Spruch:
Zu 1.): Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Zu 2.): Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Zu 1.): Das Rekursgericht hat den Rekurs des Vaters insoweit, als er über den Gegenstand der erstgerichtlichen Entscheidung hinausgreift, insbesondere soweit er sich als Bekämpfung der bereits in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen des Bezirksgerichts Döbling, GZ 10 P 128/98h-43 und -44, sowie als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren AZ 1 C 142/99f des Erstgerichts Tulln darstellt, zurückgewiesen.
Der Vater wendet sich auch noch im (nicht anwaltlich gefertigten) Revisionsrekurs gegen Beschlüsse, insbesondere über die Obsorge, die bereits in Rechtskraft erwachsen sind. Insoweit ist sein Revisionsrekurs zurückzuweisen, weil damit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG aufgezeigt wird.
Zu 2.): Der Revisionsrekurswerber ist der eheliche Vater des am 9. August 1988 geborenen Markus, der Schüler ist und sich in Pflege und Erziehung bei der Mutter befindet.
Der Vater war mit Beschluss vom 15. September 1999 zur Leistung monatlichen Unterhalts von 4.000 S verpflichtet worden. Das Erstgericht erhöhte diese Unterhaltsleistung - ausgehend von einem Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von 33.200 S monatlich - für die Zeit vom 1. April 2000 bis 30. April 2001 auf 5.000 S (= 363,36 EUR) monatlich und am 1. Mai 2001 auf 5.600 S (= 406,97 EUR) monatlich.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Auswirkungen des Erkenntnisses des VfGH vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, auf die Unterhaltsbemessung noch keine Rsp des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Die zweite Instanz vertrat mit eingehender Begründung die Rechtsansicht, der Vater könne aus dem Regelbedarfssatz, der nur auf durchschnittliche Lebensverhältnisse abstelle, keine Folgerungen ableiten, weil sein monatliches Nettoeinkommen von 33.200 S weit über dem Durchschnittseinkommen von rund 18.000 S liege. Bei sehr hohem Einkommen besteht zwar die Gefahr einer Überalimentierung. Die Grenze läge hier bei rund 720 EUR und werde durch die vom Erstgericht vorgenommene Unterhaltsbemessung bei weitem nicht erreicht. Konkrete und überprüfbare Behauptungen dahingehend, dass der Unterhalt tatsächlich zu Vermögensbildungszwecken herangezogen würde, habe der Vater nicht aufgestellt. Die vom Vater ins Treffen geführten diversen Ausgaben stellten keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage dar. Der vom Erstgericht zuerkannte Unterhalt stehe mit der stRsp auf Grundlage der Bestimmung des § 140 ABGB im Einklang. Unzutreffend sei es, in diesem Zusammenhang von "Enteignung" zu sprechen oder sich auf den Gleichheitsgrundsatz zu berufen. Um das vom Verfassungsgerichtshof geforderte Ergebnis zu erreichen, bedürfe es nicht einer (zusätzlichen) Herabsetzung der Unterhaltsbeträge.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und - im Rahmen des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens - berechtigt, soweit somit eine Anrechnung der staatlichen Transferleistungen begehrt wird.
Familienbeihilfe und Steuerentlastung: Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass eines Revisionsrekurses gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. G 7/02 u.a. (kundgemacht in BGBl I 152/2002 am 13. September 2002), hob der VfGH in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH bekräftigte seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, vertretene Auffassung, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag [§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG] und Kinderabsetzbetrag [§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG]), sondern auch die Familienbeihilfe - die damit nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient - die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Mit der Aufhebung der genannten Wortfolge in § 12a FLAG wurde aber nicht nur eine die Anrechenbarkeit der Familienbeihilfe hindernde Norm beseitigt, sondern der VfGH sprach auch aus, wie § 140 ABGB verfassungskonform auszulegen sei. Danach ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern bei getrennter Haushaltsführung um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d ua).
Kürzung des festgestellten Geldunterhaltsanspruchs zufolge der steuerlichen Entlastung: Nach dem Berechnungsmodell des VfGH erfasst die gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts um höchstens 40 %. Nach § 33 Abs 1 EStG beträgt die Einkommensteuer ab 1. Jänner 2002 für die ersten 3.640 EUR (in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 für die ersten 50.000 S) 0 %, für die nächsten 3.630 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 50.000 S) 21 %, für die nächsten 14.530 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 200.000 S) 31 %, für die nächsten 29.070 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 400.000 S) 41 % und für alle weiteren Beträge des steuerpflichtigen Einkommens 50 %. Diese Steuersätze sind um etwa 20 % zu reduzieren, daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % auf 33 % und der von 31 % auf 25 % zu kürzen. Beim Steuersatz von 21 % kommt die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus, den der steuerpflichtige Geldunterhaltsschuldner erhält, praktisch nicht in Betracht. Die in concreto anzuwendenden Steuersätze bestimmen sich nach dem für deren Ermittlung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug, § 2 Abs 2 und § 41 Abs 4 EStG). Der Kindesunterhalt ist jeweils aus den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zu decken. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Wenn der Unterhaltsbeitrag zur Gänze in dem mit dem höchsten Steuersatz zu versteuernden Einkommensteil Deckung findet, ergibt sich nur eine Multiplikation (halber Unterhaltsbeitrag x reduziertem anzuwendenden Steuersatz). Wenn dies nicht der Fall, somit ein Teilbetrag (des halben Unterhaltsbeitrags) mit dem nächstniedrigeren Steuersatz zu versteuern ist, sind zwei Multiplikationen vorzunehmen (des jeweils abgesenkten Steuersatzes mit dem entsprechenden, in diese Steuerklasse fallenden Teilbetrag des halben Unterhaltsbeitrags) und die Ergebnisse sodann zu addieren. Von diesem rechnerischen Zwischenergebnis (Kürzungsbetrag) ist der der steuerlichen Entlastung dienende Unterhaltsabsetzbetrag, den der Steuerpflichtige erhält (monatlich für das 1. Kind 25,50 EUR [in den Jahren 2000 und 2001: 350 S], für das 2. Kind 38,20 EUR [2000 und 2001: 525 S] und für jedes weitere Kind jeweils 50,90 EUR [2000 und 2001: 700 S]) - umgerechnet auf ein Jahr - abzuziehen, wird doch die steuerliche Entlastung auch durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag bewirkt. Nur soweit dieser nicht ausreicht, sind die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe - heranzuziehen. Der ermittelte Kürzungsbetrag wird somit seinerseits um den Unterhaltsabsetzbetrag gekürzt, wodurch zwangsläufig die Kürzung geringer ausfällt. Dieser jährliche "Steuerentlastungsbetrag" kürzt den vom Geldunterhaltspflichtigen zu leistenden jährlichen Unterhaltsbetrag, der dann auf Monate umzurechnen ist. In der Entscheidung 3 Ob 141/02k erläuterte der erkennende Senat diese Berechnungsweise der erforderlichen Ermittlung des Steuerentlastungsbetrags in einer modellartigen tabellarischen Demonstration in fünf (bei mehreren Kindern in sechs) Schritten. Darauf wird verwiesen.
Im Anlassfall mangelt es an Feststellungen über das für die Berechnung des Kürzungsbetrags bedeutsame Einkommen des Vaters. Das Erstgericht wird daher das Verfahren durch Feststellung des als Berechnungsgrundlage maßgebenden Einkommens des Vaters ohne Sonderzahlungen zu ergänzen haben, um sodann dessen Steuerentlastung nach den voranstehend erläuterten Grundsätzen berechnen zu können.
Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.
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