OGH 5Ob89/24k

OGH5Ob89/24k28.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*, vertreten durch die Poduschka AnwaltsgmbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 6.090 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 14. März 2024, GZ 1 R 19/24y‑39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Steyr vom 21. Dezember 2023, GZ 13 C 674/20s‑33, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00089.24K.0528.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 597,52 EUR (darin enthalten 95,40 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Mit Kaufvertrag vom 10. 11. 2014 erwarb die Klägerin ein Fahrzeug der Marke Skoda um 20.300 EUR. Es handelte sich um einen Vorführwagen, der bei Übernahme eine Laufleistung von etwa 17.000 km aufwies und am 16. 4. 2014 erstmals zum Verkehr zugelassen worden war. Darin war ein Dieselmotor des Typs EA189 verbaut, der von der Beklagten hergestellt worden war und vom sogenannten „Dieselskandal“ betroffen ist. Das Software‑Update wurde am 17. 11. 2016 installiert.

[2] Die Klägerin begehrte von der Beklagten 6.090 EUR Schadenersatz. Das entspricht einer Minderung des von ihr bezahlten Kaufpreises von 30 %.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der es der Klägerin 2.030 EUR sA Schadenersatz zugesprochen, das Mehrbegehren jedoch abgewiesen hatte. Der vom Erstgericht aufgrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit 10 % des Kaufpreises festgesetzte Ersatzbetrag sei nicht zu beanstanden. Die Revision erklärte es für zulässig, weil zu den Fragen „der Verjährung in gegenständlichen Konstellationen, des Verschuldens hinsichtlich eines möglichen Rechtsirrtums sowie zu den Sachmängeln der Höhenschaltung und Taxifunktion“ noch keine gesicherte Rechtsprechung vorliege.

[4] Dagegen richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision der Klägerin, die entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsausspruch als erheblich im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO erachteten Rechtsfragen sind aus Anlass der von der Klägerin erhobenen Revision nicht zu erörtern.

[6] 2. Mit ihren Ausführungen zur Höhe des ihr von den Vorinstanzen zuerkannten Ersatzbetrags kann die Klägerin im Ergebnis keine im Einzelfall durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht aufzeigen:

[7] 2.1. Der Oberste Gerichtshof hat zu vergleichbaren Sachverhalten bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Schadenersatzpflicht nach § 874 ABGB auch dann Platz greift, wenn die arglistige Irreführung nicht durch den Vertragspartner, sondern durch einen Dritten erfolgt ist (10 Ob 31/23s Rz 51; 4 Ob 204/23p Rz 48 ua). Die Vorinstanzen haben das der Beklagten anzulastende Verhalten übereinstimmend als Arglist im Sinn des § 874 ABGB beurteilt.

[8] 2.2. Hält der Getäuschte – wie hier die Klägerin – am Vertrag fest, ist der Schaden gemäß § 874 ABGB aufgrund der relativen Berechnungsmethode (vgl dazu RS0107864; RS0014750) zu ermitteln. Auch bei arglistiger Irreführung durch Dritte wird dadurch schadenersatzrechtlich ein Ergebnis erzielt, das dem einer Vertragsanpassung gleichkommt. Diese Grundsätze wurden in der Rechtsprechung bereits wiederholt auch im Verhältnis zu der auch hier beklagten Motorenherstellerin vertreten (10 Ob 31/23s Rz 55 ff; 2 Ob 139/23i Rz 24; 4 Ob 204/23p Rz 50 ua).

[9] 2.3. Der getäuschte Käufer hat demnach Anspruch auf Ersatz des Minderwerts, der sich aus dem Verhältnis des vereinbarten zum herabgesetzten Preis im Vergleich zum Verhältnis des Werts der Sache mit und ohne Mangel errechnet. Nach den Feststellungen lag der Wert des von der Klägerin erworbenen Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Ankaufs 5 % bis 15 % unter dem von ihr bezahlten Preis. Da die Klägerin auch nicht geltend macht, dass der Wert ihres Fahrzeugs im mängelfreien Zustand bei Kauf nicht dem von ihr bezahlten Preis entsprochen hätte, errechnet sich für ihr Fahrzeug nach der relativen Berechnungsmethode ein Minderwert in einer Bandbreite von 1.015 EUR bis 3.045 EUR. Weshalb zwingend und ausschließlich die festgestellte Obergrenze von 15 % in die Berechnung ihres Ersatzanspruchs einfließen müsste, kann die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht schlüssig darlegen und ergibt sich auch nicht aus dem Sachverständigengutachten, das insoweit den Feststellungen zugrunde liegt.

[10] 2.4. Damit mag es zwar zutreffen, dass die Vorinstanzen zu Unrecht auf die Schadensermittlung Bezug genommen haben, die der Rechtsprechung bei einer Haftung für eine Schutzgesetzverletzung aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben folgt (dazu RS0134498). Im Ergebnis ist es bei dieser Sachlage aber nicht zu beanstanden, dass sie unter Heranziehung der Bestimmung des § 273 Abs 1 ZPO den Ersatzbetrag mit 2.030 EUR und damit innerhalb der Bandbreite der aus den Vorgaben des Sachverständigen nach der relativen Berechnungsmethode resultierenden Werte festgesetzt haben. Eine Mangelhaftigkeit, des Berufungsverfahrens, wie die Klägerin meint, weil sich das Berufungsgericht auf die Bestimmung des § 273 ZPO stützte, ist bei dieser Sachlage im Ergebnis daher nicht zu erkennen.

[11] 2.5. Wenn die Klägerin in ihrem Rechtsmittel auf einen Minderwert des Fahrzeugs von 50 % abzielt, ignoriert sie, dass dieser Wert vom Sachverständigen lediglich für den Fall herangezogen wurde, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Kaufs über keine gültige EG‑Typengenehmigung verfügt hätte. Dass das der Fall gewesen wäre, behauptet sie zu Recht nicht. Sie kann damit auch insoweit keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts aufzeigen.

[12] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

[13] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. DieBeklagtewies auf die Unzulässigkeit der Revision hin und hat damit Anspruch auf Ersatz ihrer darauf entfallenden Kosten.

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