OGH 6Ob1/24a

OGH6Ob1/24a26.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde K*, vertreten durch ONZ & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei K*, vertreten durch Rosenauer Prankl Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 13. Juni 2023, GZ 22 R 74/23x‑29, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 31. Jänner 2023, GZ 4 C 344/21z‑23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00001.24A.0426.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die klagsabweisende Entscheidung des Erstgerichts unter Einschluss seines bereits in Rechtskraft erwachsenen Punkts 2. einschließlich der Kostenentscheidung zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.340,37 EUR (darin enthalten 185,39 EUR Umsatzsteuer und 228 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Streitteile schlossen am 11. 11. 2002 einen Baurechtsvertrag ab. Nach dem Standpunkt der Klägerin ist das von ihr der Beklagten für die Dauer von 20 Jahren eingeräumte Baurecht mit Ende November 2021 erloschen, nach Ansicht der Beklagten „läuft“ es am 10. bzw 11. 11. 2022, allenfalls am 11. 11. 2022 „ab“.

[2] Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übergabe der Liegenschaft geräumt von allen Fahrnissen.

[3] Die Beklagte meint, die Liegenschaft rechtens zu nutzen. Dafürberief sie sich nicht nur auf den (im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz) aufrechten Bestand des erwähnten Baurechts, sondern zudem auf ein von der Klägerin im Baurechtsvertrag eingeräumtes und von der Beklagten ausgeübtes Ankaufsrecht. Sie sei daher außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft, verwende diese nicht rechtswidrig und habe die Klägerin auch bereits auf Unterfertigung einer grundbuchsfähigen Urkunde geklagt.

[4] Die Klägerin bestritt zwar nicht die Ausübung der Option, war aber der Ansicht, ein solches Recht habe sie der Beklagten nicht eingeräumt.

[5] Dem Urteil des Erstgerichts liegt – stark zusammengefasst – folgender Sachverhalt zugrunde:

[6] Auf der Liegenschaft bestand schon vor dem Abschluss des strittigen Baurechtsvertrags ein Baurecht. Die (vormalige) Baurechtsberechtigte (im Weiteren „Verkäuferin“) beabsichtigte, „die Baurechtsliegenschaft“ samt Zubehör zu veräußern. Dieses (vormalige) Baurecht endete am 23. 12. 2001. Die Beklagte interessierte sich für die Liegenschaft. Ihre ursprüngliche Absicht, diese zu kaufen, konnte sie damals aus finanziellen Gründen nicht umsetzen. Da das noch aufrechte Baurecht nur mehr bis 23. 12. 2001 bestand, war es für einen Abschluss eines Kaufvertrags (über das damalige Baurecht samt Zubehör) mit der Verkäuferin für die Beklagte wichtig, die Konditionen des künftigen Baurechtsvertrags zu kennen.

[7] Die hier in Rede stehende und auch andere Baurechtsliegenschaften waren Gegenstand einer Gemeinderatssitzung der Klägerin am 15. 12. 2000, in der (auszugsweise) hinsichtlich der Baurechte Folgendes beschlossen wurde (Beilage ./H; RS0121557 [T3]):

„[…]

2. Der neue Baurechtszins beträgt ATS 40,‑‑/m² jährlich, indexgesichert, zuzügl der gesetzl. UST [sic!]. Die Laufzeit der Verträge beträgt 20 Jahre, den Baurechtsinhabern wird das Vorkaufsrecht eingeräumt, wobei ein Kaufpreis für die BREZ [...] und [die Liegenschaft] mit ATS 3.200,‑‑/m² indexgesichert und der BREZ [...] mit ATS 3.500,‑‑/m2 [sic!] indexgesichert, nach dem VPI 96, Basis Datum des Vertragsabschlusses festgesetzt wird. Alle auf dem Baurechtsgrundstück errichteten Bauten und Anlagen gehen mit dem Zeitpunkt des Erlöschens des Baurechts in das freie Eigentum der [Klägerin] über.

2. Der Ankauf von Baurechtsgrundstücken ist grundsätzlich möglich.

Der Kaufpreis beträgt für die BREZ [...] und [die klagsgegenständliche Liegenschaft] ATS 3.200,‑‑/m², indexgesichert, […]“.

 

[8] Dem Vertragsverfasser (ein „als Sprachrohr zwischen den Streitteilen“ fungierender Notar) wurde dieser Gemeinderatsbeschluss Anfang Jänner 2001 zur Ausarbeitung eines Vertragsentwurfs übermittelt. Der von ihm erstellte Entwurf (des Baurechtsvertrags mit der schon darin genannten Beklagten) sah einen – damals noch Monate in der Zukunft liegenden – Endtermin des („neuen“) Baurechts mit 30. 11. 2021 vor. Dieser Entwurf wurde der Verkäuferin (als bisheriger Baurechtsberechtigten) von der Klägerin mit einem Begleitschreiben, das die vom Gemeinderat beschlossenen Konditionen (aufgegliedert in zwei Punkte) enthielt, samt einem [Begleit‑]„Briefdoppel“ mit dem Wunsch übermittelt, das Briefdoppel „zum Einverständnis“ unterfertigt sowohl von der Verkäuferin als auch der Beklagten an das Liegenschaftsamt zu retournieren (um anschließend den Auftrag für die Erstellung und Durchführung eines Teilungsplans in Auftrag geben zu können).

[9] In den zwei Punkten des Begleitschreibens wurde über die Verlängerung des Baurechts um 20 Jahre (Punkt 1.) und über die Höhe des Baurechtszinses (Punkt 2.) informiert sowie darüber, dass „[b]ei einem Ankauf ihrer Baurechtsliegenschaft“ ein Kaufpreis von ATS 3.200,‑‑/m² (232,55 EUR) wertgesichert [...] festgesetzt wurde.

[10] Die Beklagte schloss den Kaufvertrag mit der Verkäuferin am 6. 6. 2001 ab. Das (von der Verkäuferin und der Beklagten) unterfertigte Briefdoppel wurde der Klägerin noch im Juni 2001 übersandt. Der (neue) Baurechtsvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin wurde aber erst mehr als ein Jahr später, am 17. 9. 2002 (Beklagte) bzw 11. 11. 2002 (Klägerin; Beil ./C; RS0121557 [T3]), unterschrieben und enthielt (wie der Entwurf) die Formulierung „Das Baurecht wird auf die Dauer von 20 Jahren eingeräumt und erlischt sohin am 30. November 2021“. Darüber hinaus enthielt der Baurechtsvertrag auszugsweise folgende Vereinbarungen:

„[…]

IV.

Bei Erlöschen des Baurechtsvertrags fällt das Bauwerk in das Eigentum der Baurechtsgeberin, wobei der Baurechtsnehmerin keine Entschädigung zu leisten ist.

Im Gegenzug dazu räumt die Baurechtsgeberin der Baurechtsnehmerin hinsichtlich […] des [Grundstücks] das Vorkaufsrecht zu einem Quadratmeterpreis von ... € 232,55 EUR (Euro zweihundertzweiundreißig Cents fünfundfünfzig) ein.

Dieser Kaufpreis ist wertgesichert. [...]

V.

Die Baurechtsnehmerin räumt der Baurechtsgeberin im Fall der Veräußerung des errichteten Bauwerks das auf der Baurechtseinlage bücherlich sicherzustellende Vorkaufsrecht gemäß den §§ 10721079 ff ABGB ein und die Baurechtsgeberin nimmt diese Rechtseinräumung an

Die [Klägerin] verpflichtet sich bei einem Kauf durch die Baurechtsnehmerin dieses Vorkaufsrecht löschen zu lassen.“

 

[11] Das Baurecht wurde im Lastenblatt der Liegenschaft mit einer Befristung des Baurechts bis 30. 11. 2021 eingetragen.

[12] Mit Schreiben vom 14. 10. 2019 teilte der Rechtsvertreter der Beklagten der Klägerin mit, dass der Beklagten ein Optionsrecht zum Erwerb des Grundstücks eingeräumt worden sei, welches irrtümlich als Vorkaufsrecht bezeichnet worden sei. Diese Falschbezeichnung sei unschädlich, weil der Wille der Vertragsparteien wesentlich sei. Es werde um Mitteilung ersucht, ob die Klägerin bereit sei, den im Anhang angeschlossenen Vertragsentwurf zu unterzeichnen. Sollten Änderungen gewünscht werden, werde um Bekanntgabe derselben ersucht (Beil ./3; RS0121557 [T3]).

[13] Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren (und in Punkt 2. seiner Entscheidung den Zwischenantrag auf Feststellung der Beklagten [über das Bestehen eines Mietverhältnisses]) ab. Es ging davon aus, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien am 11. 11. 2002 ein Baurechtsvertrag für die (ab diesem Zeitpunkt laufende) Dauer von 20 Jahren geschlossen worden sei. Der Baurechtsvertrag sei daher im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung noch aufrecht.

[14] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und dem Räumungsbegehren statt. Anders als das Erstgericht legte es den Vertrag dahin aus, dass die Beendigung des Baurechts mit 30. 11. 2021 vereinbart worden sei. Weder dem Vertrag noch dem Beschluss des Gemeinderats lasse sich die Vereinbarung eines Optionsrechts entnehmen. Es sei bloß ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden, sei doch von „Option“ darin keine Rede, sondern werde der Begriff „Vorkaufsrecht“ verwendet. Die einseitige Erklärung der Beklagten, die Kaufoption auszuüben, bleibe damit ohne Wirkung.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

[16] 1. Die Beklagte bemängelt die fehlerhafte Auslegung des Gemeinderatsbeschlusses und des darauf aufbauenden Baurechtsvertrags. Sie setzt sich dabei eingehend mit den einzelnen Bestimmungen in ihrem Kontext auseinander und legt dar, dass auch bei der gebotenen objektiven Auslegung des Gemeinderatsbeschlusses nach Aussagewert des Textes, des Wortsinns in seiner gewöhnlichen Bedeutung und im Zusammenhalt mit dem zugrunde gelegten Vertrag dem Gemeinderatsbeschluss der Gehalt zu entnehmen sei, dass der Beklagten ein Ankauf während der gesamten Laufzeit des Baurechtsvertrags möglich sein solle.

[17] 2. Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung. Sie erklärte im Revisionsverfahren, ihr Begehren auf Kosten einzuschränken. Diese (gänzliche) Einschränkung auf Kosten ist aber unzulässig, beträfe doch dann das Rechtsmittel vor dem Obersten Gerichtshof nur mehr den Kostenpunkt (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO; vgl 8 Ob 62/15y; 10 ObS 151/13y; RS0039247; Lovrek in Fasching/Konecny 3 III/1 § 237 ZPO Rz 9).

[18] 3.1. Der von der Beklagten gegen die Klägerin auf Einwillligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft gerichtete Prozess, dessentwegen das Verfahren über die außerordentliche Revision der Beklagten vom Erstgericht unterbrochen worden war, ist mittlerweile beendet. Aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. 8. 2023, GZ 13 R 60/23y‑40, ist (seit der Zurückweisung der außerordentlichen Revision durch den Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 187/23f am 13. 11. 2023) die Klägerin (als dort Beklagte) verpflichtet, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten ob der in Rede stehenden Liegenschaft einzuwilligen.

[19] In seiner Entscheidung zu 3 Ob 187/23f hielt der Oberste Gerichtshof zur Auslegung des – auch im vorliegenden Fall zu beurteilenden – Gemeinderatsbeschlusses Folgendes fest:

„[9] 2.3 Ein Gemeinderatsbeschluss ist objektiv nach dem Aussagewert des Textes, also dem Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und im Zusammenhang mit dem zugrunde gelegenen Geschäftszweck auszulegen (7 Ob 108/17h; 8 ObA 22/21z; 3 Ob 327/21k).

[10] Demgegenüber ist auch bei der Auslegung eines vom Bürgermeister abgeschlossenen Vertrags grundsätzlich zunächst vom Wortlaut des schriftlichen Vertragstextes oder vom Wortsinn der mündlichen Vertragserklärungen auszugehen, aber nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der Wille der Parteien zu erforschen. Wird kein – vom Vertragstext oder Wortsinn abweichender oder diesen präzisierender oder ergänzender – übereinstimmender Parteiwille behauptet oder festgestellt, so ist für die Auslegung der objektive Erklärungswert des Vertragstextes bzw der Erklärungen mit Rücksicht auf den Geschäftszweck maßgebend (4 Ob 171/20f; 3 Ob 184/21m; vgl auch RS0017915; RS0017797).

[11] Bezieht sich die Ermächtigung des Bürgermeisters im zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschluss – wie hier – auf ein konkretes Rechtsgeschäft und setzt die Vertragserklärung des Bürgermeisters den Wortlaut des Gemeinderatsbeschlusses um, so ist der Gemeinderatsbeschluss schon bei der Auslegung der Vertragsbestimmungen zu berücksichtigen.

[...]

[14] 3.2 Im Anlassfall setzte der mit der Klägerin abgeschlossene (neue) Baurechtsvertrag den Wortlaut des zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlusses um. Außerdem wurde ein übereinstimmender abweichender Wille der Vertragsparteien nicht festgestellt. Die Auslegung hat daher nach dem Wortlaut der einschlägigen Vertragsbestimmungen unter Bedachtnahme auf den Gemeinderatsbeschluss vom 15. 12. 2000 zu erfolgen.

[15] In diesem Gemeinderatsbeschluss wird in Pkt 2. der Abschluss eines neuen Baurechtsvertrags mit einer Laufzeit von 20 Jahren unter Einräumung eines 'Vorkaufsrechts' und in Pkt 3. die Möglichkeit des Ankaufs der Baurechtsgrundstücke zu einem bereits festgelegten Quadratmeterpreis vorgesehen. Die Ankaufsmöglichkeit bezieht sich nicht nur auf den sofortigen Ankauf, sondern zumindest auch auf den Fall des vorherigen Abschlusses eines neuen Baurechtsvertrags, weil die Indexsicherung des bereits festgelegten Quadratmeterpreises nur für diesen Fall Bedeutung hat. Dies ergibt sich auch aus der Bezugnahme auf die vertragsgegenständliche Baurechtsliegenschaft im Schreiben der Beklagten vom 3. 4. 2001 (Ankauf 'ihrer' Baurechtsliegenschaft), von der die Beklagte wusste, dass diese nach dem Vorhaben der Klägerin nicht sofort, sondern (spätestens) nach Ablauf von 20 Jahren gekauft werden sollte.

[16] Daraus folgt, dass das in Pkt 2. des Gemeinderatsbeschlusses erwähnte Vorkaufsrecht als Möglichkeit zum Ankauf im Sinn des Pkt 3. zu verstehen ist. Dieses Auslegungsergebnis gilt auch für die – dem Gemeinderatsbeschluss folgende – Vertragsbestimmung in Pkt IV. des Baurechtsvertrags. Darüber hinaus spricht auch Pkt V. des Baurechtsvertrags für dieses Auslegungsergebnis. Darin ist nämlich vorgesehen, dass die Beklagte das ihr von der Klägerin am Bauwerk eingeräumte Vorkaufsrecht löschen lässt, wenn die Klägerin die Liegenschaft kauft. Dieser Kauf der Liegenschaft durch die Klägerin ist nur während des Laufes des Baurechtsvertrags denkbar, weil bei Erlöschen des Baurechtsvertrags das Bauwerk in das Eigentum der Beklagten fällt und das Vorkaufsrecht der Beklagten am Bauwerk damit obsolet wird. Dazu passt ins Bild, dass das 'Vorkaufsrecht' in Pkt IV. und jenes in Pkt V. des Baurechtsvertrags unterschiedlich bezeichnet ist. Während in Pkt IV. (sowie im Gemeinderatsbeschluss) lediglich allgemein der Begriff 'Vorkaufsrecht' verwendet wird, ist in Pkt V. spezifisch von 'Vorkaufsrecht gemäß den §§ 1072 bis 1097 ff ABGB' die Rede.

 

[20] 3.2. Diese Überlegungen werden vom erkennenden Senat geteilt. Es wurde mit dem auf dem Gemeinderatsbeschluss basierenden Baurechtsvertrag der Beklagten eine Kaufoption während der Laufzeit des Baurechtsvertrags eingeräumt. Diese hat die Beklagte ausgeübt (was von der Klägerin auch gar nicht bestritten wurde). Der daraus folgende schuldrechtliche Anspruch der Beklagten auf Einwilligung der Klägerin in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten an der Liegenschaft (welche bereits durch das Urteil im zuvor genannten Verfahren ersetzt wurde) und ihr Anspruch auf Übertragung der Liegenschaft in ihr bücherliches Eigentum stehen dem Räumungsbegehren entgegen. Das Räumungsbegehren der Klägerin war damit gegenüber der Beklagten von Beginn an unberechtigt:

[21] Bei der Räumungsklage gegen einen titellosen Inhaber eines Grundstücks macht der Eigentümer einen auf sein Eigentumsrecht gestützten Herausgabeanspruch nach § 366 ABGB geltend (RS0062419). In solchen Fällen kann der beklagte Sachinhaber ein eigenes, dem Eigentümer gegenüber wirksames Recht zur Innehabung einwenden (10 Ob 199/99h; Zoppel in Schwimann/Kodek, ABGB5 [2020] § 366 Rz 10; Kodek in Fenyves/Kerschner/Vonklich, Klang3 § 366 Rz 87 ff), wobei sowohl dingliche als auch obligatorische Rechte in Frage kommen (RS0010849, RS0125784, RS0010310; 4 Ob 180/15x; 6 Ob 191/16f [ErwGr 1.1.]).

[22] Das Eigentumsrecht der Klägerin war hier schon seit Ausübung der Option durch die obligatorischen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten beschränkt (RS0012242; RS0011767; zum obligatorischen Recht des innehabenden Käufers auf Übertragung des Eigentums siehe 4 Ob 180/15x [ErwGr 1.2.]).

[23] 4. Das Ersturteil ist demnach samt der Kostenentscheidung (zur Gänze) wiederherzustellen.

[24] 5. Die Kostenentscheidung für das Verfahren zweiter und dritter Instanz gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr beträgt gemäß § 16 Z 1 lit c GGG 750 EUR und die Pauschalgebühr für das Verfahren dritter Instanz daher (nur) 228 EUR.

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