OGH 5Ob136/13f

OGH5Ob136/13f27.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M***** W*****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig und Mag. Dr. Harald Skrube, Rechtsanwälte in Hermagor, gegen die Antragsgegner 1. A***** Z*****, vertreten durch Mag. Dr. Alexandra Slama, Rechtsanwältin in Klagenfurt, und 2. Ing. C***** S*****, vertreten durch Dr. Margit Niederleitner, Rechtsanwältin in Villach, wegen § 52 Abs 1 Z 3, § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 16. Mai 2013, GZ 3 R 60/13b-51, mit dem infolge Rekurses des Zweitantragsgegners der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hermagor vom 17. Jänner 2013, GZ 1 Msch 1/10b-44, abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Rekursgerichts wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Sachantrag der Antragstellerin nicht zurück-, sondern abgewiesen wird.

Die Antragstellerin ist schuldig, den Antragsgegnern jeweils 410,83 EUR (darin jeweils 68,47 EUR an Umsatzsteuer) an Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen zu ersetzen.

Begründung

Die Parteien sind die (schlichten/ideellen) Miteigentümer der Liegenschaft EZ 627 GB ***** und zwar

Antragstellerin 82/669 B-LNR 2

3/669 B-LNR 3

4/669 B-LNR 4

Erstantragsgegner 490/669 B-LNR 1

Zweitantragsgegner 83/669 B-LNR 5

3/669 B-LNR 6

4/669 B-LNR 7

Ob allen Miteigentumsanteilen sind gleichlautend folgende Anmerkungen eingetragen:

TZ 1461/2007

„Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum gem § 42 WEG 2002; Treuhänder Dr. P*****-P***** W*****, ...“;

TZ 1716/2007

„IM RANG 1461/2007 Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gem § 40 Abs 2 WEG 2002 an Wohnung Top 2, KFZ-Abstellplatz im Freien Nr. AP 2, Top 7 und KFZ‑Abstellplatz überdacht Nr. CP 2, Top 11 für Ing. C***** S*****, [Zweitantragsgegner] ...“;

TZ 1716/2007

„IM RANG 1461/2007 Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gem § 40 Abs 2 WEG 2002 an Wohnung Top 3, KFZ-Abstellplatz überdacht Nr. CP 1, Top 10 und Kfz‑Abstellplatz im Freien Nr. AP 1, Top 6 für M***** W*****, [Antragstellerin] ...“.

Über das Vermögen des Bauträgers und Wohnungseigentumsorganisators war im Jahr 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Masseverwalter ist in die bestehenden Bauträgerverträge nicht eingetreten.

Auf der Liegenschaft steht eine nicht fertiggestellte Wohnungseigentumsanlage im Bauzustand des Jahres 2009. Insbesondere die Allgemeinflächen, wie Stiegenhaus und Außenanlagen, befinden sich im Rohbauzustand. Um eine baubehördliche Benützungsbewilligung für das Haus zu erwirken, ist die Durchführung der von der Antragstellerin begehrten, im Sachbeschluss des Erstgerichts näher bezeichneten Arbeiten mit einem Kostenaufwand von 122.460 EUR erforderlich.

Die Parteien haben bislang keine Rücklage im Sinn des WEG 2002 gebildet. Auf eine Fertigstellung des Hauses vermochten sich die Miteigentümer bislang nicht zu einigen.

Die Antragstellerin begehrte mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag gestützt auf § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002, die Eigentümergemeinschaft zur Durchführung näher bezeichneter Fertigstellungsarbeiten, nämlich Baumeister-, Fliesenleger-, Zimmermann-, Spengler- und Dachdeckerarbeiten, Herstellung der Heizungs- und Sanitär- sowie Elektroinstallation, Trockenbau-, Bautischler- und Malerarbeiten jeweils betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft, die Herstellung der Außenanlage sowie der Abstellplätze samt Carport, einer Terasse, einer Stiege zum Garten sowie bestimmter Balkone, zu verpflichten.

Die Antragsgegner sprachen sich gegen die von der Antragstellerin begehrte Durchführung der Fertigstellungsarbeiten aus. Der Erstantragsgegner ist der Ansicht, dass es sich bei den von der Antragstellerin begehrten Baumaßnahmen um keine Erhaltungsarbeiten handle. Der Zweitantragsgegner erachtet derzeit weitere Baumaßnahmen wegen fehlender Rechtssicherheit für nicht sinnvoll und er sieht für diese auch keine Dringlichkeit, weil aufgrund des fertiggestellten Daches keine Schädigung der Bausubstanz drohe.

Das Erstgericht gab dem Sachantrag der Antragstellerin statt und trug der Eigentümergemeinschaft die Durchführung der begehrten Fertigstellungsarbeiten binnen drei Monaten auf. Es war rechtlich der Ansicht, dass nach § 37 Abs 5 WEG 2002 für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer (ua) die §§ 16 bis 34 WEG 2002 gelten, sobald eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt und zumindest ein Wohnungseigentumsbewerber Miteigentümer sei, welche Voraussetzungen hier vorlägen. § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 bestimme, dass jeder Miteigentümer mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Antrag die Entscheidung des Gerichts darüber verlangen könne, dass Arbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 binnen einer angemessen Frist durchgeführt werden. Fraglich sei, ob es sich bei den begehrten Fertigstellungsarbeiten um solche Arbeiten handle. Durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (ua 5 Ob 210/01w) sei klargestellt, dass die Erhaltung „im jeweils ortsüblichen Standard“ für die Abgrenzung der Erhaltung von der Verbesserung von Bedeutung sei, weshalb zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen noch zur Erhaltung gehörten, auch wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handle, es dabei zu einer vollständigen Erneuerung komme oder sogar Veränderungen vorgenommen würden. Durch diesen weiten („dynamischen“ oder „elastischen“) Erhaltungsbegriff sei es zu einer Ausdehnung des Bereichs der ordentlichen Verwaltung zu Lasten der außerordentlichen Verwaltung (Veränderungen/Verbesserungen) gekommen. Dies bedeute, dass der einzelne Wohnungseigentümer in sehr weitem Umfang die Durchführung von Arbeiten durchsetzen könne. Die aufgetragenen Arbeiten seien allesamt unter § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu subsumieren. Für diese bestehe allerhöchste Dringlichkeit, befinde sich das Haus doch schon seit mehreren Jahren im halbfertigen, vollkommen unbenützbaren Zustand; so fehle etwa die Heizungsanlage. Berücksichtige man, welch großer finanzieller Aufwand im unfertigen Bau derzeit ungenutzt gebunden sei, sei nur die baldige Fertigstellung, wenn auch unter Inanspruchnahme beträchtlicher Mittel, geeignet, die derzeitige „Pattsituation“ zu überwinden und den Eigentümern wirtschaftlichen Nutzen aus den Wohnungseigentumsobjekten zu ermöglichen. Um eine behördliche Benützungsbewilligung zu erlangen, müssten die genannten Arbeiten durchgeführt werden. Mangels Rücklagen könnten die zur Fertigstellung notwendigen Mittel durch eine Sondervorschreibung im Rahmen der Betriebskosten aufgebracht oder auch fremdfinanziert werden; dies ändere aber nichts an der rechtlichen Qualifikation der Arbeiten als Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Zweitantragsgegners dahin Folge, dass es den Sachantrag der Antragstellerin zurückwies. Rechtlich vertrat das Rekursgericht den Standpunkt, dass unter „Erhaltung“ eines Gebäudes die (technische) Sicherung seines Bestandes zu verstehen sei. Erhaltungsarbeiten dienten der Wartung und Pflege, um das betroffene Objekt dauerhaft instand zu halten. Der Begriff „Erhaltung“ setze daher das Bestehen eines fertigen Gebäudes (oder eines anderen Objekts) voraus. Hier seien weder das auf der Liegenschaft befindliche Bauwerk noch die Außenanlagen fertiggestellt; das Gebäude befinde sich großteils noch im Rohbauzustand. Die von der Antragstellerin begehrten und vom Erstgericht aufgetragenen Arbeiten seien keine Erhaltungsarbeiten im Sinn von Pflege und Instandhaltungsmaßnahmen, sondern die „Fortsetzung der Bauführung“ entsprechend § 44 WEG 2002. Gemäß § 52 Abs 1 Z 11 WEG 2002 könne über die Frage der Fortsetzung der Bauführung bei Insolvenz eine Entscheidung des Außerstreitgerichts herbeigeführt werden. Aufgabe des Gerichts sei dann nach Prüfung der Antragslegitimation die Feststellung des Beschlusses der Mehrheit bezüglich der Fortsetzung der Bauführung; die Durchsetzung des Ergebnisses, soweit dies überhaupt möglich sei, bleibe dem Streitverfahren vorbehalten. Im vorliegenden Fall sei aber ein Antrag nach § 44 WEG 2002 nicht gestellt worden. Dem Begehren der Antragstellerin, die Eigentümergemeinschaft zu den Fertigstellungsarbeiten zu verpflichten, fehle die Rechtsgrundlage, weshalb der Sachantrag zurückzuweisen gewesen sei.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil ‑ soweit überblickbar ‑ Judikatur des Obersten Gerichtshofs zum Verhältnis zwischen § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 und § 44 WEG 2002 fehle.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses; hilfsweise stellt die Antragstellerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Antragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel zusammengefasst geltend, es sei unstrittig, dass die Parteien einen Beschluss auf Fertigstellung des Hauses nicht zustandegebracht hätten, weshalb ein Vorgehen nach § 44 WEG 2002 ausscheide. Demgegenüber seien die angestrebten Arbeiten unter § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu subsumieren, weil auch die erstmalige Herstellung des mängelfreien Zustands allgemeiner Teile zur Erhaltung gehöre.

Die Antragsgegner erstatteten Revisionsrekursbeantwortungen jeweils mit den Anträgen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu diesem keine Folge zu geben. Die Antragsgegner stehen im Wesentlichen auf dem Standpunkt, die von der Antragstellerin begehrten Arbeiten gehörten als Fertigstellungsarbeiten schon ihrer Art nach, jedenfalls aber aufgrund des hohen Kostenaufwands nicht zur ordentlichen Verwaltung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zur Festigung der einschlägigen Rechtsprechung zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Sobald ‑ wie hier ‑ eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt ist und zumindest ein Wohnungseigentumsbewerber Miteigentum erworben hat, gelten gemäß § 37 Abs 5 WEG 2002 für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer die §§ 16 bis 34, 36 und 52 WEG 2002.

2. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 WEG 2002 entscheidet in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft ‑ unbeschadet der Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers nach § 30 WEG 2002 ‑ die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Zu diesen Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 gehört die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 kann jeder Wohnungseigentümer mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag die Entscheidung des Gerichts darüber verlangen, dass Arbeiten im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Der Sachantrag der Antragstellerin stützt sich auf diese Rechtsgrundlage.

3. Die von der Antragstellerin begehrten Arbeiten betreffen weitestgehend allgemeine Teile der Liegenschaft. Solche Arbeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft gehören nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 dann zur ordentlichen Verwaltung, wenn sie deren ordnungsgemäßer Erhaltung dienen.

3.1. Nach Würth (in Rummel ³ § 28 WEG Rz 2) umfasst die ordentliche Verwaltung im Allgemeinen (§ 833 ABGB) alle Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer (oder jedenfalls nicht nur einzelner Teilhaber) liegen und keine besonderen Kosten verursachen. Dagegen sei die Herstellung der Brauchbarkeit schon ihrer Natur nach von der Verweisung auf § 3 Abs 2 Z 2 MRG ausgenommen ( Würth in Rummel ³ § 28 WEG Rz 4).

3.2. Für Löcker (in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 28 WEG Rz 49) gehe schon aus dem Wortsinn hervor, dass Erhaltung die Bewahrung des Bestehenden bedeute, des Bestandes des Hauses. In diesem Sinn gehörten zur Erhaltung „nur Auslagen, die erforderlich sind, um das Haus unter Vermeidung jedes Luxusaufwands in seiner gegenwärtigen Gestalt und zu seinem bisherigen Zweck zu erhalten, soweit es sich um dessen allgemeine Teile handelt“ (so schon zu § 6 MG MietSlg 28.232). Prägnant gesagt zähle zur ordnungsgemäßen Erhaltung alles, was vernünftigerweise dazu diene, die Substanz zu wahren ( Faistenberger/Barta/Call Nr 51 zu § 14 WEG 1975; ihnen folgend zB LGZ Wien MietSlg 38.634). Erhaltung heiße aber nicht, dass jegliche Veränderung an der Liegenschaft ausgeschlossen wäre. So normiere Abs 1 Z 1 ausdrücklich, dass auch bauliche Veränderungen zur Erhaltung zu zählen seien, soweit sie nicht über den Erhaltungszweck hinausgingen. Erneuerungsarbeiten, sofern zweckmäßig und wirtschaftlich geboten, gehörten deshalb noch zur Erhaltung, selbst wenn es dadurch zur völligen Erneuerung oder Neuerrichtung oder aber auch zur erstmaligen Herstellung eines mängelfreien Zustands komme. Die Kosten der Brauchbarmachung eines WE-Objekts gehörten aber keinesfalls zur Erhaltung (5 Ob 2114/96k wobl 1997/12, 56 [ Call ] = MietSlg 48.487). Der Umfang von Sanierungsarbeiten werde auch durch die wirtschaftliche Zumutbarkeit begrenzt (5 Ob 1102/92 wobl 1993/73, 107 [ Call ] = MietSlg 44.631).

3.3. Nach Etzersdorfer (in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht Kurzkommentar, § 28 WEG Rz 3 f) stellen Erneuerungsarbeiten ‑ ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des MRG ‑ sofern sie zweckmäßig und wirtschaftlich geboten seien, Erhaltungsarbeiten dar, auch wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handle oder es dabei zu einer völligen Erneuerung komme und dabei sogar Veränderungen vorgenommen würden. Die Kosten der Brauchbarmachung eines Wohnungseigentumsobjekts (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 3 Abs 2 Z 2 1. HS MRG) seien aber schon ihrer Natur nach von der Verweisung ausgenommen.

4.1. Zu Inhalt und Bedeutung des am ortsüblichen Standard zu orientierenden Erhaltungsbegriffs (sogenannter dynamischer oder elastischer Erhaltungsbegriff) liegt umfangreiche Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor (vgl RIS-Justiz RS0069944). Demnach gehören auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten an bestehenden Anlagen noch zur Erhaltung, selbst wenn es sich um die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands handelt, es zu einer vollständigen Erneuerung kommt (vgl RIS-Justiz RS0070000) oder sogar Veränderungen vorgenommen werden (RIS-Justiz RS0114109).

4.2. Erhaltung setzt immer einen bestehenden Mangel im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit voraus (vgl dazu RIS-Justiz RS0083121 [T11]; vgl 5 Ob 159/02x wobl 2003/57 [Call] zur erstmaligen Herstellung eines mängelfreien Zustands). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Beseitigung eines ‑ wenngleich mangelhaft ‑ fertiggestellten Werks, sondern überhaupt erst um die Fortsetzung und den Abschluss der Fertigstellung einer sich weitgehend noch im Rohbauzustand befindlichen Wohnungseigentumsanlage. Mit der Frage, ob Fertigstellungsarbeiten als Erhaltungsarbeiten (seinerzeit im Sinn des § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975) zu qualifizieren sind, hat sich der Oberste Gerichtshof ‑ soweit überblickbar ‑ erst einmal zu 5 Ob 2114/96k (wobl 1997/12, 56 [zust Call ] = MietSlg 48.487) im Rahmen der Behandlung eines außerordentlichen Rechtsmittels kurz befasst. In dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass „die Kosten der Brauchbarmachung von WE-Objekten (…) nicht zu den Erhaltungsarbeiten iSd dieser Regelung (§ 14 Abs 1 Z 1 WEG [1975]) zählen; diese beschränken sich ‑ bezieht man die Erhaltungspflicht des Wohnungseigentümers für sein Objekt gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 WEG (1975) in die teleologische Betrachtung ein ‑ innerhalb einzelner WE‑Objekte auf die Behebung ernster Schäden des Hauses“.

4.3. Die aus 5 Ob 2114/96k (wobl 1997/12, 56 [zust Call ] = MietSlg 48.487) abzuleitende Bewertung, dass „Fertigstellung“ nicht als „Erhaltung“ im § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 qualifiziert werden kann, entspricht dem nach allen Auslegungsregeln zu gewinnenden Begriffsverständnis, dem Umfang der Verweisung auf § 3 MRG und den oben wiedergegebenen Lehrmeinungen, weshalb der grundsätzlichen Aussage der genannten Vorentscheidung zu folgen ist. Danach ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Antragstellerin die bauliche Fertigstellung der allgemeinen Teile der Liegenschaft nicht erfolgreich zum Gegenstand eines auf § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 gestützten Begehrens machen kann.

4.4. Soweit sich der Sachantrag der Antragstellerin auf Teile einzelner Wohnungseigentumsobjekte bezieht, ist deren unterbliebene bauliche Fertigstellung ebenfalls nicht per se ein ernster Schaden des Hauses (5 Ob 2114/96k wobl 1997/12, 56 [zust Call ] = MietSlg 48.487); ein solcher lässt sich insoweit aus dem Vorbringen der Antragstellerin und den vorliegenden Feststellungen auch nicht ableiten.

4.5. Der Sachantrag der Antragstellerin nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 erweist sich damit insgesamt als unberechtigt.

5. Zu den vom Rekursgericht erörterten Voraussetzungen einer Entscheidung nach § 44 WEG 2002 iVm § 52 Abs 1 Z 11 WEG 2002 muss hier nicht Stellung genommen werden, weil die Antragstellerin kein darauf gerichtetes Begehren gestellt hat.

6. Das Rekursgericht hat mit seiner Entscheidung einen Anspruch der Antragstellerin nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 materiell geprüft und verneint. Diese anspruchsverneinende Entscheidung ist inhaltlich ein Sachbeschluss im Sinn des § 37 Abs 3 Z 13 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002) und qualitativ keine Zurück-, sondern eine Abweisung des Begehrens, was im Rahmen einer Maßgabebestätigung klarzustellen war.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002). Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt gemäß § 10 Z 3 lit b sublit bb erster Fall RATG 2.500 EUR.

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