OGH 5Ob184/23d

OGH5Ob184/23d19.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in derRechtssache der klagenden Partei Maga. B*, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. P* GmbH & Co KG, *, und 2. V* AG, *, beide vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 19.159 EUR sA, in eventu 6.000 EUR sA, hilfsweise Feststellung, über die Revision der erstbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. Juni 2023, GZ 5 R 110/20s‑44, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 22. Juli 2020, GZ 26 Cg 23/19d‑35, hinsichtlich der erstbeklagten Partei abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00184.23D.1219.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts als Teilurteil lautet:

„Die Klagehauptbegehren,

der zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei abgeschlossene Kaufvertrag vom 5. 12. 2014 über den Ankauf des VW Tiguan Karat TDI BMT mit der Fahrgestell-Nummer * um 26.000 EUR sei ex tunc aufgehoben,

die erstbeklagte Partei sei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei 19.159 EUR sowie 4 % Zinsen p.a. aus 26.000 EUR seit 5. 12. 2014 Zug um Zug gegen Rückgabe des Kfz VW Tiguan Karat TDI BMT mit der Fahrgestell-Nummer * zu zahlen,

sowie die Eventualbegehren,

die erstbeklagte Partei sei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei schuldig, der klagenden Partei 6.000 EUR samt 4 % Zinsen p.a. zu zahlen,

hilfsweise es werde mit Wirkung zwischen der klagenden und der erstbeklagten Partei festgestellt, sie hafte für jeden Schaden, der der klagenden Partei aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung im oben genannten Fahrzeug entstehe,

werden abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin hat am 5. 12. 2014 von der Erstbeklagten ein Vorführfahrzeug mit einer Laufleistung von 300 km um 26.000 EUR erworben. Dieses Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Typenbezeichnung EA 189 ausgestattet, der eine Akkreditierung nach der Abgasnorm Euro 5 (Verordnung [EG] 715/2007) hat. Es entsprach dem Stand der Technik, dass der Motor lediglich am Prüfstand entsprechend den Richtlinien des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ; genormter Fahrzyklus) geprüft wurde. Die Zweitbeklagte ist die Herstellerin dieses Fahrzeugs.

[2] Das Fahrzeug verfügte über eine sogenannte Abschaltvorrichtung (Umschaltlogik), die zwischen zwei Modi umschaltete, und zwar zwischen Modus 0 Standard und Modus 1 NEFZ. Diese Umschaltvorrichtung war so aktiviert, dass das Fahrzeug selbst den Prüfzyklus erkannte und dann vom Standard Modus 0 in den Modus 1 umschaltete. Nach Umschalten auf den Modus 1 steuerte die Software die Abgasrückführung so an, dass sie deutlich stärker verwendet wurde als im Modus 0. Durch diese verstärkte Verwendung der Abgasrückführung ergab sich eine deutliche Senkung der NOx‑Emissionen. Weder die Klägerin noch die Erstbeklagte waren in Kenntnis davon, dass in der Motorelektronik des Fahrzeugs eine solche Software eingebaut war.

[3] Darüber hinaus ist das Fahrzeug mit einer weiteren Abschaltvorrichtung ausgestattet. In der Motorelektronik ist eine Software eingebaut, durch die die Abgasrückführung in bestimmten Temperaturbereichen abgesenkt wird und nur in einem Temperaturbereich zwischen 15 und 32/33 Grad Celsius zur Gänze erfolgt (Thermofenster). Außerhalb desBereichs von 15 bis 32/33 Grad Celsius wird die Abgasrückführung nicht abgeschaltet, sondern sukzessive reduziert.

[4] Im September 2015 wurde die Klägerin über die Medien auf den sogenannten „Dieselabgasskandal“ aufmerksam. Sie sah bis zum Schreiben der Zweitbeklagten, mit dem sie aufgefordert wurde, an ihrem Fahrzeug ein Software-Update durchführen zu lassen, keinen Handlungsbedarf. Am 21. 10. 2016 ließ siedas Software‑Update auf Kosten der Zweitbeklagten durchführen, allerdings nicht von der Erstbeklagten, sondern in der Werkstatt eines anderen Autohandelsunternehmens. Dadurch wurde die Abschaltvorrichtung (die Umschaltlogik) eliminiert; das sogenannte Thermofenster blieb jedoch erhalten. Das Fahrzeug entspricht den Akkreditierungsbedingungen des (deutschen) Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und kann im Straßenverkehr uneingeschränkt verwendet werden. Es ist technisch sicher und fahrbereit.

[5] Die Klägerin begehrte mit ihrer am 31. 8. 2018 eingebrachten Klage gegenüber der Erstbeklagten die Aufhebung des Kaufvertrags über das Fahrzeug und (gegenüber beiden Beklagten) die Zahlung von 19.159 EUR sA Zug um Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs. Hilfsweise begehrte sie die Zahlung von 6.000 EUR, in eventu die Feststellung, dass die Beklagten für jeden Schaden haften, der ihr aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung entstehe. Sie stützte die Haftung der Beklagten auf Irrtum und Gewährleistung (Wandlung), auf Schadenersatz wegen arglistiger Irreführung (§ 874 ABGB), auf sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 1295 ABGB iVm § 1323 ABGB, auf Nichtigkeit gemäß § 879 ABGB wegen bereits erloschener Betriebsgenehmigung und auf unlautere Geschäftspraktik (§ 2 UWG).

[6] Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren und wendeten unter anderem die Verjährung der Ansprüche der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten ein. Gewährleistungs- und Irrtumsansprüche seien lange vor Klageeinbringung verjährt gewesen, weil der Klägerin das bei der Erstbeklagten gekaufte Fahrzeug im Dezember 2014 übergeben worden sei, sodass die Fristen zur Geltendmachung dieser Ansprüche bereits vor Einbringung der Klage am 31. 8. 2018 abgelaufen gewesen seien. Das Software‑Update am 21. 10. 2016 stellten sie außer Streit; dadurch würde das Fahrzeug sämtlichen gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

[7] Das Erstgericht wies die Klagebegehren gegenüber beiden Beklagten ab. Ein Sach- oder Rechtsmangel liege nicht vor, ebenso wenig ein Irrtum, der bei der Klägerin zu einem für sie nachteiligen Vertragsabschluss geführt hätte. Selbst wenn aber das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels oder ein von den Beklagten veranlasster wesentlicher Geschäftsirrtum zu bejahen wäre, sei mit dem Software-Update jedenfalls eine Verbesserung bzw Klaglosstellung erfolgt, weshalb Ansprüche der Klägerin nicht mehr bestehen könnten.

[8] Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin teilweise Folge, sprach mit Teilurteil aus, dass der zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten abgeschlossene Kaufvertrag aufgehoben sei, und verpflichtete diese unter Berücksichtigung einer Gegenforderung zu einer Zahlung von 15.827 EUR sA Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs; das Zahlungsmehrbegehren wies es ab. Gegenüber der Zweitbeklagten hob es das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Sache an dieses zur neuerlichen Entscheidung zurück. Mit der von der Erstbeklagten erhobenen Verjährungseinrede setzte es sich nicht auseinander. In Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs erklärte das Berufungsgericht die Revision gegen sein Teilurteil für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob sich die Erstbeklagte den von einer anderen Vertragshändlerin durchgeführten Verbesserungsversuch (das Software-Update) als Anerkenntnis mit der Wirkung, dass die Gewährleistungsfrist infolge Unterbrechung neuerlich zu laufen beginne, zurechnen lassen müsse.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die von der Klägerin beantwortete Revision der Zweitbeklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch berechtigt.

[10] 1. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche gegenüber der Erstbeklagten primär darauf, dass sie als Käuferin des Fahrzeugs zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen (Wandlung) und der Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums (Arglist) berechtigt sei.

2. Zur Irrtumsanfechtung:

[11] 2.1. Die Verjährungsfrist für die Vertragsanfechtung wegen Irrtums, wenn sich der andere Teil keiner List schuldig gemacht hat, beträgt nach § 1487 ABGB drei Jahre und beginnt mit dem Vertragsabschluss (RIS‑Justiz RS0034350).

[12] Ausgehend vom Abschluss des Kaufvertrags am 5. 12. 2014 waren Ansprüche der Klägerin wegen Irrtums bei Einbringung der Klage am 31. 8. 2018 bereits verjährt.

[13] 2.2. Davon geht erkennbar auch die Klägerin aus, wenn sie ihre Ansprüche (auch) darauf stützt, dass sich die Erstbeklagte als Verkäuferin eine (allfällig) listige Irreführung der Zweitbeklagten als Herstellerin des Fahrzeugs zurechnen lassen müsse.

[14] 2.3. Der Erzeuger (Produzent), der die Ware zunächst dem Käufer liefert, der sie seinerseits an seinen Käufer weitergibt, ist in der Regel nicht Erfüllungsgehilfe (§ 1313a ABGB) des Verkäufers ([Händlers]; RS0101969). Der Händler haftet dem Käufer gegenüber nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten ([Auswahl eines geeigneten Erzeugers, für die einwandfreie Lagerung der Ware, den Hinweis auf Gefahren und für die ordnungsgemäße Verpackung]; RS0022902; RS0022662 [T5]). Bedient sich jedoch der Verkäufer zur Erfüllung seiner Pflichten des Herstellers, wird dieser (nur) in diesem Umfang Erfüllungsgehilfe des Verkäufers (8 Ob 114/19a). Der Käufer kann vom Händler regelmäßig nicht erwarten, dass dieser eine eigene kostspielige technische Kontrolle der Kaufsache vornimmt. Der Händler muss sich insoweit grundsätzlich regelmäßig auf die ihm vom Produzenten erteilten Hinweise verlassen können, sofern er nicht aufgrund ihm bereits bekannt gewordener Schadensfälle Zweifel an deren Richtigkeit haben muss (RS0023638 [T1, T5]; 9 Ob 21/22m).

[15] 2.4. Nach den im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen hatte keine der Erstbeklagten zurechenbare Person von der (unzulässigen) Abschalteinrichtung (der Umschaltlogik) im Zeitraum des Vertragsabschlusses Kenntnis. Dass im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bereits Informationen darüber verfügbar gewesen wären, hat die Klägerin nicht behauptet. Der Erstbeklagten kann daher auch kein Organisationsmangel vorgeworfen werden. Damit fehlt für eine Zurechnung eines (allfälligen) arglistigen Verhaltens der Zweitbeklagten an die Erstbeklagte alleine aufgrund ihrer Stellung als „Vertriebshändlerin“ der Herstellerin aber jede Rechtsgrundlage (9 Ob 21/22m [Pkte 1.5. bis 1.10.]). Auf § 874 ABGB gestützte Schadenersatzansprüche kommen gegenüber der Erstbeklagten damit nicht in Betracht.

[16] 3. Das Recht auf Gewährleistung musste nach der hier noch anzuwendenden Rechtslage binnen zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden (§ 933 Abs 1 ABGB idF BGBl I 2001/48). Die Frist beginnt mit dem Tag der Ablieferung (Übergabe) der Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird.

3.1. Kein Rechtsmangel:

[17] 3.1.1. Dass es ohne die im Fahrzeug verbaute Abschalteinrichtung keine Typisierung gegeben hätte – so das Vorbringen der Klägerin – begründet keinen Rechtsmangel, weil das Fahrzeug nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellung seit dem Zeitpunkt der Übergabe über eine aufrechte Typengenehmigung verfügt (9 Ob 21/22m).

[18] 3.1.2. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn dem Erwerber nicht die geschuldete rechtliche Position verschafft wird (3 Ob 5/07t; PBydlinski in KBB7 [2023] § 933 ABGB Rz 3 mwN). Darunter fallen auch öffentlich-rechtliche Fehler. In der Entscheidung zu 3 Ob 40/23p (Rz 25) hat der Oberste Gerichtshof aber bereits klargestellt, dass ein Rechtsmangel nur bei Fehlen der behördlichen Zulassung vorliegt, sodass das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr gar nicht in Betrieb genommen werden darf. Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen eines solchen Rechtsmangels ist jener der Übergabe. Die zu diesem Zeitpunkt bloß befürchtete mangelnde Rechtsbeständigkeit der EG-Typengenehmigung bzw die bloß befürchtete, also nicht konkret drohende Aufhebung der Zulassung ist demnach kein Rechtsmangel.

[19] 3.1.3. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Auf einen Rechtsmangel kann sich die Klägerin daher nicht berufen. Damit ist auch der Behauptung, der Vertrag sei nichtig, weil eine Betriebsgenehmigung nicht vorliege, der Boden entzogen.

[20] 3.2. Das Vorhandensein der Abschalteinrichtung (Umschaltlogik) im Übergabezeitpunkt begründet nach der zwischenzeitig gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einen Sachmangel (für viele 3 Ob 142/22m [C.2]). Der Beginn des Laufes der Gewährleistungsfrist wird in einem solchen Fall nicht dadurch hinausgeschoben, dass seine Entdeckung bei der Übergabe noch nicht möglich war (RS0018982).

[21] 3.3. Nach § 1497 ABGB wird die Verjährung unter anderem dann unterbrochen, „wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit [...] ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des andern anerkannt hat“.

[22] 3.4. Macht ein Verkäufer oder Werkunternehmer eine Verbesserungszusage oder nimmt er die Verbesserung (sei es erfolgreich oder erfolglos) tatsächlich vor, so anerkennt er dadurch nach der Rechtsprechung in der Regel konkludent im Sinn des § 863 ABGB jenen Mangel, der mit der Verbesserung – nach dem Eindruck eines redlichen Käufers oder Werkbestellers (allgemein RS0014205; PBydlinski aaO § 863 ABGB Rz 3) – beseitigt werden soll, und damit seine diesbezügliche Gewährleistungspflicht (RS0018921 [T7, T8]). Ein solches Anerkenntnis beinhaltet in der Regel den Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede (RS0032386).

4. Ansprüche der Klägerin aus Gewährleistung sind verjährt:

[23] 4.1. Die Klägerin hat dem Verjährungseinwand der Erstbeklagten entgegengehalten, dass am 21. 10. 2016 ein Software-Update vorgenommen worden sei, durch das der gesetzliche Zustand wieder hergestellt werden hätte sollen, was nicht der Fall gewesen sei; die Gewährleistungsfrist habe deshalb neu zu laufen begonnen. Dass eine solche Maßnahme durchgeführt wurde, steht außer Streit.

[24] 4.2. Ein Käufer, der in Kenntnis der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom „Dieselskandal“ ist und der in diesem Zusammenhang aufgefordert wird, wegen einer Rückrufaktion sein Fahrzeug für ein Software-Update zur Verkäuferin zu bringen, muss dies typischerweise dahin verstehen, dass der Verstoß gegen die geltenden Abgasvorschriften behoben, also sein Auto diesen fortan entsprechen wird (8 Ob 40/23z).

[25] 4.3. Die Klägerin wurde von der Zweitbeklagten aufgefordert, das Software‑Update vornehmen zu lassen. Diese hat auf die Notwendigkeit einer technischen Nachrüstung ihres Fahrzeugs betreffend NOx‑Werte bei Dieselmotoren hingewiesen. Die Erstbeklagte sagte demnach eine Verbesserung (ein Anbot) nicht zu. Nach den getroffenen Feststellungen hat die Erstbeklagte das Software‑Update am Fahrzeug der Klägerin auch nicht vorgenommen, weil es die Klägerin in einer anderen Autowerkstätte durchführen lassen hat. Unabhängig davon, dass das von der Zweitbeklagten angebotene Software-Update nicht geeignet gewesen wäre, den Mangel zu beseitigen (10 Ob 2/23a [Pkt II.3.6.] vom 25. 4. 2023), fehlt es an einem Verhalten, aus dem darauf geschlossen werden könnte, dass die Erstbeklagte als Vertragspartnerin der Klägerin ihre Verpflichtung zur Verbesserung anerkannt und damit auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätte (vgl 8 Ob 40/23z: Durchführung des Software‑Updates durch die Verkäuferin als Anerkennung der Verpflichtung, einem Käufer eines hinsichtlich der Abgasvorschriften nicht mangelfreien Autos Gewähr leisten zu müssen).

4.4. Die schriftliche Aufforderung an die Klägerin, das Software‑Update durchführen zu lassen, erfolgte ohne Bezug auf die erstbeklagte Händlerin als Vertragspartnerin des Verkaufs. Damit rechtfertigt auch die Entwicklung und Bereitstellung des Software-Updates durch die Zweitbeklagte nicht, davon auszugehen, dass sie damit Pflichten der Erstbeklagten als Gewährleistungsschuldnerin im Sinn eines ihr zurechenbaren Anerkenntnisses erfüllt hätte (vgl 6 Ob 158/22m [Pkt V.1.2.]; RS0134544). Auch der festgestellte Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Fahrzeug der Klägerin zur Durchführung des Updates in Erfüllung von Pflichten der Erstbeklagten als Gewährleistungspflichtige zurückgerufen worden wäre, zumal es der Klägerin ganz offensichtlich freistand, das Software‑Update auch bei einem dritten Händler von Fahrzeugen der Zweitbeklagten durchführen zu lassen. Damit sind Ansprüche der Klägerin aus Gewährleistung verjährt.

[26] 5. Indem die Erstbeklagte geltend macht, dass ihr das in einer anderen Autowerkstätte durchgeführte Software-Update nicht als Verbesserungsversuch und daher auch nicht als Anerkenntnis ihrer Gewährleistungsverpflichtung zugerechnet werden könne, beruft sie sich entgegen der Ansicht der Klägerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf keine in dritter Instanz unzulässige Neuerung.

[27] 5.1. Der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist ist von dem zu beweisen, der sich darauf beruft. Die Erstbeklagte hatte daher den Beginn des Fristenlaufs – und damit den durch deren Ablauf bedingten Verjährungseintritt – zu beweisen. Das ist ihr nach den Feststellungen gelungen. Damit oblag der Klägerin die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass eine Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis der Zweitbeklagten eingetreten ist (RS0034456 [T1]).

[28] 5.2. Ausgehend von dieser Verteilung der Behauptungs- und Beweislast lag es an der Klägerin, diejenigen Umstände zu behaupten und zu beweisen, die die Annahme eines Anerkenntnisses durch die Erstbeklagte erlaubten. Die Feststellung des Erstgerichts, dass das Software-Update nicht von der Erstbeklagten als Vertragspartnerin der Klägerin, sondern von einem dritten Unternehmen durchgeführt wurde, steht der Annahme eines solchen Anerkenntnisses entgegen und hält sich damit im Rahmen der von der Erstbeklagten geltend gemachten Verjährungseinrede. Sie kann daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden (vgl RS0037972 [T9]; RS0036933 [T6]).

[29] 6. Die Klägerin wirft nur der Zweitbeklagten ein sittenwidriges bzw unlauteres (§ 2 UWG) Verhalten vor, nicht aber der Erstbeklagten, sodass Schadenersatzansprüchen dieser gegenüber ausgehend vom festgestellten Sachverhalt die Grundlage fehlt.

[30] 7. Der Revision ist daher Folge zu geben. Die gegenüber der Erstbeklagten erhobenen Klagebegehren sind abzuweisen, sodass die Entscheidung des Erstgerichts insoweit als Teilurteil bestätigt werden kann.

[31] 8. Das Berufungsgericht hat in seinem Teilurteil die Entscheidung über die Verfahrenskosten gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorbehalten. Damit hat das Gericht erster Instanz nach rechtskräftiger Erledigung der Sache über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren zu entscheiden (§ 52 Abs 3 ZPO). Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens ist daher ebenfalls dem Erstgericht vorzubehalten.

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