European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00116.24A.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die am 31. 1. 2018 zwischen den Parteien geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Erstgerichts vom Juli 2022 rechtskräftig geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 27. 6. 2021 aufgehoben.
[2] Bereits vor der Eheschließung erwarb der Mann mit Kaufvertrag vom 2. 10. 2017 „komplett fremdfinanziert“ eine gegenüber seinem Tischlereibetrieb situierte Liegenschaft um 224.820,30 EUR. Nach Abriss des Altbestands ließ er darauf ein Haus mit einem Büro, einem Lager und acht Wohnungen errichten. Auch die Errichtungskosten (von ca 2,3 Mio EUR) wurden zur Gänze fremdfinanziert. Das Grundstück sollte sich nach seinem Plan durch die Vermietung der darauf zu errichtenden Wohnungen selbst finanzieren. Zum Aufteilungsstichtag standen dem Verkehrswert der Liegenschaft von 2.830.000 EUR Schulden von 2.496.265,98 EUR gegenüber. Die Kredite werden – neben den Mieteinnahmen für eine weitere Wohnung auf der Betriebsliegenschaft des Mannes – aus denEinnahmen der Vermietung der auf dem Grundstück befindlichen Wohnungen bedient.
[3] Im Revisionsrekursverfahren ist strittig, ob diese Liegenschaft in die Aufteilung einzubeziehen ist.
[4] Die Vorinstanzen waren der Ansicht, dass die Liegenschaft zum Unternehmen des Mannes gehöre und daher samt den daraus erzielten Erträgen nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG von der Aufteilung ausgenommen sei.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Frau zeigt keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf:
[6] 1. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs während der Ehe angesammelte Liegenschaften, die vermietet werden, in aller Regel eheliche Ersparnisse sind. Behauptet ein Ehegatte, dass es sich dabei um einem Unternehmen gewidmete Sachen handelt, hat er das Vorliegen des Ausnahmetatbestands zu beweisen (RS0132701).
[7] Aus dieser Rechtsprechung ist für die Frau allerdings schon deshalb nichts zu gewinnen, weil hier von einer bloßen Ansammlung von Liegenschaftsvermögen während der Ehe nicht gesprochen werden kann.
[8] 2. Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, dass heißt das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben (RS0057486; RS0057287). Gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG sind daher Sachen und Rechte grundsätzlich nicht in die Aufteilung miteinzubeziehen, die – wie hier die Liegenschaft – ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat. Nur dann, wenn die überwiegende Wertschöpfung während der Ehe erfolgte, ist die von einem oder beiden ehemaligen Partnern eingebrachte Liegenschaft als Ganzes in die Aufteilung einzubeziehen (RS0057681).
[9] Von einem solchen Überwiegen der Wertschöpfung aus ehelichen Mitteln kann im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin schon deshalb keine Rede sein, weil die Errichtung der Bestandobjekte auf der Liegenschaft (ebenso wie deren Ankauf) „komplett fremdfinanziert“ wurde und diese Kredite nach den Feststellungen praktisch zur Gänze noch aushaften.
[10] Die Überlegung der Frau, sie müsste am gesamten Verkehrswert der Liegenschaft partizipieren, erweist sich daher von vorneherein als verfehlt. Abgesehen davon, dass sie eine allfällige durch Kredittilgung während der ehelichen Lebensgemeinschaft bewirkten Wertsteigerung (vgl RS0130671) gar nicht zur Darstellung bringt, weckt sie keine Bedenken an der Auffassung des Rekursgerichts, dass auch die Kredittilgung, dh im Wesentlichen die Zahlung der Zinsen mit den erwirtschafteten Mieteinnahmen, keine eheliche Errungenschaft ist.
[11] 3. Nach den Feststellungen erwarb der Mann die Liegenschaft, weil ihm ua die Nachbarn androhten, er müsse aufgrund der Lärm- und Verkehrsbelästigung mit seinem Tischlereibetrieb aus dem Wohngebiet absiedeln. Nicht nur diente ua der Tischlereibetrieb samt Grundstück als Sicherheit für den Kaufpreis. Der Mann plante auch von Anfang an, dass sich die Liegenschaft durch die darauf zu errichtenden Wohnungen selbst finanzieren sollte.
[12] Ausgehend von dieser (von unternehmerischen Interessen getragenen) Intention des Mannes bleiben auch die Erträge der – (ob nun nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG oder § 82 Abs 1 Z 3 EheG) nicht der Aufteilung unterliegenden – Liegenschaft von der Aufteilung ausgenommen, jedenfalls soweit und solange die Liegenschaft damit abbezahltwird. Anhaltspunkte für eine Umwidmung der Mieterträge in eheliche Ersparnisse (vgl RS0057752; RS0057486 [T18]) werden von der Frau nicht ins Treffen geführt und sind auch nicht ersichtlich.
[13] 4. Die Frau selbst hat sich sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch noch im Rechtsmittelverfahrenein vom Mann gewährtes Darlehen von der begehrten Ausgleichszahlung abgezogen. Soweit sie im Rechtsmittel erstmals bemängelt, dass das Erstgericht diesem Ansatz zu Unrecht gefolgt sei, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot (RS0042091).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)