European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E132751
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft mit dem Eckhaus B*straße 12/R*gasse 8. Sie wohnt dort im 2. Stock. Ihr Schlafzimmer ist direkt zur Kreuzung ausgerichtet. Auch ihr eigenes Geschäftslokal (ein Kosmetikbetrieb) im Erdgeschoss des Hauses befindet sich unmittelbar an der Ecke. Es ist über einen sich dort befindlichen Stiegenaufgang zu betreten.
[2] Die Erstbeklagte ist Eigentümerin der an das Haus der Klägerin angrenzenden Liegenschaften mit den Adressen zum einen B*straße 10, wo die Zweitbeklagte als Pächterin der Erstbeklagten das Lokal „S*“ betreibt, zum anderen R*gasse 10/ V*gasse 11+13, einem Eckhaus, in dem von der Zweitbeklagten als Pächterin der Erstbeklagten das Lokal „D*“ betrieben wird. Die beiden Lokale sind im Inneren miteinander verbunden, was einen unmittelbaren Wechsel der Gäste vom einen in das andere Lokal ermöglicht. Das zumindest seit Ende 2004 regelmäßig betriebene Lokal „S*“ hat – nach zeitweisen behördlichen Vorverlegungen der Sperrstunde auf 0:00 Uhr – nach Aufhebung eines diesbezüglichen Bescheides des städtischen Magistrates aus dem Jahr 2015 durch das Landesverwaltungsgericht im Jahr 2018 derzeit wieder (so wie bereits in den Jahren ab 2008) bis 4:00 Uhr geöffnet. An den Wochenenden ist der eigene Ein- und Ausgang dieses Lokals geschlossen; die Gäste benützen dann den Ein- und Ausgang R*gasse 10.
[3] Die Objekte befinden sich im Stadtgebiet. Zu Fuß gehende Personen, die sich in normaler Lautstärke unterhalten, sind dort in den Nachtstunden üblich, nicht hingegen lautes Herumschreien. Es gibt im näheren Umkreis des Hauses der Klägerin keine anderen Lokale, die nach Mitternacht noch geöffnet hätten. Solche Lokale sind erst wieder in der S* Hauptstraße angesiedelt.
[4] Seit der Eröffnung des Lokals „S*“ kommt es zwischen 0:00 und 4:00 Uhr immer wieder zu Lärm auf der Straße durch die die beiden Lokale verlassenden Gäste. Diese stehen teilweise in Gruppen im Bereich des Hauses der Klägerin zusammen und unterhalten sich laut bis schreiend oder grölend, dies zum Teil auch länger. Teilweise kommt es zu lautstarken Streitereien. An Freitagen und Samstagen sowie an den Abenden vor Feiertagen halten sich besonders viele Personen in den Lokalen auf. In diesen Nächten ist die Lärmbelästigung durch schreiende und grölende Personen, die die beiden Lokale verlassen, größer als an den übrigen Tagen. Personen, die die beiden Lokale verlassen, halten sich auch immer wieder beim Stiegenaufgang zum Geschäftslokal der Klägerin auf und stellen hier zum Teil Gläser oder Glasgebinde ab, die sie entweder selbst mitgebracht haben oder die aus den Lokalen der Beklagten stammen. Teilweise werden dabei auch Gläser oder Flaschen zerbrochen und die Scherben dann zurückgelassen. Es kommt auch immer wieder vor, dass sich Gäste der Lokale im Stiegenaufgangsbereich der Klägerin oder entlang ihres Hauses übergeben oder dort urinieren, wobei es auch zu Verschmutzungen unmittelbar am Haus der Klägerin kommt.
[5] Im Bereich R*gasse Ecke B*straße bewegen sich zwischen 0:00 und 4:00 Uhr nicht nur Gäste der Lokale der Beklagten. Bei jenen Personen, die sich in Gruppen im Bereich des Hauses der Klägerin aufhalten und sich dort zum Teil laut bis laut schreiend und grölend unterhalten oder streiten, handelt es sich aber nahezu ausschließlich um deren Gäste.
[6] Seit einem unbekannten Zeitpunkt hat die Zweitbeklagte ihrem Hausmeister die Anweisung erteilt, am Morgen den Gehsteig rund um die beiden Lokale sowie auch den Stiegenaufgang zum Lokal der Klägerin zu säubern. Es kommt aber nach wie vor vor, dass in der Früh Verunreinigungen am Haus der Klägerin vorhanden sind bzw verbleiben, die dann von ihr entfernt werden.
[7] Seit 2008 beschäftigt die Zweitbeklagte eine Sicherheitsfirma im Lokal „S*“. Diese ist seit 2009 jeweils am Freitag und am Samstag sowie vor Feiertagen üblicherweise mit zwei, bei größeren Veranstaltungen mit vier Mitarbeitern dort tätig. Anfänglich war es unter anderem Aufgabe der Sicherheitskräfte, beim Lokalausgang in der B*straße die Lärmschleuse dahin zu bedienen, dass die beide Türen nicht gleichzeitig geöffnet sind, um zu verhindern, dass der Lärm aus dem Lokal nach draußen dringt. Seit der Verlegung des Eingangs in die R*gasse befindet sich üblicherweise ein Security-Mitarbeiter beim dortigen Eingang. Die Aufgabe dieses Mitarbeiters ist es unter anderem, die Gäste anzuhalten, bei Verlassen des Lokals leise zu sein. Es kann nicht festgestellt werden, in welchem Umfang dieser Aufgabe tatsächlich nachgekommen wird. Ob die Security-Mitarbeiter vormalige Gäste der Lokale, die sich in Gruppen vor dem Haus der Klägerin bzw in dessen Bereich aufhalten, auffordern, weiterzugehen bzw ruhig zu sein, kann nicht festgestellt werden.
[8] Die Klägerin stellte zuletzt das (Haupt-)Begehren, die „erstbeklagte Partei als Eigentümerin der Gebäude V*gasse 11+13, R*gasse 10 und B*straße 10 je in *, sowie die zweitbeklagte Partei als Betreiberin der Lokale 'D*' und der Bar 'S*'“ schuldig zu erkennen, „gegenüber der klagenden Partei folgende Einwirkungen auf deren Liegenschaft B*straße 12 zu unterlassen bzw deren Unterlassung zu bewirken:
a) die Erzeugung störenden Lärms in der Zeit von 24:00 Uhr bis 4:00 Uhr durch Gäste der Lokale 'D*' und 'S*‘, wodurch die nächtliche Ruhe der klagenden Partei gestört wird;
b) das Urinieren, Erbrechen und sonstige Verschmutzungen, das Zerschlagen von Glaskörpern, das Umwerfen von Mülltonnen und das Läuten von Türglocken der Anrainer durch die Gäste der Gastlokale 'D*' und 'S*'.“
[9] Das Erstgericht stellte im Wesentlichen den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt fest und erkannte die Erstbeklagte als Eigentümerin der Gebäude R*gasse 10 und B*straße 10 und die Zweitbeklagte als Betreiberin der Lokale „D*“ und der Bar „S*“ schuldig „gegenüber der klagenden Partei folgende Einwirkungen auf deren Liegenschaft B*straße 12 zu unterlassen bzw deren Unterlassung zu bewirken:
(a) die Erzeugung störenden Lärms in der Zeit von 24 Uhr bis 4:00 Uhr durch Gäste der Lokale 'D*' und 'S*' außerhalb dieser Lokale durch über normale Gesprächslautstärke hinausgehendes Lärmen, insbesondere laute Gespräche, Schreien und Grölen, wodurch die nächtliche Ruhe der klagenden Partei gestört wird;
(b) das Urinieren, Erbrechen und sonstige Verschmutzungen sowie das Zerschlagen von Glaskörpern durch die Gäste der Gastlokale 'D*' und 'S*'“.
[10] Abgewiesen wurden vom Erstgericht „[d]ie Mehrbegehren, die erstbeklagte Partei sei zudem als Eigentümerin der Gebäude V*gasse 11 + 13 zu Unterlassungen bzw zur Erwirkung von Unterlassungen laut Punkt 1. schuldig, sowie die erstbeklagte Partei als Eigentümerin der Gebäude R*gasse 10 und B*straße 10 je in * und die zweitbeklagte Partei als Betreiberin der Lokale 'D*' und 'S*' seien weiters schuldig, gegenüber der klagenden Partei folgende Einwirkungen auf deren Liegenschaft B*straße 12 zu unterlassen bzw. deren Unterlassung zu bewirken:
(a) die Erzeugung störenden Lärms in der Zeit von 24 Uhr bis 4:00 Uhr durch Gäste der Lokale 'D*' und 'S*', wodurch die nächtliche Ruhe der klagenden Partei gestört werde auch über Punkt 1.(a) hinaus und
(b) das Umwerfen von Mülltonnen und das Läuten an Türglocken der Anrainer durch die Gäste der Gastlokale 'D*' und 'S*'.“
[11] Das Berufungsgericht ließ über Berufung der Klägerin Punkt a des klageabweisenden Teils ersatzlos entfallen. Das Erstgericht habe den Urteilsspruch zu Recht von Amts wegen dem tatsächlichen Begehren – iSv RS0041254 – angepasst. Die Klägerin sei hinsichtlich ihres Begehrens auf Unterlassung von Lärm – insofern bejahte das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 364 Abs 2 ABGB ohne Einschränkung – voll durchgedrungen, „sodass die Abweisung eines nicht näher definierten Mehrbegehrens im Punkt 2. lit a und des Eventualbegehrens zu entfallen hat“.
Rechtliche Beurteilung
[12] Eine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität wird in der außerordentlichen Revision der Beklagten nicht aufgezeigt.
[13] 1. Ob mit einer vorgenommenen Neuformulierung des Spruchs dem Rechtsschutzziel inhaltlich entsprochen oder aber das Begehren iSd § 405 ZPO überschritten wird, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, weshalb regelmäßig eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen ist (RS0041192). Eine Überschreitung der von § 405 ZPO gesetzten Grenzen ist hier nicht ersichtlich. Die Ansicht der Beklagten, der Entfall des teilabweisenden Punktes a) bedeute im Umkehrschluss den Zuspruch des Eventualbegehrens, überzeugt nicht. Der Entfall einer Teilabweisung ist für sich noch keine Klagestattgebung, bleibt doch der klagestattgebende Teil des Urteilsspruchs – was auch hier der Fall war – unverändert. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin sei in Hinsicht auf den von ihr beanstandeten Lärm bei inhaltlicher Betrachtung ihres Klagebegehrens voll durchgedrungen, weshalb die – bloß auf einer formalen Betrachtung des Klagebegehrens durch das Erstgericht beruhende – Teilabweisung insofern (nämlich zu Punkt a)) unrichtig sei, ist jedenfalls vertretbar. Warum dies – wie in der Zulassungsbeschwerde behauptet – einen inneren Widerspruch des Berufungsurteils iSd § 477 Abs 1 Z 9 ZPO darstellen soll, erschließt sich dem Senat nicht.
[14] 2. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der im Rechtsmittel geltend gemacht, vom Gericht zweiter Instanz aber verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht mehr erfolgreich gerügt werden (RS0042963 [T45]). Dies gilt aufgrund eines Größenschlusses erst recht für angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die nicht einmal Gegenstand des Berufungsverfahrens waren (vgl RS0042963 [T30]). Wenn die Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision auf erstinstanzliche Verfahrensmängel zurückkommen, ist dies folglich unbeachtlich; dass in der Berufung gerügte Verfahrensmängel unerledigt geblieben wären, wird nicht behauptet. Die Beklagten vertreten unter Hinweis auf die Ausführungen von Trenker (Der vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmangel erster Instanz als tauglicher Revisionsgrund, JBl 2020, 757 ff, 825 ff) die Ansicht, der verneinte Verfahrensmangel sei ein tauglicher Revisionsgrund. Diese Ansicht wird aber von der Rechtsprechung – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen – abgelehnt und bildet keinen Grund für die Zulassung der außerordentlichen Revision iSd § 502 Abs 1 ZPO.
[15] 3. Ein Zusammenhang zwischen den – der Klagestattgebung zugrunde liegenden – Verhaltensweisen der Gäste und der Einführung des gesetzlichen Rauchverbots in Lokalen ist nicht ersichtlich. Die von den Beklagten in der außerordentlichen Revision aufgeworfene Frage, ob wegen des durch die Novelle BGBl I 2019/66 zum Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) eingeführten generellen Rauchverbots in Lokalen die Nachbarn vermehrte Lärmimmissionen durch vor Lokalen rauchende Gäste hinnehmen müssten, stellt sich demnach nicht. Entgegen der Ansicht der Revisionswerber kann auch aus dem Satz „Es steht dem Gesetzgeber auch frei, Beeinträchtigungen von Nachbarn in Kauf zu nehmen, zumal gewerberechtliche Vorschriften (vgl § 79 Abs 1 bis 3 und § 113 Abs 5 GewO 1994) und allfällige zivilrechtliche Rechtsansprüche bestehen, die deren Schutz ermöglichen.“ im Beschluss des VfGH vom 3. 10. 2019, G 189/2019, nicht abgeleitet werden, der VfGH ginge davon aus, dass Nachbarn als Folge der Einführung des absoluten Rauchverbots in Lokalen mehr Immissionen zu erdulden hätten, verwies dieser doch selbst auf allfällig bestehende zivilrechtliche Rechtsansprüche der Nachbarn und darauf, dass diese deren Schutz ermöglichten.
[16] 4. Die Vorinstanzen vertraten unter Bezugnahme auf RS0106886 = 3 Ob 2413/96s die Ansicht, § 364a ABGB stehe der Immissionsabwehrklage der Klägerin nach § 364 Abs 2 ABGB nicht entgegen, weil das Verhalten der Gäste des Lokals „S*“ außerhalb der Betriebsanlage bei der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung außer Betracht gelassen wurde. Warum diese rechtliche Beurteilung unrichtig sein soll, wird in der außerordentlichen Revision nicht dargetan; deren Rechtsrüge ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043654 [T5, T12]). Die Beurteilung der Vorinstanzen entspricht im Übrigen der herrschenden Auffassung (vgl nur Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364a Rz 185 mwN).
[17] 5. Nach den Feststellungen sind es so gut wie ausschließlich die Gäste der Beklagten, die in der Zeit von Mitternacht bis 4:00 Uhr früh vor dem Haus der Klägerin lärmen und dasselbe verunreinigen.
[18] Diese Immissionen sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht ortsüblich. Die in § 364 Abs 2 ABGB gebrauchten Ausdrücke „örtlich“ und „ortsüblich“ sind nicht in dem Sinne zu verstehen, dass es auf die Verhältnisse innerhalb der gesamten politischen Gemeinde ankomme. Maßgebend sind vielmehr die Lage des beeinträchtigten Grundstücks zu dem, von dem die Störung ausgeht, und die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften (RS0010678 [T2]; RS0010653 [T3]). Beim Lokal „S*“ handelt es sich nach den Feststellungen um das einzige Lokal im näheren Umkreis des Hauses der Klägerin, das nach Mitternacht noch geöffnet hat. Solche Lokale sind „erst wieder in der S* Hauptstraße angesiedelt“. Zumal es sich beim Lokal „S*“ auch um keinen Betrieb handelt, der – vergleichbar einer Bahnanlage, einem industriellen Großbetrieb, einem Sportstadion oder einer großen Gondelbahn – den Charakter eines Raumes allein zu prägen im Stande ist (vgl 8 Ob 61/19g [Pkt 2.2.] mwN = RdU 2020/26 [Kerschner]), gingen die Vorinstanzen zu Recht von keiner durch Nachtgastronomie geprägten Örtlichkeit aus.
[19] 6. Da das Lokal „S*“ für die Örtlichkeit iSd § 364 Abs 2 ABGB nicht prägend ist, machte das Verhalten seiner Gäste dieses nicht ortsüblich. Es schadet insofern nicht, dass die Klägerin erst im Jahr 2019, viele Jahre nach Lokaleröffnung, die Klage erhob. Wie bereits vom Erstgericht zutreffend erkannt, ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB – als Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage – grundsätzlich auch nicht verjährbar (RS0124364; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364 Rz 218).
[20] 7. Dass die von Gästen des Lokals „S*“ gezeigten Verhaltensweisen die Benutzung der klägerischen Liegenschaft objektiv betrachtet wesentlich beeinträchtigen, bedarf keiner Erörterung. Ob die Klägerin – wie offenbar in der außerordentlichen Revision angenommen – überdurchschnittlich empfindlich ist, ist angesichts dessen ohne Belang.
[21] 8.1. Für Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB ist grundsätzlich der Nachbar passivlegitimiert, von dessen Grund Immissionen ausgehen. Der Unterlassungsanspruch kann sich aber auch gegen denjenigen richten, der die Störung nur mittelbar veranlasst hat; auch derjenige ist passiv legitimiert, der den Eingriff nicht selbst vornimmt, sondern nur veranlasst, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzungen dafür schuf, dass Dritte die Störung begehen können (RS0011737 [T5 und T11]). Für Störungen durch andere haftet der Grundeigentümer dann, wenn er das störende Verhalten duldet, obwohl er es zu hindern berechtigt und imstande gewesen wäre und damit der erforderliche Zusammenhang zwischen Sachherrschaft (über die Immissionsquelle) und dem Schadenseintritt (der Störung durch die Immission) hergestellt ist (vgl RS0053260; siehe auch Eccher/Riss in KBB6 § 364 ABGB Rz 16; Winner in Rummel/Lukas 4 § 364 ABGB Rz 12 f; Oberhammer/Scholz-Berger in Schwimann/Kodek 5 § 364 ABGB Rz 13). Die Unterlassungspflicht umfasst auch die Verpflichtung, soweit möglich und zumutbar auf die unmittelbar störenden Dritten Einfluss zu nehmen, damit die Störung unterbleibt (vgl RS0011737 [T3, T16, T31]; jüngst 1 Ob 27/21h [Rz 18]).
[22] 8.2. Diese Rechtsprechung gilt insbesondere auch für einen Fall, dass ein Liegenschaftseigentümer ein Lokal verpachtet und Gäste des Lokalbetreibers Nachbarn iSd § 364 Abs 2 ABGB beeinträchtigen: Da ein Gastbetrieb den Nutzen aus dem Kundenverkehr zieht, müssen sich der Eigentümer des betreffenden Grundstücks und auch der Mieter (oder Pächter) des darauf betriebenen Lokals den Lärm zurechnen lassen, den die Gäste, wenngleich außerhalb des Lokals, so doch im Rahmen des Zutritts zu diesem oder von dessen Verlassen, verursachen (vgl 3 Ob 2413/96s = RdU 1997/42 [zust Wagner]; RS0106885; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 364 Rz 6). Dies gilt genauso, wenn die Gäste im Nahebereich des Lokals urinieren oder auf andere Weise eine Nachbarliegenschaft verschmutzen (vgl 1 Ob 196/00f = RdU 2001/59 [zust Kerschner]). Geeignete Maßnahmen, die einen Lokalbetreiber in die Lage versetzen, zu verhindern, dass seine Gäste außerhalb des Lokals durch Lärm oder Verunreinigungen Nachbarliegenschaften beeinträchtigen, sodass er als mittelbarer Störer iSd § 364 Abs 2 ABGB verantwortlich ist, sind etwa die Verweigerung des Ausschanks alkoholischer Getränke oder die Androhung bzw Verhängung von Lokalverboten (1 Ob 196/00f). Beim das Lokal nicht selbst betreibenden Liegenschaftseigentümer wird die Möglichkeit zur Verhinderung von mit dem Lokalbetrieb einhergehenden Immissionen der geschilderten Art darin erblickt, dass das Lokal – zB aufgrund einer Verpachtung – mit seiner Zustimmung am Grundstück betrieben wird (7 Ob 327/98h; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch, Klang3 § 364 Rz 298).
[23] 8.3. Die Vorinstanzen legten diese Rechtsprechung zutreffend ihren Entscheidungen zugrunde. Die bisher seitens der Beklagten gesetzten Maßnahmen, etwa die Beauftragung einer Sicherheitsfirma mit der Überwachung des Geschehens im Außenbereich sowie die Verlegung des Ein- und Ausgangs zum bzw vom Lokal „S*“ zu jenem des Lokals „D*“ in der R*gasse 8 an den Wochenenden, reichten offenbar nicht, um die wiederholten und massiven Beeinträchtigungen der Liegenschaft der Klägerin durch die von den Gästen gesetzte Verhaltensweisen hintanzuhalten. Dass die vom Berufungsgericht angeführten, von den Beklagten bis dato nicht gesetzten Maßnahmen, wie etwa die Vorverlegung der Sperrstunde und/oder der Verkauf von Alkohol nur bis zu einer bestimmten Uhrzeit, die Erwerbsfreiheit(en) der Beklagten unverhältnismäßig beeinträchtigen würden, ist nicht ersichtlich. Die Erwerbsfreiheit(en) bestünde(n) fort. Von den Beklagten kann bei deren Ausübung verlangt werden, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen entsprechen, darunter jene gegenüber der Klägerin nach § 364 Abs 2 ABGB.
[24] Mangels einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision nicht zulässig und daher zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)