European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00083.24G.1023.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.000,75 EUR (darin 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger erwarb am 29. 1. 2015 von einer Fahrzeughändlerin ein am 12. 5. 2015 erstmals zum Verkehr zugelassenes Neufahrzeug der Marke Audi A4 2,0 TDI Avant quattro Intense um einen Kaufpreis von 40.740 EUR. In diesem Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter 2.0 l Dieselmotor vom Typ EA189 verbaut.
[2] Der Kläger begehrt Schadenersatz, er habe ein überteuertes Fahrzeug gekauft, das eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweise.
[3] Mit dem von der Beklagten angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht dem auf Schadenersatz gerichteten Klagebegehren mit 8.148 EUR (Wertminderung in Höhe von 20 % des Kaufpreises) samt 4 % Zinsen ab 28. 7. 2021 statt. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Revision der Beklagten ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig; sie kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch den Obersten Gerichtshof bereits geklärt (vgl RS0112921). Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
[5] 1. Nach der Rechtsprechung hat die Berechnung des Schadens in einem Fall wie hier – in dem nicht der Fahrzeughersteller aufgrund einer Verletzung von Schutzgesetzen, sondern der Motorenhersteller nach § 874 und § 1295 Abs 2 ABGB in Anspruch genommen wird – nach der relativen Berechnungsmethode zu erfolgen (10 Ob 31/23s Rz 51; 9 Ob 18/24y Rz 16 mwN; 10 Ob 13/24w Rz 44; RS0134498 [T9]). Der getäuschte Käufer, der am Vertrag festhält, hat Anspruch auf einen Ausgleich für einen – im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestandenen – Minderwert der ihm verkauften Sache (RS0014750). Durch die Ermittlung des Ausmaßes des Ersatzes im Wege der relativen Berechnungsmethode wird ein Ausgleich für die durch den Willensmangel gestörte subjektive Äquivalenz der im Austauschverhältnis stehenden vertraglichen Leistungen geschaffen (2 Ob 139/23i Rz 24 mwN; RS0014772 [T2]). Der veränderte Preis muss sich zum vereinbarten Preis so verhalten, wie der Wert der Sache ohne Mangel zum Wert der Sache mit Mangel (5 Ob 89/24k Rz 9; 9 Ob 51/24a Rz 11 mwN).
[6] 2.1. Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in zwei jüngeren Entscheidungen der Ansicht der jeweiligen Berufungsgerichte nicht entgegengetreten ist, dass in den damaligen Verfahren allgemeine Feststellungen, welchen Betrag ein „durchschnittlicher“ Käufer für das manipulierte Fahrzeug gezahlt hätte (10 Ob 46/23x Rz 19; 5 Ob 33/24z Rz 25) nicht genügen, um daraus auf Marktwerte des (konkreten) Fahrzeugs im mangelhaften und im mangelfreien Zustand zu schließen.
[7] 2.2. Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall wirft regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0118891). Die hier getroffenen Feststellungen sind den den Entscheidungen 8 Ob 109/23x, 9 Ob 52/24y und 7 Ob 128/24k zugrunde liegenden ähnlich. Wenn das Berufungsgericht daher die Feststellungen des Erstgerichts zur „fiktiven“ Wertminderung bezogen auf den Ankaufszeitpunkt dahin interpretierte, dass im Zeitpunkt des Ankaufs des Fahrzeugs der Minderwert exakt 20 % betrug, hält sich dies im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums.
[8] 2.3. Die Feststellungen zum konkreten Minderwert des Fahrzeugs stehen auch nicht in Widerspruch mit der Feststellung, dass es derzeit in Österreich keinen Preisverfall für Fahrzeuge wie das Klagsfahrzeug gibt, weil diese nicht auf den hier relevanten Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags abstellen.
[9] Die Revision der Beklagten ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
[10] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. DerKläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).
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