jahr 2010 vorhanden gewesen und vom Software-Update im Juli 2017 nicht tangiert worden sei. Zudem wandte die Beklagte eine Gegenforderung von 17.607,75 EUR als weiteres Benützungsentgelt ein.
[6] Das Erstgericht hob den Kaufvertrag wie begehrt auf, erkannte die Klageforderung mit 22.049,70 EUR als zu Recht, die eingewandte Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger 22.049,70 EUR sA Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu zahlen. Die Wandlung sei berechtigt, weil immer noch eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege und damit die Verbesserung (das Software‑Update) untauglich gewesen sei. Bei Anwendung der „linearen Berechnungsmethode“ habe sich der Kläger kein weiteres Benützungsentgelt anrechnen zu lassen.
[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Gegenforderung mit 12.676 EUR als zu Recht bestehend feststellte und die Beklagte darauf aufbauend verpflichtete, dem Kläger nur 9.373,70 EUR sA (Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs) zu zahlen. Das Mehrbegehren von 12.676 EUR sA wies es ab. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers seien nicht verjährt, weil das Fahrzeug weiterhin mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung („Thermofenster“) ausgestattet sei. Durch die Beseitigung der „Umschaltlogik“ sei die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs somit nicht gänzlich saniert worden, sodass immer noch ein Sachmangel vorliege. Ob das „Thermofenster“ schon bei der Übergabe vorhanden gewesen sei, spiele keine Rolle, weil in der Durchführung des Software-Updates die Zusage der Beklagten liege, sämtliche unzulässigen Abschalteinrichtungen zu beseitigen. Abgesehen davon sei das „Thermofenster“ ohnehin auch als Rechtsmangel zu qualifizieren, für den die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis seines Bestehens beginne. Zu Recht wende sich die Beklagte allerdings gegen die Berechnung des Benützungsentgelts durch das Erstgericht, weil die „lineare Berechnungsmethode“ angesichts der bisherigen Nutzungsdauer von 12,5 Jahren bei einer verhältnismäßig geringen Kilometerleistung von nur 29.500 km zu keinem sachgerechten Ergebnis führe. In dieser Konstellation sei es vielmehr angemessen, die nach der bisherigen Nutzung erwartbare Gesamtnutzungsdauer von 20 Jahren in Relation zur erwartbaren Gesamtkilometerleistung von 47.200 km (bisherige durchschnittliche Laufleistung pro Jahr von 2.360 km x 20 Jahre) zu setzen. Der Gebrauchsvorteil des Klägers betrage daher (richtig:) 15.625 EUR (25.000 EUR x 29.500 km : 47.200 km). Ziehe man davon den vom Kläger bereits berücksichtigten Betrag ab, ergebe das rund 12.676 EUR.
[8] Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil zur Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen eines Sachmangels in Form eines „Thermofensters“, das bereits bei der Übergabe vorhanden gewesen sei, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
[9] Dagegen richten sich die jeweils beantworteten Revisionen beider Parteien, mit denen sie die Abänderung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung (Kläger) bzw Abweisung (Beklagte) der Klage anstreben. Die Beklagte stellt hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag.
[10] Die Revision der Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die Revision des Klägers ist hingegen zulässig und berechtigt, weil das Berufungsgericht von der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Berechnung des Benützungsentgelts abgewichen ist.
I. Zur Revision der Beklagten
[12] 1. In ihrer Revision führt die Beklagte aus, dass die „Umschaltlogik“ durch das Software-Update beseitigt worden sei, sodass insofern keine Gewährleistungsansprüche mehr bestünden. Hinsichtlich des „Thermofensters“ habe der Kläger Verbesserung weder verlangt, noch sei es zu einer Verbesserung gekommen. Da es bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs (4. August 2010) installiert gewesen sei, sei die Gewährleistungsfrist bei Erhebung der Klage bereits lange abgelaufen gewesen. Im Übrigen stehe gar nicht fest, dass sie das Software‑Update (die Verbesserung) vorgenommen habe; wenn das Berufungsgericht vom Gegenteil ausgehe, bewirke das eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens. Da das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung auch keinen Rechtsmangel darstelle, sei die Klage insgesamt unberechtigt.
[13] Damit vermag sie die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen.
[14] 2. Nach der ständigen Rechtsprechung zum hier anzuwenden § 933 Abs 1 ABGB in der Fassung vor dem GRUG (BGBl I 2021/175) beginnt die Gewährleistungsfrist mit der körperlichen Übergabe der Sache zu laufen. Sofern – wie hier – nicht besondere Sacheigenschaften zugesichert wurden (vgl RS0018909; RS0018982 [T10, T11]), ist die Erkennbarkeit des Sachmangels keine Voraussetzung für den Beginn des Fristenlaufs (RS0018982; RS0018937).
[15] Macht ein Verkäufer oder Werkunternehmer eine Verbesserungszusage oder nimmt er die Verbesserung (sei es erfolgreich oder erfolglos) vor, so anerkennt er dadurch nach der Rechtsprechung in der Regel konkludent im Sinn des § 863 ABGB jenen Mangel, der mit der Verbesserung – nach dem Eindruck eines redlichen Käufers oder Werkbestellers (vgl RS0014205) – beseitigt werden soll, und damit seine diesbezügliche Gewährleistungspflicht (RS0018921 [T7, T8]; 9 Ob 55/23p Rz 26 ua). Ein solches (stillschweigendes) Anerkenntnis beinhaltet regelmäßig auch den Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede (RS0032386; RS0032401 [T5]; 5 Ob 184/23d Rz 22 ua).
[16] 3. Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage der Verbesserung durch Installation des Software-Updates bei einem typengleichen Motor schonmehrfach Stellung genommen. Dabei wurde ausgesprochen, dass ein Käufer, der in Kenntnis der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom „Dieselskandal“ ist und der in diesem Zusammenhang aufgefordert wird, wegen einer – ihm nicht näher erläuterten – Rückrufaktion sein Fahrzeug für ein Software-Update zur Verkäuferin zu bringen, dies typischerweise dahin verstehen muss, dass der Verstoß gegen die geltenden Abgasvorschriften behoben, also sein Auto diesen fortan entsprechen wird (8 Ob 40/23z Rz 12; 5 Ob 118/23y Rz 17; 8 Ob 118/23w Rz 14 ua).
[17] Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht damit in Einklang. (Auch) Hier steht fest, dass der Kläger mit Schreiben vom 13. Februar 2017 nur darüber informiert wurde, dass sein Fahrzeug „von der Stickoxidproblematik betroffen“ ist und er aufgrund dieser Mitteilung das Software‑Update durchführen ließ. Dass dem Kläger kommuniziert worden wäre, das Software-Update solle lediglich der Beseitigung der „Umschaltlogik“ dienen, ergibt sich aus den Feststellungen hingegen nicht. Wenn das Berufungsgericht angesichts dessen davon ausgeht, die Beklagte habe mit Durchführung des Software-Updates (aus Sicht eines redlichen Käufers) die Beseitigung sämtlicher unzulässigen Abschalteinrichtungen zugesagt, sodass mit dem Verbesserungsversuch vom 18. Juli 2017 auch hinsichtlich des „Thermofensters“ eine neue Gewährleistungsfrist ausgelöst wurde, liegt darin keine Fehlbeurteilung.
[18] 4. Die Vorinstanzen sind auch zu Recht davon ausgegangen, dass das Begehren auf Wandlung unter dieser Prämisse rechtzeitig erhoben wurde und dem Grunde nach berechtigt ist, weil das Fahrzeug auch nach dem Software‑Update (dem Verbesserungsversuch) nicht den geltenden Zulassungsvorschriften entspricht und das auch kein bloß geringfügiger Mangel ist (jüngst 8 Ob 57/23z Rz 20; 8 Ob 118/23w Rz 15 ua).
[19] 5. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang Feststellungen dazu vermisst, wer das Software-Update tatsächlich vorgenommen hat, ist richtig, dass die Annahme eines schlüssigen Anerkenntnisses ausscheidet, wenn der Gewährleistungspflichtige (Verkäufer) die Verbesserung selbst weder angeboten noch durchgeführt hat (1 Ob 104/23k vom 20. Dezember 2023 Rz 24; 5 Ob 184/23d Rz 4 und 25; RS0134544). Die Beklagte übergeht jedoch, dass der Kläger schon in der Klage behauptet hat, er habe das Sofware-Update von ihr durchführen lassen. Diesem Vorbringen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, obwohl es für sie offenbar leicht widerlegbar sein musste (RS0039927; § 267 ZPO). Wenn die Vorinstanzen diesen Umstand daher ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legen, ohne explizite Feststellungen dazu zu treffen (vgl RS0040101), ist das weder im Einzelfall korrekturbedürftig (vgl RS0040078 [T3, T4]; RS0040146 [T2]), noch liegt die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[20] 6. Dass das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung keinen Rechtsmangel darstellt, solange – wie hier – die Typengenehmigung aufrecht ist und keine behördlichen Nutzungsverbote oder Nutzungsbeschränkungen gegeben sind (10 Ob 49/23p Rz 18; 4 Ob 178/23i Rz 5; 5 Ob 184/23d Rz 17; 2 Ob 122/23i Rz 21 ua), ist nicht mehr entscheidend (vgl RS0088931).
II. Zur Revision des Klägers
[21] 1. In seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die Berechnung des Benützungsentgelts durch das Berufungsgericht. Auf welche (belastbare) Grundlage sich die vom Berufungsgericht angenommene Gesamtnutzungsdauer von 20 Jahren stützen könne, sei nicht ersichtlich. Es stehe auch jedem Fahrzeugeigentümer frei, ob und wie häufig er sein Fahrzeug nutze. Eine geringe Kilometerlaufleistung rechtfertige es daher nicht, von der in der Rechtsprechung mittlerweile etablierten Berechnungsmethode abzuweichen.
[22] Damit ist der Kläger im Recht.
[23] 2. Seit der Entscheidung zu 10 Ob 2/23a vom 21. Februar 2023 entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Gebrauchsnutzen des Käufers eines Fahrzeugs, der die Rückabwicklung nicht zu vertreten hat, in Abhängigkeit von den gefahrenen Kilometern linear zu berechnen ist. Der Nutzen ist ausgehend vom Kaufpreis anhand eines Vergleichs zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer zu bestimmen („lineare Berechnungsmethode“; RS0134263 [insb T2]; 8 Ob 42/23v Rz 31 ua).
[24] 3. Zwar kann im Einzelfall auch § 273 ZPO zur Ausmittlung herangezogen werden (6 Ob 84/23f Rz 35; 3 Ob 146/22z vom 6. September 2023 Rz 30 ua), was vor allem dann angezeigt ist, wenn der Käufer nach der „linearen Berechnungsmethode“ nur einen Betrag erhielte, der deutlich unter dem aktuellen Zeitwert liegt (4 Ob 171/23k Rz 48; RS0134263 [T3]).
[25] 3.1. Der Oberste Gerichtshof hat aber schon wiederholt betont, dass der Gebrauchsvorteil pro gefahrenem Kilometer unabhängig davon zu bemessen ist, ob der konkrete Nutzer eine schonende oder beanspruchende Fahrweise an den Tag gelegt hat und das Fahrzeug daher im Einzelfall eine höhere als die übliche Gesamtlaufleistung erreichen kann (8 Ob 42/23v Rz 32; 10 Ob 2/23a vom 21. Februar 2023 Rz 114 ua). Ebenso wenig gibt eine vergleichsweise geringe Nutzung des Fahrzeugs Anlass dazu, von der grundsätzlich als sachgerecht erachteten „linearen Berechnungsmethode“ abzugehen (2 Ob 108/23f Rz 12; 2 Ob 82/23g Rz 11); so etwa, wenn eine Klägerin das Fahrzeug so selten benützt hat, dass es die durchschnittlich zu erzielende Gesamtlaufleistung erst nach einem unrealistischen Betrieb über 45 Jahre erreichen würde (8 Ob 76/23v Rz 37). Denn durch das Benützungsentgelt soll der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verschaffte Nutzen, primär also die Transportleistung, angemessen ausgeglichen werden (2 Ob 241/22p Rz 38; RS0019850). Dieser lässt sich am ehesten anhand der tatsächlich gefahrenen Kilometer im Verhältnis zur Gesamtlaufleistung abbilden. Bloß erzielbare, tatsächlich aber nicht erfolgte Nutzungen (wie hier der weitgehend unterlassene Gebrauch des Fahrzeugs) sind vom Bereicherungsschuldner nicht abzugelten, solange ihm nicht iSv § 335 ABGB Unredlichkeit zur Last fällt (vgl 5 Ob 231/98a; 3 Ob 190/04v; Mader in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV§ 1437 Rz 35; Lurger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.09 § 1437 Rz 6 ff). Bei einer nur zum Eigengebrauch bestimmten Sache besteht auch keine Obliegenheit, sie wirklich zu benutzen (vgl auch Almeroth in Reinking/Eggert, Der Autokauf15 [2024] Kap 9 Rz 339).
[26] 3.2. Die Ansicht des Berufungsgerichts läuft im Ergebnis hingegen darauf hinaus, den mittleren Wertverlust zu erstatten, indem die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs auf Basis der vom Kläger durchschnittlich pro Jahr zurückgelegten Kilometer ermittelt wird. Dem Berufungsgericht ist dabei zwar zuzustimmen, dass das Fahrzeug aufgrund der konkreten Nutzung die durchschnittliche Gesamtlaufleistung dieses Fahrzeugtyps wahrscheinlich nicht erreichen wird. Das rechtfertigt es aber nicht, dem Käufer, der die Wandlung nicht zu vertreten hat, den Wertverlust zuzuordnen. Schon zu 10 Ob 2/23a vom 21. Februar 2023 hat der Oberste Gerichtshof betont, dass der abzugeltende konkrete Nutzen mit dem zeitablauf-abhängigen Wertverlust eines Fahrzeugs in keinem unmittelbaren Zusammenhang steht (Rz 108). Der Wertverlust des Fahrzeugs bleibt zwar nicht gänzlich außer Betracht, weil er über den wertbildenden Faktor der Laufleistung mittelbar in die „lineare Berechnungsmethode“ einfließt (so auch BGH VI ZR 252/19 Rz 82). Damit ist er aber auch im Fall von „Wenigfahrern“ ausreichend berücksichtigt.
[27] 4. Darauf aufbauend ist das Benützungsentgelt so wie vom Erstgericht zu berechnen: Gebrauchsvorteil = vereinbarter Kaufpreis (25.000 EUR) x gefahrene Kilometer in der Nutzungsphase (29.500) : erwartete Restlaufleistung zum Kaufzeitpunkt (250.000 km), was 2.950 EUR ergibt. Da der Kläger bereits ein Benützungsentgelt von 2.950,30 EUR (auf Basis einer Nutzung vom 29.503 km) angerechnet hat, steht der Beklagten aus diesem Titel daher keine weitere (Gegen‑)Forderung mehr zu.
[28] 5. Das Ersturteil ist daher in Stattgabe der Revision des Klägers in der Hauptsache wieder herzustellen.
III. Zur Kostenentscheidung
[29] 1. Der Erfolg der Revision des Klägers macht ein Eingehen auf seinen gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung gerichteten Kostenrekurs erforderlich (RS0036069 [T1]; 7 Ob 212/22k Rz 19), der allerdings erfolglos bleibt:
[30] Die beiden Fristerstreckungsanträge (ON 15 und 21) wurden schon mangels Darlegung, aus welchen nicht der Sphäre des Klägers zuzuordnenden Umständen die Fristerstreckungen notwendig geworden sein sollten, zutreffend nicht honoriert (4 Ob 2/23g Rz 23; Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.273; vgl RS0121621). Ebenso zu Recht hat das Erstgericht für den Gutachtenserörterungsantrag (ON 31) nur ein Honorar nach TP 2 RATG zuerkannt (7 Ob 270/08v [ErwGr 5.]; Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 3.70 mwN). Soweit der Kläger noch auf das nachträglich mit seinen Einwendungen nach § 54 Abs 1a ZPO vorgelegte „berichtigte Kostenverzeichnis“ verweist und den Zuspruch der darin verzeichneten Kosten begehrt, scheitert das schon an § 54 Abs 1 ZPO. Seinem Rechtsmittel lässt sich im Übrigen auch nicht entnehmen, welche und warum ihm das Erstgericht weitere Positionen zu Unrecht nicht oder nicht vollständig zuerkannt hat.
[31] Die Beklagte hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Kostenrekursbeantwortung, die aber nicht unter die TP 3C, sondern die TP 3A RATG fällt.
[32] 2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens gründet sich jeweils auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hingewiesen (RS0112296; RS0035979 [T16, T20]); sein Revisionsinteresse beträgt insofern aber nur 9.373,30 EUR.
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