OGH 2Ob113/22i

OGH2Ob113/22i25.10.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. R*, vertreten durch Dr. Astrid Schmidinger‑Singer, Rechtsanwältin in Innsbruck, und 2. B*, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erbteilung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 25. Februar 2022, GZ 3 R 273/21z‑29, mit dem einer Berufung der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 20. August 2021, GZ 26 C 820/20w‑24, Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00113.22I.1025.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Streitteile sind die gesetzlichen Erben (Kinder) des im Jahr 2020 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Erblassers. Sie haben im vor dem zu AZ 52 A 82/20t des Bezirksgerichts Innsbruck anhängigen Verlassenschaftsverfahren noch keine Erbantrittserklärungen abgegeben.

[2] Der Nachlass besteht – neben anderen Vermögenswerten – im Wesentlichen aus 61/920 Miteigentumsanteilen an der EZ *, GB *, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Top W7 verbunden ist.

[3] Mit ihrer Erbteilungsklage begehrt die Klägerin (1.) diezu je einem Drittel bestehende Erbengemeinschaft der Parteien an dem sich auf den Nachlass beziehenden Recht – unter Anrechnung näher genannter „Vorempfänge“ – durch Realteilung aufzuheben und (2.) auszusprechen, dass dem in ideellen Anteilen bestehenden Erbrecht der Klägerin der gesamte Nachlass unter Übernahme der Verbindlichkeiten zugewiesen werde. Sie bringt im Wesentlichen vor, auch ohne Abgabe von Erbantrittserklärungen bestehe die Erbengemeinschaft und könne bereits eine Erbteilungsklage erhoben werden. Trotz ihres Bemühens sei es zu keiner einvernehmlichen Aufhebung der Erbengemeinschaft gekommen. Ein Teilungsvorschlag der Beklagten sei unzulänglich gewesen. Die Schenkungen, die die Parteien vom Erblasser erhalten hätten, seien auch im Erbteilungsverfahren durch Hinzu‑ und Anrechnung bei Ermittlung des jeweiligen Erbteils zu berücksichtigen. Da die Zweitbeklagte bei Hinzu‑ und Anrechnung der Schenkungen übermäßig bedacht, aber gemäß § 755 Abs 2 ABGB auch nicht zur Herausgabe des Geschenks verpflichtet sei, könne sie keinen Erbteil mehr ansprechen. Die ihr zugeflossenen Zuwendungen sowie sie selbst seien bei der Berechnung der Erbteile nicht mehr zu berücksichtigen. Es ergebe sich bei der Hinzu‑ und Anrechnung der verbliebenen Schenkungen an die Klägerin und den Erstbeklagten aber auch für diesen ein Übergenuss, sodass beide Beklagten keinen weiteren Anspruch auf einen Erbteil aus der Verlassenschaft hätten. Über den im Klagebegehren enthaltenen Teilungsvorschlag sei zu verhandeln. Durch die Zuteilung des gesamten Nachlasses an die Klägerin werde nicht das Erbrecht der Beklagten eliminiert, sondern bloß der Hinzu‑ und Anrechnung der Schenkungen bei Ermittlung der Erbteile Rechnung getragen. Das Erbrecht der aufgrund Hinzu‑ und Anrechnung ausscheidenden Miterben beziehesich bloß auf jene Gegenstände der effektiv erhöhten Verlassenschaft, die sie bereits erhalten hätten.

[4] Der Erstbeklagte wendet ein, mangels Abgabe von Erbantrittserklärungen liege noch keine Erbengemeinschaft vor, die durch Teilungsklage aufgehoben werden könnte. Das Klagebegehren sei unschlüssig, weil die Rechenmethode der Klägerin den §§ 753, 755 ABGB widerspreche und sie auch keine Aufteilung, sondern eine Zuweisung des gesamten Nachlasses vorschlage. Die Klägerin habe überdies im Rahmen eines Pflichtteilsverzichtsvertragsauf die Geltendmachung allfälliger Anrechnungsansprüche aus der ihm geschenkten Liegenschaft  EZ *, GB *, verzichtet. Ein allfälliges Erbteilungsübereinkommen hätte auch bei der für den 4. 12. 2020 anberaumten, aufgrund der eingebrachten Klage aber wieder abberaumten Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär abgeschlossen werden können. Der Erstbeklagte habe sich vorbehalten, zur Forderung der Klägerin, dass ihr aufgrund der Anrechnung der gesamte Nachlass zustünde, in der Tagsatzung beim Gerichtskommissär Stellung zu nehmen. Er habe keine Veranlassung zur Klagsführung gegeben. Zur Zweitbeklagten habe es vor Einbringung der Klage überhaupt keine Kommunikation gegeben. Der Klägerin wäre es zuzumuten gewesen, bis zur Verhandlung im Verlassenschaftsverfahren zuzuwarten. Es liege daher das Teilungshindernis der Unzeit vor. Aufgrund der im Nachlass vorhandenen Eigentumswohnung hätte zunächst auch zwingend ein Einigungsversuch vor dem Gerichtskommissär stattfinden müssen.

[5] Die Zweitbeklagtewendet darüber hinaus ein, § 12 WEG stünde einer Realteilung entgegen. § 830 ABGB setze auch voraus, dass jedem Miteigentümer ein Vermögenswert entsprechend seinem Anteil zugeteilt werde. Die Klägerin strebe jedoch an, dass den Beklagten entgegen ihrer Erbquote von einem Drittel überhaupt nichts aus der Verlassenschaft zukomme. Es liege daher das Teilungshindernis des Nachteils der Übrigen vor. Eine Pflichtteilsergänzung komme aufgrund des der Klägerin ohnehin zugewendeten Betrags nicht in Betracht.

[6] Das Erstgerichthob mit Teilurteil die Erbengemeinschaft der Streitteile zu je einem Drittel am sich auf den Nachlass nach dem verstorbenen Erblasser beziehenden Recht durch Realteilung auf (1.) und behielt die betragliche Entscheidung in der Hauptsache und die Kostenentscheidung dem Endurteil vor (2.). Bereits mit dem Tod des Erblassers entstehe auch ohne Abgabe von Erbantrittserklärungen bei mehreren Erben eine schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß §§ 825 ff ABGB, die durch Erbteilung aufgehoben werden könne. Mangels Einigung könne dies durch Erbteilungsklage erfolgen. Teilungshindernisse lägen nicht vor.

[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, wies die Klage ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Gegenstand des Nachlasses seien (auch) Liegenschaftsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden sei. Eine Eigentumswohnung könne aber nicht Gegenstand einer Realteilung sein. Die Hinzu‑ und Anrechnung eines Pflichtteilsberechtigten oder eines Erben habe im streitigen Rechtsweg zu erfolgen. Der Anspruch sei auf Zahlung eines Geldbetrags bei sonstiger Haftung mit der geschenkten Sache gerichtet. Eine Anrechnung im Rahmen einer Erbteilungsklage komme daher nicht in Betracht.

[8] Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[9] Die Beklagten beantragen jeweils in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die außerordentliche Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage bei Realteilung des Erbrechts und Anrechnung zum Erbteil zulässig. Sie ist im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

[11] Die Klägerin argumentiert, sie habe die Aufhebung der Erbengemeinschaft unter Anrechnung einzelner Schenkungen durch Realteilung begehrt und einen Teilungsvorschlag (Pkt 2. des Klagebegehrens) erstattet, über den (noch) zu verhandeln sei. Gegenstand der zulässigen Realteilung seien nicht die Nachlassgegenstände, sondern das auf deren Erwerb gerichtete Erbrecht. Dieses sei vor Einantwortung derart aufzuteilen, dass es sich nun für jeden Miterben auf bestimmte Nachlassgegenstände beziehe, die ihm ausschließlich zugewiesen werden. Die mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteile stünden einer Realteilung daher nicht entgegen. Der Oberste Gerichtshof habe auch bereits ausgesprochen, dass im Rahmen einer Erbteilungsklage die Anrechnung von Vorempfängen möglich sei. Dies müsse auch nach dem ErbRÄG 2015 gelten.

Dazu hat der erkennende Fachsenat erwogen:

1. Erbteilungsklage vor Erbantrittserklärung

[12] 1.1 Nach ständiger Rechtsprechung entsteht mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, zwischen diesen zunächst eine schlichte Rechtsgemeinschaft nach den §§ 825 ff ABGB, die sich auf das Erbrecht bezieht (RS0012313, 3 Ob 168/13x Pkt 2.; 2 Ob 188/19i Rz 17). Diese beruht nicht auf dem Willen der Miterben, sondern auf dem Gesetz und ist daher communio incidens (Sprohar‑Heimlich in Klang³ § 550 ABGB Rz 1; Welser, Erbrechts-Kommentar § 550 ABGB Rz 1; Nemeth in Schwimann/Kodek 5 § 550 ABGB Rz 1; Apathy/Neumayr in KBB6 § 550 ABGB Rz 1).

[13] 1.2 Zwar haben Personen im Verlassenschaftsverfahren grundsätzlich erst dann Parteistellung, wenn sie eine Erbantrittserklärung abgegeben haben (RS0007926; RS0106608). Diese prozessuale Regelung zur Verfahrensbeteiligung ändert aber nichts daran, dass ihre materiell‑rechtliche Stellung als Erbe und damit ihre Beteiligung an der Rechtsgemeinschaft bereits mit dem Tod des Erblassers entsteht. Einer Erbantrittserklärung bedarf es daher nicht. Erst die Ausschlagung der Erbschaft führt zum Verlust der Miterbenstellung und damit zum Ausscheiden aus der Rechtsgemeinschaft (Nemeth aaO Rz 2).

[14] Dass die Parteien im Verlassenschaftsverfahren noch keine Erbantrittserklärung abgegeben haben, steht daher einer Erbteilungsklage nicht entgegen.

2. Aufhebung der Erbengemeinschaft durch Realteilungsklage

[15] 2.1 Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird; sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit herrscht, oder – mangels Einigung – durch Erbteilungsklage (RS0012311; 2 Ob 188/19i Rz 17; WelseraaO Rz 3; Sprohar‑HeimlichaaO Rz 6). Die Erbteilungsklage ist ein Fall der Teilungsklage nach § 830 ABGB (RS0113831 [T6]). Dabei handelt es sich um eine unvollkommene Rechtsgestaltungsklage, bei der der Eintritt der Gestaltungswirkung zwar unmittelbar an das Urteil geknüpft ist, es aber zur vollen Verwirklichung der neuen Rechtslage noch der Zwangsvollstreckung gemäß § 351 EO bedarf. Das Teilungsverfahren ist demnach dreistufig. Die Geltendmachung des Aufhebungsanspruchs durch Teilungsklage bildet die erste Stufe. Um die Rechtsbeziehung der Teilhaber vollständig zu beenden, ist es erforderlich, dass zu dieser ersten Stufe die richterliche Rechtsgestaltung durch Teilungsurteil als zweite Stufe und schließlich der Vollzug als dritte Stufe hinzutritt. Erst der Vollzug der Teilung hat das endgültige Erlöschen des gesetzlichen Schuldverhältnisses zur Folge (RS0113831).

[16] 2.2 Auch bei der Erbteilungsklage ist zwischen Real- und Zivilteilung zu unterscheiden.

[17] Realteilung ist die Zerlegung einer gemeinschaftlichen Sache in Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit, sodass die Summe der Werte der Teile dem Wert der ungeteilten Sache gleichkommt (RS0013829). Es müssen alle Teilhaber nicht nur dem Wert nach gleich gehalten werden (RS0013854), sondern ist auch die Zerlegung in gleichartige Teile erforderlich (RS0013851 [T3, T5]), wobei die Gleichbehandlung auch im gerichtlichen Teilungsverfahren der Disposition der Betroffenen unterliegt (RS0013851 [T6]).

[18] Die Zivilteilung gemeinschaftlicher Sachen erfolgt durch gerichtliche Feilbietung und ist nur dann zulässig, wenn die Realteilung entweder nicht möglich oder nicht tunlich ist (RS0013236; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas 4 § 843 ABGB Rz 1; Sailer in KBB6 § 843 ABGB Rz 1).

[19] 2.3 Vor der Einantwortung besteht eine Rechtsgemeinschaft nicht an einzelnen Nachlasssachen, sondern am Erbrecht als solchem. Dies hat Konsequenzen für das Verständnis der Begriffe Realteilung und Zivilteilung. Denn geteilt werden können vor der Einantwortung nicht die einzelnen Nachlassgegenstände oder der Nachlass als solcher, sondern nur das sich auf den Nachlass beziehende Recht. Realteilung bedeutet in diesem Zusammenhang vor der Einantwortung, dass das nach ideellen Anteilen bestehende Erbrecht dergestalt aufgeteilt wird, dass es sich nun für jeden Miterben auf bestimmte Nachlassgegenstände bezieht, die ihm ausschließlich zugewiesen werden. Gegenstand der Teilung sind daher nicht die einzelnen Sachen, an denen vor der Einantwortung kein Miteigentum besteht, sondern das auf den Erwerb gerichtete Recht. Dinglich wirksam wird ein solches Urteil oder ein dieses Urteil vollziehendes Ergebnis des Exekutionsverfahrens (§ 351 EO) wie ein Erbteilungsübereinkommen erst mit der Einantwortung. Würde der Nachlass noch vor Abschluss des Prozesses nach Maßgabe der Erbquoten eingeantwortet, was grundsätzlich möglich ist (vgl aber im Zusammenhang mit einem Wohnungseigentumsobjekt: Pkt 3.2) und zu ideellem Miteigentum an den Nachlassgegenständen führt, hätte das auf den Prozess bzw auf ein Exekutionsverfahren nach § 351 EO nur insoweit Einfluss, als nun nicht mehr das Erbrecht in Bezug auf die einzelnen Sachen, sondern unmittelbar das Eigentum daran zugewiesen wird. Eine – hier nicht begehrte – Zivilteilung würde sich vor Einantwortung auf die Feilbietung des Erbrechts richten (2 Ob 41/15s Pkt 4.1. mwN).

[20] Die Realteilung des Erbrechts bewirkt daher, dass sich das Erbrecht jedes Miterben anstatt auf ideelle Anteile auf bestimmte, ihm ausschließlich zugewiesene Verlassenschaftsgegenstände oder (bei Teilbarkeit) auf den Erwerb realer Sachteile bezieht (Apathy, Glosse zu 2 Ob 41/15s, EvBl 2016/95, 677).

2.5 Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Realteilung des Erbrechts bedeutet daher Folgendes:

[21] Da die Realteilung des Erbrechts dadurch erfolgt, dass das nach ideellen Anteilen bestehende Erbrecht dergestalt aufgeteilt wird, dass es sich nun für jeden Miterben auf bestimmte Nachlassgegenstände bezieht, die ihm ausschließlich zugewiesen werden, ist es erforderlich, dass ausreichend gleichartige und gleichwertige Sachen vorhanden sind, auf deren ausschließlichen Erwerb sich das geteilte Erbrecht beziehen kann. Dies folgt aus dem Grundsatz der Naturalteilung, wonach jedem Teilhaber gleichwertige und gleichartige Sachteile (hier: „Teilerbrechte“) zuzuweisen sind. Gleichartige und gleichwertige Teilrechte liegen bei Teilung des Erbrechts nur dann vor, wenn dies auch für jene Sachen gilt, auf deren Erwerb sie sich richten, hätte doch auch bei Einantwortung vor Prozessabschluss unmittelbar eine Zuweisung des Eigentums an den Nachlassgegenständen zu erfolgen. Die Realteilung des Erbrechts kommt daher nur in Betracht, wenn ausreichend gleichwertige und gleichartige Nachlassgegenstände vorhanden sind, auf deren ausschließlichen Erwerb sich das geteilte Erbrecht richten bzw an denen (nach Einantwortung) unmittelbar Eigentum zugewiesen werden kann.

[22] 2.6 Im vorliegenden Fall stellt eine Eigentumswohnung den wesentlichen Aktivbestandteil des Nachlassvermögens dar, sodass zunächst zu prüfen ist, ob schon deshalb eine Realteilung des Erbrechts mangels gleichartiger Sachen, auf deren Erwerb sich das geteilte Recht richten könnte, ausscheidet.

3. Eigentumswohnung

[23] 3.1 Durch § 12 Abs 1 WEG wird die ideelle Teilung in mehr als zwei gleiche Hälften verboten. Die Bestimmung regelt nur die sachenrechtliche Zuordnung, wonach – abgesehen von einer Eigentümerpartnerschaft – im Grundbuch bezüglich eines Wohnungseigentumsobjekts nur eine Person als dinglich berechtigt aufscheinen darf. Der realen Teilung steht – sofern eine solche möglich ist – § 12 WEG nicht im Weg, weil auch ein Wohnungseigentumsobjekt grundsätzlich in mehrere selbstständige Einheiten zerlegt werden könnte (vgl RS0082860;Höllwerthin Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 12 WEG Rz 11).

[24] 3.2 Auch § 12 Abs 2 WEG steht einer Erbteilungsklage nicht entgegen. Die Bestimmung sieht lediglich für den Fall, dass nach dem Tod des Wohnungseigentümers der mit dem Wohnungseigentum verbundene Mindestanteil mehr als zwei natürlichen Personen oder zwei natürlichen Personen zu unterschiedlichen Anteilen oder zum Teil einer juristischen Person oder einer eingetragenen Personengesellschaft zufallen würde, eine öffentliche Feilbietung vor. Diese kann aber durch die Bildung einer eingetragenen Personengesellschaft, die den Mindestanteil erwirbt, oder den Abschluss eines systemgerechten Erbteilungsübereinkommens verhindert werden (Höllwerth aaO Rz 19). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb es einem Erben nicht auch möglich sein sollte, die öffentliche Feilbietung durch eine, auf ein systemgerechtes Ergebnis gerichtete Realteilungsklage auf Aufhebung der Erbengemeinschaft zu verhindern, soll doch die Feilbietung nur ultima ratio sein, um dem Erfordernis der Unteilbarkeit Genüge zu tun (Höllwerth aaO Rz 18). Dies entspricht auch dem Grundsatz der Subsidiarität der Zivilteilung (vgl Pkt 2.3), mag es sich bei der Feilbietung nach § 12 Abs 2 WEG auch nicht um eine Zivilteilung im eigentlichen Sinn handeln, weil der Mindestanteil auf die Verlassenschaft übergeht und keiner Personenmehrheit zugeordnet ist (Höllwerth aaO Rz 31).

[25] Jedenfalls muss aber aufgrund der mit der Einantwortung verbundenen Durchbrechung des Intabulationsprinzips vor derselben über das Schicksal des Wohnungseigentumsobjekts entschieden werden (6 Ob 92/13t Pkt 5.; Höllwerth aaO Rz 18). Da vor Abschluss des Realteilungsverfahrens noch nicht klar ist, ob eine Feilbietung erforderlich ist, kommt auch eine Einantwortung vor Abschluss desselben nicht in Betracht.

[26] 3.3 Allerdings stellt eine Teilung des Wohnungseigentumsobjekts eine Änderung gemäß § 16 Abs 2 WEG dar, die aufgrund der – bei Zerlegung eines Wohnungseigentumsobjekts nicht auszuschließenden – Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer auch deren Zustimmung oder eines die fehlende Zustimmung ersetzenden Beschlusses des Außerstreitgerichts bedürfte (vgl 5 Ob 21/12t; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 16 WEG Rz 18, 58; Romstorfer‑Bechtloff in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht: Taschenkommentar § 12 WEG Rz 3). Die Genehmigungsfähigkeit ist – wie auch bei der im streitigen Rechtsweg durchzusetzenden Bekämpfung eigenwilliger Änderungen (vgl RS0083156 [T1, T3]) – im Realteilungsverfahren nicht selbstständig als Vorfrage zu prüfen.

[27] 3.4 Ob diese Überlegungen zur Möglichkeit der Realteilung des Erbrechts, insbesondere bei Vorhandensein einer Eigentumswohnung, überhaupt schlagend werden, hängt von der Zulässigkeit und dem Ergebnis einer allfälligen Anrechnung beim Erbteil ab.

4. Anrechnung beim Erbteil im Rahmen einer Erbteilungsklage

[28] 4.1 Die Anrechnung verschiebt die Erbquoten nicht, sondern soll einen Wertausgleich herbeiführen, verändert sohin die Werte, die die Erben aus dem Nachlass erhalten. Demgemäß hat sie auch auf die Haftung gegenüber den Gläubigern bei bedingter Erbantrittserklärung keinen Einfluss, sodass es für einen Erben, der kraft Anrechnung nichts aus dem Nachlass erhält, ratsam sein kann, die Erbschaft auszuschlagen (Bittner/Hawel in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 755 Rz 3; Welser, Erbrechts‑Kommentar, § 752 ABGB Rz 9; Klampfl, Hinzurechnung und Anrechnung auf den Erbteil, JEV 2017, 124). Da die (Hinzu‑ und) Anrechnung nach § 753 ABGB die Erbquoten nicht verändert, spielt sie letztlich gerade bei der Erbteilung eine Rolle, wenn es darum geht, welcher Erbe wie viel aus der Verlassenschaft erhalten soll (Schauer in Barth/Pesendorfer, Praxishandbuch des neuen Erbrechts [2016] 58; Müller/Melzer in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge² § 4 Rz 7; vgl auch Eccher/Umlauft, Erbrecht7 Rz 7/17).

[29] 4.2 Der Oberste Gerichtshof hat daher auch bereits im Rahmen einer vor Einantwortung erhobenen, auf Realteilung gerichteten Erbteilungsklage vom Erblasser bei gewillkürter Erbfolge testamentarisch verfügte Anrechnungen berücksichtigt (vgl 2 Ob 41/11k). Weshalb dies nicht auch bei gesetzlicher Erbfolge und nach neuem Recht (§ 753 ABGB) möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich.

[30] 4.3 Die Anrechnung beim Erbteil verändert auch im Rahmen der Teilung des Erbrechts zwar nicht die Erbquote, sondern lediglich die Erbteile, also den Umfang jener Vermögenswerte, auf deren ausschließlichen Erwerb sich das geteilte Erbrecht richtet. Kommt es daher bei einer Realteilung des Erbrechts auch zur Anrechnung zum Erbteil, also einer wertmäßigen Veränderung der Erbteile, hat dies zur Folge, dass die Zuweisung nicht – wie sonst – entsprechend der Erbquote, sondern entsprechend dem Erbteil vorzunehmen ist.

[31] Den allgemeinen Teilungsgrundsätzen folgend ist eine Realteilung des Erbrechts aber nur dann möglich, wenn eine dem durch Anrechnung veränderten Erbteil wertmäßig entsprechende Zuweisung gleichartiger Sachen bzw Sachteile möglich ist, auf deren ausschließlichen Erwerb sich das geteilte Erbrecht richten kann. Ob dies der Fall ist, kann aber erst nach Prüfung der Anrechnung zum Erbteil beurteilt werden. Ergibt nämlich die Anrechnung wie von der Klägerin behauptet, dass den Beklagten kein Erbteil mehr aus der Verlassenschaft zusteht, müsste die Teilung des Erbrechts dergestalt erfolgen, dass der unveränderten ideellen Quote aber dem aufgrund der Anrechnung veränderten (erhöhten) Erbteil der Klägerin entsprechend ihr das ausschließliche Recht am Erwerb des gesamten Nachlasses zuzuweisen ist. Auf das Vorhandensein gleichartiger Sachen kommt es dann nicht an. Erweist sich die Anrechnung aber nur teilweise oder gar nicht als berechtigt, kommt eine Realteilung des Erbrechts nur dann in Betracht, wenn den Teilhabern ihrem Erbteil bzw – bei gänzlichem Entfall der Anrechnung – ihrer jeweiligen Erbquote wertmäßig entsprechende, gleichartige Sachen zugewiesen werden können.

[32] 5. Teilungshindernisse, für die die Beklagten aufgrund der Unbedingtheit des Aufhebungsanspruchs behauptungs‑ und beweispflichtig sind (RS0013247; RS0013249 [T2, T3]), sind ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

[33] „Unzeit“ und „Nachteile der übrigen“ bilden zwei selbständige Teilungshindernisse (RS0013269). Unzeit ist ein objektiver außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht verhindert, aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht (RS0013287 [T9, T12]). Der Nachteil der Übrigen bildet hingegen ein selbstständiges Teilungshindernis, kraft dessen auch subjektiv einen Teilhaber betreffende Umstände berücksichtigt werden können (RS0013324). In beiden Fällen ist Voraussetzung der Anerkennung als Teilungshindernis, dass es sich um bloß vorübergehende Umstände handelt, die in Bälde wegfallen werden oder beseitigt werden können (RS0013287 [T13]; RS0013321).

[34] Mit ihrer Behauptung, die Klägerin hätte bis zur unmittelbar bevorstehenden Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär zuwarten müssen, machen die Beklagten aber kein vorübergehendes Teilungshindernis geltend, das der Aufhebung der Erbengemeinschaft entgegen stünde. Vielmehr wäre auch nach ihrer Ansicht eine Aufhebung – wenn auch im Wege eines Erbteilungsübereinkommens – möglich gewesen. Damit erheben sie aber im Ergebnis den allenfalls kostenrechtlich (§ 45 ZPO) relevanten Einwand, keine Veranlassung zur Klagsführung gegeben zu haben.

[35] Mit dem Einwand, die Klägerin begehre verfehlt die Zuweisung des gesamten Nachlasses an sie, machen die Beklagten nicht das Teilungshindernis des „Nachteils der übrigen“, sondern vielmehr in der Sache die Unzulässigkeit der Anrechnung beim Erbteil im Rahmen der Erbteilungsklage geltend (vgl dazu aber Pkt 4.).

[36] 6. Das Erstgericht wird daher unter Beachtung der dargestellten Grundsätze zur Realteilung des Erbrechts und der Anrechnung beim Erbteil im Rahmen einer Erbteilungsklage zunächst die Anrechnungsfrage zu klären haben. Erst dann kann beurteilt werden, ob und wie eine Realteilung des Erbrechts in Frage kommt.

7. Im Zusammenhang mit der Anrechnung zum Erbteil ist bereits jetzt auf folgende Grundsätze hinzuweisen:

[37] 7.1 Die Anrechnung hat nach § 755 ABGB zu erfolgen. Die Schenkungen sind auf den Zeitpunkt des Vermögensopfers zu bewerten; dieser Wert ist nach dem VPI auf den Todestag anzupassen. Der so ermittelte Wert ist der Verlassenschaft hinzuzuschlagen, davon sind die Erbteile zu berechnen, und von jenem des Beschenkten ist der Wert der Schenkung abzuziehen. Eine Herausgabepflicht bei „übermäßiger“ Schenkung besteht nicht (Musger inKBB6 §§ 752–755 ABGB Rz 5).

[38] Wenn der Geschenknehmer ein Geschenk erhalten hat, das seinen unter Hinzurechnung seiner eigenen Schenkung ermittelten hypothetischen Erbteil übersteigt, scheidet er mit seiner Schenkung rechnerisch aus der Anrechnungsgemeinschaft gänzlich aus. Die Erbquoten der verbliebenen Erben werden sodann ins Verhältnis gesetzt, ihre Summe ergibt den (neuen) Nenner. Die relevante Anrechnungsmasse ergibt sich sodann aus der Summe des noch vorhandenen Verlassenschaftsvermögens und der verbleibenden restlichen (nicht übermäßigen) Schenkungen. Davon sind dann die Erbteile unter Zugrundelegung der neu ermittelten Erbquoten zu berechnen. Vom Erbteil eines jeden (nicht übermäßig bedachten) Geschenknehmers ist sodann seine Schenkung in Abzug zu bringen. Würde der übermäßig Beschenkte in die Berechnung einbezogen, gäbe es, da das Verlassenschaftsvermögen zum Ausgleich nicht ausreicht, ein mathematisch absurdes Ergebnis (Umlauft in Klang³ §§ 752–755 ABGB Rz 36; ders, Hinzu‑ und Anrechnung², 28).

[39] 7.2 Welche Auswirkungen ein von der Klägerin abgegebener Pflichtteilsverzicht auf die Anrechnung zum Erbteil hat, wird im Wege der nach §§ 914 ff ABGB zu erfolgenden Auslegung des Pflichtteilsverzichtsvertrags (RS0013023) zu ermitteln sein.

[40] 8. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

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