OGH 6Ob2296/96g

OGH6Ob2296/96g21.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Hermann T*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der prot.Firma N***** Engelbert P*****, S 121/92 des Landesgerichtes Innsbruck, wider die beklagte Partei Tiroler G*****, vertreten durch Dr.Hans-Peter Ullmann und Dr.Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1,861.267,34 S sA und Rechnungslegung (Streitwert 50.000 S), infolge Revision beider Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4.April 1996, GZ 1 R 57/96h-47 (Revisionsinteresse der klagenden Partei 1,352.778,97 S, Revisionsinteresse der beklagten Partei 558.488,37 S), mit dem das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.Oktober 1995, GZ 14 Cg 291/93a-34, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abgeändert, daß das Teilurteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei nachstehende anteilige Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen:

1. an Kosten des Berufungsverfahrens 38.338,22 S (darin 7.950 S Barauslagen und 5.064,70 S Umsatzsteuer).

2. an Kosten des Revisionsverfahrens 62.100,83 S (darin 33.939 S Barauslagen und 4.693,74 S Umsatzsteuer).

Die klagende Partei hat der Beklagten die mit 27.708 S (darin 9.942 S Barauslagen und 2.961 S Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Kommanditgesellschaft N***** Engelbert P***** wurde am 4.5.1992 zu Sa 5/92 des Landesgerichtes Innsbruck das Ausgleichsverfahren und am 27.11.1992 zu S 121/92 des Landesgerichtes Innsbruck der Anschlußkonkurs eröffnet. Rechtsanwalt Dr.Hermann T***** wurde zum Masseverwalter bestellt. Die Zahlungsunfähigkeit war Ende 1990 eingetreten und dem Komplementär der Gesellschaft Engelbert P***** ab diesem Zeitpunkt auch bekannt. Die Beklagte hatte seit Anfang 1992, somit am 23.1.1992 und 27.3.1992, Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit. Der Betrieb wurde bis zur Konkurseröffnung weitergeführt.

Engelbert P***** war auch Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Biotischlerei E.P***** Gesellschaft mbH (im folgenden Biotischlerei), die sich mit der Erzeugung biologischer Möbel befaßte. Sie stellte Geschäftseinrichtungen für die spätere Gemeinschuldnerin her. Ihr Betrieb wurde am 15.11.1991 geschlossen und die Geschäftseinrichtung samt Vorräten noch vor Ausgleichseröffnung (22.5.1992 zu Sa 10/92 des Landesgerichtes Innsbruck) verkauft. Der Ausgleichsantrag der Biotischlerei wies als Aktiven Kundenforderungen von 6,8 Mio S aus. Diese bestanden großteils gegen die N***** Engelbert P***** ***** und andere Firmen der "P*****-Gruppe". Der Anschlußkonkurs über die Biotischlerei wurde am 30.11.1992 zu S 125/92 des Landesgerichtes Innsbruck eröffnet.

Mit Kaufvertrag vom 5.11.1991 verkaufte die Biotischlerei Maschinen und Inventar des Tischlereibetriebes an Karl S*****. Gleichzeitig verkaufte Engelbert P***** die ihm gehörige Betriebsliegenschaft, auf welcher sich die Werkstätte des Tischlereibetriebes und ein Wohnhaus befanden, an Karl S*****. Beide Kaufverträge wurden über die Bank Austria AG (vormals Österreichische Länderbank), welche auch Hausbank des Käufers war, abgewickelt. Die Biotischlerei trat ihre Kaufpreisforderung von 2,5 Mio S an die Gemeinschuldnerin ab, welche ihrerseits der Beklagten die Abtretung von 1,4 Mio S aus diesem Kauferlös in Aussicht stellte (Schreiben vom 23.10.1991). Die Bank Austria AG, welche der Gemeinschuldnerin einen revolvierenden Kontokorrentkredit, verbunden mit einer Generalzessionsvereinbarung eingeräumt hatte, stimmte dieser Vorgangsweise unter der Voraussetzung zu, daß der an die Gemeinschuldnerin abgetretene Betrag nur zur Deckung von Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin verwendet wird und nicht zur freien Verfügung ihres Komplementärs steht. Nach Abdeckung der auf der Liegenschaft hafteten Hypothek überwies die Bank Austria den restlichen Kauferlös an den zur Abwicklung dieses Kaufvertrags bestellten Treuhänder Dr.Gerald G*****. Dieser Betrag sollte zur Verfügung stehen, um Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin nach Anweisung ihres Komplementärs abzudecken.

Mit Schreiben vom 31.10.1991 ersuchte die Beklagte um Überweisung von 1,4 Mio S auf ihr Konto. Nach Anweisung der Gemeinschuldnerin überwies Dr.Gärtner am 27.3.1992 den einvernehmlich auf 1,352.778,97 S reduzierten Betrag an die Beklagte. Entsprechend der von der Gemeinschuldnerin vorgesehenen Widmung wurden 870.469,73 S dem die Gemeinschuldnerin betreffenden Beitragskonto W 00/6931 gutgebracht.

Mit Schreiben vom 4.11.1991 trat die Gemeinschuldnerin Forderungen aus Verkäufen von Filialen im Gesamtausmaß von 2,8 Mio S an die Beklagte ab. Der Masseverwalter ist nicht in der Lage, aus dem Rechenwerk der Gemeinschuldnerin festzustellen, in welcher Höhe Zahlungen aus diesen Zessionen an die Beklagte erfolgten. Die Beklagte verwehrt Auskunft und Konteneinsicht.

Am 27.1.1992 reichte die Beklagte einen am 23.1.1992 ausgestellten, ihr von der Gemeinschuldnerin übermittelten Scheck über 508.488,37 S bei der Bank Austria ein. Diese brachte den Betrag noch am selben Tag der Beklagten gut und belastete gleichzeitig das Kontokorrentkonto der Gemeinschuldnerin im Umfang dieser Zahlung. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Konto der Gemeinschuldnerin bei der Bank Austria in "Sondergestion". Überweisungen vom Konto wurden nur nach Maßgabe vorhandener Eingänge oder abgetretener Rechnungen durchgeführt. Zwischen 27.1. und 15.5.1992 (dem Tag der Ausgleichseröffnung) erfolgten hunderte Buchungen auf diesem Konto, auch Gutschriften.

Mit der am 26.11.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Masseverwalter, die beklagte Partei schuldig zu erkennen,

1. anzugeben, in welcher Höhe sie im Zeitraum zwischen 4.11.1991 und 4.5.1992 Zahlungen erhalten hat, mit denen durch Kompensation Forderungen der beklagten Partei gegenüber der protokollierten Firma N***** Engelbert P*****, ***** abgedeckt und befriedigt worden seien, insbesondere solche Zahlungen, die Erwerber von Geschäftseinrichtungen ehemaliger P*****-Filialen an die beklagte Partei geleistet hätten und

2. 1,861.267,34 S zu zahlen, sowie weiters jenen Betrag, der nach Erfüllung des Rechnungslegungsbegehrens über den Betrag von 1,861.267,34 S hinaus ziffernmäßig zu bestimmen sei.

Er brachte zusammengefaßt vor, die Gemeinschuldnerin sei seit 1990 zahlungsunfähig. Sie habe der Beklagten als ihrer Gläubigerin einen am 23.1.1992 ausgestellten Scheck über 508.488,37 S übergeben, den die Beklagte realisiert habe. Dadurch sei das Konto der Gemeinschuldnerin bei der Bank Austria mit diesem Betrag belastet worden.

Weiters sei auftrags der Gemeinschuldnerin am 27.3.1992 eine Überweisung (Bareinzahlung) von 1,352.778,97 S an die Beklagte geleistet worden. Beide Zahlungen in der Gesamthöhe von 1,861.267,34 S seien laut Widmung der Gemeinschuldnerin auf ihr bei der Beklagten bestehendes Abgabenkonto W00/6931 erfolgt. Die Gemeinschuldnerin habe zum Zeitpunkt der Zahlungen gewußt, daß sie zahlungsunfähig und überschuldet sei und nicht alle offenen Forderungen der anderen Gläubiger befriedigen könne. Sie habe die Zahlung in der Absicht geleistet, die beklagte Partei zu begünstigen und die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Diese Begünstigungs- bzw Benachteiligungsabsicht sei der beklagten Partei bekannt gewesen, bzw hätte ihr bekannt sein müssen.

Angefochten werden die in der Zahlung liegende Befriedigung der Beklagten bzw die Rechtshandlungen und Vereinbarungen, die zu dieser Befriedigung geführt haben. Die Klägerin stützte ihr Anfechtungsbegehren ausdrücklich auf § 31 Abs 1 Z 1, § 30 Abs 1 Z 3 und § 28 Z 2 KO.

Auf Einwand der Beklagten, die angefochtene Zahlung von 1,352.778,97 S stamme von dritter Seite und wäre der Konkursmasse nicht zur Verfügung gestanden, brachte der Kläger ergänzend vor, diese Zahlung sei aus Geldern, die zur Verfügung der späteren Gemeinschuldnerin standen und somit zu Lasten der Masse erfolgt. Die Überweisung sei aus einem der Gemeinschuldnerin zur Deckung eigener Verpflichtungen von der Biotischlerei abgetretenen Betrag, somit auf Kosten der Konkursmasse erfolgt.

Die Beklagte wendete darauf ein, der Anfechtungsanspruch sei gemäß § 43 Abs 2 KO verfristet. Die Klägerin habe eine Klageänderung vorgenommen und davor nicht vorgebracht, daß Grundlage des Anfechtungsbegehrens eine Zession sei.

Zum Rechnungslegungsbegehren brachte der Kläger vor, die Gemeinschuldnerin habe im letzten Halbjahr vor Ausgleichseröffnung mehrfach Geschäftseinrichtungen verkauft, den erzielten Erlös an die beklagte Partei abgetreten und die jeweiligen Käufer in Form einer Anweisung auf Schuld angewiesen, Zahlung direkt an die Beklagte zu leisten. Inwieweit in diesem Zusammenhang Zahlungen an die beklagte Partei erfolgt seien, sei aufgrund der mangelhaften Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin nicht nachvollziehbar, weshalb die beklagte Partei verpflichtet sei, Rechnung über die Zahlungen zu legen, die sie im letzten Halbjahr vor Ausgleichseröffnung zur Abdeckung ihrer Forderungen gegenüber der Gemeinschuldnerin erhalten habe.

Die Beklagte wendete zusammengefaßt ein, eine Anfechtung scheitere schon an der Voraussetzung einer Benachteiligung. Die Gemeinschuldnerin habe zum Zeitpunkt der Zahlungen keine liquiden Vermögenswerte zur Verfügung gehabt. Sämtliche Zahlungen seien nur mit Zustimmung ihrer Hausbank erfolgt. Bei der Scheckzahlung habe es sich um einen reinen Gläubigerwechsel gehandelt, der die übrigen Gläubiger nicht benachteiligt habe. Die Zahlung vom 27.3.1992 sei hingegen nicht aus Mitteln der Gemeinschuldnerin, sondern einer Dritten, der Biotischlerei ***** GmbH erfolgt. Der vom Masseverwalter vorgenommenen Klageänderung, die darauf gestützt werde, daß er sein Anfechtungsbegehren nicht mehr auf eine Zahlung der Gemeinschuldnerin an die beklagte Partei, sondern auf eine erfolgte Abtretung stütze, stehe die materiellrechtliche Frist des § 43 Abs 2 KO im Wege. Da die Beklagte auch kein Vermögen verheimlicht oder verschwiegen habe, sei das Rechnungslegungsbegehren nicht berechtigt.

Das Erstgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren statt und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des Scheckbetrages von 508.488,37 S. Es führte aus, der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe zum Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit von dieser Kenntnis haben müssen, er habe auch am 23.1.1992 nicht mehr davon ausgehen können, die Zahlungsunfähigkeit beheben und damit die übrigen Gläubiger voll befriedigen zu können. Durch Zahlung an die beklagte Partei habe er nicht nur in Begünstigungs-, sondern auch in Benachteiligungsabsicht gehandelt. Die Befriedigungstauglichkeit sei zu bejahen. Die Zahlung vom 27.3.1992 betreffend sprach das Erstgericht 870.469,73 S zu, somit jenen Betrag, der nach Widmung dem Beitragskonto der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten zukam. Den darüber hinausgehenden Klagsbetrag wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei keine Folge, hingegen wurde der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge gegeben und das Begehren auf Zahlung von 1,352.778,97 S abgewiesen.

Der Rechnungslegungsanspruch des Klägers ergebe sich aus der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung, wonach Verkaufserlöse aus Filialverkäufen zur Kompensation an die Beklagte abgetreten wurden. Der Masseverwalter begehre Rechnungslegung über die so abgewickelten Geschäfte, er sei über Bestand und Umfang dieser Zahlungen entschuldbar nicht informiert. Die Beklagte sei unschwer in der Lage, Auskunft zu erteilen. Dies sei ihr auch zumutbar.

Die Gemeinschuldnerin habe durch Befriedigung der Beklagten mittels Scheckzahlung den ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu wahrenden Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt und in Begünstigungsabsicht gehandelt. Auch Benachteiligungsabsicht liege vor. Die angefochtene Rechtshandlung sei für die übrigen Konkursgläubiger nachteilig, die Anfechtung befriedigungstauglich.

Hinsichtlich der Zahlung vom 27.3.1992 sei die Anfechtungsklage gemäß § 43 Abs 2 KO verfristet. Der Kläger habe nur die Zahlung, nicht jedoch die davor erfolgte Zession angefochten und Vorbringen zu den konkreten Rechtshandlungen erst nach Jahresablauf erstattet. Auch sei die Zahlung nicht auf Kosten der Masse, sondern aus Mitteln eines Dritten erfolgt und hätte der Gemeinschuldnerin gar nicht zukommen sollen. Eine Benachteiligung der Masse sei daher nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es fehle zur Zulässigkeit des Rechnungslegungsbegehrens einem Sozialverträger gegenüber Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Das Zahlungsbegehren reiche in seiner Komplexität über den Einzelfall hinaus, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei zu den aufgeworfenen Fragen nicht einheitlich.

Die Revision der klagenden Partei richtet sich gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens im Umfang von 1,352.788,97 S, jene der Beklagten gegen den Auftrag zur Rechnungslegung und den Zuspruch von 508.488,37 S.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen beide Revisionswerber, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig.

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.

1. Zur Revision der beklagten Partei:

a) Zum Rechnungslegungsbegehren:

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung begründet der erste Anwendungsfall des Art XLII EGZPO keinen selbständigen materiellrechtlichen Anspruch auf Vermögensangabe, Rechnungslegung und Auskunfterteilung, sondern setzt voraus, daß eine derartige Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 389; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 414; Fasching II 97; ders Lehrbuch Rz 1046; Feil, Die Stufenklage im Wirtschaftsrecht GesRZ 1986, 138; ÖBA 1990, 381).

Ein aus dem Gesetz selbst abgeleiteter Rechnungslegungsanspruch müßte sich somit ausdrücklich aus einer zugrundeliegenden privatrechtlichen Norm selbst ergeben. § 97 Abs 3 KO kommt als Anspruchsgrundlage schon deshalb nicht in Frage, weil diese Bestimmung keine privatrechtliche, sondern eine öffentlich-rechtliche Norm ist (SZ 59/143; ÖBA 1990, 381 = ecolex 1990, 18).

Auch Anfechtungsrecht scheidet mangels bereits erfolgter erfolgreicher Anfechtung bestimmter Rechtshandlungen bzw Feststellung des Anfechtungsanspruches dem Grunde nach aus (Petschek/Reimer/Schiemer aaO 389 f; König aaO Rz 414; SZ 59/143 = ÖBA 1986, 638).

Eine Rechnungslegungsverpflichtung kann jedoch nicht nur aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, sondern auch aus einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien abgeleitet werden, wenn ein Vertragsteil in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der andere aber unschwer in der Lage ist, eine solche Auskunft zu erteilen und ihm dies nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch zugemutet werden kann. Diesen Grundsatz hat der Oberste Gerichtshof schon bisher auf Kreditverhältnisse angewendet (SZ 59/143; RdW 1985, 159; ÖBA 1990, 381; vgl Feil aaO 138 ff [140] mwN; König aaO 413), wobei ein dem Gemeinschuldner nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zustehender Rechnungslegungsanspruch nach Konkurseröffnung vom Masseverwalter geltend zu machen ist (SZ 59/143 mwN).

Die für die Bejahung eines Rechnungslegungsanspruches des Masseverwalters aus dem Kreditverhältnis entwickelten Grundsätze treffen auch auf das im gegenständlichen Fall vorliegende Vertragsverhältnis zu. Die spätere Gemeinschuldnerin hatte mit der Beklagten vereinbart, dieser Erlöse aus Filialverkäufen zur Kompensation abzutreten. Sie hat mit Schreiben vom 4.11.1991 auch Forderungen im Gesamtausmaß von 2,8 Mio S abgetreten. Dem Masseverwalter ist es nun, ohne daß ihm ein Verschulden zur Last fällt, nicht möglich, den vorgefundenen Unterlagen der Gemeinschuldnerin festzustellen, in welchem Ausmaß die Beklagte aus den abgetretenen Forderungen Befriedigung erlangt hat. Hingegen ist die Beklagte unschwer in der Lage, diese Auskunft - die ihr auch nach Treu und Glauben zumutbar ist - zu erteilen. Der Umstand, daß die von der Beklagten vorzunehmende Rechnungslegung der Vorbereitung weiterer gegen sie gerichteter Anfechtungsklagen dienen kann, macht sie schon deshalb nicht unzumutbar, weil die Rechnungslegung im gegenständlichen Fall einen sich schon aus der Natur der getroffenen Vereinbarung ergebenden Hilfsanspruch darstellt (vgl Feil aaO 138 ff [140]). Dem Zedenten wird es in aller Regel nicht ohne weiteres möglich sein festzustellen, ob und in welchem Umfang der Schuldner dem Zessionar bereits Zahlung geleistet hat, sodaß in diesen Fällen ein Auskunftsrecht des Zedenten bejaht werden muß.

Überdies hat der Masseverwalter die Pflicht, den Stand der Masse zu ermitteln und für die Einbringlichmachung und Sicherstellung der Aktiven zu sorgen (§ 81 Abs 1 KO). Das ihm in § 37 Abs 1 KO eingeräumte Anfechtungsrecht dient der Erfüllung dieser Pflichten. Eine Verweigerung der Rechnungslegung käme daher auch einer Verschweigung von Vermögen im Sinn des zweiten Falles des Art XLII Abs 1 EGZPO nahe, so daß eine entsprechende Auskunftserteilung (Rechnungslegung) schon aus diesem Grund zumutbar ist.

b) Zur Scheckzahlung über 508.488,37 S:

Die Revisionswerberin bestreitet nicht das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen einer Anfechtung nach §§ 28 und 30 Abs 1 Z 3 KO, meint jedoch, eine Anfechtung scheide mangels Benachteiligung der Konkursgläubiger aus. Durch die Einlösung des Schecks seien Befriedigungsaussichten der übrigen Gläubiger nicht beeinträchtigt worden, es sei nur ein Gläubigerwechsel eingetreten. Das ausstehende Obligo auf dem Kontokorrentkonto der Bank Austria habe sich im selben Ausmaß, in dem die Beklagte Zahlung erhalten habe, erhöht. Überdies sei die Anfechtung nicht befriedigungstauglich, da sie die Konkursmasse nicht vergrößere und somit die Befriedigungsaussichten der Gläubiger nicht fördere.

Zunächst ist festzuhalten, daß jede erfolgreiche Anfechtung sowohl Befriedigungstauglichkeit als auch Gläubigerbenachteiligung voraussetzt (ÖBA 1992, 582 mwN; König, Kausalität der Nachteiligkeit bei der Konkursanfechtung WBl 1989, 257 ff; derselbe aaO Rz 102).

Befriedigungstauglich ist die Anfechtung dann, wenn die Beseitigung der Rechtswirkungen der Schuldnerhandlung die Befriedigungsaussicht der Gläubiger zu fördern geeignet ist. Dabei genügt es schon, daß die damit bewirkte Verbesserung der Befriedigungsaussichten auch nur wahrscheinlich ist (WBl 1989, 281 = SZ 62/97; ÖBA 1992, 582).

Das angefochtene Rechtsgeschäft ist dann für die Gläubiger nachteilig, wenn ein Befriedigungsausfall eintritt (WBl 1989, 281), bzw der zur Befriedigung der Gläubiger vorhandene Fonds verkleinert wird (König aaO Rz 105). So scheidet eine Anfechtung dann aus, wenn aus dem Vermögen des Gemeinschuldners zwar etwas veräußert wurde oder diesem entging, hiefür aber der gleiche Wert in das Vermögen des Gemeinschuldners geleistet wurde und diesem verblieb. In diesem Fall erwächst den Konkursgläubigern durch die sonst anfechtbare Handlung kein Nachteil (WBl 1989, 281 mit Glosse König, WBl 1989, 257).

Eine Nachteiligkeit ist auch dann zu verneinen, wenn die Befriedigung der Gläubiger nicht zu Lasten der (späteren) Konkursmasse erfolgt, insbesondere dann, wenn es bloß zu einem Austausch gleich (un-)gesicherter Gläubiger kommt (König aaO 257). Ist jedoch der neue Gläubiger in der Lage, die Forderung aus einer besseren Rechtsposition heraus, etwa als Aufrechnungsberechtigter, zu realisieren, verschlechtert sich die Position der übrigen Gläubiger und liegen somit die Anfechtungsvoraussetzungen vor (König aaO Rz 104).

Im gegenständlichen Fall wurde das bei der Bank Austria bestehende Kontokorrentkonto der späteren Gemeinschuldnerin zwischen dem Zeitpunkt der Scheckzahlung und der Ausgleichseröffnung revolvierend ausgenützt. Die Gemeinschuldnerin konnte im Umfang der Zahlungseingänge disponieren und Zahlungen durchführen. Durch jede Einzahlung erfolgte eine (Teil)Abdeckung der Forderung der Bank Austria, jede Abbuchung stellte eine weitere Kreditgewährung dar. Die durch Abbuchung des Scheckbetrages entstandene Forderung der Bank Austria konnte somit aufgrund der besseren Rechtsposition dieser Gläubigerin aus den danach erfolgten Zahlungseingängen getilgt werden (vgl König aaO Rz 104). Die Anfechtungsvoraussetzungen der Gläubigerbenachteiligung und der Befriedigungstauglichkeit liegen somit vor.

Eine allfällige Anfechtbarkeit der Aufrechnung von Kontoeingängen mit dem Debetsaldo des Kontokorrentkontos ist für die Beurteilung der Anfechtbarkeit der Scheckzahlung nicht entscheidend.

Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision der klagenden Partei:

Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seines Zahlungsbegehrens von 1,352.778,97 S. Diese Zahlung sei Ausfluß einer Anweisung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin, ihre Anfechtung somit im Klagsvorbringen, wonach "auftrags der Gemeinschuldnerin geleistet" wurde und daß die in den beiden erwähnten Zahlungen liegende Befriedigung der Beklagten bzw alle Rechtshandlungen und Vereinbarungen, die zu dieser Befriedigung geführt haben, angefochten und Rückzahlung begehrt werde, gedeckt. Der Klagsanspruch sei daher nicht im Sinn des § 43 Abs 2 KO verfristet.

Die Rechtsprechung vertrat zunächst die Ansicht, eine Anfechtungsklage erfordere jedenfalls ein Rechtsgestaltungsbegehren, mit dem ein Leistungsbegehren verbunden werden könne (EvBl 1986/165). Anfechtungsklagen, die kein Gestaltungsbegehren auf Unwirksamerklärung der angefochtenen Handlung enthielten, wurden als unschlüssig beurteilt (ÖBA 1987, 330; Konecny Zum Klagebegehren und zum Inhalt der Anfechtungsklagen im Konkurs ÖBA 1987, 311 ff). Diese Unschlüssigkeit (wegen Fehlens eines Gestaltungsbegehrens) wurde dann als behoben angesehen, wenn der Kläger - auch noch nach Ablauf der Frist des § 43 Abs 2 KO - genau angibt, aus welchen Rechtshandlungen er den zuächst nur als Leistungsbegehren formulierten Klagsanspruch ableitet, sofern dabei kein zusätzlicher Klagegrund eingebracht werde (König aaO Rz 402; JBl 1987, 48; ÖBA 1987, 330).

Nach der Entscheidung 1 Ob 655/86 = ÖBA 1987, 332 (vgl Konecny ÖBA 1987, 311 ff) werde der Rechtssicherheit auch durch eine Leistungsklage entsprochen, wobei es ausreiche, wenn einer auf Leistung gerichteten Klage die Anfechtung der Gemeinschuldnerhandlung eindeutig zu entnehmen sei. Der geltend gemachte Anfechtungstatbestand müsse daher in der Leistungsklage aufgezeigt sein. Ein Rechtsgestaltungsbegehren sei nur dann erforderlich, wenn die Anfechtung selbst auf rechtsgestaltende Herbeiführung der Unwirksamerklärung gerichtet ist.

Jeder dieser Rechtsansichten führt im gegenständlichen Fall zum selben Ergebnis. In seiner Leistungsklage brachte der Kläger (nach § 43 Abs 2 KO fristgerecht) vor, am 27.3.1992 sei auftrags der Gemeinschuldnerin eine Überweisung in Höhe von 1,352.778,97 S geleistet worden. Der Beklagten sei die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bekannt gewesen. Die Gemeinschuldnerin habe gewußt, daß sie nicht mehr alle offenen Forderungen befriedigen könne. Die Zahlung sei in der Absicht geleistet worden, die Beklagte zu begünstigen und die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Diese Absicht sei der Beklagten bekannt gewesen bzw hätte ihr bekannt sein müssen. Es werden die in der Zahlung liegende Befriedigung der Beklagten, bzw alle Rechtshandlungen und Vereinbarungen, die zu dieser Befriedigung geführt haben, angefochten und die Klage auf § 31 Abs 1 Z 2, § 30 Abs 1 Z 3 und § 28 Z 2 KO gestützt.

Nach herrschender Rechtsprechung ist die Erklärung, die Anfechtung aus jedwedem Grund, insbesondere aus den Gründen nach §§ ... vorzunehmen, als "salvatorische Klausel" unwirksam. Somit sind nur die durch Tatsachenbehauptungen gedeckten oder wenigstens indizierten Anfechtungsgründe zu berücksichtigen (EvBl 1986/165, RdW 1987, 124; ÖBA 1987, 193; König aaO Rz 399).

Beurteilt man nun die Klage mangels Geltendmachung eines Rechtsgestaltungsbegehrens als unschlüssig, ist das nach Ablauf der Anfechtungsfrist im Schriftsatz vom 31.1.1994 erstattete Vorbringen noch insoweit zu berücksichtigen, als es nicht eine Klageänderung darstellt (König aaO Rz 402). In diesem Schriftsatz nahm der Kläger zu den Einwendungen der Klagebeantwortung, wonach eine Drittzahlung und keine Zahlung der Gemeinschuldnerin vorliege, Stellung. Er brachte vor, der Beklagten seien Gelder der Gemeinschuldnerin zugekommen, die diese durch Zession erlangt habe; sie seien zur Forderungsabdeckung bestimmt gewesen. Die Zahlung sei somit auf Kosten der Masse erfolgt. Mit diesem Vorbringen ist eine Klageänderung nicht verbunden. Die Anfechtung richtet sich nach wie vor gegen die an die Beklagte erfolgte Zahlung, ohne daß ein neuer Klagegrund geltend gemacht würde. Das Klagevorbringen, die Leistung sei im Auftrag der Gemeinschuldnerin erfolgt, deckt den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt, wonach die Zahlung aufgrund einer Anweisung der späteren Gemeinschuldnerin erfolgt sei. Eine Verfristung dieses Anfechtungsanspruches ist daher nicht eingetreten.

Entscheidungswesentlich ist somit, ob die auf Anweisung der Gemeinschuldnerin erfolgte Zahlung eine anfechtbare Rechtshandlung darstellt. Die Befriedigung eines Gläubigers aus fremden Mitteln (etwa aus einem hiezu aufgenommenen Darlehen oder durch Anweisung eines Dritten, der nicht Schuldner des Gemeinschuldners ist), ist im Regelfall mangels Benachteiligung nicht anfechtbar (ÖBA 1992, 1113; RdW 1993, 42). Bei Beurteilung der Frage, ob eine Zahlung aus fremden Mitteln (oder aus Mitteln der Gemeinschuldnerin) erfolgte, müssen die maßgeblichen Vereinbarungen und Vorgänge nach ihrem wirtschaftlichen Zweck betrachtet werden (König aaO Rz 52), wobei nicht nur unmittelbare, das Massevermögen verkürzende Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, sondern auch mittelbare Zuwendungen anfechtbar sind, wenn sie auf Kosten des Konkursvermögens gehen (König aaO Rz 25; derselbe ÖJZ 1982, 228 ff [230]; Koziol ÖJZ 1985, 586 ff [589];

Petschek/Reimer/Schiemer aaO 291; Bartsch/Pollak, Konkursordnung 202;

SZ 56/168; ÖBA 1991, 265; RdW 1993, 42; ZIK 1996, 22).

Das Erstgericht stellte fest, daß die Biotischlerei GmbH einen Teil ihrer Kaufpreisforderung an die spätere Gemeinschuldnerin zum Zwecke der Befriedigung von Gläubigern derselben abgetreten hatte. Dieser Betrag stand dem von der Biotischlerei und ihrem Vertragspartner Karl S***** für Zwecke der Durchführung des Kaufvertrags eingeschalteten Treuhänder zur Verfügung, um Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin nach deren Anweisung abzudecken und vergrößerte somit die zur Befriedigung von Gläubigern der Gemeinschuldnerin vorhandene Masse. Ohne den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu beachten, verfügte die Gemeinschuldnerin schließlich (nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) über diesen Betrag durch Anweisung. Die Zahlung des Angewiesenen an die beklagte Anweisungsempfängerin verminderte die zur Gläubigerbefriedigung verfügbare Mittel und war somit in Ansehung der übrigen nicht befriedigten Gläubiger nachteilig. Sie stellt eine nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbare Befriedigung dar (Koziol aaO 593; König aaO Rz 255; Fink, Anweisung auf Schuld und Anfechtung ÖJZ 1985, 433 ff [439]). Der Angewiesene erbringt mit der Erfüllung eine (mittelbare) Leistung des Anweisenden, indem er auf dessen Rechnung zahlt und die Forderung des Anweisungsempfängers dem Anweisenden gegenüber befriedigt. Diese Leistung ist dem zur Gläubigerbefriedigung vorgesehenen Vermögen des anweisenden Gemeinschuldners entgangen, so daß eine nach allgemeinen Grundsätzen anfechtbare Befriedigung vorliegt.

Der Anfechtungstatbestand nach § 31 Abs 1 Z 2 KO wurde erfüllt. Die Beklagte hat die Befriedigung ihrer Forderung in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit erlangt.

Allerdings wurde nur ein Betrag von 870.469,73 S dem Beitragskonto der Gemeinschuldnerin gutgebracht (der Restbetrag betraf Forderungen der Beklagten anderen Gesellschaften gegenüber), so daß die Anfechtung nur im Umfang dieser Zahlung berechtigt ist.

Der Revision des Klägers ist daher teilweise Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Hinsichtlich des Rechnungslegungsbegehrens wurde von der in der Klage mit 50.000 S vorgenommenen Bewertung ausgegangen und die auf Basis einer Bewertung von 100.000 S verzeichneten Kosten des Rechtsmittelverfahrens entsprechend reduziert. Der Kläger hat mit 75 % seines gesamten Klagebegehrens obsiegt. Beide Berufungen erwiesen sich als ergebnislos (§ 50 Abs 1 letzter Satz ZPO), so daß beiden Streitteilen jeweils die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung und der klagenden Partei die anteiligen Kosten der Berufungsverhandlung (50 % = 75 - 25 %) zugesprochen wurden.

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt, so daß ein Kostenersatz nicht zusteht. Der Revision des Klägers wurde teilweise (im Umfang von 64 % des von der Revision betroffenen Streitgegenstandes) Folge gegeben. Der Kostenzuspruch für das Revisionsverfahren umfaßt daher 64 % der Barauslagen, 28 % (64 - 36 %) der Kosten der Revision und den vollen Ersatz der auf Abwehr der Revision der Beklagten gerichteten Revisionsbeantwortung des Klägers.

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