OGH 8ObA13/24f

OGH8ObA13/24f25.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende, die Hofräte MMag. Matzka und Mag. Dr. Sengstschmid sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Philipp Brokes (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F* B*, vertreten durch die Forcher‑Mayr & Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S* GmbH, *, vertreten durch die Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen 6.098,77 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 2024, GZ 15 Ra 56/23g‑22.2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBA00013.24F.0425.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB kommt zwar „ausnahmsweise“ auch dann zur Anwendung, wenn sich die von einem Teil erklärte vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwar als ungerechtfertigt erweist, der Erklärungsempfänger aber ein schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt hat, das im Zusammenwirken mit einem ebenfalls schuldhaften Verhalten des Erklärenden für die Auflösung ursächlich war. Die Mitverschuldensregel kann bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung demnach aber nur dort greifen, wo der Erklärungsempfänger ein Verhalten gesetzt hat, das zusätzlich bzw unabhängig von dem für die vorzeitige Auflösung nicht ausreichenden Verhalten für die Auflösung kausal im Sinne der Verursachung eines Informationsmangels des die Auflösung unberechtigt Erklärenden war; Tatbestände, die sich nicht als taugliche Auflösungsgründe erwiesen haben, müssen daher für die Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens außer Betracht bleiben (RS0124568; RS0028246 [insb T3]; RS0116864 [T5]; RS0101991 [T5, T9]; RS0021719 [T2, T3]; RS0028239; RS0028224 [T1]; 9 ObA 39/14x mwN).

[2] 2. Das Vorliegen eines Mitverschuldens kann typischerweise nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, sodass regelmäßig keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt, es sei denn, den Vorinstanzen wäre eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen (vgl 8 ObA 5/24d Rz 5; RS0028217 [T5]; auch RS0105331). Eine solche zeigt die Revisionswerberin nicht auf:

[3] 3. Bei der Entlassung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst dann ihre Wirkung entfaltet, wenn sie dem Dienstnehmer zukommt (RS0021514).

[4] Dem Kläger wurde die Entlassung am 11. 7. 2022 mündlich bei seinem Besuch auf dem Betriebsgelände ausgesprochen, nachdem er die Beklagte bereits in Kenntnis gesetzt hatte, dass sein Krankenstand weiter andauerte. Von einer Kausalität der objektiv verspäteten Krankmeldung in dem Sinne, dass der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrundes die Entlassung nicht ausgesprochen hätte (RS0101991), kann nach den Feststellungen keine Rede sein.

[5] Das am 8. 7. 2022 verfasste Schreiben der Beklagten ist dem Kläger erst nachträglich am 13. 7. 2022 zugegangen und hatte auf das bereits beendete Dienstverhältnis keine Wirkung mehr.

[6] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

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