European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00016.23P.0322.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die vom Erstgericht erlassene und vom Rekursgericht bestätigte einstweilige Verfügung wird bestätigt. Sie wird jedoch unwirksam, wenn die gefährdete Partei nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Sicherheitsleistung von 2.000.000 EUR beim Erstgericht erlegt.
Die gefährdete Partei hat die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen. Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten des Rekurs‑ und des Revisionsrekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Antragstellerin und die R* GmbH (in der Folge Immobilien GmbH) sind die einzigen Gesellschafter der K* GmbH (in der Folge Besitz GmbH oder Optionsnehmerin); J* M* ist der Geschäftsführer der Antragstellerin und der Immobilien GmbH. Die Antragsgegnerin ist bücherliche Alleineigentümerin der EZ * mit den darauf errichteten 28 Chalets Altbestand und 4 Chalets Neubestand samt Nebengebäuden und sonstigen baulichen Anlagen mit einer Fläche von rund 15.000 m² (in der Folge Liegenschaft mit Altbestand). Die Antragsgegnerin ist weiters Alleineigentümerin der EZ * mit einem darauf errichteten Zentralgebäude und weiteren 19 Chalets mit einer Fläche von ca 25.000 m² (in der Folge Liegenschaften mit Neubestand).
[2] Am 8. Juli 2021 schlossen die Besitz GmbH und die Antragsgegnerin einen Optionsvertrag, mit dem die Antragsgegnerin der Besitz GmbH das Recht einräumte, durch einseitige Erklärung Eigentum an den oben genannten Liegenschaften gemäß einem in der Option angeführten Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von insgesamt 24.000.000 EUR zu erwerben; die Antragsgegnerin räumte der Optionsnehmerin das Recht ein, die Kaufoption auf dritte Personen oder Unternehmen, zu welchen seitens der Optionsnehmerin, der R*‑Gruppe oder der Antragstellerin ein Naheverhältnis in Form einer Beteiligung besteht, zu übertragen und den Kaufvertrag dahin abzuändern. Davon umfasst war auch das Recht der Optionsnehmerin, „den Kauf zu splitten – Kauf durch zwei verschiedene Personen, Gesellschaften oder Unternehmen – und den Kaufpreis diesfalls nach eigenem Ermessen entsprechend aufzuteilen“.
[3] Am 4. August 2021 richtete der damalige Rechtsvertreter der Antragstellerin ein Schreiben an den Rechtsvertreter der Antragsgegnerin mit folgendem Inhalt:
„[…] Weiters wird seitens meiner Mandantin reklamiert, dass eine ergänzende Vereinbarung dahingehend geschlossen wird, dass die beiden nun abzuschließenden Verträge zum Erwerb des alten und des neuen A* sich wechselseitig bedingen. Sollte daher ein Vertrag, aus welchem Grund auch immer, nicht endgültig zustande kommen, so wäre auch der zweite Vertrag hinfällig.“
[4] Mit Kaufvertrag vom 6. August 2021 kaufte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Liegenschaft mit Altbestand um einen Kaufpreis von 1.000.000 EUR (in der Folge „Kaufvertrag 1“). Darin ist unter anderem geregelt, dass Änderungen und/oder Ergänzungen dieses Vertrags der Schriftform bedürfen, ebenso das Abgehen von dieser Bestimmung und dass die Vertragsparteien erklären, keine mündlichen Nebenabreden getroffen zu haben. Am selben Tag wurde ein weiterer Kaufvertrag („Kaufvertrag 2“) zwischen der Antragsgegnerin und der Besitz GmbH abgeschlossen, welcher die sechs Liegenschaften mit Neubestand zum Gegenstand hatte, wobei ein Kaufpreis von 23.000.000 EUR vereinbart war.
[5] Die Besitz GmbH bezahlte den von ihr geschuldeten Kaufpreis von 23.000.000 EUR nicht. Die Antragstellerin überwies den von ihr zu zahlenden Kaufpreis von 1.000.000 EUR mit mehrmonatiger Verspätung, aber vor Ablauf der gesetzten Nachfrist.
[6] Die Antragstellerin beantragt zur Sicherung ihres Anspruchs auf Zuhaltung des Kaufvertrags Beilage ./A und Begründung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft mit Altbestand gemäß Kaufvertrag 1 die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin verboten werde, diese Liegenschaft zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden sowie die Anmerkung dieser Verbote. Die Antragsgegnerin habe mehrfach und unmissverständlich erklärt, die Liegenschaft an Dritte veräußern zu wollen, obwohl sie mit der Antragstellerin einen rechtsgültigen Kaufvertrag abgeschlossen habe.
[7] Die Antragsgegnerin beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Es habe dem Willen sämtlicher Vertragsparteien entsprochen, dass die beiden Kaufverträge wirtschaftlich und rechtlich eine Einheit bilden. Da jedenfalls die Besitz GmbH mit der Zahlung des Kaufpreises aus dem Kaufvertrag 2 säumig gewesen sei, habe der Rücktrittder Antragsgegnerin von diesem Vertrag auch die Aufhebung des Kaufvertrags 1 bewirkt, sodass der zu sichernde Anspruch nicht bestehe. Außerdem sei durch die unstrittige Nichterfüllung des zweiten Kaufvertrags die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrag 1 weggefallen, sodass die Antragsgegnerin schon deshalb zum Rücktritt vom Kaufvertrag 1 berechtigt gewesen sei. Schließlich habe die Optionsnehmerin ihr Recht, den Kaufvertrag auf verschiedene Personen, Gesellschaften oder Unternehmen zu splitten und den Kaufpreis nach Ermessen aufzuteilen, sittenwidrig ausgeübt, weil der Kaufpreis zwischen den beiden Käuferinnen völlig unverhältnismäßig aufgeteilt worden sei.
[8] Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt und setzte gemäß § 391 Abs 2 EO zur Einbringung einer Rechtfertigungsklage eine Frist bis zum 31. März 2023. Aufgrund der getroffenen Negativfeststellung sei von einem aufrechten Kaufvertrag mit Bindungswillen zwischen den Streitteilen und einem nicht rechtswirksamen Rücktritt der Antragsgegnerin vom Kaufvertrag 1 auszugehen. Aus dem festgestellten Sachverhalt könne auch eine sittenwidrige Ausübung des Aufteilungsrechts nicht abgeleitet werden. Da die Gefährdung ebenfalls unstrittig vorliege, sei die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen.
[9] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Da die Antragsgegnerin in der Mängelrüge nicht konkret ausgeführt habe, welche Feststellungen bei Einvernahme ihres Vorstands zu treffen gewesen wären, sondern lediglich pauschal die „Junktimierung“ der beiden Verträge und die sittenwidrige Ausübung des Optionsrechts behaupte, sei diese nicht gesetzmäßig ausgeführt. Auf Basis des bescheinigten Sachverhalts würden der Anspruch und die Gefährdung bestehen. Soweit die Antragsgegnerin nunmehr davon ausgehe, es liege aufgrund der Rücküberweisung Unmöglichkeit der Vertragserfüllung vor, verstoße sie gegen das Neuerungsverbot.
[10] Gegen diese Entscheidung wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Gericht erster Instanz oder dem Rekursgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.
[11] In der vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbeantwortung beantragt die Antragstellerin, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der Revisionsrekurs ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig, er ist auch teilweise berechtigt.
[13] 1. Der behauptete Mangel und die behauptete Aktenwidrigkeit des Rekursverfahrens wurden geprüft, liegen jedoch nicht vor (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 510 Abs 3 ZPO).
[14] 2. Soweit der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt ergänzt wurde, beruht dies auf dem Inhalt unstrittiger Urkunden (RS0121557 [T3]).
[15] 3.1. Gemäß § 381 EO können zur Sicherung anderer Ansprüche einstweilige Verfügungen getroffen werden:
1. wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde; [...]
2. wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen.
[16] 3.2. Die Erlassung einer einstweilige Verfügung gemäß § 381 EO setzt jedenfalls die Behauptung und Bescheinigung eines (bestimmten) Anspruchs sowie einer konkreten Gefährdung (Verfügungsinteresse) voraus (König/Weber, EV6 Rz 6.5; G. Kodek in Deixler‑Hübner [1. 10. 2022] § 389 EO Rz 5c und 8; vgl auch RS0004864; RS0005295 [insb T4]). Im Revisionsrekursverfahren ist die Gefährdung nicht strittig. Die Antragsgegnerin bestreitet aber den von der Antragstellerin behaupteten Anspruch, wonach zwischen den Streitteilen ein wirksamer Kaufvertrag über die Liegenschaft mit Altbestand vorläge.
[17] 3.3. Für die Auslegung einer zwischen den Parteien schriftlich getroffenen Vereinbarung ist der Wortlaut maßgeblich, solange nicht behauptet und bewiesen ist, dass aufgrund außerhalb der Urkunde liegender Umstände sich ein übereinstimmender Parteiwille oder ein vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender objektiver Sinn der Erklärung ergibt (RS0043422 [T6, T13]). Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 ff ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen (RS0017915). Es ist dabei das gesamte Verhalten der Vertragsteile, das sich aus Äußerungen in Wort und Schrift sowie aus sonstigem Tun oder Nichttun zusammensetzen kann, zu berücksichtigen (RS0017915 [T15, T29, T44]). Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RS0017915).
[18] 3.4. Die Antragsgegnerin behauptet zusammengefasst, die Kaufverträge 1 und 2 würden sich wechselseitig bedingen und eine rechtliche sowie wirtschaftliche Einheit bilden, sodass ihr Rücktritt vom Kaufvertrag 2 auch die Aufhebung des Kaufvertrags 1 bewirkt habe. Das Erstgericht traf zu dieser Frage folgende „Negativfeststellung“: „Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die Kaufverträge insofern wechselseitig bedingen, als dass ein Vertrag hinfällig ist, sollte auch der andere Vertrag, warum auch immer, endgültig nicht zustande kommen, sodass diese eine rechtliche Einheit bilden.“ Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern um eine (dislozierte) rechtliche Beurteilung. Insbesondere aus der Beweiswürdigung ergibt sich unzweifelhaft, dass das Erstgericht lediglich die vorgelegten Urkunden würdigte und so zur (rechtlichen) Schlussfolgerung gelangte, dass eine wechselseitige Bedingung der beiden Kaufverträge nicht „feststellbar“ sei. Dieser – vom Rekursgericht geteilten – rechtlichen Beurteilung vermag sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen:
[19] 3.5. Der Optionsnehmerin wurde im Optionsvertrag das Recht eingeräumt, die Liegenschaft mit Altbestand und die (sechs) Liegenschaften mit Neubestand gemäß einem in der Option angeführten Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von insgesamt 24.000.000 EUR zu erwerben. Darüber hinaus wurde der Optionsnehmerin (unter anderem) das Recht eingeräumt, die Kaufoption auf ein ihr nahestehendes Unternehmen zu übertragen, den Kauf zu „splitten“ und diesfalls den Kaufpreis nach ihrem Ermessen auf die Käufer aufzuteilen. Vor Abschluss der beiden Kaufverträge vom 6. August 2021 verfasste der (damalige) Rechtsvertreter der Antragstellerin ein Schreiben an den Vertreter der Antragsgegnerin, wonach die Antragstellerin eine ergänzende Vereinbarung dahingehend schließen wolle, dass die beiden nun abzuschließenden Verträge sich wechselseitig bedingen. Es wurde jedoch keine solche Vereinbarung in die Kaufverträge aufgenommen. Dies war entgegen der Ansicht der Vorinstanzen gar nicht erforderlich, weil die angeführte Bestimmung des Optionsvertrags aus Sicht redlicher Vertragsparteien impliziert, dass auch im Fall der Ausübung des Übertragungs‑ und Teilungsrechts durch die Optionsnehmerin der vereinbarte Kaufpreis, den die Verkäuferin nach dem Willen der Vertragsparteien erlösen sollte, gleich bleiben muss, sodass sich geteilte Verträge insoweit zwingend gegenseitig bedingen und die Unwirksamkeit des einen Vertrags auch die Unwirksamkeit des anderen zur Folge hat. Anderenfalls wäre durch das der Optionsnehmerin eingeräumte Ermessen bei der Aufteilung des Kaufpreises unsachlichen Manipulationen zu Lasten der Optionsgeberin (Antragsgegnerin) Tür und Tor geöffnet, was redlichen Vertragsparteien nicht unterstellt werden kann. Der (unstreitig) wirksame Rücktritt der Antragsgegnerin vom Kaufvertrag 2 führte daher auch zum Wegfall des Kaufvertrags 1.
[20] 3.6. Der von der Antragstellerin behauptete Anspruch lässt sich somit aus dem bescheinigten Sachverhalt rechtlich nicht ableiten. Dies führt aber aus folgenden Erwägungen nicht zur Abweisung des Sicherungsantrags:
[21] 4. Gemäß § 390 Abs 1 EO kann das Gericht bei nicht ausreichender Bescheinigung des behaupteten Anspruchs dem Antragsteller eine Sicherheitsleistung auferlegen, wenn die dem Gegner hieraus drohenden Nachteile durch Geldersatz ausgeglichen werden können.
[22] 4.1. Bei der Auslegung eines Vertrags gemäß §§ 914 ff ABGB handelt es sich um eine gemischte Tat- und Rechtsfrage, bei der zwischen der Sammlung von Indizien für den Parteiwillen als Tatsachenfeststellung und deren rechtlicher Bewertung zu unterscheiden ist (RS0017797 [T11]; 1 Ob 46/20a). Wenn aufgrund der im Rahmen eines Sicherungsverfahrens vorgenommenen Vertragsauslegung, die allein auf der Basis des Inhalts von Urkunden und ohne umfassende Berücksichtigung des von den Parteien vorgetragenen Verhaltens der Vertragsteile sowie des behaupteten Parteiwillens erfolgte, der Anspruch aus den bescheinigten Tatsachen rechtlich nicht ableitbar ist, so liegt nach Ansicht des Senats eine nicht ausreichende Bescheinigung des Anspruchs im Sinn von § 390 Abs 1 EO vor, sodass der Erlag einer Sicherheitsleistung anzuordnen ist (vgl G. Kodek in Deixler‑Hübner [1. 10. 2022] § 390 EO Rz 94; König/Weber, EV6 Rz 5.3). Dies ist insbesondere deshalb sachgerecht, weil die Sicherheitsleistung gerade dem Interessenausgleich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes dient (König/Weber, EV6 Rz 5.1; vgl auch RS0005595 [T5]).
[23] 4.2. Die Auferlegung der Sicherheitsleistung ist auch ohne einen in erster Instanz gestellten Antrag erst durch das Rechtsmittelgericht zulässig (RS0005496 [T1]; 4 Ob 27/15x; E. Kodek in Angst/Oberhammer³ § 390 EO Rz 17).
[24] 4.3. Die Höhe der Sicherheitsleistung richtet sich – ihrem Zweck entsprechend – nach der Höhe des zu erwartenden Schadens (vgl RS0005584 [T6]; König/Weber, EV6 Rz 5.13). Auf die Vermögensverhältnisse der gefährdeten Partei kommt es im Fall des § 390 Abs 1 EO hingegen nicht an (König/Weber, EV6 Rz 5.13; G. Kodek in Deixler‑Hübner [1. 10. 2022] § 390 EO Rz 116). Die Bemessung der Sicherheitsleistung liegt im Ermessen des Gerichts; es bedarf dazu keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Antragsgegner eventuell drohenden Schadens (RS0005584). Im vorliegenden Fall ist der zu erwartende Schaden der Antragsgegnerin schon im Hinblick auf die mangelnde Verfügungsmöglichkeit über die Liegenschaften und den zu erwartenden Zinsverlust mit zumindest 2.000.000 EUR anzunehmen. Der Antragstellerin ist daher der Erlag einer Sicherheit in dieser Höhe aufzutragen.
[25] 4.4. Da die einstweilige Verfügung bereits durch Zustellung der Entscheidung des Erstgerichts in Vollzug gesetzt wurde, ist der Auftrag zum Erlag der Sicherheit zu befristen und das Fortbestehen der einstweiligen Verfügung von der Einhaltung der Frist abhängig zu machen (RS0005722 [T1]; vgl 17 Ob 24/09t; 4 Ob 145/14y). Eines Ausspruchs, dass auch die Grundbuchseintragung gelöscht wird, wenn die Antragstellerin die Sicherheit nicht erlegt, bedarf es dabei nicht (RS0005212 [T2]; G. Kodek in Deixler‑Hübner [1. 10. 2022] § 390 EO Rz 26a).
[26] 5. Wird die einstweilige Verfügung – wie hier – vor Einleitung eines Erkenntnisverfahrens bewilligt, so hat das Gericht nach § 391 Abs 2 EO zwingend eine Frist zur Einbringung der Rechtfertigungsklage zu setzen. Das Erstgericht hat der Antragstellerin bereits eine Frist bis 31. März 2023 gesetzt.
[27] 6. Dass die Revisionsrekurswerberin explizit nur die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen begehrt, steht einer meritorischen Entscheidung nicht entgegen, weil aus dem Inhalt des Revisionsrekurses eindeutig erkennbar ist, dass sie auch die Abänderung begehrt (vgl RS0045820). Dem Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben, die vom Erstgericht erlassene und vom Rekursgericht bestätigte einstweilige Verfügung zu bestätigen sowie um den Erlag einer Sicherheitsleistung zu ergänzen.
[28] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Der geringfügige Abwehrerfolg der Antragsgegnerin fällt kostenmäßig nicht ins Gewicht; insbesondere ist die Auferlegung einer Sicherheitsleistung nicht als kostenrechtlich relevantes Obsiegen zu werten (17 Ob 24/09t mwN).
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